11“1““
Bei der Vertauschung ist die Zuwachssteuer für jeden Tausch⸗ 8
egenstand gesondert zu berechnen und zu erheben.
Erfolgt der Erwerb auf Grund mehrerer aufeinanderfolgender Rechtsgeschäfte von dem bisherigen Berechtigten an den letzten Erwerber, so gilt der von dem ersteren gezahlte Preis als Erwerbspreis und die Gesamtheit der Beträge, um die sich der Preis des Grundstücks zwischen je zwei Rechtsgeschäften erhöht hat, als Wertzuwachs. Das Gleiche gilt, falls vor dem Uebergang an den letzten Erwerber die Steuer⸗ pflicht gemäß § 5 eingetreten ist, mit der Maßgabe, daß für den Uebergang an den letzten Erwerber als Erwerbspreis das Entgelt be⸗ stimmend ist, das bei der früheren Versteuerung als Veräußerungs⸗ preis zu Grunde gelegt worden ist.
Als Rechtsgeschäfte im Sinne des Abs. 1 sind auch Vorgänge der im § 5 Abs. 3 bezeichneten Art anzusehen. 9
Die Steuer beträgt
10 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von nicht mehr als 10 vom Hundert des Betrags, der sich aus dem Erwerbspreis und den
Zu⸗ und Abrechnungen (§§ 14 bis 16, 21) zusammensetzt,
11 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als 10 vom Hundert bis einschließlich 30 vom Hundert dieses Betrags,
12 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als 30 vom Hundert bis einschließlich 50 vom Hundert dieses Betrags,
13 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als 50 vom Hundert bis einschließlich 70 vom Hundert dieses Betrags,
14 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als 70 vom Hundert bis einschließlich 90 vom Hundert dieses Betrags, 8
15 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als 90 vom Hundert bis einschließlich 110 vom Hundert dieses Betrags,
16 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als 110 vom Hundert bis einschließlich 130 vom Hundert dieses Betrags,
17 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als 130 vom Hundert bis einschließlich 150 vom Hundert dieses Betrags,
18 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als 150 vom Hundert bis einschließlich 170 vom Hundert dieses Betrags,
19 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als 170 vom Hundert bis einschließlich 190 vom Hundert dieses Betrags,
20 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als 190 vom Hundert bis einschließlich 200 vom Hundert dieses Betrags,
21 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als 200 vom Hundert bis einschließlich 210 vom Hundert dieses Betrags,
2 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als 210 vom Hundert bis einschließlich 220 vom Hundert dieses Betrags,
23 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als 220 vom Hundert bis einschließlich 230 vom Hundert dieses Betrags,
24 vom Hundert bei einer Wertneigerung von mehr als 230 vom Hundert bis einschließlich 240 vom Hundert dieses Betrags,
25 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als vom Hundert bis einschließlich 250 vom Hundert dieses Betrags,
26 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als 250 vom Hundert bis einschließlich 260 vom Hundert dieses Betrags,
27 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als vom Hundert bis einschließlich 270 vom Hundert dieses Betrags,
28 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als vom Hundert bis einschließlich 280 vom Hundert dieses Betrags,
29 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als vom Hundert bis einschließlich 290 vom Hundert dieses Betrags,
30 vom Hundert bei einer Wertsteigerung von mehr als 290 vom Hundert dieses Betrags.
Die Steuer ermäßigt sich für jedes vollendete Jahr des für die Steuerberechnung maßgebenden Zeitraums um eins vom Hundert ihres Betrags. Ist das Grundstück vor dem 1. Januar 1900 er worben, so beträgt die Ermäßigung für die Zeit bis zum 1. Januar 1911 eineinhalb vom Hundert jährlich. 8
Steuerbeträge, die im ganzen unter zwanzig Mark bleiben, werden nicht erhoben.
§ 29.
Die Entrichtung der Zuwachssteuer liegt demjenigen ob, dem das Eigentum an dem Grundstück vor dem die Steuerpflicht begründenden Rechtsvorgange zustand. Mehrere Steuerpflichtige haften als Gesamt⸗ schuldner.
Kann die Steuer von dem Veräußerer nicht beigetrieben werden, so haftet der Erwerber für die Steuer bis zum Betrage von zwei vom Hundert des Veräußerungspreises. Diese Bestimmung findet keine Anwendung beim Erwerb im Wege der Zwangsversteigerung.
Die Haftung fällt fort, sobald der Veräußerer einen entsprechen⸗ den Betrag oder sichergestellt hat.
§ 30.
Von der Steuerpflicht (§ 29 Abs. 1) befreit sind:
1) der Landesfürst und die Landesfürstin:
2) das Reich:
3) die Bundesstaaten und Gemeinden (Gemeindeverbände), in deren Bereich das Grundstück sich befindet;
4) Vereinigungen aller Art, welche, ohne Erwerbszwecken zu dienen, satzungsgemäß sich mit innerer Kolonisation, Arbeiteransiedelung, Grundentschuldung oder Errichturg von Wohnungen für die minder⸗ bemittelten Klassen befassen, falls sie den zur Verteilung gelangenden Reingewinn auf eine höchstens vierprozentige Verzinsung der Kapital⸗ einlagen beschränken, den Mitgliedern, Geschäftsführern oder sonstigen Beteiligten auch nicht in anderer Form besondere Vorteile gewähren, bei Auslosung, Austritt eines Mitglieds oder für den Fall der Auf⸗ lösung nicht mehr als den Nennwert ihrer Anteile zusichern und bei der Auflösung den etwaigen Rest ihres Vermögens für die vorbezeich⸗ neten Zwecke bestimmen. Ob diese Voraussetzungen zutreffen, entscheidet der Bundesrat. Er ist auch ermächtigt, solchen Ver⸗ einigungen der vorbezeichneten Art Steuerfreiheit zuzubilligen, die eine höchstens fünfprozentige Verzinsung der Kapitaleinlagen ge⸗ währen.
§ 31.
Durch die Landesgesetzgebung können Ausnahmen von der Be⸗ stimmung der Ziffer 1 des § 30 zu Gunsten der Gemeinden (Gemeinde⸗ verbände) gemacht werden. Wo solche landesgesetzlichen Bestimmungen bereits bestehen, behält es dabei sein Bewenden.
§ 32.
Gehen dem Eintritt der Steuerpflicht mehrere aufeinonderfolgende Rechtsgeschäfte der im § 5 bezeichneten Art voraus (§ 27), so haften die an einem dieser Rechtsvorgänge als Veräußerer Beteiligten für die Steuer neben dem Steuerpflichtigen als Gesamtschuldner. Im Verhältnis der Beteiligten zueinander haftet jeder Veräußerer für die Steuer nur in der Höhe, in der er haften würde, wenn der Ueber⸗ gang auf Grund des von ihm geschlossenen Veräußerungsgeschäfts erfolgt wäre.
Ist die Vornahme des steuerpflichtigen Rechtsvorganges unter Mitwirkung eines Bevollmächtigten oder durch die Tätigkeit eines Vermittlers mit der Maßgabe erfolgt, daß diesen der einen gewissen Betrag übersteigende Teil des Preises verbleibt, so haftet für den auf den Mehrerlös entfallenden Teil der Steuer neben dem Veräußerer als Gesamtschuldner derjenige, dem der Mehrerlös zukommt.
Liegt der die Haftung begründende Rechtsvorgang vor dem In⸗ krafttreten dieses Gesetzes, so finden die Vorschriften der Abs. 1, 2 keine Anwendung.
§ 33.
Jeder, der nach den Vorschriften des § 32 Abs. 1 für die Ent⸗ richtung der Abgabe haftet, ist berechtigt, innerhalb eines Monats nach Vornahme des die Haftpflicht begründenden Rechtsvorganges die Festsetzung und Erhebung der Abgabe von dem Wertzuwachse zu be⸗ antragen, der bis zu dem die Haftpflicht begründenden Rechtsvorgang entstanden ist. Bei der nächsten Versteuerung bemißt sich die Abgabe nach dem Steuersatze, der bei Einrechnung dieses Wertzuwachses anzu⸗ wenden wäre.
11““ E “
§ 34.
Ist im Falle des § 5 das sent pflichtige Rechtsgeschäft nichtig oder aufgehoben, so ist nach näherer Bestimmung des Bundesrats die Abgabe auf Antrag zu erlassen. Dasselbe gilt, wenn wegen Nicht⸗ erfüllung der Vertragsbedingungen das Rechtsgeschäft rückgängig gemacht oder das Eigentum zurückübertragen wird. Ferner ist in den der Preisminderung nach §§ 459, 460 des Bürgerlichen Gesetz⸗ buchs der Veräußerungspreis entsprechend zu ermäßigen und die Steuer entsprechend zurückzuzahlen.
Wird das Grundstück auf den bisherigen Eigentümer wieder über⸗ tragen, so kann nach näherer Bestimmung des Bundesrats die Abgabe erlassen werden. Die Abgabe muß erlassen werden, wenn die Rück⸗ übertragung innerhalb zweier Jahre seit der Veräußerung erfolgt.
Wird die Steuer erlassen, so gilt die Veräußerung im Sinne dieses Gesetzes als nicht erfolgt. 88
Für die Verwaltung und Erhebung der Zuwachssteuer ist der Bundesstaat zuständig, in welchem sich das Grundstück befindet.
Die Verwaltung der Zuwachssteuer erfolgt durch die von der Landesregierung hierzu bestimmten “
Die Reichsbevollmächtigten für Zölle und Steuern üben in An⸗ sehung der Ausführung dieses Gesetzes “ Rechte und Pflichten aus, die ihnen bezüglich der Zölle und Verbrauchssteuern beigelegt sind.
In Staaten, in denen die Geschäfte der Oberbehörde für die Zuwachssteuer anderen Behörden als den Zolldirektivbehörden über⸗ tragen sind, werden der Umfang und die Art der Tätigkeit der Reichs⸗ bevollmächtigten vom Reichskanzler im Einvernehmen mit der be⸗ teiligten Bundesregierung geregelt.
Unter Zustimmung des Bundesrats kann der Reichskanzler die Wahrnehmung der Geschäfte der Reichsbevollmächtigten, soweit die Ausführung dieses Gesetzes in Betracht kommt, anderen Beamten übertragen. 37
Jeder steuerpflichtige Rechtsvorgang und, sofern eine Preis⸗ erhöhung eintritt, jedes Rechtsgeschäft der im § 5 bezeichneten Art ist binnen einer Frist von einem Monat der zuständigen Steuerbehörde (§ 35 Abs. 2) anzumelden. Die Verpflichtung hierzu trifft den Ver⸗ äußerer und den Erwerber. Sind mehrere Veräußerer oder Erwerber vorhanden, so trifft die Verpflichtung jeden von ihnen. Sie gilt in gleicher Weise für die gesetzlichen Vertreter.
Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Verpflichtete von dem steuerpflichtigen Rechtsvorgang oder von dem Rechtsgeschäfte Kenntnis erhält.
Einer Anmeldung bedarf es nicht, wenn vor Ablauf der Frist die Auflassung oder Eintragung stattgefunden hat.
Sind mehrere Personen zur Erstattung der Anmeldung ver⸗ pflichtet, so wird durch die von einem Verpflichteten bewirkte An⸗ meldung der Anzeigepflicht der .“ genügt.
§ 38.
Den Steuerbehörden haben nach näherer Bestimmung des Bundes⸗ rats Mitteilung zu machen
1) die Grundbuchämter
von den Eintragungen des Eigentumsüberganges von Grund⸗ stücken in das Grundbuch; 2) die Registergerichte und ⸗behörden 1 von Eintragungen in das Handels⸗ und Genossenschafts⸗ register und von Einreichungen zum Handelsregister, soweit sie in Verfolg eines steuerpflichtigen Rechtsvorgangs vor⸗ genommen werden; 3) allgemein die Behörden und Beamten des Reichs, Staates unnd der Gemeinde sowie die Notare
a. von allen von ihnen beurkundeten Rechtsvorgängen, die den
Uebergang des Eigentums an inländischen Grundstücken zum Gegenstande haben oder zu den im § 5 bezeichneten Rechts⸗
geschäften gehören;
b. von allen Fällen der Erhebung der Abgabe auf Grund der 1 Tarifnummer 11 des Reichsstempelgesetzes.
Die Landesregierungen sind ermächtigt, im Einverständnisse mit dem Reichskanzler die Mitteilungspflicht anderen als den in Ziffer 1 und 2 genannten Stellen zu übertragen.
Auf Verlangen der Steuerbehörde und innerhalb einer von ihr zu bestimmenden angemessenen Frist hat der gemäß § 37 zur An⸗ meldung verpflichtete Veräußerer dem Amte eine Zumachssteuer⸗ erklärung einzureichen, welche die für die Steuerpflicht und die Steuer⸗ bemessung in Betracht kommenden Umstände ersehen läßt.
Die Steuererklärung ist unter der Versicherung zu erstatten, daß die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht sind.
§ 40.
Trägt die Steuerbehörde Bedenken, die Angaben in der Steuer⸗ erklärung als richtig anzunehmen, so teilt sie dem Steuerpflichtigen die beanstandeten Punkte unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Gegenerklärung mit. Erfolgt innerhalb der gesetzten Frist keine Gegenerklärung oder führen die Verhandlungen nicht zu einer Einigung, so ist die Steuerbehörde befugt, nach näherer Bestimmung der Landesregierung die erforderlichen Ermittelungen selbständig vor⸗ zunehmen und danach die Steuer zu erheben.
Die Kosten der Ermittelungen fallen dem Steuerpflichtigen zur Last, wenn sie zu einer endgültigen Steuerfestsetzung führen, die den nach den Angaben des Steuerpflichtigen veranlagten Abgabebetrag um mehr als ein Drittel übersteigt. § 41.
Die Behörden, Beamten und Notare haben den Steuerbehörden jede zur Ermittelung der Abgabe dienliche Hilfe zu leisten und ins⸗ besondere auf Verlangen die Einsicht in die Verhandlungen zu gestatten, die sich auf die für die Steuerbemessung maßgebenden Vor⸗ gänge beziehen. § 42
Personen, die als Veräußerer oder Erwerber oder als Vertreter eines von diesen an dem steuerpflichtigen Rechtsvorgange teilhaben, sind verpflichtet, auf Verlangen der Steuerbehörde über die Tatsachen, die für die Veranlagung der Abgabe von Bedeutung sind, Auskunft zu geben und die hierüber in ihrem Besitze befindlichen Urkunden vorzulegen. “
Das Gleiche gilt von den an früheren steuerpflichtigen Vorgängen beteiligten Personen.
§ 43
Ist die Zuwachssteuer berechnet, so erteilt die Steuerbehörde einen Steuerbescheid, der die Person des Steuerpflichtigen, den Betrag der Zuwachssteuer, deren Berechnungsgrundlagen und die von der Steuererklärung abweichenden Punkte, ferner die zulässigen Rechts⸗ mittel, die für diese festgesetzten Fristen sowie die Behörden, bei denen sie anzubringen sind, angibt und zugleich die Anweisung zur Ent⸗ richtung der Steuer innerhalb einer zu bestimmenden Frist enthält. Die Frist muß mindestens einen u betragen.
8
H. .
Gegen den Steuerbescheid sind als Rechtsmittel zulässig:
1) die Beschwerde, soweit sie nicht landesrechtlich aus⸗ geschlossen wird; .
2) das Verwaltungsstreitverfahren oder ein durch die Landes⸗ gesetzgebung geordnetes anderweites Verfahren vor den Verwaltungs⸗ gerichten, und wenn ein verwaltungsgerichtliches Verfahren nicht esteht oder landesrechtlich ausgeschlossen wird, der Rechtsweg.
Ob durch die Erhebung der Beschwerde seitens des Steuerpflichtigen das Verwaltungsstreitverfahren oder der Rechtsweg für ihn aus⸗ geschlossen wird, oder ob das Verwaltungsstreitverfahren oder das anderweite Verfahren vor den Verwaltungsgerichten oder der Rechts⸗ weg erst nach Erledigung der Beschwerde und der weiteren Beschwerde zulässig ist, richtet sich nach den 1öuöu.*] Vorschriften.
0.
Die Beschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat seit der Zustellung des Bescheids bei der Steuerbehörde anzubringen.
Verspätete Beschwerden sind zuzulassen, wenn die Steuerbehörde zu der Annahme gelangt, daß der Beschwerdeführer ohne sein Ver⸗ schulden verhindert war, die Frist einzuhalten.
für ihre Rechnung Zuschläge erhoben werden.
Der Beschwerdebescheid hat anzugeben, bei welcher Behörde und innerhalb welcher Frist die weitere Beschwerde einzulegen ist.
Die Beschwerde und die weitere Beschwerde haben keine auf⸗ schiebende Wirkung. 8
Das Beschwerdeverfahren 88 der Bundesrat.
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Für die Fristen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sowie für die Frist, in der die gerichtliche Klage zu erheben ist, sind die landesrechtlichen Vorschriften maßgebend. Sind für die Frist zur Er⸗ hebung der gerichtlichen Klage landesrechtliche Vorschriften nicht ge⸗ troffen, so muß die Klage binnen einer Frist von einem Monat erhoben werden; die Frist beginnt mit der Zahlung oder Stundung der Steuer.
Ueber die Frage, ob Stundung gemäß § 48 eintreten soll, ent⸗ scheidet endgültig die Steuerbehörde.
Auf den Lauf der im Abs. 1 bezeichneten Fristen finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 203, 206, 207 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. 1
Für die gerichtliche Klage sind ohne Rücksicht auf den Wert des. Streitgegenstandes ausschließlich die Landgerichte zuständig. Für die Verhandlung und Entscheidung letzter Instanz ist das Reichsgericht zuständig.
§ 47
Dem 11111““ ist auf Antrag für sein Grundstück oder für Grundstücksteile von der Steuerbehörde ein Bescheid über die bis dahin feststellbaren Berechnungsgrundlagen zu erteilen. Der Bescheid unterliegt den gegen den Steuerbescheid gegebenen Rechts⸗ mitteln. Die in dem Bescheide getroffenen Festsetzungen sind für die spätere Veranlagung maßgebend.
Für die Erteilung des Bescheids ist eine Gebühr von ½ vom Tausend des Erwerbspreises, mindestens aber von zwanzig Mark zu entrichten; außerdem fallen dem Antragsteller die Kosten des Rechts⸗ mittelverfahrens zur Last. 8
In Fällen, in denen die sb eseh⸗ Einziehung der Steuer mit erheblichen Härten verbunden sein würde, ist die Steuer nach näherer Bestimmung des Bundesrats, nötigenfalls gegen Sicherheitsleistung, zu stunden, auch die Entcichtung in Teilbeträgen zu gestatten. Die Bewilligung kann zurückgenommen werden, insoweit deren Voraus⸗ setzungen wegfallen.
§ 49.
Ist der Steuerpflichtige ein Deutscher, so ist zum Zwecke der Einziehung der Zuwachssteuer die Zwangsversteigerung eines Grund⸗ stücks ohne seine Zustimmung nicht aftig.
Die Nichterfüllung der gesetzlichen Pflicht zur Einreichung der Zuwachssteueranmeldung oder -erklärung (§§ 37, 39) unterliegt einer Geldstrafe bis zum vierfachen Betrage der Zuwachssteuer.
Die gleiche Strafe trifft denjenigen, der wissentlich unrichtige vanes macht, die geeignet sind, zu einer Verkürzung der Steuer zu führen.
Eine Bestrafung findet jedoch nicht statt, wenn der Verpflichtete vor erfolgter Strafanzeige oder bevor eine Untersuchung gegen ihn ein⸗ geleitet worden ist, aus freien Stücken die Erfüllung der im Abs. 1 erwähnten Verpflichtungen nachholt oder seine Angaben berichtigt.
§ 51.
Ist nach den obwaltenden Umständen anzunehmen, daß die recht⸗
zeitige Erfüllung der Verpflichtung nicht in der Absicht unterlassen worden ist, die Zuwachssteuer zu hinterziehen, oder daß die unrichtigen Angaben nicht in dieser Absicht gemacht worden sind, so tritt an die Stelle der im § 50 vorgesehenen Strafe eine Ordnungsstrafe bis zu sechshundert Mark.
Für andere als die im § 50 und im Abs. 1 bezeichneten Zuwider⸗
handlungen gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder die zu seiner Ausführung erlassenen Bestimmungen tritt eine Ordnungsstrafe bis 1
zu einhundertfünfzig Mark ein.
Die Einziehung der Zuwachssteuer erfolgt vnabhängig von der
Bestrafung. § 53. Die Strafe trifft jeden, der eine der in den §§ 50, 51 vor⸗ gesehenen Zuwiderhandlungen begeht. Die Strafe ist bei offenen Handelsgesellschaften, Kommandit⸗ gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien gegen die zur Vertretung berechtigten Gesellschafter, bei Gesellschaften mit beschränkter
Haftung gegen die Geschäftsführer, bei Genossenschaften, Aktien⸗
gesellschaften und sonstigen rechtsfähigen Vereinen gegen die Vorstands⸗ mitglieder nur im einmaligen Betrage, jedoch unter Haftung jedes einzelnen als Gesamtschuldner festzusetzen. Ebenso ist in anderen Fällen zu verfahren, in denen mehrere ectonen gemeinschaftlich oder als Vertreter eines Beteiligten sich strafbar gemacht haben.
Die Vorschrift des Abs. 2 Satz 1 findet entsprechende Anwendung im Verhältnis des Vollmachtgebers zum Bevollmächtigten, der inner⸗ halb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vollmacht gebers eine Handlung vornimmt, die eine strafbare Zuwiderhandlung
enthält. § 54.
Hinsichtlich des Verwaltungsstrafverfahrens, der Strafmilderurg und des Erlasses der Strafe im Gnadenwege sowie hinsichtlich der Strasvollstreckung und der Verjährung der Strafverfolgung kommen, auch für die Gebietsteile außerhalb der Zollgrenze, die sich auf die Zollstrafen beziehenden Vorschriften zur Anwendung. Die Landes⸗ regierung ist ermächtigt, zu bestimmen, daß an die Stelle der Haupt⸗ zollämter und Zolldirektivbehörden andere Staatsbehörden treten. Die Steuerbehörden haben in den Fällen der §§ 50, 51 den für die Strafverfolgung zuständigen Behörden Mitteilung zu machen.
Die festgesetzten Geldstrafen fallen der Staatskasse des Bundes⸗
staats zu, von dessen Behörden die “ getroffen ist.
Die Umwandlung einer nicht beizutreibenden Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe findet nicht statt. Auch ist, wenn der Verurteilte ein Deutscher ist, die Zwangsversteigerung eines Grundstücks ohne seine Zustimmung nicht zulässig.
§ 56.
Das Verwaltungsverfahren in Zuwachssteuerangelegenheiten ist — abgesehen von dem Rechtsmittel⸗ und Strafverfahren — kosten⸗, gebühren⸗ und stempelfrei, soweit nicht in den §§ 40 Abs. 2, 47 Abs. 2 etwas Abweichendes bestimmt ist.
§ 57.
Der Anspruch auf die Zuwachssteuer verjährt in zehn Jahren⸗ Die Frist beginnt mit dem Schlusse des Jahres, in welchem der Anspruch auf die Steuer entstanden ist; im Falle der Sicherheils⸗ leistung (§ 48) nicht vor Ablauf des Jahres, in welchem die Sicher⸗ heit erlischt.
§ 58.
Von dem Ertrage der Zuwachssteuer erhält das Reich fünfz g vom Hundert. Weitere zehn vom Hundert erhalten, sofern nicht die Landesgesetzgebung eine andere Bestimmung trifft, die Bundesstaaten als Entschadigung für die Verwaltung und Erhebung der Steuer. Vierzig vom Hundert fließen den Gemeinden oder Gemeindeverbänden zu, in deren Bereiche das Grundstück sich befindet. Die Regelung zwischen Gemeinden und Gemeindeverbänden, soweit diesen nach den Bestimmungen der Landesgesetzgebung ein Besteuerungsrecht zusteht, sowie in Ansehung von Grundstücken, die keiner Gemeinde angehören, erfolgt durch die Landesgesetzgebung. Bis zum Erlasse des Landes gesetzes fließen die vierzig vom Hundert den Gemeinden zu, in deren Bereiche das Grundstück sich befindet; in Ansehung von Grundstücken, die keiner Gemeinde angehören, und in den Fällen, in denen bisher ein Gemeindeverband Zuwachssteuer erhoben hat, erfolgt bis dahin die Regelung durch die Landesregierung.
Die Gemeinden (Gemeindeverbände) sind berechtigt, mit Ge⸗ nehmigung der Landesregierung durch Satzung zu bestimmen, da dem Anteil, der ihnen nach § 58 von dem Ertrage der Steuer zufließt
Bundesrat.
Die Zuschläge sind nach Hundertteilen zu bexechnen; sie dürfen in einzelnen Falle einhundert vom Hundert des der Gemeinde (Ge⸗ 3 indeverbande) zufließenden Betrags nicht übersteigen. Die Zuschläge nurfen für die verschiedenen Grundstücksarten und nach der Dauer des für die Steuererhebung maßgebenden Zeitraums verschieden festgesetzt werdene chgsteuer und Zuschlag dürfen zusammen dreißig vom Hundert der Wertsteigerung nicht übersteigen.
§ 60.
Erreicht in Gemeinden (Gemeindeverbänden), in denen eine uwachssteuer vor dem 1. April 1909 beschlossen und vor dem Januar 1911 in Kraft getreten war, deren Anteil am Ertrage der
Zuwachssteuer gemäß § 58 nicht den auf Grund der vor dem 1. April 1909 beschlossenen Satzung erzielten jährlichen Durchschnittsertrag, so st ihnen bis zum 1I. April 1915 der Unterschied aus dem auf das Reich entfallenden Anteil an dem in der Gemeinde (dem Gemeinde⸗ verband) aufkommenden Ertrage zuzuweisen; von dem überschießenden
Betrage fallen dem Reiche fünf Sechstel, dem Bundesstaat ein Sechstel
Das Gleiche gilt für Gemeinden (Gemeindeverbände), in denen die Satzung vor dem 1. Januar 1911 mit Wirkung über den 1. April 1909 zurück in Kraft getreten ist. “
Statt der Zuweisung des Unterschieds kann den Gemeinden (Gemeindeverbänden) auf degG nach Bestimmung des Reichskanzlers für die Dauer des bezeichneten Zeitraums an Stelle der Vorschriften dieses Gesetzes die bisherige Satzung weiterhin mit der Maßgabe
belassen werden, daß der Ertrag den Gemeinden (Gemeindeverbänden) belass
in Höhe des vor dem 1. April 1911 erzielten Durchschnittsertrags zufließt und der überschießende Betrag an das Reich abzuführen ist. Die Festsetzung des Durchschnittsertrags erfolgt durch den
§ 61. Für diejenigen Gebietsteile eines Bundesstaats, in denen ine besondere Gemeindeverfassung nicht vorhanden ist, finden die in den §§ 58 bis 60 für Gemeinden getroffenen Vorschriften auf den Bundes⸗ staat Anwendung. Die Vorschriften des § 60 erstrecken sich auch auf die Bundes⸗ smaten mit der Maßgabe, daß überall an die Stelle der Satzung das
Landesgesetz tritt. § 62.
Die Steuerpflicht nach Maßgabe dieses Gesetzes erstreckt sich auch auf Rechtsvorgänge, die nach dem 31. Dezember 1910 bis zum Inkraft⸗ treten dieses Gesetzes stattgefunden haben. Die Vorschriften des § 29 Abs. 2, 3 finden keine Anwendung.
Als Zeitpunkt des Eintritts der Steuerpflicht und als Beginn der Anmeldepflicht (§ 37) gilt der Tag des Inkrafttretens dieses
Gesetzes.
Ist auf Grund der im § 72 Abs. 2 mit Wirkung vom 1. Januar 1911 aufgehobenen Vorschriften eine Zuwackssteuer bereits entrichtet, so wird sie dem Steuerpflichtigen erstattet oder, soweit für denselben Rechtsvorgang Zuwachssteuer nach diesem Gesetze zu erheben ist, auf deren Betrag angerechnet.
Die Besteuerung unterbleibt, wenn die Urkunde über das Ver⸗ zußerungsgeschäft, das zu dem Eigentumsübergange führte, vor dem 1. Januar 1911 in öffentlich beglaubigter Form errichtet oder bei einer Behörde eingereicht war.
§ 64.
Betrifft ein steuerpflichtiger Rechtsvorgang Grundstücke, die von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien oder Gesell⸗ schaften und Vereinigungen der im § 3 bezeichneten Art nach dem 31. März 1905 erworben sind, so tritt bei Erwerbsvorgängen, die vor dem 1. Januar 1911 erfolgt sind, an die Stelle des Erwerbspreises der Wert, sofern dieser um mehr als fünfundzwanzig vom Hundert
hinter dem angegebenen Erwerbspreis zurückbleibt und sich nicht aus
den Umständen ergibt, daß die höhere Bemessung des Erwerbspreises keine Steuerersparung bezweckt. § 65.
Hat vor dem 1. Januar 1911 eine Auseinandersetzung gemäß § 7 Ziffer 3 stattgefunden, so bleibt die Steuerpflicht I die Zeit vor der Auseinandersetzung auf den Anteil des Erwerbers beschränkt. Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn die Zuweisung an einen Erben unter Anrechnung auf den Erbteil auf letztwilliger Ver⸗ fügung von Todes wegen beruht und der Erbfall vor dem 1. Januar 1ll eingetreten ist.
Hat einer von mehreren Abkömmlingen gemäß § 7 Ziffer 4 von seinen Eltern, Großeltern oder Voreltern vor dem 1. Januar 1911.
gegen Entgelt ein Grundstück erworben, so bleibt für die Zeit vor
dem Erwerbe die Steuerpflicht auf den Anteil beschränkt, der dem Erwerber als gesetzliches Erbteil ohnehin angefallen sein würde.
Ist von dem Anteil des Erwerbers für die Zeit vor dem ¹. Januar 1911 eine Zuwachssteuer bereits entrichtet, so wird diese Steuer auf die nach diesem Gesetze zu entrichtende Abgabe angerechnet.
§ 66.
Der Bundesrat erläßt die zur Ausführnng dieses Gesetzes er⸗ forderlichen Bestimmungen und ist berechtigt, die nach diesem Gesetze fillige Abgabe auch über den Anteil des Reichs hinaus aus Billigkeits⸗ gründen zu erlassen.
Er ist auch ermächtigt:
1) Rechtsvorgänge fuͤr steuerpflichtig zu erklären, die es ohne unter §§ 1, 5 zu fallen — einem anderen ermöglichen, über das Grundstück wie der Eigentümer zu verfügen;
2) für solche Fälle über die Berechnung des Wertzuwachses Be⸗ stimmungen zu treffen, die von den §§ 8 bis 27 abweichen.
Die vom Bundesrate gemäß Abs. 2 getroffenen Anordnungen sind dem Reichstag, wenn er versammelt ist, sofort, andernfalls bei seinem nächsten Zusammentreten vorzulegen. Sie sind mit Wirkung don ihrem Inkrafttreten ab außer Kraft zu setzen, soweit der Reichstag dies verlangt.
§ 67. Abs. 3 des § 85 des Reichsstempelgesetzes erhält folgende Fassung: Die Entgegennahme der Auflassung oder, wenn diese nicht vor dem Grundbuchrichter erfolgt, die Eintragung des neuen Eigentümers
im Grundbuch kann nach dem Ermessen des Gerichts von einer vor⸗
gängigen Sicherheitsleistung für den Abgabenbetrag abhängig gemacht
werden. Ueber Erinnerungen gegen die Anordnung der Sicherheits⸗ leistung wird im Aufsichtsweg entschieden. 3 § 68.
Der § 89 des Reichsstempelgesetzes vom 15. Juli 1909 (Reichs⸗ sesetzbl. S. 833) erhält mit Wirkung vom 1. Oktober 1909 ab folgende Fassung: “
Von Grundstücken, die auf Grund von Vorschriften gebunden
dnd, die nach den Artikeln 57, 58, 59 des Einführungsgesetzes zum
Pürgerlichen Gesetzbuch von den Vorschriften des Sa9Ie Gesetzbuchs unberührt bleiben, ist an Stelle der Abgabe nach Tarifnummer 11 eine jährliche Abgabe von ½ vom Hundert des
ertes zu entrichten. 8
„ Die Ermittelung des Wertes findet nach den Bestimmungen des § 16 des Erbs aftssteuergesetzes vom 3. Juni 1906 (Reichs⸗ gesetzbl. S. 620) in dreißigjährigen Zeitabschnitten statt. Deer erste dreißigjährige Abschnitt beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem das Grundstuck der Bindung unterworfen wird, und sofern dieser vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes liegt, mit dem 1. Oktober 1909.
Für die Zeit vom 1. Oktober 1909 bis zum 30. Juni 1914 wird zu der im Abs. 1 vorgesehenen Abgabe ein Zuschlag von %0 vom Hundert des ermittelten Wertes jährlich erhoben.
8 Die Abgabe ruht auf dem Grundstück und gilt als öffentliche kast im Sinne des § 10 Ziffer 3 des Gesetzes über die Zwangs⸗ versteigerung und Zwangsverwaltung. 1b
Grundstücke, zu deren rechtsgultiger Veräußerung weder eine landesherrliche oder sonstige Genehmigung noch die Zustimmung von Familienmitgliedern oder Dritten erforderlich ist und deren Ver⸗ außerungserlös nach den gesetzlichen oder hausverfassungsmäßigen oder stistungsmäßigen Bes
timmungen der freien Verwendung des 1
Veräußerers unterliegt, gelten nicht als gebunden im Sinne der Vorschriften dieses Paragraphen 9
Von der Abgabe befreit sind der Landesfürst und die Landes ürstin.
§ 69. 8 1 28 an ie Stelle des § 90 des Reichsstempelgesetzes treten folgende orschriften:
Bei Veräußerungen, die in die Zeit bis zum 30. Juni 1914 fallen, wird zu der in Tarifnummer 11 vorgesehenen Abgabe von vom Hundert des Kaufpreises ein Zuschlag von einhundert vom Hundert erhoben.
Nach dem 30. Juni 1914 wird der Steuersatz in Tarif⸗ nummer 11 von drei zu drei Jahren durch den Bundesrat einer Nachprüfung unterzogen. Uebersteigt innerhalb des dreijährigen Zeit⸗ raums der durchschnittliche Jahresanteil des Reichs am Ertrage der Zuwachssteuer den Betrag von fünfundzwanzig Millionen Mark, so ist der Steuersatz in Tarifnummer 11 mit Wirkung vom Beginne des der Feststellung folgenden Rechnungsjahrs für die folgenden drei Jahre nach näherer Bestimmung des Bundesrats entsprechend herabzusetzen. 1 „Die Vorschriften des Abs. 2 finden auf die Abgabe nach § 89 Anwendung. Insoweit die Abgabe für eine Zeit bezahlt ist, für welche die Herabsetzuug eintritt, ist vom Reiche entsprechender Rückersatz zu leisten.
6 § 70.
„Die Befreiungsvorschrift am Schlusse der Tarifnummer 11 des
Reichsstempelgesetzes wird dahin abgeändert: Befreit sind auf Antrag:
1) Grundstücksübertragungen der in a und d dieser Tarifnummer bezeichneten Art, wenn der stempelpflichtige Betrag bei bebauten Grundstücken 20 000 Mark, bei unbebauten Grundstücken 5000 Mark nicht überschreitet. Erwirbt dieselbe Person von demselben Veräußerer durch verschiedene Rechtsvorgänge mehrere Grundstücke oder Grundstücks⸗ teile, so sind die Uebertragungen stegresagtsg. wenn der Wert zu⸗ sammen die angegebenen Beträge übersteigt, und die Umstände er⸗ geben, daß der Erwerb zum Zwecke der Ersparung der Steuer in mehrere Rechtsvorgänge zerlegt worden ist. Was im Sinne dieser Vorschrift als bebautes und unbebautes Grundstück anzusehen ist, bestimmt sich nach dem § 1 des Zuwachssteuergesetzes.
Ddie Steuerfreiheit tritt nur ein, wenn weder der Erwerber und sein Ehegatte im letzten Jahre ein Einkommen von mehr als 2000 Mark gehabt haben, noch einer von ihnen den Grundstückshandel gewerbs⸗ mäßig betreibt. Wird festgestellt, daß der Erwerb für Rechnung eines Dritten erfolgt, so ist die Steuerfreiheit nur zu gewähren, wenn die Voraussetzungen für die Befreiung auch in der Person des Dritten vorliegen.
Beurkundungen von Uebertragungen der Rechte eines befreiten Erwerbers werden in betreff der Stempelpflichtigkeit auch dann wie Beurkundungen von Veräußerungen behandelt (a Abs. 2 Satz 1 dieser Tarifnummer), wenn der erste Erwerber das Veräußerungsgeschäft erweislich auf Grund eines Vollmachtsauftrags oder einer Geschäfts⸗ führung ohne Auftrag für einen Dritten abgeschlossen hat und die ö der Rechte dieses ersten Erwerbers an den Dritten erfolgt.
2) Eigentumsveränderungen, denen sich die Beteiligten aus Gründen des öffentlichen Wohles zu unt . . gesetzlich verpflichtet sind.
Die Anmerkung zu Tarifnummer 11 des Reichsstempelgesetzes erhält in Abs. 1 solgende Fassung:
Stempelabgaben unter fünfzig Pfennig werden nicht erhoben. Höhere Beträge, welche nicht ohne Bruch durch zehn teilbar sind, werden auf den nächst höheren durch zehn teilbaren Betrag abge⸗ rundet; Stempelbeträge über fünf Mark, welche nicht ohne Bruch durch fünfzig teilbar sind, werden auf den nächst höheren durch fünfzig teilbaren Betrag ahgea . 11“
Dieses Gesetz tritt mit dem 1. April 1911 in Kraft.
Die Vorschriften der Landesgesetze und die Satzungen der Gemeinden und Gemeindeverbände, welche die Besteuerung des Zuwachses bei der Veräußerung von Grundstücken betreffen, treten mit Wirkung vom 1. Januar 1911 außer Kraft, soweit sie nicht gemäß § 60 aufrecht erhalten werden. Die vor dem 1. Januar 1911 eingetretenen Rechts⸗ vorgänge und die im § 63 bezeichneten Fälle des Eigentumsüber⸗ ganges unterliegen auch dann nach diesen Gesetzen und Satzungen der Zuwachssteuer, wenn das Verfahren zur Feststellung der Steuer erst nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zum Abschluß kommt.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel. Gegeben Berlin im Schloß, den 14. Februar 1911. Wilhelm. von Bethmann Hollweg.
Preußischer Landtag. 6“ Haus der Abgeordneten. Sitzung vom 18. Februar 1911, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Ueber den Beginn der Sitzung ist in der vorgestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Das Haus setzt die zweite Beratung des Etats des Ministeriums des Innern, und zwar die Debatte über die fortdauernden Ausgaben für die Strafanstalten fort.
Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Es ist nicht mit dem Gesetz zu ver⸗ einbaren, wenn die Haftstrafen im Gefängnis vollstreckt werden. Den Redakteuren muß die Selbstbeschäftigung gewährt werden; wir fordern das nicht als ein Privilegium, sondern auf Grund der Gefängnisordnung, wonach die Gefangenen individuell behandelt werden sollen. Die Kriminalität ist dank der wirtschaftlichen Ver⸗ hältnisse und des gesteigerten Rechtsbewußtseins zurückgegangen; auch bei den Jugendlichen ist die Kriminalität zurückgegangen; wozu also in der reaktionären Presse das Geschrei über die Ver⸗ rohung der Jugend? Die Disziplin unter der Jugend ist durch die Er⸗ ziehung der Sozialdemokratie besser geworden. Soweit die Krimi⸗ nalität noch besteht, ist sie eine Folge der Sünden der bestehenden Staats⸗ und Gesellschaftsordnung. Der Rückfall in das Verbrechen wird durch die Schwierigkeit, ht der Entlassung aus dem Gefängnis wieder Arbeit zu finden, erleichtert. Gegen den einmal gemachten Vorschlag der Einführung einer Besserungshaft müssen wir uns erklären. Wir können überhaupt solche Maßregeln nicht in die Hand einer Regierung legen, zu der wir kein Vertrauen haben. Bemerkens⸗ wert war in der gestrigen Debatte der Versuch des Abg. Boehmer, die Gefängnisverwaltung scharf zu machen gegen die jetzt in den Ge⸗ fängnissen herrschende milde Behandlung. Wegen einzelner Sünden der Gefangenen darf man nicht das ganze System ändern. Wenn es wirklich einige Verbrecher gibt, die lieber in das Zuchthaus als in das Gefängnis wollen, so kann man mit diesen armen Leuten eher Mitleid haben, als sie schärfer anzufassen. Ich muß mich in dieser Beziehung als freiwilliger Regierungskommissar auf die Seite des Geheimrats Krohne, einer anerkannten Autorität, stellen. Der Rückgang der Kriminalität beneist gerade, daß unsere Gefängnisverwaltung auf dem richtigen Wege ist. Vom pädagogischen Standpunkt aus bedauere ich es, daß man den Zuchthaus⸗ und Gefängnisinsassen so wenig Schreibgelegenheit gibt. Je mehr man den Gefangenen die Möglichkeit gibt, mit ihren An⸗ gehörigen zu korrespondieren, desto mehr kommen die edelsten Gefühle bei ihnen zum Durchbruch. Durch Luft und Licht, durch Bewegung im Freien muß für die Gesundheit der Gefangenen gesorgt werden; wo die Sonne nicht hinkommt, kommt der Arzt hin. Die geringe Zahl der Todesfälle in den Gefängnissen beweist nichts für die Gesundheits⸗
verhältnisse; die meisten Gefangenen werden entlassen, ehe sie der Tod erreicht, aber es kommen viele als Todeskandidaten heraus. Die Wissen⸗ schaft hat erkannt, daß die Tuberkulose im Zusammenhang mit der Kriminalität steht. Es ist eine ständige ärztliche Beaufsichtigung der Gefangenen notwendig. Mit der Gefängnishygiene ist es noch nicht so bestellt, wie es erforderlich ist. Es sollte uns eine Denkschrift mit bildlichen Darstellungen über den Stand der Gefängnishygiene vorgelegt werden. Es ist vorgekommen, daß neue Gefangene in Zellen gebracht wurden, in denen vorher Kranke gewesen waren, ohne daß eine Desinfektion stattgefunden hat. Wir sind durchaus damit einverstanden, daß in den Gefängnissen das religiöse Gefühl derjenigen, die es wirklich haben, befriedigt werden kann, aber man soll nicht die Hilflosigkeit der Gefangenen dazu be⸗ nutzen, um ihnen einen b Zuspruch aufsudrängen, den sie nicht haben wollen. Wir haben zu viele Geistliche und zu wenig Aerzte in den Gefängnissen. Die preußische Regierung sollte ferner auf die Reichsregierung einwirken, daß die Kranken⸗ und Invaliditätsversiche⸗ rung auf die Gefangenen ausgedehnt wird. Die Organisationen, welche sich die Fürsorge der Gefangenen nach der Entlassung angelegen sein lassen, sind mit religiösen Zwecken verquickt. Die religiösen Organi⸗ sationen gehen aber immer darauf hinaus, Proselyten zu machen, und so kommt es, daß ihre Art der Fürsorge für die Gefangenen oft vom Uebel ist.
Die Fürsorge für die entlassenen Gefangenen muß der Staat selbst in die Hand nehmen. Wir wünschen, daß die notwendigen Reformen
im Gefängniswesen in dem Geiste, den gestern der Geheimrat Krohne hat erkennen lassen, durchgeführt werden.
Abg. Strosser (kons.): Zweifellos hat der in der Strafanstalts⸗ verwaltung bei uns in Preußen herrschende Dualismus schwere Bedenken gegen sich. Das Abgeordnetenhaus hat sich ja darüber wiederholt ausgesprochen, und alle Parteien sind in dem Wunsche einig, daß auf diesem Gebiete Einheitlichkeit eintreten soll, Meinungs⸗ verschiedenheiten bestehen nur darüber, welchem Ressort die Straf⸗ anstalten überwiesen werden sollen. Wir sind überwiegend der Meinung, daß die Strafvollstreckung beim Ministerium des Innern bleibe; wir sind auch bereit, in Verhandlungen darüber einzutreten, wie diesem Uebelstande abgeholfen werden kann. Die Red meines Freundes Boehmer ist in mancher Beziehung nicht ganz richtig verstanden worden. Er hat nicht einer weiteren Ausdehnung der Disziplinarstrafen in den Strafanstalten das Wort reden wollen. Er hat allerdings davon gesprochen, daß die Prügelstrafe, die doch einmal als Disziplinarstrafe in den Strafanstalten durchaus rechtsgültig be⸗ steht, nicht immer so angewendet wird, wie es vielleicht zweckmäßig
wäre, und da muß ich ihm in gewisser Beziehung beipflichten. Wenn
ein tätlicher Angriff gegen einen vorgesetzten Beamten erfolgt, so kann die Prügelstrafe nicht verhängt werden, sondern es wird ein ge⸗ richtliches Verfahren eingeleitet. Wie steht es nun mit den zu lebens⸗ länglichem Zuchthaus verurteilten Verbrechern? Gerade von solchen, die vielleicht daneben noch zu sechs oder acht Jahren Zuchthaus verurteilt sind, werden, wie ich aus meinen eigenen Erfahrungen bezeugen kann, derartige Angriffe besonders häufig begangen. So ein Mann stößt einen Beamten mit einem Messer über den Haufen und verwundet ihn schwer; er kommt vor Gericht und erhält zusätzlich noch ein oder zwei Jahre Zuchthaus, und damit ist die Sache erledigt, d. h. er bekommt in Wirklichkeit gar keine Strafe, während ein anderer nicht lebenslänglich Verurteilter die Prügel⸗ strafe erfährt. In dieser Beziehung ist also eine volle Gleich⸗
mäßigkeit der Strafvollstreckung nicht gewährleistet, und nur dies 8
hat Herr Boehmer hervorheben wollen. Wenn er für die Wieder⸗ herstellung der Vermerke in den Sterbeurkunden der im Zuchthaus Verstorbenen eingetreten ist, so wünschen wir in unserer großen Mehrheit diese Wiederherstellung nicht, denn wir wollen durchaus nicht, daß die Kinder solcher Strafgefangenen hinterher ganz un⸗
schuldigerweise bei ihrer Verheiratung oder bei ähnlichen Anlässen
dadurch geschädigt werden. Dem Abg. Boisly gegenüber möchte ich übrigens noch “ daß mein verstorbener Vater immer bloß für die Aufrechterhaltung der Prügelstrafe bei groben Roheiten gewesen ist. Als in einem Buche die Behauptung auftrat, er hätte eine besondere Freude an der Verhängung der Prügelstrafe gehabt,
ist aus der amtlichen Statistik nachgewiesen worden, daß gerade in
seiner Anstalt außerordentlich selten und nur bei besonders rohen
Gewalttätigkeiten die Prügelstrafe zur Anwendung gekommen ist. Wenn Herr Tourneau meinte, daß infolge der milderen Handhabung
der Disziplinarstrafen die Kriminalität abgenommen habe, so läßt sich damit doch nur schwer seine Anführung vereinigen, daß eine Zunahme der Rückfälligen eingetreten sei. Was die Beschäftigung der Gefangenen in landwirtschaftlichen Betrieben angeht, so bin ich uüͤber⸗ zeugt, daß auch in diesem Jahre der Regierungsvertreter befriedigende Erklärungen abgeben wird, wie ja überhaupt allseitig anerkannt wird, daß gerade von der Gefängnisverwaltung des Ministeriums des Innern in dieser Beziehung das weiteste Entgegenkommen gegenüber den Wünschen des Mittelstandes und des Handwerks betätigt worden ist. Der Abg. Liebknecht ist in seinen Wünschen bezüglich der Straf⸗ anstalten teilweise recht weit gegangen. Wenn er die Räume für die Gefangenen noch besser ausgestattet wünscht, so möchte ich doch darauf aufmerksam machen, daß diese Anstalten Strafanstalten heißen und zugleich auch Besserungsanstalten sind, aber doch nicht Anstalten, die dem Verbrecher die Abbüßung seiner Strafe so an⸗ genehm wie irgend möglich machen sollen. Da muß doch Maß ge⸗ halten werden, der Verbrecher muß doch auch zu dem Gefühl kommen, daß er etwas abzubüßen hat. Schon der Abg. Boisly hat darauf hin⸗ gewiesen, daß die verschiedenen Anstalten in den Augen der Verbrecher eine ganz außerordentlich verschiedene Wertschätzung genießen; er hat uns ja die Klassifizierung angegeben, die von den Leuten gewöhn⸗ lich innegehalten wird. Wenn dann aber Herr Liebknecht die Krimi⸗ nalität lediglich als eine Folge der heutigen Gesellschaftsordnung hinstellt, so ist das eine so ungeheuerliche Behauptung, daß man sie kaum zu widerlegen braucht. Die Sozialdemokraten haben ja im Reichstage als ihr Ideal die Republik verkündet. Ist denn in den Republiken die Kriminalität auch nur im allergeringsten besser? In Frankreich, dem von den Sozialisten beherrschten Frankreich, in der Schweiz, in den Vereinigten Staaten, überall dieselben Klagen über die Zunahme der Kriminalität wie bei uns. Also daß die Kriminalität in Deutschland lediglich eine Folge der Gesellschafts⸗ ordnung sei, muß man uns nicht weismachen wollen, auch nicht, daß es eine Kriminalität nicht mehr geben würde, wenn die sozialdemokratischen Ideale Wirklichkeit werden. Die menschlichen Leidenschaften werden Sie auch mit Ihren Idealen niemals aus dem Menschenherzen herausreißen können; es werden Verbrechen verübt werden, auch wenn die idealsten Zustände herrschen. Auch die Selbstmorde können nach der Meinung des Abg. Liebknecht in den staatlichen Anstalten ganz oder 8 vermieden werden; die vorkommenden Selbstmorde seien deshalb hauptsächlich der Staatsverwaltung zur Last zu legen. Ich frage jeden ruhtg Denkenden: wie soll irgend jemand auf der Welt verhindern können, daß Selbst⸗ morde geschehen? Die Mittel zum Selbstmorde sind den Straf⸗ gefangenen gar nicht zu nehmen. Ich weiß aus den Erfahrungen meines Vaters, daß es selbst bei der allerstrengsten Kontrolle und Beaufsichtigung des einzelnen, der in einem solchen Verdacht steht, ausgeschlossen ist, einen Selbstmord zu verhüten. Der Mann benutzt den Hosenträger, das Handtuch oder irgendeinen anderen Gegenstand, um seine Absicht auszuführen. Dieser Vorwurf ist also nicht gerecht⸗ fertigt, ebenso der Vorwurf wegen der mangelnden Desinfektion usw. Der Abg. Liebknecht behauptet, die Zelle, in der sich ein Tuberkulose⸗ kranker befand, sei nicht desinfiziert worden. Die amtliche Statistik, die uns zugänglich gemacht worden ist, gibt ihm erschöpfende Ant⸗ wort. Sie wendet sich mit einem scharfen Protest gegen einen in den „Blättern für Volkswirtschaftspflege“ erschienenen Artikel „Der neue Strafvollzug“, wo dieselbe Behauptung aufgestellt ist, wo esagt wird, die Gefängnisse und Zuchthäuser seien geradezu Brutskätten der Tuberkulose, indem man mit den entlassenen Gefangenen die Schwindsucht ins Land schicke. Diese Behauptungen werden als gänz⸗ lich unbegründet oder als beweislos erhobene schwere Beschuldigungen der Gefängnisverwaltung auf das entschiedenste zurückgewiesen. Was Herr Liebknecht schließlich über die kirchlichen Organisationen und ihre Ausschaltung bei der Fürsorge für entlassene Strafgefangene
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