Königreich Preußen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Direktor des Sophiengymnasiums in Berlin, Pro⸗ fessor Dr. Dielitz, dem Direktor des Falkrealgymnasiums in Berlin, Professor Dr. Paul Schellbach, dem Direktor des Gymnasiums in Sagan Dr. Bruno Larisch und dem Direktor der Oberrealschule in Gleiwitz Dr. Otto Haussknecht — den beiden letztgenannten aus Anlaß ihres Uebertritts in den Ruhe⸗ stand — den Charakter als Geheimer Regierungsrat sowie dem Geheimen Kanzleisekretär Machholz beim Finanz⸗ ministerium bei seinem Ausscheiden aus dem Staatsdienst den Charakter als Kanzleirat und 88 dem Kassensekretär bei der Kontrolle der Staatspapiere Daniel in Berlin, dem Regierungshauptkassenbuchhalter Meyer in Lüneburg, dem Oberzollsekretär Bornemann in Stettin und dem Regierungssekretär Saaran in Potsdam aus Anlaß ihres Uebertritts in den Ruhestand sowie dem Rent⸗ meister Fourmann in Siegen bei seinem Ausscheiden aus dem Staatsdienst den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen.
8
Allerhöchster Erlaß, betreffend die Verleihung des Promotionsrechts die Tierärztlichen Hochschulen. Vom 5. September 1910.
Auf den Bericht vom 22. August d. J. will Ich den Tierärztlichen Hochschulen in Anerkennung der wissenschaftlichen Bedeutung, die sie im Laufe der Jahre, namentlich seit ihrer Umwandlung aus Tierarzneischulen in Hochschulen, erlangt haben, das Recht einräumen, nach Maßgabe der in der Promotionsordnung festgesetzten Bedingungen approbierte Tierärzte sowie Ausländer, die die tierärztliche Fachprüfung in Deutschland bestanden haben, auf Grund einer Prüfung um doctor medicinae veterinariae (abgekürzte Schreibweise:
r. med. vet.) zu promovieren und die Würde eines doctor medicinae veterinariae auch ehrenhalber als seltene Aus⸗ eichnung an Männer zu verleihen, die sich um die Förderung er Veterinärwissenschaft hervorragende Verdienste erworben aben.
Stolp, den 5. September 1910.
VD“ von Trott zu Solz. Freiherr von Schorlemer.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und
Medizinalangelegenheiten.
Der bisherige Oberlehrer am Gymnasium nebst Ober⸗ realschule in Stolp Dr. Paul Neumann ist zum Kreisschul⸗ inspektor in Strasburg Westpr. ernannt worden.
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen 1“
und Forsten.
Die Oberförsterstelle Friedrichsthal im Re⸗
gierungsbezirk Stettin ist zum 1. Januar 1911 zu besetzen. Bewerbungen müssen bis zum 15. Oktober d. J. eingehen.
b Finanzministerium. Der Regierungshauptkassenoberbuchhalter Augustiny aus Münster ist zum Landrentmeister und Rendanten der Re⸗ gierungshauptkasse in Cassel ernannt worden.
Bekanntmachung. 1
Gemäß § 46 des Kommunalabgabegesetzes vom 14. Juli 1893 (G.⸗S. S. 152) wird zur öffentlichen Kenntnis ge⸗ bracht, daß das auf das Aktienkapital der Crefelder Eisenbahngesellschaft aus dem Betriebe des Unternehmens im Rechnungsjahre 1909 zur Verteilung gelangte, im Jahre 1910 kommunalabgabepflichtige Reineinkommen auf 75 000 ℳ festgestellt worden ist.
Cöln, den 30. September 1910.
Der Königliche Eisenbahnkommissar. Riesen.
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8
Angekommen:
8 der Unterstaat Urlaub
161““ ö““ Preußen. Berlin, 3. Oktober.
Der Präsident des Kaiserlichen Patentamts, Wirkliche Geheime Oberregierungsrat Hauß ist vom Urlaub zurückgekehrt.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Hertha“ am 30. September in Palma auf Malorca eingetroffen und t am 11. Oktober von dort nach Biserta in See.
1“
Seine Durchlaucht der Fürst He 3 von Reuß⸗Köstritz ist, „W. T. B.“ zufolge, gestern im
56. Lebensjahre im Schloß Ernstbrunn (Niederösterreich) ge⸗
storben.
Landesbahn haben nach einer Meldung A. vorgestern den normalen Dienst auf sümtlichen Linien wieder aufzunehmen beschlossen. ihre dem sagen verwirklichen und die sonstigen in wohlwollende Erwägung ziehen.
Meldung des „W 8 1. Deputiertenkammer auf den 25. d. M. festgesetzt worden.
zufolge, zum Botschafter in Paris ernannt worden.
von Aehrenthal hat vorgestern von nach Wien angetreten. sich Graf Aehrenthal über seinen Be nahme in Italien sehr befriedigt ausge⸗ prochen. 8
Heinrich XXIvV.
Die Angestellten der bosnisch⸗herzegowinischen des „W. T. B.“ Die Landesregierung wird nunmehr
Aktionskomitee am 26. September mitgeteilten Zu⸗ Wünsche der Eisenbahner
Frankreich.
Im vorgestrigen Ministerrat zu Rambouillet ist laut T. B.“ die Wiedereröffnung der
Rußland. Der Minister des Aeußern Iswolski ist, „W. T. B.“
“
Aeußern Graf Turin die Rückreise Wie das „W. T. B.“ meldet, hat
such und die herzliche Auf⸗
Italien. Der österreichisch⸗ungarische Minister des
Spanien. “ 3 8 8 Der König Alfons hat vorgestern mittag El Mokri in Audienz empfangen. Dieser verlas ein Schreiben, in dem der Sultan, „W. T. B.“ zufolge, dem Wunsche Ausdruck gibt, ein volles Einvernehmen zwischen Spanien und Marokko im Interesse beider Länder herzustellen, und das Vertrauen ausspricht, daß die Franische Regierung die Erhaltung der Unabhängigkeit des scherifischen Reiches auf der Grundlage der Algecirasakte wünsche. Der König c8 in seiner Erwiderung: * Er teile vollkommen die Wünsche des Sultans; dabei sei er nicht minder an die von der Konferenz festgelegten Grundsätze gebunden, als die anderen Signatarmächte von Algeciras. Er sei überzeugt, daß sowohl Marokko als auch Spanien von einem Einvernehmen Vorteil haben würde, das auf die Achtung der Verträge, der Rechtsansprüche und der legitimen Interessen, wie sie aus den Umständen hervor⸗ gegangen, gegründet sei. Später stattete El Mokri dem Minister des Aeußern einen Besuch ab. “ Gestern wurden in Madrid, in San Sebastian und zahlreichen anderen Provinzstädten b gegen die antiklerikale Politik veranstaltet, die überall, ausgenommen in der Hauptstadt, in Valencia und Saragossa, ruhig verlaufen sind.
Niederlande.
Die Regierung hat dem Parlament, „W. T. B.“ zufolge, einen Gesetzentwurf vorgelegt, nach dem Geschenke, die von auswärtigen Regierungen für den Bau und die Ei nrichtung des Friedenspalastes eingehen, im Hinblick auf den inter⸗ nationalen Charakter dieses Gebäudes vom Ein gangszoll und
von sonstigen Ab aben frei bleiben sollen.
Gestern hat der erste Ministerrat nach der Rückkehr des Großwesirs stattgefunden. — — Ueber Jertiichz nd Umgebung ist, dem „Wiener Telegraphen⸗Korrespondenzzureau“ zufolge, der Belagerungs⸗ zustand verhängt worden. Die Entwaffnung der Bevölkerung und die Haussuchungen werden mit größter Strenge durch⸗ geführt. Aus Janina wird die Meldung amtlich bestätigt, daß die Griechen eifrig dabei sind, die Grenze von Arta bis Loros zu befestigen und Geschützpositionen zu errichten, daß zahlreiche Offiziere dort eingetroffen und die Schutzwachen an der Grenze erheblich verstärkt worden sind. . — Wie die Konstantinopeler Blätter melden, haben die Konsuln der Schutzmächte dem kretischen Exekutivkomitee mit⸗ geteilt, daß die Mächte die Rückkehr des nach Griechenland abgereisten griechischen Offiziers der kretischen Miliz oder dessen Ersetzung durch einen anderen griechischen Offizier nicht erlauben werden. Rumänien.
Der Staatssekretär von Kiderlen⸗Waechter hat vor⸗ gestern, „W. T. B.“ zufolge, in Anwesenheit des Ministers des Auswärtigen Djuvara dem König Karl in feierlicher Audienz sein Abberufungsschreiben überreicht.
8 Montenegro.
Wie das „Wiener K. K. Telegraphenkorrespondenz⸗ bureau“ aus Cetinje meldet, gestaltet sich infolge der er⸗ bitterten Stimmung, die in den türkischen Grenzgebieten seit Einführung des neuen Regimes herrscht, die Lage täglich schwieriger. Um den Verfolgungen durch die türkischen Be⸗ hörden zu entgehen, flüchtet die Bevölkerung massenhaft nach Montenegro, wodurch diesem arge Verlegenheiten bereitet
werden. b Amerika. b
Auf dem gestern von der Nationalen Liga der republikani⸗ schen Klubs in New York gegebenen Bankett hielt der Präsident Taft eine Rede, in der er nach einem Bericht des „W. T. B.“ ausführte: 8 1
Die Leistungen der republikanischen Partei in den letzten 18 Monaten und die Reformen, zu denen sie sich verpflichtet habe, bewiesen, daß sie im höchsten Grade fortschrittlich sei. Die Kommission für den neuen Tarif habe ihren vorläufigen Bericht fertiggestellt, er habe aber den Vorsitzenden angewiesen, über die Ziele und Methoden der Kommission vor den Wahlen nichts zu veröffentlichen, weil er sie von den Wechselfällen der Parteipolitik frei zu halten wünsche. Bei der Erörterung des Antitrustgesetzes sagte Taft, er glaube nicht, daß un⸗ günstige Entscheidungen in den beiden wichtigen Fällen, die gegen⸗ wärtig vor dem böchsten Gerichtshofe der Vereinigten Staaten saücebten, nämlich in den Fällen der Standard⸗Oil⸗Company und des American⸗Tobacco⸗Trust, ein finanzielles Unglück heraufbeschwören würden.
Zum Schluß wies Taft auf die Rekordernten hin, die gegenwärtig eingebracht würden und deren Bedeutung für das Geschäft des nächsten Jahres kaum überschätzt werden könnte.
— Bei einem in Rio de Janeiro von den dortigen Kauf⸗ leuten und Industriellen gestern abend gegebenen Festessen hielt der Finanzminister eine Rede, in der er den Anwesenden für die seiner Finanzpolitik gewährte Unterstützung dankte und, „W. T. B.“ zufolge, sagte: 8 G 3
Die ihm zuteil gewordene Unterstützung habe die Produktion erhöht, die Entwicklung des Handels und der Industrie 1v und das Nationalvermögen vergrößert. Sie ermögliche eine Beschleunigung der Amortisation der auswärtigen und eine Kon⸗
der
36 Millionen Pfund Sterling im Jahre 1902 auf 63 Millionen im Jahre 1909 gestiegen laufenden Finanzjahres bereits 31 Millionen erreicht. einfuhr sei von einer Million Pfund 9 Millionen im Jahre 1909 gestiegen.
und habe in den ersten 7 Monaten des Die Gold⸗ im Jahre 1902 bis auf fast 1
Asien. 8 8 8 Das chinesische Finanzministerium hat nach einer Meldung „St. Petersburger Telegraphenagentur“ für ganz China das nächstjährige Staatsbudget mit einem Fehlbetrag von 36 Millionen Taels aufgestellt. Die Einnahmen belaufen sich auf 297 Millionen, die Ausgaben auf 333 Millionen, darunter für das Kriegswesen 90, das Verkehrswesen 50 und die Schuldentilgung 50 Millionen Taels. — Vorgestern sind, „W. T. B.“ zufolge, in Söul die Bestimmungen für die Regierung von Korea veröffentlicht worden. Es wurden 13 Gouverneure ernannt, von denen sieben Japaner und sechs Kor aner sind.
EFCaF —
Am 27. September fand, wie die „Agence Havas“ meldet, zwischen eingeborenen französischen Truppen und räube⸗ rischen marokkanischen Berbern, die mit Mehrladern bewaffnet waren, bei Krebd el Lahanada ein heftiger Kampf statt. Die Marokkaner flohen mit Hinterlassung aller Beute und zweier Toter und nahmen drei Verwundete mit. Auf seiten der Franzosen wurden drei Mann verwundet.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Reichstagsabgeordnete, Amtsrat Lebrecht Arendt, konservativer Vertreter des Wahlkreises Königsberg 2 (Labiau⸗ Wehlau) ist, „W. T. B.“ zufolge, gestern im 74. Lebensjahr in Spannegeln bei Popelken gestorben.
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung. 8
Die dem Zentralverband der Glasschleifer Deutschlands an⸗ geschlossenen Glasschleifer, Polierer und Beleger Berlins und der Umgegend hielten, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, eine außerordentlich gut besuchte Versammlung ab, um zu dem neuen An⸗ gebot der Arbeitgeber Stellung zu nehmen. Nachdem bereits die Arbeits⸗ niederlegung in der letzten Versammlung der Arbeitnehmer beschlossen war, hat in letzter Stunde die „Freie Vereinigung der Schleifereibesitzer in Berlin“ ein neues Angebot gemacht, das den Arbeiterforderungen sehr entgegenkommt. Den Arbeitern ist eine sofortige Lohnzulage von 3 ₰ die Stunde bewilligt worden, sodaß der Mindeststunden⸗ lohn für Fassettenschleifer 70 ₰, für Moraschleifer und Polierer 60 ₰ beträgt. Eine weitere Zulage von 3 ₰ die Stunde soll für alle Arbeitergruppen vom 1. Oktober 1912 ab erfolgen. Alle bisher schon besser Entlohnten erhalten dieselben Zulagen zugebilligt. Abgelehnt ist dagegen die Verkürzung der wöchent⸗ lichen Arbeitszeit von 53 auf 52 Stunden. Der Tarifvertrag soll bis 1. Oktober 1913 Geltung haben. Die Versammelten erklärten sich einstimmig für die Annahme der Bewilligungen. Weiter wurde beschlossen, den nicht der Arbeitgebervereinigung angeschlossenen wenigen Arbeitgebern die Forderungen am heutigen Montag zur unterschrift⸗ lichen Anerkennung vorzulegen; man hofft, daß dies ohne weiteres er⸗ folgen werde. Danach kann der Friede in dieser Industrie für drei Jahre als gesichert gelten. k .
Die Hamburger und Altonaer Brauereiarbeiter sind, wie die „Koln. Ztg.“ erfährt, in Anbetracht der günstigen Abschlüsse der Brauereien in eine Lohnbewegung eingetreten, die indessen mit einer Verständigung enden dürfte.
Nach den Berichten aus den englischen Baumwollindustrie⸗ bezirken sind, wie „W. T. B.“ meldet, am Sonnabend früh ungefähr 700 Baumwollspinnereien geschlossen worden. Etwa 150 000 Arbeiter sind dadurch beschäftigungslos ge⸗ worden. — Der Generalkontrolleur fuͤr Handel, Arbeit und Statistik im Handelsamt, Askwith, der sich seit zwei Tagen in Manchester aufhält, hatte mit den Ver⸗ tretern des Arbeitersyndikats eine lange Unterredung. Infolge eines Vermittlungsversuchs hat das Syndikat der Baumwollarbeiter gestern neuen Bedingungen zugestimmt, die heute den Arbeitgebern unterbreitet werden sollen. Die Bedingungen sollen den Charakter eines Kompromisses haben. Es besteht daher Hoffnung, daß die Streitpunkte beseitigt werden.
In Paris haben, „W. T. B.“ zufolge, mehrere tausend Maurer beschlossen, von heute ab, entsprechend dem geforderten Neunstunden⸗ tag, sich auf den Bauplätzen anstatt um 6 ½ erst um 7 Uhr einzu⸗ finden und, falls der Unternehmer sie zur Rede stellen sollte, sofort in den Ausstand zu treten. Der Polizeipräfekt hat umfassende Vor⸗ kehrungen getroffen, um Ausschreitungen von Ausständigen gegen Arbeitswillige zu verhindern. 8
Am vergangenen Freitag ist, wie der „Rh.⸗Westf. Ztg.“ telegraphiert wird, das ganze Betriebspersonal der elektrischen Straßenbahn in Warschau in den Ausstand getreten. Die Werkstätten und die elektrische Zentralstation sind an dem Ausstande nicht beteiligt. Der Ausstand entstand wegen zu großer häufiger Geldstrafen und weil die Jahresgratifikation in Höhe von 650 000 Rbl. von der Direktion zu Schulzwecken für die Beamtenkinder verwendet und nicht den Eltern ausgezahlt worden war. Mit Hilfe von höheren Beamten hat die Direktion 20 Wagen in Betrieb gestellt, die von Polizei und Gendarmen begleitet werden. 1
Aus Lissabon wird dem „W. T. B.“ telegraphiert, daß in Barreiro Nachts verschiedene Kork⸗ und Getreidelager von ausständigen Arbeitern der Korkindustrie in Brand ge⸗ steckt wurden. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung sind Truppen nach Barreiro abgegangen. Im Hinblick auf die Haltung der Arbeiter der Korkindustrie ist die Ausfuhr von Kork in Platten bis auf weiteres untersagt worden. 1 1
In New York haben, wie „W. T. B.“ meldet, die Arbeit⸗ geber im Baugewerbe heute 40 000 Bauarbeiter ausgesperrt.
Kunst und Wissenschaft.
Auf dem 11. Tag für Denkmalpflege in Danzig sprach in der Abendsitzung am Donnerstag der Stadtbauinspektor Dähne⸗ Danzig über „Danzig und seine Bauten“ und der Oberbaurat Schmidt⸗Dresden über „Baumaterialien und Heimatschutz“. Er führte aus, daß die Heimatschutzbewegung aus praktischen und künstlerischen Gründen auf die Oberflächen und Farben⸗ wirkung der Bedachungsstoffe besonderen Wert legen müsse; sie bevorzuge daher alle natürlichen, bodenständigen und bewährten Stoffe gegenüber den Ersatzstoffen, zumal wenn diese weder in ihrer Dauerhaftigkeit und Unterhaltung, noch in ihrer Wetter⸗ beständigkeit jenen gleich kommen. Sie bekämpfe weiter alle durch ihre Form, Zeichnung und Farbe auffallenden, aufdringlichen und den harmonischen Zusammenhang eines Orts⸗ oder Landschafts⸗ bildes störenden Dachdeckungen. Könne sie deren Verwendung nicht hindern und handle es sich um die Erhaltung eines wertvollen Stimmungsbildes, so werde sie sich bemühen, den Mißklang, den das Neue in den Bestand des Alten bringen muß, wenigstens zu mildern. — Der Putzbau sei gegenüber dem
vertierung der anderen Schulden. Der Wert der Ausfuhr sei von
Ziegelrohbau überall da zu bevorzugen, wo er ö billiger und praktischer sei. Dasselbe gelte umgekehrt vom Ziegel⸗
8 v16“ v“ 8 8
gebildet wird.
rohbau. Im übrigen werde der Ziegelrohbau im Interesse einer freien künstlerischen Entwicklung zugelassen werden können, wo Um⸗ gebung und wirtschaftliche Verhälknisse es gestatten oder fordern. Vom Putzbau gelte umgekehrt auch hier dasselbe. Die Verwendung von Vollsteinen statt Blendsteinen, die Weiterentwicklung der Ziegel⸗ fabrikation unter Betonung des künstlerischen Wertes der Handstrich⸗ ziegel und die Neubelebung der Terrakottatechnik seien zu empfehlen. Die Befolgung dieser Anregungen würde die Bestrebungen des
eimatschutzes fördern, ohne daß eine freie Entwicklung zeitgemäßen Heimeschrüschen Schaffens gehindert oder die berechtigten Interessen der heimischen Ziegel⸗ und Kalkindustrie geschäri t würden. Endlich behandelte der Vortragende die Frage: Ratülrliche Werksteine oder Kunststeine. In der Verdrängung der natürlichen Werksteine durch Kunststeine (Zementbeton) habe der Heimatschutz nichts zu tun. Schuld daran seien Erwägungen der Billigkeit, der Sparsamkeit und der allgemeine Rückgang der Bautätigkeit. Man könne mit Baustoffen aus Portlandzement schneiler billiger und viel⸗ seitiger bauen. Die Zementwaren⸗ und Kunststeinfabriken müßten aber die berechtigten künstlerischen Forderungen, die man an ihr Material stellen dürfe, erfüllen und auf die Oberflächen⸗ und Farbenwirkung ihrer Erzeugnisse größere Sorgfalt verwenden.
In der Freitagsitzung machte zuächst der bisherige Direktor des Westpreußischen Provinzialmuseums, Geheimrat Professor Dr. Con⸗ wentz Mitteilungen aus seiner Tätigkeit an diesem Institut. Dann berichtete der Vorsitzende, Geheime Hofrat von Oechelhäuser über die Rechnungen des Vorjahres, das mit einem Ueberschuß von etwa 4000 ℳ abgeschlossen hat; auch teilte er mit, daß zwischen dem Tage für Denkmalpflege und dem Bunde Heimatschutz ein Ab⸗ kommen über gemeinsame Tagungen getroffen sei, die alle zwei Jahre unter dem Namen „Gemeinsame Tagung für Denkmalpflege und Heimatschutz“ stattfinden sollen. Die erste gemeinsame Tagung wird schon im kommenden Jahre in Salzburg abgehalten werden. Dann hielt der Professor Rathgen⸗Berlin einen Vortrag über „Wirksamkeitder Steinerhaltungsmittel“ und der General⸗ konservator Dr. Hager⸗München einen solchen über den „Einfluß der Vegetation auf die Baudenkmäler“. Er betonte die malerische Wirkung der Vegetation und führte dann aus, wie man
bei der Beurteilung der durch sie hervorgerufenen Schäden auch be⸗
oft den Pflanzen Wirkungen zugeschrieben andere Verwitterungsfaktoren herbeigeführt wurden. Algen, Pilze und Fllechten schützen veelsach die Steine, indem sie die bedeckte Oberfläche erhalten. Moose schaden aber auch. Gefährlicher sind die Farne durch Wurzeln und Kalkdünger; noch schlimmer sind Blütenpflanzen; sehr gefährlich Holz⸗ ewächse, sowohl Sträucher wie Bäume. Nur in Einzelfällen, wo ie als poesievolle Wahrzeichen zu gelten haben, sind diese zu schützen. Ruinen und ruinenhafte Mauern schützt man durch Rasendeckungen. Die Verkleidung der Mauern durch Spalierobst ist im allgemeinen umständlich. Weit auseinander gehen die Ansichten über den Efeu. Ist der Mörtel und der Verband schlecht, so kann der Efeu schaden; er muß dann regelmäßig zurückgeschnitten und das Mauerwerk ausgeschnitten werden. Der wilde Wein wuchert stark; vorzuziehen ist der amerikanische vor dem deutschen wilden Wein. Viel zu wenig verwendet ist die wilde Rose an Mauern. — Bäume an Häusern bilden oft Wetterschutz und haben ästhetischen Wert. Wenn sie Luft und Licht zu sehr abhalten, müssen sie geschnitten werden. Halten sie die Mauern dauernd feucht, so müssen sie fallen. Bei Ruinen ist mit dem Pflanzenwuchs Maß zu halten, damit er nicht schadet. Beete und künstlerische Anpflanzungen passen nicht für Ruinen. — Das Verhältnis zwischen Vegetation und Denkmalpflege bietet eine künstlerische und eine technische Seite. Allgemeine Regeln lassen sich da nicht geben. Zwischen den künstlerischen und den technischen Faktoren muß in der Praxis in jedem Falle ein Ausgleich gefunden werden, der meist eine Frage des Taktes ist.
Ueber das Thema „Denkmalpflege und Gartenkunst“ sprachen hierauf der Landeskonservator Professor Dr. Gradmann⸗ Stuttgart und der Baurat Professor Dr. Göcke⸗Berlin. Dann wurde die Tagung durch den Vorsitzenden geschlossen.
denken müsse, daß würden, die durch
Im Verein für Deutsches Kunstgewerbe wird am Mitt⸗ woch, Abends 8 ½ Uhr, Dr. Peter Jessen, Direktor der Bibliothek des Königlichen Kunstgewerbemuseums, die Vortragsreihe dieses Winters im großen Festsaale des Künstlerbauses mit einem Vortrage über das Kunstgewerbe auf der Weltausstellung Brüssel 1910 eröffnen. Der 8 ist mit Lichtbildern ausgestattet.
Der Architektenverein zu Berlin und der Berliner Be⸗ zirksverein deutscher Ingenieure veranstalten im Winter⸗ halbjahr 1910/1911 einen Kursus über wirtschaftliche Fragen, in dem folgende Vorträge vorgesehen sind: Rechtsanwalt Dr. Wrzeszinski: Rechtsvorgänge im Leben der kapitalistischen Unternehmung; Prbfessor Dr. Arndt: Weltwirtschaft und Imperialismus; Geheimer Oberregie⸗ rungerat Dr. Freund, vortragender Rat im Ministerium des Innern: Kommunale Wirtschaftspolitik; Professor Dr. H. Geffcken: Deutsche Verfassung und Verwaltung im Vergleiche mit ausländischen Systemen; Direktor Emil Schiff: Die Konzessionswirtschaft (Ausbeutung öffent⸗ licher Monopole durch staatlich oder gemeindlich zugelassene Privat⸗ unternehmer); Professor Dr. Stein: Technik und Sozialpolitik. Pro⸗ gramme und Karten können von den Geschäftsstellen der beiden Vereine (Architektenverein: Berlin W. 66, Wilhelmstraße 92/93, Berliner Bezirksverein deutscher Ingenieure, Berlin SW., Belleallianeplatz 17) bezogen werden. 1“ “ “ 9 9
Eine neue Talsperre im Radaunetal. Aus Danzig wird gemeldet: Die Ueberschwemmungen im Tal der Radaune, eines Nebenflusses der Mottlau, veranlaßt durch die starke Sandführung des Flusses, führten im Jahre 1888 zu so umfangreichen Katastrophen, daß sich die Regierung mit der Frage beschäftigen mußte, wie der⸗ artigen Verheerungen entgegengearbeitet werden könne. Im Jahre 1907 entschloß sich nunmehr der Kreis Danziger Höhe nach vielen vergeblichen Vorverhandlungen, einen Sandfang in Form eeiner Talsperre an der Radaune auszuführen, und beauftragte gleichzeitig die Siemens⸗Schuckertwerke, mit der Talsperre eine Kraft⸗ station zur Erzeugung elektrischer Energie für Licht⸗ und Kraft⸗ zwecke zu entwerfen und auszuführen. Dieses Ueberlandkraftwerk an der Radaune⸗Talsperre bei Prangschin ist jüngst durch eine Feier in Anwesenheit des Regierungspräsidenten und anderer höherer Beamten dem Betriebe übergeben worden. Zur Talsperre gehört in erster
eihe ein Staubecken, das durch einen 250 m langen, 17 m hohen und an der Krone 5 m breiten (an der Sohle 80 m breiten) Damm g . Das Becken enthält bei normaler Stauung rund 3,4 Millionen cbm Wasser. Mit einem Durchschnittsgefälle von 13,7 m werden 2 Francis Zwillingsturbinen von je 750 P. S. betrieben, die mit zwei Drehstromgeneratoren., System Siemens⸗Schuckert, von je 8000 Volt Spannung gekuppelt sind. Mit dieser Hochspannung werden durch sechs Fernleitungen die umliegenden Ortschaften und Gutshöfe
im Umkreise von etwa 25 km mit Strom für Licht und Kraft ver⸗
sorgt der den Konsumenten für die Kilowattstunde zum Preise von
bis 35 ₰ für Beleuchtungszwecke und für 13 bis 20 ₰ zu Kraft⸗ zwecken — je nach Höhe des Stromverbrauchs — geliefert wird. Durch dieses technische Kulturwerk sind die Anlieger der Radaune zund die Bewohner der Umgegend, die jahraus jahrein unter den jeberschwemmun en zu leiden 58—8 nunmehr wohl dauernd vor den Gefahren für Leben und Gut gesichert und zu gleicher Zeit ist der Landwirtschaft die Möglichkeit geboten, die Bearbeitung ihrer Aecker mit Hilfe der Elektrizität noch intensiver als bisher zu betreiben.
Verkehrsanstalten. 8
„Bekanntlich übernimmt es die Reichspostbehörde, Kartenbriefe, Postkarten einschließlich der Weltpostkarten, Briefumschläge, Streif⸗ änder und offene, zur Versendung als Drucksachen bestimmte Karten,
sofern sie in Mengen von mindestens 1000 Stück für jede Gattung vom Besteller angeliefert werden, mit dem Freimarkenstempel abzustempeln. Die abzustempelnden Gegenstände sind vom Besteller bei dem Postamt anzuliefern, durch das er sie nach der Ab⸗ stempelung zurückzuerhalten wünscht (in Berlin beim Postamt Nr. 68, SW., Lindenstraße 30). Ueber die sonstigen Einlieferungs⸗ usw. Be⸗ dingungen erteilt jedes Postamt dem Publikum Auskunft. Die Ab⸗ stempelungsgebühr, die bisher 3 ℳ 50 ₰ für je 1000 Stück Kartenbriefe usw. betrug, wird vom 1. Oktober ab ermäßigt: bei Abstempelung von 10 000 Stück oder weniger derselben Gattung auf 3 ℳ für jedes Tausend, bei Abstempelung von mehr als 10 000 Stück derselben Gattung auf 30 ℳ für die ersten 10 000 Stück und auf 2 ℳ für jedes weitere Tausend. Jedes angefangene Taus dabei für voll gerechnet. 8
Lessingtheater. “ Nun ist Björnsons letztes Werk, das dreiaktige Lustspiel „Wenn der junge Wein blüht“, das schon anderwärts die Feuerprobe bestanden hat, auch zu uns gekommen; am Sonnabend fand im Lessingtheater die erste Aufführung des Stückes statt. Der Leitspruch des Lustspiels: „Wenn der junge Wein blüht, gärt es im alten“, deutet zunächst auf den Johannistrieb hin, der alternde Männer noch auf Freiersfüßen gehen heißt; bald aber schweift der Dichter von diesem Thema ab, um sich psychologisch in die Seelen der handelnden Personen zu vertiefen, um mit lächelndem Munde einmal die Predigt von der wahren Ehe zu halten, die die nordischen Dramatiker, insbesondere der Wahrheitsapostel Ibsen mit aller Strenge und Herbheit haben vernehmen lassen. Das Stück spitzt sich immer mehr zu einem Ehestreit zwischen Wilhelm Arvik und seiner Frau zu, die, unterstützt von einer Schar heran⸗ gewachsener anmutiger Töchter, ihren Mann völlig in den Hintergrund gedrängt hat. Er trägt sein wenig beneidenswertes Los resigniert mit gutem Humor, bis einmal auch lüm die Galle ins Blut geht. Aber nicht mit Vorwürfen und Scheltworten sucht er sein Recht zu be⸗ haupten, ein einziger Blick, der aus verwundeter Seele seine Frau trifft, genügt, um in ihr jene Gärung hervorzurufen, die zuletzt die das Stück zu heiterem Ende führende Klärung hervorruft; sie will wieder des Mannes Gefährtin werden, dem sie sich, von Selbstsucht getrieben, entfremdet hatte. Die Darstellung, die das Lustspiel im Lessing⸗ theater erfuhr, war, wie immer auf jener Bühne, vollendet im Zusammenspiel und wies auch im einzelnen meisterliches auf. Die suggestive Kraft, die von Else Lehmann in tragischen Momenten ausgeht, verläßt sie auch nicht, wo es gilt, humoristische Wirkungen zu erzielen. Eine Bemerkung, die bei einer Schauspielerin minderen Rangs vielleicht kaum beachtet worden wäre, erweckte gestern bei ihr stürmische Heiterkeit. Ebenbürtig stand ihr Emanuel Reicher als Arvik zur Seite, der den Humor der Resignation und Selbst⸗ ironie in Wort und Gebärde vorzüglich traf. Neben diesen Künstlern sind die Damen Herterich, Lossen, Somary, Gernod, die Herren Monnard und Marr mit Anerkennung zu nennen. Das Lustspiel hatte einen vollen Erfolg. 8
Neues Schauspielhaus. Nach dem Ableben Björnstjerne Björnsons wird des großen Norwegers mit erhöhter Teilnahme gedacht, und die Bühnen be⸗ mühen sich, sein Andenken durch die Aufführung seiner Werke lebendig zu erhalten. So wurde des Dichters wohlbekanntes Schau⸗ spiel „Ueber unsere Kraft“ (erster Teil) am Sonnabend zum ersten Male im Neuen Schauspielhause gegeben. Diese Tragödie des Glaubens mit ihrer religiösen Verzückung hat schon oft ihre tiefgehende Wirkung erwiesen; es erscheint demnach nur natürlich, daß sie auch hier wieder alle Gemüter aufwühlte. Die Aufführung war außerdem gut vorbereitet und bot ausgezeichnete Einzelleistungen. Der schwär⸗ mende Pfarrer Sang, der -s seine Glaubenskraft Wunder tut, wurde von Hers Siebert schlicht und einfach, und doch mit voller Lebens⸗ wahrheit auf die Bühne gestellt; nie verlor sich bei ihm die Harmonie zwischen der äußeren Gestalt und dem inneren Wesen dieses Menschen. Des wundertätigen Pfarrers zweifelnde Gattin spielte Maria Mayer mit tiefer Innerlichkeit. Der nagende Zweifel, die hingebende Gatten⸗ liebe zermürbten sichtlich die feine Gestalt, die nach übermenschlicher Kraftanstrengung dem Glaubenshelden tot vor die Füße fällt. Die andern mehr episodisch gehaltenen Figuren fanden gleichfalls eine treffliche Verkörperung. Die milde Ruhe Eva Brandts in der Rolle der Schwester Hanna wirkte in der Tat wohltuend. Die Pfarrers⸗ kinder Elia und Rahel wurden von Heinz Salfner und Helene Burger anschaulich dargestellt; sie fanden für die andauernde Erregung stets aufs neue einen 18 en Ausdruck. Die nüchternen Diskussionen der Pfarrerversammlung im zweiten Akt waren durchgängig mehr als nötig auf einen derbkomischen Ton gestimmt; es waren alles charaktervolle Kraftgestalten, die sich da zusammen⸗ gefunden hatten; sie gaben sich aber entschieden zu laut und rücksichts⸗ los. Hervorzuheben ist noch Erich Ziegels Leistung als Pfarrer Bratt; der Not seiner Seele gab er mit kräftigen Mitteln einen packenden Ausdruck. Tränen im Publikum und lauter Beifall zeugten für den tiefen Eindruck des Schauspiels und der Aufführung. Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Schauspielhaus. Sophus Michaelis' dreiaktiges Schauspiel „Revolutions⸗ hochzeit“, eines der besten Stücke des früheren Hebbeltheaters, wurde am Sonnabend im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Schau⸗ spielhause mit dem gleichen Erfolge gegeben, den es auf der Bühne in der Königgrätzer Straße erzielt hatte. Die auf dem blutigen Hintergrunde der französischen Revolution sich abspielende Liebes⸗ Fhsch chse wurde auch hier unter der vortrefflichen Regie Woldemar unges besonders in den drei Hauptrollen sehr eindrucksvoll gespielt. Mirjam Horwitz war die Aufgabe zugefallen, die vielgeprüfte Alaine de L'Estoile darzustellen, die innerhalb weniger Stunden den ihr soeben angetrauten Gemahl, der sich als Memme entpuppt, und den Liebhaber, der sich todesmutig für sie opfert, verliert. Sie wurde ihrer Rolle fast in allen Teilen, bis auf einige Kraftstellen, die ein anderes Temperament erfordern, gerecht. Karl Zistig verlieh dem edlen Revolutionär Marc Arron energische und sympathische Züge, und Erich Kober spielte den um sein Leben allzu besorgten Marquis laubhaft genug. Erna Sydow und die Herren Held, Neßler, Neu⸗ ürger, Kaufmann u. a. ergänzten in den anderen, zum Teil nicht un⸗ wichtigen Rollen das gute Zusammenspiel.
Im Neuen Königlichen Operntheater wird morgen, Dienstag, „Manon“, mit Fräulein Farrar in der Titelrolle, wieder⸗ holt. Den Des Grieux singt Herr Kirchhoff, den Grafen Herr Knüpfer, den Guillot Herr Lieban, den Brétigny Herr Bronsgeest. Im III. Akt tanzen Fräulein Peter und die Solotänzerinnen der Königlichen Oper. Dirigent ist der Generalmusikdirektor Dr. Muck.
Im Königlichen Schauspielhause wird morgen „Der Schlagbaum“, Volkslustspiel von Heinrich Lee, gegeben. Die Haupt⸗ rollen liegen in den Händen der Herren Kraußneck, Ple Zimmerer, Eßgeling, Boettcher, Vallentin, Vollmer, Eichholz, Mannstädt, Platen sowie der Damen Butze, Ressel, Abich, Steinsieck, Schramm und Heisler.
Die Konzertdirektion Hermann Wolff kündigt für diese Woche folgende Konzerteusw. an: Dienstag: Singakademie: Liederabend von Eugen Erik (Tenor), am Klavier: Otto Bake. — Mittwoch: Singakademie: Konzert von Henri Mainardi (Violon⸗ cello) mit dem Philharmonischen Orchester (Dir.: Dr. Ernst Kunwald). — Donnerstag: Saal Bechstein: Liederabend von Heinrich Pestalozzi, am Klavier: Eduard Behm; Beethovensaal: Liederabend von George Fergusson, am Klavier: Erich J. Wolff; Singakademie: Liederabend von Fredy Juel, am Klavier: Alexander Neumann; Philharmonie: „Die Jahreszeiten“ von Haydn, ausgeführt von dem Philharmonischen Orchester, dem Mozart⸗Chor und den Solisten:
Opernverein, E. V., Berlin SW., Hallesche Straße 23. — Freitag: Saal Bechstein: Sonatenabend von Artur Schnabel und Carl Flesch; Beethovensaal: Liederabend von Ingo Simon (Tenor) und Eleanor Simon (Contralto), am Klavier: Erich J. Wolff; Singakademie: Erstes Konzert des Violinvirtuosen Gustav Havemann aus Hambur mit dem Philharmonischen Orchester unter Leitung von Heinrich Schulz aus Rostock; Konzertsaal der Königlichen Hochschule für Musik: Vortrag von Professor Dr. E. Jaques⸗Dalcroze über seine Methode musikalischer Erziehung (Rhythmische Gymnastik, Gehörsbildung und Improvisation) unter Vorführung von etwa 25 — 30 seiner Schüler und Schülerinnen im Alter von 8 — 20 Jahren, veranstaltet von der Bildungs⸗ anstalt für Musik und Rhythmus E. Jaques⸗Dalcroze, Dresden⸗Hellerau. — Sonnabend: Saal Bechstein: Liederabend von Brigitta Thilemann, am Klavier: Arthur Spengler; Singakademie: “ von Therese L. Leonard, am Klavier: Willy Bardas; Choralionsaal: Lieder zur Laute vorgetragen von Emmy Seitz. — Sonntag; Beethovensaal: einziger diesjähriger Liederabend des Kammersängers Alexander Heine⸗ mann, am Klavier: Alfred Simon; ,.ne. (Mittags 12 Uhr): Oeffentliche Hauptprobe zum I. Philharmonischen Konzert, Dirigent: Arthur Nikisch, Solistin: Julia Culp; Abends 7 Uhr: Populäres Konzert des Philharmonischen Orchesters (Dirigent: Dr. Ernst Kunwald).
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Berlin, 3. Oktober 1910.
Im Sitzungssaal des Reichstagsgebäudes wurde am Sonnabend⸗ vormittag ein Festakt aus Anlaß des Jubiläums der Un⸗ fall⸗ und Invalidenversicherung abgehalten. Um 10 Uhr er⸗ schien Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kron⸗ prinz, der von dem Staatsminister, Staatssekretär des Innern Delbrück, dem Präsidenten des Reichsversicherungsamts, Wirklichen Geheimen Oberregierungsrat Dr. Kaufmann, dem Vorsitzenden des Festausschusses Direktor Spiecker, dem Landeshauptmann der Provinz Posen Dr. von Dziembowski, dem Justizrat Wandel, als Vertreter der Berufsgenossenschaften, und dem Präsidenten des Reichstags, Grafen von Schwerin⸗Löwitz empfangen und sodann von dem Direktor Spiecker mit einer Ansprache, in der auf den Anlaß der Feier hingewiesen ward, begrüßt wurde. Der Redner verlas so⸗ dann folgendes, von dem Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg eingegangenes Begrüßungstelegramm:
„Mit lebhafter Teilnahme begleite ich den bedeutsamen Er⸗ innerungstag, der die Vertreter der Berufsgenossenschaften, der Ver⸗ sicherungsanstalten und der versicherten Arbeiter im Gedenken an eine 25 jährige segensvolle Wirksamkeit vereint. Durch hingebende, an großen Erfolgen reiche Tätigkeit haben die Organe der Selbst⸗ verwaltung auf dem weitumfassenden Gebiete der Arbeiter⸗ versicherung sich die Anerkennung und den Dank des deutschen Volkes und für alle Zeiten den Anspruch auf einen Platz in unserem öffentlichen Leben erworben, der diesen hervorragenden Leistungen ent⸗ spricht. Mit meinen herzlichsten Wünschen gebe ich der Hoffnung Ausdruck, daß auch in Zukunft die Arbeit der Berufsgenossenschaften und Versicherungsanstalten mit reichem Erfolge gesegnet sein möge.“
Es wurde von der Versammlung die Absendung eines Dank⸗ telegramms an den Reichskanzler beschlossen, worauf der Staats⸗ minister, Staatssekretär des Innern Delbrück das Wort ergriff, um etwa folgendes auszuführen:
„Als der erhabene Gründer des Deutschen Reichs die Ziele der Arbeiterversicherung in der oft zitierten Botschaft vom 17. No⸗ vember 1881 zusammenfaßte, sprach er die Hoffnung aus, daß der engere Anschluß an die realen Kräfte des christlichen Volks⸗ lebens und ihre Zusammenfassung zu korporativen Genossenschaften unter staatlichem Schutz und staatlicher Fürsorge die Lösung auch der Aufgaben ermöglichen werde, denen die Staatsgewalt allein in gleichem Umfange nicht gewachsen sein wird. Sie alle, die in 25 jähriger hingebender, opfervoller Tätigkeit Ihre Kraft in den Dienst unserer Unfall⸗ und Invalidenversicherung gestellt haben, können sich heute mit Genugtuung sagen, daß Sie dem Vertrauen des großen Kaisers in die Mitwirkung des Volkes entsprochen haben. Unter Ihrer Mitwirkung hat sich die deutsche Arbeiterversicherung zu einer kraftvollen Höhe entwickelt, ein neues Band der Einheit um die deutschen Stämme geschlungen und die Kraft und Einheit des Deutschen Reiches nach innen und außen gestärkt. Sie alle — und das gilt von den Vertretern der Arbeitnehmer nicht minder, als von den Ver⸗ tretern der Arbeitgeber — haben Ihre Aufgabe in einem Sinne erfaßt, die dem Sinn des Gesetzgebers entspricht. Ihre Ent⸗ scheidungen sind erfüllt von warmem Empfinden für die Hilfs⸗ bedürftigen und für die wirtschaftlich Schwächeren. Ihre An⸗ ordnungen zur Vermeidung der Betriebsgefahren haben sich unter Mitwirkung der Aerzteschaft zu einer immer größeren Vollkommen⸗ heit entwickelt. Ihre, Heilanstalten haben mit Erfolg den Kampf gegen die Krankheiten aufgenommen, die den Arbeiter mit früh⸗ zeitiger Invalidität bedrohen. Indem Sie so an der wirtschaftlichen und nationalen Hebung des Volkes gearbeitet haben, haben Sie dem deutschen Vaterlande unvergängliche Dienste geleistet. Denn die politische und wirtschaftliche Kraft eines Staates wächst mit der Hebung der Arbeiterklasse, die einen großen Teil der sittlichen und intellektuellen Kräfte des Volkes darstellt. Möge es den Selbstverwaltungsorganen, die die Gesetze des Staates auszuführen haben, niemals an Männern fehlen, die es denen an Opferwilligkeit gleichtun, welche in den ersten 25 Jahren der Entwicklung der Altersversicherung sie auf ihre jetzige Höhe und Leistungsfähigkeit gebracht haben. Pnen⸗ die daran mitgewirkt haben, gebührt Dank und Anerkennung. Eine besondere Freude ist es mir, mitteilen zu dürfen, daß der Kaiser den heutigen Tag zum Anlaß genommen hat, einer Reihe von Männern, die auf dem Gebiet der Arbeiterversicherung sich hervorragend be⸗ tätigt haben, ein äußeres Zeichen der Anerkennung zu verleihen.“
Der Staatssekretär teilte sodann die von Seiner Majestät ver⸗ liehenen Auszeichnungen mit.
Es folgte eine Reihe von Ansprachen: Nämlich eine solche des Justizrats Wandel⸗Essen, der einen Rückblick auf die Entwicklung der gewerblichen Unfallversicherung warf; des Landeshauptmanns von Dziembowski, der einen Ueberblick über die Tätigkeit der land⸗ und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften gab; des Re⸗ gierungsdirektors Ritter von Schmid⸗Augsburg, der ein Bild von der segensreichen Arbeit der Landesversicherungsanstalten entwarf, und des Unterstaatssekretärs a. D. von Mayr⸗München, der die Grüße der Internationalen Vereinigung für Sozialpolitik überbrachte. Sodann wurden Seiner Kaiserlichen und König⸗ lichen Hoheit dem Kronprinzen eine Reihe von Festschriften, die aus Anlaß des Jubiläums abgefaßt worden sind, überreicht, worauf der Präsident des Reichsversicherungsamts, irkliche Geheime Ober⸗ regierungsrat Dr. Kaufmann die Festrede hielt. Er führte in ihr etwa aus, daß die große Versicherungsgesetzgebung des Reiches sich die Aufgabe stelle, einem in seinen Lebensbverhältnissen, Anschauungen und Ansprüchen fortgeschrittenen Arbeiterstand eine gesetzliche Gewähr gegen die Gefahren seines Berufes zu geben. In den Novembererlassen sei die Betätigung der Nächstenliebe zum ersten Male in der Weltgeschichte auch als sittliche Pflicht der staat⸗ lichen Gesamtheit anerkannt worden. Daneben habe sich die staatliche Versicherung als äußerst wertvoll für die wirtschaftliche Erstarkung der Nation erwiesen, für die sie auch eine sozialpolitische Schule wurde, die den Gedanken der nationalen Einheit mächtig förderte und stärkte. Es sei zweihundert Jahre her, als in trüber Zeit patriotische Männer vertrauensvoll auf den „Ewigkeitsberuf“ des deutschen Volkes hingewiesen hätten, jenen hohen Beruf, das Menschheitsideal zu erfüllen und auf den „Obelisken der Zeit“ den Schlußstein zu setzen. Diesen Ewigkeitsberuf erfüllend, habe das Deutsche Reich in seiner Arbeiter⸗ ein Werk geschaffen, das auch für die fernsten Zeiten ein Wahrzeichen deutscher Kraft und idealer deutscher Gesinnung bleiben werde. — Mit einem Schlußwort und dem Dank an Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit den Kronprinzen für sein Erscheinen schloß der
Kammersängerin Dora Moran, Leo Gollanin und Anton Sistermans, unter
Leitung von Herrn Max Battke, veranstaltet vom Großen Berliner
Vorsitzende Direktor Spiecker den eindrucksvollen Festakt.