Geld. In jedem Jahre wird ein Sechstel der Beamten Wir können jetzt nichts weiter tun, als die Denkschrift ab⸗
gemein viel Geld. versetzt. warten.
Abg. Sommer (fortschr. Volksp.): Daß Uhlenbrock körperlich und geistig zur Wahrnehmung seines Amtes nicht mehr fähig gewesen sein soll, ist lediglich eine Behauptung, die sich auf keinerlei Tatsachenmaterial stützt. Der Minister sagte, Uhlenbrock wäre lediglich wegen einer gewissen Verlegenheit der Verwaltung in seine Stellung gekommen, weil ein Mangel an Nachwuchs herrsche. Woher kommt es, daß bei dem ausgesprochenen Ueberfluß an Juristen es an Nachwuchs fehlt? Da muß etwas faul sein im Staate Dänemark. Mit der Vorlegung einer Denkschrift bin ich ganz einverstanden, wenn wir von dem Minister das Zugeständnis erhalten, daß eine solche gründlich vor⸗ bereitete und ausgearbeitete Denkschrift uns in den nachsten Jahren vorgelegt wird.
Preubßischer Kriegsminister, General der Infanterie von Heeringen:
Meine Herren, der Herr Vorredner hat zunächst gesagt, wie es denn komme, daß wir in Verlegenheit gewesen wären, jemand, der sich vielleicht nicht ganz so gut dafür eigne, zum stellvertretenden Intendanten für den Mobilmachungsfall zu designieren, warum wir denn nicht genügend Nachwuchs hätten. Ich glaube, der Herr Vorredner wirft da zwei Fragen durcheinander. Zum stellvertretenden Intendanten brauchen wir keinen jungen Nachwuchs, sondern da handelt es sich um Persönlichkeiten, die in der Verwaltung erfahren sind, die die Verwaltung durchgemacht haben. Der Mangel an solchen Persönlichkeiten kommt wesentlich daher, weil unsere Intendanten unter Aufbietung ihrer ganzen Kräfte so lange im aktiven Dienst bleiben, daß sie nachher zur weiteren Ver⸗ wendung im Mobilmachungsfall nicht mehr geeignet sind Infolgedessen haben wir für die leitenden Stellen in dem Besatzungsheer nach Eintritt der Mobilmachung verhältnismäßig wenig Persönlichkeiten. Der Nach⸗ wuchs für unsere Intendantur ist glücklicherweise ein recht reger; wir müssen so und so viele Persönlichkeiten abweisen, weil wir sie in die Intendantur nicht einstellen können. Daran fehlt es also nicht. Wenn der Herr Vorredner das Buch von Herrn Stegemann angeführt hat, um daraus zu deduzieren, daß der stellvertretende Intendant eine ganz besonders schwierige Stellung einnehme, und wenn er verschiedene derartige Anforderungen zitiert hat, so hat er sich insofern geirrt, als sich diese Eigenschaften im wesent⸗ lichen auf den Feldintendanten beziehen, an den allerdings erhebliche Anforderungen gestellt werden müssen.
Der Herr Vorredner ist dann noch einmal zurückgekommen auf die Tätigkeit des Herrn Kommissars in der Petitions⸗ kommission. Diejenigen Erklärungen, die der Kommissar in der Petitionskommission abgab, haben aber doch gerade dazu geführt, daß die Petitionskommission einen Beschluß faßte, der den Ansichten der Militärverwaltung durchaus entsprach, nämlich daß die ersten beiden Punkte dem Herrn Reichskanzler zur Erwägung überwiesen werden sollten und daß über den dritten Punkt zur Tagesordnung übergegangen werden sollte. Die Verschärfung in der Sache und die Aenderung in dieser Angelegenheit kam erst durch den Abänderungsantrag der Herren Abgg. Sommer und Genossen und durch die sehr scharfe Art des Angriffs gegen die Militärver⸗ waltung im Plenum, auf die die Verwaltung nach den Verhandlungen in der Kommission nicht vorbereitet war. (Sehr richtig! in der Mitte.)
Es ist dann wiederholt von mir die Zusicherung erwartet worden, daß ich Ihnen eine Denkschrift vorlege. Was ich Ihnen vorher sagte, dabei bleibe ich auch jetzt. Die Kommission ist eifrig bei der Arbeit. Ich hoffe, daß sie bis Ende dieses Jahres mit ihren Arbeiten soweit fortgeschritten ist, daß ich dann eventuell weitere Entschlüsse fassen kann. Bis wann sich diese Angelegenheit so verdichtet hat, daß ich Ihnen eine Denkschrift übermitteln kann, kann ich heute nicht über⸗ sehen. Ich bin aber gern bereit, wenn die Sache soweit gediehen ist, auch dem Reichstage eine Denkschrift darüber vorzulegen.
Abg. Sommer (fortschr. Volksp.): Nach dieser Erklärung ziehen wir unseren Antrag zurück.
Abg. Kunert (Soz.) hält seine Behauptungen gegenüber dem sächsischen Bundesratsbevollmächtigten aufrecht. Die schwarzen Fonds seien tatsächlich vorhanden; der Abg. Erzberger habe sich zum frei⸗ willigen Regierungskommissar gemacht.
Abg. Erzberger (Zentr.): Dagegen verwahre ich mich ganz entschieden. Wenn der Abg. Kunert den schweren Vorwurf erhebt, im Etat seien ungesetzliche Fonds, so müssen dagegen in erster Lnie diejenigen auftreten, die die Bewilligung dieser Fonds seit Jahren empfehlen.
Abg. Kunert (So.): Ich wollte keinen Vorwurf gegen den Abg. Erzberger erheben; er ist sogar noch wesentlich besser und schneidiger aufgetreten als ein Regierungskommissar.
Der Antrag der Petitionskommission wird angenommen.
Eine Reihe von Fischereigenossenschaften und von Schwimm⸗ vereinen bittet den Reichstag, er wolle die geeignet erscheinenden Maßnahmen treffen, daß der Verunreinigung und Ver⸗ seuchung des Mainflusses durch Abwasser der Industrie und der Ortschaften nun endlich eine Ende bereitet wird. Die irrrren schlägt durch ihren Referenten Abg. Dr. Pfundtner (fortschr. Volksp.) vor, die Petition dem Reichskanzler als Material zu überweisen. —
Abg. Dr. Pfeiffer (Zentr.) weist darauf hin, daß, abgesehen von vielleicht vorgekommenen Uebertreibungen, die Beschwerden der Petenten als begründet anerkannt werden muüssen. Die Regierung sollte endlich Offenbach anbalten, die seit Jahren in Aussicht ge⸗ nommenen Kläranlagen einzurichten.
Abg. Brühne (Soz.) bemerkt, daß mit Rücksicht auf die hohen Fleischpreise Schritte getan werden müssen, um das Mainwasser so zu klären, daß die Fischzucht wieder in Flor kommt.
Abg. Gerstenberger (Zentr.) tritt ebenfalls für die Petition ein, ebenso der Abg. Freiherr von Richthofen (dkons.).
Der Antrag der Kommission wird angenommen.
Die zahlreichen Petitionen, betr. Abänderung des In gesetzes, hHat die Kommission mit 16 gegen 8 Stimmen Uebergang zur Tagesorduung erledigt.
Von den Sozialdemokraten, Abgg. Sachse und Genossen ist
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beantragt, die Petitionen, soweit sie die Aufbebung des Impfzwanges, heziehungsweise Einführung der Gewissensklausel nach englischem Muster verlangen, wonach die Eltern, die vor der Behörde er⸗ klären, die Impfung ihrer Kindern nach ihrem Gewissen nicht ver⸗ antworten zu können, davon befreit werden, dem Reichskanzler zur Berücksichtigung, im übrigen die Petitionen ihm als Material zu überweisen.
Die Abgg. Dr. nder und Dr. Pfeiffer (Zentr.) wollen 1) die Petitionen zu eseitigung des Impfzwangs dem Reichskanzler als Material überweisen, den Reichskanzler ersuchen, dem Reichs⸗ tage einen Gesetzentwurf zur Revision des Impfgesetzes vorzulegen, in dem die Gewissensklausel einzufügen und physischer Zwang zur Durchführung der Impfung in jedem Falle auszuschliezen ist: 3) im Falle der Ablehnung der Zi den Reichskanzler ersuchen, zur Klaärung der Frage eine Kommission einzusetzen, der Impffreund e und Impfgegner angehören, und das von ibkr ausgearbeitete Material dem Reichstage vorzulegen.
den Antrag Sachse will die wirtschaftliche Vereinigung, Abgg. von Damm und Genossen, eine Einfügung machen, wonach auch die Forderung, den durch die Impfung Geschädigten einen Ansyruch auf Entschädigung durch den Staat einzuräumen, zur Berücksichtigung überwiesen werden soll.
Die Abgg. Dr. Müller⸗Meiningen und Genossen, (fortschr. Volksp.) wollen Nummer 2 und 3 des Antrages Faßbender wie folgt fassen: 2) den Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstage einen Gesetz⸗ entwurf zur Revision des Impfgesetzes vorzulegen, der die jetzt bestehenden rechtlichen Unklarheiten. des Impfgesetzes (vor allem bezüglich des Grundsatzes noe bis in i-em und der Zwangs⸗ impfung) beseitigt; 3) bei dieser Revisien von neuem die Frage der Einführung der sogenannten Gewissensklausel wissen⸗ schaftlich prüfen zu lassen und zur Vorbereitung für diese Prüfung dem Reichstage baldmöglichst eine Denkschrift vorzulegen, in der auch die Einwendungen der Impfgegner berücksichtigt werden.
Endlich beantragt der Abg. Erzberger (Zentr.), den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, zur erneuten Prüfung der die Aenderung des Impfgesetzes betreffenden Anregungen und Anträge eine Kommission zu berufen, der neben Impffreunden auch Impfgegner angehören.
Abg. Dr. Pfeiffer (Zentr.) bekennt sich als Freund der Impfung, möchte aber auf der anderen Seite die erhobenen Bedenken zahlreicher Impfgegner, den Notschrei von Eltern gegen die Zwangsimpfung nicht unberücksichtigt lassen. Die Beschwichtigungsversuche gegenüber offenbaren Schädigungen dürften den Reichstag nicht beirren. Schon 1874 hätten fast alle Parteien sich gegen den Impfzwang erklärt. Heute sei das Gesetz ein absolutes Zwangsgeseßz; das Gesetz sei polizeilich überspannt worden: man habe sich sogar dazu verstiegen, daß man event. die Eltern in Ketten legen wollte, wenn sie sich weigern, ihre Kinder impfen zu lassen. Impfschäden seien nun ein⸗ mal nicht abzustreiten, wenn sie auch geringer geworden sein mögen. Wenn der Regierung Impfschäden nicht bekannt seien, so sei dies er⸗ klärlich aus den Erfahrungen heraus, die in Berlin in besseren Familien gemacht werden. Er habe erfahren, daß Töchter bhoch⸗ stehender Eltern am Oberschenkel, geimpft würden, wahrscheinlich, Wum zu verhüten, daß die Büste leide. Auf dem Lande herrsche aber nicht dieselbe Vorsicht und Reinlichkeit, so daß Zellen⸗ gewebsentzündungen usw. nicht selten vorkommen. Daß die Zahl der Pockenerkrankungen abgenommen habe, dürfe man nicht auf die Impfung zurückführen, selbst Robert Koch habe schon 1879 einen solchen Schluß als völlig unberechtigt zurückgewiesen. Man dürfe nicht ver⸗ gessen, daß heutzutage die Hogiene auf allen Gebieten die er⸗ staunlichsten Fortschritte gemacht habe. Der Rückgang der epidemischen Krankheiten sei in den sanitär vorgeschrittenen Provinzen und Ländern viel größer als dort, wo der Schmutz herrsche. Seine Freunde wünschen, daß die Petition dem Reichs⸗ kanzler als Material überwiesen werde, aber von diesem nicht in den Papierkorb geworfen, sondern zu einem Gesetzentwurf, betreffend eine Revision des Gesetzes mit Einfügung der Gewissensklausel, perdichtet werde. Er boffe, daß das Reichsgesundheitsamt diese Fragen unpartelisch und gewissenhaft prüfen werde. Der Antrag Müller⸗Meiningen gehe nicht weit genug. Eventuell sei auf Vorlegung einer Denkschrift zu dringen. Der Abg. Erzberger scheint mit seinem Antrag die Ver⸗ söhrungsschalmei blasen zu wollen. Er (Redner) teile seinen Optimismus nicht. Es müsse so schnell wie möglich Frieden und Ruhe geschaffen werden. 8
Vizepräsident Schultz: Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß im Reichstagsgebäude Präparate von Peee aankungen aus der Charité ausgestellt sind; ich bitte, sich zu bedienen.
Geheimer Obermedizinalrat, Professor Dr. Kirchner: Es sind un⸗ geheure Uebertreibungen vorgekommen. Daß Eltern polizeilich angedroht worden sei, sie würden in Ketten gelegt werden, wenn sie ihre Kinder nicht impfen ließen, ist unwahr. Ich konstatiere hier vor dem Reichstage, daß man poltzeilicherseits niemals eine solche Drohung ausgesprochen hat.
Abg. Dr. Arning (natl.): Die etwaigen schädlichen Wirkungen der Impfung können gegenüber den Vorteilen für die Volksgesundheit nicht ins Gewicht fallen. Die Gegner des Impfzwanges gehen mit allen Mitteln vor; gelegentlich der Bergtung des Kur⸗ pfuschereigesetzes ist ein Plakat von riesigen Dimensionen gegen den Impfzwang verbreitet worden, und nach meiner Rede zu diesem Gesetz ist mir eine Unzahl nicht gerade liebenswürdiger Briefe zu⸗ gegangen. Bei uns sind allerdings die bogienischen Einrichtungen vorzüglich. Wir müssen uns aber gegen die Pockengefahr schützen, vor allem mit Rücksicht auf die polnisch⸗russischen Einwanderer. Direkte Schädigungen durch die Impfung sind verbältnismäßig selten vorgekommen. Wir haben vorzügliche Kälberlvmphe. Aller dings sind einzelne Todesfälle im Anschluß an die Impfung, aber nicht als Folge der Impfung eingetreten. Schuld daran trägt der Umstand, daß infolge der sozialen Verhältnisse nicht immer die nötige Sorgfalt beobachtet wird. Ich habe das tiefste Mit⸗ gefühl mit solchen Vorkommnissen, konstatiere aber demgegenüber, daß nach einer mir porliegenden Statistik, in den Jahren ven 1885 bis 1897, also in einer Zeit, wo die Kälberlymphe noch nicht in so ausgedehntem Maße angewendet werden konnte wie heute, auf 32 Millionen Impfungen im ganzen 113 Todesfälle vor⸗ gekommen sind. Aber abgesehen davon, daß die Verhältnisse sich heute wesentlich gebessert haben, muß man bedenken, wieviel Krankheiten und Todesfälle durch die Impfungen verhütet sind. Die Gegner des Impfzwangs müßten auch gegen den Schulzwang sein. Bevor die Impfung obligatorisch gemacht wurde, entsielen 10 % aller Erkrankungsfälle auf Pocken. Im Kriege 1870 haben die Pocken ungeheure Opfer in der französischen Armee gefordert, 29 000 französische Soldaten sind daran gestorben. mehr, als vorm Feinde geblieben sind, wahrend die deutschen Soldaten im wesentlichen verschont blieben. Man sollte ein einheitliches Reichs⸗ gesetz schaffen, durch das der Impfzwang im weitesten Maße aufrecht erhalten wird. Gegen eine Denkschrift, die klar und über⸗ zeugend abgefaßt ist, würde ich nichts einzuwenden haben, denn sie muß so ausfallen, daß jeder, der sie mit Verständnis liest, den Impf⸗ zwang für berechtigt erklären muß.
Hierauf tritt Vertagung ein.
Schluß gegen 7 ½ Uhr. Nächste Sitzung Dienstag, 1 Uhr. (Dritte Lesung des Zuwachssteuergesetzes.) Die Fortsetzung der Besprechung der Petitionen wird für Mittwoch in Aussicht genommen.
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. Sitzung vom 30. Januar 1911, Vormittags 11 Uhr. (Gericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
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Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Das Haus setzt die Beratung des Etats der Forst⸗
verwaltung und zwar die Besprechung der dauernden Ausgaben bei dem Titel „Gehalt der Oberforstmeister und Forsträte“ fort. Abg. Müller⸗Prüm (Zentr.) klagt über die großen Wild⸗ schaden, welchen die ohnehin schon arme Bevoölkerung des Kreises Daun ausgesetzt sei. Die Jagdpachten reichten nicht aus, um die entstandenen Wildschäden auszugleichen.
Abg. Geisler (Zentr.) schließt sich den Klagen über die Wild⸗ schäden an, unter denen auch mehrere Gemeinden seines T kreises in der Oberförstereien Nesselgrund und Karlsberg⸗Reinerz leiden hätten. Die Wildschäden müßten in vollem Umfange ersett werden; da müsse sich die Forstverwaltung weitherzig zeigen.
Abg. Hammer (kons.): Die Gemeinde Zeblendorf hat das südliche Ufer des Schlachtensees, des Riemeistersees und der Krummen Lanke
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mit den nördlichen Ufern tun, damit die Sceufer dem Publikum zur Verfügung bleiben. In der Budgetkommission und auch bei den Ver⸗ handlungen im Plenum ist im Jahre 1909 von allen Parteien dieser Gedanke betont worden. Der Landwirzschaftsminister von Arnim hat damals sich mit der Tendenz dieser Wünsche einverstanden erklärt. Allerdings hat die Regierung vorher es nicht verhindert, daß der schönste Teil des Wannsees von Villen umsäumt ist, und die Ufer des Hundekehlensees ebenfalls bebaut sind. Durch die Anlage des Teltowkanals sind die Spiegel der Grunewaldseen um fast 1 ½ m. gefallen. Auch die Tiefbrunnenanlagen der Charlottenburger Wasser⸗ werke bei Beelitzhof tragen an diesem Senken des Wasserspiegels Schuld. Da jetzt die Verwaltung der Wasserwerke neue Anla een bei Westend errichtet, kann hoffentlich die Produktion in Beelitzhof eingeschräntt werden. Ich bitte den Landwirtschaftsminister, darauf zu achten, daß aber auf jeden Fall gemäß dem seinerzeit angenommenen Antrage von Brandenstein die Havelufer von Beelitzhof bis Pichelswerder frei⸗ gehalten werden.
Abg. von Bülow⸗Homburg (nl.) weist ebenfalls darauf hin, daß durch die Wasserwerke in Beelitzhof besonders der Schlachtensee ge⸗ fährdet eischeine, und fragt an, ob der Minister nicht eine de⸗ ruhigende Erklärung geben könne, daß der Wasserspiegel nicht herabgedrückt werden solle. Der Redner macht ferner darauf aufmerksam, daß in der Ohberförsterei Potsdam an Herrn Karl von Siemens aus London am Lebnitzsee eine Fläche von 11 % ha verkauft sei und daß der Grund und Boden der forstfiskalischen Gastwirtschaft Hundekehle an den bisherigen Pächter für beinahe 1 Million Mark verkauft sei. Allerdings sei wohl zu hoffen, daß die Gastwirtschaft für das Publikum erhalten bleibe; aber es sei auch nicht ausgeschlossen, daß das Grundstück für Bauzwecke ausgenutzt werde. Der Minister sollte sich bei allen solchen Verkäufen die Genehmigung des Landtags vorbehalten.
Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Frei⸗ herr von Schorlemer:
Meine Herren! Der Herr Abg. Ströbel hat die Frage des Waldverkaufs in der Nähe großer Städte besprochen und insbesondere auf das Bedürfnis der ärmeren Bevölkerung von Berlin hingewiesen, der durch die fiskalischen Abverkäufe der nötige Wald in Zukunft entzogen werden könnte. Ich glaube durch die Vorschläge, welche in der letzten Zeit dem zu bildenden Zweckverbande Groß⸗Berlin ge⸗ macht worden sind, den Nachweis geliefert zu haben, daß die land⸗ wirtschaftliche Verwaltung soweit als möglich bereit ist, den be⸗ rechtigten Wünschen der Stadt Berlin und ihrer Vororte entgegen⸗ zukommen. Ueber den Inhalt dieser Vorschläge schweben augenblicklich noch die Verhandlungen; es ist aber manches schon in der Presse besprochen und bekannt geworden, und ich möchte deshalb hier nur darauf hinweisen, daß nach Möglichkeit die freien Ufer⸗ wege erhalten hleiben sollen. Wo dies nicht der Fall ist, ist es in den meisten Fällen darauf zurückzuführen, daß bereits früher Verkäufe stattgefunden hatten und durch diese die freie Promenade sowieso schon gestört war. Aus der mir vorliegenden Karte, die ich gern zur Einsicht bereit stelle, ergibt sich aber, daß meine Behauptung über die Erhaltung der Uferwege im großen und ganzen als zutreffend zu er⸗ achten ist. 8
Was im übrigen die allgemeine Frage anbetrifft, wieweit der Forstfiskus den größeren und großen Städten entgegenzukommen habe, so hatte ich bereits Veranlassung, gegenüber den Vertretern des dem⸗ nächstigen Zweckverbandes die Ansicht auszusprechen, daß der Forst⸗ siskus allerdings nicht in der Lage sei, den Grundbesitz in der Nähe größerer Städte zu verschenken oder zu besonders billigen Preisen ab⸗ zugeben (Abg. Graf von Strachwitz: sehr richtig!), daes er aber anderseits bei seinen Verhandlungen doch darauf Rücksicht nehmen müsse, daß auch die Wertsteigerung dieser Grundstücke durch die Zunahme der städtischen Bevölkerung herbeigeführt sei, und daß er auch infolgedessen den Städten seinerseits entgegenkommen und nicht die äußersten Preise fordern müsse. (Sehr richtig! links.) Auch der Staat als Allgemein⸗ heit hat ein Interesse daran, den großen Menschenansammlungen in den Städten Luft, Licht und Bewegung auch feinerseits nicht zu ver⸗ kümmern! (Sehr richtig!)
Die Lage der Waldarbeiter ist ebenfalls von dem Herrn Abg. Ströbel besprochen worden. Nach einer uns vorliegenden Statistik beträgt die Arbeitszeit im Durchschnitt des Sommers ungefähr 9,9 Stunden und im Winter ungefähr 8,1 Stunden, also ein Jahres⸗ durchschnitt von zirka 9 Stunden, der als zu groß wohl keinesfalls angesehen werden kann. Wenn eine Statistik vermißt worden ist in bezug auf die Lage der in der Staatsforstverwaltung beschäftigten Arbeiter, so muß ich darauf aufmerksam machen, daß sich in den amt⸗ lichen Mitteilungen, die im Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten herausgegeben werden, vom Jahre 1909 eine Tabelle Nr. 59 befindet, aus welcher, glaube ich, alle die Fragen beantwortet werden können, welche der Abg. Ströbel bezüglich der in der Staatsforstverwaltung beschäftigten Arbeiter gestellt hat. Be⸗ züglich der den Arbeitern gemachten Abzüge ist schon vor mehreren Jahren in einer Verfügung der Forstverwaltung darauf hingewiesen worden, daß den Arbeitern von den Haumeistern und den sonstigen Vorarbeitern keinenfalls mehr als 3 % Abzüge gemacht werden sollen, und daß streng darauf zu halten ist, daß die Löhnung alle 14 Tage erfolgt. Im übrigen darf nicht außer acht gelassen werden, daß nur ungefähr der fünfte Teil unserer Waldarbeiter das ganze Jahr hin⸗ durch im Walde beschäftigt werden kann: ungefähr ⅛ sind sogenannte Saisonarbeiter, also Arbeiter, die im Sommer in den Städten als Maurer und Handlanger oder sonstwie tälig sind und zum Winter zurückkehren, um in den Staatsforsten zu arbeiten.
Die Lage der ständigen Waldarbeiter kann nicht als so trostles angesehen werden, wie sie der Vertreter der sozialdemokratischen Partei geschildert hat. Die Leute haben zum größeren Teil Wohnungen, die ihnen beinahe kostenlos — sie zahlen höchstens eine Miete von 30 ℳ — zur Verfügung gestellt werden. Außerdem
haben sie eine Reihe von Nebeneinnahmen. Ihre Angehörigen be⸗ kommen Zettel zum Beerensuchen, zum Sammeln von Raff⸗ und Leseholz. Das Brennholz können sie. zur Taxe beziehen, und das Land, dessen sie bedürfen, können sie so billig pachten, daß sie sich wirklich kaum noch beklagen können.
Die Löhne haben sich im Laufe der Jahre nicht unerheblich gebessert. Wir zahlten für einen Festmeter im Jahre 1896, 97 1 Werbungskosten; diese Kosten sind im Jahre 1908/09 auf 1,34 ℳ gestiegen. Das ist eine Steigerung von 29 %, die wesentlich den Arbeitern zugute gekommen ist. Wenn man die ortsüblichen Tage⸗ löhne für erwachsene Arbeiter vergleicht, so ergibt sich gerade für den Bezirk Cassel, wo der durchschnittliche Tagelohn erwachsene Arbeiter 1,60 bis 2,20 ℳ beträgt, daß der Lohn der Forst⸗ arbeiter fast regelmäßig die Höhe von 2,20 ℳ crreicht. Daß die Forstarbeiter selbst ihre Lage nicht als kümmerlich ansehen, ergibt
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von der Bebauung ausgeschlossen. Das gleiche muß der Forstfiskus
sich auch aus der Tatsache, dar
im Jahre 1903, wo in Oberschlest⸗
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“ “ “] der große Schneebruch stattfand und die Waldarbeiter zum größeren
Teile schon in die Industriestädte abgefahren waren, um dort ihre Sommerarbeit aufzunehmen, ein großer Teil dieser Arbeiter sofort zurückgekehrt ist, um im Walde weiter arbeiten zu können. (Hört, hört!) Das haͤtten Sie jedenfalls nicht getan, wenn Sie dort nicht auch ihren lohnenden Verdienst gefunden hätten. (Sehr richtig! rechts.) Ich kann aus diesem Grunde auch ein besonderes Bedürfnis für eine Organisation der Waldarbeiter nicht anerkennen. (Sehr richtig! rechts und im Zentrum.)
Was die Stellung der Königlichen Staatsregierung zu einer solchen Organisation angeht, so möchte ich auf eine Aeußerung ver⸗ weisen, die allerdings schon eine Reihe von Jahren zurückliegt, die ich aber immerhin in der Hauptsache noch als zutreffend ansehe. Es hat seinerzeit der gewiß arbeiterfreundliche Staatsminister Freiherr von Berlepsch folgendes ausgesprochen:
An und für sich gehören Mitglieder einer Partei, deren Ziele auf
Zerstörung des Staates gerichtet sind, in staatliche Betriebe nicht hinein. (Sehr richtig! im Zentrum und rechts.) Gleichwohl wird der im staatlichen Betriebe beschäftigte Arbeiter auf sein politisches Glaubensbekenntnis nicht untersucht. Wenn er sich aber an sozialdemokratischen Agitationen beteiligt, an Agitationen, die darauf gerichtet sind, den Frieden zwischen der Verwaltung und den Arbeitern zu zerstören, dann wird er aus der
Arbeit der fiskalischen Betriebe entlassen.
(Sehr richtig! rechts.) Ich habe keine Absicht, von diesen Grund⸗ sätzen auch in Zukunft abzuweichen (Lebhaftes Bravo im Zentrum und rechts), und ich glaube, es wird auch diese Frage wesentlich mit nach den örtlichen Verhältnissen entschieden werden müssen. Und wenn der einzelne Forstbeamte, insbesondere der Oberförster, zu der Ansicht kommen sollte, daß es sich mit der Arbeit in seinem Betriebe und mit dem Frieden zwischen den Arbeitern und ihrem Arbeitgeber nicht vertragen sollte, dort organisierte Arbeiter zu beschäftigen, so würde ich ihn keinenfalls hindern, die organisierten Arbeiter zu ent⸗ lassen. (Bravo! Sehr richtig! rechts. Hört, hört! links.)
Wenn dann uns Süddeutschland als Muster vorgehalten (Zuruf links: Sogar Sachsen!) und auf verschiedene Anordnungen hin⸗ gewiesen worden ist, die dort getroffen worden sind, so darf ich doch bei aller Bundesfreundlichkeit es offen hier aussprechen, daß sich nicht eines für alle schiät, daß wir zunächst vor unserer eignen Tür kehren (Bravo! rechts), und wir keine Veranlassung haben, unsere sozialen Rezepte aus Süddeutschland beziehen. (Sehr richtig! Bravo! rechts.)
Ich möchte mich nunmehr zu den beiden Abgeordneten wenden, die sich speziell über Wildschaden in ihren Heimatsbezirken beklagt haben.
Was den Wildschaden in dem Bezirke der Eifel angeht, so handelt es sich da in der Hauptsache um den fiskalischen Salmwald. Ich erinnere daran, daß bereits — wenn ich nicht irre, im vorigen Jahre — darauf aufmerksam gemacht worden ist, daß schon im Jahre 1897 auf dahingehende Klagen ein Erlaß an die Regierung in Trier ergangen ist, in welchem diese aufgefordert wurde, soweit als möglich für den Abschuß — und zwar für den völligen Abschuß — des Wildes in den Staatssorsten Sorge zu tragen. Dieser Erlaß ist durch den Erlaß vom 22. September 1910 — also schon zurzeit, wo ich die Verwaltung des landwirtschaftlichen Ressorts übernommen habe — nochmals in Erinnerung gerufen worden, und ich glaube, damit mein menschenfreundliches Herz als früherer Oberpräsident der Rheinprovinz hinreichend bekundet zu haben.
Wenn jetzt der Wunsch geäußert wird, den Salmwald einzu⸗ friedigen und damit die Quelle des Unheils zu verstopfen, so genügt ein Blick auf diese mir hier vorliegende Karte, in welche der Salm⸗ wald grün eingezeichnet ist, um zu beweisen, daß es sich bei dem Salm⸗ wald um einen langen, schmalen Streifen handelt, dessen Einfriedi⸗ gung nicht möglich ist und auch das Betreten der Ackerländereien durch das Wild gicht verhindern würde, weil dieses eben zum weitaus größten Teile nicht aus dem Salmwald, sondern aus den umliegenden Gemeinde⸗ und Privatforsten stammt und da bekanntlich durch die Beamten des Forstfiskus nicht vernichtet werden kann.
Es ist in erster Linie — diese Bemerkung wird mir der Herr Abg. Müller nicht verdenken — Schuld der Gemeinden gewesen, daß ihren Jagdverpachtungen darauf verzichtet haben, sich den Ersatz des Wildschadens auszubedingen (sehr richtig! rechts), obschon ihnen dazu die gesetzliche Befugnis zustand. Für den Forstfiskus wird unter diesen Umständen — und das möchte ich auch gleich gegenüber dem Herrn Abg. Geisler bemerken — wohl keine Veranlassung vorliegen, den betreffenden Ackerbesitzern den Wild⸗ schaden zu ersetzen. Was wir tun können, besteht darin, daß wir nach Möglichkeit für den Abschuß des Wildes sorgen, und das ist auch im Salmwald geschehen; denn dort sind im Jahre 1905 noch 5 Stück und im Jahre 1100 nech 8 Stück Wild abgeschossen worden. Dieser verhältnismäßig geringe Abschuß gegenüber dem ausdrücklichen Auf⸗ trage, alles Wild abzuschießen, ist schon ein Beweis dafür, wie wenig Wild in dem Salmwald noch vorhanden ist.
Wenn nun darauf hingewiesen wird, daß trotzdem im Salmwald noch ein Futterplatz und eine Salzlecke angelegt worden sind, so er⸗ klärt sich das ganz einfach dadurch, daß diese Anlagen zu dem Zwecke geschaffen worden sind, das Wild in den Salmwald herüberzuziehen und dadurch einen stärkeren Abschuß zu ermöglichen.
Meine Herren, im übrigen glaube ich — und in diesem Augen⸗ blick spricht aflerdings auch etwas aus mir der Jäger und Natur⸗ freund wir werden dem Herrn Abg. Geisler darin beitreten müssen, daß es nicht Aufgabe der staatlichen Forstverwaltung sein kann, das Wild in den fiskalischen Forsten völlig zu vernichen. (Sehr richtig! rechts.) Wer wie ich die Verhältnisse in der Eifel kennt, der weiß, wie großen Vorteil eine ganze Reihe von Gemeinden davon gehabt hat, daß sich noch einiges Rot⸗ und Schwarzwild in fiskalischen Bezirken findet. Die Jagdpachten sind da auf eine ganz enorme Höhe gestiegen und kommen den Gemeinden, die ja einen großen Teil Gemeindewald besitzen, auch direkt wieder bei der Befriedigung ihrer kommunalen Bedürfnisse zu statten.
Herr Abg. Geisler hat sich besonders darüber beklagt, daß in den 3 Oberförstereien des Glatzer Gebirges sich zu viel Wild befände und zu wenig für den Abschuß dieses Wildes geschähe. Dort liegt die Sache insofern anders wie in der Eifel, als, wenn ich ihn recht ver⸗ standen habe, die dortigen Gemeindejagden mit Wildschaden verpachtet sind und an sich ein Pächter existiert, der auch verpflichtet ist, für den Wildschaden aufzukommen. Also das würde schon meines Erachtens genügen, um jede auch moralische Verpflichtung des Forstfiskus aus⸗ sür den Wildschaden auszukommen.
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3h müßte auch aus grundsätzlichen Bedenken einen artigen Ersatz ablehnen; denn es würde, wenn in einem Falle einmal diese Berechtigung zugestanden würde, zweifellos sehr piele Grund⸗ besitzen kommen, die ebenfalls behaupten würden, daß ihnen der Schaden durch Wild aus den siskalischen Forsten entstanden und deshalb auch von dem Forstfiskus zu ersetzen sein würde. Vor zwei Jahren ist der zuständige Landforstmeister in dem Glatzer Bezirk gewesen, und es ist festgestellt worden, daß entgegen der Behauptung des Herrn Abgeordneten, die sich wahr⸗ scheinlich auf eine schon lange zurückliegende Zeit bezieht (Abg. Geiseler: Nein)), jetzt nur noch sehr wenig Schaden durch Schälen im Walde angerichtet worden ist, sodaß also auch die von den Holz⸗ händlern geäußerten Befürchtungen nicht zutreffen. An Wild sind dort auf einer Gesamtfläche von ca. 15 000 ha nach einer noch kürzlich vorgenommenen Zählung etwa 220 Stück vorhanden; es werden jährlich über 20 Stück abgeschossen, und ich glaube deshalb, behaupten zu können, daß sowohl die Anzahl des vorhandenen Wildes wie auch der Abschuß den Verhältnissen entspricht. (Sehr richtig! bei den Freikonservativen.) Ich gebe aber dem Herrn Abg. Geiseler gern die Zusicherung, daß diese Angelegenheit im Auge behalten werden soll, und daß, wenn sich bherausstellen sollte, daß dort gegenüber dem Flächeninhalt der Oberförsterei und gegenüber dem entstandenen Wildschaden zuviel Wild vorhanden ist, auch in Zukunft für den nötigen Abschuß Sorge getragen wird.
Gegenüber den Ausführungen der Herren Abgg. Hammer und von Bülow möchte ich unter Bezugnahme auf meine vorherige Aeußerung bemerken, daß meines Erachtens allen berechtigten Wünschen durch die Vorschläge stattgegeben worden ist, welche neuerdings dem zu bildenden Zweckverband Groß⸗Berlin gemacht worden sind.
Was den Verkauf an die Charlottenburger Wasserwerke angeht, so kann nicht mit voller Sicherheit, aber doch mit großer Wahrschein⸗ lichkeit behauptet werden, daß die weitere Entnahme von Wasser durch die Charlottenburger Wasserwerke auf den jetzt zur Verfügung ge⸗ stellten Grundstücken eine wesentliche Senkung des Wasserspiegels der in Frage kommenden Seen nicht zur Folge haben wird. Wir werden dabei auch beachten müssen, daß der Staat sich der Verpflich⸗ tung nicht entziehen kann, die Hand zur Wasserversorgung von Berlin und seiner Umgebung zu bieten, und wenn wirklich eine mäßige Senkung des Wasserspiegels dadurch eintreten sollte, so ist das doch ein geringer Nachteil im Vergleich zu dem Vorteil, auch fernerhin die Wasserversorgung von Berlin und seiner Umgebung sichergestellt zu sehen.
Bei dem Verkauf der Wirtschaft Hundekehle an den Restaurateur Otto ist allerdings eine Sicherung, wie der Herr Abg. von Bülow sie gewünscht hätte, in dem Vertrage nicht enthalten. Nach mensch⸗ lichem Ermessen ist aber kaum anzunehmen, daß dieses Besitztum, welches etwa 2,6 ha umfaßt, in der Weise veräußert werden könnte, daß dadurch die freie Promenade im Gruewald irgendwie behinderkt wird.
Wenn der Herr Abg. von Bülow zuletzt noch den Wunsch ausgesprochen hat, daß größere Verkäufe aus freien Stücken der Genehmigung des Landtags unterbreitet würden, so bedaure ich, diesem Wunsche aus einem sehr einfachen Grunde nicht stattgeben zu können: Wir bedürfen zur Veräußerung derartiger Grundstücke der Genehmigung der Krone, und es würde eine Beeinträchtigung der Kronrechte darin erblickt werden müssen, wenn außerdem noch die Genehmigung des Landtags zu einer Veräußerung einzuholen wäre. Solche Veräußerungen werden ja aber selbstredend meist vorher be⸗ kannt, und die Forstverwaltung hat sich auch bemüht, bei ihren Ent⸗ schließungen und den an Allerhöchster Stelle gemachten Vorschlägen nach Möglichkeit der öffentlichen Meinung und den in der Oeffent⸗ lichkeit und in der Presse geäußerten Wünschen Rechnung zu tragen. (Bravo! rechts.)
Abg. Freiherr von Maltzahn (kons.): Den Ausführungen des Ministers über die Organisation der Waldarbeiter können meine Freunde durchaus beistimmen. Wenn der Minister die Grundsätze des Freiherrn von Berlepsch weiter befolgt, so kann er unserer Unter⸗ stützung sicher sein. Die Organisationsbestrebungen der Waldarbeiter laufen auf nichts anderes hinaus als auf die Koalitionsfreiheit der Landarbeiter und Forstarbeiter. Die Löhne sind tatsächlich gestiegen. Es ist nicht zu verkennen, daß die Arbeit der Wald⸗ arbeiter viel angenehmer ist als die der Arbeiter auf dem freien Felde; sie sind dem Wetter lange nicht so ausgesetzt. Namens meiner Freunde sage ich dem Minister unseren Dank dafür, daß er hin⸗ sichtlich der Holzverkäufe den lokalen Verhältnissen mehr gerecht geworden ist, als es früher der Fall war. Es sind die entsprechenden Anordnungen an die lokalen Organe ergangen. Wenigstens in den Gegenden, die ich kenne, werden in allen Blättern die Ver⸗ steigerungstermine bekannt gegeben, sodaß der kleine Mann an Ort und Stelle seinen Holzbedarf decken kann. Als zweckmäßig würde es sich empfehlen, dem Landtag alljährlich einen Nachweis über den Wald⸗ bestand vorzulegen. Der Schutz der Naturdenkmäler hängt eng zu⸗ sammen mit der Forstverwaltung; es ist für die Erhaltung der
Naturdenkmäler eine Zentralstelle gegründet worden, die mit der Forst⸗ verwaltung Hand in Hand arbeitet. In der Nähe von Hambunrg ist eine Flache von etwa 6000 Morgen als Volksyark zur Verfügung gestellt worden. Der Minister sagte neulich, daß die Wilseder Höhe nicht zum Naturschutzpark geeignet sei. Wenn wir diesen Besitz aus der Hand der Forstverwaltung geben, könnten die alten Waldbestände vernichtet werden. Zu den Naturdenkmälern gehört auch das Wild, ich erinnere nur an den Elch: der Kormoran ist nur an drei oder vier Stellen in unserem Vaterlande noch erhalten. Die Stellung des Landforstmeisters könnte es nur stärken, wenn die Verwaltung mehr dezentralisiert würde; es ist nicht richtig, daß sich die Zentralstelle um alle Kleinigkeiten kümmert. Ich möchte ferner darum bitten, daß der Anschluß der Oberförstereien an die elektrischen Ueberlandzentralen, z. B. in Pommern, erleichtert wird. Unsere Ansicht über die Jagd⸗ verpachtung in den fiskalischen Wäldern haben wir bereits früher gequßert; es ist durchaus ausgeschlossen, daß daraus so viele Millionen zu erzielen sein würden, wie Herr Ströbel meint. Das haben die Erfahrungen im Elsaß, in Bavern und anderen Bundes⸗ staaten gezeigt. Die Bedeutung des Waldes für unsere Volksgesundheit wird niemand bestreiten können; nicht nur in der Nähe der großen Städte, sondern auch in der Näbe der Badeorte, z. B. auf Rügen, sind große Waldbestände zur Erholung zur Verfügung gestellt. Nicht ganz teilen wir die Ansicht des Ministers über die Waldverkäufe, wenn auch natürlich der Forstfiskus seinen Besitz nicht verschenken kann. Zweckmäßig würde eine weitere Aufforstung von Oedländereien sein. Es ist nicht richtig, daß der Großgrundbesitz seinen Wald nicht für die Volksgesundheit zur Verfügung stellt, der ganze große private Waldbesitz auf Rügen bei den Bädern Sahnitz, Binz, Sellin usw. steht dem Publikum offen. Was den Wildschaden betrifft, so hat sich das Wildschadengefetz durchaus bewahrt. Zux Erbaltung der Wälder möchte ich die Forstverwaltung bitten, an drm Prinzip der Durch⸗ orstung festzuhalten. 1 b 8
Ahg. Lü ön (frkons.) tritt dafür ein, daß den kleinen Gewerhe⸗ treibenden der Bezug des Nutzholzecz aus den fiskal möglichst erleichtert werde.
Die heutige Rede des Abg. Ströbel hat einen ruhigeren und sachlicheren Eindruck gemacht. als die früheren Reden über denselben Gegenstand; aber zu den Fragen den Jagd gehört doch eine besondere Fachkenntnis, die man sich nicht aus Büchern verschaffen kann, sondern die von Jugend an aufgenommen werden muß. Aus der Ungabe der Einnahmen aus der Jagd im Etat kann absolut nicht über den Wert des Wildes in den fistalischen Forsten geschlossen werden; es ist ganz verkehrt, Durchschnittszahlen für ein bestimmtes Jagdgebiet oder eine Provinz zu berechnen, denn die Existenzbedingungen des Wildes sind ganz verschieden, und die Ver⸗ hältnisse wechseln vielfach. Der Abg. Ströbel behauptet, daß das Wild in den Staatsforsten zugunsten der benachbarten Privatforstbesitzer geschont werde, und folgert weiter, daß die Konservativen kein warmes Herz für die Gemeinden hätten. Tatsächlich bringen aber die fiskalischen Forsten gerade den Gemeinden Vorteile. Hat der Abg. Ströbel schon etwas von der Wildpflege mit der Büchse gehört⸗ Man kann das Wild hegen und pflegen, indem man es im Winter füttert und ihm seine Feinde vernichtet, aber man kann es auch mit der Büchse pflegen, indem man die untauglichen Stücke abschießt, um den Bestand auf der wirtschaftlich richtigen Höhe zu erhalten. Das ist eben die Kunst, den Bestand auf richtiger Höhe zu erhalten. Wenn wir die Jagd verpachten würden, so würden sich für ein paar Jahre wohl größere Erträgnisse herausstellen, aber nicht zum Vorteil für die Zukunft; die Jagd würde in ein paar Jahren auf den Hund kommen. Die Jagd muß eben vorsichtig behandelt werden. Derselbe Grundsatz muß für die Abholzungen gelten. Es ist ferner nicht richtig, daß der Großgrundbesitz nichts gegen den Wildschaden tut; auch die Privat⸗ forsten sind eingegattert, und es wird für den Abschuß gesorgt. Wir wollen auch das Wohl der Gesamtheit. 1 Ece
Abg. Geisler (Zentr.) widerspricht den Ausführungen des Ministers über die Wildschäden. Er möͤchte bitten, daß die Regierung an Ort und Stelle genaue Erhebungen anstellt..
Abg. Hammer (kons.) stellt fest, daß der Minister ihn falsch ver⸗ standen habe, er habe nur gebeten, daß durch die neuen Anlagen der Charlottenburger Wasserwerke in Westend die Werke in Beelitzhof entlastet werden mögen, damit der Wasserspiegel der Grunewaldseen wieder steige. E“ 3
Abg. Busch (Zentr.): Der Minister hätte seine Ausführungen über die Organisationen der Arbeiter beschränken und erklären sollen, daß er die christlichen Organisationen nicht meine. Die Anzeigen über Holzverkäufe dürfen nicht nur die Kreisblätter erhalten, sondern sie müssen vor allen Dingen auch den Lokalblättern ohne Rücksicht auf ihre Parteistellung zur Verfügung gestellt werden.
Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:
Meine Herren! Wenn ich vorhin die Ansicht ausgesprochen habe, daß ich ein Bedürfnis für die Organisation der Waldarbeiter nicht anerkennen könnte, so trifft das allerdings auf jede Organisation zu (hört, hört!), auf der andern Seite aber möchte ich ausdrücklich hervor⸗ heben, daß diejenigen Maßnahmen, welche ich als notwendig be⸗ zeichnet habe vom Standpunkt der Bekämpfung einer staatsfeindlichen Agitation, selbstredend auf die christlichen Verbände keine Anwendung finden! (Bravo! im Zentrum.)
Abg. Ströbel (Soz.) bleibt bei seiner Ansicht, daß die forst⸗ fiskalischen Wälder Wildreservoire seien, und wendet sich gegen den Landwirtschaftsminister, der das Koalitionsrecht der Waldarbeiter nicht anerkennen wolle. Die Lebenslage der Waldarbeiter solle niedergehalten werden, damit auch die Großgrundbesitzer nicht höhere Löhne zu zahlen brauchten. Es ist ein Skandal, daß die Regierung sich auf einen solchen Standpunkt stellt. Vom politischen Anstand des Zentrums hätte er eigentlich erwartet, daß es nicht eine besondere Behandlung der christlichen Organisationen fordere.
Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:
Meine Herren! Der Herr Vorredner hätte vielleicht mit seinen Ausführungen recht, wenn das Wohl und das Glück der Arbeiter nur auf dem Wege der Erfüllung sozialdemokratischer Forderungen ge⸗ funden werden könnte. (Sehr richtig! im Zentrum und rechts.) Ich stehe — und ich glaube, mit mir wohl die größte Mehrheit diese Hauses — (sehr wahr! rechts. — Abg. Hoffmann: Bei dem Wahl⸗ recht!) auf dem Standpunkt, daß man in der Fürsorge für alle Arbeiter und auch für die Waldarbeiter gewiß so leicht nicht zu weit gehen kann, daß es aber dazu einer sozialdemokratischen Hilfe und Organisation absolut nicht bedarf. (Lebhafte Zustimmung rechts und im Zentrum; Rufe: Oho! bei den Sozialdemokraten.) Die Er⸗ fahrungen, die im letzten Jahre in Frankreich gemacht worden sind, können wahrhaftig den Staat als Arbeitgeber nicht veranlassen, zu einer Organisation der Arbeiter in den Staatsbetrieben auf irgend eine Weise die Hand zu bieten. (Bravo! rechts — Abg. Hirsch (Berlin): Aber sie gewähren lassen!)
Ich möchte dann Herrn Abg. Busch nur kurz erwidern, daß die Verfügung, welche sich auf die Bekanntmachungen von Handelsholz⸗ verkäufen im „Holzmarkt“ bezieht, auf die bisherige Praxis bei den Veröffentlichungen von Holzverkäufen in politischen Zeitungen gar keinen Einfluß hat. Es bleibt nach wie vor als Regel bestehen, daß die Benutzung der Zeitungen den Regierungen überlassen ist, und diese ohne Unterschied der Parteirichtung diejenigen Blätter für die Anzeigen nehmen, welche für die Verbreitung dieser Anzeigen am ge⸗ eignetsten erscheinen. (Sehr richtig! rechts.)
Abg. Busch (Zentr.): Ich muß es entschieden ablehnen, Vor⸗ haltungen über parlamentarischen Anstand vom Abg. Ströbel ent⸗ gegenzunehmen. Die christlichen Gewertschaften erkennen die Ver⸗ fassung des Staates an, während die Sozialdemokratie und die freien Gewerkschaften den Staat nach allen Richtungen bekämpfen Deshalb müssen wir dem Staat recht geben, wenn er nach dem „Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber“ darauf ausgehen,
Abg. Weissermel (kons.);
Grundsatz: 1t nicht zugibt, daß Leute beschäftigt werden, die a systematisch den Staat zu untergraben. Mit diesen Ausführungen spreche ich im Namen aller staatserhaltenden Parteien. Ich habe auch⸗ bei den Freisinnigen keine Mißbilligung gehört, als der Cisenbahn⸗ minister sich gegen die Duldung sozialdemokratischer Arbeiter aus gesprochen hatte.
Es folgt der Titel der Gehälter förster, Foͤrster und Waldarbeiter.
Abg. Ernst (fortschr. Volksp.): Die Revierförster und Förster wünschen eine organische Regelung ihrer Nebenbezüge. Auch über die Dienstländereien werden vielfach Klagen geführt. Die Dienstinstruktion für die Förster stammt aus dem Jahre 1868: da ist es dringend not⸗ wendig, daß sie erneuert wird. Wie steht es mit der Anrechnung der Dienstzeit der Oberjäger? b
Oberlandforstmeister Wesener: Es ist ein übereinstimmender Wunsch aller Parteien gewesen, an den Einkünften der Beamten nicht zu rühren. Es ist ja erklärlich, daß immer wieder neue Wünsche vorgetragen werden, irgendwelche Aenderungen koönnen aber zurzeit nicht vorgenommen werden. Es geht auch nicht an, die Dienst
ländereien zu beseitigen. Die Förster sind vielsach darauf angewiesen, sich Fuhrwerk zu halten;
ohne Dienstländereien wuͤrde dies den Förstern aber nicht möglich sein. Was die Verhältnisse der Ober⸗ jäger anlangt, so ist neuerdings angeordnek, daß die Zeit, die sie behn Bataillon verbleiben, auf die Warkezeit angerechnet wird. Daraus, daß die Dienstinstruktion fuüͤr die Förster ans dem Jahre stammt, ist noch nicht zu folgern, daß sie suh nicht bewährt ban ist aber eine neue Reviston vorgesehen. “
für Revier⸗
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