“
Abgereist:
Seine Erzellenz der Staatsminister und Minister der geist⸗ lichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten von Trott zu Solz, mit Urlaub. .
Deutsches Reich.
hGverlin, d8 Nuli.
des Vierteljahrs vom 1. April bis 30. Juni 1910 8 en 10 587 Schiffe (gegen 9565 Schiffe in demselben Vierteljahr 1909) mit einem Nettoraumgehalt von 1 724 114 Registertons (1909: 1 533 113 Registertons) den Kaiser Wilhelm⸗Kanal benutzt und, nach Abzug des auf die Kanalabgabe in Anrechnung zu bringenden Elblotsgeldes, an Gebühren 794 379 ℳ (1909: 725 988 ℳ) entrichtet.
avon entfielen auf den Monat Juni 3497 Schiffe (1909: 3541 Schiffe) von 595 336 Registertons (1909: 579 256 Re⸗ gistertons) und 272 729 ℳ (1909: 268 469 ℳ) Gebühren
In Canada ist am 4. Mai d. J. ein neues Ein⸗ wanderungsgesetz (An Act respecting Immigration) er⸗ lassen worden.
Das Gesetz stellt in seinen Hauptzügen eine neue Ausgabe des Gesetzes vom Jahre 1906 (vergl. „Reichsanzeiger“ Nr. 277 vom 23. November 1906 — 1. Beilage) dar, das nach einzelnen Richtungen weiter ausgearbeitet worden ist.
Die Gründe, aus denen Einwanderer am Landen ver⸗ hindert werden können, sind in Sektion 3 des Fesstes auf⸗ gezählt. Außer solchen Personen, die gewisse körperliche, moralische oder intellektuelle Mängel aufweisen, und außer gewerbsmäßigen Bettlern sollen auch diejenigen Personen von der Einwanderung ausgeschlossen sein, die aus Mitteln oder mit Geldunterstützung von wohltätigen Geseulschaften nach Canada geschickt “ sind, falls folche Einwanderer nicht mit einer schriftlichen Einwanderungserlaubnis seitens des Superintendent of Immigration in Canada oder London ver⸗ sehen sind, deren Datum nicht weiter als sechzig Tage zurückliegt.
Weitere Voraussetzungen für die Einwanderung, insbeson⸗ dere der Besitz eines bestimmten Geldbetrags, können gemäß Sektion 37 des Gesetzes im Verordnungswege festgesetzt werden. Gemäß Sektion 38 können auf gleichem Wege Einwanderungs⸗ . für bestimmte Klassen oder Rassen von Einwanderern ergehen.
In Sektion 13 ff. ist die Schaffung eines vnterzachanae⸗ amts (Board of Inquiry) vorgesehen, das über die Zulassung von Einwanderern zu entscheiden hat. Gegen die Entscheidung dieses Amtes kann, abgesehen von Fällen, die durch ein ärzt⸗ 189% Zeugnis klargestellt sind, an den Minister appelliert werden.
In Sektion 40 ff. ist bestimmt, aus welchen Gründen und innerhalb welcher Frist Einwanderer deportiert werden können.
8
Der Präsident des Königlichen Konsistoriums der Provinz Brandenburg Steinhausen, ist mit Urlaub von Berlin ab⸗
1“X“ Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Hansa“ am 26. Juli in Lerwick eingetroffen und geht am 1. August von dort nach Edinburg wieder in See.
S. M. S. „Luchs“ ist am 27. Juli in Kobe eingetroffen und geht am 15. August von dort in See.
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In der gestrigen Sitzung des Unterhauses kam es zuerst zu einer Debatte über die Teilnahme eines serbischen Offiziers bei den englischen Armeemanövern.
Bottomley (liberal) fragte, „W. T. B.“ zufolge, den Staats⸗ serretär des Auswärtigen Grey, ob irgend eine Abmachung getroffen ei, daß der serbische Offizier, der den britischen Armeemanövern bei⸗ wohnen wird, nicht zu den Königsmördern gehöre. Sir Edward Grey antwortete, er habe keinen Grund zu der Annahme, daß zu einer solchen Abmachung irgend eine Notwendigkeit eee Die serbische habe eine Einladung zu den englischen Manövern erhalten, eine Antwort 1 die Einladung sei aber noch nicht erfolgt. Stewart (liberal) fragte den Staatssekretär des Auswärtigen, ob er seine Aufmerksamkeit der Errichtung eines Kolonialamts in Japan zugewandt habe, dessen Aufgabe es sei, die Angelegenheiten in Korea, Formosa und Japanisch⸗Sachalin zu überwachen, und ob die britische Regierung Grund zu der Annahme habe, daß von Japan eine formelle Besitzergreifung Koreas beabsichtigt sei, ob ferner die Regierung in diesem Falle Schritte tun werde, um die Handelsrechte der englischen Kaufleute in Korea zu schützen. Grey erwiderte, die Aatwort auf die erste Frage laute bestätigend. Im Falle einer Annexion Koreas werde die britische Regierung sorgfältig jene Mittel in Erwägung ziehen, die am besten geeignet seien, ihre Handels⸗ interessen in Korea zu schützen. Hugh Cecil fragte alsdann an, ob ddie englische Regierung es abgelehnt Fbe. an der e ationalen
Hygieneausstellung in Dresden 1911 teilzunehmen. Grey antwortete bejahend und septe auseinander, die Regierung habe be⸗ rücksichtigt, daß es nicht wohl angängig sei, eine offizielle Ausstellung in Dresden zu veranstalten, weil die britischen Industriellen sich da⸗ gegen sträubten, die großen Kosten auf sich zu nehmen, die mit der häufigen Teilnahme an großen internationalen Ausstellungen verbunden seien, und weil von der Regierung bereits Verpflichtungen in bezug auf andere Ausstellungen eingegangen worden seien, die in diesem und im nächsten Jahre stattfinden werden. Im weiteren Ver⸗ laufe der Sitzung fragte Faber den Ersten Lord der Admiralität Me Kenna, ob er Kenntnis davon habe, daß erstens, während das schwerste Geschütz der englischen Marine nur Geschosse von 1250 Pfund feuere, das neue deutsche Geschütz sol ε von 1600 Pfund feuern würde, daß zweitens, während bei der englischen Marine das Gewicht der von den schweren Geschützen einer Breitseite as fesecten Gescosse nur 147 900 Pfund betrage, bei der deutschen Marine sich dieses Gewicht auf 161 000 Pfund belaufe, und daß drittens die neuen, mit vierzehnzölligen Geschützen auszurüstenden Schiffe der deutschen Marine achttausend Tons größer seien als die ursprünglichen eng⸗ 86c. Dreadnoughts. Me Kenna erwiderte: Ich kann für die
ichtigkeit der in der Frage angegebenen Zahlen eine Verantwortung nicht uͤbernehmen.
Der Schatzkanzler Lloyd George teilte dem Hause mit, daß es sich in der nächsten Woche bis zum 15. November ver⸗ tagen werde. 8
Leguia d
Die gestern von dem Premierminister Asq geschlagene neupe⸗Bassung der Erklärung des Königs ei der Throrag eigung wurde mit 244 gegen 54 Stimmen angenommen. 4 Wfesloch. Wilhelmtußland.
Unter dem Vorst Umer’s Gehilfen des Handelsministers, von Miller, hat, „W. ißne zufolge, gestern in St. Petersburg eine Beratung der bedeutenbsten Getreideexporteure St. Peters⸗ burgs stattgefunden, in der beschlossen wurde, einen Bund der Getreideexporteure zu gründen zum Zweck der Regelung des Getreidehandels und des Schutzes seiner Interessen im In⸗ und Auslande. 8
Spanien.
Der Ministerrat beschäftigte sich, wie „W. T. B.“ aus Madrid meldet, gestern abend mit der vatikanischen Frage. Der Ministerpräsident Canalejas, der abends nach San Sebastian reiste, wird sich mit dem Minister des Aeußern mit der letzten Nate des Vatikans beschäftigen. Nach Rück⸗ kehr des Ministerpräsidenten nach Madrid wird der Ministerrat diese Note prüfen. Der Finanzminister trug den Entwurf zu einer Anleihe von 1 ½ Milliarden Pesetas vor. Die bereits bewilligte Ausgabe von Schatzanweisungen in Höhe von 81 Millionen werde er nur nach Bedarf vor⸗ nehmen. Der Ministerrat beschloß ferner, in der ersten Süühng der Cortes den Entwurf eines Vereinsgesetzes einzubringen.
Dann wurde noch über den Ausstand in Bilbao beraten und festgestellt, daß die Grubenbesitzer jeden Schiedsgerichts⸗
Türkei.
Infolge persönlichen Einschreitens des Ministers des Innern verpflichteten sich, wie „W. T. B.“ meldet, die Lastträger der Hafenzollämter, beiis
i
vorschlag ablehnten.
Waren aus griechischen Schiffen und griechische Waxen aus fremden Schiffen aus⸗ zuladen, während sie griechische Waren aus griechischen Schiffen nur bis zum Ausgang der Zollämter bringen wollen.
Die Zeitungen melden, daß die türkische Regierung be⸗ schlossen habe, wegen Kundgebungen, die gegen den Fürsten von Samos, Andreas Kopassis Effendi, stattfanden, ein Krishe dorthin zu entsenden.
Torghut Schefket Pascha hat über Skutari (Albanien) den Ausnahmezustand verhängt und mit der Ent⸗ waffnung der Bevölkerung begonnen. Diese hat innerhalb zwei Tagen über 40 000 Waffen abgeliefert. — Die Monte⸗ negriner drangen bei Plava, Bezirk Gusinje, auf türkisches Gebiet vor und griffen mohammedanische Dörfer an, wobei ein Kampf entbrannte, in dem zahlreiche Dorfbewohner ver⸗ wundet und drei getötet wurden. Die türkische Grenzwache griff in den Kampf ein und verlor drei Mann. Schließlich wurden die Montenegriner über die Grenze zurückgetrieben.
Bulgarien. Wie „W. T. B.“ aus Sofia von zuständiger Stelle mit⸗
geteilt wird, beabsichtigt die bulgarische Regierung, unter Auf⸗
zählung mehrerer Fälle von Mißhandlungen an Flüchtlingen nochmals freundschaftliche Vorstellungen bei der Pforte zu erheben, jedoch nichts zu Heteng gnen, was die Empfindlichkeit der Jungtürken verletzen könnte.
Amerik
Bei Eröffnungz delottg ervanzschen Kongresses stellte,
wie „W. 8 B.“ auß Wrma gemeldet wird, der Präsident
en guten Stand der peruanischen Staatsfinanzen fest,
ab seiner Freude Ausdruck über die friedliche Beilegung der
treitfragen zwischen den südamerikanischen Staaten und be⸗
dauerte, daß die Haltung Chiles bisher keine Regelung der Tacna-⸗Arica⸗Frage ermöglicht habe. .“
Asien.
“ einer Meldung der „Petersburger Telegraphen⸗ Agentur“ aus Teheran ist die Lage in Kirmanschah sehr beunruhigend. Die dem russischen Konsulat beigegebenen Kosaken können sich nicht auf der Straße zeigen: auf den Konsul Lissowski wurde geschossen. Es wurden Maßnahmen getroffen zur schleunigen Verstärkung der Konsulatswache zurch Truppenabteilungen aus Kaswin.
Statistik und Volkswirtschaft.
Die deutschen Heringsfischereien.
In den Jahresberichten der Handelskammer für das Groß⸗ herzogtum Oldenburg gibt ein Fachmann, J. J. van der Laan, all⸗ jährlich eine Statigtik der deutschen Heringsfischereien. Aus dieser geht hervor, daß in den letzten zehn Jahren der deutsche Heringsfang ganz wesentlich zugenommen hat. Während im Jahre 1900 zusammen 118 Fahrzeuge, und zwar 110 Logger und 8 Dampfer dem Herings⸗ fange sich widmeten und einen Totalfang von 120 876 Kantjes (17 Kantjes Seepackung = 13 Tonnen = 92 430 Faß erzielten, hob sich, namentlich nach Einführung der Dampflogger, schon in den nächsten fünf Jahren das Ergebnis ganz erheblich. Im Jahre 1904 bestand die deutsche Heringsfangflotte aus 157 Fahrzeugen, darunter 138 Logger, 8 Dampflogger, 10 Dampfer und 1 Motor⸗ logger, die ein Jahresfangergebnis von 261 651 Kantjes = 200 083 Faß erzielten. Während also innerhalb dieses fünfjährigen Zeitraums die Zahl der Fahrzeuge nur von 118 auf 157 oder um 33 % sich vermehrte, erhöhte sich der Fangertrag von 92 430 8 200 083 Faß oder um 117 %. In den weiteren fünf Jahren war die Fangzunahme gleichfalls andauernd steigend. Im Jahre 1909 bestand die deutsche Herinisang otte aus 270 Fahrzeugen, und zwar aus 190 Loggern, 62 Dampfloggern und 18 Dampfern, die zusammen einen Totalfang von 442 538 Kantjes = 338 250 Faß lieferten. Innerhalb der letzten zehn Jahre ist also das Fangergebnis der deutschen Heringsfischer von 92 430 Faß auf 338 250 Faß, d. i. fast um das Vierfache gestiegen. Es wurden diese Ergebnisse im Jahre 1909 auf 1133 Reisen erzielt, und zwar waren hieran beteiligt die Emder Heringsfischerei mit 135, die Fischerei „Neptun“⸗Emden mit 111, die Heringsfischerei „Dollart“⸗Emden mit 73, die Herings⸗ fischerei „Großer Kurfürst“Emden mit 72, die Bremen⸗Vegesacker Fischerei⸗Gesellschaft mit 183, die Geestemünder Herings⸗ und Hochsee⸗ fischerei mit 53, die Elsflether Heringsfischerei⸗Gesellschaft mit 96, die Fischerei „Weser“⸗Elsfleth mit 51, die Glückstädter Fischerei mit 77, die Braker Heringsfischerei mit 99, die Leerer Heringsfischerei mit 68, die Heringen erei „Visurgis“⸗Nordenham mit 96, die Hochseefischerei Bremerhaven mit 12 und die Norddeutsche Hochsee⸗ fischerei Geestemünde mit 7 Resssen.
So erfreulich nun der aus dem Fangzuwachs hervorgehende steigende Verbrauch von Heringen ist, so wäre doch zweifellos eine weitere Steigerung desselben und damit auch eine Vermehrung der für den Fang bestehenden Einrichtungen zu erzielen, wenn die Haus⸗ wirtschaft der deutschen Binnenbewohner den Genuß von frisch ge⸗ bratenen Heringen mehr zu würdigen verstände, und wenn die Haus⸗ frau auf selbstbereitete konservierte Heringe noch mehr Gewicht legen würde. Andererseits ist der deutsche Verbrauch von Heringen
„ ah. zurzeit bereits so groß, daß eine Ausdehnun
Halle und den Nachbarorten ist,
. 8. der Heringsfischerei
lohnend sein dürfte. So weist der Handelskammerbericht in seinem allgemeinen Teil, in dem die Lage der Heringsfischerei be⸗ sprochen wird, darauf hin, daß beispielsweise Stettin im Jahre 1908 673 400 Tonnen Salzheringe einführte, wovon nur 37 150 Tonnen deutsche waren.
Steigerung der Löhne und der Lebensmittelpreise in Dresden.
Aus dem umfangreichen sozialstatistischen Material, das in den Archiven der großen Ortskrankenkassen Deutschlands Füfgespeichert ist, wurden in jüngster Zeit manche wertvollen Aufschlüsse über Krank⸗ heits⸗ und Lohnverhältnisse der deutschen Arbeiterschaf de jeben. Eine besonders eingehende Bearbeitung hat bekanntlich das Material der Leipziger Ortskrankenkasse durch das Kaiserliche Statistische Amt ge⸗ funden. Jetzt bringt auch der neueste Jahresbericht der Orts⸗ krankenkasse in Dresden wertvolle Zahlen namentlich zu einem Vergleiche der Lohnsteigerungen mit den Erhöhungen der Lebensmittelpreise. Diese Kasse bietet für einen derartigen Vergleich besonders guüͤnstige Verhältnisse. Bekanntlich müssen die Arbeitgeber für jeden Versicherten die Höhe des Arbeitslohnes der Kasse genau an⸗
eben. Die Einteilung der Lohngruppen sieht in Dresden nun 9 ver⸗ 1e. von 1 bis 5 ℳ steigende tägliche Durchschnittsverdienste vor, die nach den gemachten e meistens mit dem Individual⸗ lohne zusammentreffen. Auch aan sich die erforderlichen Angaben für eine Reihe von Jahren vor, sodaff 81 Vergleiche mit ihnen möglich sind. Die Lohnstatistik der Dresdner Ortskasse, die neben der anderer Kassen ebenfalls die Anerkennung des Kaiserlichen Statistischen Amtes gefunden, hat sich mit der steigenden Zahl der Kassenmitglieder ständig erweitert und erstreckte sc im Jahre 1909 auf 62 645 männliche Mitglieder gegen 52 890 im Jahre 1899 und auf 39 827 weibliche Mitglieder gegen 22 878 vor 10 Jahren. Es sind zum Vergleich zwei Jahre gewählt, in denen die wirtschaftlichen Verhältnisse ähnlich liegen. An der S der Zahl der Mitglieder waren namentlich beteiligt: die Tabakindustrie, die Berufe der Maschinenfabrikation, der Fein⸗ mechanik und der sonstigen Metallverarbeitung, ferner die Industrie der Bekleidung, die polygraphischen Gewerbe und das Handelsgewerbe.
Von der Gesamtzahl der männlichen Versicherten bezogen im Jahre 1899 nur 33,2 % einen vig ebreibpe von 3,67 ℳ und mehr, 1909 jedoch 56,4 %. Die Se dieser Löhne ist also in 10 Jahren von etwa einem Drittel auf mehr als die Hälfte der männlichen Versicherungspflichtigen gestiegen. In dieser Klasse der Löhne haben sich die bedeutsamsten Veränderungen vollzogen. Die Steigerung beträgt hier 23,252 %L. Ganz allgemein steigerte sich in den letzten 10 Jahren der Durchschnittssatz des Tagesverdienstes um 57 , nämlich von 3,10 ℳ auf 3,67 ℳ oder um 18,4 %. Diese Steigerung wurde jedoch nicht er⸗ reicht in der Gärtnerei und Landwirtschaft, in der chemischen In⸗ dustrie, in der Industrie der Reinigung, in dem polygraphischen und im Handelsgewerbe. Erheblich überschritten wurde sie in der In⸗ dustrie der Steine und Erden; in dieser ging die Anzahl der Be⸗ schäftigten zurück, doch bezogen 73,3 % von ihnen gegen 40,5 % einen Tagesverdienst von 3,76 ℳ und mehr, während der Durchschnittslohn für sämtliche Versicherungspflichtige dieser Industrie sichum 26,3 % gesteigert hat. Aehnlich liegen die Verhältnisse im Bau⸗ und im Herkehrs⸗ gewerbe. Dagegen weisen die Gärtnerei, Landwirtschaft und das poly⸗ Paphi e Gewerbe nur Lohnsteigerungen von 4,5 bis 5,8 % auf.
ie Zahl der Versicherten mit niedrigsten Löhnen hat sich gegen 1899 nicht vermindert, sondern vermehrt; sie ist in der Tagesverdienst⸗ klasse „1,25 ℳ und weniger“ von 7,7 % auf 10,6 % der gesamten männlichen Versicherten gestiegen.
Bei den weiblichen Mitgliedern der Kasse liegen die wesent⸗ lichsten Veränderungen in der Erreichung und Ueberschreitung des täglichen Arbeitsverdienstes von 2,26 ℳ. Im Oktober 1899 waren von sämtlichen weiblichen Versicherungspflichtigen 15,5 %, 1909 jedoch 37,1 % nach diesen Verdienstsätzen versichert. Der durchschnittliche Tages⸗ verdienst der weiblichen Mitglieder hob sich während dieser zehn Jahre von 1,81 ℳ auf 2,11 ℳ und erfuhr damit also eine Segerung von 30 ₰ oder 16 %. Nicht erreicht wurde 8 Steigerung der Lohn⸗ sätze für weibliche Mitglieder in der Industrie der Reinigung, im Verkehrsgewerbe, in der Papier⸗ und Lederindustrie, in der Industrie der Erden und Steine und im Handelsgewerbe.
Mit diesen nicht überall und vielfach nur ganz mäßig gesteigerten Löhnen sind die Preise der wichtigsten Lebensmittel nach den Aufzeichnungen des Statistischen Amts der Stadt Dresden zu ver⸗ gleichen. Es kosteten im Durchschnitt: Fleisch und Fleisch⸗ waren 1899: 1,89 ℳ, 1909: 2,20 ℳ für das Kilogramm; die Steigerung beträgt also 16,2 %. Hühner s in der . Zeit um 38 % teurer geworden, Hasen im Fell um 20,1, Vollmilch um 14,0, Magermilch um 16,6, Molkereibutter um 12,9, Margarine um 20,5, Schellfisch um 21,0, Zander um 19,0, Kartoffeln um 5,0, Bohnen um 22,3, geschälte Erbsen um 34,0, Graupen um 5,1, Grieß um 18,7, Reis um 4,3, Weizenmehl und zwar Kaiserauszug um 30,7, Grießlerauszug um 28,1, Roggenmehl Nr. 0 um 21,2, hausbacken um 22,9, Brot erste Sorte um 13,3, zweite Sorte um 14,4, dritte Sorte um 15,6, Rotkraut um 22,8, Weißkraut um 33,6, Welschkraut um 22,4, Kopfsalat um 47,9, saure Gurken um 58,3, Steinkohlen je nach der Sorte, mit Ausnahme der
wickauer Pechstückkohle, um 22,7 bis 26,5, Braun⸗ ohlen je nach Sorte um 23,5 bis 38,2 % im Kleinverkauf. Bemerkenswert ist, daß die für die Volksernährung so außer⸗ ordentlich wichtigen Mühlenprodukte in den letzten 10 Jahren um durchschnittlich 26 % teurer geworden sind. Wenn bei dieser Steigerung das Brot im Durchschnitt nur um 14,4 % im Preis er⸗ höht wurde, so ist dies noch ein sehr günstiges Verhältnis. Auffallend ist auch die erhebliche Verteuerung aller Grünwaren, ferner der Braunkohlen, der Margarine, des Fleisches und Schellfisches. Die durch⸗ schnittliche SüEsSh Fer wichtigsten Lebensmittel beträgt in den letzten 10 Jahren 17,5 %. Daneben ist zu berücksichtigen, daß auch Wohnung, Kleidung, manche Bildungsmittel und vieles andere teurer geworden sind. Aus einem Vergleich der Süctneru dieser Preise mit der⸗ jenigen der Löhne kann daher folgender Schluß gezogen werden: Manche Arbeitergruppen sind heute 8 der Lebensmittelsteigerung noch besser gestellt als vor 10 Jahren, bei anderen gleicht sich diese mit den Lohnerhöhungen aus, eine dritte Gruppe von Arbeitern wird jedoch sehr schwer von der Teuerung belastet, da ihre Löhne nicht entsprechend gestiegen, in einzelnen Tätigkeitsgebieten sogar noch ge⸗ sunken sind. 82 8 “
Zur Arbeiterbeweguag.
Ein Ausstand der Klempner und Installateure ven wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, durch Erhöhung des Stundenlohnes um 5 ₰ beendet worden. Der neue Tarif gilt bis 1913.
Sämtliche Former und Eisengießereiarbeiter der Göͤr⸗ litzer Maschinenbauanstalt haben, der „Köln. Ztg.“ zufolge, wegen Verweigerung höherer Löhne die Arbeit eingestellt.
Zwecks Beilegung des Ausstands der Straßenbahn angestellten in Hanau (vgl. Nr. 175 d. Bl.) fanden gestern, wie der „Voss. Ztg. von dort telegraphiert wird, unter dem Vorsitz des Oberbürgermeistert Gebeschutz Verhandlungen statt, deren Ergebnis eine Versammlung der Straßenbahner verwarf. Die Verhandlungen sollten gestern abend wieder aufgenommen werden. Seit Mittwoch abend ist der Straßen⸗ bahnverkehr eingestellt.
Fwischen Personen, die mit den ausständigen Angestellten der American Sugar Refining Company in Brooklyn svmpathisierten, und Polizeibeamten kam es, wie „W. T. B. meldet, gestern zu einem Zusammenstoß, bei dem ein Mann ge⸗ tötet und ein Polizeibeamter und einer der Unrüͤhestifter verwundet wurden. Der Streit war entstanden, als dem Verbande nicht ange⸗ hörende Arbeiter unter polizeilichem Schutz Zuckerlieferungen aus der Fabrik herausfahren
henutzung sow
Wohlfahrtspflege.
Vor etwa 5 Jahren wurde in Hamburg unter dem Protektorat ud der Beihilfe des inzwischen verstorbenen Herzogs Karl Theodor Bayern eine “ für Blinde gegründet, deren
ohl den ungefähr 40 000 Blinden Deutschlands wie iren Leidensgenossen im Ausland offen steht. Ueber die innere Ent⸗ scklung dieser segensreichen Bücherei wird der „Voss. Ztg.“ mit⸗ kteilt, daß im letzten Jahre von den 11 533 Bänden, aus inen sich der Bestand der Bibliothek zusammensetzt, Bücher nd Musikalien an Blinde im ganzen Deutschen Reiche, in vdesterreich⸗Ungarn, der Schweiz, Spanien, Frankreich und Ruß⸗ ind verliehen wurden. Es entfielen davon 3450 Bände auf Nusikalien, 5598 auf wissenschaftliche Werke und Unterhaltungsblätter deutscher Sprache, 698 auf Bände fremdsprachlicher und sprach⸗ issenschaftlicher Werke. Fast 700 Personen bezogen ihren Bedarf nurch die Post. Außerdem erfolgten größere Sendungen an 17 Lese⸗ el. Die starke Bereicherung des Bestandes an Noten und musikalien ist zum größten Teil der handschriftlichen, unentgeltlichen jebertragung der gewöhnlichen Druck⸗ und veeanett in die Punkt⸗ hrift zu verdanken, der eine größere Anzahl von ngehörigen der bamburger Gesellschaft sich widmet.
Kunst und Wissenschaft.
Die philosophisch⸗historische Klasse der Königlichen lkademie der Wissenschaften hielt am 21. Juli unter dem porsitz ihres Sekretars Herrn Vahlen eine Sitzung, in der Herr brandl über Spielmannsverhältnisse in frühmittel⸗ nglischer Zeit las. Die Abhandlung sucht besonders das Problem ufzuklären, wie das germanische Hechenghes in der Normannenzeit sett wurde durch das romanische Ritterepos. Aus den Namen er Minstrels 8 sich, daß diese in England bald in oßer Zahl zwei prachig wurden und dadurch die altheimischen Fänger verdrängten. us der Rolle, die sie bei den geistlichen ind weltlichen Erzählern spielen, ist zu ersehen, wie sehr sie en Adel für sich hatten und beeinflußten. Von den erhaltenen Pichtungen werden mehrere aus sachlichen Gründen den Minstrels gewiesen, als Proben ihrer Kunst, ihrer s öttischen Antworten auf se Angriffe der Geistlichen, aber auch ihres allmählichen Zurück⸗ llibens hinter den dichtenden Adligen an Feinheit des Denkens und lusdrucks. — Herr Harnack überreichte eine Mitteilung über die ldresse des vgbesstors f des Paulus. Es wird in ihr ezeigt, daß der Epheserbrief der Kol. 4, 16 erwähnte Laodiceerbrief st, daß Marcion den Brief noch mit dieser Adresse gelesen, sie also icht aus kritischen Erwägungen erst erschlossen hat und daß das gerschwinden der Adresse in der Kirche (seit dem Anfang des [Jahrhunderts) nicht auf einen Zufall zurückgeführt werden kann, vondern wahrscheinlich die Folge der Verurteilung ist, welche Johannes n der Apokalypse (um das Jahr 94) in bezug auf die Gemeinde zusgesprochen hat.
In der an demselben Tage unter dem Vorsitz ihres Sekretars berrn Waldeyer abgehaltenen Sitzung der physikalisch⸗ mathematischen Klasse las Herr Fischer über die Waldensche ÜUmkehrung. Er gab eine Zusammenfassung seiner Beobachtungen über das Phänomen und erlaͤuterte den Vorgang an einem neuen Modell des asymmetrischen Kohlenstoffatoms. — Herr Orth legte eine ibhandlung der Herren Professor Dr. J. Morgenroth und Dr. L. halberstaedter in Berlin vor Ueber die Beeinflussun er experimentellen Trypanosomeninfektion durch ghinin. Es wird gezeigt, daß Chinin, welches intraperitonäal iritziert gar keine schützende Wirkung gegen Infektion mit Nagana⸗ dwpanosomen bei Mäusen ausübt, das ugleichmäßig und unvollkommen wirkt, bei Verfütterung in geeigneter Weise eine sehr große prophylaktische Kraft bgsizt Es wird einer⸗ sits die Bedeutung dieser Befunde für die wis enschaftliche Erklärung ie Wirksamkeit der chemotherapeutischen Mittel auseinandergesetzt, mdererseits auf ihre mögliche Bedeutung für die Chinintherapie der Malaria und ihre Vervollkommung hingewieseen. 1
Eine interessante Mitteilung über die Eingewöhnung von pflanzen wärmerer Zonen auf Helgoland veröfefentlicht z. Kuckuck in der Botan. Ztg. 1910, 68. Jahrg. Eine ganze Reihe on Pflanzen, die auf dem Festlande entweder erfrieren oder im Winter edeckt werden müssen, überwintern auf Helgoland ohne Deckung. Vährend beispielsweise die jüngeren aus Samen gezogenen Pflanzen doen Pinus insignis und Gupressus macrocarpa in Erfurt dem frost erlagen, kamen sie in Helgoland gut durch. Ebenso hält sich Srum italicum ohne Decke. Yncca fllamentosa kam zu shöner Blüte und bildete neue Blattschopfe aus der Erde. Tucca trecubina hielt sich wenigstens geraume Zeit. Danae ncemosa hat sich vollständig eingewöhnt. Quercus IIex leistete nehrere Winter hindurch Widerstand und gibt gute Aussichten auf muernden Erfolg. Feigen gibt es mehrfach auf der Insel usw. Es st anzunehmen, daß noch bessere Erfolge erzielt worden wären, wenn gerade dem Boden des Akklimatisationsrundells bei der Einrichtung 8s Gartens die genügende Aufmerksamkeit zugewandt worden wäre. Bei allen Versuchen, die teilweise natürlich auch Mißerfolge brachten, inn man beachten, daß die Pflanzen wärmerer Zonen bei der Ueber⸗ fährung in ein ungünstigeres Klima sich recht verschieden erhalten. Die Fähig⸗ tit, die Kardinalpunkte ihres Gedeihens zu verschieben, ist bei den verschie⸗ denen Arten eben sehr ungleich. Jedenfalls ermutigen die Versuche ihrer Fortsetzung, wenn auch die Verheerungen durch den Wind rcht beträchtlich genannt werden müssen. Die Verluste durch Frost nauchen nicht zu entmutigen, da auch im Mittelmeergebiet zuweilen 7. Plantagen von Apfelsinen⸗ und Iüronenbäumen erfrieren Dafür
esonders günstig in Helgoland der Umstand, daß die tiefen Tem⸗ rraturen daselbst immer nur für sehr kurze Zeit erreicht werden. Eine Aufeinanderfolge von Frosttagen ist selten und kurz. Günstig ist zuch das Fehlen der Nachtfröste im Frühjahr.
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Die Galerie Eduard Schulte eröffnet ihre August⸗ mestellung am 30. Juli mit Werken einer Gruppe belgischer Aqua⸗ elisten, sowie mit Werken von Heinrich Böhmer⸗Düsseldorf, Eugenie emeeechs Berthold Genzmer⸗Gr. Lichterfelde, Professor Franz Hoch⸗München, Karl Holleck Weithmann⸗Berlin, Walter Klein⸗Berlin,
ul Schroeter⸗Gr. Lichterfelde, Professor Werner⸗Schuch⸗Berlin und
Adam Weber⸗Düsseldorf. 6 1
8 * 1 98 Eijne eigenartige Quelle für die historische Topographie Münchens zewahrt das Bavyerische Nationalmuseum: ein ziemlich gut erhaltenes dolzmodell der Stadt München aus dem Jahre 1572 Maßstab etwa 1: 69 von Jakob Sandtner. Allerdings sind, wie ie Köln. Sta. schreibt, aus diesem Modell, das nach eingehender hrüfung sich als sehr genau und naturgetreu erwiesen hat, in späterer geit zwei wichtige Stadtteile herausgenommen und durch solche mit den fungeren Aufbauten ersetzt worden: der ”gee. zwischen Neuhauser⸗ nasse und Löwengrube soöwie die Neue Feste Herzog Albrecht V. Dafür vurden eingesetzt die Michaelskirche mit dem Jesuitenkollegium (etzt alte llademie) bezw. die jetzt noch bestehende Residenz Maximilians I. Im ibrigen aber gibt das Modell Alt⸗München aus der Zeit Sandtners (l6. Jahrhundert) und, wie man wohl hinzufügen darf, wenigstens in im wesentlichsten Teilen auch das alte München aus dem Ende des Mittelalters wieder. Das ist um so wertvoller, als die Stadt selbst tentigentags nur noch spärliche Reste mittelalterlicher Baudenkmäler ufzuweisen hat. Aus diesem Modell gibt nun der Münchener Architekt Gastav Steinlein in der „Monatsschrift des Vereins für Volkskunst und Volkskunde“ (Heft 5 — 7, Juli 1919. Kommissionsverlag von C. A. Seyfried u. Comp., München) eine Reihe von Straßenansichten und däusergruppen in Form von Zeichnungen wieder, die Alt⸗München refflich v und es als eine anheimelnde Stadt erscheinen lassen, deren malerischer Reiz sich mit dem anderer deutscher Städte
8 8
ei subcutaner Injektion nur.
aus derselben Zeit wohl messen konnte. In Steinleins Kecchmungen ist die Form der Häuser mit ihren Stockwerken, Dächern, Erkern und Giebeln, die Anzahl der Fenster und Türen genau wiedergegeben. Unter den abgebildeten Häuserpartien treten zwei Gruppen hervor. Die eine stellt Häuser aus dem Geschäftsviertel der Stadt dar, aus der Altstadt oder der sogenannten „leonischen Stadt“. Es sind „in der S Zinshäuser“, darunter solche mit drei Stockwerken über dem rdgeschoß. Die andere Gruppe säigt Häuser aus der neueren Stadt, die durch ihre Gärten auffallen. Auch bei genauer Betrachtung des Modells fällt, wie Steinlein bemerkt, der Reichtum der Gärten in diesem Stadtteile besonders in die Augen. Die Auswahl aus dem Modell ist im Fansen so getroffen, daß unter den Baulichkeiten Bürger⸗ und Kauf⸗ äuser, Höfe mit ihren Nebengebäuden, Brücken, Tore und Be⸗ festigungsanlagen, Kirchen, Klöster, Hauskapellen, Türme, Schleif⸗ mühlen usw. erscheinen, besonders auch Hinterhäuser mit Hofanlagen. Auf die Ausstattung letzterer wurde offenbar großer Wert gelet; daher bildeten sie einen besonderen Reiz vieler Häuser Alt⸗ Münchens. Gemauerte oder auch hölzerne Galerien dienten als Zu⸗ gang für die oberen Stockwerke der Rückgebäude und zu⸗ fen als Tummelstätten für die Kinder, Arbeitsplätze für die Frauen, Schutz bietend gegen Regen und Wind, Kühle spendend bei des Sommers Hitze und einen wohltuenden egensa bildend 5 unsern nüchternen, ja herzlosen Hafenagen, In bezu 5 den architektonischen Schmuck der Häuser hat Steinlein Rekönstruk, tionsversuche gemacht und deshalb Fassaden von Häusern aus andern Städten Altbayerns als Vorwürfe herangezogen, da München selbst aus der fraglichen Zeit wenig bietet. Besonders Hed Blätter solcher Se sind als Beilagen angefügt. Belebt sind die Zeichnungen der Straßenbilder durch blumengeschmückte Fenster, Bänke vor den Häusern, in die Straßen hineinragende Zunftzeichen, Wirtshausschilder, Heiligensiguren in Nischen oder au Konsolen, Hauskreuze auf den Dachfirsten oder Giebelspitzen, Wasserspeier usw.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
8 Seatenstand in Ras
Der Kaiserliche Konsul in Libau berichtet unterm 25. d. M.: Trotz der vngfakteges regnerischen Witterung mußte der Roggenschnitt im Amtsbezirke überall in Angriff genommen werden und ist zum Teil beendet. Bisher konnte das Korn aber weder geborgen, noch auf dem Felde gedroschen werden; sollte aber bald trockenes Wetter eintreten, so dürfte eine gute Roggenernte zu verzeichnen sein. Früh gemähtes Heu und Klee ist in Sicherheit gebracht. — Der Ertrag spät gemähter Wiesen liegt aber noch draußen, ist teilweise schon verfault, teilweise minderwertig geworden. — Gut stehen zurzeit die Sommerfelder. Auch die Kartoffeln versprechen, soweit sie nicht durch die späten Nachtfröste geschädigt sind, eine lohnende Ernte. — Einen wenig er⸗ freulichen Anblick gewähren die Obstgärten. — Bäume, die sich im Vorjahr unter der Last ihrer Früchte bogen, stehen jetzt kahl da oder tragen nur vereinzelte Früchte.
Ernteaussichten und Getreidehandel in der Türkei.
Der Kaiserliche Generalkonsul in Beirut berichtet unterm
14. d. M.: Im Konsulatsbezirk kann die diesjährige Ernte im all⸗
gemeinen als mittelmäßig bis sehr gut bezeichnet werden. Damaskus gibt eine gute Ernte, mit Ausnahme des Hauran, wo nur auf die Hälfte einer Durchschnittsernte zu rechnen ist. Hama und Homs entschädigen dafür durch eine sehr gute Ernte. Lattakie und Tripolis geben eine gute Ernte, Akka eine mittelmäßige.
Die Ernte liegt zum Teil noch auf den Tennen, sodaß der Gesamtertrag noch nicht abgeschätzt werden kann. Es ist aber immer⸗ hin soviel auf den Markt gekommen, daß man ein Sinken der Preise hätte erwarten können. Diese Erwartung ist indessen nicht in Er⸗ füllung gegangen, da sich, seit längerer Zeit schon, in Syrien eine Getresbespekn ation bedenklichen Umfangs breit macht. Getreide⸗ aufkäufer, besonders in Damaskus und in Aleppo, haben sich im vvgr. Ie aller syrischen Zufacees durch höhere Preisgebote
emächtigt, um die Kurse zu beherrschen. Erst das Einschreiten der Behörden brachte zuwege, daß schließlich zuletzt die Preise um 50 % in jenen Städten sanken.
Trotz des im großen und ganzen guten Ernteausfalles wird 2 einen bedeutenden Export nicht zu rechnen sein, da der eventuell si ergebende Ueberschuß über das für den Landeskonsum Erforderliche voraussichtlich nach dem Hedschas dirigiert werden wird, um Medina sowie die Araber⸗ und Beduinenstämme zu versorgen. Nur ein Gerstenexport zu Brauereizwecken wird erwartet werden können.
Die prei e stellten sich zuletzt auf 24 bezw. 17 Fr. für 100 kg
Weizen bezw. Gerste.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
Türkei.
SDer internationale Gesundheitsrat in Konstantinopel at folgende Quarantäneverfügungen erlassen:
Die aus Alexandrien und Port Said kommenden Schiffe können in Benghazy die vorgeschriebene 24 stündige 1⸗ S.. nebst Des⸗ infektion durchmachen und dort, nach günstigem Ausfall der ärztlichen Untersuchung, zum freien Verkehr zugelassen werden, wenn
1. 9 Entrattung dieser Schiffe nicht länger als 40 Tage zurückliegt,
2) der Gesundheitspaß dieser Schiffe nachweist, daß sie während ihres Aufenthalts in Alexandrien oder Port Said nicht am Kai an⸗ gelegt haben und daß die erforderlichen Vorsichtsmaßregeln ergriffen worden sind, um den Zutritt von Ratten und Mäusen zu den Schiffen zu verhindern.
Die von Häfen des Schwarzen Meeres kommenden Schiffe, die bei der Abfahrt oder während der Ueberfahrt oder bei der e choleraverdächtige Fälle oder festgestellte Cholerafälle an Bord gehabt haben, werden von allen türkischen Häfen des Schwarzen Meeres nach dem Lazarett von Sinope verwiesen werden, um dort eine fünftägige Quarantäne nebst Desinfektion durchzumachen.
Die von Häfen des Schwarzen Meeres kommenden Schiffe, die bei der Abfahrt oder während der Ueberfahrt choleraverdächtige Fälle oder festgestellte Cholerafälle an Bord gehabt haben, können die Meerengen durchfahren, wenn sieben volle Tage seit dem Tage der Heilung oder des Todes oder der Ausschiffung des letzten Cholera⸗ kranken verflossen sind, und wenn das Schiff im Abfahrtshafen nach der Heilung oder dem Tode oder der Ausschiffung des letzten Cholera⸗ kranken desinfiziert worden ist; wenn die Desinfektion nicht statt⸗ gefunden hat, muß sie im Lazarett von Monastir⸗Aghzy erfolgen.
Auf alle Fälle muß das Trinkwasser dieser Schiffe im vorge⸗ nannten Lazarett erneuert werden.
Die für die Desinfektion und die Erneuerung des Trinkwassers gehranchte Zeit wird auf die vorerwähnten sieben Tage in Anrechnung gebracht.
Die über Batum aus Persien kommenden Teppiche werden zur Einfuhr in die Türkei zugelassen, wenn sie von einer seitens des türkischen Konsuls in der vorgenannten Stadt ausgestellten Bescheini⸗ ung darüber begleitet sind, daß die Teppiche vor dem 15. Juli d. J. 6 St.) in 86 angekommen sind. 8 Schweden. 8
Imu Fe Verordnung vom 16. Juni 1905, betreffend die
Einfuhr solcher Waren, welche die Einschleppung der Pest und der Cholera begünstigen können (vergl. „R.⸗Anz.“ vom 18. No⸗ vember 1905, Nr. 273) ist durch eine Königliche Verordnung vom 4. Juli d. J. aufgehoben worden, 8 folgenden Wortlaut hat:
§ 1. Gebrauchte Betten, Kleider und Wäsche, welche nicht als Gepäck durch Reisende mitgebracht werden oder Mannschaften gehören oder zum persönlichen Gebrauch der Mannschaften bestimmt sind, dürfen,
6“ 8
8
wenn dieselben in Schweden von einem Orte ankommen, welcher durch das Kommerzkollegium als pest⸗ oder choleraverseucht erklärt worden ist, ausschließlich nach einer Stadt oder per Eisenbahn nach Mon, Charlottenberg, Storlin oder Riksgränsen eingeführt werden, um von dort per Eisenbahn nach einer Stadt zur Zollabfertigung befördert zu werden.
§ 2. Der Fhe solcher Gegenstände ist nur für den Fall unbedingt berechtigt, die Auslieferung der Gegenstände zu verlangen, daß die⸗ selben in einer Stadt ankommen, wo sich eine von der Medizinal⸗ verwaltung anerkannte Anstalt zur Desinfektion derartiger Gegen⸗ stände befindet; das Kommerzkollegium ist verpflichtet, nach den durch die Medizinalverwaltung zu veröffentlichenden Angaben bekannt zu machen, in welchen Städten derartige Anstalten sich befinden. Die Gegenstände dürfen von der Zollbehörde nicht ausgeliefert werden, bevor das städtische Gesundheitsamt die Desinfektion derselben für überflüssig erklärt hat oder bevor die Gegenstände auf Kosten und Gefahr des Besitzers 82 Anordnung des Gesundheitsamtes in dem von demselben vorgeschriebenen Uöteno. desinfiziert worden sind.
Sind die Gegenstände in einer anderen Stadt angekommen als wie im § 2 erwähnt, so dürfen dieselben von der Zollbehörde nur dann ausgeliefert werden, wenn das Gesundheitsamt der Stadt erklärt hat, daß die Waren einer Desinfektion nicht unterworfen zu werden brauchen oder — für den Fall, daß das Amt die Desinfektion für er⸗ forderlich hält — wenn die Desinfektion an Ort und Stelle statt⸗ finden kann und vor der Auslieferung auf Anordnung des Amtes auf Kosten und Gefahr des Besitzers S wird.
Hat das Gesundheitsamt nach den vorstehenden Vorschriften ver⸗ fügt, daß die betreffenden Waren desinfiziert werden sollen, kann aber in dem im § 3 erwähnten Falle die Desinfektion nicht stattfinde oder findet aus irgend einem anderen Grunde die vorschriftsmäßi Desinfektion innerhalb durch das Amt festgesetzten Zeit nicht statt, so ist der Besitzer der Waren, welche hätten desinfiziert werden sollen berechtigt, dieselben innerhalb einer kürzeren, durch die Zollverwaltun festzusetzenden Zeit wieder auszuführen. Wenn die Ausfuhr innerha der festgesetzten Zeit nicht stattfindet, sind die Waren auf Anordnung der Zollverwaltung zu 3 8
In betreff der Einfuhr von Lumpen in das Reich gelten folgende Bestimmungen:
a. die Ware darf ausschließlich in Ballen eingeführt werden;
b. bei der Einfuhr der Ware ist durch eine Bescheinigung eines schwedischen diplomatischen oder Konsulatsbeamten oder, wenn ein solcher am Abgangsorte nicht angestellt ist, der zuständigen Behörde nachzuweisen, daß die Ware nicht aus irgend einem anderen Orte kommt als aus einem solchen, von welchem aus nach den vorstehend erteilten Vorschriften die Einfuhr gestattet ist; derartige Bescheini⸗ sungen können auch von Personen erteilt werden, deren Glaubwürdig⸗
eit durch eine der vorstehend ge Behörden bescheinigt wird.
Lumpen dürfen in das Reich nicht eingeführt werden aus Orten, welche durch das Kommerzkollegium als pestverseucht erklärt worden sind. Derartige Waren dürfen auch nicht aus einem Gebiete ins Reich eingeführt werden, welches als choleraverseucht erklärt worden ist, wenn dieselben nicht zusammengepreßt sind.
Wenn ein Gebiet als eh oder choleraverseucht erklärt worden, ist, nach den vorstehenden Bestimmungen, die Einfuhr aus demselben in das Reich nur dann gestattet, wenn der König — nachdem das Gebiet als frei von der Krankheit erklärt worden ist — zur Einfuhr seine Genehmigung erteilt.
72 Als Lumpen sind reine Abfälle, welche direkt aus Webereien, Spinnereien oder mit diesen verwandten Fabriken kommen, nicht zu behandeln. 56
Kunstwolle oder sogenannte Shoddy darf in das Reich nur dann eingeführt werden,
wenn bei der Einfuhr durch eine Bescheinigung eines schwedischen diplomatischen oder Konsulatsbeamten oder, wenn ein solcher am Abgangsorte nicht angestellt ist, der zuständigen Behörde oder einer 2582 deren Glaubwürdigkeit durch eine der genannten Behörden escheinigt wird, nachgewiesen wird, daß die Ware karbonisiert (mit Mweralsäure und Erhitzung behandelt) oder mit feuchter Wärme auf 100 °Celsius erhitzt worden ist; .
oder wenn die Ware nach dem Karden gefärbt worden ist;
oder schließlich wenn die Einfuhr von einem Orte aus erfolgt, von dem die Einfuhr von Lumpen auf Grund der im § 6 enthaltenen Bestimmungen erlaubt ist, die I“ beobachtet werden, die im § 5 a und b bezüglich der Lumpen festgesetzt sind und außerdem in der vorstehend vorgeschriebenen Weise nachgewiesen wird, daß die Ware bei einer Kunstwollenfabrik hergestellt ist, die an einem soeben genannten Orte belegen ist.
9. Als Transitgüter dürfen die in dieser Bekanntmachung erwähnten Waren ohne die vorstehend genannten Hindernisse und Besachateen durch das Reich transportiert werden, wenn dieselben derart verpackt sind, daß sie unterwegs nicht berührt werden können und wenn die Einfuhr derselben nicht aus irgend einem anderen Grunde zwecks Ver⸗ hütung der Fpnschleähung der Pest oder der Cholera in das Reich überhaupt verboten ist.
Der Umstand, daß Waren oder Gegenstände durch ein pest⸗ oder choleraverseuchtes Gebiet transportiert worden sind, bildet keinen Grund des Verbotes der Einfuhr in das Reich, wenn sie derart transportiert werden, daß sie unterwegs mit beschmutzten Gegenständen nicht haben in Berührung kommen können. 8
Aegypten. eer internationale Gesundheitsrat in Alexandrien hat beschlossen, pestreglement ggen Herkünfte aus Mangalore Gritisch⸗Indien) außer Anwendung zu setzen.
Seit vorgestern sind in Odessa H auf⸗ etreten. Es ereignete sich ein Todesfall; gestern wurden zwei Er⸗
ankungen und ein Todesfall gemeldet. .
8 ““
Handel und Gewerbdbee.
— —n der heutigen Sitzung des Zentralausschusses der Reichsbank führte der Vorsitzende, Vizepräsident des Reichs⸗ bankdirektoriums Dr. von Glasenapp aus, daß sich aus dem derzeitigen Status der Reichsbank ein Grund zur Aenderung des Diskontsatzes nicht ergebe. Ueber die Be⸗ ziehungen zu der Niederdeutschen Bank teilte der Vorsitzende mit, daß die Reichsbank im Verkehr mit e” Institut stets roße Vorsicht geübt habe. Das gesamte Wechselengagement elaufe sich nach dem Stande vom 23. Juli d. J. auf 1 264 000 ℳ. iervon würden nach vorsichtiger Schätzun 844 000 ℳ voraussichtlich durch die Mitverbundenen bezahlt werden. Die übrigen 420 000 ℳ seien durch die gesperrten Girosalden und durch andere Sicherheiten im Betrage von zusammen rund 500 000 ℳ gedeckt, sodaß der Reichsbank aus dem Zusammenbruche der Niederdeutschen Bank, soweit sich bis jetzt übersehen lasse, Verluste überhaupt nicht er⸗ wachsen würden. Sodann wurden noch einige Gattungen von “ zur Beleihung im Lombardverkehr zu⸗ gelassen 8
(Weitere Nachrichten über „Handel u. Gewerbe’ s. i. d. Ersten Beilage.)