1910 / 237 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 08 Oct 1910 18:00:01 GMT) scan diff

Dem Regierungsbaumeister Dr.⸗Ing. Hinz in Neuhalden leben ist die nachgesuchte Entlassung aus dem Staatsdienste er⸗ teilt worden.

In den Ruhestand sind getreten: der Regierungs⸗ und Baurat, Geheime Baurat König in Cassel, der Geheime Bau⸗ rat Jungfer in Hirschberg i. Schl. und der Baurat Heinrich Schmidt bei der Elbstrombauverwaltung in Magdeburg.

Ministerium des Innern.

Dem Landrat Wolff ist das Landratsamt Schubin übertragen worden.

Errichtungsurkunde 1

Mit Genehmigung des Herrn Ministers der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten und des Evangelischen Oberkirchenrats sowie nach Anhörung der Beteiligten wird durch die unterzeichneten Behörden hierdurch folgendes festgesett:⸗

§ 1.

In der evangelischen Kirchengemeinde Steglitz, Dioözese Kölln⸗Land I, wird eine fünfte Pfarrstelle errichtet.

Diese Urkunde tritt am 1. November 1910 in Kraft. 8 Berlin, den 7. September 1910. Potsdam, den 26. Sept. 1910. (L. S.) (L. S.)

Königliches Konsistorium Königliche Regierung, der Provinz Brandenburg, Abteilung für Kirchen⸗ und Abteilung Berlin. Schulwesen. Faber. Witte.

Angekommen: hre Exzellenzen der Präsident des Evangelischen Ober⸗ kirchenrats, Wirkliche Geheime Rat D. Voigts und der geistliche Vizepräsident des Evangelischen Oberkirchenrats, Oberhofprediger D. Dryander, von Dienstreisen.

De utsches Reich

Preußen. Berlin, 8. Oktober.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen gestern abend in Cadinen den Vortrag des Chefs des Zivil⸗ kabinetts, Wirklichen Geheimen Rats von Valentini entgegen. Heute vormittag ist der Vertreter des Chefs des Militärkabi⸗ netts, Generalmajor von Oertzen zum Vortrag in Cadinen ein⸗ getroffen.

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Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen, die vereinigten Aus⸗ schüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr und der Ausschuß für Zoll⸗ und Steuerwesen hielten heute

Sitzungen.

Der Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke ist vom Urlaub zurückgekehrt und hat die Dienstgeschäfte wieder über⸗ nommen. X“

Der Oberregierungsrat Scheuermann in Gumbinnen ist der Königlichen Regierung in Minden als Dirigent der dortigen Finanzabteilung überwiesen worden.

Dem Regierungsassessor Grafen von Wartensleben in Magdeburg ist die kommissarische Verwaltung des Landrats⸗ amtes im Kreise Gelnhausen, Regierungsbezirk Cassel, über⸗ tragen worden.

Zur weiteren dienstlichen 8 Zerwendung sind überwiesen worden: Regierungsrat Korth in Wiesbaden der Königlichen Regierung in Marienwerder, Regierungsrat Dünkelberg in Schleswig der Königlichen Regierung in Gumbinnen, Regie⸗ rungsrat Warmann in Oppeln der Königlichen Regierung in Stettin, Regierungsrat von Nosl in Gumbinnen der Königlichen Regierung in Oppeln, Regierungsrat Lutterbeck in Düssel⸗ dorf der Königlichen Regierung in Schleswig, Regierungsassessor von Monbart in Merseburg dem Königlichen Oberpräsidium in Schleswig, Regierungsassessor Freiherr von Dincklage in Recklinghausen der Königlichen Regierung in Bromberg, Re⸗ gierungsassessor Berlin in Marggrabowa der Königlichen Regierung in Potsdam, Regierungsassessor von Hertzberg in Hamm der Königlichen Regierung in Merseburg, Regierungsassesor von Uslar in Wandsbek der Königlichen Regierung in Oppeln, Regierungsassessor —n Frank von Fürstenwerth in Johannis⸗

urg der Königlichen Regierung in Düsseldorf und der Regierungsassessor Dr. Graf Adelmann von Adel mannsfelden in Osterburg der Königlichen Regierung in Düsseldorf.

Der Regierungsassessor Seidler aus Wetzlar ist dem Landrat des Landkreises Ratibor zur Hilfeleistung in den land⸗ rätlichen Geschäften zugeteilt worden.

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2 8 WI Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. Flußkbt. Tschingkiang (am Yangtse) ein⸗ Schanghai ab.

Leaut 8 1— „Vaterland“ vorgestern in getroffen und geht übermorgen von dort nach

1“

8 1 8 8 n der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ wird eine Zusammenstellung der Berichte von deutschen Fruchtmärkten für den Monat September 1910 veröffentlicht.

ich⸗Ungarn.

In einem Ausschuß der in Prag tagenden nationalen Ausgleichs kommission hat der Statthalter Graf Conden⸗ hove gestern, wie das „W. T. B.“ meldet, gegenüber einem entsprechenden Antrage erklärt, daß die Regierung unter keinen Umständen der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts für den Landtag zustimmen könne, dagegen könne man bei der Aufrechterhaltung des Kuriensystems über die Einführung des Proportionalwahlrechts sprechen.

Die Konferenz der mitteleuropäischen Wirt⸗ schaftsvereine zur Beratung des Arbeiteraustausches zwischen den beteiligten Staaten ist gestern in Budapest im Palais der Akademie der Wissenschaften eröffnet worden.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ hob Dr. Wekerle in der Eröffnungsrede hervor, daß die Abwanderung der Saisonarbeiter in die Nachbarstaaten vor der endgültigen Auswanderung entschieden den Vorzug verdiene und hierin die Legitimation der mitteleuropäischen Wirtschaftsvereine zur Behandlung dieses Gegenstandes liege. Der Vorsitzende des deutschen Vereins, Herzog Ernst Günther zu Schleswig⸗Holstein, und der Vorst de des österreichischen Vereins, Baron Plehner, erwiderten in ähnlichem Sinne.

Die Konferenz beriet über die Organisation des in⸗ ländischen Arbeitsnachweises in Deutschland, Oesterreich und Ungarn und über die Zweckmäßigkeit und die Mittel, einen Zusammenhang der verschiedenen Nachweisstellen zur Beobachtung des internationalen Arbeitsmarktes herzustellen. Ganz besonders lebhaft gestaltete sich die Erörterung der Frage, ob und in welchem Umfange ein gesetzliches Verbot von Agenturen für die Vermittlung von Arbeitern nach dem Auslande erwünscht und durchführbar sei.

Da der finnländische Landtag

setzesvorlagen über die Gleichberechtigung a

tanen in Finnland und über die Ablösung der Wehrpflicht der Finnländer durch Zahlung einer Summe an die Staatskasse abgelehnt hat, hat der Kaiser, „W. T. B.“ zufolge, Befehl gegeben, auf Grund des am 30. Juli 1910 erlassenen Ge⸗ setzes für Finnland diese Vorlagen bei der Reichsduma ein⸗ zubringen. 1“

Spanien.

Der Ministerpräsident Canalejas machte gestern in einer Unterredung über die Ereignisse in Lissabon, über die die spanische Regierung von einem kürzlich in Badajoz eingetroffenen Revolutionär verschiedene Einzelheiten erfahren hat, laut Meldung des „W. T. B.“ folgende Mitteilungen:

Nach dem Bericht des Revolutionärs seien der König Manuel und die Königin⸗Mutter Amelia zurzeit des Ausbruchs der Revolution nicht in Lissabon gewesen. Sie seien von einem Führer der republikanischen Bewegung aufgesucht worden, der ihnen Schutz ihrer Person zugesi und ihnen im Namen des republikanischen Komitees empfoblen habe, sich auf die an der Küste bei Ericeira liegende Königliche Jacht zu begeben, an deren Bord sie sich wenden könnten, wohin es ihnen belebe Die gleiche Mitteilung hätten die Revolutionäre dem Herzog von Oporto gemacht, obgleich er nach dem Kampfe in den Straßen von Lissabon, an dem er sich an der Spitze der Rovalisten in heldenhafter Weise beteiligt habe, gerade erst gefangen genommen worden sei. Canalejas fügte hinzu, es sei nicht richtig, daß das Königliche Schloß vollständig zerstört worden sei, es sej allerdings stark beschädigt worden. Die Jesuiten hätten nach den

der spanischen Regierung eingelaufenen Meldungen in ihrem Ge⸗ bände erbitterten Widerstand geleistet und einen Soldaten sowie einen Republikaner getötet. Trotzdem hätten die Republikaner Nachsicht geübt und ihren Wohnsitz nicht niedergebrannt. Die 24stündige Frist, die den militärischen Elementen zugestanden worden sei, um ihren Uebertritt zu dem neuen Regime zu vollziehen, laufe am 7. d. M. ab. Die meisten Offiziere seien Anhänger der Republik, andere hätten die Waffen niedergelegt und sich zurück⸗ gezogen. Die spanische Regie habe über die Bildung der neuen portugiesischen Regierung noch keine amtliche Nachricht. Die hinsicht⸗ lich des künftigen Wohnsitzes der Familie Braganza umlaufenden Gerüchte seien verschieden. Von einer Seite werde behauptet, sie werde auf einem Schlosse des Herz von Orléans in Frankreich Wohnung nehmen, von anderer, werde sich auf die Besitzungen der Gräfin von Paris bei Villamanrique in Andalusien begeben.

In der gestrigen Sitzung des Senats hielt der Ministerpräsident Canalejas eine Rede, in der er nach dem Bericht des „W. T. B.“ die Haltung der Regierung während der parlamentarischen Ferien für durchaus gesetzlich erklärte und dann sagte:

Ddie Haltung des Eviskovats und der reaktionären Elemente sei für seine Person beleidigend. Er werde gegen die Beleidiger vor⸗ geben; er lasse sich von niemand einschüchtern, sondern werde die Verwirklichung seines Programms eifrig betreiben und be⸗ sonders das dem Senat vor de Cadenasgesetz aufrecht⸗ erhalten. Der Ministerpräsident itt, daß im Kabinett, dessen Mitglieder alle eng verbunden und entschlossen seien, zu siegen oder zu sterben, auch nur die geringste Uneinigkeit bestehe. Canalejas ver⸗ teidigte weiter das Vorgehen der Regierung bei dem Streik in Bilbao und bei den Kundgebungen der Katholiken in Bilbao und San Sebastian und erklärte schließlich. er hoffe dem Parlament im nächsten Monat über die Verhandlungen mit dem heiligen Stuhl und mit Marokko Aufklärungen geben zu können.

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Portugal.

Einer vom „W. T. B.“ verbreiteten amtlichen Meldung zufolge ist die gesamte Königliche Familie, der König, die Königin⸗Mutter Amelia, die Königin⸗Witwe Maria Pia und der Herzog von Oporto, gestern an Bord der Jacht „Amelia“, die die portugiesische Nationalflagge führte, in Gibraltar ein getroffen.

Nach einer dem „Reuterschen Bureau“ aus Gibraltar von einem Mitgliede des Königlichen Gefolges zugegangenen Nach richt befand sich der König Manuel, als das Bombardement begann, im Königlichen Palaste zu Lissabon. Von dort begab sich der König zunächst nach Mafra und sodann nach Ericeira, wo er mit den übrigen Mitgliedern der Königlichen Familie zu sammentraf. Von Ericeira fuhr die Königliche Familie in einem offenen Boot nach der in der Nähe der Küste siegenden König lichen Jacht, die dann direkt nach Gibraltar in See ging.

Die Lage in Lissabon ist nach Meldungen des „W. T. B.“ wieder normal. Eine Bewegung ,e der früheren Re gierung hat sich bisher nicht bemerkba gemacht. Alle Maß⸗ 5. werden ergriffen, um Ausschreitungen der Bevölkerung und des Heeres zu verhindern. Der Klerus ist von der republi⸗ kanischen Regierung durch Dekret aufgefordert worden, die Straßen nicht in Amtskleidung zu betreten, damit Erzesse vermieden werden. Durch ein weiteres Dekret ist die Auflösung sämtlicher Kongre⸗ gationen verfügt worden, deren Mitglieder das Land binnen 24 Stunden verlassen müssen. Meldungen aus Oporto, Coimbra, Viauna, Evora und anderen Städten sowie von den Azoren und Madeira besagen, daß dort die Republik ausge⸗ rufen worden sei.

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Die Proklamation über die Einsetzung der Re⸗ publik lautet, der „Kölnischen Zeitung“ zufolge, wörtlich:

Volk, Heer und Marine haben soeben die Republik ausgerufen. Das Haus Braganza, das wissentlich den sozialen Frieden boöswillig störte, ist für immer aus Portugal verhannt. Die erstaunlich groß⸗ artige Tatsache, die den Stolz der unbezähmbaren Rasse bildet, sowie die Auferstehung des Vaterlandes, erfüllen mit enthustastischer Freude die Herzen aller Patrioten. So endet endlich die Sklaverei unseres Vaterlandes, das sich bekränzt in jungfräulicher Stärke. In E des liberalen Regimes erhebt sich der Bürger, der gegenwärtige Augen⸗ blick belohnt und entschädigt für alle Kämpfe und für alle schmerz⸗ lichen Enttäuschungen. Es ist nur nötig, daß der Anfang ei Epoche strenger Moralität und unbefleckter Gerechtigkeit bildet, daß alle Portugiesen in harmonischen Grundsätzen sich vereinen. Aus unseren Opfern für das Vaterland machen wir die Grundlage des politischen Programms und aus dem Edelmut die Besiegten die Grundlage des moralischen Programms. Bürger, möge ein einziges Interesse, nämlich das für das Vaterland, euch ermutigen; ein Wille, der nämlich, Foß⸗ zu sein und alles zu vereinen! Die Republik erwartet vom Volke die Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung, Achtung vor der Gerechtigkeit, Hingebung für die gemeinsame Sache und opferwillige Liebe für das Zukunftswerk, aus dem die portugiesische Republik entsteht.

Wie die „Agence Havas“ meldet, sind die Heupthuns des Programms der neuen Regierung folgende: Förde⸗ rung des öffentlichen Unterrichts, Ausbau der Verteidigung zu Wasser und zu Lande und Unabhängigkeit der richterlichen Gewalt. Sie beabsichtigt weiter, wesentliche Freiheiten zu ge⸗ währleisten, die Trennung von Kirche und Staat durchzuführen, den Kredit zu festigen und den Laienunterricht einzurichten.

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Gestern, am zweiten Jahrestage der Annexrion Bosniens und der Herzegowina, sind in Belgrad, wie dem „Neuen Wiener Tageblatt“ gemeldet wird, die Zeitungen mit Trauerrand erschienen und haben heftige Artikel gegen Oesterreich⸗Ungarn gebracht. Studenten versammelten sich troz polizeilichen Verbots vor dem Michaeldenkmal, wo unter dem Beifall des Publikums aufreizende Reden gegen die österreichisch⸗ ungarische Monarchie gehalten wurden.

Amerika. u“

Das amerikanische Staatsdepartement hat gestern die Note Bragas, in der die Proklamierung der Republik in Portugal mitgeteilt wird, erhalten. Die Regierung hat die Note nach einer Meldung des „W. T. B.“ noch nicht be⸗ antwortet, weil sie die Republik nicht eher anerkennen will, als bis der Bestand des neuen Regimes bewiesen it. G

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ ist der General

Botha in Losberg in das Bundesparlament gewählt worden.

In einer Rede, die er in Welverdiend (Transvaal) vor seiner Wahl gehalten hatte, erklärte er:

Er beabsichtige, Südafrika ein Stück vorwärts zu bringen und ihm im britischen Reich den Platz eines großen und reichen Landes mit einem großen und zufriedenen Volke zu verschaffen. Im Kabinett werde keine Aenderung eintreten. Er wolle sich auch weiterhin am politischen Leben eifrig beteiligen und die Politik der Versöhnung und des Zusammenarbeitens der Rassen fortsetzen. Er warne die Finanz⸗ kreise in Johannesburg, in der engherzigen Ausbeutung der Rassen⸗ frage zu weit zu gehen. Trotz der Haltung der Minenindustrie werde die Regierung fortfahren, die Minen, den Handel und die Landwirt⸗ schaft ehrlich und gerecht zu behandeln.

Botha kündigte zum Schluß an, er werde zur Entwicklung der Landwirtschaft eine sorgfältige Bodenpolitik ausarbeiten, die Südafrika zum Rivalen Amerikas im Ausfuhrhandel machen werde.

Der Generalgouverneur von Moçambiague de Andrade hat vorgestern im Gouvernementsrat ein Tele⸗ gramm mit der Nachricht von der Proklamierung der Republik Portugal verlesen und, dem „Reuterschen Bureau“ zufolge, sein Amt niedergelegt. Die Mitglieder des Gouver⸗ nementsrats begaben sich danach zum Versammlungsort der Republikaner, wo die Nachricht mit Hochrufen aufgenommen wurde. Ein Manifest der Republikaner tritt für eine ver⸗ söhnliche Haltung gegenüber den politischen Gegnern ein.

Parlamentarische Nachrichten. . Das Mitglied des Herrenhauses Geheimer Re⸗ gierungsrat Dr. Schmieding, Oberbürgermeister der Stadt Dortmund, ist nach einer Meldung von „W. T. B.“ gestern in Kappenberg bei Dortmund gestorben.

Koloniales.

88 3. deutscher Kolonialkongreßs.

Gestern vormittag fand die zweite Plenarsitzung des Kongrescck statt. Bei deren Beginn verlas der Präsident, Seine Hoheit der Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg, Regent des Herzogtuns Braunschweig, ein Telegramm Seiner Majestät des Kaiserz und Königs, in dem Allerhöchstderselbe für die vorgestern telegraphbisch ausgesprochene Huldigung des Kongresses dankte. Dann hielt Professer Dr. Schilling, Leiter der Tropenabteilung des Instituts für Ir⸗ fektionskrankheiten in Berlin, einen Vortrag über die Bedeutunz der neuen Fortschritte der Tropenhygiene für unsere Kolonien. Er betonte die hervorragende wirtschaftliche Bedeutunz der Hygiene für die Kolonien. Der Europäer stehe unter deun Einfluß des heißen Klimas und gewisser spezifischer Krankheiten. Der Eingeborene werde für immer unentbehrlich sein, da er allein in da Tropen schwere körperliche Arbeit verrichten könne. Bei uam absoluten Hilflosigkeit der Farbigen Krankheiten gegenüber sa⸗ die kolonisierende Rasse gezwungen, koloniale Hygiene zu treiben Der Redner schilderte dann die in den letzten Jahrzehnten emachten Fortschritte der Tropenhpgiene. An den Beispielen de Bekämpfung des gelben Fiebers in Rio de Janeiro, der Malaria hein Bau des Panamakanals usw. zeigte er, daß auch unter den eiger artigen Verhältnissen in den Tropen eine wirksame Verhütung der Infektionskrankheiten möglich sei. Für unsere Kolonien könnten nir aus diesen Beispielen lernen, daß wir nicht nur Aerzte, sonden auch Hygieniker brauchten, und daß größere Mittel für hygienische Maßnahmen in den Kolonien notwendig seien, aber auch, das dies alles nutzlos sei ohne ein planvolles Zusammenarbeiten aller Kolonisten und Aerzte mit den Verwaltungsbehärder⸗ Der Vortragende befürwortete die Schaffung einer Zentrale in Berli An den Vortrag schloß sich eine längere Diskussion, in der -2 seitig die hobe ——1 der Hygiene für die Tätigkeit Weißer 2. den Kolonien hervorgehoben wurde. Vor allem wurde Enthaltscn. keit vom Alkobol empfohlen. Alkohol, im Uebermaß genossen, n schon in Deutschland schädlich, für die Tropen aber sei der Alkekben geradezu Gift. . 1 1

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Ureglenten und den Hefehten der ethischen 8 entse

iteren Verlaufe der Sitzung behandelte Pfarrer D. Richter⸗

Im müda⸗ Problem der Negerseele und die sich daraus Schmae Entwicklung des Negers ergebenden Folgerungen. LIr wiß der Erzieher das Innenleben seines Zöglings kennen müsse, So son recht zu leiten, liege uns die Verpflichtung ob, der Neger⸗ mn m unserer Eingeborenenpolitik gerecht zu werden. Das Haupt⸗ serle t dabei, das Gleichmaß zwis den intellektuellen eranlagung herzustellen.

b die cheidende Funktion im Leben des Negers die Religion sei,

eh sein Leben und Denken religiös orientiert sei, so müsse auch

5 e Negerpolitik religiös orientiert sein. Der religions⸗ 28 Eebar gäünne 8. solche nicht durchführen, er sei auf die Bundes⸗ 8 nossenschaft der Missionen angewiesen. Da das Negerproblem das Lontralproblem unserer kolonialen Entwicklung sei, so sei von ent⸗ zentrander Bedeutung, daß alle an ihm beteiligten Machtfaktoren, vor Lallem die Regierung und die Missionen, nicht gegeneinander, sondern in Bundes seenschaft miteinander handelten und sich einig darüber daß sie dasselbe Ziel auf verschiedenen Wegen erstrebten. 4⸗ diesen Vortrag schloß sich eine lebhafte Diskussion an. Regierungs⸗ aut Dr. Weickmann⸗Danzig bemerkte, die Behauptung, daß die Feager nichts weiter seien als große Kinder, ziehe sich durch unsere Kese oloniale Literatur. Er sei durch alle Teile Afrikas gereist und enne nur sagen, daß er in Afrika ebenso viele Erwachsene gesehen llabe wie in Europa. Wir sollten doch nicht vergessen, daß wir es bei den Negern mit Leuten zu tun hätten, die es verstanden bitten, uns mit zwei völlig unvorbereiteten Aufständen zu über⸗

wmpeln. Aus diesen Gründen sollten wir uns auch davor hüten, die Schutztruppe etwa zu vermindern.

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. 8

Sie könne gar nicht genug vermehrt werden, und wir dürften keine Eingeborenen dazu nehmen. In unseren Tagen des Gesundbetens sollten wir uns auch nicht so hoch mhaben fühlen über den Aberglauben des Negers. Wir dürften terbaupt bei aller unserer Kolonialpolitik nicht vergessen, was wir neerka wollen, nämlich Geschäfte machen. Professor Dr. Samassa⸗ Velm führte aus: Die Neger sind doch auch eine Rasse für sich, Ber wir kennen für die Entwicklung der Rassen bestimmte Gesetze. Der Neger lebt so, wie er heute lebt, nicht etwa deshalb, weil er ein zufällig in Finte gefallener Weißer ist und die schwarze Hautfarbe wieder ab⸗ waschen möchte. Mit der schwarzen Hautfarbe des Negers hängt aufs maste eine Menge von Eigenschaften untrennbar zusammen. Dazu cchne ich die Defekte des Negers auf dem Gebiet des Gemüts und de Willens. Bis zum Beweise des Gegenteils sage ich, daß diese Sefekte nicht ausgeglichen werden koͤnnen. Wir müssen die Neger für sere Wirtschaftszwecke erziehen. Natürlich darf dabei die Humanität richt zu kurz kommen. Die Missionare sollten sich damit zufrieden aehen, wenn sie diese Unterordnung des Negers als eine gottgewollte shängigkeit betrachten. 8 98 1 Damit schloß die zweite Plenarsitzung. Der gestrige Nachmittag

und der heutige Vormittag wurden durch Sektionssitzungen ausgefüllt. Die dritte und letzte Plenarsitzung fand heute nachmittag statt. Dem Präsidenten des Kolonialkongresses ist von dem Staats⸗ schretär des Reichskolonialamts von Lindequist folgendes Telegramm zugegangen: SöS. unter Eurer Hoheit Leitung tagenden Kolonialkongreß wünsche ich besten Verlauf und schöne Erfolge. Möge er sich glei seinen Vorgängern als kräftiger Förderer der kolonialen Wünsche und Bestrebungen weiter Kreise des deutschen Volkes erweisen. Gebe

gleichzeitig aufrichtigem Bedauern Ausdruck, verhindert zu sein, ihn

persönlich zu begrüßen.“

Dem deutschen Kolonialkongreß hat lwirtschaftlic Komitee (Wirtschaftlicher Ausschuß der Deutschen Kolonialgesellschaft) ene Schrift gewidmet, die den Titel führt: ‚Unsere Kolonial⸗ wirtschaft in ihrer Bedeutung für Industrie, Handel und Landwirtschaft“. Der Zweck der Veröffentlichung ist, die wirtschaftlichen Wechselbeziehungen zwischen der kolonialen Pro⸗ duktions⸗ und Konsumfähigkeit und den heimischen Wirtschaftsverhält⸗ issen klarzustellen und auf Grund der amtlichen Statistik den Nach⸗

sweis zu liefern, daß die Entwicklung unserer Kolonialwirtschaft für

unser nationales Wirtschaftsleben von grundsätzlicher Bedeutung ist. Die einzelnen Aufsätze sind im Kaiserlichen Statistischen Amt Farbeitet und auf Grund der neueren Denkschriften des Reichs⸗ polonialamts und anderer Quellen ergänzt worden. Im ersten Ab⸗ sönitt wird dargelegt, wie Deutschland sich im letzten Vierteljahr⸗ gundert infolge seiner starken Bevolkerungszunahme aus einem Acker⸗ baustaat zu einem aufstrebenden Industriestaat umgebildet hat; zugleich wird gezeigt, wie weit unsere Kolonien durch eigene Produktion dazu berufen sind, die Abhängigkeit Deutsch⸗ lnds im Bezug seiner Rohstoffe vom Auslande zu beseitigen taw. zu mildern. So werden die wichtigsten unserer kolonialen Rohstoffe, wie Baumwolle, Kautschuk, Faser⸗ und Oelrohstoffe, nepische Hölzer und Gerbstoffe, mineralische Rohstoffe, tierische Frodukte und Nahrungs⸗ und Genußmittel in besonderen Kapiteln eingehend behandelt. In zwei weiteren Abschnitten werden auf g Weise die Wechselbeziehungen zwischen dem heimischen Handel und der heimischen Landwirtschaft einerseits und unserer Kolonialwirtschaft atndererseits nachgewiesen. Die Schrift bietet durch ihren aktuellen Inhalt auch jedem Lehrer und Dozenten eine willkommene Unterlage fär den Unterricht und jedem über unsere Kolonialwirtschaft Vor⸗ . eine reiche Quelle an Stoff; sie kann vom Verlage des blonialwirtschaftlichen Komitees in Berlin, Unter den Linden 43, zum Preise von 1,50 bezogen werden.

Kunst und Wissenschaft.

Die älteste aus Attika bekannte Form des Grabsteins ist en schlichter Marmorpfeiler, der den Namen des Verstorbenen trug und zugleich als Träger der Binden und Kränze dienen konnte, mit denen die Liebe der Hinterbliebenen die Grabstätten zu schmücken pflegte. Aus dieser znasacsen Form entwickelte sch eine Fülle anderer ts zu der reichsten Ausgestaltung, in der der Tote und seine Ange⸗ körigen in Lebensgröße in fast wie Rundplastik wirkendem Hochrelief innerhalb einer architektonisch vmrahmten Nische dargestellt wurden. die Berliner Sammlung enthält ausgezeichnete Beispiele solcher ttischen Grabdenkmäler, neben denen auch andere sich befinden, in denen die ursprüngliche Form treuer gewahrt blieb: glatte Pfeiler mit In⸗ schuiften und kleinen Gemälden oder Flachreliefs. Die Leistung des Bildhauers galt bei diesen Säulen vor allem der Ausgestaltung der znung. Neuerdings konnte für die Berliner Sammlung, wie im Okioberheft der „Amtlichen Berichte aus den Königlichen Kunst⸗ sammlungen“ mitgeteilt wird, der obere Teil einer solchen Grabstele mit glattem Schaft erworben werden, der eine sehr reiche vFö“ tönung aufweist. Ein derartiges Stück war bisher in der Sammlung nicht vorhanden. Aus einem dreiblättrigen Kelche entspringen vier Ranken, von denen sich die zwei kräftigeren alsbald nach dem unteren Rande hexabbiegen und sich am Ende ein⸗ rollen; der volutenförmige Teil ist bandartig mit vertieftem Kanal; von dem geriefelten Stengel setzt er mit einer Einziehung ab, aus der außer der Volute auch ein den Kelchblättern ähnliches Deck⸗ blatt entspringt als Sitz für ein weibli Figürchen. Aus den lungen der dünneren Ranken entspringen unsymmetrische Wedel.

or der Mitte des Ornamentes steht eine klagende Sirene und nach außen hin klagende menschliche Figuren, klagende Dienerinnen. Zu den kräftig vorspringenden Figuren und den stark vor⸗ irttenden Blättern und Ranken steht die überaus zarte Behandlung E übrigen Ornaments in wirkungsvollem Gegensatz; es sieht wie in Silber getrieben aus. Die Blütezeit der deutschen Medaillen⸗ lunst steht in innigem Zusammenhang mit der Reformationszeit, en Helden in ihr gefeiert werden. Zu den Meistern der damaligen kedaillenkunst zählt der Züricher Jacob Stampfer, der seinen Vermatorischen Landsmann Zwingli, aber auch Oecolampadius, laurer und Bullinger in Porträtmedaillen verherrlichte. Das erliner Münzkabinett hat jetzt zu dieser langbekannten

das Kolonialwirtschaftliche 1b

jagd statt.

bevorsteht.

Gruppe ein Stück hinzu erworben, das in seiner besonderen Art allein dasteht. Die saubere Inschrift der Kehrseite besagt, daß die Medaille das Bildnis des Franzosen Wilhelm Farel trägt, der die Reformation in Neuchatel durchführte und auch den Versuch machte, sie nach Genf zu tragen. Das Stück ist zwar nicht signiert, sein Stil aber weist auf Stampfer als Verfertiger. Merkwürdig ist das Stück dadurch, daß es kein Metallguß, sondern ein Steinschnitt ist; ein dreischichtiger Schiefer von 14 mm Stärke mit einer grauen Hauptmasse unter einer 2 mm dicken gelben Lage, die dem aus einer gleichfalls grauen Ober⸗ schicht von 2 mm geschnittenen Brustbild als Folie dient, nicht anders, als ürin⸗ wir eine aus mehrfarbigem Onyr geschnittene Kamee vor uns hätten.

Zur Jahrhundertfeier der Berliner Universität wurden in der Sitzung des akademischen Senats vom 5. die Glück⸗ wünsche der Berliner Doktoren durch eine Abordnung unter Führung des Staatsministers Dr. Schönstedt, Ehrendoktors der Berliner Uni⸗ versität, überbracht und gleichzeitig als Festgabe der Grundstock einer Jubiläumsstiftung der Berliner Doktoren überreicht, die dazu bestimmt ist, abten, minderbemittelten Studierenden der Berliner Universität ohne Unterschied der Fakultät, der Herkunft und des Geschlechts die Promotion durch Gewährung von Unterstützungen zur Vollendung des Studiums, zu wissenschaftlichen Unter⸗ zur Drucklegung größerer Abhandlungen u. dergl. zu ermöglichen. Bisher haben 330 in Berlin promovierte Doktoren aller Fakultäten darunter auch mehrere Berliner Doktorinnen, zu dieser Stiftung beigetragen, gegenüber den mehr als 5000 noch am Leben befindli tliner Helloren vorerst ein nur kleiner Bruchteil und ein bescheidener Anfang. Andererseits bezeugen Spenden aus ganz Deutschland, aus Oesterreich⸗Ungarn, der Schweiz, Holland, Italien, Rumänien, aus Moskau, Stockholm und Lissabon, ferner Amerika, Afrika und Asien, in welch weiten Kreisen die Stiftung, die nach vielseitigen Aeußerungen einem wirklichen Bedürfnisse ent⸗ spricht, Anklang findet. Beiträge zu der noch nicht abgeschlossenen Sammlung für die Jubiläumsstiftung der Berliner Doktoren werden von dem Vankhaufe S. Bleichröder, Berlin W., Behrenstraße 63, entgegengenommen.

Die Geographie der Zugvögel. Die Reisen der Vögel, die nicht ihr ganzes Leben in einer Gegend, sondern den Sommer in nördlicheren, den Winter in südlichen Gebieten verbringen, folgen dabei bestimmten Gesetzen, deren Erforschung eine verwickelte Aufgabe darstellt. Muß man schon davon absehen, die schwierige pspchologische Frage zu lösen, durch welche Begabung die Vögel einen so ausgezeichneten Drtssinn in der Wiedererkennung der Landschaften beim Flug und bei der Rast entwickeln, so bleiben noch genug leichtere Rätsel übrig, die sich auf die Entstehung des Vogeleades überhaupt und auf den Einfluß des Klimas, der Nahrungsver ältnisse und der Landesnatur sowie auf die Verfolgung und Festhaltung der Froftraher beziehen. Diese Untersuchungen sind zum größten Teil Sache des Geographen, und demzufolge hat sie Dr. Wilhelm Eckardt in einem ausführli Aufsatz in „Petermanns Mitteilungen“ aufge⸗ nommen. Daß der Vogelzug von dem Klima und den Nahrungs⸗ verhältnissen bestimmt wird, ist ein ähnlicher Vorgang, wie er sich in den Wanderungen anderer Tiere findet, beispielsweise im Hoch⸗ gebirge, wo sich im Winter die Tierwelt von den höchsten Teilen in niedrigere, vor Schnee und Kälte besser geschützte Zonen herabzieht. Auf ihre Verpflegung nehmen die Zugvögel insofern Rücksicht, als sie ihre Reisen in Jahreszeiten verlegen, in denen sie auf ihrem Weg schon genügenden und geeigneten Pflanzenwuchs vorfinden; auch wäahlen sie ihren Weg so, daß sich möglichst wenig Landstriche darin finden, in denen sie Hunger leiden koͤnnten. Als eigentliche Heimat der Zugvögel muß das Gebiet bezeichnet werden, in dem sich ihr Fortpflanzungsgeschäft wollicht, also die nördlicheren Länder. Wie sie eigentlich zu der Gewohnheit des nach Jahreszeiten geregelten Hinundherziehens gekommen sind, dürfte zußerst schwer zu ermitteln sein. Dr. Eckardt meint, daß die Vögel sich dabei von dem wechselnden Sonnenstande leiten lassen, jedoch würde diese Annahme voraussetzen, daß sie einen Einfluß dieser astronomischen Veränderungen auf ihre Lebens⸗ und Ernährungs⸗ bedingungen verspüren. Leichter wird sich die Entstehung der Zug⸗ straßen selbst nach geographischen Gesichtspunkten erklären lassen. Von besonderer Bedeutung ist in dieser Hinsicht der Umstand, daß die Vögel bei Wanderungen über das Meer den alten Küstenlinien folgen. Die Zuglinie mancher Vögel läßt sich kaum anders deuten, da die von ihnen genommenen Umwege auf keinem andern Zusammen⸗ hang beruhen können. Danach muß der Vogelzug eine Natur⸗ erscheinung von so hohem Alter sein, daß seit seiner Entstehung die Verteilung von Land und Meer auf der Erde in manchen Gegenden starke Veränderungen erfahren hat. Wahrscheinlich wird der Verlauf der Zugstraßen auch durch die Erinnerung an Wanderungen bestimmt, in denen sich vor weit entlegenen Zeiten die Verbreitung der einzelnen Vogelarten nach Norden oder umgekehrt, bei stärkerer Abkühlung des Nordens, z. B. während der Eiszeit, der Rückzug nach Süden vollzog. Man teilt die Zugstraßen gewöhnlich in mehrere Gruppen ein, je nachdem sie an den Küsten von Weltmeeren entlang führen oder an den Küsten von Ozeanen und Binnenmeeren oder endlich die Gebiete von einem Meer zum andern überschreiten, wobei sie sich häufig an den Lauf von größeren Flüssen halten. Außerdem aber nehmen die Vögel bei der Plusführung ihrer Züge große Rücksicht auf das Wetter, und man könnte fast sagen, daß sie sich nach dem Barometerstand richten, denn die jahreszeitliche Verteilung des Luftdrucks zeigt sich in erster Linie für den Vogelzug maßgebendd.

Wohlfahrtspflege. Hilfskasse für deutsche Rechtsanwälte.

Am 25. September 1910 hat zu Leipzig die sechsundzwanzigste Generalversammlung der Hilfskasse fuͤr deutsche Rechtsanwälte stattgefunden. Das Geschäftsjahr 1909,1910 schlent mit einer Mit⸗ liedenahl von Bäls gegen 5422 im Vorjahre ab. Das Kapitalkonto beträgt 1080 790 13 4. Bis zum 1. Juli 1910 war für Unter⸗ stützungszwecke schon über 111 124 verfügt.

Jagd.

Dienstag, den 11. d. M. 1t

Stelldichein: Mittags 1 Uhr an der Platzgrenze

auf dem Wege von Groß⸗Glienicke nach Döberitz. Verkehrsanstalten.

Wegen der in Neapel herrschenden Cholera wird der Reichspost⸗ dampfer „Feldmarschall“ der Deutschen Ostafrikalinie auf Aus⸗ reise 285 Neapel am 24. Oktober nicht 28 n. Brief⸗ sendungen nach Ostafrika usw. gelangen daher mit diesem Dampfer nicht zur Absendung. 8

Theater und Musik. 1

Kammerspiele des Deutschen Theaters. weierlei 185 konnte man gestern im Kammerspielhause genießen, den Molibres und den Shakespeares. Beide waren zwar nur mit schwächeren Komödien vertreten, beide aber errangen einen lachenden Sieg. Den Abend eröffnete Molidres „Heirat wider Willen“ (Le mariage forcé) in einer freien Bearbeitung von ugo von Hofmannsthal, dessen winziges und naives Stuͤckchen wwiscen den Takten eines zierlichen Menuetts, zas vor der Bühne sitzende, in die Tracht der Zeit gekleidete Musiker spielten, vor hnc Zuletzt beherrschte anstatt des üblichen Molièreschen S lußballetts dieser Tanz die Szene ganz, den Tanz durch das Leben symbolisierend, das dem alternden Freier Sganarell an der Seite der ihm aufgezwungenen Braut Diesen Freier gab Herr Arnold überaus belustigend,

findet Königliche Parforce⸗

den Vogel aber schossen die beiden streitenden Philosophen der Herren Waßmann und Großmann ab, besonders der erstere mit seiner er⸗ staunlichen Gedächtnisleistung und Zungenfertigkeit. Die preziöse Dorimene wurde von Leopoldine Konstantin mit bestrickender Anmut dargestellt. Den Genannten reihten sich die Herren Kühne, Moissi, die Damen Lorm und Fuchs in den kleineren Rollen ebenbürtig an. Die Regiemeisterleistung Reinhardts, die mit Erfolg bestrebt war, an die Stelle der herkömmlichen Derbheit die Grazie zu setzen, errang hier einen wohlberechtigten Triumph. Auch bei Shakespeares „Komödie der Irrungen“, die nunmehr folgte und ohne Pause und Szenenwechsel bis zu Ende gespielt wurde, hatte er im wesenilichen das Richtige getroffen, indem er das Ganze in ein buntes orientalisches Märchengewand kleidete und den Vorgang teils vor, teils auf einer die Bühne überspannenden Brücke sich abspielen ließ, durch deren flachen, gewölbten Bogen hindurch man den Hafen und die Schiffe sah. Dadurch wurden reizvolle Bildwirkungen erzielt, die das Auge fesselten und über manche unfruchtbaren Strecken der in ihrer Grundidee dem römischen Komödiendichter Plautus entlehnten Handlung, über die auch Shakespeare nur erzählend hinwegkommt, leicht hinüberhalfen. Das Verwechslungsspiel der beiden Antipholus (die Herren Moissi und Waßmann) und der beiden Dromio (die ren Arnol und Großmann) wurde durch die verblüffend ähnlichen Masken der Darsteller und ihr Vermögen, sich gegenseitig in Gebärde und Redeweise zu kopieren, zu einer immer wieder sich erneuernden Quelle des Vergnügens für die Zuschauer. Aber auch die temperamentvollen Leistungen der Damen Heims und Eibenschütz, die flinken Beine der Läufer des Fürsten, die ab und zu über die Brücke und über das Bühnenpodium trippelten, kurz alles zusammen ergibt eine Wirkung, die noch lange fröhlich nachklingt. Lessingtheater.

In Hermann Bahrs feinsatirischem Lustspiel „Das Konzert“, das sich bereits einer stattlichen Zahl von Aufführungen erfreut, war gestern die weibliche Hauptrolle durch Lina Lossen neu besetzt worden. Die Künstlerin spielte die liebreiche, immer verzeihende Gattin des Pianisten Heink, des vergötterten Meisters, mit klugem Verständnis für die feinen Charakterzüge dieser Frauen⸗ seele. Ein Hauch leiser Schwermut lag über der Gestalt dieser liebenden und duldenden Gattin und verknüpfte sich stets mit einer persönlichen Liebenswürdigkeit, mit einem herzenswarmen Ton. Als aus dem zärtlichen Duo des in die Berge geflüchteten Meisters und seiner Schülerin sich ein launiges Quartett entwickelte, wußte die junge Künstlerin auch eine anmutige Schalk⸗ haftigkeit an rechter Stelle zu entwickeln. Die Herren Reicher (Gustav Heink) und Gebühr (Dr. Franz Jura) boten wieder präch⸗ tige Charaktergestalten; es war wundervoll, wie frisch diesen Menschen das Blut durch die Adern rollte, wie natürlich und frei 1 ihr Humor floß. Ebertys Wirtschafterin, welche sich dem Chor verzückter Musikschülerinnen anschließt, schluchzte ihre Liebe wieder mit urwüchsiger Echtheit in das Taschentuch. Paula Somarv mischte der überspannten Schwärmerei für den Lehrer und Meister einen launigen Ton wirksam bei. Die von ihrer Phantasie irre⸗ geleitete kleine Närrin Delfine Jura wurde von Hilde Herterich ebenso natürlich gespielt wie das bäuerliche Ehepaar Pollinger von Bruno Ziener und Margarete Albrecht. Stürmischer Beifall blieb auch dieser Aufführung treu. 8

Schillertheater O. (Wallnertheater).

Ludwig Fuldas einaktiges Lustspiel „Der Dummkopf“, das vor einiger Zeit erfolgreich im Neuen Schauspielhause erstmalig in Szene ging, wurde gestern Abend auf die Bühne des Schiller⸗ 8 theaters O. verpflanzt. Auch hier erfuhren die mannigfachen Schicksale des verträumten Phantasten, dessen kindlicher Glaube an die Uneigen⸗ nützigkeit der Menschen von seinen Verwandten aufs rücksichtsloseste ausgebeutet wird, bis ihm endlich die Augen durch ein edel empfindendes Mäͤdchen geöffnet werden, beim Publikum dankbarste Aufnahme. Der Autor sowie die großenteils ausgezeichneten Darsteller konnten wieder⸗ holt wohlverdienten, herzlichen Beifall dankend entgegennehmen. In erster Reihe machte sich Conrad Wiene durch die prächtige Gestaltung der Titelrolle verdient; Else Wasa als Doris Wiegand sowie in kleineren Rollen die Herren Achterberg, Förster, Werana trugen jeder in seiner Art zum Erfolge des Stückes bei.

Im Neuen Königlichen Operntheater geht morgen, Sonntag, „Mignon“ in Szene. Fräulein Artot de Padilla singt die Titelrolle, die Philine Fräulein Gates, den Wilhelm Meister Herr Philipp, den Lothario Herr Egnieff, den Laöërtes Herr Aschner, den Friedrich Herr Alma. Der Kapellmeister Dr. Besl dirigiert. Am Montag wird „Madama Butterfly“, mit Fräulein Farrar in der Titelrolle gegeben. Im übrigen lautet die Besetzung: Linkerton: Herr Maclennan; Sharpleß: Herr Bronsgeest: Suzuki: Fräulein Rothauser; Goro: Herr Lieban. Dirigent ist der Kapellmeister Blech.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Molières „Eingebildeter Kranker“, in der Bearbeitung von Paul Lindau, mit Herrn Vollmer in der Titelrolle, aufgeführt. Die Toinette spielt Frau Schramm. Sonst wirken die Herren Werrack, Boettcher Pohl, Vallentin, Zeisler, Eggeling sowie die Damen A ich und Heisler mit. Am Montag wird G. Freytags Lustspiel „Die Journalisten“ gegeben. Die Hauptrollen liegen in den Händen der Herren Mannstädt, Arndt, Boettcher, Schroth, Werrack, Vallentin, Oberländer und Eichholz sowie der Damen von Mavburg, Steinsieck, Schramm und Butze. 8

Das Beutsche Theater bringt morgen, Sonntag, eine Aufführung von „Don Carlos“, mit Else Heims, Tilla Durieux, Albert Bassermann, Harry Walden, Eduard von Winterstein, Paul Wegener in den Hauptrollen. Am Donnerstag wird das Schillersche Trauerspiel wiederholt. Montag, Mittwoch, Freitag und Sonntag wird „Sumurün“ unter Mitwirkung der Tänzerin Else Wiesenthal aufgeführt. „Judith“, mit Tilla Durieux und Paul Wegener in den Hauptrollen, ist für Dienstag angesetzt. De Sonnabend bringt eine Aufführung der „Räuber“. In den Kammerspielen des Deutschen Theaters wird der Shakespeare⸗ Molière⸗Abend („Die Komödie der Irrungen“, „Die Heirat wider Willen“) morgen sowie am Dienstag, Donnerstag und Sonn⸗ abend wiederholt. „Gawän“ ist für Mittwoch und nächsten Sonntag angesetzt. „Der Arzt am Scheideweg“ wird Freitag wiederholt, am Montag, den 10. Oktober, „Der Graf von Gleichen“.

Das Gastspiel Hansi Nieses im Berliner Theater in de Operette „Das Musikantenmädel“ währt nur noch einige Tage. Am Freitag nächster Woche verabschiedet sich die Künstlerin, da am Sonn⸗ abend zum ersten Male Henry Batailles neues Schauspiel „Die törichte Jungfrau“ durch das Ensemble des Berliner Theaters dar⸗ gestellt und am nächsten Sonntag wiederholt wird. Morgen nach⸗ mittag wird „Pension Schöller“ zu ermäßigten Preisen, künftigen Sonntagnachmittag „Einer von unsere Leut’“, Posse von D. Kalisch, gegeben. von Björnsons Lustspiel „Wenn der junge Wein blüht“ außer am morgigen Sonntagabend noch am Dienstag, Mittwoch und Donners⸗ tag sowie am Sonnabend und nächstfolgenden Sonntagabend. Am Montag wird Gerhart Hauptmanns Schauspiel „Einsame Menschen“, am Freitag „Tantris der Narr“ aufgeführt. 88

m Neuen Schauspielhause werden morgen, Sonntag,

owie am Montag und Freitag „Der Tartüff“ und „Der Herr von ourceaugnac“, Mittwoch wird „Ueber unsere Kraft“ (I. Teil) auf⸗

um ersten Male „Die Jungfrau von in der Titelrolle, in Szene. Der Vor⸗

Die ersten Wiederholungen des Donnerstag, Sonnabend und

eführt. Dienstag geht rleans“, mit Irene Tries verkauf hierzu ist bereits eröffnet. Schillerschen Trauerspiels finden am nächsten Sonntag statt.

Im Schillertheater O. (Wallnertheater) geht morgen und nächsten Sonntag, Nachmittags, „Neue Jugend“, morgen abend „Der Dummkopf“ in Szene, der am wiederholt wird. Montag wird „Wallensteins Tod“, Dienstag, Mittwoch und Sonnabend „Robert und Bertram“ aufgeführt. Für Freitag ist die erste Auf⸗

Das Lessingtheater bringt in nächster Woche Wiederholungen