1911 / 13 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 16 Jan 1911 18:00:01 GMT) scan diff

es von einer alten Hexe erzogen wird,

im Hexenhandwerk aber nicht taugt. Dieser begegnet auf seiner Wanderung

der Könrgssohn, der im jugendlichen Uebermut ihren Blumenkranz zerreißt und ihr dafür seine goldene Krone schenkt. Das Mägdelein soll ihm folgen; allein der Zauberwald hält sie zurück. Der Prinz aus Genie⸗ land aber zieht mißmutig seines Wegs, weil er ihr Zögern nicht versteht. Da kommen ein paar Städter, von einem lustigen Spiel⸗ mann geführt, zur Hexe, der weisen Frau im Hellawald, vom Rat und der Bürgerschaft entsandt. Das Land will einen König haben; die Waldfrau soll künden, woher er kommen werde. Höhnisch weissagt ihnen die Hexe: Morgen am Hellafeste, wenn die Glocken am Mittag läuten, „der Erste, der schlendert zum Stadttor herein, sei es ein Schalk oder Wechselbalg, der mag euer König sein!“ Die Städter ziehen, der Botschaft zufrieden, von dannen. Der Spielmann nur bleibt zurück, weil er die holde Gänse⸗ magd in der Hütte erblickt hat. Seiner List gelingt es, sie der Hexe zu entführen. Inzwischen ist der Königssohn in die Stadt gelangt und hat als Sauhirt bei dem groben Krugwirt ein Unterkommen gefunden. Mit dem Volke harrt er am Tore, wo die Propbezeiung der Hexe sich erfüllen soll. Die Glocken läuten, das Tor öffnet sich und die Gänsemagd, angetan mit dem goldenen Stirnreij, erscheint, die er alsbald als seine Königin begrüßt. Das Volk aber, das sich das Königspaar im Prünk seiner Wuürde vorgestellt hatte, jagt die Königskinder zum Tor hinaus, verbrennt die Hexe und läßt den Spiel⸗ mann, der die Gänsemagd zur Stadt führte, foltern. Die Königs⸗ kinder aber irren ruhelos durch's Land. Der Königssohn kann den Weg zu seinem Reiche nicht mehr finden, der Schnee hat die Pfade verweht. Am Fuße der Linde, wo sie sich zum ersten Male gesehen, erfrieren die beiden, und der Schnee hüllt sie mit weißem Bahrtuche ein. Hier findet sie der Spielmann, der mit den Kindern der Stadt auszog, sie zu suchen, als Leichen wieder und stimmt ihnen eine ergreifende Totenklage an: „Sie sind gefunden und verloren Liebevereint verhungert im Winterschnee und er⸗ froren Kniet nieder und weint.“ Humperdincks Musik schmiegt sich diesen Vorgängen wie ein kunstvoll gewirktes, schillerndes Gewand an. Das Ohr schwelgt in Wohllaut bei der Schilderung der Frühlingsstimmung des ersten Akts, in dem die beiden Königs⸗ kinder sich finden. Für die Hexe ist hier das bekannte Motiv aus „Hänsel und Gretel“ in geistvoller Weise wieder zitiert. Derbere Klänge der Volksfröhlichkeit erfüllen den zweiten Akt, der aber ebenfalls bei den Er⸗ innerungen des Königssohnes an sein Erlebnis im Walde von zarten lvrischen Stimmungen durchsetzt ist und zuletzt in markigen Tönen das Heroische und die tragische Wendung der Handlung illustriert, und ergreifend malt der dritte die traurigen Schicksale und das Sterben der verstoßenen und verirrten Königskinder. Von demselben Geiste durchweht und ebenso meisterlich instrumentiert sind die Orchester⸗ vorspiele der drei Akte. Ein Meisterstück war auch die Aufführung, nicht nur in bezug auf die herrlichen, wahrhaft märchenhaften Bühnen⸗ bilder, sondern in jeder einzelnen Leistung. Die poetische Gestalt der lieblichen Gänsemagd kann man sich kaum besser ver⸗ körpert und gesungen denken, als es durch Fräulein Artöt de Padilla geschhoh, und der Königssohn hatte in Herrn Kirchhoff einen Vertreter gefunden, der sowohl darstellerisch wie gesanglich alle an ihn gestellten Anforderungen erfüllte. Eine frische, berzerfreuende Leistung war der Spielmann des Herrn Hoffmann, der bei dieser Gelegenheit an der Stätte willkommen geheißen sei, die er im vorigen Jahre für immer zu verlassen gedachte. Auch Frau Goetzes charakteristische Hexe und die humorvoll gezeichneten Bürgertypen der Herren Knüpfer, Lieban, Bachmann u. a. sind mit Anerkennung zu nennen; desgleichen die kleine Erlenstädt in einer allerliebst gespielten und gesungenen Kinderrolle. Wahre Wundertaten verrichtete das Orchester unter Kapellmeister Blechs Leitung. Nach jedem Akt und am Schluß der Vorstellung wurde der Komponist mit den Sängern

hervorgerufen und lebhaft gefeiert. 8

Modernes Theater.

„Das glückliche Gesicht“, ein Schwank in drei Akten von Ernst Gettke, verbreitete am Sonnabend bei seiner Erstaufführung behagliche Heiterkeit. Es war ein harmloses Unterhaltungsstück voll leidlicher Laune und noch mehr redlicher Gesinnung, welches sich den Zuschauern darbot. Ein junger leichtsinniger Geschäftsmann, Hans Heinrich Schmetter, steht vor dem Konkurs; da er jedoch im Besitze eines glücklichen Gesichts ist, das ihm die Herzen aller Männlein und Weiblein geneigt macht, wird er vor wirtschaftlichem und seelischem

Schaden bewahrt durch die pfiff en Ratschläge des alten Advokaten

Köppler und durch die Liebe seiner tapferen jungen Buchhalterin. Die Gestalt des alten Juristen, der als menschenfreundlicher Hagestolz sich junger Männer und Mädchen väterlich annimmt, ist die beste und wirksamste Figur des Stückes; der alte Advokat beherrscht die Handlung, alle Fäden laufen in seiner Hand zusammen. Er führt Konkurse und Liebeswirren zu einem glücklichen Ende. Alle übrigen Figuren des Stückes sind nur roh geschnitzt; wenn man von der Marianne, der braven Buchhalterin mit der netten Erbschaft, absieht, erscheinen alle anderen fast wie Karikaturen; auch der junge Schmetter mit dem glücklichen Gesicht ist doch ein recht oberflächlich gezeichneter, träger Leichtfuß, an dessen zukünftige Tüchtigkeit zu glauben schwer fällt. ie Handlung ist aber nicht ungeschickt aufgebaut; der Dialog zeigt öfters Herz und Humor. Der heiße Kampf der Väter und Mütter um den zukunfts⸗ reichen Schwiegersohn, das aufdringliche Werben der jungen Weiblich⸗ keit mutete freilich recht abgeschmackt an; aber bei der absoluten Harmlosigkeit der Vorgänge regte sich niemand ernstlich darüber auf. Die Darstellung konnte befriedigen. Die Hauptfigur des alten Dr. Köppler war mit Alwin Neuß gut besetzt; ein pfiffiges Augenzwinkern deutete mit Erfolg seine Schlauheit und seine Menschenfreundlichkeit an; jedenfalls verfehlte das bewegliche Mienenspiel des alten Herrn nie seine Wirkung. Der junge Mann mit dem glücklichen Gesicht fand in Herbert Mühlberg einen an⸗ genehmen Vertreter, und Käthe Meißner stellte die Marianne sicher und liebenswürdig dar. Unter den übrigen Mitwirkenden wären noch die Hetren Pfanz, Garrison und die Damen Monati. Gettke, David und Aster zu nennen. Der Beifall, besonders zum Schluß, war leb⸗ haft und herzlich.

Im Königlichen Opernhause findet morgen, Dienstag, eine Wiederholung der „Meistersinger von Nürnberg“ statt, in den Haupt⸗ rollen mit den Damen Easton, von Scheele⸗Müller sowie den Herren Bischoff, Grüning, Habich, Lieban, Griswold, Bronsgeest besetzt. (Anfang 7 Uhr.)

Im Königlichen Schauspielhause geht morgen Goethes „Iphigenie auf Tauris“, mit Frau Willig in der Titelrolle, in Szene; den Orest spielt Herr Staegemann, den Pylades Herr Hoffmann, den Thoas Herr Nesper, den Arkas Herr Mannstädt.

Der Herzoglich sächsische Hofkapellmeister Wilhelm Berger, Mitglied der Königlichen Akademie der Künste in Berlin, ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern morgen in Jena, wo er von einem langjährigen Leiden Heilung suchte, gestorben. Berger, der vor einigen Jahren als Nachfolger Fritz Steinbachs nach Meiningen berufen wurde, war früher in Berlin ansässig. Er war am 9. August 1861 in Boston geboren. Zahlreich sind seine Kompositionen für Klavier, Violine, Gesang und Orchester ꝛc., denen man häufig auf den Pro⸗ grammen unserer Konzertsäle begegnet.

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Mannigfaltiges. Berlin, 16. Januar 1911.

Nach hier eingetroffenen Meldungen des „W. T. B.“ ist der am 29. Dezember aufgestiegene und seitdem verschollene Ballon „Hildebrandt“ in einem See bei Wildenbruch (Pommern) aufgefunden worden. Die Leichen der beiden Insassen be⸗ fanden sich noch in der Gondel.

Breslau, 14. Januar. (W. T. B.) Der Ballon „Dresden“, der am Donnerstagvormittag in Riesa g. d. Elbe, mit Herrn von Rochow und einem Ingenieur als Insassen, aufgestiegen war, strandete Freitagnacht um 2 Uhr in den Wäldern des Iser⸗ gebirges auf der Grünen Koppe in einer Höhe von 1127 m. von Rochow verletzte sich dabei am Bein. Die Ballonhülle wurde vom Sturm entführt, aber später in den Baumwipfeln wieder aufgefunden. Die beiden Luftschiffer irrten die ganze Nacht in grimmiger Kälte und bei heftigem Schneesturm in dem meterhohen Schnee umher. Erst gegen Morgen wurden beide völlig erschöpft aufgefunden und in Hörnerschlitten nach Flinsberg gebracht.

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Naumburg, 14. Januar. (W. T. B.) Bei der Verpackung von Kamm⸗ und Zelluloidwaren in der Fabrik der Firma Brunhuber u. Co. erfolgte heute nachmittag eine Explosion, durch die gegen zehn Personen verletzt wurden. Das Wohnhaus, in dem sich auch die Packräume und Kontorräume der Fabrik befinden, ist gänzlich ausgebrannt.

Hagen (Westfalen), 14. Januar. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Heute fuhr auf dem Bahnbof Unna der Personenzug 339 auf den Personenzug 359. Schwer verletzt und inzwischen gestorben ist der Kaufmann Fritz Gerhardt aus Hannover, leicht verletzt sind der Kaufmann Siegfried Rosenthal aus Charlottenburg, der Betriebsassistent Wilhelm König aus Alten⸗ Bögge und der Ingenieur Lerschheuser aus Frömern. Der

Materialschaden ist unerheblich. Die Untersuchung ist eingeleitet.

Langel bei Worringen, 16. Januar. (W. T. B.) Beim Schlittschuhlaufen auf einer Kribbe des Rheins sind neun Per⸗ sonen eingebrochen. Fünf Kinder sind ertrunken, die anderen wurden gerettet.

Metz, 15. Januar. (W. T. B.) Der verhaftete Vorsitzende der „Lorraine sportive Samain ist gestern abend wieder auf freien Fuß gesetzt worden, desgleichen der verhaftete Schlosser Sill. Die Nachricht einiger Blätter, der Bezirkspräsident von Lothringen, Graf von Zeppelin⸗Aschbausen, sei Mitglied der „Lorraine sportive“ gewesen, ist durchaus unrichtig.

Vire (Dep. Calvados), 15. Januar. (W. T. B.) Heute nach⸗ mittag stieß ein Personenzug mit einem Güterzug zusammen, wobei zwei Lokomotivführer und ein Heizer getötet und mehrere Personen verletzt wurden. Der Verkehr ist unter⸗ brochen.

Madrid, 15. Januar. (W. T. B.) Aus allen Teilen Spaniens treffen Meldungen über heftige Schneestürme ein. Die Reisenden der zahlreichen Züge, die im Schnee liegen ge⸗ blieben sind, befinden sich in kritischer Lage, da ungewiß ist, ob die ausgesandten Hilfsmannschaften bis zu ihnen vordringen können. dem Südexpreßzug liegen bei Avila noch zwei andere Züge seit zwei Tagen fest, man hat von ihnen keine Nachricht. Ein Güterzug soll eingeschneit sein. Aus Vigo wird gemeldet, daß 80 Fahrzeuge durch das Unwetter teil vernichtet, teils beschädigt worden sind. Bei Puebla de Gordon (Provinz Leén) hat eine Lawine Lokomotive und acht Wagen eines durch den Schnee auf⸗ gehaltenen Zuges in einen Fluß gerissen und die Eisenbahnlinie sowie die Telegraphenlinie zerstört. In Asturien liegt der Schnee an mehreren Stellen auf den Schienen 6 m hoch.

Lüttich, 14. Januar. (W. T. B.) Infolge Nebels stießen bei Hotton zwei Lokalbahnzüge zusammen. Zwölf Per⸗ sonen wurden verletzt, unter ihnen zwei schwer. Der Sachschaden ist beträchtlich.

Washington, 15. Januar. (W. T. B.) Wie die „Geological Survey“ meldet, sind im westlichen Montana große Phosphat⸗ lager entdeckt worden.

Mogador, 13. Januar. (W. T. B.) Der Kaid Kuban hat einen Sohn des früheren Kaids Bozmaa dadurch geblendet, daß er ihm geschmolzenes Blei in die Augen goß.

Wjernyi, 15. Januar. (W. T. B.) Im Laufe des gestrigen Tages wurden verschiedene Bodenschwankungen sowie einige mit starkem Geräusch verbundene Erdstöße verspürt, durch die viele der bereits früher beschädigten E1“ einstürzten Die Bevölkerung ist äußerst erregt. ie Temperatur beträgt 15 Grad unter Null.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten, Zw

Vierten und Fünften Beilage.)

—Sséé⸗ĩ—&ͤͤͤͤͤͤͤͤqͤͤqͤqͤͤqͤͤͤqͤͤqͤͤqͤqͤͤͤIͤͤͤ2um—

Theater.

haus. 17. Abonnementsvorstellung. Dienst⸗ und Frei⸗ plätze sind aufgehoben. Die Meistersinger von Nürnberg. Oper in drei Akten von Richard Wagner. Musikalische Leitung: Herr Kapellmeister von Strauß. Regie: Herr Regisseur Bachmann. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 17. Abonnementsvorstellung. Iphigenie auf Tauris. Schauspiel in 5 Auf⸗ zügen von Goethe. Regie: Herr Zeisler. Anfang 7 ½ Uhr.

Neues Operntheater. für Volksunterhaltung: Der Zähmung. Lustspiel in fünf Akten von William

Vorstellung für den Verein Widerspenstigen

Lessingtheater. 2 x 4 1 8 Die Ratten. Berliner Tragikomödie in fünf Akten

Königliche Schauspiele. Dienstag: Opern⸗ von Gerhart Hauptmann. ö1ö11nö““

Mittwoch: Anatol.

Donnerstag: Die Ratten.

Neues Schauspielhaus. 8 Uhr: Alt⸗Heidelberg. Mittwoch, Nachmittags 3 ¼ Uhr: Maria Stuart. (Vorstellung für Abends: Die Hosen des Herrn von Bredow. Donnerstag: Judith.

Freitag: Der Herr Verteidiger.

Sonnabend, Nachmittags 3 ¼ Uhr: Maria Stuart. (Vorstellung für

Dienstag, Abends 8 Uhr:

Dienstag, Abends 8 Uhr:

von Max Schönau.

Dienstag, Abends

das „Klassische Theater“.)

Gesangsterte von J. Gilbert. das Klassische Theater“.)

Shakespeare, nach der Uebersetzung von Wolf Grafen Abends: Zum 1. Male: Das kleine Schokoladen⸗ schaft.

Baudissin für die Bühne bearbeitet von Paul Lindau. mädchen. Anfang 8 Uhr.

Mittwoch: Opernhaus. 18. Abonnementsvor⸗ stellung. (Gewöhnliche Preise.) Fidelio. Oper in 2 Akten von Ludwig van Beethoven. Text nach dem Französischen von Ferdinand Treitschke. Zu Anfang: „Ouvertüre Leonore (Nr. 3)“. An⸗ fang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 18. Abonnementsvorstellung. Der Störenfried. Lustspiel in vier Aufzügen von Roderich Benedix. Anfang 7 ½ Uhr.

Neues Operntheater. Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr:

Liebelei.

Zomische Oper. Dienstag, Abends 8 Uhr:

Das vergessene Ich.

Mittwoch: Die Boheème. Donnerstag: Das vergessene Ich. Freitag, Abends 7 ½ Ühr:

Sonnabend: Die Boheème.

Schillertheater. o.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Schwester.

Friedrichstraße.) Zum ersten Male: Lassailly.

(Wallnertheater.)

Residenztheater. (Direktion: Richard Alexander.) 1 1 Der Unterpräfekt. Schwank in drei Akten von Leon Gandillot.

Mittwoch bis Freitag: Der Unterpräfekt. Sonnabend: Zum ersten Male: Pariser Menu. Drei Gänge von Georges Feydeau und Veber⸗Abric.

Thaliatheater. (Direktion: Kren und Schönfeld.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Polnische Wirtschaft. Schwank mit Gesang und Tanz in drei Akten von Um Kraatz und Okonkowsky, bearbeitet von J. Kren.

Alfred Schönfeld, Mittwoch und folgende Tage: Polnische Wirt⸗

Trianontheater. (Georgenstraße, nahe Bahnhof Dienstag, Abends 8 Uhr: Der Lustspiel in drei Akten von Robert Flers und G. A. de Caillavet. Musik von Emile

Nittwoch und Donnerstag: Der heilige Hain. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Der heilige Hain.

Alindworth-Scharwenka⸗Saal. Dienstag, Abends 8 Uhr: Elisabeth Schulz⸗Rabbow (Ge⸗

Deutsch sang), Hedwig Josepha von Elpons (Rezitation).

Birkus Schumann. Dienstag, Abends 7 ½ Uhr: Briff⸗Braff⸗Broff. Arconi⸗Truppe, 4 Per⸗ sonen. Football, Pushball, Poloball. Kreisel⸗ Globus, neueste Kreation des Direktors Albert Schumann. Troika, geritten von Herrn Karl Heß, sowie: die übrigen Attraktionen.

9 ½ Uhr: Der roße Coup der Schmuggler. Romantlsche

Musik von Der Ueberfall auf einen Eisenbahnzug.

Er und seine Große Galavorstellung. Neu: Die 5 Cliftons. Neu: Die Aeros. Gastspiel des Herrn Direktor Pierre Althoff und Frau Direktor Adele Althoff mit ihren hervorragendsten Freiheits⸗ dressuren. Fräulein Marta Mohnke, Schul⸗ reiterin. Reiterfamilie Frediano. 3 Gebr. Fratellinis, urkom. Clowus. Um 9 Uhr:

(Die Hermannschlacht).

werbendes Kapital ansehen können.

angelegt und verwendet werden.

gegen uns

antomime in 4 Akten.

Birkus Busch. Dienstag, Abends 7 ½ Uhr:

Die neue Ausstattungspantomime „Armin“

Auf Allerhöchsten Befehl: Achte Vor⸗ stellung für die Berliner Arbeiterschaft: Der deutsche König. Schauspiel in 5 Akten von Ernst von Wildenbruch. (Die Biuette werden durch die Zentralstelle für Volkswohlfahrt nur an Arbeiter⸗ vereine, Fabriken usw. abgegeben. Ein Verkauf an einzelne Personen findet nicht statt.)

Deutsches Theater. Dienstag, Abends 7 ½ Uhr: Othello. b

Mittwoch: Der Kaufmann von Venedig.

Donnerstag: Othello.

Freitag: Faust.

Sonnabend: Othello.

Kammerspiele.

Dienstag, Abends 8 Uhr: Lanzelot.

Mittwoch: Der verwundete Vogel. Donnerstag: Lanzelot. 18 1 Freitag: Die Komödie der Irrungen. Vorher: Die Heirat wider Willen.

Sonnabend: Lanzelot.

Berliner Theater. Dienstag, Abends 8 Uhr:

immelstudenten. Posse mit Gesang und Tanz in fünf Bildern nach E. Pohl und H. Wilkens. Muft von Conradi.

Dienstag, Abends 8 Uhr: Husarenfieber. Lust⸗ spiel in vier Akten von Gustav Kadelburg und Richard Skowronnek. Mittwoch: Wallensteins Tod. 8* Donnerstag: Husarenfieber. 8

Charlottenburg. Dienstag, Abends 8 Uhr: Die Macht der Finsternis. Schauspiel in fünf Akten von Leo N. Tolstoj. Uebersetzt von Raphael Löwenfeld.

Mittwoch: Der Himmel auf Erden.

Donnerstag: Das Urbild des Tartüff.

Theater des Westens. (Station: Zoologischer Garten. Kantstraße 12.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Das Puppenmädel. Vaudeville in drei Akten von Leo Stein und Dr. A. M. Willner. Musik von Leo Fall.

Mittwoch bis Freitag: Das Puppenmädel.

Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Rotkäppchen. Abends: Das Puppenmädel.

Lustspielhaus. (Friedrichstr. 236.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Der Feldherruhügel. Schnurre in 3 Akten von Karl Rößler und Roda Roda.

Coeuraad V. Bos.

Modernes Theater. (Königgrätzer Str. 57/58.) Dienstag, Abends Uhr: Das glückliche Ge⸗ sicht. Schwank in 3 Akten von E. Veitte

Mittwoch und folgende Tage: Das glückliche Gesicht.

KHKoponzerte.

Philharmonie. Dienstag, Abends 8 Uhr: Klavierabend von Wladimir Cernikoff.

Singakademie. Dienstag, Abends 8 Uhr:

Liederabend von Agnes Fridrichowiecz. Mitw.: Fritz Rückward (Bratsche). Am Klavier:

———

Snal Bechstein. Dienstag, Abends 7 ½ Uhr:

Liederabend von Marta Dähne. Am Klavier: Eduard Behm.

Berthoven-Sual. Dienstag, Abends 8 Uhr:

Familiennachrichten.

Verehelicht: Hr. Oberleutnant Max Köhler mit Frl. Margarete Euen (Berlin). Hr. Ober⸗ leutnant Ferdinand von Weltzien mit Frl. Char⸗ lotte Corduag (Schwerin i. M.).

Geboren: Eine Tochter: Hrn. Assessor Dr. Spillmann (Breslau).

Gestorben: Hr. Major a. D. Maximilian von (Schwerin i. M.). Hr. Geheimer

ommissionsrat Fr. Banse (San Remo). Fr. Oberst Marie von Kebler, geb. von Kehler (Thorn). Verw. Fr. Prfise Christine Lütgert, geb. Klein (Stücken bei Beelitz, Mark). Fr. Marie von Bülow, geb. von Waldow (Potsdam). Frl. Clara von Rheinbaben (Neu⸗Ruppin).

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg

Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Dreizehn Beilagen

2. Konzert (Brahms⸗Abend) von Therese und

Mittwoch und folgende Tage: Bummelstudenten.

Mittwoch und folgende Tage: Der Feldherrn⸗ hügel

Artur Schnabel.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags

(Schluß aus der Zweiten Beilage.)

Wir haben die Aufstellung des Eisenbahnetats wesentlich gegen fruüͤber verändert. In den Maßnahmen der Budgetkommission, um die Er⸗ gebnisse der Bergverwaltung eingehend zu prüfen, liegt keine Kritik, sondern nur die Absicht, über die Ergebnisse der Bergverwaltung Klarheit zu schaffen. Dasselbe gilt von allen Betriebsverwaltungen. 1902 wurden Grundsätze festgesetzt über die Beteiligung der Bergverwaltung am Kohlenbergbau und Kalibergbau, die für die Zukunft gelten sollen. Der Staat sollte Einfluß auf den Kohlen⸗ markt bekommen, die Eisenbahn sollte uncbhängig von den Schwankungen des Kohlenmarktes werden. Wir werden zu prüfen haben, ob diese Ziele erreicht sind. Die Betriebsverwaltungen haben in diesem Jahre bis auf die Bergverwaltung recht erfreuliche Resultate verzeichnet. Die Domänen sind zwar großen Schwankungen unterworfen, aber der Etat wäre wohl noch günstiger zu gestalten gewesen, wenn man nicht Rücksicht auf die Entschuldungspläne genommen hätte. Der Grundbesitz des Staates soll nicht dazu dienen, Finanzgeschäfte zu machen, sondern es sind noch andere Ver⸗ pflichtungen damit verbunden. Um die Etatsrechte des Hauses nicht zu beschränken, werden feste Grundsätze für den Ankauf und Verkauf von Domänen aufzustellen sein. Ich werde in der zweiten Lesung eingehender darauf zurückkommen Bei der Forstverwaltung sind durch den Nonnenfraß in den östlichen Provinzen und andere Um⸗ stände einige Schwierigkeiten entstanden, aber die Verwaltung ist doch seit einigen Jahren so glücklich gewesen, daß wir auf eine Steigerung der Reineinnahmen aus den Forsten rechnen können. Im Etat für -. und Gewerbe sind die Einnahmen zurückgegangen, die Ausgaben enorm gestiegen; das gibt zu Bedenken An⸗ laß. Wir müssen sehen, ob da Fehler gemacht sind, und wenn Fehler gemacht sind, müssen wir den Mut haben, sie zu korrigieren und Reformen in der Verwaltung einzuführen. Die Entwicklung der Eisenbahnen ist sehr glücklich und befriedigend. Die jetzige Aufstellung des Etats hat das Studium desselben wesentlich erleichtert; der Etat ist sehr viel durchsichtiger geworden, und man kann die Entwicklung der vergangenen Jahre klar ver⸗ folgen. Wir können mit Befriedigung auf die Beschlüsse des vorigen Jahres über die Neuordnung des Eisenbahnetats zurück⸗ blicken, die Festsetzung einer Quote von 2,10 % des Anlage⸗ kapitals für die Verbesserung der Einnahmen zu allgemeinen Staatszwecken und von 1,15 % für das Extraordinarium hat be⸗ friedigende Resultate gegeben. Es fragt sich aber, ob die Loko⸗ motiven nicht zu stark in Anspruch genommen werden und zu viele Reparaturkosten erfordern. Wir müssen deshalb mit bedeutenden Mitteln eine genügende Anzahl von Lokomotiven beschaffen, die wir ja als Der Eisenbahnminister hat sich loyal auf den Standpunkt gestellt, den wir für die Abgrenzung der Eisen⸗ bahneinnahmen von den allgemeinen Staatsfinanzen als maßgebend im vorigen Jahre festgestellt haben. Allerdings läßt sich nicht in

eee Falle feststellen, was als werbendes Kapital anzusehen und des⸗

alb auf Anleihe zu übernehmen ist. Mit Freude ist die Erhöhung

8 der Arbeitslöhne und die Fortführung der Wohlfahrtseinrichtungen zu

begrüßen; das ist das Moment des gegenseitigen Vertrauens zwischen der Verwaltung und den Arbeitern. Die Anfüllung des Ausgleichs⸗ fonds wird hoffentlich die Schwankungen in den Finanzen be eitigen können. Wir werden die Grundsätze zu prüfen haben, wie diese Mittel G d Unser Einfluß auf die Finanzen wird durch diese Beschlüsse vom vorigen Jahre nicht geschwächt, denn wir erhalten die Kontrolle über die Verwendung dieser Mittel. Die Entwicklung der Steuern ist erfreulich, aber es ist noch nicht sicher, ob die Steigerung dieser Einnahmen von Dauer sein wird. Mir scheinen die Einnahmen aus der Vermögenssteuer etwas reichlich bemessen zu sein. Ich halte es nicht für zweckmäßig, eine Herab⸗ setzung zu beantragen, aber die Finanzverwaltung muß in der Ver⸗ anschlagung vorsichtig sein. Die Veranlagung zur Einkommen⸗ steuer muß mit aller Sorgfalt vorgenommen werden; wir wünschen durchaus keine laxe Handhabung der Veranlagung, und die Ver⸗ dächtigungen und Verleumdungen, die in dieser Beziehung geschleudert worden sind, sind durchaus hinfällig; man muß dafür Beweise haben, wenn man sie ausspricht. Wir wollen selbst, daß durch die Veranlagung klar in die wirk⸗ lichen Einkommensverhältnisse hineingeleuchtet wird. Zu den traurigen Ergebnissen der indirekten Steuern brauche ich kaum etwas zu sagen, die Ursachen sind bekannt, das wird auch so bleiben, und diese Steuern werden für die preußischen Finanzen keine so große Bedeutung mehr haben. Die Staatsverwaltungen erfordern ein Mehr von 14 Millionen im Ordinarium und von 9 Millionen im Extra⸗ ordinarium. Es ist nur noch eine geringe Anleihe erforderlich; das ist die Folge der Beschränkung der Ausgaben in den letzten Jahren. Wir werden auch in dem neuen Jahre mit unseren Fordérungen mög⸗ lichst zurückhalten. Wir müssen bedenken, daß jede Anleihe den Anleihemarkt von neuem in Anspruch nimmt, und wir halten es für erwünscht, daß dies vorläufig nicht geschieht. Der Grundsatz, den Weltmarkt nicht ohne Not zu belasten, ist durchaus zutreffend. Bei der Justizverwaltung ist zwar ein Mehr von über 4 Millionen eingestellt, aber das ist bei der ganzen Etatisierung nicht von großer Bedeutung. Die Vermehrung der Richterstellen um 102 ist zu begrüßen. Die Polizei erfordert recht erhebliche Mehrkosten. Es ist in den letzten Jahren schwer gewesen, die Schutzmannsposten mit Kräften auszustatten, die den Anforderungen nach jeder Rich⸗ tung entsprechen. Ich hoffe, daß die 160 000 ℳ, die neu für Dienst⸗ prämien für die Schutzleute eingestellt sind, der richtige Weg sein werden, diesem Mangel abzuhelfen; immerhin können wir sagen, und ich bin von meinen Freunden beauftragt, das anzuerkennen, daß wir in unseren Schutzleuten ein ausgezeichnetes Material haben, daß sie Beweise ihrer Pflichttreue gegeben haben, wie wir sie von ihnen erwartet haben (Zwischenrufe bei den Sozialdemokraten), daß sie das Vertrauen durchaus gerechtfertigt haben, das die Staatsverwaltung in sie gesetzt hat. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Solche Angriffe von Ihrer Seite sind für diese Beamten eine Ehre, und die unbegründeten Be⸗ schuldigungen, wie sie so zahllos von Ihnen erhoben worden sind, sind Beweise dafür, wie vortrefflich diese Gruppe ihre Pflicht erfüllt hat, und wir hoffen, daß ihnen auch stets das Pflichtbewußtsein innewohnen wird, von dem sie so glänzende Beweise in der Vergangenheit bis in die neueste Zeit gegeben haben. (Erregte Zwischenrufe bei den Sozialdemokraten: Das Blut in Moabit!) Herr Hoffmann, wenn Sie solche Urteile aussprechen, so glauben Sie doch nicht, daß Sie den Leuten, denen Sie eine Beurteilung zu teil werden lassen, damit Schaden in der öffentlichen Meinung tun. Jede Kritik, die Sie an dem Verhalten dieser Beamten und ihrer Pflichttreue üben, ist eine Auszeichnung für diese Leute. Denn Sie wollen ja nur die öffentliche Ordnung untergraben, den Staat untergraben. (Rufe: Hu, hul bei den Sozialdemokraten. Abg. Hoffmann: Warum denn nur solche Angst!) Glauben Sie nicht, daß Sie mich durch Ihre Zwischenrufe erregen. Ich bin ein so alter Parlamentarier, daß ich mich wirklich kaum aufrege. Sie geben mir nur Gelegenheit zu einigen Zwischenbemerkungen. (Abg. Liebknecht⸗ Wir wollen Sie ja gar nicht aufregen!) Wir begrüßen die Ueberführung der Medizinalabteilung an das Ministerium des Innern. Hoffentlich wird dadurch auch das Ver⸗ haltnis zwischen den Kommunalverbänden und der Medizinalverwaltung ein besseres. Die Fürsorgeerziehung bedarf wieder eines Zuschusses

8 8

ge

Berlin, Montag, den 16. Januar

Preußischen Staatsanzeiger.

von 700 000 und wird auch eine wesentliche weitere Belastung der Kommunalverbände mit sich bringen. Wegen der mannigfachen Schwierigkeiten, die sich bei der Ausführung des Fürsorgegesetzes in der Praxis herausgestellt haben, werden wir an einer Novelle zu diesem Gesetz nicht vorbeikommen. Wer den Provinzialverwaltungen näher steht, weiß, daß viele Mißstände vorhanden sind, die geeignet sind, das Vertrauen zu der Verwaltung nach dieser Richtung zu erschüttern, und nirgends mehr bedarf es so vielen Ver⸗ trauens, als gerade bei der Ausführung dieses Gesetzes. Dieses alte Mißtrauen, das immer noch besteht, daß es sich hier um eine Zwangserziehung und nicht um eine Fürsorgeerziehung handelt, muß be⸗ seitigt werden. Beim Kultusministerium werden wir zu prüfen haben, ob die 14 im Hauptamt geforderten Kreisschulinspektoren noötig sind. Der Lehrermangel hat sich ja gemindert. Aber dauernd wird diese Besserung er sein, wenn wir die nötigen Vor⸗ bedingungen für die Vorbildung der Lehrer schaffen. Wenn das jetzt durch den Bau von Lehrerseminaren nachgeholt wird, so können wir das nur anerkennen. Wir hoffen, daß nicht nur die Zahl, sondern auch die Qualität der Lehrer verbessert wird. Wir begrüßen die Einstellung von Mitteln für die weitere Förderung der Körper⸗ pflege. Wir dürfen aber den Bogen nicht überspannen, damit die anderen Aufgaben der Schule nicht Schaden leiden. Bei der Ansiedlungskommission werden wir bei der zweiten Beratung ein⸗ gehend die Frage der Anwendung des Enteignungsgesetzes behandeln müssen. Auch beim landwirtschaftlichen Etat zeigt sich eine gleich⸗ mäßige erfreuliche Entwicklung. Wir können nur dankbar anerkennen, daß in dem Etat Mittel zur weiteren Entwicklung der Landwirt⸗ schaft ausgeworfen sind. Anfragen möchte ich, ob bald Aussicht ist, daß das sogen. Wassergesetz dem Hause zugeht. Das Bedürfnis ist allgemein anerkannt; nach den vielen Worten, die gewechselt sind, laßt uns nun endlich Taten sehen! Die Schutz⸗ und Sperrmaßregeln bei der Maul⸗ und Klauenseuche haben uns veranlaßt, in einem schleunigen Antrage auf diese Materie zurückzukommen. Meine Freunde wollen durchaus keine Ueberschätzung der Vorbeugungsmaßregeln. Aber sie wollen nicht, daß die schwachen Schultern unter der Last zusammenbrechen. Beim Etat für Handel und Gewerbe wollen wir gern anerkennen, daß unsere Wünsche erfüllt worden sind, besonders daß mehr Mittel für die Ausgestaltung des gewerblichen Unterrichts eingestellt sind. Wir sind dafür, daß das Fachschulwesen bei den Fachministerien be⸗ lassen wird, denn nur dann ist es möglich, daß diese Fachschulen genügend auf die praktischen Anforderungen Rücksicht nehmen. Wenn wir ohne Voreingenommenheit die einzelnen Verwaltungen durchgehen, so kommen wir zu dem Resultat, daß mit gleicher Sorge und gleichem Wohblwollen jede einzelne Verwaltung in dem Etat bedacht ist. Es würde mich freuen, gerade hierüber auch die Kritik von anderer Seite zu hören (Zuruf), auch von Ihrer (zum Abg. Hoffmann gewendet) Seite. (Abg. Hoffmann: Ich habe ja gar nichts gesagt!) Man kann das Motto über diesen Etat schreiben: Suum cuique! Das ist der beste Beweis für seine Vortrefflichkeit.

Abg. Graf Praschma (Zentr.): Den warmen Worten der An⸗ erkennung für den früheren Finanzminister kann ich mich namens meiner Freunde anschließen. Es war schwer, einen Nachfolger für Herrn von Rheinbaben zu finden, der sich bewährt hat nicht nur in guten, sondern auch in schlechten Jahren, wo sich die Unsicherheit namentlich der Finanzwirtschaft im Reiche für die preußischen Finanzen unangenehm fühlbar machte. Unsere jetzigen Finanzen sind günstiger zu beurteilen, weil die wirtschaftlichen Ver⸗ hältnisse sich gebessert haben, und auch die Reichsfinanzen auf eine sichere Grundlage gestellt sind und ohne Anleihewirtschaft und ohne weitere Inanspruchnahme der Einzelstaaten auskommen. Das wird auch in Zukunft so bleiben, wenn die nächsten Reichstags⸗ wahlen die Garantie bieten, daß der Schutz der nationalen Arbeit bestehen bleibt, den die große Mehrheit des Volkes wünscht. Der Abgang des Frhrn. von Rbeinbaben und namentlich die Frage seines Ersatzes hat große Aufregung hervorgerufen, insbesondere die Frage, ob meine Partei dabei in Frage kommen würde. Meine Partei hat sich nicht darüber aufgeregt, denn wir wissen, daß wir kein parlamentarisches Regime haben, daß die Ernennung der Minister die Sache der Krone ist. Alle Parteien, die sich nicht selbst von der Mitarbeit ausschließen, sind gleichberechtigt. Wir verlangen auch, daß alle Konfessionen gerecht und gleich behandelt werden. Der neue Ministerpräsident scheint auch zu der Tendenz, sich eine parlamentarische Mehrheit zu schaffen, keine Neigung zu haben. Bei uns hat also eine Aufregung nicht bestanden, wir wissen, daß wir für einen Zentrumsminister noch nicht reif sind. Das deutsche Volk ist noch nicht reif dafür. Wir hoffen aber, daß jetzt mehr Licht in das Dunkel gebracht wird. Der Etat ist einfacher und übersichtlicher aufgestellt worden, die gedruckte Uebersicht über den Etat und das alphabetische Verzeichnis sind mit Freude zu begrüßen. Im einzelnen laäͤßt aber die Verteilung mancher Posten auf die Etats noch zu wünschen übrig. Jeder Betriebsetat sollte in sich einen Abschluß aufweisen. Der Abschluß des Etats im ganzen ist ein günstiger. Der gute Abschluß des Eisenbahnetats be⸗ weist, daß die Finanz⸗ und Wirtschaftspolitik, die meine Freunde im Reiche mitgemacht haben, richtig gewesen ist, und daß sich unser wirtschaftliches Leben auf einer guten und gesunden Grundlage be⸗ findet. Um so wunderbarer ist die Kritik des „Berliner Tage⸗ blattes“, daß Herr von Rheinbaben in der Aufstellung seiner Etats es an der nötigen Voraussicht hat fehlen lassen, daß er zuviel Zuschläge zur Einkommen⸗ und Ergänzungssteuer gefordert habe usw. Wir sind entgegengesetzter Meinung. Allerdings sind diese Zu⸗ schläge nur provisorisch für einige Zeit bewilligt worden, und wir meinen auch, daß bei der Steuernovelle im nächsten Jahre diese Zuschläge wieder beseitigt oder herabgemindert werden können. Die Beamtenvermehrung in diesem Etat, die nicht unbedeutend ist, werden wir im einzelnen zu prüfen haben; wir hätten nicht gedacht, daß sie notwendig werden würde. das Wohl und Wehe unseres ganzen Etats ist, ist wesentlich günstiger geworden. Hier wird die Vermehrung der Beamten begründet mit der Schaffung neuer Linien, mit der Einlegung neuer Züge, der Verbesserung des Fahrplans und der Gewährung größerer Ruhepaufen für die Beamten. Alles dies können wir mit Freude begrüßen, ebenso den Fortschritt in den Wohlfahrtseinrichtungen. Wir hoffen, daß der Eisenbahnminister in dieser Weise fortfahren und die Zufriedenheit der Beamten und Arbeiter sich erringen wird. Die Abschlüsse für Kohlen und Schienen sind billiger geworden, aber warum ist das Ver⸗ hältnis der Eisenschwellen zu den Holzschwellen gegenüber dem Vor⸗ jahre wesentlich schlechter geworden? Wir halten es nicht für richtig, daß alle Einrichtungen, die werbendes Kapital darstellen, auf Anleihe übernommen werden. Der Kritik des Vorredners an der Bergverwaltung kann ich mich anschließen; wir haben keinen Ueber⸗ blick über diese Verwaltung. Es müßte wenigstens einmal eine kaufmännische Bilanz über unsere Bergwerke aufgestellt werden. Von kaufmännischen Grundsätzen in diesem Betriebe kann nicht im geringsten die Rede sein. Die Lohnverhältnisse an der Saar be⸗ dürfen, nach der Ansicht meiner Freunde, dringend der Aufmerksamkeit der Regierung, denn es macht sich dort in der letzten Zeit eine große Unzufriedenheit bemerkbar. Glücklicherweise ist die Sozial⸗ demokratie dort noch nicht eingedrungen. Der Domänenetat läßt keinen Ueberblick über die Verhäaältnisse in den einzelnen Provinzen zu; der Verwaltungsapparat ist zu groß. Bei der Forstverwaltung ist der Ertrag in diesem Etat um ganze 10 Millionen erhöht worden, namentlich infolge des Nonnenfraßes. In bezug auf den landwirt⸗ schaftlichen Etat schließe ich mich dem Antrag der Konservativen an,

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Der Eisenbahnetat, der

welcher die Schäden aus den Maßregeln gegen die Maul⸗ und Klauen⸗ seuche mildern will; wenn die betroffenen kleinen Landwirte zu anderer Betriebsart gezwungen werden, wenn sie plötzlich zur Stallfütterung übergehen müssen, und ihre Existenz dadurch schwer gefährdet wird, so muß der Staat mit seinen Mitteln eingreifen. Für die Regulierung der Glatzer Neisse werden wir die Regierung um erhebliche Staats⸗ mittel angehen müssen; die Arbeiten dort gehen zu langsam vor, man hat sich über die Arbeiten von vornherein getäuscht, man kann mit den Arbeiten nicht vorwärts kommen. Wenn der Staat jetzt größere Mittel dafür hergibt, wird er sich spätere Kosten ersparen können. Im Handels⸗ und Gewerbeetat begrüßen wir besonders dankbar die Anstellung von Handels⸗ und Gewerbeinspektoren. Die Gewerbe⸗ assistenten haben sich sehr gut bewährt; es könnten noch weitere an⸗ gestellt werden. Beim Bauetat könnte bei den Dienstgebäuden ge⸗ spart werden. Es ist nicht nötig, so luxuriöse und ausgedehnte Dienstwohnungen den Beamten zur Verfügung zu stellen. Wir hoffen, daß die Stadt Berlin nicht auf ihrem ablehnenden Standpunkt bezüglich des Opernhauses beharren wird; sie darf sich hier nicht von kleinlichem Gesichtspunkte leiten lassen. Mit der Abtrennung der Medizinalabteilung vom Kultusministerium sind wir völlig ein⸗ verstanden; wir müssen aber die Erwartung aussprechen, daß die gedeihliche Entwicklung des medizinischen Bildungswesens nicht darunter leidet. Die Forderung des Abg. von Pappenheim, daß die Novelle zum Fürsorgegesetz bald vorgelegt wird, können wir nur scharf unterstreichen. Versteckt finden wir im Etat auch einen Zuschuß für die Wanderarbeitsstätten in der Provinz Sachsen. Wir wünschen, daß dieses Gesetz auch bald auf die anderen Provinzen ausgedehnt wird. Beim Knultusministerium vermissen meine Freunde vor allem eine Stetigkeit im Unterrichtsplan in der Volksschule. Besonders der Religionsunterricht darf nicht zurückgedrängt werden. Aufs freundlichste begrüßen wir die Bestrebungen gegen die vielfach unerfreulichen Verhältnisse in der schulentlassenen Jugend. Die Erkenntnis, wie notwendig das ist, drängt sich immer kräftiger auf. Die Hauptsache ist die innere Kräftigung und die religiös-sittliche Festigung der Jugend. Wir hoffen, daß alle Vereine, die sich zur Stärkung der Religion und der Sittlichkeit der Jugend bewährt haben, auf Unterstützung aus diesem Fonds rechnen können. Auf diesem Gebiete können sich alle Parteien, denen die Mit⸗ arbeit für des Landes Wohl und die Zukunft unseres Volkes am Herzen liegt, unter Hintansetzung aller politischen Differenzen zusammenfinden. Ich las vor kurzem die Worte: „Mögen alle bürgerlichen staats erhaltenden Elemente es als ihre heilige Pflicht erkennen, zusammen⸗ zustehen zum Schutze der Monarchie, der bedrohten Staats⸗ und Ge⸗ sellschaftsordnung, die wir nicht gegen das Phantasiebild des sozial⸗ demokratischen Zuchthausstaates vertauschen wollen, zurückzustellen alles Trennende, besonders die konfessionellen Gegensätze, und einmütig Front zu machen gegenüber den revolutionären Ideen der Sozial demokratie.“ Das war zu lesen in der „Nationalliberalen Korrespondenz für Westfalen“ aus einem Referat eines dortigen hervorragenden Partei⸗ führers. Für Religion und Monarchie zusammenzustehen und zu⸗ sammenzuarbeiten unter möglichster Ausschaltung aller bestehenden Gegensätze, das ist der Wunsch, den meine politischen Freunde an die Spitze unserer Etatsberatung und an die Spitze der Arbeit der diesjährigen Session stellen.

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Die Thronrede hat zwar einige hervorragende Vorlagen angekündigt. Im übrigen ist aber das Interessanteste an der Thronrede, was nicht darin steht. Der neue Herr Finanzminister hat uns einen übersichtlichen und klaren Etat vor⸗ gelegt. Diese Anerkennung für die Klarheit und Uebersichtlichkeit können wir auch seinem verehrten Herrn Amtsvorgänger nach⸗ rühmen. Wenn wir auch politisch und finanziell uns oft mit ihm auseinandersetzten, so ändert das nichts an unserer Wertschätzung seiner Person, an der Liebenswürdigkeit und Freundli keit, mit der er uns allen entgegengekommen ist. Daß er das Defizit des Etats beständig vermindert hat, begrüßen wir mit Freuden. Auch gegenüber dem Voranschlage wird das Ergebnis des Jahres 1910 wahrscheinlich eine Besserung bringen, so daß nur ein Defizit von etwa 40 Millionen vorhanden sein wird⸗. Von denselben Voraussetzungen des Aufschwungs unserer wirtschaft⸗ lichen Lage ausgehend, wird der Etat für 1911 ein Defizit von 29 Millionen enthalten, während 32,5 Millionen dem Ausgleichsfonds zugeführt werden. Das Desfizit ist also tatsächlich nur scheinbar. Aber diese Abführung an den Ausgleichsfonds hat dazu gedient, den Ansturm der anderen Ressorts abzuhalten und eine unüber⸗ schreitbare Grenze zu ziehen. Wir hoffen, daß in den kommenden Jahren sich das Defizit ganz heben wird. Sollte das nicht der Fall sein, dann wird man der Frage nähertreten müssen, ob man dasEisenbahnertraordinarium nicht auf andere Weise regeln soll. Jedenfalls geht aus dem Etat aber im einzelnen hervor, daß wir, um das Gleichgewicht herzustellen, niemals neue Steuern in Angriff zu nehmen brauchen. Wenn der Finanzminister eine solche Andeutung gemacht hat, so möchte ich diesen Gedanken a limine abweisen. Die Steuerreform im nächsten Jahre hat einen anderen Zweck. Sie will etwas mehr verteilende Gerechtigkeit bringen; denn das rohe System der Zuschläge kann unmöglich beibehalten werden. Die Furcht der Anleihen habe ich niemals geteilt. Ein so großes Unternehmen, wie die preußischen Eisenbahnen, die sich fortwährend erweitern müssen, muß sich neue Kapitalien durch Anleihen ver⸗ schaffen. Wir haben ja dafür den vollkommeiken Vermögenswert in Händen. Bei dem preußischen Staatsvermögen stehen die Aktiva ja glänzend hoch über den Passiven. Die Besorgnis vor Anleihen wird aus dem ungünstigen Kurs der Staats⸗ papiere hergenommen, aber diese Frage hat noch kein Vorschlag lösen können. Für den ungünstigen Kursstand sind wirtschaftliche Gründe maßgebend, an denen nichts zu ändern ist, der schwächste Punkt ist aber immer die Begebung der Anleihen gewesen. Für unseren jährlichen⸗ Anleihebedarf von 200 bis 300 Millionen müssen wir uns einen regelmäßigen Markt schaffen, z. B. daß die Beträge nicht einfach verrechnet werden, sondern ein wirk⸗ licher Ankauf stattfindet, damit ein wirkliches Leben in den Kapital⸗ markt gebracht wird. Das haben wir jetzt versucht, und der Kurs hat sich um ½ % geboben. Um so 184 wundere ich mich über die Vereinbarung mit dem Reichsschatzsekretär, in diesem Jahre keine Anleihe in Aussicht zu nehmen, um den Markt zu schonen. Unser Volk erspart jährlich 3 Milliarden, und diese suchen den Anleihemarkt auf. Wenn die preußischen und die Reichsanleihen ausfallen, werden die Kapitalisten sich den ausländischen Anleihen oder Hypotheken zuwenden, und das Publikum entwöhnt sich des An⸗ kaufes von Staatspapieren. Vor allem müssen wir auch die kolossale Sprunghaftigkeit in dem Zinsendienst vermeiden. Daß unsere Konsols nicht beliebt sind, beruht auf der früheren Konvertierung und auf den Verlusten bei der Anlage von Konsols. Wir sollten vielleicht einen neuen Typus für unsere Anleihen schaffen, nament⸗ lich für die Eisenbahnanleihe die Form einer garantierbaren Rente. Die Steigerung in dem Pachtertrage der Domänen zeigt die erfreu⸗ liche Besserung der landwirtschaftlichen Verhältnisse, die auf die deutsche Wirtschaftspolitik zurückzuführen ist. Auch meine Freunde sind der Ansicht, daß der Schutz der nationalen Arbeit für Landwirtschaft und Industrie unter allen Umständen aufrecht erhalten werden muß. Auch bei der orstverwaltung werden sich hoffentlich dauernd bessere Erträge heraus⸗ stellen. Sehr großen Wert legen meine Freunde auf die Verbes erung der forstfiskalischen Wege. Bei den direkten Steuern ist besonders erfreu⸗ lich, daß die Steuerermäßigungen auf Grund der vorjährigen Steuergesetzgebung sich von 12 auf 22 Millionen gehoben haben.