Haus der Abgeordneten. 18. Sitzung vom 3. Februar 1911, Vormittags 11 Uhr. 8 (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Ueber den Beginn 18 Sitzung ist in der gestrigen ummer d. Bl. berichtet worden. 1“ 1 Das Haus setzt die Beratung des Etats der Just iz⸗ verwaltung, und zwar die bei dem Titel der rnden Ausgaben „Gehalt des Ministers“ übliche allgemeine Be ung, fort. esprech I Campe (nl.): 1“ 99 Jete e ss steht unstreitig die Strafprozeßreform. In. weiten Krei en 8 18 Zweifel, darüber, ob sie eine wirkliche Reform bedeuten S. kann nicht so weit gehen wie der Abg. Böhmer, daß er Schutz des Rechtes höher stehen müßte als die Rücksicht G 82 5 Verbrecher auch Mensch E “ 58 e war keine glückliche. Eine Rechtspfleg n die im C Verbrecher schließlich noch den, I 8 eines Kulturvolkes nicht würdig. Im allgemeinen läßt dcch sagen, daß unsere Justizverwaltung und unsere ö“ standen haben, aus dem alten Gesetzeszustand in 8 8 1 6 ohne wesentliche 11“ ö111“*“ vahrhafti ine ganz leichte war. Daß Feb 5 8 dgcht⸗ 88 G Die Richter sind auch fehlende “ ber man sollte sich vor der Verallgemeinerung einzelner üten. Selbstverständlich ist manches zu bessern. Ich. heise iin auf den Richterbund, der diesem Gedanken geine, Fxi 18 erdankt. Er ist geschaffen zur Abwehr ungerechter Angriffe, 8 uch er hat auf vorliegende Mißstände hingewiesen, Auch 8 6 Vereine machen es sich zur Aufgabe, Gesetz und igensczaft z; pflegen. Es ist eine Alltagsweisheit, daß sowohl die eiger ij 18 zwischen Theorie und Praxis wie anderseits die enge Fů 11n 8 Rechtspflege mit dem täglich fortschreitenden Leben 9 “ erfordernis ist, damit uns nicht entgegengehalten werden sich auch bei uns Gesetz und Rechte wie eine L orterben. Wir müssen uns hüten, eine Kaste im 1eg 1¹ rter. und auch die Rechtswissenschaft darf sich abseit stellen von den Fortschritten der Wissenschaft im “ Vielleicht ist es für keinen Zweig des geistigen 8 8 1g bedeutsam, sich immer und immer wieder mit dem Emp 18 des Volkes in lebendige Berührung zu bringen, wie 85 b für die juristische “ Geeshtseflecnd diese nicht getragen ist von d F Ver⸗ “ 18 cetaan — molkeschichgen, 668 1 erein zur Lösu ihrer Aufgabe unfähig. D s mich, Piin tlungine Er mmafi mit diesen Bestrebungen “ hat. Er kann überzeugt sein, daß wir ihn darin 4 vnnt unterstützen werden. Den Mittelpunkt bildet ohne 88 Seah eine richtige Regelung der Beweisaufnahme eim Ich kann weder die jetzige noch die in Aussicht ste 789. g ganz glücklich halten. Uns erscheint nur eine solche L ng annehmbar, die nicht nur in vollstem Umfange der 88 erecht wird, daß der Angeklagte bis ium letzten ugenbli elegenheit haben muß, sich über die Anklage 9. sondern daß darüber hinaus auch nicht einmal der “ erweckt werden darf, als würden ihm seine Beweise, 1 ei es sich um wesentliches handelt, abgeschnitten. Cö “ würde in diesem Falle vom größten Uebel sein. Ich bes 1 ige Pnt mit dieser Frage aber mit doppelter Reserve. Einmal uns im Rahmen dieser Debatte auch nicht annähernd ießen inßern; es ist gewissermaßen nur der Bodensatz meiner Erfa rungen aus Tausenden von Prozessen, was ich hier ausführen kann. “ werde ich unter keinen Umständen irgendwelche Kritik 1hö en Prozessen üben. Nach meinem Geschmack ist ö P. Bö hh auch darin etwas zu weit gegangen, wenn er die D 1 vng e Schwurgerichts im Moabiter Prozeß in den Kreis ö etrae b sezogen hat. Was der Minister aus Anlaß dieses Fa Serbausgeführt t, bedeutet in keiner Weise einen Eingriff in die Se — * Ki der Gerichte. Der Artikel des „Berliner Tageblatts“ ist darin irrtüm 8. Der Minister hat ganz gewiß nicht ꝛeinen solchen Eingriff richterliche Selbständigkeit begehen mögen, auch achtet er sicher dc den Richterstolz vor Ministersesseln, und ein der sich b derartigen Angriff nicht gefallen ließe, würde ihm lieber sein als 6 anderen. Unsere Gerichte sollen unabhängig sein nach 0 ht unten, nach rechts und links, aber auch von ö“ 8 5 Meinung. Es ist keine Kritik des Moabiter Prozesses, es Auf⸗ tretens der Staatsanwaltschaft oder sonst einer Ins anz, Menn ich sage, von einer ganzen Reihe zuständiger 11“] er Herren ist mit Bezug auf die Moabiter Prozesse ie Frage aufgeworfen: war denn dies alles wirklich nötig? 3 Das ö verfahren bewegte sich also tatsächlich in einem Rahmen, “ rechtlichen Empfinden des Volkes nicht mehr 1 8 9. wird mir erwidern, es mußte so verfahren werden, 828 “ esetz es so will. Aber daß ein Gesetz, welches hier im Hau 5 Reichstage gemacht ist, unvernünftig sein soll, elaubt 8 1e6 halb mißt jeder dem Richter die Schuld zu. Es wird g8 gind 9 erweckt, als ob die Richter nicht mehr Herren im eigene Hause 1 . Bei vielen Richtern ist daher auch schon eine gewisse e or. handen, in die Strafkammern einzutreten. Uns re Prozess leicht Gefahr, sich in gewisse Nebensachen zu verlieren 66 wie 88 Moabiter, in sich zu ersticken, ja es wird fast gan; unmög ich gema 6 solche Prozesse zu Ende zu führen. Wenn es trotzdem ge⸗ lungen ist, den Moabiter Prozeß zu beenden, i. ns ein glänzender Beweis für die Leistungsfähigkeit Re 5 pflege. Hier in Berlin soll es vo gekommen nadj Sensationsprozessen Broschüren von gewisser Seite erse 1e. 1 Da möchte ich den Minister bitten, mit allen Mitteln, vie leich auch mit Hilfe der Anwaltskammern, diesem Unwesen zu beste Beweis dafür, daß die Zahl der Richter “ 9- ü die Tatsache der langen Sitzungen, unter denen die „Richter 8 leiden haben. Daß dadurch sehr viele Gesundbeitsschädigungen er ei⸗ geführt werden, ist allgemein bekannt; in Nauheim hat sich ärztlicher Spezialist für „juristische Herzen“ aus . gelassen. Der Richterstand leidet darunter, Fas⸗ maßen nur als Durchgangsstand angesehen wird. Z 2 8 8 Minister bitten, doch auch darauf zu achten, daß ö 18 8 2. tüchtigeren Kräfte auch der Rechtspflege erhalten 6 t 1 darf in der Justizverwaltung nicht gespart “ viellei 9 ü. der Finanzminister da manchmal ein Auge zu. Es mäce um 3 Richterstand schlecht bestellt, wenn nicht jeder von uns die 1 8 Verantwortung, die auf ihm liegt, voll fühlte. Die W“ er in der Prozeßführung müssen mehr und mehr W“ 2 Dann bin ich überzeugt, daß der Richterstand sich des wert und würdig zeigen wird. Besser als all die schönsten Ceiset⸗ 1 paragraphen sind 1 sceslech die moralischen Garantien, die un P; te 1 tetet. 8 1 1“ (fortschr. Volksp.): Der. uns, vorgelegte Sutis. etat macht im ganzen einen Zuschuß von 55 Millionen einschli boch des Extraordinariums nötig. Diese Summe stant 1 b wirklichen Zuschuß dar; dieser hat 1904 81 Mill. More, 5 98,5 Mill. betragen. Es müssen hinzugerechnet werden die lusga en für die vom Ressort des Innern verwalteten öö sowie der Zuschuß für das Reichsgericht; abzuziehen sind die TX“ aus den Stempelbeträgen, welche die Justisverwaltung “ 2. 9. 1904 bis 1908 hat sich der Zuschuß um 17 Millionen erböb 8 wie mag er sich jetzt stellen, nachdem eine erhebliche “ rung durch die Erhöhung der Gerichtskosten und der Stempelabga en ein getreten ist? Interessant ist auch, daß jeder einzelne Zweig
der Vermehrung der Stellen die Zahl der gehobenen Stellen pro⸗
6 % Zuschuß. Im Justizetat kommt wesentlich die Stellen⸗ vermehrung in Betracht. Ganz gewiß ist es nicht zerwünscht, das jetzt auf 6524 Mann angeschwollene Heer der Richter Jund Staatsanwälte alljährlich erheblich zu vermehren, aber diese Ver⸗ mehrung ist unter den gegebenen Verhältnissen, bei der jetzigen Organisation und der vorhandenen Geschäftslast eine dira. necessitas und nicht zu vermeiden, wenn nicht eine Ueberbürdung ein⸗ treten soll. Sogar das verfassungswidrige und nur für den Ueber⸗ gang bestimmte Hilfsrichtertum hat vermehrt werden müssen. Abhilfe wird nur bei einer grundlegenden Aenderung der Reichs⸗ justizgesetze möglich sein. Die dankenswerten Anordnungen des Justiz⸗ ministers zur Vereinfachung des Geschäftsganges und zur Entlastung des Richterpersonals können nicht von wesentlicher Bedeutung sein. Wie weit die Novelle zur Zivilprozeßordnung von 1909 bereits eine Wirkung geübt hat, läßt sich zahlenmäßig noch nicht nachweisen; eine Verminderung der Geschäftslast ist zurzeit noch nicht. eingetreten, da noch zu viele alte Sachen aufzuarbeiten sind. Auffällig ist, daß bei
zentual sinkt. Diese Zahl beträgt gegenwärtig 900 oder 14,4 %; sie hat früher schon 17 % betragen. Die gehobenen Stellen er⸗ halten die pensionsfähige Zulage von 600 ℳ. Geründsctzich sollen doch Richter und Verwaltungsbeamte gleichgesteht sein; tatsaächlich erhält ein Drittel der Regierungsräte diese Zu⸗ lage. Die Differenz zwischen den beiden Kategorien ist also sehr erheblich, 33 ½ gegenüber 14,4 %; die Justizverwaltung wird also ihr Augenmerk auf die Vermehrung der gehobenen Stellen richten müssen. Der Abg. Böhmer hat das Gespenst des Assessorenparagraphen wieder heraufbeschworen. Solche Bestrebungen müssen zurückgewiesen werden. Der Minister hat es ja abgelehnt, diesem Vorschlage nochmals näher zu treten. Ich hoffe, daß die Mehrheit des Hauses wie 1906 dabei beharren wird, daß bei der Annahme der Referendare die Fragen nach Herkunft, Religion, gesellschaftlichen Verbindungen usw. aus geschlossen werden. Der Abg. Böhmer fand doch so schöne Worte gegen den Abschluß der Juristen als einer besonderen Kaste; diese Ge⸗ fahr rückt in bedrohliche Nähe, wenn wir einen solchen Assessoren paragraphen haben. Den Vorschlägen des Kollegen Böhmer be⸗ züglich der Notargebühren können wir nicht zustimmen 3 wir müßten darin eine Art Vermögenskonfiskation sehen. Die Vorredner haben auch die Strasprozeßordnung näher beleuchtet und ein⸗ zelne Fragen erörtert. Für durchaus ungewöhnlich möchte ich es er⸗ achten, wenn hier beim Etat die Abänderung des § 233, betreffend den Umfang der Verteidigung, befürwortet und gefordert wird. Man beschränkt sich dabei nicht auf kritische Bemerkungen, sondern deutlich geht die Tendenz dahin, die Kollegen, die zugleich dem Reichstage angehören, zu einer Stellungnahme in dieser Rätchtueg im Reichstage zu veranlassen. Das war bisher nicht üblich. Es läßt sich doch auch nicht die Einzelfrage des Umfanges der Beweis⸗ aufnahme hier für sich behandeln und zur Entscheidung bringen; es hängt damit die Gestaltung des Vorverfahrens, Zesetzung der Gerichte und anderes zusammen. Wir unserseits sind einig darin, daß es bei den Beschlüssen der Reichstagskommission zu bleiben hat; einer meiner Freunde wird diese Frage und auch den Moabiter Prozeß noch besonders behandeln. Der Abg. Böhmer hat für die Berufung zu Schöffen und Geschworenen eine gewisse Auswahl nach Stand, Reife des Urteils, Unabhängigkeit und für das ganze Institut der Laien⸗ richter einen mehr aristokratischen Charakter verlangt. Wir werden der⸗ artigen Versuchen, gewisse Klassen von dem Amte des Schöffen und Geschworenen auszuschließen, aufs schärfsfte entgegentreten. Es würde die Volkstümlichkeit der Laiengerichte untergraben, wenn nur eine Art höherer Klassen der Bevölkerung als dazu geeignet angesehen werden sollte; sollen die Gerichte vom Vertrauen des Volkes getragen werden, so muß das ganze Volk daran teilnehmen. Sonst könnte der jetzt ganz unberechtigte Vorwurf der „„Klassen justiz“ gerade den Laiengerichten gemacht werden. Mit seiner eigenen Haltung setzt sich Herr Böhmer selbst in Widerspruch, wenn er gleichzeitig darüber klagt, daß wahrscheinlich und besonders in den östlichen Provinzen die Zahl der Geschworenen nicht ausreicht. Nicht bloß betreffs der Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsarten und Gesellschaftsklassen darf kein Unterschied gemacht werden; man sollte auch hinzusetzen, daß ein solcher auch betreffs der Zu⸗ gehörigkeit zu einer best’immten Religion nicht gemacht n erden darf. Es sind ja Klagen aus der jüdischen Bevölkerung gekommen, daß ge⸗ eignete Personen nur ihres Glaubensbekenntnisses wegen ausgeschlossen worden sind; es wäre also angezeigt, diese eigentlich überflüͤssige Vor schrift gleichwohl aufzunehmen. Die von der Konkmifston vor⸗ genommene Einschränkung hinsichtlich der Lehrer kann von uns . nicht gebilligt werden; der Lehrer ist für das 13“ nur voll berechtigt, sondern auch ganz besonders Uebrigens sind auch sogar von der Rechten zentsprechende träge angekündigt. Für die Kanzleigehilfen ist P werterweise ein sehr erheblicher Betrag neu⸗ ausgeworfen. 2 eden li 9 ist allerdings die Herabsetzung der Entlohnung für 18 11 bis 12 ₰ auf 8 ₰ pro Seite. Das Maximum der Bezüge ist aber um 360 bis 480 ℳ gestiegen, worin auch ein gewisser Ersatz liegt; aber immerhin hätte die Verwaltung doch diese Herabse zung des Ueberverdienstes vermeiden können. Der Wunsch der hnheös en auf etatsmäßige Anstellung läßt sich vorläufig nicht “ solange diese Stellen den Militäranwärtern allein Dö Es muß eine Aenderung der Bestimmungen über ärter nach der Richtung eines Alternierens zwischen Zivil⸗ und Militär⸗ anwärtern vorgenommen werden. Von der Befugnis der Verhängung von Arreststrafen gegen Unterbeamte wird in der Fusttzverwalkung nie Gebrauch gemacht; um so mehr kann diese ganze 2 stinmeung beseitigt werden. Ich möchte noch ein paar W Ft sagen zu den Be⸗ strebungen, die den Zweck verfolgen, jedes Mißtrauen gegen edie Rechtspflege, als sei sie eine Klassenjustiz, aus der Welt zu . Diesen Zweck verfolgen auch die Richtervereinigungen und der Ric 8. bund. Diese Bestrebungen haben sich zu einem Aufrufe landesgerichtspräsidenten in Jena verdichtet, einem Aufrufe, de 88 nur den größten Erfolg wünschen kann. Es handelt sich Zeorie und Praxis in der Rechtspflege zu ihrem Rechte kommen zu ass 1 Abg. von Trampezynski (Pole): Zu den Anforderungen, te man an einen Richter stellen muß, gehört auch die, daß er sich mit G Phantssie in die Lage eines Angeklagten versetzen kann. — von Prozessen beweist aber, wie wenig sich 6“ 5 Empfinden hineindenken können. Es muß im höchsten G e 2 fallen, daß in den letzten 10 Jahren Polen zu Notaren und Ri. 1 nicht ernannt worden sind, auch nicht einmal zu Mitte! und Un er⸗ beamten. Mit welchem Rechte geschieht dies? Weil sich die Politik des Ostmarkenvereins auf das Gebiet der Justiz⸗ verwaltung erstreckt. Das zeigt sich auch in der IIIö Selbstverständlich kann man nicht Geheimräte zu Dolmetschern er⸗ nennen, aber die Justizverwaltung sollte die Dolmetscher weniaste aus ihrer Heimat entnehmen. Früher war das auch der F. jetzt aber ist man dazu übergegangen, die jungen Leute aus 1. preußen zu verwenden, nicht mit. Rücksicht 65 Befähigung, sondern auf ihre politische Zuverläͤssigkeit. Würde die Justizverwaltung die Dolmetscherprüfungskommission in Posen befragen, so würde diese es gewiß für besser erachten, die Dolmetscher aus Posen zu entnehmen. Wenn die Eö Enquete veranstaltete, dann müßte sie aber nicht den Oberlandesger ichts⸗ präsidenten und die Landgerichtspräsidenten befragen, sondern die “ die etwas von der Sache verstehen. Bei den Wahlen wird 88 5. wissenszwang von oben gegen die Justizbeamten ausgeüht. G w8 8 mir aus sicherer Quelle bekannt, daß eine genaue Eö“ ausgeübt wird, ob und wie ein Beamter gestimmt hat. Der Be⸗ amte, der nicht gestimmt hat, wird verantwortlich “ ver⸗ nommen, weshalb er keine Stimme abgegeben hat. Das nenn äis Freiheit bei den Wahlen! „Dann moͤchte man sich bei⸗ nahe nach der Zeit des Ministers von Puttkamer kurach. sehnen. Der Minister hat in der Kommission bestritten, daß eine all⸗
Justizverwaltung einen Zuschuß erfordert. Man sollte doch “ Zivilrechtgpfleae und die freiillige Gexrichts⸗ rrkeit erhalten sich durch ihre großen Einnahmen selbst; braucht aber die Zivilrechtspflege 25, die freiwillige Gerichtsbarke
gemeine Verfügung darüͤber besteht. Dann scheint eine Art Neben⸗ regierung zu erxistieren, die das ihrerseits anordnet; viel⸗
holt erklärt,
er denke nicht daran, in ein schwebendes Verfahren ein
zugreifen. Dies trifft jedenfalls in dem folgenden Falle nicht zu. Es handelt sich um die Stiftung des Fürsten Sulkowski auf Schloß Reisen zugunsten des Fiskus. (Der Redner gibt 5 hist rische Darstellung dieses Falles.) Fürst Anton Sulkowski hat
sich verpflichtet, einen Familienbeschluß zustande zu bringen, wonach nach seinem Tode mehrere Güter in die Hände des Fiskus übergehen sollten, dieser selbst aber eine Geldsumme an die Erben zahlen sollte. Hierbei hat die Regierung die Grundsätze der Ethik verletzt. Der Fiskus war doch nur Verwalter der zur Erziehung der Söhne des polnischen Adels bestimmten Stiftungen, nicht Eigentümer. Ist es ethifch zulässig, daß ein Vormund das Eigentum seines künftigen Mündels als sein freies Eigentum behandelt? Ein Privatmann würde dafür einfach bestraft werden. Es lag nun die Möglichkeit vor, daß sich der eine oder der andere Anwärter aus den übrigen Sulkowskischen Linien melden würde. Das Fideikommißgericht in Posen ließ einen Familienbeschluß nicht zu, bevor ein Aufgebot an die unbekannten Anwärter erfolgte. Tatsächlich meldete sich ein Anwärter nach dem anderen. Der Justizminister jedoch Erif 1908 in das Verfahren ein, und zwar zugunsten des Fiskus. ine obere Instanz kann doch höchstens insofern eingreifen, als sie dat Verfahren beschleunigt, aber nicht eine untere Instanz beeinflussen. Voraussetzung einer geordneten Justiz ist, daß, wenn mehrere Instanzen bestehen, diese nacheinander entscheiden, und nicht die oberste Instanz eingreift, dann ist die Beschwerde an die höhere Instanz bloß eine Komödie. Das Fideikommißgericht hat entschieden, daß mit der Möglichkeit unbekannter Anwärter zu rechnen sei, und nun kommt der Justizminister ohne Kenntnis der Akten, denn er sagt ja selbst: „Soweit die Sache von mir beurteilt werden kann „und entscheidet, daß das Aufgebot unmöglich sei. Ist es da Wunder, wenn man das Vertrauen zur Rechtspflege verliert?
Justizminister Dr. Beseler:
Meine Herren! Gegenüber den Angriffen, welche die Rechts⸗
pflege hier und da in der Presse erfahren hat, ist es mir von Wert
gewesen, heute von mehreren Rednern dieses hohen Hauses an⸗
erkennende Worte über die Gerichte vernommen zu haben.
Einige der Herren haben auch die Frage der Beweisaufnahme
vor dem Strafgericht wiederum erwähnt. Die Verhandlungen übes
die Gesetzesvorlagen zur Aenderung des Gerichtsverfassungsgesetzes und
der Strafprozeßordnung werden am Montag im Reichstag beginnen.
Ich glaube, eine weitere Erörterung in dieser Angelegenheit wird von
mir heute nicht erwartet werden.
Der Herr Abg. Mertin erwähnte, daß bei der Justizkehörde zu
wenig Schreibmaschinen vorhanden seien. Darin wird er vollkommen
recht haben. Das hat die Justizverwaltung sich auch schon gesagt, und
sie hat deshalb neuerdings erst Anweisung gegeben, daß der Frage
näher getreten werden soll, inwiefern wir weiterer derartiger Maschinen bedürfen. Diese sollen dann angeschafft werden. (Bravo!)
Ebenso hat der Herr Abg. Mertin, gauz mit Recht, erwähnt,
daß der Anschluß der Gerichtsbehörden im Telephonverkehr hier und da noch ungenügend sei. (Sehr richtig!) Es ist bereits vor einiger Zeit von mir angeordnet worden, daß die Provinzialbehörden ihr Augenmerk besonders auf diese Frage richten sollen und freie Hand
haben, die Telephonverbindung da einzuführen, wo sie notwendig ist. Auch die Landgerichtspräsidenten sind darauf aufmerksam gemacht worden, daß sie bei ihren Besuchen in einzelnen Gerichtsorten dieser Frage nachgehen. Denkbar ist es ja, daß an einzelnen Stellen die Telephonverbindung überflüssig ist, zum Beispiel da, wo das Gericht im Rathause ist und dort die Polizei schon einen Anschluß hat. Wir haben auch Fälle gehabt, wo vorhandene Telephoneinrichtungen fast gar nicht benutzt worden sind. Also man kann nicht sagen: überall müssen sie eingeführt werden, sondern man kann nur sagen: da, wo ein Bedürfnis besteht, soll Telephonverbindung eschafft werden.
— 88 Mertin und, ich glaube, auch der Herr Abg. von Campe 8 haben die Amtsanwälte erwähnt. Ich habe schon in der Kommission erklärt, daß die Organisation dieses Dienstzweiges recht schwierig ist, daß wir bestrebt gewesen sind, uns ein Bild davon zu machen, wie sich das am besten einrichten läßt. Die Ansichten der Oberstaats⸗ anwälte sind sehr auseinandergegangen. Ich bin jetzt im Begriff, die Frage zu prüfen. Allgemein juristisch vorgebildete Beamten zu ver⸗ wird nicht ausführbar sein, das wird sich nur in den Orten einrichten lassen, wo ein größerer Betrieb ist. Wenn ich mir denke, daß ein juristisch vorgebildeter Beamter die kleinen Gerichte, etwa im Osten, die weit von einander entfernt liegen, als Amtsanwalt versehen sollte, so würde er die Hälfte seines Lebens auf der Landstraße sein müssen. Das ist nicht möglich. Es wird sich nur darum handeln können, die Einrichtung der juristischen Amtsanwälte im richtigen Maße durchzuführen und im übrigen geeignete Beamte für die in Frage kommenden Stellen zu suchen, wie dies ja meistens geglückt ist.
Ueber die Kanzleigehilfen, möchte ich glauben, sprechen wir beser bei dem einzelnen Titel; ich möchte mir vorbehalten, dort das meinige
sagen, so weit es nötig sein wird. 8 88. Abg. Mertin hat gewünscht, daß das Gesetz über die Haftpflicht des Staates auf die Lehrer ausgedehnt werde. Diese An⸗ regung wird gewiß dazu führen, daß die Frage in den betreffenden Ressorts in Erwägung genommen wird. Eine nhere Grklärung kann ich heute darüber nicht abgeben, zumal ich nicht der eigentliche Ressort⸗ minister für diese Frage bin. 8
Herr Abg. von Campe meinte, die Gerichtsferien führten dazn, daß die Amtsgerichte zum Teil überlastet würden. Das kann für den Fall zutreffen, daß an einem Amtsgericht 3 Amtsrichter sind. Da kann man sich aber auf die Weise helfen, daß der eine oder andere Richter einen Teil seines Urlaubs außerhalb der Ferienzeiten P und daß man hierdurch Vorsorge trifft, daß immer zwei Richter gleichzeitig zur Stelle sind. Wo dies im Einzelfalle nicht möglich ist, muß nötigenfalls eine Hilfskraft gegeben werden, 8 die Ueber⸗ arbeitung zu vermeiden, die entstehen würde, wenn ein Richter allein das ganze zu bewältigen hätte.
Es ist auch erwähnt worden, Dezernenten im Justizministerium sich persönlich im Lande um⸗ sähen. Sehr richtig; ich habe das früher schon anerkannt. Wenmn sich noch nicht die nötige Zeit dafür gefunden hat, so kann ich das nur bedauern. Ich hoffe, es zu erreichen, daß die Reisen sich ver⸗ mehren, damit die Herren die Sachlage durch Augenschein und nicht — ie Brille anderer kennen lernen.
.“ Peltasohn erwähnte den Vorschlag, daß die Notare bestimmte Prozente von ihren Einnahmen an den Staat abgeben möchten, wie dies auch schon der Herr Abg Boehmer angedeutet hat. Dieser Weg hat aber schon auf den ersten Anblick bei uns so viele Bedenken gezeitigt, daß wir ihn, glaube ich, nicht werden beschreiten
wenden,
daß es gut wäre, wenn die
1 sj 2 Viere nandgerichtsdirektor in icht gibt darüber der Abg. Viereck, Landg 1öt S uns nachher Auskunft. Der Minister hat wieder
können.
Rrreststrafen werden im Juͤstizressort, so viel mehr verhängt.
Dann, meine Herren, sind uns die Ziele vorgehalten worden, die man ins Auge fassen müßte, um eine immer weitere Vervollkommnung des Richterstandes herbeizuführen. Dieses Ziel schwebt uns allen vor, namentlich auch der Justizverwaltung. Da alle menschlichen Ein⸗ richtungen verbesserungsfähig sind, so hat sich die Justizverwaltung selbstverständlich auch sagen müssen, daß sie in dieser Richtung sich bemühen müsse. Aber, meine Herren, das möchte ich doch sagen: Wege auf denen wir sicher sind, zu dieser Vervollkommnung zu gelangen,
find uns bisher noch nicht angegeben worden. Ich erkenne an, daß es die Pflicht der Justizverwaltung ist, diese Wege nach Möglichkeit zu suchen. Wir sind jetzt mitten in der Arbeit auf diesem Gebiete. Ueber Einzelheiten möchte ich mich nicht aussprechen, da ich ja nicht allein die Sache in der Hand habe, sondern auch von Meinungen und Bei⸗ hilfe anderer abhängig bin. Ich bitte, mir also weitere Erklärungen zu erlassen, bis wir zu einem vollen Abschlusse in dieser Hinsicht ge⸗ langt sein werden, was, wie ich hoffe, nicht fern liegt. (Bravo!)
Nun muß ich mich zu dem Herrn Abg. von Trampezynski wenden; er hat mich ja auch persönlich mit einigen Vorwürfen bedacht. Zu⸗ nächst meint er, die Richter seien nicht mehr so objektiv wie früher. Das weise ich ganz entschieden zurück! Ich weiß keinen Fall, daß Richter in denjenigen Gegenden, wo Parteigenossen des Herrn Abg. von Trampczynski in Frage kommen, einen Mangel an Objektivität bei hrer Rechtsprechung gezeigt hätten. Ueberall sind die Richter Preußens objektiv; das nehme ich für sie in vollem Maße in Anspruch und weise den gegenteiligen Vorwurf zurück. (Bravo !)
Ueber die Dolmetscher hat der Herr Abgeordnete auch gesprochen. Ja, meine Feerren, wir versuchen, die Dolmetscher so gut wie möglich heranzubilden; mehr können Sie nicht von uns verlangen. Miß⸗ stände, die störend auf die Rechtspflege eingewirkt hätten, sind nicht in meiner Kenntnis gekommen. (Zuruf von den Polen.)
Dann hat der Herr Abgeordnete auch gesprochen von Ver⸗ nehmungen, die wegen der Beteiligung an Wahlen stattgefunden hätten. Meine Herren, das hängt zusammen mit der Ostmarkenzulage, die gewährt wird auf Grund eines Staatsministerialbeschlusses, welcher die Zustimmung dieses hohen Hauses gefunden hat. (Zuruf von den Polen.) — Ja, das ist nichts Neues, es ist ganz selbstver⸗ ständlich, daß so verfahren wird.
Jetzt der Fideikommißprozeß. Der Vorwurf, der mir in dem eingehenden Vortrage des Herrn Abgeordneten gemacht wurde, kommt doch nur auf den einen Punkt heraus, daß ich das Oberlandesgericht in Posen angewiesen hätte, es solle vor Ausführung des Ediktalver⸗ fahrens noch einmal zu der Frage seiner Notwendigkeit Stellung nehmen. Ja, meine Herren, wie denken Sie sich denn das Verfahren
in Fideikommißsachen? Das Oberlandesgericht ist die Fideikommiß⸗ behoͤrde. Nach § 14 des Gesetzes vom 5. März 1855 aber ist der Justizminister in Fideikommißsachen die oberste Aufsichts⸗ und Be⸗ schwerdeinstanz, also auch richterliche Instanz über Beschwerden des Oberlandesgerichts in Fideikommißsachen. Ebenso hat der Justiz⸗ minister nach Artikel 6 des preußischen Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit da, wo das Oberlandesgericht in erster Instanz entscheidet, als Beschwerdeinstanz zu entscheiden. Nun lag die Sache hier so. Der Familienschluß sollte verlautbart werden. Das Oberlandesgericht nahm an, es fehle, um die Ver⸗ lautbarung vorzunehmen, noch eine öffentliche Ladung un⸗ bekannter Anwärter. Diese öffentliche Ladung wollte das Oberlandes⸗ gericht selbst bewirken. Mir wurde das mitgeteilt — ich glaube durch das Kultusministerium — mit dem Bemerken, der Vertreter des ver⸗ storbenen Fürsten Sulkowski habe entschieden Widerspruch dagegen erhoben. Danach war mit Sicherheit die Einlegung der Be⸗
schwerde gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts zu erwarten. Ich sagte mir: wenn das Gericht auf Grund eines Beschlusses, der vielleicht nach meiner Rechtsauffassung nicht richtig ist und angefochten wird, weiter verfährt, dann gibt es Konfusion, zumal das Oberlandes⸗ gericht keinesfalls befugt war, das Aufgebotsverfahren selbst vorzu⸗ nehmen, da ein derartiges Aufgebotsverfahren gesetzlich nur durch das Amtsgericht bewirkt werden konnte. Die Frage, ob eine Ediktal⸗ zitation notwendig sei, war von dem Gericht nicht genügend geprüft; die Bedenken, die dagegen sprachen, waren in dem Widerspruch ausgedrückt. Es war nicht hinreichend beachtet, daß nach den Bestimmungen des Gesetzes vom 15. Februar 1840 über Familienschlüsse ein Aufgebotsverfahren nur stattzufinden hat, wenn Vermutungen dafür sprechen, daß noch Anwärter vorhanden sind, während nach meiner Ueberzeugung mit Rücksicht auf die erfolgte rechtskräftige Zurückweisung angeblicher Anwärterrechte das Bestehen einer solchen Vermutung anzuerkennen bedenklich war. Die Frage bedurfte der sorgfältigen Prüfung. Daß ich daher das Gericht darauf hinwies, es möchte sich die Sache noch einmal ansehen, war meine Pflicht, nicht bloß mein Recht, ich war als Aufsichtsbehörde berufen, dafür zu sorgen, daß die Fideikommißangelegenheit ordnungsmäßig erledigt wurde. Demgemäß habe ich das Gericht nicht angewiesen, es solle nun so und so entscheiden, sondern ich habe gesagt, es solle die vorliegenden Fragen nochmals nachprüfen. Das war ganz in der
Ordnung, übrigens nicht bloß vom Standpunkt der Aufsichtsinstanz
ans, sondern auch vom Standpunkt als richterliche Instanz, als
Beschwerdeinstanz, aus. Bekanntlich ist es in der freiwilligen Gerichts⸗
barkeit nichts Ungewöhnliches, daß die höhere Instanz, statt sofort
felbst zu entscheiden, der unteren die nochmalige Prüfung anheime
stellt; diese abermalige Prüfung hat das Oberlandesgericht
vorgenommen und sich nunmehr dahin ausgesprochen, daß das Ediktal⸗
verfahren in der Tat nicht angezeigt sei. 8
Also, meine Herren, wir wollen uns doch daruͤber klar sein, daß dieses Verfahren, wie es eingeschlagen worden ist, durchaus den Ge⸗ setzen entsprach. Ich wundere mich darüber, daß der Herr Abgeordnete das Gegenteil behauptet. Und nun, meine Herren,
ich weiß, gar nicht
wie ich schließlich meine Entscheidung getroffen habe, das entzieht sich ganz und gar den Angriffen des Herrn Abgeordneten; es sind richterliche Entscheidungen gewesen, derentwegen habe ich mich nicht zu rechtfertigen.
Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Der
fortschreitenden Kriminalität nur durch eine fortschreitende Sozialpolitik Einhalt getan
kann
werden. Auch Krohne hat sich zu dieser sozialdemokratischen Auf⸗ fassung bekannt und ausgesprochen, daß die Mitschuld der Gesellschaft an den Verbrechen energisch betont werden muß. Der enge Zusammen ng zwischen Lohnhöhe und Kriminalität ist statistisch nachgewiesen. üuch der Alkoholismus ist eine Folgeerscheinung mißlicher sozialer eerhältnisse. Ihn haben die Sozialdemokratie und die Gewerkschaften
.
man als das Junkerparadies b noch zum Deputat gehört. Di Sozialdemokratie in der beli
einsetzen, allein Schuldigen das Hauptgewicht auf nicht Klassengegensätze politisch soziaker geben uns besonderen Anl unsere Justizbehörden nach objektiver Rechtsprechung befä der Klassenjustiz richtet sich
aufgeprägt Natur, d
allen Volksschichten, Ein wirklich unabhängiger da das Damoklesschwert der fädchen stets über ihm hängt das größte Gewicht. Es
kleinsten
Vertreter der besseren und h Hört man die Aeußerung d schworenenamt nicht, in einem europäischen Zusammentreffen von einer Beteiligung zum Wortführer eines Sie (nach Stände Objekt, Sie schon die Richter der ordentl. Sie auch noch die Laien
Ihren eigenen Ständen herr
an d
wenden. An der Spitze gelegte Bekenntnis in
Die Richter bekommen ja ein Mißverständnis auf T “
hüllt. Ist es ihm als allgemeine
mehr Vertrauen Ein Richter, der anerkennen, daß er hat, um einem politischen wahren. das trifft auch Widerspruch rechts. f muß ein großes Maß von seiner politischen Stellung. Ordnungsstrafen erlebt, die die Bitte richten lassen, ihre Gegen sozialdemokratische
wegen Beleidigung verhängt, würden doch aus sich nicht zu kümmern.
werden besonders gegen
Die die
blätter zu verteilen, wenn einer mit einem Paket einem Rittergutsbesitzer, der öffentlich Flugblätter für das nicht angenommen. Der? richtsurteilen, Widerspruch gesetzt hätten.
Geldstrafen von 20 bis 80 verhängt worden sein. Und davongekommen sind, daß überhaupt kaum reden Daß, wie im Moabiter Proz akten vorenthalten werden, Untersuchungsrichter sind so ungebührlich in die Länge werden die Gefangenen oft z1 ganzen körperlichen ff Die bedingte Begnadigung 1 bracht, es wird viel dabei gefragt; von zügigerem Maße muß ich allerdings preußischen Staates die Ju einem wertvoller sein. Immerhin zur preußischen Justiz zu e mit großer Geschicklichkeit Strafkammer zu bringen
geklagte, der dem Alphabet mit 50 ℳ Geldstrafe belegt
gegriffen bat, die ließ man den Sohn eines Krin Krawall beteiligt hatte,
Staatsanwaltschaft in ganz gehen zu langwierigen Gefäng
er nicht als Zeuge aus der S kommissar ausdrücklich beschein sich also, wenn es gilt, der
tun. Rolle gespielt wie der hätte alle Veranlassung Beeinflussung des Prozesses die Rechtspflege können und
in den Prozessen wohl aber Herr von dem Ansehen des Richterstan überhaupt Orden ablehnten, d ein politischer Akt.
haben
Maß des Berechtigten in keine Standpunkt des 9 ist die ungeheuere
Kreise bemächtigt hat, minister diesen Herrn zit noch so sanfter Form, stört dadurch selbst das Märche Auch die Urteile justiz, die verhängten sehen wir mit tiefem Behagen, von reaktionärer Seite gegen
Erreg um
mit dem allergrößten Nachdruck und mit glänzendem Erfolge bekämpft.
wollte ja ihren politischen P
Ich erinnere nur an die beschämende Tatsache, daß in den Gegenden, die
an den Verbrechen, die aus dem übrigen sind die politischen Machtfaktoren, um sozialpolitische Fortschritte an der steigenden Kriminalität. die Prophylaxe legen, so verkennen wir doch den eigentümlichen Charakter, der unserer Zeit durch die krassen
Wir können mit Recht den Anspruch erheben, daß auch den sogenannten unteren,
— — nimmt uns wunder, daß man Schwierig⸗ keiten in bezug auf die Beschaffung der erforderlichen Zahl von Laien befürchtet, wenn wir sehen, daß in England und Amerika selbst bei den kl Zivilsachen Laien zugezogen werden. jeder zum Schöffen⸗ und Geschworenenamt befähigt. Es werden nur die zu einem arist ‚daß derselbe Abg. Böhmer, der die unteren Stände Kampfes gegen die Standesgerichte macht.
rechts) wollen Standesgerichte, bei selbst Subjekt der
in die richterliche Unabhängigkeit müssen steht das soeben bezug auf die Ostmarkenzulage.
meiner Seite vor, Deckmantel Erscheinung tre zur Objektivität sich über
mit den
Zuruf des Abg. Böhmer.) Ein solcher Herr
der Parteikasse gezahlt.
dieser sogar verboten, bei einer Wahlbewegung an weil es eine den Reichsverband verteilen in denen sich die Richter
Wenn von Angehörigen anderer Stände
kann, überlastet,
Beschaffenheit gar nicht zu leisten imstande sind. zu sehr nach dieser Gebrauch sagen, Sozialdemokraten wird der Gummischlauchprozeß und die Moabiter den
r gewußt, die als das war die Lieber⸗ Kammer.
die Polizei und die Staatsanwaltschaft sich gerade diejenigen heraus⸗ gewerkschaftlich organisiert waren? ungeschoren, 25 ℳ an die Schutzmannsunterstützungskasse zahlte. vigilant ist, wie sich im Weddingprozeß herausgestellt hat, von der Man hat ihm, obwohl er wegen verschiedener Verbrechen und Ver eine einjährige Gefängnisstrafe verbüßt, „weil er auch sonst für die; dolizei tätig war“, wie Der Polizeipräsident von Jagow hat in Reichskanzler, gehabt, Ordensverleihungen gehören in Jagow olitische Im Gegensatze zu dem Abg. Mertin muß ich dem Justizminister den Vorwurf machen, daß er direktor Unger vernommen hat, Herr Unger hat mit seiner Rechtsbelehrung an die Geschworenen das
Keichsgerichts nicht hinaus.
zur Verantwortung gezogen hat.
in den Moabiter Strafen
zeichnet, der Schnaps auch für Schulkinder ejenigen, die gegen den Schnapsboykott der ebten Weise agitieren, sind die Schuldigen Alkoholismus hervorgehen. Im die nicht ihre ganze Kraft herbeizuführen, fast die Wenn wir auch
ist. Die Fälle von Delikten rein ie die Gerichte tagtäglich. beschäftigen, aß zur Prüfung der Frage, inwieweit
der Art ihrer Zusammensetzung zu higt sind. Der von uns erhobene Vorwurf daher nicht gegen die einzelnen Richter. die Richter aus genommen werden. Richter ist heute nicht existenzfähig, Disziplinierung an einem feinen Seiden. . Auf die Zuziehung der Laien legen wir
Freilich ist bei uns nicht
öheren Stände in die Listen aufgenommen. es Abg. Böhmer: Wir wollen das Ge⸗ tokratischen Amte machen, so glaubt man Staate zu sein. Es ist ein eigentümliches
er Gerichtsbarkeit gusschließen will, sich
unteren Nachdem durchgesiebt sind, wollen daß sie nur noch aus Gegen die Fälle des Eingriffes wir uns aufs schärfste vom Justizminister ab⸗ (Zuruf: gar keine Ostmarkenzulage!) Dann liegt 8 aber der Justizminister Ostmarkenpolitik ge daß man es jetzt betrachten kann, daß niemand der Rechtspflege hegt? sich selbst Re henschaft ablegt, muß grörten Schwierigkeiten zu kämpfen Gegner gegenüber die Objektivität zu auf den Abg. Böhmer zu. (Lebhafter
denen die Justizpflege sind. ichen Gerichte so durchsieben, ühren.
der
nicht bekannt,
Selbstüberwindung aufwenden In den letzten Monaten haben wir uns an die Richter draußen im Lande mimosenhafte Empfindlichkeit aufzugeben. Redakteure werden nie Geldstrafen weil die Richter sagen, diese Strafen Darum haben die Richter Verordnungen gegen die Sonntagsarbeit Sozialdemokratie angewandt, es wird
Sonntagen Flug⸗ öffentlich bemerkbare Acbeit sei, Flugblätter über die Straße gehe. Bei seine Knechte von einem Wagen aus ließ, wurde Redner erwähnt eine ganze Reihe von Ge⸗ mit dem Volksbewußtsein in die Exzesse der Bonner Borussen de begangen wären, würden nicht ℳ, sondern vielfach schärfere Strafen diese Bonner Borussen, die so milde man von einer eigentlichen Strafe sind noch begnadigt worden. eß, dem Gericht die polizeilichen Geheim⸗ ist einfach der Justiz unwürdig. Die daß sich die Untersuchungshaft ziehen muß. In den Gefängnissen ¹ Arbeiten gezwungen, die sie nach ihrer
infol ge
vird allzu engherzig in Anwendung ge⸗ dem Charakter der Straftat Institution muß in viel groß⸗ gemacht werden. Im ganzen daß von allen Institutionen des stiz relativ noch am besten ist. Von Ihnen diese Anerkennung um so muß man sagen, daß Prozesse wie Prozesse das Vertrauen nicht geeignet sind. Man hat ersten Moabiter Prozeß vor die zuverlässig galt, und
Das Merkwürdige ist, daß der An⸗ nach dem Prozeß den Namen gab, nur wurde. Ist es etwa ein Zufall, daß
rhöhen
Anderseits ninalkommissars, der sich ebenfalls an dem unter der Bedingung, daß er Ein Polizei⸗
unzulässiger Weise begünstigt worden.
nisstrafen verurteilt war und noch jetzt Strafaufschub erwirkt, weil trafhaft vorgeführt werden wollte, und ihm ein Kriminal⸗ igt hat. Solcher Objekte bedient man verhaßten Sozialdemokratie Abbruch zu dem Prozeß dieselbe und der Justizminister diesem nahe zu legen, sich von einer fernzuhalten. Solche Eingriffe in dürfen wir nicht dulden. Auch die
dieses Kapitel. Die Vorsitzenden allerdings keinen Orden und Herr von Zedlitz! Es würde ides mehr entsprechen, wenn Richter enn Ordensverleihungen sind zweifellos
den Landgerichts⸗ denn darauf kam es doch hinaus. r Weise überschritten, er ging über den Um so unbegreiflicher ung, die sich der reaktionären so verwunderlicher, daß der Justiz⸗ iert und ihn, wenn auch in Er zer⸗ en von der Unabhängigkeit der Richter. Prozessen sind Urteile der Klassen⸗ außerordentlich hoch. Immerhin mit welcher ohnmächtigen Wut mau diese Urteile vorgeht. Die Regierung
sich sagen müssen, daß sie sich dabei blamieren würde. die Justiz einmal nicht gewollt hat, wie Sie drauf und dran, die Justiz kurz und klein trümmern Ihr eigenes Götzenbild. Es ist eben ein Reinfall für Sie (rechts), so gehts, wenn man politische Prozesse anstrengt, dann geht es selten gut. Herr von Jagow, der proklamationsreiche Mann, hat in seiner Kaisergeburtstagsrede wundervolle Aussprüche zum besten gegeben, die man, wenn man es nicht besser wüßte, auf Herrn von Oldenburg zurückführen würde; seine Aussprüche lassen nur mit denen des alt⸗ testamentarischen Jehova vergleichen. In seinem Sinne ist auch von anderer Seite gegen unsere Justiz ein wahres Amoklaufen ver⸗ anstaltet worden. enn ich die Art, wie Herr von Zedlitz mit den Zeugenaussagen umgesprungen ist, kennzeichnen wollte, so würde ich Ausdrücke gebrauchen müssen, die allerdings nicht parlamentarisch sind; aber da uns die politische Skrupellosigkeit des Herrn von Zedlitz schon genugsam bekannt ist, unterlasse ich es, ihn nochmals zu kennzeichnen. Die Verteidigung ist zu ihrem Vorgehen lediglich durch das Vorgehen der Staatsanwaltschaft gezwungen worden. Jetzt ist plötzlich die Forderung der Beschränkung der Beweis⸗ aufnahme, die Frage der Erhöhung der Souveränität des Gerichts in den Vordergrund geschoben worden: dem Gericht müsse die Mög⸗ lichkeit, Beweisanträge abzulehnen, erweitert werden. Schon jetzt hat das Gericht diese Möglichkeit in großem Umfange. § 244 der Strafprozeßordnung ist. der Grund⸗ und Eckstein jeder Justiz, die diesen Namen verdienen will; er gilt auch schrankenlos für die Berufungsinstanz, auf die Wiedereinführung der Berufung darf man sich also nicht berufen, wenn man ihn abschwächen will. Es ist nur die Wut über den Ausgang des Moabiter Prozesses, die diese Forderung veranlaßt hat. Ist denn der Richter allwissend? Der Richterstand ist schwer überlastet, was wir am meisten bedauern, aber dieser Umstand verbietet ja gerade jede Verkümmerung der Beweisaufnahme. An die Stelle der möglichsten Erforschung der Wahrheit möchten Sie eine möglichst schnelle Justiz setzen. Gewiß würde dann Geld gespart; aber für uns gilt hier: amica pecunia, magis amica veritas. Sie möchten eine summarische Justiz im Interesse der Staats⸗ raison, da hört aber die Gerechtigkeit auf. Der Justiz⸗ minister ist so weit gegangen, in diesem Hause die reaktionären Parteien aufzupeitschen gegen ihre eigenen Reichstagskollegen. Das dürfte eine in der Geschichte der preußischen Justiz noch nicht dagewesene Erscheinung sein; es wird als besonderes Heldenstück eines preußischen Justizministers nicht so bald vergessen werden. Gegen die Art und Weise, wie hier der preußische Minister des Innern direkt zu Ungesetzlichkeiten auf⸗ gefordert hat, ist der preußische Justizminister auch hier jetzt nicht aufgetreten. Der Herr Justizminister ist ja hier mehr als ein Minister gegen die Justiz aufgetreten als wie ein Minister der Justiz. (Präsident von Kröcher bezeichnet diesen Ausdruck als un⸗ zulässigv.) Er hat sich, wie mir scheint, unter die Fittiche der Polizei geflüchtet, er hat sich da mehr als der junge Mann, als der Kommis des Herrn Polizeiministers gefühlt.. . (Präsident von Kröcher: Herr Abg. Liebknecht, diese Aeußerung war ungehörig, ich rufe Sie zur Ordnu ng!) Ich gebe ja zu, daß der Ausdruck etwas scharf ist. Die Kritik der Gerichtsurteile ist von der reaktionären Seite viel schärfer geübt worden als von der Sozialdemokratie, die Justiz steht im Gegensatz zum preußischen Staat und zur preußischen Justizverwaltung; es ist unsere Aufgabe in diesem Hause, Sie (rechts) und die Verwaltung zu zwingen, ihre Schuldigkeit zu tun. Trotz Ihrer oligarchischen Herrschaftsweise sind Sie nichts ohne die Gunst der Massen. Sie (rechts) sind nicht die Hüter der über den Parteien stehenden Gerechtigkeit. Manches ist ja schon ge⸗ bessert; denken Sie an die Wiederaufnahme des Essener Prozesses, in dem der Staatsanwalt die Freisprechung beantragt hat. Die „Kreuzzeitung“ hat die Sozialdemokratie als die von Gott gesandte Gottesgeißel zur Erziehung der herrschenden Klasse in Preußen bezeichnet. (Abg. Hoffmann (Soz.): Hört, hört! Stürmische Heiterkeit.) Wir werden nicht aufhören, die preußische Justiz immer und immer wieder unter die Lupe zu nehmen.
Jetzt, wo wollten, sind Sie zu schlagen. Sie zer⸗
Justizminister Dr. Beseler:
Meine Herren! Fürchten Sie nicht, daß
ich eine längere Rede halten werde. Ich werde mich
auch, wie ich früher schon betont habe, nicht auf die Vorgänge und den Prozeß einlassen, die doch wohl das Hauptthema des Herrn Vorredners gebildet haben. Ich möchte nur auf eins hinweisen, und das scheint mir in gewisser Weise kenn
zeichnend zu sein für die ganze Art und Weise, wie der Herr Ab⸗ geordnete seine Ausführungen gemacht hat. Er hat mir zum Vorwurf gemacht, ich hätte die Justiz nicht in Schutz genommen und hätte kein Wort des Lobes für die Richter gefunden. Nun denken Sie sich
daß ich im Laufe der jetzigen Verhandlungen gesagt hätte, die Richter hätten sich in vollem Maße bewährt, ich müßte ihnen die öffentliche Anerkennung aussprechen, — ich glaube, der erste, der aufgetreten wäre und gesagt hätte, daß ich in den Gang des Prozesses eingriffe
wäre der Abg. Liebknecht gewesen. (Bravo! rechts.)
Darauf vertagt sich das Haus.
Persönlich bemerkt
Abg. Böhmer (kons.): Der Abg. Liebknecht hat Bezug ge⸗ nommen auf zwei von mir in der Budgetkommission getane Aeußerungen und deren Sinn entstellt. Ich habe mit keiner Silbe der Auswahl der Laienrichter aus aristokratischen Kreisen das Wort geredet, sondern nur sagen wollen, daß die Laienrichter aus den Besten und Unabhängigsten eines jeden Standes genommen werden müßten. Ich habe mich auch nicht gegen Standesgerichte gewandt, sondern nur ausgeführt, es würde selten zutreffen, daß ein Anklagter vor einem Schöffengerichte einem Mann aus seinem Stande gegenüberstehen würde. Außerdem, Herr Abg. Dr. Liebknecht, von einem Herrn wie Sie verbitte ich mir das Hineinzerren meines amtlichen.. . (Glocke des Präsidenten. Präsident von Kröcher: Herr Abg. Böhmer, so etwas dürfen Sie nicht sagen, ich rufe Sie zur Ordnung!) Abg. Freiherr von Zedlitz und Neuki rch (freikons.): Gegenüber den Angriffen des Abg. Liebknecht, die ich mir natürlich ebensosehr zur Ehre anrechne, wie die des „Berliner Tageblatts“, beschränke ich mich darauf zu bemerken, daß meine Ausführungen über die Wertung der Zeugenaussagen im Moabiter Prozeß und über das Verhalten der Verteidiger sich durchaus und auf der ganzen Linie auf die Begründung des Urteils der Strafkammer stützen.
Präsident von Kröcher: Herr von Zedlitz, diese Bemerkung war keine persönliche, sondern enthielt einen Beweis.
Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Als der Justizminister seine Aus⸗ führungen machte, war der Prozeß, um den es sich handelte, bereits erledigt. (Widerspruch.) Also es war ein ganz unbegründeter Vor⸗ wurf. (Präsident von Kröcher: Sie dürfen das in einer persönlichen Bemerkung nicht sagen.) Wenn der Abg. Böhmer behauptet, ich hätte seine Bemerkungen entstellt, so beziehe ich mich auf das amtliche Stenogramm, wonach er ausgeführt hat: Die ganze Beteiligung der Laien an der Strafrechtspflege muß gewissermaßen einen aristokratischen Charakter tragen.
Schluß nach 5 Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend, 11 Uhr (Fortsetzung der heutigen Beratung) 8 8
rozeß; sie hat ihn gehabt; sie hätte