1910 / 242 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 14 Oct 1910 18:00:01 GMT) scan diff

Königreich Preußen. Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Landgerichtsrat Dr. Karsten in Berlin zum Land⸗ gerichtsdirektor bei dem Landgericht I in Berlin, den Staatsanwaltschaftsrat Ehrecke in Berlin zum Land⸗

tsdirektor bei dem Landgericht III in Berlin, en Landgerichtsrat Erdmann in Thorn zum Land⸗

gerichtsdirektor in Posen, den Landgerichtsrat Dr. Hahn in Flensburg zum Land⸗ in Lissa i. P. zum Land⸗

geri

gerichtsdirektor in Kiel, den Landgerichtsrat Bruckner gerichtsdirektor in Essen und G 1— den Staatsanwaltschaftsrat Goedicke in Koblenz zum Ersten Staatsanwalt in Bochum zu ernennen sowie dem Rechtsanwalt Dierickx in Münster den Charakter

als Justizrat zu verleihen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den bisherigen Kreisschulinspektor Alert, zurzeit in Elten, zum Seminardirektor zu ernennen, 1 dem Stiftungsgutspächter, Oberamtmann Rühmekorf in

Griefstedt, Kreis Weißensee, den Charakter als Amtsrat zu verleihen und 1 die Wahl des Gerichtsassessors Friedrich Klinge in Potsdam zum Syndikus der Stadt Gosl u bestätigen 8 8 1““ .“ Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Bezirksschornsteinfegermeister Richard Lei finen zu Berlin das Prädikat eines Königlichen Hofschornsteinfeger⸗ meisters und

dem Backofenbauer Paul Moritz zu Berlin das Prädikat eines Königlichen Hofbackofenbauers zu verleihen

Seine Majestät der König haben den Anschluß der deutschen lutherischen St. Georgs⸗Kirchengemeinde in London an die evangelische Landeskirche der älteren Pro⸗ vinzen der preußischen Monarchie Allergnädigst zu genehmigen

Dem Notar Dr. Sendler in Malmedy ist vom 1. Ja⸗ nuar 1911 ab der Amtssitz in Düren angewiesen.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten.

Dem Seminardirektor Alert ist das Direktorat des Lehrerseminars in Elten verliehen worden.

Ministerium fuͤr Landwirtschaft, Domänen und Forsten.

Der Titel Hegemeister wurde verliehen: dem Förster Wagner in Rhoda, Oberförsterei Hatzfeldt, Regierungsbezirk Wiesbaden, und b dem Förster Nix in Eichenzell, Oberförsterei Niederkalbach, Regierungsbezirk Cassel, anläßlich des Uebertritts in den Ruhestand; erner den Förstern im Regierungsbezirk Bromberg: Dahlke in Lonke, Oberförsterei Mirau, Gawa in Kunkel, Oberförsterei Argenau, Schaffarschick in Kirschgrund, G“ Kirschgru Stahr in Althof, Oberförsterei Korschin,

Finanzministerium.

Die Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskasse in Krotoschin, Regierungsbezirk Posen, ist zu besetzen.

Bekanntmachung.

Gemäß § 46 des Kommunalabgabengesetzes vom 1 1893 (G.⸗S. S. 152) wird hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß der im laufenden Steuerjahre zu den Kommunal⸗ abgaben einschätzbare Reinertrag aus dem Betriebsjahre 1909 bei der Halberstadt⸗Blankenburger Eisenbahn bezüglich ihrer in Preußen belegenen Strecken auf 41 050 69 festgestellt worden ist. 6 Magdeburg, den 12. Oktober 1910. Der Königliche Eisenbahnkommis 1 Sommer.

Tagesordnung

für die auf den 26. Oktober 1910, Vormittags 11 Uhr,

anberaumte ordentliche Sitzung des Bezirkseisenbahn⸗

rats für die Eisenbahndirektionsbezirke Erfurt und Halle a. S 8

Geschäftliche Angelegenheiten des Bezirkseisenbahnratzs. Besprechung des am 1. Mai 1911 in Kraft tretenden Fahr blans.

Antrag des Fabritbesitzers Gottfried Nies⸗Saalfeld (Saale): Der Bezirkseisenbahnrat wird gebeten zu befürworten, daß auf der Strecke Saalfeld-— Probstzella Bock— Wallendorf eine Frühverbindung geschaffen werde.

Antrag des Fabrikdirektors A. Stoy Sangerhausen: Der Bezirks⸗ eisenbahnrat wolle beschließen, die Königliche Eisenbahnverwaltung zu ersuchen, zwecks Verbesserung des Verkehrs zwischen Erfurt und Nordhausen auf der Strecke Erfurt —Northeim ein zweites Eil⸗ oder Schnellzugpaar einzulegen.

Antrag des Hofbuchhändlers Theodor Eichhorn⸗Rudolstadt: Der Bezirkeeisenbahnrat wolle bei der Königlichen Eisenbahndirektion eine Veibesserung der Mittag verbindung von Nordhausen Sondershausen und Sangerhausen Frankenhausen nach Rudolstadt —Saalfeld und anschließende Strecken befürworten, möglichst in der Weise, daß die Persone züge 504 und 612 in Erfurt direkten Anschluß erhalten an

Hersonenzug 308.

Erörterungen über die seit der letzten Sitzung eingetretenen oder in Aussicht genommenen Erleichterungen und Neuerungen im Personen⸗, Gepäck⸗, Guͤter Ti

Beschlußfassung über Zeit u Ort der nächsten Sitzung des ständigen Ausschusses und der nächsten Vollsitzung. Erfurt, den 11. Oktober 1910. Königliche Eisenbahndirektion. 8 Kindermann.

E11“”

Angekommen:

Seine Erzellenz der Präsident der Hauptverwaltung der Staatsschulden, Wirkliche Geheime Rat von Bischoffs⸗ hausen, vom Urlaub.

E1.“

Berlin, 14. Oktober. Justizwesen

Preußen. Der Ausschuß 58 Bundesrats für

hielt heute eine Sitzung.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrat, Königlich bayerischer Ministerialdirektor von Kohl und

Königlich süächsischer Geheimer Justizrat Dr. Mayer sind in Berlin angekommen. 11“

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Tiger“ gestern von Kobe (Japan) in See gegangen.

38

8

Seine Majestät der König von Sachsen ist gestern nachmittag in Braunschweig eingetroffen und, „W. T. B.“ sufolge, auf dem Bahnhof von Seiner Hoheit dem Herzog⸗

egenten sowie den Spitzen der Militär⸗ und Zivilbehörden empfangen worden. Am Abend fand im Ballsaale des Herzog⸗ lichen Residenzschlosses eine Galatafel statt, bei der zwischen Seiner Hoheit dem Herzog⸗Regenten und Seiner Majestät dem König Trinksprüche gewechselt wurden.

Deutsche Kolonien. 8

Aus Swakopmund in Deutsch⸗Südwestafrika wird dem „Reuterschen Bureau“ unter dem 8. d. M. gemeldet:

Lohnabzüge, die den am Bahnbau bei Wilhelmstal beschäftigten Kaffern für nicht geleistete Arbeit an Sonntagen beziehungsweise in Krankheitsfällen gemacht wurden, hatten die Kaffern zum Ausstande veranlaßt. Darauf verweigerten die Bauunternehmer die Lieferung von Wasser und Nahrungsmitteln, die die Kaffern sich nunmehr von den benachbarten Farmen verschafften. Da Polizeibeamte, die die Führer der Ausständigen verhaften sollten, schlecht behandelt wurden, wurde eine Kompagnie Soldaten gegen die Kaffern ausgeschickt, die man der Räuberei mit Waffen in der Hand bezichtigte. Bei dem Angriff ge⸗ brauchten die Soldaten zuerst das Bajonett und machten dann von der Feuerwaffe Gebrauch. 14 Kaffern sind getötet und viele ver⸗ wundet. An Ort und Stelle hält man das Auftreten gegen die Kaffern für gerechtfertigt. 1““ 8

88*½

Gestern sind die Delegationen von dem Kaiser und 8 Franz Joseph empfangen worden. Hierbei hielt zuerst der Präsident der österreichischen Delegation von Glom⸗ binski eine Ansprache an den Kaiser, in der er, „W. T. B.“ zufolge, erklärte:

enn die Monarchie aus der letzten bedrohlichen Krise würdig nach außen und innen gestärkt hervorgegangen sei, so sei dies vor allem der Weisheit und anerkannten Friedensliebe des Kaisers zu ver⸗ danken. Die schweren Wolken hätten sich verzogen dank dem Fesnen sämtlicher Völker der Monarchie und der zielbewußten Führung der auswärtigen Politik, ferner habe hierzu beigetragen die Bereitschaft der Armee und die loyale Haltung der Verbündeten. In Anbetracht der Bedeutung einer starken und schlagfertigen Armee für die Sicherung des Friedens werde die Delegation die gemeinsamen Vorlagen unter sorgfältiger Bedachtnahme auf die Leistungsfähigkei der Bevölkerung verabschieden.

Der Präsident der ungarischen Delegation Lang führte sodann in seiner Ansprache an den König aus:

Die Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit hätten den glän⸗ zenden Beweis dafür geliefert, daß der Preibund das wichtigste Unterpfand des europäischen Friedens bilde und daß diese Bündnis⸗ einrichtung bei unversehrter Wahrung des Ansehens und der Groß⸗ machtstellung der Monarchie auch für Oesterreich⸗Ungarn die Segnungen des Friedens am meisten gewährleiste. Der Redner betonte sodann die große Bedeutung der Wehrmacht, gedachte des 80. Geburtstages des Königs, bei welchem Anlaß die Völker und die gekrönten Häupter der ganzen zivilisierten Welt den

roßen menschlichen und den Herrschertugenden des Monarchen gehuldigt

hätben, und erinnerte an die Tage der lüngsten Krisis, bei der sich die Zusammengehörigkeit zwischen Volk und Armee in seltener Innigkeit gezeigt hätte. Der Weisheit und Liebe des Monarchen, die Wunder vollbracht hätten, sei es zu danken, daß man einen so glänzenden und unblutigen Sieg erfochten habe. Der Redner schloß mit einem mit Begeisterung aufgenommenen Hoch auf den König.

In Erwiderung auf die Ansprachen der beiden Präsidenten hielt der Kaiser und König, „W. T. B.“ zufolge, nach⸗ stehende Rede:

Die Versicherungen treuer Ergebenheit an meine Person, die Sie soeben zum Ausdruck gebracht haben, erfüllen mich mit lebhafter Befriedigung und warmem Dank. Die letzte Tagung der Delegation fiel mit einem wichtigen Ereignis für die Monarchie zusammen. Ich verkündete damals die vollzogene Erstreckung meiner Herrscherrechte auf Bosnien und die Herzegowina. Es gereicht mir zur besonderen Befriedigung, daß die diecfalle eingeleitete Aktion auf friedlichem Wege zu einem vollen Erfolge geführt hat. Die eine Zeit bedrohlich scheinende Spannung der europäischen Lage hat einer erfreulichen Klärung Platz gemacht. Mit Beruhigung kann ich Ihnen mitteilen, daß unsere Bündnisse mit dem Deutschen Reich und mit dem König⸗ reich Italien wennmöglich noch fester und inniger geworden sind. Sehr befriedigend sind auch unsere Beziehungen zu allen anderen Mächten. Die von mir gehegte Erwartung einer günstigen Ent⸗ wicklung des Verhältnisses Oesterreich⸗Ungarns zum Osmanischen Reiche hat sich infolge des im Frühjahr 1909 zustande gekommenen Entente⸗ Protokolls erfaüllt. Gleich den anderen Mächten verfolgen auch wir mit unseren besten Wünschen die auf die Befestigung dieses Staates gerichteten Bestrebungen. Meine Kriegsverwaltung wird die nach⸗ trägliche verfassungsmäßige Genehmigung der Delegationen für die außerordentlichen Ausgaben einholen, die während der vorjährigen äußeren Krise unvermeidlich waren. Dank der hierzu bewirkten

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1“

rößeren Bereitschaft von Heer und Flotte wurde meine Pe.... 8 die Lage versetzt, den Boden einer iedlichen Politik nns egier zu müssen. In dieser Erfahrung liegt ein Ansporn, der Vevaltsa von Heer und arine die unumgänglich notwendigen x zur Erhaltung der Schlagfertigkeit der Wehrkraft fügung zu stellen und hierdurch der Monarchie die Uha de keit zu geben, neben ihren Interessen auch die des euro dgl wirksam vertreten zu können. Doch soll diese Beresice eit stets unter Bedachtnahme auf die finanzielle Leistungesänäü der beiden Staaten der Monarchie in Anspruch genommen es In diesem Sinne hat meine Kriegsverwaltung die Mehransos⸗ für das Jahr 1910 auf das Notwendigste beschränkt. In den gih lichen Anträgen wurde die Aufbesserung der maserfla is der im bööX stehenden Personen berücksichtigt.— von mir vor zwei Jahren angekündigte Einführung von fassungsmäßigen Einrichtungen in Bosnien und der Herze te zur Mitwirkung der Bevölkerung an den Landesangelegenheiten in Tatsache geworden. Der erste bosnisch⸗herzegowinische Landtag Uümn diesem Sommer getagt. Ich will der Zuversicht Ausdruck verle 8 daß die Wirksamkeit dieser jungen Institution im Einklang mit den e mühungen meiner Regierung den kulturellen und materiellen 8 schritt des Landes fördern wird. Indem ich die Ihnen zukomme 4 Vorlagen Ihrem patriotischen Eifer und Ihrer bewährten Einn empfehle, heiße ich Sie herzlichst willkommen. sch

In dem Ausschuß für auswärtige Angelegenhei ungarischen Delegation trug gestern der Minister decheen Graf von Aehrenthal das Exposé vor, in dem es lan Bericht des „W. T. B.“ heißt:

Die letzte Delegationssession fiel in eine Zeit, in der die Aktie zur Erstreckung der Souveränitätsrechte Seiner Majestät auf B ognin und die Herzegowina eben eingeleitet war. Das der ** Delegation vorliegende Rotbuch gibt Aufschluß über die wichtigste im Herbst und Winter 1908/09 mit den Kabinetten geführten Var⸗ handlungen. Der Standpunkt der K. und K. Regierung war inne der, daß die Annexionsfrage als eine in erster Linie zwischen uns und der Türkei zu regelnde Angelegenheit anzusehen ist. Nach Ueberwindung zahlloser Schwierigkeiten ist es gelungen, das Einvernehmen herzustellen Nachdem wir auf diese Weise die materielle Seite der Angelegenhet geregelt hatten, erübrigte es noch, ihr mit Rücksicht auf den Artikel 2 des Berliner Vertrages formell gerecht zu werden, was dadurch . schah, daß wir die Zustimmung der Mächte zur Aufhebung des jitierte Artikels angesucht und erhalten haben. Gelegentlich der Verhand⸗ lungen in der vorigen Session habe ich betont, daß durch die Klu⸗ stellung des staatsrechtlichen Verhältnisses zu Bosnien und der Herz⸗

owina unsere Beziehungen mit der Türkei nur gewinnen önnten. Verwicklungen entspringen sehr leicht aus unklag Zuständen. Die große Auseinandersetzung vom Jahre Adih hätte vermieden oder hinausgeschoben werden können, wenn nicht dur den Zankapfel Schleswig⸗Holstein der Konfliktsfall geradezu künstlch

eschaffen worden wäre. Der zweijährige Krieg zwischen Rußland und Japan war ebenfalls eine Konsequenz der nicht klaren Verhältnise die durch die Okkupation der mandschurischen Provinzen seitens Ruh lands sich ergaben. Wir wollten aber ausdrücklich jede kriegerische Verwicklung, speziell mit der Türkei, vermeiden. Diese Erwartung it voll eingetroffen. Wir können dem neuen Regime in der Türke unsere freundschaftliche Unterstützung mit voller Objektivität angedeihen lassen, und hierfür besteht in Konstantinopel volles Verständni Gleich den anderen Mächten haben wir ein lebhaftes Interesse an der Konsolidierung der Türkei. Wir begleiten die Bestrebungen des neuen Regimes mit aufrichtigem Wohlwollen und erwarten von ihnen de Schaffung einer guten Verwaltung und die Befestigung der Macht⸗ stellung des Reiches nach innen wie nach außen.

Unter den Angelegenheiten, die den nahen Orient betreffen, steht in 26 Zeit wieder die Kretafrage im Vordergrunde, seit Jabren ein Sorgenkind der europäischen Diplomatie. Wir stehen in dieser Angelegenheit nicht in erster Linie, da wir uns im Jahn 1898 von der veceouschen Besetzung und Verwaltung der Insel zurückgezogen haben mit der einzigen eine Aenderung in der staatsrechtlichen Stellung der IJrsch nicht ohne unsere Zustimmung platzgreifen könnte. Wir ge denken diese Zurückhaltung auch fernerhin zu beobachten, wobei vir stets bereit seln werden, jede Lösung, welche die Aufrechterhaltung der Souveränitätsrechte der Türkei zum Ausgangspunkt nimmt und im gegenseitigen Einvernehmen der vier Mächte und der Pforte erfolgt gleichviel, ob sie einen provisorischen oder definitiven Charakter an sic trägt, auch unsererseits ohne weiteres zu akzeptieren. 8

Mit Befriedigung kann ich mitteilen, daß die Monarchie mit allen Mächten gute Beziehungen unterhält. Die letzten Ereignis haben dargetan, daß in unseren Bündnissen ein realer Wert liegt Meine diesjährigen Begegnungen mit dem deutschen Reichskanzler von Bethmann Hollweg und dem italienischen Minister des Aeußen Marquis di San Giuliano boten mir den erwünschten Anlaß, mtt diesen beiden Staatsmännern einen intimen Gedankenaustausch; pflegen, um die völlige Uebereinstimmung unserer Ansichten neuerlic zu konstatieren. Die Erhaltung dieser Bündnisse wird, ich braut es wohl nicht ausdrückli zu betonen, die unverrückan Grundlage unserer Politik bilden. Wir werden aber darüber die . ziehungen zu den anderen Mächten nicht vergessen, vielmehr di soviel es von uns abhängt, auf das sorgfältigste pflegen. Der 5 bund richtet gegen niemand eine Spitze; wir beurteilen die Grup rung der anderen Mächte mit derjenigen Unbefangenheit, von der wir wünschen, daß sie auch uns gegenüber zur wendung gelange. Wir wollen durch eine ruhige, konsequ Politik, die sich um fremde Angelegenheiten nicht kümm die Harmonie zwischen den Kabinetten befestigen. Wen auch derzeit keine Fragen von eernster Bedeutung ke liegen oder Spannungen zwischen den Mächten bestehen, so kön solche in unserer rasch lebenden Zeit und im Hinblick auf die leich Erregbarkeit der öffentlichen Meinung in allen Staaten doch imme hin eintreten. Unsere Politik verfolgt gleiche Ziele, sowohl in Beziehungen zwischen den 85 Mächten, wie auch rücksichtlich Gestaltung der Dinge im nahen Orient. Wir wollen den Fri die Erhaltung des Gleichgewichts. Das war und bleibt auk fürderhin die Aufgabe der Donau⸗Monarchie, die seit Jahrhunder in den Beziehungen zwischen dem Okzident und dem Orient wichtige Rolle gespielt hat. Dieser Aufgabe werden wir aber nur d Precht werden können, wenn es uns gelingt, innige wirtschaft!

echselbeziehungen mit unseren südöstlichen Nachb zu pflegen. Meines Erachtens sind die Voraussetzungen für, so ungeachtet so mancher sich dagegen meldender Stimmen, reichlich handen. Ich habe meine Bemühungen in dieser Richtung unverdro fortgesetzt und werde hierin auch in Zukunft nicht erlahmen.⸗ da Hauptaufgabe der Monarchie in ihren Beziehungen zum Orient einer richtigen Handelspolitik gelegen ist. Erfolgversprech Anfänge scheinen mir in jenen Abkommen vorzuliegen, die April des Vorjahres und im Juli dieses Jahres nach längeren, handlungen mit den Königreichen Rumänien und Serbien zuse gekommen sind. Auch die Verhandlungen mit dem Königreich negro sind eingeleitet. Mit dem Königreich Bulgarien wird Revision des gegenwärtig auf der Meistbegünstigung beruhenden hältnisses in wohl nicht allzu ferner Zeit erfolgen. Der Ra für definitive kommerzielle Vereinbarungen mit der Pforte wurde Ententeprotokoll vom Februar 1909 festgelegt, und die wegen Abschlusses eines neuen Handelsvertrages werden na endigung der von der ottomanischen Regierung mit Kabinetten geführten Pourparlers ohne Verzug beginnen können. dem Zustandekommen von Handelsverträgen mit unseren Nachban Südosten erblicke ich auch vom rein politischen Gesichtspunkte ans willkommenes Mittel für eine glückliche Förderung der so entwickln fähigen Beziehungen zu diesen Staaten. Wie seinerzeit die 85 Bulgariens zum Konifeiche so haben wir auch die Erhe Montenegros, die kürzlich anläßlich des fünfzigjährigen Regiem jubilaums seines verdienstvollen Herrschers erfolgte, mit Sp begrüßt und gerne gleich den anderen Mächten anerkannt.

Reserve, daß

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Wassagierzüge

Im Kohlenbecken von Pas de Calais G Pahl geweigert, den Einberufungen zu den Truppenteilen Folge

Der Minister äußerte nochmals seine 1 griedliche Lösung des wichtigen bosnischen Problems, erinnerte r auch an das Wort Guizots, wonach es in der Welt nichts

ces gibt, wir vielmehr jeden Tag von vorne anfangen und unser Leben eine unabläßliche Anstrengung für immer unvollständigen und unsicheren Erfolg ist, und

lof⸗ wollen diesen Ausspruch uns zu eigen machen, indem wir drossen an unserer inneren Erstarkung und an der Erhaltung ver er Machtstellung nach außen weiter arbeiten. Dieses Ziel wird en uur dann als sichergestellt betrachtet werden können, wenn wir aber schlagfertige Armee und Flotte. verfügen. Eine äußere vlttik, will sie erfolgreich sein, kann diese beiden Faktoren nicht sgen. Ich gestatte mir also, die zuversichtliche Erwartung auszu⸗ v8 daß auch den Voranschlägen der Kriegs⸗ und Marineverwaltung

8 Genehmigung erteilt werden wird. Die Neuwahlen für den Landtag der Königreiche roätien, Slavonien und Dalmatien sind 8 einer T. B.“ auf den 28. Oktober anberaumt.

des „W. T. leldneg Ltichwühlen finden am 29. oder 31. Oktober statt.

Frankreich.

In Regierungskreisen macht sich in bezug auf den gusstand der Eisenbahnangestellten, laut Meldung des W. T. B.“, eine ruhigere Auffassung bemerkbar. Insbesondere wird ein von dem Ausstandskomitee an den Ministerpräsidenten Zriand gerichtetes Schreiben, in dem dieses seine Bereitwilligkeit u einer Unterredung mit dem Ministerpräsidenten und den Bahndirektoren bekanntgibt, als ein Anzeichen dafür an⸗ gesehen, daß die Eisenbahnbediensteten selbst nunmehr

wenig Hoffnung auf einen Erfolg der Ausstandsbewegung

Ministerpräsident erklärte einem Berichterstatter Ministerium wisse, daß die große Mehrheit der Bahnbediensteten für die gegenwärtigen Vorkommnisse nicht gemacht werden könnte. Er sei nach wie vor bereit, alle Versuche zu einer gütlichen Lösung zu fördern. Als Resultat verschiedener Erkundigungen ergibt sich, V. T. B.“ zufolge, daß der Ausstand der Eisenbahn⸗ ungestellen bei weitem kein allgemeiner ist. Füöhkreiche Angestelte der Nordbahn haben den Dienst wieder auf⸗ enommen. Mehrere Angestellte sind wegen Beeinträchtigung des freien Rechts auf Arbeit verhaftet worden. Etwa 15 Beamte verschidener Bahnen haben ihre Kündigung erhalten. Die auf der Nordbahn verkehren in größerer Zahl. Auf der Ostbahn ist der Dienstbetrieb normal; im ganzen sind dort nur 120 Angestellte in den Ausstand getreten. Viele agen weiße Armbinden, die das Abzeichen für die zu den Truppenteilen Einberufenen sind. Der Ostbahnhof wird llitärisch überwacht, da man Gemalttätigkeiten seitens der Ausständigen anderer Bahnen befürchtet. Auf der staatlichen Westbahn ist der Verkehr der großen Linien sichergestellt. Vom Bahnhof Montparnasse sind ehrere Züge abgegangen. Vom Bahnhof St. Lazare st der Verkehr immer noch unterbrochen. Auf dem Bahnhof Des Invalides sind alle Lebensmittelzüge an⸗ gekommen. Die Angestellten der Südbahn haben beschlossen, heute in den Ausstand zu treten. Die Eisenbahnangestellten aben sich in der Mehr⸗

aben. Der

zu leisten. Gestern nachmittag hatten der Ministerpräsident, der Justizminister und der Staatsanwalt eine Besprechung wegen

üer Maßregeln, die zu ergreifen sind, um eine strenge und

nverzügliche Bestrafungaller Vergehen herbeizuführen, die ”s Anlaß des Ausstandes begangen werden. Der Generalsekretär s nationalen Eisenbahnarbeitersyndikats und der Führer der Nlusständigen Challais sind gestern mittag in Paris verhaftet vorden. Ferner sind wegen Aufreizung zum Ausstande und

pegen Beleidigung des Heeres noch weitere Verhaftungen von

Fisenbahnarbeitern erfolgt.

Nach einer Versammlung der Mitglieder des Syndikats er Untergrundbahn und der elektrischen Industrien purde gestern abend um 6 Uhr der Befehl zur Niederlegung er Arbeit an die einzelnen elektrischen Stationen gegeben, orauf das elektrische Licht auf den Boulevards versagte. uch die Bediensteten der Straßenbahn von Paris nach aint Germain und nach Nogent sowie der Straßen⸗ ahn Paris⸗Ost sind gestern abend in den Ausstaud treten. Ferner hat das Komitee des Transportarbeiter⸗ erbandes wegen der von der Regierung gegen die isenbahner ergriffenen Maßnahmen alle seine Anhänger auf⸗ efordert, aus Solidarität die Arbeit niederzulegen. Der ufruf ist von den Vertretern der Syndikate der Straßenbahn⸗ nd Frünibeasase tegäen sowie der Automobilführer unter⸗ ichnet.

Der Ministerpräsident Briand ließ dem Bureau des zunizipalrats die Erklärung zugehen, daß die Verpflegung on Paris sichergestellt sei. Die Ablieferungen in den allen und auf dem Schlachtviehmarkt hätten sich in normaler eise vollzogen und würden sich auch fernerhin ebenso voll⸗ ehen. Die Deputierten der geeinten Sozialisten beklagen sich der die von der Regierung ergriffenen Maßregeln und fordern ne sofortige Einberufung der Kammern. 18

8 Rußland. 6 Zu der gestern durch das Finanzministerium beendeten Pfstellung des Staatshaushalts sür 1911 wird vom 3. T. B.“ noch ergänzend gemeldet, daß an ordentlichen usgaben für Volksbildung 91 Millionen, für Verkehrswesen 6 Millionen, für Militärzwecke 484,9 Millionen, für die arine 112,9 Millionen und für die Agrarorganisationen d für den Ackerbau 101,9 Millionen Rubel eingestellt rden sind. 8 Spanien. Am gestrigen Jahrestag der Erschießung Ferrers sind, wie X T. B.“ meldet, zahlreiche Versammlungen veranstaltet 2* Der Gouverneur von Barcelona hat jedoch die meisten rfsent geplanten Versammlungen nicht genehmigt und alle 8 en undgebungen in der Nähe des Grabes von Ferrer ver⸗ h. Nach amtlichen Mitteilungen wurde bis zum Abend in 5 Spanien die Ruhe nirgends gestört. 8

ha Portugal. In Lissabon und in Oporto ist, „W. T. B.“ zufolge, die Bumizipalgarde aufgelöst und eine Kommission mit .-Eeer einer republikanischen Nationalgarde betraut

8 1 Griechenland.

9 Krise ist noch nicht beendet. Der König hatte

lin⸗ vie das „W. T. B.“ meldet, eine Besprechung mit heotokis und Rhallys und wird sich heute auch mit i Parteiführern besprechen.

über die

erbien.

Der Kronprinz Alexander ist erkrankt. W. T. B.“ meldet, haben die Aerzte nach mehrtägiger Beob⸗ chtung Symptome von Typhus festgestellt.

Amerika.

Der neue Präsident der Argentinischen Republik Saenz Peüa und der Vizepräsident Dr. de la Plaza haben gestern in feierlicher Weise von ihren Aemtern Besitz genommen und in einer gemeinsamen Sitzung der Kammer und des Senats den Eid geleistet. Der Präsident verlas alsdann eine Bot⸗ schaft, in der er, „W. T. B.“ zufolge, erklärte:

Die internationale Politik der neuen Regierung werde eine Politik der X für Europa und der Brüderlichkeit für Amerika sein. Er habe die Präsidentschaft unter den est gften Auspizien über⸗ nommen. Das Land erfreue sich der großen Wohltat des Friedens, den er dauernd zu gestalten sich bemühen werde. Der Präsident kündigte hierauf an, daß er Aenderungen im Wahlgesetze vorschlagen, das Los der Arbeiter zu verbessern und den Preis der notwendigsten Lebens⸗ und Bedarfsartikel herabzusetzen suchen werde. Er sei An⸗ hänger der progressiven Erbschaftssteuer, er empfehle ein Arbeits⸗ unfallgesetz und werde seine ganze Aufmerksamkeit dem öffentlichen Unterricht, insbesondere dem Volksschulwesen, zuwenden und sich auch mit dem Schutz der Einwanderer durch Erleichterung des Ankaufs kleiner Besitzungen beschäftigen. Saenz Pena sagte zum Schluß, er werde ein Präsident aller Argentinier sein, sich über die Parteikämpfe saclen und sich nur von der Sorge um die Größe Argentiniens leiten assen.

übergab der bisherige Präsident Figueroa Alcorta seinem Nachfolger die Gewalt, wobei beide Reden wechselten.

Asien.

Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ aus Peking haben fünfhundert Mann der Grenztruppen ge⸗ meutert und mit Hilfe von Parteigängern des Lama Tschung tien im nordwestlichen Teile der Provinz hünnan besetzt. Truppen sind zum Entsatz der Stadt abgesendet worden, und man erwartet nicht, daß sie auf ernsten Widerstand stoßen werden.

2 a

Statistik und Volkswirtschaft.

Bevölkerungsbewegung, Ge sel. Schlachtungen, städtische Sparkasse und Armenpflege in Berlin im August 1910.

Nach dem Augustheft der „Monatsberichte des Statistischen Amts der Stadt Berlin“ belief sich die fortgeschriebene Bevölke⸗ rungsziffer der Reichshauptstadt Anfang September 1910 auf 2 124 162 (zu der gleichen Zeit des Vorjahres auf 2 103 367). Die Zunahme im Monat August betrug 3453 (im August 1909 2792). Lebend geboren wurden im August 1910 3651 (in demselben Monat des Vorjahres 3787) Kinder, darunter 653 (728) oder 17,89 (19,22) % uneheliche. Auf das Jahr und Tausend der mittleren Be⸗ völkerung berechnet, stellte sich die Geburtenziffer auf 20,25 (21,21). Ehen wurden im August 1265 (im August 1909 1184) ge⸗ schlossen, darunter 268 (208) Mischehen. Die Zahl der Sterbe⸗ fälle (ohne die Totgeburten) helief sich im August auf 2481 (im August 1909 auf 2422). Im Alter bis zu 1 Jahr starben 782 (693) Kinder, das sind 31,52 (28,61) % aller Sterbefälle des Berichts⸗ monats. Auf das Jahr und Tausend der mittleren Bevölkerung be⸗ rechnet, betrug die allgemeine Sterblichkeitsziffer 13,76 (13,57).

Als zugezogen waren im August 11 791 (in demselben Monat des Vorjahres 10 607) männliche und 8824 (8085) weibliche, zu⸗ sammen 20 615 (18 692) Perfonen zu verzeichnen. Für die im 98S8 Monat Fortgezogenen ergaben sich einschließlich des Zu⸗ chlags für die unterbliebenen Abmeldungen die Zahlen: 10 509 (10 121) männliche, 7823 (7144) weibliche, zusammen 18 332 (17 265) Personen. Somit verbleibt bei der Wanderung ein Mehrzuzug von 1282 (486) männlichen und 1001 (941) weiblichen, zusammen ein Mehrzuzug von 2283 (1427) Personen.

Die Zahl der im August 1910 in den Berliner Hotels, Gast⸗ höfen usw. abgestiegenen ngg betrug 136 865 (im August 1909 132 499) Personen; darunter befanden sich 34 591 (29 836) Ausländer, von denen 13 516 (11 217) aus Rußland, 5898 (5490) aus Oesterreich, 5737 (4387) aus Amerika, 1734 (1609) aus England, 1555 (1340) aus Schweden kamen.

Ein Besitzwechsel war im August bei 135 (im gleichen Monat des Vorjahres bei 208) Grundstücken zu verzeichnen. Kauf lag vor bei 73 (128) bebauten Grundstücken mit 24 214 450 (45 494 845) Kaufpreis und bei 13 (30) unbebauten mit 6 038 204 (3 103 064) Kaufpreis, Zwangsversteigerung bei 16 (12) bebauten Grund⸗ stücken mit 5 216 954 (3 019 806) und bei 1 (2) unbebauten mit 15 750 (106 600) Kaufpreis. Durc Vererbung gingen 28 (30) Grundstücke mit 6 927 083 (8 871 907) Wert und 4 (6) ohne Wertangabe in anderen Besitz über.

Der Auftrieb auf den städtischen Viehhof betrug für den Monat August 16 139 (für denselben Monat des Vorjahres 16 264) Rinder, 15 667 (15 647) Kälber, 64 557 (66 456) Schafe, 115 188 (88 594) Schweine. In den öffentlichen Schlacht⸗ häusern wurden im August 12 151 (im August 1909 11 816) Rinder, 13 201 (13 370) Kälber, 51 219 (50 254) Schafe, 92 444 (78 921) Schweine geschlachtet. In der Zentralroßschlächterei wurden 769 (747) Pferde geschlachtet, von denen 15 (13) zurück⸗ gewiesen wurden. um Konsum und zur Tierfütterung gelangten somit 754 (734) Pferde, ferner von der Rirdorfer Roßschlächterei 82 (97).

Bei der städtischen Sparkasse betrugen die Einzahlungen im August 5 840 499 (in demselben Monat des Vorjahres 5 351 525 ℳ), die Rückzahlungen 5 431 521 (4 946 177) ℳ; demnach ergab sich ein Mehr an Einzahlungen in Höhe von 408 978 (405 348) ℳ.

Die städtische Armenpflege umfaßte im Monat August 35 503 (in dem gleichen Monat des Vorjahres 34 506) Almosen⸗ geldempfänger mit einem Gesamtbetrage an laufenden Unter⸗ stuͤtzungen in Höhe von 616 235 (591 223) ℳ, darunter 1907 (1912) Almosenempfänger mit außerdem gewährten 13 745 (13 211) Extra⸗ unterstützungen. Solche wurden ferner für 6704 (7670) nicht laufend unterstützte Personen im Gesamtbetrage von 87 956 (97 498) ge⸗ währt. Pflegetinder waren 13 396 (12 993) vorhanden, für di 124 667 (118 933) aufgewendet wurden. 1

.“ Zur Arbeiterbewegung. 8 8

Das Fortbestehen der Streitigkeiten be den See⸗ schiffswerften ist, wie dem „W. T. B.“ von maßgebender Seite aus Hamburg mitgeteilt wird, sowohl darauf zurückzuführen, daß die von den Arbeitervertretern zugesagte Wiederaufnahme der Arbeit in verschiedenen Werftorten seitens der Arbeiter nicht rechtzeitig erfolgt ist, sowie des weiteren darauf, daß die Frage der Sicherung der Akkord⸗ überschüsse an durch den Streik unterbrochenen Akkorden noch weiterer Klärung bedurft hat. Die Vertreter der Arbeiter haben der Kommission des Gesamtverbandes Deutscher Metallindustrieller am Donnerstag, den 6. Oktober, ihre Stellungnahme zu den Vermittlungsvorschlägen der Kommission in Form einer Entschließung der Werftarbeiter⸗ konferenz unterbreitet. In dieser Resolution wurde u. a. Bezug ge⸗ nommen auf die Auszahlung der Ueberschüsse für die infolge des Streiks liegengebliebenen Akkorde. Schon vorher war seitens der Kommission des Gesamtverbandes der Wunsch ausgesprochen worden, man möchte, nachdem die Werften ihren Standpunkt hinsichtlich der äußersten Zugeständnisse streng klargelegt hatten, keine neuen Mo⸗ mente in die Debatte bringen, weil dadurch das Zustandekommen des Friedens in Frage gestellt werden könnte. Angesichts

1 8 E“ 8

Wie das

8 8.

dessen gingen die Arbeitgebervertreter über den angeführten Punkt der Resolution hinweg, ohne besonderen Widerspruch dagegen zu erheben. Außerdem ist in den von beiden Parteien unterzeichneten Schluß⸗ abkommen von irgendwelchen nachträglichen, außerhalb der von den Arbeitern eingereichten Vorschläge liegenden Zugeständnissen nicht die Rede. Demgemäß konnten die Arbeitgeber zu der Auffassung gelanfen, daß die Regelung der Akkordüberschüsse von den Arbeitern fallen gelassen worden sei. Umgekehrt glaubdten aber die Arbeiter aus dem Umstande, daß aus der Schlußverhandlung gegen die Geltendmachung des erwähnten Verlangens kein förmlicher Widerspruch seitens der Arbeitgeber erhoben war, die stillschweigende Anerkennung ihres Wunsches folgern zu sollen. Beide Parteien haben demgemäß in gutem Glauben gehandelt. Es liegt kein Grund vor, u zweifeln, daß die zurzeit noch schwebende Frage eine befriedigende ösung finden wird. In den gestern zwischen den Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer gepflogenen Verhandlungen, die heute ihren Fortgang nehmen sollten, gaben beide Parteien ihren guten Willen für eine baldige Lösung des Streites zu erkennen und sind in den hauptsächlichsten Punkten einig. Es ist demnach zu hoffen, daß die Verhandlungen bis zum Sonnabend mit gutem Erfolge ab⸗ geschlossen sein werden. 1G 3

In Bremen haben, wie „W. T. B.“ meldet, Verhandlungen zwischen den Werftarbeitern einerseits und der Norddeutschen Armaturenfabrik und der Aktiengesellschaft „Weser“ anderer⸗ seits zu einer Beilegung aller Fer sügn nkte geführt. D Arbeit bei der EE sollte heute wieder aufgenommen werden. Die Aktiengesellschaft „Weser“ wollte heute durch Anschlag die Arbeiter zur Wiederaufnahme der Arbeit auffordern.

Die Ausständigen bei der Seidenfirma Eiffländer in Crefeld (vgl. Nr. 235 d. Bl.) haben, „W. T. B.“ zufolge, be⸗ schlossen, die Arbeit am Sonnabend wiederaufzunehmen. Da⸗ mit ist eine Aussperrung der gesamten Arbeiter der Seidenindustrie in Crefeld vermieden. 8

Wegen unbewilligter Lohnforderungen sind, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, etwa tausend Arbeiter der Dresdner Schuhfabriken in den Ausstand getreten; ein Teil wurde ausgesperrt.

(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.)

S

Wohlfahrtspflege. Schutz der Kinder gegen Tuberkulose.

Wenn es mehr und mehr gelänge, die durch Ansteckung und durch Fahrlässigkeit auf Kinder übertragbaren sogenannten Volkskrankheiten zurückzudrängen, so würden die Ziffern der infolge von Alkoholismus, Tuberkulose usw. erfolgenden Sterbefälle sich erheblich vermindern. In den Kreisen von Hygienikern und Aerzten spielt daher die Frage eines wirksamen Kinderschutzes eine große Rolle. Sie stand auch, wie schon in Nr. 237 des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“, erste Beilage, kurz mitgeteilt wurde, als ein Hauptgegenstand auf der Tagesordnung der vom 5. bis 8. Oktober in Brüssel abgehaltenen IX. internatio⸗ nalen Tuberkulosekonferenz. Was bisher auf dem Gebiete des Kinder⸗ schutzes gegen die Tuberkulose geschehen ist, geht aus den Leitsätzen von Dr. Lefdvre (Gembloux) hervor. Er führt als solche b regeln auf: Ferienkolonien, Schulkantinen, ärztliche Untersuchungen in der Schule, Gesundheitsattest für die Kinder, Freiluftschulen, Wald⸗ schulen, Erholungsheime, Hinzuziehung der See, Waldsanatorien, Ruheplätze im Walde, Einrichtungen zum Schutze der Kindheit gegen die Tuberkulose, Einrichtungen zum Schutze in den Schulen, Heim für gesunde Kinder, die von kranken Eltern geboren sind, Gärten für Arbeiter, antituberkulose Dispensatorien, antituberkulose Impfung, Spiele in der freien Luft, Einrichtungen für Mütter, Austausch von Kindern, Sanatorien für ganz kleine Kinder, schriftliche oder münd⸗ liche Gutachten der Pfleger, Milchprüfungen, Bund für den Schutz der Kinder frühesten Alters, Vorträge und Belehrungen über die Einzelheiten, Belehrung durch zu verteilende Merkblätter. Dr. Lefsvre fügt dieser Aufzählung hinzu: „Nur dadurch, daß man in der Familie und im gewöhnlichen Leben schon der Tuberkulose bei den Kindern vorbeugt, wird man dazu gelangen, den Hauptpunkt des verwickelten Problems, die Verhütung der Tuberkulose überhaupt, zu lösen.“

Für deutsche Verhältnisse lassen sich im Punkte der Absperrung kranker Erwachsenen von ihren Kindern oder der Herausnahme der Kinder aus Familien, in denen die Tuberkulose herrscht, nicht immer solche drakonische Maßregeln anwenden, wie sie in manchen anderen Ländern möglich sind. Ein bewährter Vorkämpfer und Kenner auf diesem Gebiete, der Geheimrat Dr. Bielefeldt in Lübeck, Vor⸗ sitzender der Landesversicherungsanstalt der Hansastädte, der sich, als er noch in Berlin amtierte, namentlich um die gesund⸗ heitliche Maßregel der Einrichtung von Arbeitergärten an der Fen erie der Reichshauptstadt verdient machte, hatte gleichfalls der Brüsseler Konferenz Leitsätze über den Schutz der Kinder gegen die Tuberkulose unterbreitet. Nach der „Tuberkulosis“, Jahrgang 1910 S. 412, lauten diese, wie folgt: „1) Wenn, wie ärztliche Autoritäten annehmen, die Tuberkulose hauptsächlich im Kindesalter aufgenommen wird, so haben sich die Maßnahmen zum Schutze der Kinder vor allem darauf zu erstrecken, daß erwachsene Tuberkulöse von Kindern fern⸗ gehalten werden. 2) Die Erfahrung zeigt, daß dieses Ziel bei den besonders gefährlichen erwachsenen Familiengliedern ohne Zwang nicht zu erreichen ist. 3) Eine vom hogienischen Standpunkt aus erwünschte zwangsweise Ueberführung ansteckender Tuberkulöser in geschlossene Anstalten nach norwegischem Muster wird sich nach der herr⸗ schenden humanitären Auffassung auf dem Wege der Gesetzgebung nur selten erreichen lassen. 4) Die Arbeiterversicherung bietet die Möglichkeit eines wenigstens mittelbaren Zwanges, indem sie den tuberkulöfen Rentenempfängern statt der Rente die Aufnahme in ein Invalidenhaus anbietet und sie im Falle der Nichtannahme des An⸗ gebots mit Entziehung der Rente bedroht. 5) Um unnötige Härten zu vermeiden, die dem Volksempfinden nicht entsprechen, kann die Rentenentziehung in solchen Fällen von dem Gutachten einer lokalen Gesundheitsinstanz usw. abhängig gemacht, auch die Entziehung auf Wideruf angeordnet werden.“ b

Kunst und Wissenschaft.

Bei Eichstätt wurde, wie der „Voss. Ztg.“ mitgeteilt wird, jüngst durch Zufall im Spitalwalde eine Höhle gefunden. Schon bei der ersten Entdeckung fand man einen starken Halswirbelknochen eines Rhinozerosses und bei planmäßiger Durchforschung sind bis jetzt zahlreiche gut erhaltene Knochen, Zähne und Gehörnteile von folgenden Tieren zu Tage gekommen: von einer Hyäne, von zwei Wolfen, von sieben Renntieren, von einem Riesenhirsch und zwei schwächeren Hirschen, von einem Auerochsen, zwei Wildpferden, zwei Rhinozerossen und von einem starken Mammut, dessen vier Zähne mehr sind nicht gefunden über einen Zentner wiegen. Das Alter dieses vorgeschichtlichen Fundes wird auf rund 100 000 Jahre geschätzt.

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Auf neuen Forschungsreisen in Brasilien ist seit dem April d. J. Dr. Max Schmidt vom Berliner Museum für Völker⸗ kunde begriffen. Wie er dem „Globus“ aus Amolar am oberen Paraguayflusse schreibt, hat er im Juni den Rio Caracara, einen Nebenarm des Rio S. Lourenzo, befahren und in den dortigen Sümpfen versteckt zwei „Atterrados“ (Muschelhügel einer früheren Bevölkerung) aufgefunden. Nachgrabungen in ihnen legten einen Be⸗ rähnisplatz mit einer größeren Anzahl von Skeletten, Scherben und Gebrauchsgegenständen frei. Außerdem entdeckte er an den steilen Felswänden des Caracaraberges verschiedene Felszeichnungen. Schmidt teilte ferner mit, daß er im Juli den Rio Sepotuba hinauf nach dem füdwestlichen Mato Grosso gehen wolle, wo noch manche un- erforschte interessante Indianerstämme, z. B. die Cabixi, sitzen. 8

Theater und Musik. 6

Im Neuen Königlichen Operntheater. findet morgen eine Aesaru von „Lohengrin“, mit Herrn Berger in der Titelrolle, statt. Im übrigen lautet die Besetzung: Effa⸗. Frau Denera;

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