1911 / 37 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 11 Feb 1911 18:00:01 GMT) scan diff

ingweilige trafkammersitzung beiwohnen zu müssen. Im Zentrum hält sich das Für und Wider der Zweckmäßigkeitsgründe die Wage; wenn aber die Lehrerschaft selbst Wert darauf legt, die Frage in hrem Sinne gelöst zu sehen, so wollen wir ihr nicht in den Weg treten. Da die Fbl der Schöffen in Zukunft gesteigert werden wird, ist auch die Erweiterung des Kreises notwendig, aus

dem Schöffen ausgewählt werden können. Daher stimmt das

Zentrum auch für die Zulassung der Lehrer zum Schöffen⸗ und

eschworenenamt.

Geheimer Oberregterungsrat Klotzsch: Die Zahl der Schulen mit einer Lehrkraft betrug 1906 noch über 20 000. Danach be⸗ richtigen sich die Ausführungen des Vorredners.

Abg. Linz (Rp.): Wir werden für die gestellten Anträge stimmen. (Zuruf links.) Die bezüglichen Kommissionsverhandlungen fielen in die parlamentsfreie Zeit; sowie die Reichstagsverhandlungen wieder begonnen hatten, hat sich die Fraktion in ihrer ersten Sitzung für diese Forderung der Lehrer entschieden. Die Berufung eines Lehrers zum Schöffen⸗ und Geschworenenamt wird übrigens ganz außerordentlich selten eintreten. In der nationalen Seite der Frage stehe ich auf dem Standpunkt des Abg. Kopsch.

Abg. Stychel (Pole) spricht sich gegen die Zulassung der Lehrer zum Schöffen⸗ und Geschworenenamt aus und führt als Grund hauptsächlich die absolute Abhängigkeit der Lehrer im preußischen Osten von den Kreisschulinspektoren und den Verwaltungsbeamten an. Abg. Kölle (wirtsch. Vgg.): Wir sind für die Zulassung schon in der Kommission eingetreten, bei uns kann also von einem Umfall

Der Antrag, be⸗

keine Rede sein. Hierauf wird die Debatte geschlossen. zur Abstimmung lag gegen die Stimmen der

treffend die Volksschullehrer, wird gesondert gebracht und der Kommissionsvorsch Polen gestrichen. 1 Persönlich bemerkt n’eer 8

Abg. Fischhec (fortschr. Vp.): Dr. Hahn hat mir zugerufen: „Wir sind hier nicht im Roten Hause.“ Damit hat er mir objektiv wohl eine Eloge machen wollen; wir brauchen im Roten Hause keine demagogischen Kunststücke, um die Interessen der Lehrer zu vertreten. In Rücksicht auf die Tonart aber, die er beliebte, darf ich ihm sagen: Seit seine Fseaoe aus dem Roten Hause verschwunden sind, verhandelt keine Behörde so anständig und vornehm wie das Berliner Rathaus.

Abg. Waida (Pole) bemerkt gegenüber dem Abg. Kopsch, daß er in erster Lesung der Kommission für die Zulassung, in zweiter aber dagegen gestimmt habe, nachdem ihm in seinem Wahlkreise ganz andere Anschauungen über diese Frage unter den Lehrern begegnet seien.

Abg. Dr. Hahn (kons.): Ich hatte gemeint, die Manier des Abg. Fischbeck, mich zu unterbrechen, sei wohl im Roten Hause üblich. Wenn der Abg. Kopsch über uns als Sünder eine Herzens⸗ freude empfindet, so fehlen ihm alle Qualitäten zu einem Gerechten.

Darauf wird um 8 ¼ Uhr die weitere Beratung auf Sonnabend, 11 Uhr, vertagt. Vorher Interpellation Kanitz, betreffend die Ueberschwemmung des deutschen Kapitalmarkts mit fremden Papieren.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 23. Sitzung vom 10. Februar 1911, Vormittags 11 Uhr.

(Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sitzung ist in der Nummer d. Bl. berichtet worden.

Das Haus setzt zunächst die erste Beratung des Ent⸗ wurfs eines Zweckverbandsgesetzes für Groß⸗ Berlin fort.

Minister des Innern von Dallwitz:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat nochmals die Ein⸗ beziehung der beiden Landkreise in den Zweckverband Groß⸗Berlin gerügt. Er hat dabei Bezug genommen auf einen Beschluß des Kreistages Teltow, den dieser in den letzten Tagen gefaßt haben soll. Der Beschluß des Kreistages hat mir noch nicht vorgelegen; ich möchte aber hervorheben, daß eine objektive Beurteilung von den einzelnen Interessenten nicht zu erwarten steht, weil diese zunächst die Nachteile und die Vorteile, die sich für sie daraus ergeben, in den Vordergrund stellen werden, nicht aber die Vorteile, welche sich für die Allgemein⸗ heit durch ihren Beitritt zu dem allgemeinen Verbande ergeben werden. Es liegt auf der Hand, daß jedes einzelne Glied des neuen Verbandes Bedenken trägt, ihm beizutreten, weil jedes einzelne Glied auf wichtigen Gebieten seiner bisherigen Zuständig⸗ keit Beschränkung erleiden muß. Daß aber die Beschränkung zugute kommen soll einem Verbande, der sich aus den einzelnen Gliedern zusammensetzt, organisch auf ihnen aufgebaut ist, das machen sie sich zunächst noch nicht genügend klar. Ich glaube auch nicht, daß die Annahme des Herrn Vorredners zutrifft, daß die gleichen Bedenken, die den Kreis Teltow erfüllen, von dem Kreistage des Kreises Niederbarnim geteilt werden. Die Verhältnisse liegen dort etwas anders. Der Kreis Teltow hegt die Befürchtung, daß er⸗ weil er sehr wohlhabend ist, da insbesondere 90 % seiner Bevölkerung zim Teil leistungsfähiger sind als andere Vororte der Stadt Berlin, die nicht zum Kreise Teltow gehören, zu einem verhältnismäßig hohen Beitrage für die Interessen der Gesamtheit wird herangezogen werden müssen. Er ist der Ansicht, daß er unter Umständen seine eigenen Interessen etwas billiger würde wahrnehmen können, übersieht aber, daß die Interessen des gesamten Zweckverbandes durch einseltige Wahrnehmung der Interessen des Kreises Teltow nicht erfüllt werden können.

Der Herr Vorredner geht davon aus, daß, wenn man nur einzelne Ortschaften des Kreises Teltow hineinbeziehen könne, es leichter sein würde, auch einzelne Ortschaften des Kreises Osthavelland in den Zweckverband mit hineinzubeziehen. Der Kreis Osthavelland wird durch den Großschiffahrtsweg durchschnitten. An diesem entlang hat ein so starker Industrialisierungsprozeß eingesetzt, daß es meines Dafürhaltens gar nicht möglich sein würde, aus dem Kreise Osthavel⸗ land einzelne Bezirke herauszuschneiden und sie dem Zwangsverbande zuzulegen, weil möglicherweise in 30 Jahren die Industrialisierung so weit fortgeschritten ist, daß weitere Ortschaften und weitere Be⸗ zirke des Kreises dem Verbande zugelegt werden müßten, und daß wiederum nach kurzer Zeit die Klinke der Gesetzgebung in die Hand genommen werden müßte, um einen der natürlichen Interessensphäre entsprechenden Bezirk zu bilden. Allzu häufig aber mit ergänzenden Gesetzen hervorzutreten, würde, glaube ich, sehr bedenklich sein, weil dadurch eine dauernde Beunruhigung in den Zweckverband hinein⸗ getragen würde.

Wir käönnen nicht davon absehen, jetzt die Grenzen des Verbandes so weit zu ziehen, daß wir für absehbare Zeit damit auskommen könnten. Es ist notwendig, einen größeren kommunalen Verband, s

wie es der Kreis Teltow ist, zusammenzulassen und nicht die Ab⸗ grenzung bei einzelnen Gemeinden zu ziehen; denn, wie gesagt: in nicht sehr langer Zeit würde sich das Vorortgebiet weit über den jetzt vor⸗

gestrigen

gesehenen kleineren Bezirk hinauserstrecken. Gegen die Einbeziehung lediglich einzelner größerer Gemeinden des Kreises Teltow in den Zweckverband ist doch auch das wesentliche Bedenken geltend zu machen, das ich neulich schon hervorgehoben habe, daß es dann nämlich nicht möglich sein würde, den Verbandsausschuß aktionsfähig zu gestalten. Wir würden den Verbandsausschuß, der nach meinem Dafürhalten als Verwaltungskörper nicht zu groß sein darf, sich nicht aus zu vielen Mitgliedern zusammensetzen darf, wenn er seinen Aufgaben gerecht werden soll, sonst so umformen, so wenig praktisch gestalten müssen, daß eine ersprießliche Verwaltung in Frage gestellt sein würde. Ich kann nochmals darauf hinweisen, daß nach den angestellten Ermittlungen, die ich in der Kommission näher darlegen werde, tatsächlich ungefähr 90 % des Kreises Teltow nach der Bevölkerungszahl und nach dem Steueraufkommen jetzt schon in das Interessengebiet des Verbandes gehören. Nun noch eine künst⸗ liche Trennung herbeizuführen, um die letzten 10 % auszuschließen, würde meines Erachtens nicht zweckmäßig sein.

Abg. Ziethen⸗Lichtenberg (fr. kons.): Der Zweckverband hat die Aufgabe, für die Zukunft zu sorgen. Darum ist es ausgeschlossen, daß er nur auf die Stadt Berlin und die allernächsten Berliner Vororte beschränkt werden kann. Die Kreise müssen also unbedingt hinzu⸗ gezogen werden; vielleicht ist es aber möglich, die Grenze für die selbständige Vertretung einzelner Gemeinden herabzusetzen. Die Aufgaben des Zweckverbandes müssen zunächst ziemlich eng begrenzt werden, da es sonst unmöglich sein würde, sofort ein harmonisches Zusammenarbeiten zu erreichen. Daß der Oberbürgermeister von Berlin Verbandsdirektor wird, ist voll⸗ ständig ausgeschlossen. Die Stellung ist so bedeutsam, daß die volle Arbeitskraft eines Mannes erforderlich ist, um den Aufgaben des Amtes vollkommen gerecht werden zu können. Gegen die Ge⸗ währung einer größeren Vertreterzahl für Berlin habe ich zuerst große Bedenken gehabt. Durch die Beratung habe ich mich aber davon überzeugen lassen, daß die Bedenken nicht gerechtfertigt sind. Es wird sich wvahrscheinlich viel weniger um einen Gegensatz zwischen Berlin einerseits und den Vororten anderseits handeln, als um einen Gegensatz zwischen den Vextretern der östlichen und der westlichen Vororte, wozu dann noch politische Erwägungen bei den einzelnen Vertretern kommen. Es wird sich aber vielleicht doch empfehlen, eine bestimmte Grenze zu ziehen. Am meisten gehen die Interessen der westlichen und der östlichen Vororte bezüglich der Volksschullasten auseinander. Auf Grund des bbbbbbhe ist ein Ausgleich für die Schullasten der Vorortgemeinden nicht zu finden. Hier muß der Verband Groß⸗Berlin eintreten, der eine wirtschaftliche Einheit bildet und eine große Steuerkraft darstellt. Es wird jedoch nicht an⸗ gängig sein, die gesamten Volksschullasten auf den Verband zu über⸗ tragen, es muß vielmehr ein Teil davon den einzelnen Gemeinden überlassen bleiben, damit sie ein Interesse daran haben, wirtschaftlich zu verfahren. Wenn man z. B. annimmt, daß 60 % der Einkommensteuer einer Gemeinde für die Schullasten verwendet werden, so könnte man bestimmen, daß 40 % der Einkommensteuer an die Verbandsschulkasse zur Bestreitung der Schullasten abzuführen seien. Ich habe die ernstesten Bedenken, dem Gesetz über diesen Zweckverband zuzustimmen, wenn nicht zugleich ein Ausgleich in den Schullasten geschaffen wird. Die Notwendigkeit dieses Ausgleichs nötigt geradezu zur Bildung eines Zweckverbandes, und es wäre wünschenswert, daß die Regierung eine Erklärung darüber abgibt.

Abg. Dr. Crüger (fortschr. Volksp.): Jeder Redner hat für die Verkaa⸗ seine Sympathien ausgesprochen, aber dann immer einzelne Bedenken vorgebracht, von deren Beseitigung er seine Zustimmung abhängig machte. Es liegt eine große Zahl von Petitionen vor, fast alle Kommunen haben zur Vorlage Petitionen eingebracht, nur nicht Charlottenburg, das ich vertrete. Charlottenburg stellt sich durchaus auf den Groß⸗Berliner Standpunkt und will keine Sonderinteressen bei dieser Vorlage zulassen. Eine Frucht der Vorlage ist bereits die Vereinbarung zwischen Berlin und der Großen Berliner Straßenbahn. Wilmersdorf hat sich dagegen ver⸗ wahrt, daß es sein Schäfchen mit dieser Vorlage ins Trockene habe bringen wollen. Da kann man sagen: Qui s'excuse, s'accuse. Wenn man sieht, wie die einzelnen Gemeinden Sondervorteile heraus⸗ zuschlagen hoffen, so kommt die Sympathie für die Vorlage ins Schwanken, und wenn noch das eine hinzukommt, daß der Staat seine Wälder vielleicht vorteilhaft verkaufen kann, dann ist überhaupt keiner mehr da, der Sympathie für die Vorlage hat. Es wird sehr schwierig sein, die widerstreitenden Interessen zu vereinigen und zu einem einheitlichen Wirtschaftsgebiet zu kommen. Vielleicht be⸗ kommen wir einen Zweckverband, und die einzelnen Kommunen arbeiten erst recht gegeneinander; dann kann der Zweckverband sogar zu einem Hindernis für die Entwicklung der einzelnen Kommunen werden. Wir müssen die Sonderinteressen zurückdrängen. Ich bedaure, daß es jetzt zu einem Zweckverband kommen muß; ich hätte gewünscht, daß eine freiwillige Organisation zustande gekommen wäre. Ich bedaure es gar nicht, daß es vor etwa 20 Jahren nicht zu einer Eingemeindung gekommen ist. Die jetzige Blüte der vielen Vororte wäre gar nicht möglich gewesen, wenn damals alle diese Ge⸗ meinden nach Berlin eingemeindet worden wären. Die Schuld an den bestehenden Schwierigkeiten will man seitens der Regierung und der Rechten auf Berlin schieben; die Schuld liegt aber ebenso bei der Regierung. Der Abg. von Zedlitz sagt einfach, die Schuld liegt an der politischen Zusammensetzung der Berliner Gemeindekörperschaften. Sopiel ich weiß, sitzen im Berliner Magistrat auch Männer, die sehr stark nach rechts neigen. Es dient der Sache nicht, wenn wir uns hier mit Personenfragen beschäftigen. Gegen den allgemeinen Vor⸗ wurf des Abg. von Zedlitz muß ich jedenfalls Verwahrung einlegen. Sämtliche Sachverständigen und Fachmänner erkennen die soziale Be⸗ deutung der Stadt Berlin an, nur Herr von Zedlitz nicht. Das Urteil der Sachverständigen ist aber wertvoller, als die Ansicht eines Mannes, der diesen Dingen doch ziemlich fremd gegenübersteht. Dem Vorwurf des Abg. Cassel gegenüber hat der Minister erklärt, daß die Regierung keine Pflicht gehabt habe, die Stadt Berlin vor der Verlängerung der Konzession der Großen Berliner Straßenbahn zu hören. Den Vorwurf hat Herr Cassel nicht erhoben, er hat es nur als eine moralische Pflicht bezeichnet. Wo hat man es sonst erlebt, daß eine Regierung eine Hauptstadt so als quantité négligeable behandelte! Die Regierung appelliert ihrerseits recht oft an die moralischen Pflichten der Stadt Berlin. Der Minister hat in dieser Streitfrage nicht sehr glücklich abgeschlossen. Es ist bedenklich, wenn man seine moralische Pflicht so niedrig abschätzt. Was ist das Ergebnis gewesen? Die unendlichen finanziellen Streitigkeiten zwischen der Stadt und der Großen Berliner Straßen⸗ bahn. Der Minister freut sich, daß diese Schwierigkeiten jetzt durch Vergleich aus der Welt geschafft werden. Die Regierung ist aber gerade durch ihre Verhandlungen mit der Straßenbahn hinter dem Rücken von Berlin schuld daran gewesen, daß diese Schwierig⸗ keiten entstanden sind. Ohne diese Dinge wäre das Zustandekommen des Zweckverbands leichter gewesen. Ist denn jetzt die Sache mit der Nord⸗Südbahn eine großzügige Politik? Jetzt wird wieder monate⸗ lang verhandelt werden, anstatt daß man mit dem Bau anfängt. Warum werden denn die 15 km bis zum Belleallianceplatz ge⸗ nehmigt, aber nicht die weiteren 10 km bis Tempelhof? Die Interessen der Allgemeinheit stehen doch höher, als die von Tempelhof. Häufig liegen die Schwierigkeiten übrigens gar nicht bei den höheren Instanzen im Ministerium, sondern bei den unteren Organen. Man sagt, die Vorlage sei ein Sprung ins Dunkle. Die Vorlage ist einfach ein Surrogat für die Eingemeindung, ein Notbebelf. Ich würde lieber den Kreis Osthavelland hineinnehmen und dafür einige Teile von Teltow und Nieder⸗Barnim herauslassen. Man sagt, die Kreise würden dadurch zerschnitten, aber die einzelnen Auf⸗

aben der Gemeinden werden doch auch zerschnitten. Es soll ein ein⸗ heitliches Gebiet geschaffen werden. Wenn man aber Spandau

man weiß z. B. an vielen Stellen nicht, ob man in Charlottenburg oder Spandau ist. Lichtenberg sagt sich einfach: hier ist eine schöne Gelegenheit, um aus den westlichen Vororten Kapital für den Osten herauszuschlagen. Die Schullastenfrage darf nicht mit der Vorlage verquickt werden. Der Staat hat viele seiner Aufgaben, z. B. auf dem Gebiete der Kaufmannsgerichte, Gewerbegerichte usw., auf die Kommunen abgeschoben, nur um die Lasten abzuwälzen. Man muß Hochachtung vor den Kommunen haben, daß sie dieser Schwierigkeiten noch immer Herr geworden sind. Der Ausgangspunkt der ganzen Vorlage ist der Verkauf der Wälder. Ob die Grundsätze der Ent⸗ eignung, wie Herr von Zedlitz annimmt, hier einfach übertragen werden können, ist mir sehr zweifelhaft. Es kommt darauf an, ob der Staat den Wald als Wald oder als Bauland auf den Zweckverband über⸗ tragen will. Wenn er ihn zwingen wollte, den Wald als Bauland zu erwerben, so würde dem Verband von vornherein eine zu große Last auferlegt werden. Bei dieser Vorlage gehen Hand in Hand die Steuerpolitik der Kreise und die Grundstücksspekulationspolitik des Fiskus, und das ist am verhängnisvollsten für das Groß⸗Berliner Wirtschaftsgebiet gewesen. Nie hat eine Regierung so Gelegenheit gehabt, großzügige Wohnungspolitik zu treiben, und nie hat eine Regierung diese Gelegenheit so verpaßt, wie die preußische Regierung. (Zwischenrufe des Abg. von Pappenh eim.) Herr von Pappenheim, Sie billigen die Grundstücksspekulation des Fiskus! Entspricht es etwa dem Prinzip wahrer Selbstverwaltung, wenn Köpenick auf das Ausscheiden aus dem Kreise verzichtet, weil der Kreis ihm einen Wald abnimmt, oder wenn Tempelhof sich bestimmte Garantien auferlegen läßt? Unserem Wunsche entspräche es einfach, wenn Städte von 30 000 Einwohnern ohne weiteres aus dem Kreise austräten. Die Konservativen machen aber immer Schwierigkeiten, und auf solche Schwierigkeiten werden wir gerade bei diesem Zweck⸗ verband stoßen. Dieses Zweckverbandsgesetz ist ein Eingriff in die Selbstverwaltung. Wenn Mitglieder der Verbandsversammlung vom König ernannt werden sollen, so ist das ein Hohn auf die Selbst⸗ verwaltung. Durch die Art der Beitragsleistung ist allerdings das plutokratische Regiment beseitigt, aber wir kommen vielleicht in ein anderes System hinein, das wir noch gar nicht über⸗ sehen können. Der Zwangsverband kann leicht zu einem Prozeß⸗ verband werden, in welchem sich immer die einzelnen Interessen⸗ gruppen scharf gegenüberstehen. Wir müssen deshalb dafür sorgen, daß seine Aktionsfähigkeit garantiert wird. Der Zwangsverband ist allerdings ein notwendiges Uebel, aber wir müssen ihn so gestalten, daß er möglichst wenig Böses anrichten kann. Gutes wird er nur wirken, wenn gleichzeitig eine durchgreifende Aenderung der Regierungs⸗ politik eintriit. Die Regierung muß zunächst einmal die Ein⸗ gemeindung der kleinen Gemeinden fördern, ferner müssen die Zwerg⸗ gemeinden und Steueroasen in den Kreisen fort, ferner ist eine groß⸗ zügige Wohnungspolitik zu treiben, und endlich muß mit der fiskalischen Bodenpolitik, die die Kommunen so sehr belastet, ein Ende gemacht werden. Die Kommission steht vor einer schwierigen Aufgabe; ich wünsche vom Groß⸗Berliner Standpunkt, daß alle Parteien sich zusammenfinden, damit reelle Vorteile aus der rbeit des Zweckverbandes sich ergeben können. Aber der Zweckverhand wird seine große Aufgabe nur erfüllen können, wenn eine solche Aenderung in der Regierungspolitik eintritt.

Darauf wird ein Schlußantrag angenommen.

Abg. Rosenow (fortschr. Volksp.) bedauert zur Geschäfts⸗ ordnung, daß er durch den Schluß verhindert sei, der Darstellung des Eisenbahnministers über die Konzessionierung der Nord⸗Südbahn ent⸗

egenzutreten. 8 Abg. Hammer (kons.) spricht gleichfalls das Bedauern aus, daß er nicht mehr zum Worte kommen könne; jedoch habe er gerade das Gegenteil von dem sagen wollen, was der Abg. Rosenow auszuführen beabsichtigte. 8

Die Vorlage wird darauf an die Kommission von 28 Mit⸗ gliedern überwiesen, an die bereits das allgemeine Zweckverbands⸗ gesetz überwiesen worden ist.

Die Verordnung, betreffend die Bekämpfung der akuten spinalen Kinderlähmung im Regierungs⸗ bezirk Schleswig, wird durch Kenntnisnahme ohne Debatte erledigt.

Es folgt die Beratung des Antrags der Abgg. Reck (kons.) und Gen., betreffend Entschädigung von Tier⸗ besitzern für veterinärpolizeiliche Sperrmaßnahmen.

Abg. von Arnim⸗Züsedom (kons.) berichtet über die Verhandlungen der Kommission, von der der Antrag in fol⸗ gender Fassung angenommen worden ist:

„die Staatsregierung zu ersuchen, gelegentlich der bevor⸗ stehenden Neuregelung der Ausführungsvorschriften zum Reichs⸗ viehseuchengesetz Vorsorge zu treffen, daß die von den Tierbesitzern an die Provinzialverbände gemäß den gesetzlichen Bestimmungen für Entschädigungsleistungen zu zahlenden Beiträge oder die aus diesen angesammelten Reservefonds auch Verwendung finden können zu Beihilfen an solche Tierbesitzer, welche durch veterinärpolizeiliche Sperrmaßnahmen namentlich in Grenzbezirken in ihrer Existenz bedroht werden“.

Diese Formulierung bedeutet zwar eine Einschränkung des Antrags Reck, der Mittel im Etat für diese Unterstützung bereit gestellt haben wollte; aber es wäre sonst der Grundsatz, daß für polizeiliche Maßnahmen keine Entschädigung gewährt werden kann, durchbrochen worden. 1

Abg. von Bieberstein (kons.): Ich kann nur wünschen, daß das, was in dem Antrage steht, möglichst schnell in die Wirklichkeit um gesetzt wird. Partielle Notstände bestehen zweifellos. Besonders die Provinz Ostpreußen hat außerordentlich unter der Seuche zu leiden

mehr als 2000 gehabt. Abg. Reck (kons.): In der Kommission war man der Ansicht, da

zustellen. Es muß aber unbedingt schnell und gründlich gehol

die schwer durch die Sperrmaßregeln getroffen worden sind. Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Frei

herr von Schorlemer: Meine Herren! Ich kann gegenüber dem Antrage der Budget

9

Erklärung abgeben, daß die Staatsregierung den von der Budget

Provinzialverwaltungen ermöglicht, ihre Reglements zum Reichsvieh seuchengesetz dahin zu erweitern, daß auch der aus Anlaß anderer

Viehseuchen entstandene Schaden vergütet und hierzu auch der bereits aufgespeicherte Reservefonds verwandt werden kann.

Klauenseuche einen Schaden erlitten hat. Das geschieht überall da, wo überhaupt Maul⸗ und Klauenseuche auftritt!

herausläßt, wird das einheitliche Gebiet wieder durchbrochen, denn

i(Schluß in der Zweiten Beilage.)

Ein Landwirt hat durch die Sperrmaßregeln allein einen Verlust vo

die in den einzelnen Fonds vorhandenen Mittel zur Unterstützung ausreichen, und daß es nicht nötig ist, einen besonderen Etatstitel ein⸗

werden, denn es handelt sich um viele kleine und mittlere Landwirte,

Zu den Ausführungen der Herren Abgg. von Bieberstein und Reck möchte ich noch einmal betonen, daß ich durchaus davon über⸗ zeugt bin, wie hart und schwer gerade in den Grenzbezirken durch den Ausbruch der Maul⸗ und Klauenseuche die kleineren Besitzer betroffen worden sind. Aber, meine Herren, und das sage ich in Er⸗ gänzung meiner früher hier gemachten Ausführungen es wird sich doch bei der Frage einer Entschädigung nicht um solche Fälle handeln können, in denen der einzelne Viehbesitzer durch die Maul⸗ und

kommission in Uebereinstimmung mit dem Herrn Finanzminister die

kommission vorgeschlagenen Weg als gangbar ansieht, und daß sie bereits Vorsorge getroffen hat, daß in das Ausführungsgesetz zum Viehseuchengesetz eine Bestimmung aufgenommen wird, welche es den

eutschen Reichsanzeiger und

Es kommt darauf an, ob eine größere Mehrzahl von Vieh⸗

7

besitzern beim einzelnen müßte die Privatwohltätigkeit eingreifen durch die Folgen der Maul⸗ und Klauenseuche tatsächlich in ihrem Erwerbs⸗ und Nahrungszustande bedroht erscheint. Liegt diese Voraussetzung vor, so würde es sich allerdings um einen Notstand handeln und dann age ob und wie diesem Notstande, auch unter Zuziehung von Staatsbeihilfen, abgeholfen werden kann. Aber, meine Herren, nach dieser Richtung haben auch die Ausführungen der Herren Vorredner meines Erachtens genügende Tatsachen nicht ergeben. Ich bin indes im Verfolg der Zusage, die ich bereits früher gemacht habe, gerne bereit, auch diese Angelegenheit nochmals nach Anhörung der Provinzial⸗ und Kreisbehörden einer weiteren Prüfung zu unterziehen. Dann möchte ich bezüglich der Grenzbezirke noch folgendes be⸗

die Maul⸗ und Klauenseuche in den Be⸗ zirken von Ostpreußen mehr oder weniger im Schwinden begriffen, anderen Teilen der Monarchie sehr viel kritischer geworden ist als dort. (Sehr richtig!) Wohin sollten wir kommen, wenn überall da, wo durch die Maul⸗ und Klauenseuche ein empfindlicher Schaden angerichtet worden ist, sofort der Staat treten soll! Es klingt etwas hart, aber wir können doch auch die ostpreußischen Viehbesitzer nicht anders der Staat kann immer nur da eintreten, wo die Gefährdung einer größeren Allgemeinheit im Er⸗ werbs⸗ und Nahrungszustande vorliegt, wo also wirklich ein Notstand

der Frage näher zu treten sein,

merken: Augenblicklich ist

während andererseits die Lage in

mit seinen Beihilfen in Aktion

behandeln als die rheinischen Winzer;

vorhanden ist. (Sehr richtig! und Bravo!)

Abg. Gyßling (fortschr. Volksp.): Gerade im Innern von Ost⸗ Ich möchte doch die zu prüfen und, 9 17 8 2 9„ Der Minister schuldet noch eine Erklärung über den Vorschlag des Abg. 18. 1 ¹ 8 18 ¹ Die Zahl der staatlichen Tierärzte ergänzt

preußen hat die Seuche bedeutend zugenommen. Regierung bitten, die wenn wirklich

einzelnen Fälle wohlwollend

ein Notstand vorliegt, helfend einzugreifen.

Ehlers über eine Stallkontrolle. könnte durch die Hinzuziehung von privaten Tierärzten werden. Wie steht es mit der Bekämpfung der Seuche Wege der Serumbehandlung. Der Standpunkt, den die Regierung Gund die Kommission eingenommen hat, ist auf Grund der jetzigen Rechtslage vollkommen korrekt. Danach ist der Staat nicht verpflichtet, denjenigen, denen durch polizei⸗ 883 Maßnahmen Schäden entstehen, diesen Schaden zu ersetzen. Aber es muß doch an die Prüfung der Frage herangetreten werden ob nicht in Zukunft mit diesem Grundsatz zu brechen ist. Ich möchte den Minister bitten, nicht nur nach der Resolution zu handeln londern dann, wenn sich wirklich bei der weiteren Prüfung ein Not⸗ stand herausstellen sollte, mit außerordentlichen Mitteln an die Be⸗ seitigung dieses Notstandes heranzutreten. 9 Abg. Heine (nl.): Die Absperrungsmaßregeln werden manchmal zu scharf gehan habt. Es ist doch nicht immer nötig, alle Vor⸗ werke in die Absperrungsgrenze hineinzubeziehen. Erfreulich ist die Zustimmung aller Parteien zu diesem Antrage. Leider steht aber die Finanzverwaltung auf dem Standpunkt, daß bei Eingriffen der Polizei in allgemeinen Interesse den Geschädigten ein Rechtsanspruch nicht zusteht. Die Allgemeinheit könnte aber doch wenigstens dort eine Unterstützung gewähren, wo sie den einzelnen im allgemeinen Interesse so schädigt, daß er dadurch in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht wird. Abg. von Saß⸗Jaworski (Pole) stimmend zu dem Antrage. Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer: Meine Herren! Wenn die Lage der Grenzbezirke bei dem letzten Ausbruch der Maul⸗ und Klauenseuche eine besonders ungünstige ge⸗ wesen ist, so war das in erster Linie darauf zurückzuführen, daß die Maul⸗ und Klauenseuche noch zu einer Zeit ausbrach, wo sich das Vieh auf der Weide befand, und daß infolge der angeordneten Sperr⸗ maßregeln die Viehbesitzer genötigt wurden, das Vieh auf den Stall zu nehmen und teilweise schon den Futtervorrat zu verfüttern, den sie eigentlich für den Winter aufgespeichert hatten. (Sehr richtig! rechts.) Im übrigen trifft es im allgemeinen zu, daß die Lage der Grenz⸗ bezirke beim Ausbruch der Maul⸗ und Klauenseuche keine schlimmere ist als die der weiter entlegenen Bezirke. Sie ist nur dann in der Regel drückender gewesen, wenn es uns gelungen ist, durch die getroffenen Maß⸗ regeln die Maul⸗ und Klauenseuche auf die Grenzbezirke zu beschränken, und das ist leider bei dem letzten Seuchenausbruch nur für kurze Zeit der Fall gewesen; die Seuche hat sich verhältnismäßig rasch auch auf weitere Bezirke ausgebreitet. Die Forderung des Herrn Abg. Gyßling, der Stallkontrolle näher zu treten, ist leider unerfüllbar. Sie scheitert nicht allein an der finanziellen, sondern vor allen Dingen auch an der physischen Un⸗ möglichkeit. Allein im Königreich Preußen würden weit mehr als 2 Millionen Gehöfte für die Stallkontrolle in Betracht kommen, und es liegt auf der Hand, daß tatsächlich nicht die nötigen Tierärzte vor⸗ handen sind, um überhaupt eine solche Kontrolle zur Genüge aus⸗ zuführen. 8 Ich möchte aber bei diesem Anlaß doch mit der Mitteilung nicht länger zurückhalten, daß nach den bisherigen Versuchen und auch nach der bestimmt geäußerten Ansicht des Professors Löffler das jetzt von ihm hergestellte Serum Erfolg verspricht, und daß es, wenn die weiteren Versuche sich bewähren, voraussichtlich gelingen wird, bei einem weiteren Seuchenausbruche das nötige Serum zur Immunisierung des Viehes zur Verfügung zu stellen. Augen⸗ 8 blicklich ist der Vorrat noch so gering, daß es nur möglich ist, ihn in einzelnen Fällen und besonders dann zu verwenden, wenn der Erfolg eines Versuchs gesichert ist. Wenn aber das Serum in größeren Mengen hergestellt sein wird und das ist voraussichtlich in nicht zu langer Zeit zu erreichen —, dann würden wir imstande sein, so viel abzugeben, daß die Tiere in den Ställen, in deren Umgegend schon die Maul⸗ und Klauenseuche ausgebrochen ist, immunisiert und also hoffentlich vor der Seuche geschützt werden können. Die Erfin⸗ dung dieses Serums wird ja unter Umständen die ganze Sachlage bei weiteren Ausbrüchen von Maul⸗ und Klauenseuche verändern.

1 Wenn sodann die Frage gestellt worden ist, ob es zulässig wäre, Tiere in Vorwerken, deren Stall noch nicht verseucht ist, durch Uebertragung anzustecken, so glaube ich im großen und ganzen den

auf dem

äußert sich ebenfalls zu⸗

Zweite Beilage

onnabend, den 11

ammmE

Gesichtspunkt als richtig bezeichnen zu müssen, daß eine solche Uebertragung von einem Vorwerk zum anderen selbstverständlich überall da zulässig erscheint, wo mit Sicherheit anzunehmen ist, daß die Ansteckung doch nicht verhindert werden kann. Das wird also in der Regel da zutreffen, wo es sich um verschiedene Vorwerke eines Besitzers handelt, wo die Leute von einem Gehöft zum anderen hin⸗ gehen und wo es ganz unmöglich ist, dieselben so abzusondern, daß eine Ansteckung vermieden wird. Wenn in einem solchen Falle sofort die Seuche übertragen wird und das ganze Vieh um so rascher durch⸗ seucht, so ist damit dem Besitzer geholfen und der Allgemeinheit keinenfalls geschadet. Nach diesem Grundsatz würde auch in Zukunft entschieden werden müssen.

Wenn sodann bemängelt worden ist, daß in einzelnen Fällen auch der Transport von Milch aus Seuchengehöften noch gestattet worden ist, so ist dagegen zu bemerken, daß das jedenfalls nur da geschehen ist, wo es sich um den Transport von Milch nach Sammelmolkereien ge⸗ handelt hat, welche genügende Vorrichtungen zur Erhitzung von Milch besaßen. Im übrigen hat man sich vielfach darauf beschränkt, die Ausfuhr von erhitzter Sahne zu gestatten, und zwar mit Recht, weil bei deren Abgabe an die Molkereien die Uebertragungsgefahr auf ein ganz geringes Maß beschränkt werden kann.

Der Herr Abg. Gyßling hat sodann den Gedanken angeregt, ob es nicht zweckmäßig sein würde, nach dem alten Rechtsgrundsatz zu verfahren, und diejenigen, welche für die Algemeinheit leiden, auf Kosten dieser Allgemeinheit zu entschädigen. Nach diesem Grundsatz, meine Herren, ist bereits in den Viehseuchenreglements verfahren! Nach den Viehseuchenreglements erhebt die Provinz eine Abgabe von allen Viehbesitzern und ersetzt aus dieser Abgabe die Schäden, die bisher bei Rotz, bei Lungenseuchen und bei Milzbrand eingetreten sind und jetzt nach den neuen Bestimmungen im Ausführungsgesetz zum Reichsviehseuchengesetz auch in den Fällen von Maul⸗ und Klauen⸗ seuche ersetzt werden sollen. Ich glaube also, daß gerade auf diese Weise dem gewiß richtigen Grundsatz auch durch das Ausführungs⸗ gesetz zum Reichsviehseuchengesetz im Sinne des Antrages der Budget⸗ kommission Rechnung getragen wird. (Bravo! rechts.)

Abg. Dr. Ehlers (fortschr. Volksp.): Der Antrag der Kommission ist aus zwei Gründen annehmbar; erstens ist es ein sympathischer Gedanke, den Bedrängten zu helfen, und zweitens ist der Antrag durch⸗ aus harmlos und unschädlich. Ob er praktisch von Wert ist steht dahin, der Antrag wird Ihnen die Ueberzeugung geben, daß Sie etwas getan haben, aber er wird dem Staate keinen Pfennig kosten. Dem ursprünglichen Antrag Reck sind in dieser Hinsicht die Giftzähne aus⸗ gebrochen. Der Antrag wird wahrscheinlich, wie das Mädchen aus der Fremde, alle Jahre wiederkommen. Die Beiträge der Viehbesitzer sollen für die Entschädigungen aufkommen, d. h. wenn Geld erforderlich ist, müssen die Beiträge erhöht werden. Das ist eine Art Ver⸗ sicherung. Wir haben allerdings schon eine solche Versicherung aber sie ist sehr dürftig. Wenn wir generell eine Entschädigung einführen könnten, so würde das allerdings von großem Vorteil sein, und die Bekämpfung der Seuche würde viel leichter werden. Der Minister machte darauf aufmerksam, daß in den Sperr⸗ oder Beobachtungsbezirken die Preise heruntergehen, und er forderte uns auf auf die Händler zu wirken, daß sie für das aus diesen Bezirken kommende Vieh die normalen Preise zahlen. Als loyaler Staats⸗ bürger bin ich dieser Aufforderung nachgekommen, aber die Antworten, die ich von den Händlern bekommen habe, ermutigen mich nicht zu weiteren solchen Anregungen. Es ist doch selbstverständlich daß das Vieh aus diesen Bezirken mindestens verdächtig ist und daher nicht die normalen Preise erzielen kann. Ich werde dem An⸗ trage der Kommission zwar zustimmen, aber eine wirkliche Verbesserung ist nur dadurch zu erreichen, daß die Viehzüchter ebenso revidiert werden wie die Fabriken, aber allerdings auf Kosten des Staates. „Abg. T r. König (Zentr.): Am 23. Januar sprach mein Freund Graf Spee seine Freude darüber aus, daß sich der Abg. Ehlers viel freundlicher zu dem Antrage Reck ausgesprochen habe, als seinerzeit der Abg. Fischbeck. Herr Gyßling war damals darüber erregt. Es ist doch aber eine Freude, zu sehen, wenn sich einer bekehrt, warum sollte also Graf Spee diese Freude nicht aus⸗ sprechen? Und heute hat sich Herr Gpyßling selbst viel freundlicher über den Antrag ausgesprochen. Wir bedauern daß nicht der ursprüngliche Antrag Reck angenommen wird, der den richtigen Weg angab. Die Sperrmaßregeln bringen tat⸗ sächlich für die vielen Besitzer große Schäden mit sich, und dafür wäre eine Entschädigung angebracht. Wenn die Viehbesitzer selbst Beiträge dazu zahlen sollen, so ist dann das keine Ent⸗ schädigung. Man sollte gleich den richtigen Weg gehen, die Allgemein⸗ heit den Schaden tragen zu lassen, und in den Etat einen bestimmten Fonds für Entschädigungen einstellen. Es handelt sich doch um die Volksernährung, in deren Interesse darf die Viehhaltung nicht ver nichtet werden; es ist also eine Sache der Allgemeinheit. Der Mi⸗ nister sagt, nur bei einem Notstand könne der Staat eingreifen. Der Antrag Reck wollte aber gerade, daß der Staat eingreife, wenn ein Viehbesitzer in seiner Eristenz bedroht sei, wenn also ein Notstand vorliege. Der Antrag der Kommission ist nur Zukunftsmusik; wenn wir uns dennoch auf ihn beschränken müssen, so will ich doch den Minister bitten, so zu verfahren, als ob der Antrag Reck an genommen wäre. Ein Schlußantrag wird angenommen. 8 Abg. Hoffmann (Soz.) bedauert, durch den Schluß verhindert zu sein, die Stellung seiner Freunde darzulegen, nachdem vom Zentrum zwei Redner gesprochen haben. Er hätte sonst erklärt, daß auch seine Freunde bereit seien, durch Annahme des Kommissions⸗ etwas zu tun, was der Allgemeinheit, aber nicht den Agrariern nützt.

Abg. Dr. König (Zentr.): Das ist wohl ein Irrtum des Abg. Hoffmann, er meint wohl zwei Reduer von der freisinnigen Partei. Der Antrag der Kommission wird angenommen. Die Petition von Jerosch und Genossen in Prostken um Gewährung einer Beihilfe aus Staatsmitteln zur Verhütung der Weiter verbreitung der Maul- und Klauenseuche wird für erledigt erklärt. . CEs folgt die einmalige Beratung der Denkschrift über die staatliche Hilfsaktion aus Anlaß der Hoch wasserschäden im Jahre 1909 (zwischen Rhein und Elbe, an der Lahn, Sieg, Leine sowie im Elbegebiet in der Altmark).

2 Abg. Tourneau (Zentr.): Der Regierung ist für ihre Tätigkeit bei den Ueberschwemmungen Anerkennung zu sagen, namentlich aber müssen wir das höchste Lob den opferfreudigen Pionieren zollen; wir koͤnnen auf eine solche Truppe stolz sein. Es ist auch mit Dank anzuerkennen, daß sich der Kronprinz an die Spitze des Hilfs

auf die

ist. eine

sind

das

keit

hier der

schwemmungsgebietes völkerung bekundet hat.

kommt namentlich endlich die Mittel dies ist der beste Schutz gegen die Ueberschwemmungsgefahr.

Bild über die Hilfstätigkeit, es Ste in manchen Gemeinden am Südabhang des Harzes kleinere Ueber⸗ schwemmungsschäden eingetreten, für die auch eine Hilfe erforderlich

tätigkeit hat mit großer Schnelligkeit eingegriffen.

r Regierung ihr Einverständnis bei der Verteilung der Mittel befolgt hat. beantrage ich, die Denkschrift erklären.

klärt

11 Uhr. Vor

rügicg Prenhishen Staatse

sein warmes Herz für die notleidende Be⸗ bung Ich bitte, nochmals zu erwägen, ob nicht die Rückzahlung der Darlehen verzichtet werden kann, wenn sich Zahlungsunfähigkeit der betreffenden Besitzer herausstellt. Dabei das Eichsfeld in Betracht. Der Staat sollte zur Aufforstung des Eichsfeldes bewilligen, denn Abg. Spinzig (freikonj.): Die Denkschrift gibt uns ein erfreuliches 8 ist aber zu bedauern, daß an manchen llen die schnell genug eingetreten ist. Es sind

Hilfe nicht

Der Strom der Hilfstätigkeit ergießt sich immer nur dahin, wo große Katastrophe eingetreten ist, aber die kleinen Wasserschäden

für die Betroffenen ebenso schwer. Abg. Dr. von Kries (kons.): Meine Freunde stimmen ein in den

Dank der Vorredner für die Regierung und die braven Helfer in der

.

Not, namentlich rufe ich denen, die ihr Leben eingesetzt haben, über

Namentlich ist die Auch

Grab hinaus unseren Dank zu.

Se Tätig des Militärs lobend anzuerkennen.

die private Wohl Uns interessiert Meine Freunde sprechen mit den Grundsätzen aus, die sie Namens meiner Freunde durch Kenntnisnahme für erledigt zu

die Verwendung der staatlichen Mittel.

Abg. Heine (nl.): So anerkennend die Hilfe des Staates für

Si0 8 so 6†o s. 1 1

die betroffenen Landesteile ist, so sind doch auch zur Vorbeugung von Ueberschwemmungen namentlich Dank verdienen Ueberschwemmungen hat die Wahlspruche handelt: Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr!

munge für die Zukunft weitere Maßregeln erforderlich, die Aufforstung der kahlen Höhen. Anerkennung und unsere Soldaten. In der Hilfstätigkeit bei den Bevölkerung gezeigt, daß sie nach dem

Die Denkschrift wird durch Kenntnisnahme für erledigt er⸗ Schluß nach 4 Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend (Anleihegesetz für neue Bergwerksanlagen; kleinere lagen; Etat des Ministeriums des Innern.)

Zeit

(und

Von

auf

696

hoch,

Cha

komitees gestellt und damit sowie durch seine Bereisung des Ueber

8 8

weiterer, Inderviertel in infizierte Ratten Mitteilung vom Menschen nicht mehr vorgekommen, doch hatten sich unter 935 in der

31. Dezember v. J. krankungen und 9096 + 8892 Todesfälle an

1883 auf die Präsidentschaft Stadt Bombay und 31 auf Karachi), 1312 auf die Zentral⸗ provinzen, 914 auf Rajputana, b

wird jedoch vermutet, der Pest erlegen sind,

strengen Kälte Herbergen in sehenden Personen ein Unterkommen Hälfte des Januar wurden auch einige Pesttodesfälle von Stationen östlich von Charbin 23. bis 29. Januar an der Pest gestorbenen Personen wird auf 253 angegeben, darunter waren 6 Europäer; 103 Personen. Pestfälle vorgekommen, hauptsächlich aber außerhalb der Eisenbahnzone während innerhalb dieser nur wenige . zwischen Changchun und Schanhaikwan werden alle als verseucht betrachtet, angeblich bisher keinen Erfolg.

Britisch⸗Ostindien. Dezember 22 Personen an der Pest und 3

Italien. der Prov. Lecce 4 Erkrankungen gemeldet, davon 2 aus Taranto. Rußland. Vom 1. bi

3 Todesfälle) angezeigt worden, terinoslaw und 1 (1) im Gouv. Kasan.

Nach neueren amtlichen Mitteilungen sind in den beiden Wochen vom 18. bis 31. Dezember d. J. im ganzen erkrankt (und gestorben): 41 + 6 (17 +3), d. f. 19 (13) mehr, als bisher angegeben war; es entfielen danach u. a. auf die Gouvv. Kiew 8 (2), J 12 (6) und Orenburg 23 Türkei. krankungen (und 51 Todesfälle) festgestellt, in Mekka 24 (26) See. 1 mis gesamt 1646 Erkrankungen (und 525 Todesfälle der Ch 8 meldet, davon 611 (200) in Funchal und 1nt.s Chefra gh vom 55 bis 12. Januar entfieke

1

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗

maßregeln.

Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. 1. (Aus den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“,

Nr. 6 vom 8. Februar 1911.)

Pest. Deutsch⸗Ostafrika, In Lindi ist am 16. September ein nach vier Tagen tödlich abgelaufener Pestfall im alten einem Hause festgestellt worden, in welchem zuvor und Mäuse mehrmals gefunden waren. Zufolge 10. November waren neue Erkrankungen von vom

14. September bis 10. November untersuchten Ratten

78 als pestinfiziert erwiesen.

Aeg vypten. Vom 21. bis 27. Januar wurden 29 Erkrankungen 12 Todesfälle) gemeldet, davon 14 (2) aus Sammalut,

5 (3) aus Kuß, 4 (2) aus Deirut, 3 (4) aus Manfalut, 1 (1 aus Magagha und je 1 aus Me nuf und Assiut.

1“”“ den beiden Wochen vom 18. bis in ganz Indien 11 107 + 11 485 Er⸗ der Pest angezeigt. 7158 auf die Ver⸗

Britisch⸗Ostindien. sind kamen

den 17 988 Todesfällen

einigten Provinzen (davon 1873 auf die Division Benares 6 2181 auf Bengalen (davon 22 auf die Stadt Kalkutta), 2074

das Punjabgebiet (davon 1145 auf die Division Delhi),

Bombay (davon 17 auf die

1 auf Raj 708 auf den Staat Mysore auf die Präsidentschaft Madras, 450 auf Zentralindien,

419 auf Hyderabad, 160 auf Burma, je 16 auf die Nordwest⸗ provinz und auf Kaschmir, 1 auf Coorg.

Chin g. und 57 Chinesen an der Pest gestorben, außerdem 52 Chinesen tot aufgefunden worden. F

In Charbin sind vom 5. bis 12. Januar 9 Europäer und, n. In F udjadjen war die Sterblichkeit sehr es starben Mitte Januar täglich 100 und mehr Personen. Es

daß diese . Gestorbenen nicht durchweg sondern daß nicht wenige bei der herrschenden

erfroren sind, besonders da die chinesischen Fudjadjen sich weigern, irgendwie verdächtig aus⸗ zu gewähren. In der ersten gemeldet. Die 88 der in Charbin vom 1 in Fudjadjen starben Auch in der Umgebung dieser Orte sind zahlreiche Todesfälle gemeldet sind. Die Orte ebenso Dalny: die getroffenen Abwehrmaßregeln hatten Bis zum 16. Januar sind in

ngchun 65 Pesttodesfälle bekannt geworden, in Mukden 55,

in Dalny 3, in Kuannin 9, 4, in 5 anderen Ortschaften zusammen 8; auf der chinesischen Nordbahn sind 2 Personen der Seuche erlegen. Die Fälle in Chang Angehörige der eingesessenen Bevölkerung betroffen haben.

un, Mukden und Kuannin g sollen meist

Pest und Cholera. In Kalkutta starben vom 18. bis

an der Cholera.

Cholera. Vom 19. bis 25. Januar wurden aus 3 Ortschaften

2 Erkrankungen (und

bis 7. Januar sind und zwar 1 (2) im Gouv. Jeka⸗

zuvv. ekaterinoslaw 1 (12) Erkrankungen (Todesfälle).

Vom 16. bis 22. Januar wurden in Smyrna 86 Er⸗ Auf Madeira waren bis zum 12. Januar ins⸗ un auf die Zeit

n angeblich insgesamt 217 Erkrankungen

8

odesfäl⸗