Außerdem wurden bei 21 Erwerbsfällen aus Erbschaften von zu⸗ sammen 202 755 ℳ Reinwert 20 965 ℳ und bei 14 dergleichen aus Schenkungen unter Lebenden von zusammen 212 511 ℳ Reinwert 11 495 ℳ Steuer niedergeschlagen. Im Durchschnitt entfällt auf einen versteuerten Anfall ein Reinwertbetrag von rund 7168 ℳ mit einem Steuerertrag von rund 457 ℳ.
die Gesamtverbind⸗
Es betragen ddie Gesamtrohwerte lichkeiten bei den ℳ ℳ
31 343 überhaupt versteuerten Nachlässen . . . .
aben, liefert der Bericht graphische und statistische Nachweise über die Entwicklung des Personenverkehrs. Danach haben sich die Zug⸗ leistungen für diesen im Jahrzehnt 1900/09 um 69 ‧%, die Zahl der Reisenden um 87,7 % vermehrt. Die Anzahl der zurückgelegten Personen⸗ kilometer ist von rund 13 Milliarden auf rund 24 Milliarden, also um 84,84 % gewachsen. Die Einnahmen aus dem Personenverkehr stiegen von 345 379 159 ℳ auf 558 517 045 ℳ oder um 61,70 %. Dagegen sind die Durchschnittseinnahmen sowohl für eine Person (von 62 auf 54 ₰ oder um 12,9 %) als auch für einen Personenkilometer (von 2,65 auf 2,32 ₰ oder um 12,45 %) herabgegangen. Der Ver⸗ kehr in der I. Klasse hat infolge der hoben Fahrkartensteuer und des
so unschuldig wäre, brauchte der Landrat garnicht in der Versammlung mehrmals zu sagen, daß er nur als Urwähler da sei. 1
Darauf wird ein Schlußantrag des Abg. Freiherrn von
Zedlitz und Neukirch (freikons.) angenommen..
zum Abgeordnetenhause für Berichterstatter Abg. Lüdicke teilt mit, die Wahlprüfungskom⸗
unterschiedliche Formulare mission habe angenommen, daß dem Landrat seine staatsbürgerlichen
Rechte nicht beschränkt werden dürften und daß der Landrat von
Nach der Beweisaufnahme Keudell alles getan habe, um über seine Stellungnahme als Privat⸗
abgegebenen Wahlmänner⸗ mann keinen Fweisel aufkommen zu lassen. 1
Zum morgigen Sonntag, an dem Seine Königliche Hoheit der Prinz Luitpold, des Königreichs Bayern Verweser, sein neunzigstes Lebensjahr vollendet, begrüßen wir das erlauchte Oberhaupt des Hauses Wittelsbach nit ehrerbietigen und innigen Glückwünschen. Der edle Fürst, der diese seltene Feier begehen kann, blickt ein Leben zurück, dessen Inhalt deutsche Treue war. Treue gegen sein Bayerisches Land, dem er sich von Jugend
off 8 gültigkeit für die Wahl des Abgeordneten und für d
treffend den Beitritt der Niederlande zur Berner Wahl der Wahlmänner in zehn Ugvahlbegirten sogt die
nvention, angenammen. Durch 6 Gheses Resolution:
entwurf werden die Rechte ausländischer, in das Holländische „die Regierung zu ersuchen, eine Anweisung dahi
übersetzter Autoren geschützt. lassen, daß fortan bei allen Wahlen sägcs dehn raehen Amerika. Terminswahlen und für Fristwahlen
u“ 1 verwendet werden“. Die chilenische Regierung hat, „W. T. B.“ zufolge, Abg. Haarmann⸗Altena (nl.): beschlossen, die Häfen im Norden zu befestigen und mit den 88 von der Gesamtzahl
Die Zweite Kammer hat gestern den Gesetzentwurf, be⸗
1 1 der 305 1 1 timmen insgesamt 30 von er nicht die
uf in unermüdlicher Pflichterfüllung weihte; Treue gegen das eutsche Volk, für das er zwischen Süd und Nord die Brücke chlagen half; Treue gegen das Reich, um dessen Gründung er ich militärische wie politische Verdienste erwarb, und dessen veitere Entwicklung er in unwandelbar bundesfreundlicher Gesinnung unterstützte; Treue gegen sein Königliches Haus, das n ihm in schweren Tagen einen hochgesinnten Schützer und Verwalter seiner Kronrechte fand. Als ehrwürdiger Vertreter der ationalen Heldenzeit steht er unter uns in bewundernswerter Frische des Körpers und Geistes mit offenem Sinn für das Leben der Gegenwart, und wie reich gesegnet sein Wirken war, wird ihm an seinem Jubeltage in Bayern, im ganzen Reich und überall in der weiten Welt, wo Deutsche wohnen, in Kundgebungen, die aus freudig bewegten Herzen kommen, bezeugt werden. Wir huldigen Seiner Königlichen Hoheit mit dem Wunsche, er möge an seinem Ehrenplatz als Nestor unserer Bundes⸗ fürsten der Liebe seiner Bayern und der Verehrung aller eutschen noch lange erhalten bleiben!
Der neuernannte Regierungsassessor Freiherr von Kirch⸗ bach aus Königsberg i. Pr. ist dem Landrat des Landkreises Weißenfels zur Hilfeleistung in den landrätlichen Geschäften zugeteilt worden.
Die Regierungsreferendare Besser aus Potsdam, Dr. jur. Simon aus Posen und Dr. jur. von Jena aus Potsdam haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungs⸗ dienst bestanden.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist vorgestern S. M. S „Eber“ in Casablanca eingetroffen und geht heute von dort nach Orotava (Teneriffa) in See. 8
Bayern.
Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent hat anläßlich seines morgigen Geburtstages eine große Reihe Auszeichnungen hetc an und, „W. T. B.“ zufolge, ein be⸗ sonderes Ehrenzeichen für 40 jährige Dienstzeit im Hof⸗, Staats⸗ oder Gemeindedienst das den kreuz“ führt.
gestiftet, Namen
Setterreiche ungaaaann.
Das österreichische Abgeordnetenhaus hat nach einer Meldung des „W. 2. B.“ gestern den 2 Perherstea ser betreffend die Zulassung der Frauen zu politischen Vereinen und betreffend die Aufhebung des Verbots der Verbindung politischer Vereine, angenommen.
— Das ungarische Abgeordnetenhaus hat in der gestrigen Sitzung die Gesetzvorlage, betreffend die Bewilligung des Rekrutenkontingents für 1911, angenommen.
Großbritannien und Irland.
Das Unterhaus ist gestern mittag wieder zusammen⸗ getreten. Die Debatte über den Nachtragsetat begann, „W. T. B.“ zufolge, in ruhiger Weise. Viele Abgeordnete, die sich an den erregten Diskussionen der vergangenen Nacht beteiligt hatten, nahmen auch an der gestrigen Debatte mit scheinbar unverminderter Energie teil.
Frankreich. .
Fn der Dep utiertenkammer führte gestern der Marine minister Delcassé in Beantwortung einer Rede des Admirals Bienaimé, der die deutsche und die französische Flotte miteinander verglichen hatte, laut Bericht des „W. T. B.“ aus: Die Grundlage zur Vergleichung von zwei Flottenstärken müsse die Zahl der Schiffe nach dem Dreadnought⸗Typ bilden. Im Jahre 1920 würde die deutsche Flotte nach ihrem Bauprogramm, das dann beendet wäre, ebenso wie die französische 22 Dreadnoughts haben. Frankrelch werde 18, Deutschland 12 Panzerkreuzer haben, die aber stärker seien als die Frankreichs. Er glaube, daß diese Feststellungen einen pessimistischen Schluß nicht rechtfertigten. 8
Spanien.
82 Der Ministerpräsident Canalejas teilte gestern in der Deputiertenkammer mit, daß er noch vor Ablauf eines Monats den Entmnef zum Vereinsgesetz vorlegen werde, dessen Text ausschließlich den Wünschen der öffentlichen Meinung an⸗ gepaßt sei. Canalejas erinnerte, „W. T. B.“ zufolge, an die mit dem Heiligen Stuhl über die Anwendung des Vereins⸗ gesetzes gepflogenen Unterhandlungen und sagte: 1 Der Vatikan habe in seiner letzten Note erklärt, er werde die Verhandlungen nur unter der Bedingung wieder aufnehmen daß der Gesetzentwurf ihm unterbreitet und Gegenstand eines Uebereinkommens mit ihm würde. Die Regierung könne die Ausübung der nationalen Feneränitat. zenen. ücht don “ von Unterhandlungen
1 igen Stuhl abhängig mach eine entsprechende Antwort erteilt. “ — t “ 8
Portugal. . Wie „W. T. B.“ meldet, sind die Wahlen für die gesetzgebende Versammlung auf den 30. Aüri fest⸗
gesetzt worden. Niederlande.
Die Regierung hat gestern in der Zweiten
einen Gesetzentwurf eingebracht, durch Sh “ 88 protokoll zu der Konvention, betreffend die Errichtung eines internationalen Prisengerichtshofes, gutgeheißen wird, das am 19. September 1910 durch die Signatarmächte der Haager Konvention vom 18. Ok ober 1907 unterzeichnet worden ist. Dieses Zusatzprotokoll trägt, „W. T. B.“ zufolge den Schwierigkeiten verfassungsrechtlicher Art Rechnung, die für gewisse Mächte, unter ihnen die Vereinigten Staaten, der
Befestigungsarbeiten bei Arica zu beginnen.
Die Regierung von Paraguay hat, obiger Quelle zu⸗ folge, den Heschluß gefaßt, über Assumption für sechs Monate den Belagerungszustand zu verhängen.
Afrika. Nach Meldungen des „W. T. B.“ berichten Kuriere von der Mahalla des Sultans Abdul Hafid, daß die Mahalla, von befreundeten Stämmen unterstützt, die Aufständischen vorgestern bei dem Berge Jelfat geschlagen und daß ihre Artillerie ihnen Verluste beigebracht habe. Die Mahalla umzingelte die Scherarda, die viele Tote und Ver⸗ wundete hatten. Alle Duars der Scherarda wurden in Brand gesteckt. Von der Mahalla wurden sechs Mann getötet. Der „Indépendance belge“ zufolge ist in Boma ein Komplott der Eingeborenen gegen hohe Beamte des Kongostaates entdeckt worden. Es handelt sich um den Mangeniastamm, dessen Sitz sich im Uellebezirk befindet. Die Behörde hat Waffen und Munition beschlagnahmt und viele Verhaftungen vorgenommen: infolgedessen herrscht dort wieder allgemeine Ruhe. “ 11X“
i 11“
Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ tags befindet sich in der Ersten und Zweiten Beilage. ü
— Der Reichstag setzte in seiner heutigen (145.) Sitzun der der Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück 1.“ die zweite Lesung des Reichshaushaltsetats für 1911 mit dem Spezialetat für das Reichsamt des Innern fort. 1 Die Diskussion begann mit den fortdauernden Ausgaben, Besoldungen für das Reichsamt des Innern, Staatssekretär 50 000 ℳ. Dazu liegt eine große Zahl von Resolutionen vor. Eine ebenfalls zu diesem Titel gestellte Resolution Kölle, be treffend den schwedischen Handelsvertrag, wird erst beim Etat der Zölle besprochen werden.
Abg. Dr. Pieper (Zentr.): Die gewerbliche und industrielle Entwicklung hat in vielen Richtungen sich erfreulich fortentwickelt, einige Gewerbszweige haben Rekordziffern zu verzeichnen. Die Folgen der großen Bauarbeitersperre sind noch nicht überwunden. Die Ernte in Weizen und Roggen war günstig. Die Aus⸗ fuhr ist gewachsen, die Einfuhr hat abgenommen. Diese Ergebnisse müssen um so höher bewertet werden, als eine ganze Reihe Länder ch bemüht, ihre Industrien durch Schutzzölle zu entwickeln. Mit den 5 kaßnahmen der äußeren Wirtschaftspolitik müssen die Maßnahmen der inneren Wirtschaftspolitik Hand in Hand gehen. Auch hier hat das Reich eine weite Einflußsphäre. In den letzten Jahren haben hauptsächlich durch Börsenmanöver unsere Spinnereien große Schwierigkeiten gehabt, die hochgesteigerten Rohmaterialienpreise auf die Fabrikate abzuwälzen. In dieser Beziehung können wir den Bestrebungen auf Förderung der Baumwollproduktion in unseren Schutzgebieten zugunsten unserer Textilindustrie nur den besten Erfolg wünschen. Eine Materialien⸗ prüfungsanstalt für die Textilindustrie sollte von Reichs wegen eingerichttt werden; die dagegen geltend gemachten Einwände sind nicht durchschlagend. Jedenfalls bitten wir den Staats⸗ sekretär, die Frage gründlich zu prüfen und das Ergebnis der Prüfung möglichst bald mitzuteilen. Das Stahlwerks⸗ und das Kohlensyndikat müssen erhalten bleiben. Ein Gesetzentwurf über die Syndikate und Kartelle hat der Reichstag schon durch Beschluß von 1908 verlangt; der Bundesrat hat sich über dieses Verlangen noch nicht geäußert. Der Hansabund hat besonders unter den Städtern eine Agitation betrieben, die wir nicht billigen können. Der gewerbliche Mittelstand hat seine größten Sorgen auf dem Gebiete, wo es gilt, sich der übermächtigen Konkurrenz des Großhandels und der Großindustrie zu erwehren; darum scheint mir, daß viel eher Mittelstandsvereinigungen berufen sind, sich dieser Sorgen anzunehmen, als eine Vereinigung, die die b und den gewerblichen Mittelstand einschließlich der Privat⸗ angestellten umfassen will, die zudem von politischen Bestrebungen gar nicht loegelöst werden kann. Zu einer guten inneren Wirtschafts⸗ politik gehört auch eine gute Sozialpolitik. Wir haben auf diesem Gebiet uns unausgesetzt strebend bemüht; es genügt, wenn ich be⸗ züglich der Maßnahmen zur Hebung des Handwerks z. B. auf unsere Bemühungen um die Umgestaltung des Submissionswesens hinweise. Wir haben hier und im Landtage alles unterstützt, was die kauf⸗ männische und technische Fortbildung der Handwerker fördern kann. Das Stadium der Erwägung ist beim Bundesrat insofern überwunden, als eine Konferenz am 7. April zusammentreten wird um eine Abgrenzung der Begriffe Fabrik und Handwerk usw. festzu⸗ setzen. Zur Förderung des kaufmännischen Mittelstandes haben wir seit 1903 Anträge gestellt, vor allem haben wir Erhebungen verlangt über die Lage des kaufmännischen Mittelstandes in Stadt und Land. Ueber die Lage des Handwerkerstandes haben gewerbliche Korporationen usw. solche Erhebungen bereits früher angestellt. In kaufmännischen Kreisen suchen die Handelskammern Klarheit zu verschaffen, aber das sind nur beschränktre Kreise. Wir wollen ein⸗ gehendere Erhebungen über die Konkurrenz der Großbetriebe, der Warenhäuser, die Mängel der Lehrlingsausbildung und manches andere. Auch die Ausbildung des kaufmännischen Fort⸗ bildungswesens liegt noch sehr im argen. Alle diese Auf⸗ gehen sind um so wichtiger, als leider die organisierte Selbst⸗ ilfe im Kaufmannsstand weit zurücksteht hinter der in der Land⸗ wirtschaft und im Handwerk. Der kleine Kaufmannsstand hat in der Selbsthilfe noch das meiste zu leisten, zumal da die Kaufmanns⸗ sealn sich immer mehr organisieren und auf hre Arbeitgeber rücken.
(Schluß des Blattes.)
— Auf der Tagesordnung für die heutige (46 Sitbung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vih cfäcs ber geistlichen ꝛc. Angelegenheiten D. von Trott zu Solz bei wohnte, standen zunächst Berichte der Wahlprüfungs kommission. b Die Wahl des Abg. Fürbringer (nl.) in den Kreisen Norden und Emden (Stadt⸗ und Landkreis) im Regierungs⸗ bezirk Aurich wird nach dem Antrag der Kommission ohne Debatte für gültig erklärt. 88 Die Wahl des Abg. Kreitling (fortschr. Volksp.) im 4. Berliner Wahlbezirk wird nach dem Kommissionsantrag 8 Debatte für ungültig erklärt; zugleich werden die Wahl⸗ männerwahlen vom 3. Juni 1908 in dem ganzen Wahlbezirke sämtlich, von den am 3. Oktober 1910 vollzogenen Wahl⸗ männerwahlen wird ein Teil für ungültig erklärt.
Bezüglich der Wahl des Abg. Dr. Wendlandt inl.) in den Kreisen Eschwege und Schmalkalden im Regierungsbezirk
e der jetzigen Form der Konvention von 1907 entgegen⸗
ungültig erklärt worden. Von den auf den Abg. Dr. Wendlandt entfallenden 157 Stimmen gehen 23 ab, so daß er 134 Stimmen, vier weniger als die absolute Mehrheit, erhalten hat. Gegen den Antrag der Kommission, die Wahl für ungültig zu erklären, wird nichts mehr auszurichten sein; aber es ist dennoch nötig, auf die Beeinflussung hinzuweisen, die der Landrat von Keudell ausgeübt hat. Er hat in amtlicher Eigenschaft die Bürgermeister zu der Versammlung in Nieder⸗Hone berufen und die “ geleitet. Er hat zwar erklärt, daß er nicht als Landrat, sondern als Urwähler erschienen sei, aber es ist unmöglich, daß, wenn er sich auch als Staatsbürger und Urwähler gefühlt hat, seine Eigenschaft als allmächtiger Landrat verloren geht. Ich wollte einmal sehen wenn im Westen ein nationalliberaler Landrat es soll dort solche Exemplare geben sich an die Spitze einer Wahlversammlung stellte. Das würde dort einfach unmöglich sein. Wir sind der Ueber⸗ zeugung, daß der Landrat von Keudell ganz erheblich über die Grenze, die ihm durch sein Amt gezogen ist, hinausgegangen ist, und daß hier einer der Uebergriffe der Landräte vorliegt.
„Abg. Strosser (kons.): Nach meiner Meinung und nach der Ansicht der großen Mehrheit der Wahlprüfungskommifsion liegt eine landrätliche Beeinflussung nicht vor. Wir wollen dem Landrat seine staatsbürgerlichen Rechte nicht verkümmern. Ist der Landrat von Keudell irgendwie über das hinausgegangen, was erlaubt ist? Herr Haarmann hat gesagt, ein Landrat könne nicht einmal als Landrat und dann als Privatmann auftreten. Das muß beinahe je⸗ der, der eine Beamtenqualität hat, bei den Wahlen tun. Wie kann denn jemand noch vorsichtiger sein, als es der Landrat gewesen ist, indem er ausdrücklich erklärt hat, daß er in der Versammlung nicht als Landrat, sondern als Privatmann spreche und nur von seinem staatsbürgerlichen Rechte Gebrauch mache? Hat denn der Landrat noch staatsbürgerliche Rechte, oder hat er keine? Wenn der Landrat staatsbürgerliche Rechte hat, dann hat er auch das Recht, in eine Versammlung zu gehen, dann hat er auch das Recht, auf allgemeinen Wunsch eine Versammlung zu leiten. Der Landrat hat ferner in der Beweisaufnahme ausdrücklich erklärt, daß er nicht in amtlicher Eigenschaft die Bürgermeister zu der Versammlung berufen habe, er sei seines Wissens nicht der Ein⸗ ladende gewesen, sondern sei sogar selbst zu der Versammlung ein geladen worden. Die Zeugen haben auch übereinstimmend erklärt, daß der Landrat seinen amflichen Einfluß nicht für den Gegenkandidaten von Christen eingesetzt habe. Wir sind deswegen in der uͤberwiegenden Mehrheit der Wahlkommission auch zu der Ueberzeugung gekommen, daß, wenn jemals bewiesen ist, daß ein Landrat keine Wahlbeein⸗ flussung getrieben hat, das in diesem Falle geschehen ist. Ich möchte dringend bitten, daß wir den Beschlüssen der Wahlkommission bei⸗ keften und die Meinung von einer Wahlbeeinflussung nicht aufkommen
Abg. Dr. Friedberg (nl.): Gegen die Kommissionsbeschlüsse nehmen wir keine Stellung, aber es handelt sich um die wichtige Frage, ob politische Beamte, speziell Landräte, Wahlbreinflussung üben dürfen. Der Landrat von Keudell ist über die Grundsätze weit hinausgegangen, die der Minister des Innern für die Beteiligung der politischen Beamten bei den Wahlen aufgestellt hat. Es eignet sich nicht für einen politischen Beamten, selbst in die Wahlagitation einzugreifen. Das ist aber der Fall, wenn der Landrat in einer Wahlversammlung den Vorsitz führt und sich an der Aufstellung der Wahlmänner beteiligt. Wenn der Landrat z. B. sagt: „Sie, Herr Bürgermeister, müssen das übernehmen“, glauben Sie, daß der Bürgermeister dann dem Landrat sagen kann, daß er es nicht tue? Der Landrat hat sich auch an der Diskussion beteiligt, um die Ver⸗ sammelten zu überzeugen, und hat die Wahl des Herrn von Christen empfohlen. Wenn er zehnmal erklärt, er sei nur Urwähler, so ändert dies an der Sache gar nichts. Die Konservativen haben sich darüber beschwert, daß ein Staatsanwalt herumgefahren sei und für einen nationalliberalen Kandidaten agitiert habe. Ein Staats⸗ anwalt ist kein politischer Beamter, wohl aber der Landrat. Er hat hier in unzulässiger Weise eingegriffen. Dies fördert auch nicht die Stellung des Landrats seinen Kreiseingesessenen gegenüber; wenn der Landrat sich für einen Kandidaten einlegt, so entspricht das nicht der Würde des Beamten den Kreiseingesessenen gegenüber, die einer anderen Partei angehören. Wir müssen hier das Vorgehen des Land⸗ nte “ scharf verurteilen und werden das bei jedem solchen Ab. Strosser (kons.): Der Abg. Friedberg läßt es so er⸗ scheinen, als ob in der Versammlung die Wahlmänner aufgestellt worden seien; das steht aber nicht im Protokoll, und der Landrat sagt dies auch nicht in seiner Aussage. Wenn ein politischer Beamter so stigmatisiert wird, so müssen wir doch einmal fragen, ob er nicht dieselben staatsbürgerlichen Rechte hat, wie andere, wie Ober⸗ hürgermeister, Bürgermeister und andere Beamte. Wenn aber ein Bürgermeister in eine Wahlversammlung geht, dann wird von der Linken nichts gesagt (Widerspruch links); das ist in Wirklichkeit dasselbe, auch der Bürgermeister muß sich den Bürgern gegenüber dieselbe Zurück⸗ haltung auferlegen. Deswegen entfallen hier alle Argumente gegen den Landrat. Der Landrat hat doch auch das staatsbürgerliche Recht, sich 89 wSe I lassen. Wie soll er sich da verhalten 2
ann dürfte er auch nicht in eine Ve gehe ür sei E ersammlung gehen und für seine Wenn wir dem Landrat die
1“ S wir nicht machen. 1 staatsbürgerlichen Rechte übe öt be⸗ lassen wollen, so können wir ihm eg öböu85 sich selbst gewissermaßen seines Amtes entkleidet und ausdrücklich erklärt, er komme nur als Urwähler und mache von seinem Recht als Urwähler Gebrauch. Dieses Recht können wir ihm nicht nehmen. Abg. Dr. Friedberg (nl.): Der Landrat von Keudell hat allerdings ausgesagt: „Ich habe keinen der Bürgermeister irgendwie kraft meiner amtlichen Eigenschaft zu veranlassen versucht, das Amt als Wahlmann zu übernehmen, ebensowenig andere Urwähler“. Also nur „in amtlicher Eigenschaft“. Ein anderer Zeuge hat aber aus⸗ drücklich erklärt, daß in der Einladung zur Versammlung gesagt war daß über die Aufstellung von Wahlmännern — finden sollte. Bei den Bürgermeistern ist die Sache genau so zu entscheiden unter der Voraussetzung, daß der Bürgermeister die Polizei verwaltung hat. Der Vergleich mit einer Kandidatur des Landrat paßt nicht; denn dann hat der Landrat selbstverständlich das Recht überall als Redner aufzutreten und seine Kandidatenrede zu halt n Ahber etwas anderes ist es, wenn er sich an der Aufstellung der Wahl⸗ männer für eine Partei beteiligt. 1
„ Abg. Schwarze (Zentr.) bemerkt, daß die Freunde des Abg Friedberg im Reichstage für das staatsbürgerliche Recht des Landrat eingetreten seien. 8
Abg. Gyßling (fortschr. Volksp.): Ich bin wiederholt in der Sitzung der Wahlprüfungskommission im Reichstage gewesen und habe niemals gehört, daß wir im Reichstag einen ander en Stand punkt eingenommen haben als im Abgeordretenhause. Wir handelr nach bestimmten Grundsätzen. Die Tätigkeit des Landrats von Keudell stimmt nicht mit den Grundsätzen des Ministers des Innern überein. Danach kann er nicht den Vorsitz in einer Wahlversammlung über⸗ nehmen. Die Aussage des Herrn von Keudell beruht eben auf der 8 Zweiseelentheorie der Konservativen. Diese Theorie darf auf Wahlen keine Anwendung finden; da kann man nicht unterscheiden zwischen der amtlichen und der privaten Stellung. Der Bürgermeister, der vom Landrat aufgefordert wird, ein Mandat als Wahlmann anzunehmen kann nicht unterscheiden, ob der Landrat ihn amtlich oder als Privat⸗ Wenn er zehnmal erklärt, daß er nur als
Cassel beantragt die Kommission die. Erklärung der Un⸗
mann aufgefordert -. 0
Urwähler auftrete, so macht dies keinen Unterschied. Wenn die Sache
der Wahlprüfungskommission für Abg. Kveie (Zentr.) bemerkt persönlich, e. im Reichs⸗ h
Gießen (n 2 Stimmen.
Verbesserungen eingeführt.
eine Besprechung statte⸗
Freunde des Abg. Gyßling, sondern die des Abg. Dr. Fried 1 t
emeint habe. 8 s6 Abg. Dr. Friedberg (nl.) bemerkt, es sei ihm nichts davon be⸗
kannt, daß seine Freunde im Reichstage eine solche Stellung genommen hätten, wie der Abg. Schwarze behaupte. 16 Nach weiteren persönlichen Bemerkungen der Abgg. Strosser und Gyßling beschließt das Haus nach den Kommissionsanträgen. (Schluß des Blattes.)
Nach vorläufigen amtlichen Ermittlungen sind bei der gestrigen Reichstagsersatzwah im ersten hessischen Wahl⸗ kreis (Gießen) insgesamt 23 511 Stimmen abgegeben worden. Davon haben der Krankenkassenkontrolleur Beck⸗ mann⸗Gießen (Soz.) 7976, der Oberlehrer Dr. Werner⸗ Butzbach (wirtsch. Bgg.) 7958, der Pfarrer Korell⸗Königs⸗ städter Volksp.) 5059 und der Professor Dr. Gisevius⸗
—:) 2516 Stimmen erhalten. Zersplittert waren
8
Die Verwaltung der öffentlichen Arbeiten in Preußen. Vergl. Nr. 58 d. Bl. vom 8. d. M.)
Aus dem Inhalt des Seiner Majestät dem Kaiser und König von dem Minister der öffentlichen Arbeiten über die Verwaltung seiner Ressorts innerhalb der letzten 10 Jahre erstatteten Berichts seien noch folgende Angaben mitgeteilt, die wiederum dem ausführlichen Auszug aus jenem Bericht entnommen sind, der in der „Zeitung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen“ aus der Feder eines Fachmanns er⸗ schienen ist. “ 1 1 sch Im etriebe der Staatsbahnen ist zunächst der Verbesserung der Fahrzeuge zu gedenken. Durch Beschaffung leistungsfähigerer Lokomotiven ist die Vorspannleistung erheblich eingeschränkt und der Betrieb wirtschaftlicher gestaltet worden. Es werden jetzt z. B. 1⁄12,2⸗ und ⅞ gekuppelte Lokomotiven im Personen⸗u nd Schnell⸗ zugdienst verwendet, die imstande sind, auch die schwersten Züge ohne Vorspann zu befördern. Durch Verwendung überhitzten Dampfes ist die Leistung gesteigert. Der Wasserraum der Tender ist vergrößert, in einzelnen Fällen bis zu 30 cbm. Bei Güterzügen werden %¼ gekuppelte Lokomotiven, zum Teil mit Heißdampf ver⸗ wendet, sodaß auch hier der Vorspann meist fortfällt. Die Heiß⸗ dampflokomotiven haben sich für schwere Züge auf langen Strecken bewährt. Für das Lokomotivpersonal sind die Plätze auf der Loko⸗ motive verbessert und gegen die strahlende Hitze geschützt worden. Auf den neuen Lokomotiven des Personendienstes sind Geschwindigkeits⸗ messer angebracht, gegen Funkenauswurf und Rauchentwickelung sind Es werden jetzt längere Strecken ohne Lokomotivwechsel durchfahren und bei den Lokomotiven Doppel⸗ besetzung angewendet, die Anheizung und die Arbeiten nach Beendigun der Fahrt werden durch besondere Arbeiter besorgt. Sehr zahlreich
ind die Verbesserungen der Personenwagen. Erwähnt sei die Verwandlung aller Schnellzüge in D⸗Züge mit den sehr widerstands⸗ fähigen D⸗Wagen, die Verwendung vierachsiger Personenwagen bei den Eilzügen und zahlreichen Personenzügen, die Einstellung eigener sechs⸗ achsiger Schlafwagen in die Nachtschnellzüge, die Vermehrung der Speise⸗ und der Kurswagen. Die Beleuchtung durch das hängende Gasglühlicht wird bis 1912 durchgeführt sein. Schlafwagen erhalten elektrische Beleuchtung mit Leselampen. Für Massentransporte sind offene Göterwagen mit 20 t Tragfähigkeit beschafft, auch für schwere Stücke bis zu 80 t sind jetzt entsprechende Wagen vorhanden. All⸗ jährlich sind durchschnittlich 160 8 Millionen für Beschaffung von Fahrzeugen verausgabt. Am 1. April 1910 waren vorhanden: 19 304 Lokomotiven (einschl. 155 Triebwagen), 37265 Personenwagen, 416 726 Güter⸗ und Gepäckwagen. Die Zahl der Sitz⸗ und Stehplätze in den Personenwagen betrug 1 831 554 (75,8 % mehr als am 1. April 1900), die Tragfähigkeit der Güter⸗ und Gepäckwagen 5 758 907 t. Die elektrische Zugförderung mit Triebwagen ist eingeführt auf der Strecke Berlin Potsdamer Baßnhof- Groß⸗Aichterfelde (Ost) mit 9,24 km und auf der 26,66 km langen Vorortbahn Blankenese — Ohlsdorf. Der elektrische Betrieb wird auch für Fernzüge geplant, zunächst für die Strecke Bitterfeld —-Dessau (26 km). Die zulässige Höchstgeschwindigkeit für Personenzüge mit durchgehender Bremse ist von 90 auf 100 km in der Stunde erhöht; auf Nebenbahnen beträgt die Höchstgeschwindigkeit 50 km. In Er⸗ gänzung der bundesratlichen Vorschriften sind zwischen den deutschen Staats⸗ und wichtigeren Privatbahnen einheitliche Fahrdienst⸗ vorschriften vereinbart worden. Sehr wichtig ist die Vervollkomm⸗ nung der Sicherheitseinrichtungen durch die weitere Ausdehnung und Verbesserung der elektrischen Streckenblockung, die seit 1902 in der sog. vierfeldrigen Form hergestellt wird, durch die eine selbst⸗ tätige Mitwirkung des Zuges eingeführt ist. Die Freimeldung einer Strecke kann nämlich erst erfolgen, nachdem der Zug einen Kontakt befahren hat, durch den auf elektrischem Wege eine Sperre ausgelöst ist, die vorzeitige Blockbedienung zur Freimeldung verhindert. Am 1. November 1910 war die elektrische Streckenblockung auf 17 102 km der preußisch⸗hessischen Staatsbahnen teils fertiggestellt, teils im Bau. 1 Der Bericht geht nun zu dem Kapitel der Unfälle über und kann an die Spitze den Satz stellen, daß die preußis ch⸗hessischen Staatseisenbahnen in bezug auf die Betriebssicherheit eine der ersten Stellen einnehmen, wenngleich sie in dem ab⸗ gelaufenen Jahrzehnt von schweren Unfällen nicht verschont geblieben sind. Die Zahl der Unfälle sowie die der verunglückten Reisenden und Bediensteten bewegt sich im allgemeinen in absteigender Linie. Auf 1 Million Zugkilometer entfielen im Jahre 1900 in Preußen (d. h. auf den preußisch⸗hessischen Bahnen) 6,6, in Deutschland 2 Betriebsunfälle überhaupt. Diese Zahl fiel im Jahre 1909. in Preußen auf 4,5, in Deutschland auf 5,1. Die Zahlen sind bedeutend günstiger als z. B. in England. — Die Zahl der durch Unfall ge⸗ föteten und verletzten Beamten und Arbeiter zeigt ebenfalls eine ab⸗ fallende Bewegung. Der zehnjährige Durchschnitt beträgt auf 1000 Beamte und Arbeiter in Preußen 3,16, in Deutschland 3,43. Der Bericht widmet dann den militärischen Betriebs⸗ leistungen der preußisch⸗hessischen Staatsbahnen einen kurzen, aber gewichtigen Abschnitt. Eine beigefügte Uebersicht gibt über den Umfang der Truppenbeförderungen bei den großen Herbstmanövern Aufschluß, die höchste Ziffer der beförderten Offiziere und Mann⸗ schaften zeigt das erste Jahr 1900 mit 26 803 + 671 181, die geringste das letzte Jahr 1909 mit 18 342 + 477 998. Der Bericht hebt hervor, daß es mehr und mehr gelungen ist, zur Mannschaftsbeförderung nur Personenwagen zu benutzen und die Verwendung ausgerüsteter Güterwagen auf die dringendsten Fälle zu beschränken. Schädigungen und Stockungen des allgemeinen Verkehrs sind trotz der starken Güterbewegung im Herbst vermieden. Uebungssonderzüge zur Uebung des Aus⸗ und Einladms der Truppen mit allem Zubehör werden von der Verwaltung kostenlos gestellt, sie sind neuerdings avch in kriegsstarken Formationen vor⸗ genommen. Nach einer Schilderung der Umarbeitungen des deutschen Personen⸗ und Gepäcktarifs, des Tier⸗ und Gütertarifs, die sich aus
erhöhten Tarifs abgenommen. Die Zahl hat sich hier um 15,65 % vermindert, die Zahl der Personenkilometer und die Einnahmen zeigen eine viel geringere Zunahme als in den
übrigen Klassen.
aus dem Schlafwagenverkehr und den Bahnsteigkarten, den Fahrschein⸗ heften des Rundreise⸗(Vereinsreise⸗) verkehrs und dem Gepäck (ein⸗ schließlich Hunde) nach Rückgang: Rückfahrkarten auf 45 Tage, fortsetzenden durch die Tarifreform von
der beförderten Personen
Weitere Anlagen des Berichts weisen Verkehr und Einnahmen 1
Der Rundreiseverkehr erlitt zunächst einen 1902 durch die Verlängerung der Gültigkeitsdauer der einen weiteren erheblicheren, sich noch
zwischen gewöhnlichen Fahrkarten und Rundreiseheften fast beseitigte. Durch Aufhebung des in Norddeutschland gewährten 25 kg⸗Freigepäcks sind die Einnahmen aus dem Gepäckver eehr natürlich sehr erheblich estiegen. W6“ 9 Her Güterwagenpark ist wirtschaftlich immer mehr aus⸗ genutzt worden. Die Höhe der durchschnittlichen täglichen Gestellung von Güterwagen in den Herbstmonaten ist von 88 618 Stück i. J. 1899 auf 132 758 i. J. 1908, d. h. um 49,8 % gewachsen. Die durchschnittliche Gestellungeziffer der Kohlen⸗, Koks⸗ und Brikett⸗ wagen auf den Arbeitstag im Ruhrbezirk stieg von 15 205 im Jahre 1899 auf 23111 im Jahre 1909. Während die Zahl der Güter⸗ wagen um 46,6 % zunahm, wuchs das Ladegewicht der Güterwagen um 3458 Milionen auf 5697 Millionen Tonnen, d. i, um 64,7 %. Die Zahl der gefahrenen Tonnenkilometer vermehrte sich um 54,5 %. Ueber die Entwicklung des Güterverkehrs geben besondere Nachweisungen Aufschluß, über die Entwicklung des Güter⸗ und des Personenverkehrs ist eine lehrreiche Abbildung beigefügt, aus der namentlich der scharfe Gegensatz zwischen der starken Vermehrung der Verkehrsleistungen und ⸗einnahmen und dem langsamen aber regel⸗ mäßigen Herabgehen der Einnahmen für das Tonnen⸗ und das Personen⸗ kilometer in die Augen springt. Hier nur wenige Angaben: die Zahl der gefahrenen Tonnenkilometer ist von rund 23 ¾ Milliarden auf rund 35 ½ Milliarden, d. i. um 49,27 % gestiegen, die Verkehrsdichtigkeit weist eine Zunahme um 22,19 % auf. Die Güterverkehrseinnahmen stiegen von rund 860 ½ Millionen auf 1 Milliarde und 279 Millionen Mark, d. i. um 48,7 %. Die Einnahme auf das Tonnenkilometer sank von 3,62 auf 3,60 ₰, die auf das Personenkilometer von 2,65 auf 2,32 ₰. Ueber die Bewegung der Güter in den einzelnen deutschen Verkehrsbezirken gibt eine weitere Anlage des Berichts Aufschluß und Hebung des Güterverkehrs. Die gesamte
bestätigt die gewaltige b Güterbewegung aller deutschen Eisenbahnen hatte danach im Millionen Tonnen er⸗
Kalenderjahre 1909 die Höhe von rund 365 ¾ onnen e⸗ reicht und übertraf die des Jahres 1899 um 47,18 %. Die stärkste Vermehrung zeigt der Verkehr der Stadt Berlin (mehr als 168 %) und der der Provinz Pommern (mehr als 89 %). Bei den Güter⸗ arten zeigt die stärkste Zunahme der Versand von Düngemitteln (101 %), von Braunkohlen (85,87 %), von Kartoffeln (76 %). Der Versand von Eisen und Stahl stieg um 47,05 %, von Roheisen um 26,19 %. Das Gesamtbild ist das eines lebenskräftigen Vorwärts⸗ schreitens im gesamten deutschen und Fürnßsischer Wirtschaftsleben. Das Anlagekapital der preußisch⸗hessischen Staatsbahnen, das sich im Jahre 1900 auf ruud 8 Milliarden belief, war im Jahre 1909 auf rund 10 ½ Milliarden Mark angewachsen, die Verzinsung durch die Ueberschüsse betrug für ersteres Jahr 6,87 %, für letzteres 5,94 %. Während das Anlagekapital der Staatsbahnen so beständig wuchs, wurde der verhältnismäßige Anteil der preußischen Eisenbahn⸗ verwaltung an den gesamten Staatsschulden Preußens infolge der Abschreibungen immer geringer. Am Schluß des Jahres 1909 stand einem preußischen Anlagekapital von 10 464 Millionen Mark eine Eisenbahnschuld von nur 7023 Millionen gegenüber, der Unterschied von 3441 Millionen stellt die Abschreibung dar. 8 Ueber die Betriebsergebnisse der preußisch⸗hessischen Staatsbahnen in den einzelnen Jahren 1900 bis 1909 geben bildliche Darstellungen Aufschluß, die das fortwährende, in diesem Jahrzehnt nur zweimal (1901 und 1908) unterbrochene Wachsen der Finnahmen und das ununterbrochene Wachsen der Ausgaben ver⸗ anschaulichen. Bei letzteren ist namentlich das Wachsen der persön⸗ lichen Ausgaben hervortretend, die 1909 gegen 1900 um 68,8 % stiegen, während die Einnahmen nur um 45,8 % zunahmen. „Die sachlichen Ausgaben wuchsen gleichzeitig um 61,1 %. Wir beschränken uns hier auf eine Uebersicht der Betriebseinnahmen und ⸗ausgaben und des Betriebsüberschusses der Jahre 1900 und 1909: Einnahmen Ausgaben Ueberschuß 1900. 1 392 335 630 849 538 524 542 797 106 ℳ 190909 2 029 594 986 1 400 273 316 629 321 670 „ Das Verhältnis der Ausgaben zu den Einnahmen, der sog. „Be⸗ triebskoeffizient“ war lebhaften Schwankungen unterworfen. Er betrug im Jahre 1900 = 61,02 %, stieg im Jahre 1908 auf 74,62 %, um dann erfreulicherweise für 1909 wieder bis auf 68,99 % herabzusinken. Die ungewöhnliche Höhe im Jahre 1903 ist auf die gewaltige Steigerung der Gehälter und sonstigen Personalausgaben in Ver⸗ bindung mit dem Einnahmerückgang infolge des wirtschaftlichen Niederganges zurückzuführen. Der Anteil Hessens an den Be⸗ triebsüberschüssen betrug im Jahre 1909 = 11 377 792 ℳ, im Jahre 1909 aber 13 535 838 ℳ, einen geringen Anteil (für 1909 = 682 757 ℳ) hat auch Baden wegen seines Mitbesitzes an der Main⸗ Neckarbahn, die im Jahre 1902 in die preußisch⸗hessische Betriebs⸗ gemeinschaft aufgenommen wurde. 1 8 Am Schluß dieses Abschnitts folgen im Bericht Uebersichten und Abbildungen, die über die finanziellen Ergebnisse der preußi⸗ schen Staatsbahnen allein und die Verwendung ihres Ueber⸗ schusses Auskunft geben. Die Ueberschüsse der Jahre 1900/1909 haben zusammen rund 5 ½ Milliarden Mark betragen, seit 1880, dem Beginn der Verstaatlichung, sind 11 702 Millionen Mark erzielt worden. Von jenen 5 ½ Milliarden sind zu Eisenbahnzwecken (Verzinsung und Tilgung der Eisenbahnschuld, Extraordinarium, Dispositionsfonds) verwendet rund 3806 Millionen; für andere Staatszwecke blieben rund 1722 Millionen verfügbar, im Jahre 1900 waren es 146 ½, im Jahre 1908 nur rund 99, im Jahre 1909 wieder rund 183 ½ Millionen. Für die bestehenden Bahnen sind im letzten Jahrzehnt in runden Summen an sogenannten Bauausgaben (für zweite, dritte usw. Gleise, für Bahnhosserweiterungen, Vermehrung der Fahrzeuge, sonstige Aus⸗ führungen usw.) aufgewendet 2158 Millionen, davon aus Anleihen 617 Millionen, das meiste aus dem Extraord'narium. Außerdem wurden für den Bau neuer Bahnen rund 728 Millionen Mark und für den Erwerb von Privatbahnen rund 180 Millionen Mark aus⸗
gegeben.
Statistik und Volkswirtschaft
Ergebnisse der Reichserbschaftssteuer. Die finanziellen Wirkungen des Reichserbschaftssteuergesetzes vom 3. Juni 1906 im Rechnungsjahre vom 1. April 1909 bis 31. März 1910 sind nach dem 1. „Vierteljahrsbeft zur Statistik des Deutschen Reichs“, Jahrgang 1911, wie folgt, festgestellt: 8 Anfälle: — 8 8 Zahl Gesamtreinwert Steuerertrag
Za ℳ ℳ 47 242 667
Erwerb von Todeswegen 104 904 739 106 521 6 3 268 973
Gesamtzahl) die H Geschwister mit 284 931 153 ℳ (= 38,55 v. H. des Gesamtreinwertes) den höchsten Gesamtwertbetrag auf, während den größten Steuer⸗ betrag die auch mit dem höchsten Steuersatze belegten „übrigen Er⸗
an mildtätige oder gemeinnützige inländische Stiftungen usw. wird auch hier der Hauptsteuerbetrag mit 1 053 664 ℳ = 32 von den „übrigen Erwerbern“ aufgebracht.
4 053 Schenkungen unter Lebenden. 57 056 018 4 375 930
zusammen . . 898 674 552 106 887 943.
Bei dem Erwerbe von Todeswegen weisen die Abkömm⸗ inge 1. Grades von Geschwistern mit 36 881 (= 35,16 v. H. der öchstzahl aller versteuerten Erwerbsanfälle, dagegen
verber“ mit 14 631 884 ℳ (ä= 30,97 v. H. der ganzen Steuersumme)
907 † 9 99 4 v bE11““ oder auf einen Anfall von durchschnittlich 6249 ℳ rund 736 ℳ zahlen. Bei den Schenkungen unter Lebendenentfallen von dem Ge⸗ samtwertbetrage von 52 680 088 ℳ allein 20 968 194 ℳ = 39,80 v. H. Dagegen 2 v. H.
Gestundet wurden im Berichtsjahr: an Erbschaftssteuer 1 69 57 „Schenkungssteuer. 132 938 „
zusammen 3 402 488 ℳ.
Als hauptsächlich von der Erbschaftssteuer befreit sind in der Statistik unberücksichtigt geblieben die Anfälle an Ehegatten sowie Kinder und deren Abkömmlinge, ferner solche unter 500 ℳ, da dieser Betrag als untere Grenze der EE durch § 11 Ziffer 1. des Gesetzes festgelegt ist. Außerdem sind statistisch nicht behandelt die steuerfreien Anfälle aller Art aus Schenkungen unter Lebenden. Nach den besonderen Bestimmungen des Gesetzes sind, abgesehen von den Fällen, in denen der Wertbetrag von den Steuerbehörden nicht besonders ermittelt wurde, 19 908 405 ℳ Erwerb von Todes wegen von der Stener befreit geblieben. Außerdem wurden gemäß § 15 (ganze oder teilweise Steuerbefreiung der land⸗ und forstwirtschaftlichen Grundstücke) in 17 450 Anfällen 786 139 ℳ Steuer unerhoben gelassen.
3 269 550 ℳ
Zur Arbeiterbewegung. Seit einiger Zeit befindet sich, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, ein Teil der Arbeiter der Zinkhütte in Dortmund im Aus⸗ stand. Die Arbeitswilligen werden auf dem Wege zur Arbeit bedroht und grob belästigt, weshalb sie von großem Polizeiaufgebot be⸗ gleitet werden müssen. Wegen der Maßregelung eines Arbeiters legte ein Teil der Waffenarbeiter der Firma Weyersberg, Kirschbaum u. Co. in Solingen die Arbeit nieder. Die Firma sperrte darauf, der „Köln. Ztg.“ zufolge, die im Industriearbeiterverband organisierten 150 Waffenarbeiter aus. In Manchester haben, wie „W. T. B.“ meldet, die Baum⸗ wollspinner gestern beschlossen, eine Abstimmung zu veranstalten über die Frage, ob die Fabriken drei Monate hindurch an den Sonn⸗ abenden still stehen sollen. “ Der Ausstand der Milchhändlergehilfen in Paris ist, wie „W. T. B.“ erfährt, beendet. (Vgl. Nr. 60 d. 8 Infolge eines Ausstandes der Dockarbeiter Bayonnes kam es dort, wie „W. T. B.“ telegraphiert wird, zu ernsten Ruhe störungen. Mehrere Ausständige plünderten eine Schankwirtschaft. Zur Wiederherstellung der Ordnung wurden mehrere Gendarmerie⸗ abteilungen und zwei Husarenpatrouillen nach Bayonne entsandt. Der Streit zwischen den Reedern und Fischern in Can⸗ cale ist, wie „W. T. B.“ meldet, beigelegt worden. (Vgl.
Nr. 56 d. Bl.)
Kunst und Wissenschit. Die Schad⸗Rossa⸗Ausstellung bei Keller und Reiner. Diese Ausstellung bietet eine Ueberraschung.
weithin bekannten Führern unserer modernen Malerei. Schad⸗Rossa ist festen Schrittes seinen Weg gegangen, der so ganz sein eigener geworden ist, daß man sich vergeblich nach Begleitgenossen umsieht, und sich vor einer künstlerischen Persönlichkeit findet, die in der Stille gereift ist und nun plötzlich mit einem künstlerischen Reichtum an die Oeffentlichkeit tritt, der staunen macht. Wer erfährt, daß Schad⸗Rossa in den achtziger Jahren bei Defregger und Löfftz studiert hat und heute bei dem Bild „Bewegungsstudie“ angelangt ist, das als sein letztentstandenes Werk gewissermaßen in die Zukunft weist, wird die zurückgelegte Wegstrecke ermessen können. Und wer die Werke der Ausstellung überschaut, die ausgewählten Arbeiten der letzten drei Jahre, wird zur Erkenntnis gelangen, daß der größte Teil dieser Strecke erst in dieser letzten kurzen Spanne Zeit zurückgelegt worden ist. Wie einem Leitmotiv begegnet man in der Reihe dieser Bilder immer wieder dem Problem der Bewegungsdarstellung, für deren Lösung die Dar⸗ stellung des Tanzes wie gegeben erscheint. Ist dieser schon in „Carmen“ mit packender Suggestionskraft gestaltet, so ist die Dynamik der Bewegung in den drei Mädchen mit dem Hund in der „Bewegungsstudie“ zu mitreißender Wirkung gesteigert. Niemand, vielleicht der einzige Slevogt ausgenommen, könnte ähnliches erreichen. Man muß schon auf romanische Temperamente, auf Künstler vom Gepräge eines Degas, Delacroix, Déricault und Goya zurückgreifen, um Bewegungssynthesen von solcher Eindrinalichkeit und Leichtigkeit zu finden. Und darin ist das Rätsel dieses Künstlers begriffen: Daß ein fränkischer Bauernsproß, dem der lineare und plastische Stil natur⸗ gemäß im Blute saß, sich durch unentwegte Selbstzucht zum freiesten Bewegungsimpressionisten und damit zu rein malerischen Problem⸗ stellungen und lösungen emporarbeiten konnte. Anders steht es bei ihm mit der Farbe. Zweifellos ist er schon heute ein Kolorist ersten Ranges. In Bildern wie das „Zwielicht“, wo auf einem Bettlaken und einem weiblichen Akt das Tageslicht mit dem Lampenlicht im Streite liegt, ist eine so reiche Tonskala zu einem Ganzen harmoni⸗ siert, wie sie nur höchstes Wissen von den Farbenwerten meistern kann. Immerhin muß ihm aber wohlmeinende Kritik, die hier, wo die Voraussetzungen erfüllt sind, zum Höchsten anspornen und den strengsten Maßstab anlegen soll, größere Trockenheit der Palette wünschen. o dessen Oekonomie, Unmittelbarkeit und Sicherheit meisterhaft genannt werden muß, als vielmehr im gleichen Sinne gemeint wie beim Sekt: herber. Noch scheint in ihm manchmal die Rembrandtpalette zu spuken, die unser heutiges Sehgefühl nicht mehr völlig zu befriedigen vermag, während ihn andermalen wieder seine Farbenfreude zu dekorativen Oberflächlichkeiten verleitet. Man darf bei Schad aus dem Tempo seiner letzten Entwicklungsjahre, wenn ihm das Schicksal gewogen ist, noch auf Erreichung letzter Möglichkeiten schließen. Denn er bleibt nicht, wie
ich von den abfallenden Früchten zu nähren, sondern er betrachtet sie s nur als Vorstufe zur nächst höheren, sene auf die Gefahr hin, dort kein Verständnis seitens des Publikums mehr zu finden. Das ist
echte und selten gewordene Künstlerschaft. Dr. D.
direktion des Kaiserlichen Archäologischen Instituts Professor Dr. Puchstein im 55. Lebensjahre einem Schlaganfall erlegen. Der
dem Inkrafttreten des umgearbeiteten internationalen Uebereinkommens und der neuen Fassung der deutschen Eisenbahnverkehrsordnung er⸗
Schenkungen unter Lebenden.
5 561 52 680 088 zusammen . 50 511 640.
110 465 791 786 609.
Verstorbene war in Labes in Pommern geboren, studierte in Straßburg
g. Sie vermittelt die Bekanntschaft mit einem Maler, dem ebensoviel Ruf gebührt, wie den
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Trocken, nicht in bezug auf den Farbenauftrag,
heute die meisten, länger als notwendig auf einer Stufe stehen, um
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In Berlin ist der Vorsitzende und Generalsekretär der Zentral⸗
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und bildete sich nach erfolgter Promotion an den archäologischen Reichs⸗