1911 / 40 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Feb 1911 18:00:01 GMT) scan diff

8

Großhandelspreise von Getreide an deutschen und fremden Börsenplätzen für die Woche vom 6. bis 11. Februar 1911

nebst entsprechenden Angaben für die Vorwoche. 1000 kg in Mark.

lspreise von Getreide an deutschen und fremden

Börsenplätzen für den Monat Januar 1911

nebst entsprechenden Angaben für den Vo 1000 kg in Mark.

8

rmonat.

(Preise für greifbare Ware, soweit nicht etwas anderes bemerkt.)

(Preise für greifbare Ware, soweit nicht etwas anderes bemerkt.)

Woche 6./2. bis 11./2.

1911

152,17

Berlin.

een, gut der, mindestens 712 g das 1. eeder, mündestens 738 8 das 1. 1981 450 g das 1. 152,50

2 9 2

u

Roggen, Phähe. rus scer. h6““ ]]

164,37 177,50 129,37

Weizen, Pfälzer, russischer, amerik., rumän., mittel. er, russischer, mittel.

Hafer, badisch Gerste badische, Pfälzer, mittel. russische Futter⸗, mittel.

Roggen, Pester Boden Weizen, Theißß.. Hefr. ungarischer ... erste, slovakische.... Mais, ungarischer, neuer

Budapest.

Mittelware.. 136,10 197,76 152,97 140,10

100,50

Roggen, Weizen,

Hefer erste, Futter⸗

Mais,

Odessa.

Rongen, 71 bis 72 kg das hl.. Weizen Ulka 75 bis 76 kg das hl.

Riga.

Roggen, 71 bis 72 kg das hl.. Weben⸗ 78 bis 79 kg das hl.

J11“ lieferbare Ware des laufenden Monats

95,54 140,34

94,88 139,68

105,42 142,45

106,30 142,09

140,30 221,10

138,15

222,23 Antwerpen.

Donau⸗, mittel.

153,39 151,37 157,26 156,45 157,42

154,19 151,37 157,67 155,81 157,67

9 5

Kurrachee... 8 Kalkutta Nr. 2.

Amsterda b111“1“ 9

Sreshünnaan 8 EN am kanischer Winter⸗

amerikanischer, bunt. bb5656

London.

107,17 122,48 167,81 169,22

99,84 103,22

150,54 147,18

142,98 125,96 138,20

150,82 147,74

144,55 125,96 137,73

englisches Getreide, Mittelpreis aus 196 Marktorten (Gazette averages)

Liverpool.

roter Winter⸗ Nr. 2. Manitoba Nr. 2 .. Z111“ Kurrachee, weiß ... bb8F5 er, englischer, weißer.. ste, Futter, Schwarze Meer⸗.

b1“ Mais amerikan., bunt .. .

Chicago.

Mai. Weizen, Lieferungsware 68s“

159,83 165,47 171,59 160,08 163,12 171,12 129,53 113,60 104,36

96,14

159,83 165,36 172,06 157,73 163,59 171,47 128,49 113,60 107,18

96,37

145,53 143,21 141,63

81,59

148,42 144,49 142,53 82,64

Neu York. roter Winter⸗ Nr. 2... 150,10 Lieferungsware M 81 94,42

152,39 157,02 154,95

Buenos Aires. Mehen Durchschnittsware..

¹) Angaben liegen nicht vor.

142,54 143,43

Bemerkungen.

1 Imperial Düacher ist für die Weizennotiz an der Londoner G = 504 Pfund engl. gerechnet; für die aus den Um⸗ ätzen an 196 Marktorten des Königreichs ermittelten Dur schnitts⸗ 1bg für einheimisches Getreide (Gazette averages) ist 1 Imperial

uarter Weizen = 480, Hafer = 312, Gerste = 400 Pfund engl. angesetzt; 1 Bushel Weizen = 60, 1 Bushel Mais = 56 Pfund engkisch 1 Pfund englisch = 453,6 g; 1 Last Roggen = 2100, Weizen = 2400, Mais = 2000 kg.

Bei der Umrechnung der Preise in Reichswährung sind die aus den einzelnen Tagesangaben im „Reichsanzeiger“ ermittelten wöchent⸗ 5 ö selkurse an der Berliner Sör zugrunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, für London und WPerpaok die Kurse auf London, für Chicago und Neu York die Kurse auf Neu Pork, für Odessa und Riga die Kurse auf St. Peters⸗ burg, für Pets Antwerpen und Amsterdam die Kurse auf diese Plätze. Preise in Buenos Aires unter Berücksichtigung der Goldprämie.

Berlin, den 15. Februar 1911. Keaiserliches Statistisches Amt. J. A.¹ Dr. P. Mayet.

Mais

orten des Königreichs ermittelten Durchsehnittspreise für ei

Mon Janu

Königsberg.

Roggen, guter, gesunder, 714 g das 1 . . . . . . 143, Weizen, guter, bunter, 749 bis 754 g das . 189, Heßer guter, gesunder, 447 g das 1. . . . . .

erste, Brenn⸗, 647 bis 652 g das 1..

Breslau.

Roggen, Mittelware .. xf zen, . Hafer, . Gerst 111“

s andere (Futter⸗ usw.). . . 128, IM. russischer. . 1 Mais - 1ö11“*“

Berlin.

Roggen, guter, gesunder, mindestens 712 g das Weizen, 8 ·8 755 g das Hafer, 8 8 8 450 g das

Mannheim. Roggen, Pfälzer russischer, bulgarischer, mittel. Weizen, Pfälzer, russischer, amerik., rumän., mittel Hafer, badischer⸗ rnsfischer 11“ Gerste Jbadische, P.

137,

134,

150,

JZ1“ 1 russische, Futter⸗, mittel .. ““ München. Roggen, bayerischer, gut mittel . . .

ungarische, mährische, mittel bayerische, gut mittel . .. Wien. Roggen, Pester Boden. Wetzen, Theiß⸗.. . .. Hefer, ungarischer I.. . zerste, slovakische .. . ... Mats, unettttht. . . . . .. Budaäpest. Roggen, Mittelware .. .. Weizen, 8 1“ Hafer, erste, Mais, Odessa. Roggen, 71 bis 72 kg das hl.. Weizen, Ulka, 75 bis 76 kg das hl. Riga. hh hl.. kg das hl.. Paris.

Roggen lieferbare Ware des laufenden Monats Weizen Antwerpen.

Donau, mittel ... EE“] 88 Nlata.. 159, 177226 b 1 161, Kalkutta Nr. 2

Futter⸗.

Roggen, 71 bis 7 Weizen, 78 bis 7

““ St. Petersburger .

PLee““ amerikanischer Winter⸗ amerikanischer bunt . W“

Produktenbörse.

engl. weiß (Mark Lane) . . .

11 La Plata an der Küste 1 Australier (Baltic)

15, Weizen

1 englisches Getreide, Mittelpreis aus 196 Marktorten 124, (Gazette averages)

Weizen Hesef erste Liverpool. ruffischer ... roter Winter⸗ Nr. Manitoba Nr. 2.. Es sleta Kurrachee.. eeeeen“ Hafer, englischer weißer .. .. Gerste, Futter⸗, Schwarze Meer⸗ 1Ja’êüZ“ 1““ 106, amerikan., bunt . 101,

Chicago.

Weizen, Lieferungsware] Juli . . . . 1 147, September 145, Mais

Weizen

121,

bö.

Neu York

roter Winter⸗ Nr. 2 . 154, Nord Frühjahrs⸗ Nr. 1 1 188,

. Lieferungsware Na

Mais 1 Mat

Buenos Aires.

Weizen 158,

8 Bemerkungen. mperial Quarter ist für die Weizennotiz von e

und Rotweizen = 504, für La Plata und Australier ( 480 Pfund engl. gerechnet; für die aus den Umsätzen an 1

1911

140,05

178,70 141,00 152,20

134,00 138,00

149,62 201,63

163,52 223,25 163,61 177,92 126,52

164,50 221,50 164,50 225,00 205,50

147,14 212,63 155,64 177115 123,32

133,36 192,72 149,01 130,64 92,11

97,03 141,33

107,45 143,99

137,50 224,26

155,09 152,83

161,30

148,58 161,00 170,40

144,45 136,09 8 156,49 166,00 170,97 1“ A1 1.“ 16

1 172,08 111,69

82,62

161,00 96,04

at Da⸗ gegen im

ar Vor⸗

monat

40 141,00 90 189,40 138,00 15] 139,50

10 132,70 176,50 140,50 149,50 50 128,50 135,00 137,00

147,55 204,27 10 146,23

159,65 220,08 162,50 173,67 123,44

161,50 218,00 159,50 230,00 205,50

142,04 205,58 150,53 176,02 129,80

129,63 188,50 146,28 124,62

89,28

95,36 138,18

108,11 140,3

139,03 225,09

152,07 12 157,07

14 158,20 160,53

108,62 123,74 166,28 168,40 103,26 102,41

157,78 159,72 110,01

97,95

10]° 151,20 146,73 152,55 168,98 143,48 30 120,84

35,37

157,74 161,61 163,35 153,61 156,13 169,31 76 118,91 105,33 19/ 114,31 80 119,32

99 148,65 84 144,34

39 79,06

33 151,41 58 182,37 158,39 34 155,08 92,48

ngl. Weiß⸗ Baltic)h = 96 Markt⸗ nheimisches

Getreide (Gazette averages) ist 1 Imperial Quarter Weizen = 480, Hafer = 312, Gerste = 400 Pfund englisch angesetzt. 1 Bushel⸗ Weizen = 60, 1 Bushel Mais = 56 Pfund englisch; 1 Pfund englisch = 453,6 g; 1 Last Roggen = 2100, Weizen = 2400, Mais = 2000 kg.

Bei der Umrechnung der Preise in Reichswährung sind die aus den einzelnen Tagesangaben im „Reichsanzeiger“ ermittelten monat⸗ lichen Durchschnittswechselkurse an der Berliner Börse zugrunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, für London und Liverpool die Kurse auf London, für Chicago und Neu Pork die Kurse auf Neu York, für Odessa und Riga die Kurse auf St Peters⸗ burg, für Paris, Antwerpen und Amsterdam die Kurse auf diese Plätze. Preise in Buenos Aires unter Berücksichtigung der ““ 5

Berlin, den 15. Februar 1911.

sajiserliches Statistisches Amt. Dr. P. Mayet.

8 8 Deutscher Reichstag. 27. Sitzung vom 14. Februar 1911, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Das Haus setzt die Beratung des Etats für die Ver⸗ waltung der Kaiserlichen Marine mit Kap. 45 Tit. 1 der fortdauernden Ausgaben (Staatssekretär) in Verbindung mit Kap. 51 und Kap. 52 Tit. 1, 2 und 2a der fortdauernden Ausgaben fort.

Ueber den Anfang der Sitzung Nummer d. Bl. berichtet worden.

Abg. Dr. Semler (nl.) in seinen Ausführungen fortfahrend: Was die Werftorganisationen betrifft, so ist es unsere Pflicht, die Mißstände in einzelnen Werften hier zur Sprache zu bringen. Von Uebertreibungen haben wir uns ferngehalten. Wie leicht kann dem einen oder anderen Beamten eine größere Schuld zugeschrieben werden, als sich nachher als begründet herausstellt. Gefreut hat es mich, daß ein Kreuzer nach Amerika geschickt worden ist; das wird den Interessen der Industrie dienen. In Wilhelmshaven besteht zur⸗ zeit eine gewisse Wohnungsnot für 3⸗ bis 4 zimmerige Wohnungen, für größere Wohnungen ist der Bedarf durch private Bautätigkeit hin⸗ reichend gedeckt. Diese Mißstände sind durch die Verlegung des Nordsee⸗ geschwaders nach Wilhelmshaven entstanden. Vielleicht ließe sich dort ein Bauverein gründen. Ich hahe schon früher darum gebeten, Lieferungen auch den Detaillisten zukommen zu lassen. Ich möchte diese Bitte wiederholen. Der Abg. Ledebour hat sich gewundert, daß der Reichs⸗ kanzler an einer Beratung wie dieser nicht teilnehme. Wir hätten auch gewünscht, daß der Reichskanzler bei der neuen Militärvorlage erschiene. Aber hier, wo es sich nur um die Durchführung des Flottengesetzes und um keine politischen Konstellationen handelt, weiß ücn wirklich nicht, wozu die Anwesenheit des Kanzlers notwendig sein ollte.

Abg. Schrader (fortschr. Vp.): Unsere Marine hat sich aus kleinen Anfängen zu einer bemerkenswerten Höhe entwickelt. Der Marineverwaltung ist es ja leicht geworden, in den letzten 12 Jahren ihre Arbeiten zu bewältigen, weil ihr reichliche Mittel zur Verfügung standen. Wir haben eine Mannschaft, deren Tüchtigkeit und Pflichttreue über alle Zweifel erhaben ist. Ich bin ganz mit dem Vorredner ein⸗ verstanden, daß wir auch für die Hinterbliebenen der beim Unglück des. Unterseebootes „U 3“ Umgekommenen nicht nur mit Worten eintreten, sondern auch mit Taten für sie sorgen müssen. Anzuerkennen ist, daß die Marineverwaltung sich auf rordentkichen Sparsamkeit befleißigt. Allerdings bin ich nicht der Meinung, daß die Ausgaben für die Marine in dem Maße sich vermindern werden, wie es gestern behauptet worden ist. Es werden immer neue An⸗ forderungen kommen, entsprechend den Fortschritten der Technik. Die Ersatzbauten werden ja auch nach immer größerem Typ gebaut. Dier Geldverpflegung, die Indiensthaltung usw. erfordern ebenfalls immer größere Ausgaben. An eine größere Entlastung ist also in der Zu⸗ größ kaum zu denken. Wohin nun die gesteigerten Seerüstungen in England, Frankreich, Oesterreich üusw. führen werden, wissen wir nicht. Vielleicht erhalten wir später eine Antwort des Reichskanzlers über die Anregung Englands in der Abrüstungsfrage. England ist neuerdings mit dem Bau großer Kriegsschiffe weiter gegangen, und zwar auf Drängen hin. Leider hat sich unsere Diplomatie sehr dunkel ausgesprochen, und so konnte in England ein gewisser Verdacht gegen Deutschland entstehen. Es kam dann die Invasionsfurcht in England, es entstand eine ganze Literatur darüber, und die Sache wurde von der Opposition ausgenutzt. Jetzt hat man sich in England überzeugt, daß an dieser ganzen Sache kein wahres Wort ist. Niemand denkt in Deutschland daran, in England einzufallen. Die englische Regierung hat sich überzeugt, daß wir kein Schiff mehr und schneller bauen, als es das Flottengesetz erheischt. Dieses ist durchaus nicht darauf berechnet, einen Angriff auf England zu machen. Unsere Flotte soll nur defensiv, nicht offensiv sein, sie hat keinen anderen Zweck, als der Verteidigung des Landes zu dienen. Der Handel wächst und breitet sich im wesentlichen durch eigene Tätig⸗ keit aus; er wird von der Flotte nicht geschaffen. Nachdem der Flottenbauplan jetzt im wesentlichen zur Durchführung gelangt ist, kommen wir in eine Zeit verhältnismäßiger Ruhe, die zweckmäßig mit den inzwischen da und dort notwendig gewordenen Nachbesserungen auszufüllen ist. Dazu gehört vor allem auch der Werftbetrieb, dessen Modernisierung immerhin noch geraume Zeit erfordern wird, weil wir es, besonders in seiner mehr kaufmännischen Gestaltung, immer noch erst mit Ansätzen zu tun haben. Die Vorteile der privaten Verwaltung lassen sich auch nicht einfach auf die militärischen Verhältnisse übertragen, sondern müssen ihnen erst an⸗ gepaßt werden. Ich hoffe, daß dabei auch die Anregungen meines Freundes Struve auf wohlwollende Aufnahme und Berücksichtigung stoßen werden. Die Besoldungsfrage für die Kanzleibeamten wird leider durch das bei uns durch alle Verwaltungen sich ziehende System der Militäranwärter sehr kompliziert. Ich möchte doch meinerseits konstatieren, daß bei der vorjährigen Resolution wegen der Herab⸗ setzung der Zulagen ntemand an die Heizerzulagen gedacht hat; die 400 000 ℳ, die jetzt dem Heizerpersonal entzogen werden sollen, werden nicht deswegen abgesetzt, weil sie abgesetzt werden müssen, sondern weil die 400 000 aus anderen Etatstiteln nicht zu be⸗ schaffen waren. Die Heizerzulage muß nach meiner Meinung unver⸗ kürzt bewilligt werden; hier darf es seitens der Verwaltung kein „Unannehmbar“ geben.

Staatssekretär des Reichsmarineamts, Großadmiral von Tirpitz:

Meine Herren! Ich kann den Vorschlag, den der Herr Abg⸗ Dr. Semler gemacht hat, auch für Wilhelmshaven einen Bauverein für kleine und mittlere Wohnungen zu begründen, nur lebhaft be⸗ grüßen. Wir haben in dieser Beziehung sehr gute Erfahrungen in Kiel gemacht, und ich würde mich freuen, wenn das gleiche auch in Wilhelmshaven eintreten würde.

Auf den Wunsch des Herrn Abg. Dr. Semler, die Lieferungen auf größere Kreise zu verteilen, möchte ich gern eingehen; wir be⸗ mühen uns auch in der Richtung, aber natürlich spielt das Geld dabei auch eine Rolle, und wir dürfen nicht an Detaillisten gehen, wenn wir zu hohe Preise bezahlen müssen, das würde unmöglich für uns sein.

Der Herr Abg. Schrader hat ausgeführt, daß es der Marine⸗ verwaltung ja hätte leicht werden müssen, die Arbeit zu bewältigen, die tatsächlich in den letzten zwölf Jahren bewältigt worden ist, weil

ist in der gestrigen

sie reichliche Mittel dazu zur Verfügung gehabt hätte. Meine Herren, ich habe niemals geleugnet, weder in der Kommission, noch im hohen Hause, daß wir die Entwicklung der Marine den Mitteln verdanken,

die das hohe Haus für diese Entwicklung gewährt hat. Ich möchte

aber auch betonen, daß es doch immer Tatsache bleibt, daß wir für die bewilligten Mittel verhältnismäßig betrachtet eine große Kampfleistung geschaffen haben, eine größere Kampfleistung, glaube ich, als sie in anderen Ländern für mehr Geld hervorgebracht worden ist. Ich habe auch bei früheren Gelegenheiten schon betont, wodurch der Marineverwaltung dies möglich gewesen ist. Es liegt mir fern, hiermit sagen zu wollen, daß das etwa einer ganz besonderen Klugheit des Reichsmarineamts zuzuschreiben sei, sondern der wesentliche Grund für die erzielten Erfolge liegt darin, daß wir ein Flottengesetz gehabt haben und im großen haben voraus⸗ disponieren können, daß wir im großen haben kaufmännisch arbeiten können. Das ist der Grund, weshalb wir die erreichte Kampfleistung haben erzielen können.

Dann hat der Herr Abg. Schrader gesagt, das Gesetz von 1900 entspräche ja gar nicht mehr dem, was wir jetzt haben. Das ist doch nicht ganz zutreffend. Ich habe gestern schon Gelegenheit gehabt, auszuführen, daß unser Flottengesetz auf jahrelanger Vorarbeit beruht, es beruht darauf, daß wir uns darüber klar geworden sind, aus welchen Einheiten eine Kampforganisation bestehen muß; das ist die Basis des Gesetzes. Wenn schließlich größere Mittel dafür erforderlich ge⸗ worden sind, als wir ursprünglich gedacht haben, so tragen wir nicht die Schuld. Meine Herren, wir haben die Dreadnoughtpolitik nicht erzeugt, wir sind ihr sehr ungern und schwer gefolgt, wir mußten aber dem Vorgange des Auslandes folgen, darin liegt der Grund.

Dann hat der Herr Abg. Schrader von der Beschleunigung der Bauten gesprochen, die in den letzten vier Jahren eingetreten ist. Das ist ganz richtig, aber diese Beschleunigung ist ja gerade durch die uns aufgezwungene Dreadnoughtpolitik verursacht. Denn diese Dread⸗ noughtpolitik hat die Schiffe, die vor dieser Zeit gebaut sind, im Werte ganz unverhältnismäßig herabgemindert; diese Schiffe sind minderwertig geworden, und deshalb mußten wir möglichst rasch wieder auf den Standpunkt kommen, auf dem wir vorher gestanden hatten. Im übrigen möchte ich aber doch bemerken das hat der Herr Abg. Schrader, glaube ich, nicht ausgesprochen, oder ist jedenfalls flüchtig darüber hinweg⸗ gegangen —, daß doch diese Beschleunigung von dem hohen Hause bewilligt worden ist (Abg. Schrader: Habe ich auch gar nicht an⸗ gegriffen!), und zwar unter Zugrundelegung der Bedarfsberechnung der dazu notwendigen Mittel, die wir vorgelegt haben. Die Be⸗ rechnung solcher Mittel ist allerdings schwierig. Es liegt in der Natur der Sache, daß man bei einer solchen Berechnung die Gelder nicht zu hoch veranschlagen darf und daß man von vornherein eine gewisse innere Neigung hat, die Mittel zu einer bestimmten Aufgabe klein zu halten. Dazu kommt, wie der Herr Abg. Schrader richtig gesagt hat, daß der Techniker in gewissem Sinne unser natürlicher Feind ist, cum grano salis zu verstehen, daß permanent neue Fragen an uns herantreten (sehr richtig! bei den Nationalliberalen), denen man sich anpassen muß, und trotzdem, meine Herren, sind wir mit den berechneten Mitteln nicht nur ausgekommen, sondern noch mit weniger aus⸗ gekommen, als wir seinerzeit veranschlagt haben. Es sind allein in den letzten vier Jahren 42 Millionen Mark von der Anleihe erspart worden entgegen unserem Anschlag, und das hätte der Herr Abg. Schrader, glaube ich, wenn er ganz gerecht sein wollte, doch auch hervorheben sollen. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.)

Meine Herren, wenn eine große Verwaltung eine große Aufgabe hat, wenn sie gezwungen ist, rasch vorzugehen, dann ist es doch richtig, daß sie ihre Sparsamkeit und ihre ganze Kraft konzentriert auf die großen Dinge und nicht auf die Bagatellen. Ich habe mir schon erlaubt, im vorigen Jahre zu sagen: der Staatssekretär handelt falsch, der in die Kleinigkeiten hineinsteigt und in das alte Eisen seine Nase hineinsteckt; er tut nur dann seine Pflicht, wenn er die Nase über Wasser hält und in großen Fragen keine Fehler macht. Das ist der Weg, wie wir vorwärts kommen können.

Darin allerdings stimme ich dem Herrn Abg. Schrader durchaus zu: ich kann bestätigen, daß wir nachzubessern haben und zwar in jeder Beziehung. Das ist die ganz natürliche Konsequenz eines energischen Vorgehens, wie wir es getan haben. Ich habe bei der Beratung der Flottengesetze den Herren ausgeführt, daß man, um eine Flotte zu schaffen, eine Generation braucht. Man kann eine Flotte nicht wie eine Armee gelegentlich, wie es in den Freiheits⸗ kriegen und auch in Frankreich geschehen ist, aus dem Boden stampfen, sondern, um eine Flotte sicher Stein auf Stein zu bauen, braucht man eine lange Zeit. Nun trifft das auch auf die Verbesserungen in den Werftbetrieben zu. Ich habe nie verkannt, daß der Betrieb der Werften noch erheblich verbessert werden kann, aber ich glaube behaupten zu können, daß wir den Betrieb der Werften seit 10 Jahren von Jahr zu Jahr verbessert haben und daß der Betrieb der Werften, wie er jetzt ist, unter den einschränkenden Bedingungen, die bisher jede Staatsverwaltung einhalten mußte, ein guter ist. Wenn die Herren, die sich der Mühe unterzogen haben, die Werften zu besichtigen, sich davon überzeugt haben, so kann ich mich darüber nur freuen. In einem solchen Betriebe, wie ihn die Herren gesehen haben, läßt sich nichts in einem Jahre schaffen, dazu gebraucht es ein Jahrzehnt⸗ Der Betrieb der Werften ist ja auch nicht einfach ein Fabrikations⸗ betrieb. Zu Zeiten kommen Flottenteile mit einer Besatzungsstärke bis zu 20 000 Mann auf die Werften, das allein verbietet schon einen reinen fabrikationsmäßigen Betrieb. Ueberhaupt tritt die eigentliche Fabrikation auf unseren Werften zurück; sie sind in erster Linie Mobilmachungsanstalten in materieller Beziehung und Reparaturwerkstätten für unsere Flotte, und zwar sowohl im Frieden wie im Kriege, das ist die eigentliche Aufgabe der Werften. Die Fabrikation, die Produktion haben wir zugunsten der Privatindustrie auf das alleräußerste eingeschränkt und werden uns bemühen, es noch weiter zu tun. Wir betreiben sie nur gerade so weit, als unumgänglich nötig ist, um eiuen gewissen Ausgleich zu haben gegenüber dem Umstand, daß unsere Werften bis zu einem ge⸗ wissen Grade Saisonarbeit haben, nur soweit, um den Werften die volle Kenntnis zu erhalten, um alle Reparaturen ausführen zu können. Es ist also ein sehr großer Unterschied zwischen Privatanstalten ähnlicher Art und dem Betriebe einer Kaiserlichen Werft. Im übrigen werde ich den Vorschlag des Herrn Abg. Dr. Struve über eine Aenderung der Werftorganisation einer sehr sorgfältigen Prüfung meinerseits unterziehen.

Meine Herren, der Herr Abg. Schrader hat dann von England gesprochen. Die Sache

8

ist teilweise auf das politische Gebiet ge⸗

gangen. Das ist nicht meine Sache. Ich habe mich ausdrücklich an die Begründung des Flottengesetzes zu halten, was darin enthalten ist, steht fest, ist öffentlich und eine Tatsache. Ich werde in den wenigen Bemerkungen, die ich darüber zu machen habe, mich auch heute auf diesen Standpunkt stellen. Ich kann da die Worte des Herrn Abg. Schrader nur unterschreiben. Es ist ein ganz wunder⸗ licher Irrtum in England gewesen, anzunehmen, daß wir unsere Flotte über das Flottengesetz hinaus hätten beschleunigen wollen. Das ist vom Fürsten Bülow wie von mir seinerzeit öffentlich gesagt worden. Wie wäre auch eine Beschleunigung möglich, wenn der Reichstag nicht seine Zu⸗ stimmung gibt; wir hätten ja sonst keinen Pfennig Geld dazu gehabt! Den Herren hier gegenüber ist ja eine solche Konstatierung gar nicht notwendig. Aber die Herren werden verstehen, daß es uns merk⸗ würdig berührt hat, daß solche Behauptungen in England aufgetaucht sind. Ich möchte sagen, daß es von unserer Seite weder vorher noch nachher an Aufklärungen gefehlt hat.

Nun weiß ich nicht, ob ich Herrn Abg. Schrader recht ver⸗ standen habe. Er hat von Verhetzungen in der Presse gesprochen, und da habe ich nicht deutlich verstanden, ob das auch auf unsere Presse bezogen ist. Jedenfalls muß ich sagen, wenn man vorurteils⸗ frei liest, was unsere Presse in den letzten Jahren über unsere Beziehungen zu England geschrieben hat, so ist ihre Haltung, von ganz wenigen geradezu verschwindenden Ausnahmen abgesehen, anzuerkennen. Sie ist in jeder Beziehung in diesem Punkte sehr zurückhaltend und vorsichtig gewesen (sehr richtig! rechts), sie hat das Gegenteil von Hetzen getan. Ich kann das umsomehr aussprechen, weil ich seinerzeit die vielfachen Auswüchse bedauert habe, die in der Zeit des Burenkrieges auch in unserer Presse erschienen sind. Aber in den letzten Jahren, wo überhaupt Mißverständnisse in der Presse und in der öffentlichen Meinung zwischen Deutschland und England entstanden sind, hat sich unsere Presse meines Erachtens musterhaft gehalten.

Ich möchte dann noch ausführen, daß der Herr Abg. Schrader der Ansicht ist, daß meine Ausführungen in bezug darauf, wie eigentlich die Kürzung der Heizerzulagen gekommen wäre, doch nicht ganz klar gewesen wären. Ich glaube, wenn Herr Schrader in un⸗ befangener Weise meine Ausführungen vom gestrigen Tage darüber nachliest, so wird er nicht mehr im Zweifel darüber sein können. Wir haben unter einem ganz gewaltigen Druck gestanden, unter dem Druck einer Resolution des hohen Hauses und unter dem Druck der Finanzlage; das hindert mich aber nicht, auszusprechen, daß die Zu⸗ lagen der Heizer, wie sie sich jetzt gestalten, meiner Ansicht nach gerecht sind, ich würde den Leuten von Herzen gern mehr gönnen, aber den Matrosen gegenüber sind die neuen Zulagen gerecht.

Dann hat Herr Schrader gesagt, das Geld möchte doch beschafft werden. Ob das der Herr Reichsschatzsekretär beschaffen kann, entzieht sich natürlich meiner Beurteilung. Aber das Urteil habe ich, daß es aus dem Marineetat nicht beschafft werden kann. Im Gegenteil, mir ist es bitter schwer geworden, diesen Etat so vorzulegen, wie er ist. Ich habe bereits gesagt, daß wir an einzelnen Stellen schon weitergegangen sind, als wir hätten gehen müssen; aber immerhin ist es doch noch in solchen Grenzen, daß ich, das für die große Entwicklung der Marine ver⸗ antworten kann, und das tue ich auch hiermit.

Der Herr Abg. Schrader hat zum Schluß ausgesprochen, daß unsere Flotte nicht zu aggressiven Zwecken gebaut worden ist und gebaut werden müßte. Das unterschreibe ich voll. Ich habe Ihnen bereits gestern ganz präzise gesagt: der Ge⸗ danke, der im Flbottengesetz zum Ausdruck gekommen ist, die raison d'être unserer Flotte ist, eine Flotte zu schaffen, die nicht überlegen ist; die also nicht aggressiv sein kann, denn eine Flotte, die nicht überlegen ist, kann nicht aggressiv sein, sie muß überlegen sein, um aggressiv zu sein. Ich stimme also mit dem Schlußsatz des Herrn Abg. Schrader vollständig überein. (Bravo! rechts und bei den Nationalliberalen.)

Abg. Noske (Soz.): Bei der diesmaligen Beratung des Marine⸗ etats sind fast alle Redner von Dankbarkeit für die sparsame Auf⸗ stellung desselben geradezu übergeflossen, auch wenn sie bloß mit schönen Redensarten abgespeist worden sind. Gewiß ist sparsamer gewirtschaftet worden, aber doch nur, weil das Deutsche Reich unter einer gewaltigen Schuldenlast seufzt. Dabei hören aber die Mehr⸗ ausgaben nicht etwa auf; erst vor wenigen Tagen haben Sie den neuen Forderungen der Heeresverwaltung die Zuwachssteuer bewilligt. Streckte sich in diesem Jahre die Marineverwaltung nach der Decke, so tat sie nur ihre Pflicht und Schuldigkeit. Allerdings hat der Reichstag früher bei den Marineausgaben recht splendid ver⸗ fahren. Selbst wenn aber ein anderes Land größere Flottenausgaben macht, so ist das noch kein Anlaß, jetzt unsere Sparsamkeit zu rühmen; denn Rücksicht auf die in letzter Linie doch ausschlaggebende Leistungsfähigkeit des Landes ist noch e- nicht in genügendem Umfang genommen worden. In England hat die Auffassung, daß Deutschland einen Ueberfall plane, immer noch einen sehr breiten Boden, wie man aus den Aeußerungen von englischen Admiralen und aus den Vorschlägen einer auf dem Wege der Anleihe zu bewirkenden eiligen Verdoppelung der englischen Flotte entnehmen muß, die dann Deutschland nicht mehr einholen könne. Der englische Lord der Admiralität hat sehr verständig entgegnet, er lehne es ab, eine neue Flotte auf Pump zu bauen, das sei der Anfang des Verfalles. Des⸗ wegen, daß wir Schiffe nach Amerika schicken, verkauft die sächsische Textilwarenindustrie dorthin noch nicht einen einzigen Strumpf mehr. Die jetzt fortgesetzt in der Presse betriebene Agitation, die Stimmung für eine weitere Vermehrung der Flotte machen soll, ist auf die Tatsache zurückzuführen, daß nach Erfüllung des Flottengesetzes die Panzerplatten⸗ fabrikanten und die übrigen Großlieferanten die Verminderung des Um⸗ fangs der gegenwärtigen Aufträge mit allen Mitteln zu verhindern suchen Der Großadmiral von Koester hat in Eisenach auch sehr nachdrücklich Stimmung gemacht für den Bau von Schiffen, die in dem Flotten⸗ gesetz nicht enthalten sind. Er würde das kaum im Widerspruch mit dem Reichsmarineamt getan haben. Der Staatssekretär sagte gestern, der jetzige Etat bilde einen gewissen Abschluß in den Bauten. Das 85 unterstrichen werden. Von einem wirklichen Abschluß kann nicht gesprochen werden. Die Verwaltung würde uns ihre Pläne wahrscheimlich jetzt ebensowenig enthüllen wie 1906. Jedenfalls darf man auf Versicherungen der Verwaltung wenig geben. Vielleicht dient dies eine Jahr nur zu kräftigem Atemholen für neue Ausgaben. Das deutsche Volk in seiner erdrückenden Mehrheit denkt nicht im Traume daran, England zu überfallen. Welchen Grund hätte England, gegen Deutschland vorzugehen? Nach unseren famosen Kolonien dürsten die Engländer gewiß nicht. (Rufe: Na, na!) Welchen Vorteil hat denn England von der Niederwerfung der Buren gehabt? England würde bei einem Kriege mit Deutschland nur einen großen Kundenkreis verlieren. Es gibt also keinen Grund, und es ist unsinnig, daß zwei so hochstehende Kulturvölker übereinander her⸗ fallen. Der Kanzler hat darüber geklagt, daß der Deutsche oft über deutsche Zustände schlecht redet. Auch uns wäre es lieber, in hohen Tönen über unser Vaterland und seine politischen Einrichtungen zu reden. Wollen wir der Sache des Friedens dienen, so müssen wir darauf hinweisen, daß die deutsche Regierung sich der Abruͤstungs⸗ frage gegenüber ablehnend verhalten hat. Deshalb müssen wir von

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dem Reichskanzler fordern, daß er auch bei dieser Beratung anwesend sei und erklärt, ob er sich nachdrücklicher mit der Verständigungsfrage über die Rüstungen beschäftigen wolle. Es stehen schon wieder gec Umwandlungen im Schiffstyp bevor; es droht die Gefahr, daß die kostspieligen Panzer in 1 bis 2 Jahren veraltet sein werden. Leider haben wir bei uns in Deutschland zu viel Leute, die ein Inter⸗ esse daran haben, daß unsere Schiffe veralten, wie Krupp und andere, um Millionenprofite einzuheimsen. Das Erscheinen des Kanzlers ist um so notwendiger, als der Staatssekretär selbst erklärt hat, daß er sich mit Fragen der auswärtigen Politik nicht beschäftigen wolle. Das Nichterscheinen des Kanzlers ist eine Mißachtung des Reichstages, wie sie dreister nicht gedacht werden kann. Den rühmenden Worten über die Rettungsmannschaften bei II 3 habe ich nichts hinzuzufügen. Es müßte aber in Zukunft darauf gesehen werden, daß bei den Uebungen mit der größten Vorsicht verfahren werde. Der Reichstag hat die Mittel für ein besonderes Hebeschiff bewilligt. Wir hatten uns die Sache nicht so gedacht, daß, während das Unterseeboot übte, das Hebe⸗ schiff im Dock lag. Es ist übrigens nicht richtig, daß wir von Un⸗ sällen in größerem Maße verschont geblieben sind. Ich erinnere an die Explosion in Cuxhaven im vorigen Jahre. Vor einigen Monaten wurde in Wilhelmshaven ein Marinerekrut von seinem Vorgesetzten, einem Unteroffizier, in der gräßlichsten Weise zu Tode gemartert. Nahezu zwei Stunden wurde der Mann mißhandelt, so⸗ daß er nach zwei Stunden tot war. Wie ist es möglich, daß auf einem deutschen Schiffe ein Mann in so niederträchtiger, bestialischer Weise zu Tode gemartert werden konnte, ohne daß die Vorgesetzten dagegen einschritten. Hier wäre eine Notwehr am Paatze gewesen. Der Mann mußte aber seinem Schinderknechte ruhig standhalten. Der Kommandeur des Torpedobootes teilte dem Vater des Mißhandelten mit, daß sein Sohn an einem Unfall gestorben sei; erst später erfuhr er von der wirklichen Ursache. Es ist an der Zeit, gegenüber dem großen Lobe für die Marineverwaltung auch die K rseite der Medaille zu zeigen. Ein solcher Fall muß auf das schärfste gebrandmarkt werden. So tadellos gehen die Dinge nicht in der Marine, wie uns die bürger⸗ lichen Redner glauben machen wollen. Die Verwaltung führt zwar seit Jahren einen Kampf gegen das elende Schmiergelderwesen, aber leider ohne Erfolg. Die Lieferanten glauben nicht Aufträge erhalten zu können, wenn sie die Beamten nicht schmieren. Es ist vorgekommen, daß ein Lieferant seinen Geldschrank offen ließ und das Bureau verließ, um dem Beamten Gelegenheit zu geben, sich so viel Geld herauszunehmen, wie er wollte. Das ist in dem Prozeß in Kiel festgestellt worden. Ob es sich um einen Hundertmarkschein oder um 20 handelte, ist gleichgültig. Die Zusammenlegung und Uebertragbarkeit einzelner Etatstitel kann zur Ausnutzung der Konjunktur unter Umständen günstig wirken, aber diese Einrichtung erschwert unsere Kontrolle. Es muß mehr als bisher darauf gesehen werden, daß die Etatsansätze mehr beobachtet werden, als es bisher geschehen ist. Der Redakteur der „Marine⸗Rundschau“ erhält eine Zulage von 1200 ℳ. Das ist nicht aufrecht zu erhalten. Das Blatt ist in der Tat ein amtliches Organ, obwohl das amtlich bestritten wird. Im Ausland wird keiner dieser Versicherung Glauben schenken. Wenn die Marineverwaltung 20 000 Zuschuß für dies Blatt gibt, so muß sie einen Einfluß auf dasselbe haben, und der Redakteur im Marineamt wird doch den Weisungen seiner Vorgesetzten folgen. Es wäre besser, derartigen Mißdeutungen dadurch aus dem Wege zu gehen, daß man jene Summen entweder streicht, oder den amtlichen Charakter des Blattes offen zugibt. Man hat gestern gesagt, daß man nicht bloß die Mannschaften, sondern auch die höheren Offiziere in ihren Zulagen gekürzt habe; heute sprach der Abg. Semler sogar von den höchsten Seeoffizieren. Tatsächlich wird bei den Admiralen kein roter Pfennig gespart. Die 600 000 Ersparnis an Tafel⸗ und Messegeldern ist ja bei dem Gesamtetat der Marine nicht viel, aber doch immer gut mitzunehmen; ob aber im Endeffekt überhaupt eine Ersparnis übrig bleiben wird, ist mir sehr zweifelhaft. Der Staatssekretär sprach vorhin ein großes Wort gelassen aus, indem er meinte, in Kleinigkeiten müsse man nicht hineinsteigen, sondern die Nase über Wasser halten. Es ist wohl eine Anwendung dieses schönen Grundsatzes, daß er in die Heizerzulagen hineinstieg und sie einfach strich Das hat der Reichstag nicht gewollt. Bei gutem Willen müssen aus dem Marineetat die 320 000 ℳ, die noch fehlen, herausgeschunden werden. Der Abg. Dröscher hat unseren Hinweis auf diese unberechtigte Kürzung eine geistlose Agitation genannt; wir sind überzeugt, daß sie sehr gescheit und vernünftig ist, zumal angesichts der Auspressung des Volkes durch die sogenannte Reichsfinanzreform. Soll der Grund⸗ satz der Uneigennützigkeit, den der Abg. Dröscher aufstellte, etwa nur für die gemeinen Soldaten gelten? Jedenfalls sollte die Mehrheit und die Verwaltung alles tun, um diesen blamablen Abstrich aus der Welt zu schaffen. Wir werden die Volksfreundlichkeit jedes einzelnen von Ihnen in diesem Punkte feststellen, indem wir über unseren Antrag auf Gewährung der unverkürzten Zulage namentlich abstimmen lassen werden. Der Abg. Erzberger hat sich als Gegner aller Zulagen erklärt, aber in demselben Atemzuge sich für eine Reihe anderer Zulagen, so für die Mannschaften der Torpedoboote, ausgesprochen. Die Berufung auf den seligen Stosch ist doch ein bißchen sehr weit hergeholt. Die volle Verantwortung dafür, daß den Heizern diese 2 Groschen täglich abgeknöpft werden, trifft ausschließlich den Staatssekretär. Dem Staatssekretär muß die Fähigkeit, sich in das Empfinden des gemeinen Mannes zu versetzen, völlig abhanden gekommen sein, wenn er sie jemals besessen hat; sonst hätte er sich wegen einer solchen Lappalie doch nicht die Unzufriedenheit der gesamten Mann⸗ schaften zuziehen mögen. Auch anderswo sind groschenweise Er⸗ sparungen erfolgt, deren das Reich sich eigentlich schämen sollte. Entschließt sich ein Heizer, noch ein drittes Jahr zu dienen, so erhält er sofort eine Zulage von 80 ₰. Die 20 ₰⸗Zulage besteht so lange, wie die Marine selbst. Mit Unrecht redet man uns antimilitaristische Kasernenagitation nach; eine anti⸗ militaristischere Maßregel als diese Zulagenkürzung ist kaum aus⸗ zudenken. Verständlich wäre die Beseitigung des Zulagewesens gewesen, wenn man sich zu einer allgemeinen Mannschaftslöhnungs⸗ erhöhung entschlossen hätte; aber dazu ist ja kein Geld vorhanden, und der bestehende skandalöse Zustand besteht weiter. Mit den 400 000 ℳ, die die Kommission zugesteht, nützt man den Leuten nicht, denn damit bekommen sie statt der bisherigen 20 nur 10. Leiten Sie doch nicht gar zu viel Wasser auf die sozialdemokratischen Mühlen, nehmen Sie unseren Antrag an; tun Sie es nicht, so wird das Wort wieder einmal Wahrheit werden: Wen die Götter verderben wollen, den schlagen sie mit Blindheit.

Staatssekretär des Reichsmarineamts, Großadmiral von Tirpitz: 1

Meine Herren! Daß der Herr Abg. Noske den Fall einer schweren Mißhandlung gegen einen Heizer in Verbindung bringen würde mit der Heizerzulage und daraus so viel Kapital schlagen würde, als er nur konnte, das war ja eigentlich im voraus zu erwarten. (Sehr richtig! rechts.) Ich möchte dabei bemerken, daß die Verhand⸗ lungen über diesen Mißhandlungsfall durchaus öffentlich erfolgt sind, und ich will keineswegs zu einer Entschuldigung, aber doch immerhin zu einer Erklärung der Handlungs⸗ weise des betreffenden Unteroffiziers, welcher sich dieses Verbrechens schuldig gemacht hat sagen, daß dieser Mann offenbar verkannt hat, daß es sich bei der Sache nicht um eine Ohnmacht, wie er annahm, handelte. Dann ist es auch vielleicht als eine Erklärung der Handlungsweise zu betrachten, daß der Unteroffizier die Hitze vor den Feuern gewohnt und auch selbst in dem Kessel drin gewesen war. Immer⸗ hin bleibt es ein schweres Verbrechen und die Handlungsweise dieses Unteroffiziers ihrer ganzen Art nach eine Niederträchtigkeit. (Hört! hört!) Das aber möchte ich dem Herrn Abg. Noske sagen: gegen Niederträchtigkeiten und Scheußlichkeiten wehren wir uns selbst und brauchen Ihre Hilfe sicher nicht! (Na! na! bei den Sozialdemokraten.)