b Königlich Bayerische Armee.
München, 6. März 1911. Im Namen Seiner Majestät des Königs. Seine Königliche Hoheit Prinz Luitpold, des Königreichs Bayern Verweser, haben Sich am 3. d. M. Allerhöchst bewogen gefunden, nachstehende Personalveränderungen Allergnädigst zu verfügen: bei den Offizieren, und Fähnrichen: im aktiven Heere: zu befördern: zu Hauptleuten die Oberlts. Muxel 39), Adjutanten bei der 6. Inf. Brig., Knoll (44), Adjutanten bei der 7. Inf. Brig., Schnitzlein (32), Adjutanten bei der 10. Inf. Brig., Biergans (30), Adjutanten beim Gouvernement der Festung Ingolstadt, Korb⸗Müller (9), Adjutanten bei der Kommandantur der Haupt⸗ und Residenzstadt München, und Frhrn. v. Leoprech⸗ ting (10), Hilfsoffizier bei der Gend. Abteil. von Oberfranken, zu Hauptleuten (überzählig) die Oberlts. v. Bomhard (33) des Inf. Leibregts., Langhäuser (28) des 2. Inf. Regts. Kronprinz, Langenmantel (4), Weißmann (11) des 3. Inf. Regts. Prinz Karl von Bayern, Petzl (8), Trendel (26) des 7. Inf. Regts. Prinz Leopold, Hofmann (24), Frhrn. v. Seckendorff⸗Aberdar (35) des 8. Inf. Regts. Großherzog Friedrich II. von Baden, Sta⸗ delmayr (1), Metz (5), Geßlein (27), dieser Bats Adjutant, des 9. Inf. Regts. Wrede, Schinner (36) des 10. Inf. Regts. Prinz Ludwig, Zaubzer (20) des 11. Inf. Regts. von der Tann, Mader (2), Edlen v. Kuepach (37) des 12. Inf. Regts. Prinz Arnulf, Weinzierl (6), kommandiert zur Kriegsakademie, und Eidam (38) des 14. Inf. Regts. Hartmann, Frhrn. v. Pechm ann (41) des 15. Inf. Regts. König Friedrich August von Sachsen, Bedall (19), Schmid (42) des 16. Inf. Regts. Großherzog Ferdinand von Toskana, Muzell (31) des 17. Inf. Regts. Orff, Staubwasser (7), Venzl (16), Modschiedler (22), Kohl (40) des 21. Inf. Regts. Großherzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg⸗Schwerin, Schier⸗ inger (15) des 22. Inf. Regts., Sigl (12) des 1. Jägerbats. Prinz Ludwig, Müller (23) des 8. Feldart. Regts., v. Haas (34), Adjutanten beim Kadettenkorps, Bechtold (14) der Unteroff. Schule und Glasl (21), Vorstand der Arbeiterabteil., zu Hauptleuten ohne Patent und überzähl. mit ihrem bisherigen Range die Oberlts. Gemmingen Frhrn. v. Massenbach des Inf. Leibregts., Giehrl des 2. Inf. Regts. Kronprinz und v. Griesheim des 11. Inf. Regts. von der Tann, sämtliche kommandiert zur Zentralstelle des Generalstabes, zu Rittmeistern ohne Patent die Oberlts. Ritter v. Pfistermeister, Adjutanten bei der 6. Kav. Brig., Frhr. Kreß v. Kressenstein, Regts. Adjutanten im 1. Chev. Regt. Kaiser Nikolaus von Ruß⸗ land, und Jahreiß des 6. Chev. Regts. Prinz Albrecht von Preußen, kommandiert zur Kriegsakademie, die letzten beiden überzähl., u Zeughauptleuten (überzähl.) die Zeugoberlts. Beienz (47) bei den Art. Werkstätten und Halder (48) beim Art. Depot Landau, zu Feuerwerkshauptleuten (überzähl.) die Feuerwerksoberlts. Raithel (45) bei der Geschützgießerei und Geschoßfabrik und Witz (46) beim Haupt⸗ laboratorium, zu Oberlts. die Lts. Frhrn. v. u. zu der Tann, Zweiten persönlichen Adjutanten Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Ludwig von Bayern, Frhrn. v. Godin, Frhrn. v. Reitzen⸗ tein, Frhrn. v. Pechmann des Inf. Leibregts., Bauer, Bats. ldiutanten, Holmberg, Adjutanten beim Bezirkskommando Wasserburg, Merkel, Schindler, des 1. Inf. Regts. König, Semmelmann, Oefele des 2. Inf. Regts. Kron⸗ vrinz, Döhla, des 3. Inf. Regts. Prinz Karl von Bagyern, Reinwald, Bats. Adjutanten, Härtl des 4. Inf. Regts. König Vilhelm von Württemberg, Fehr, Pötzsch, dieser kommandiert zum Topographischen Bureau des Generalstabes, Frhrn. v. Horix des 5. Inf. Regts. Großherzog Ernst Ludwig von Hessen, Ehrlich, Kegts. Adjutanten, Jobst, Bats. Adjutanten, Schneier des 6. Inf. Regts. Kaiser Wilhelm, König von Preußen, Schwandner, Bats. Adjutanten, Neuhütl, Adjutanten beim Bezirkskommando Bavyreuth, W allenreuter, Häffner, dieser kommandiert zum Topographischen Bureau des Generalstabes, des 7. Inf. Regts. Prinz Leopold, v. Bezold, Schuberth, dieser kommandiert zum Topographischen Bureau des Generalstabes, Grau, Bats. Adjutanten, Frhrn. „Großschedel zu Berghausenu. Aigelsbach des 8. Inf. Regts. Großherzog Friedrich II. von Baden, Kaufmann, Bats. Adjutanten im IJnf. Regt. Wrede, v. Wachter, Heller, dieser kommandiert zum opographischen Bureau des Generalstabes, des 10. Inf. Regts. Prinz Ludwig, Künzel, Adjutanten beim Bezirkskommando Straubing, rhrn. Scheben v. Cronfeld, Grafen v. Lösch des 11. Inf. degts. von der Tann, Frhrn. v. Imhoff des 12. Inf. Regts. Prinz Arnulf, Schaidler, Regts. Adjutanten, Gabler, Kraemer, Müller des 13. Inf. Regts. Franz Joseph I., Kaiser von Oester⸗ reich und Apostolischer König von Ungarn, Geyer, Schlatter des 15. Inf. Regts. König Friedrich August von Sachsen, Sedl⸗ maier des 16. Inf. Regts. Großherzog Ferdinand von Toskana, Löwenheim, Henrich, dieser Adjutant beim Bezirkskommando Kaiserslautern, des 17. Infanterieregiments Orff, Gumbrecht, Edlen v. Germersheim, dieser Bats. Adjutant. des 19. Infanterieregiments König Viktor Emanuel III. von Italien, Hoffmann, Bats. Adjutanten im 21. Infanterieregiment Groß⸗ herzog Friedrich Franz 1V. von Mecklenburg⸗Schwerin. Herzog, Regts. Adjutanten, Frhrn. v. Imhoff des 22. Inf. Regts., Böhm, Langbein, dieser Bats. Adjutant, des 23. Inf. Regts., Ober⸗ maier, Bats. Adjutanten im 1. Jägerbat. Prinz Ludwig, Frhrn. Kreß v. Kressenstein des 1. Schweren Reiterregts. Prinz Karl von Bayern, Frhrn. v. Weichs, kommandiert zur Kriegsakademie, Rauch, kommandiert zur Militärreitschule, des 2. Schweren Reiterregts. Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich⸗Este, Frhrn. v. Schäzler, kommandiert zur Militärrreitschule, Frhrn. v. Secken dorf⸗Aberdar, Regts. Adjutanten, des 1. Ulan. Regts. Kaiser Wilhelm I1., König von Preußen, Ruttmann, Hörmann v. Hörbach, dieser komman⸗ diert zur Kriegsakademie, des 2. Ulan. Regts. König, Frhrn. Teuffel v. Birkensee, kommandiert zur Millitärreitschule, Ritter v. Fylander, des 1. Chev. Regts. Kaiser Nikolaus von Rußland, Feßmann, Giulini, Selmayr, die letzten beiden kommandiert zur Militärreltschule, d Hengelière, Regts. Adjutanten, des 2. Chev. Regts. Taxis, Lilier des 3. Chev. Regts. Herzog Karl Theodor, v. Hößlin des 4. Chev. Regts. König, kommandiert zur Kriegsakademie, Zeiß, Gonnermann, beide kommandiert zur Militärreitschule, des 5. Chev. Regts. Erzherzog Friedrich von Oesterreich, Hayler des 8. Chev. Regts., kommandiert zur Militär⸗ reitschule, Erhard, Abteil. Adjutanten, v. Wachter, Regts. Adjutanten, Edlen v. Grauvogl, Abteil. Adjutanten, des 1. Feldart. Regts. Prinz⸗Regent Luitpold, Dreßler, Furtner des 2. Feldart. Regts. Horn, Fischer, kommandiert als Insp. Offizier zur Kriegs⸗ schule, v. Parseval, Stumpf, dieser Regts. Adjutant, des 3. Feldart. Regts. Prinz Leopold, Gerstner des 4. Feldart. Regts. König, Schmalz, Maver, Berthold, diese beiden Abteil. Adju⸗ tanten, des 5. Feldart. Regts. König Alfons XIII. von Spanien, Frhrn. v. Imhoff, Regts. Adjutanten im 6. Feldart. Regt. Prinz Fer⸗ dinand von Bourbon, Herzog von Calabrien, Straßner, Müller, dieser Abteil. Adjutant, des 7. Feldart. Regts. Prinz⸗Regent Luitpold, Egler, Hüttlinger des 8. Feldart. Regts., Wolf des 9. Feldart. Regts., Gretsch, kommandiert zur Königl. preuß. militärtechnischen Akademie, Bucher, kommandiert zur Militärreitschule, des 11. Feldart. Regts., Engel, Abteil. Adjutanten, Heyl, Regts. Adjutanten, des 12. Feldart. Regts., Clostermeyer, Grün, dieser Bats. Adjutant, Pickel, Schrenk des 2. Fußart. Regts., Weller des 1. Trainbat., Führer der Bespannungsabteil. für das Telegraphendetachement usw., und Voithenleitner des 3. Trainbats., zu Zeugoberlts. die Zeuglts. Noll des “ und Keller des Art. Depots A
8 Deutscher Reichstag. 1““ 144. Sitzung vom 10. März 1911, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der Spezial⸗ beratung des Etats der Reichspost⸗ und Telegraphen⸗ verwaltung. 1 “ b
Ueber den Anfang der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden. 8—
Abg. Freiherr von Gamp (Rp.): Ich beantrage auf Grund der Geschäftsordnung, diejenigen Resolutionen, die noch nicht drei Tage in unseren Händen sind, von der Abstimmung auszuschließen. Der Antrag Beck⸗Eickhoff ist wörtlich übereinstimmend mit einer von der Kommission einstimmig angenommenen Resolution. Diese ist nicht von den Abgg. Beck und Eickhoff ausgegangen. Es ist noch nicht vorge⸗ kommen, daß einzelne Mitglieder eine solche Resolution als Antrag einbringen, um den Schein zu erwecken, daß sie die Urheber sind. (Stürmisches Oho! links, stürmische Zustimmung rechts, andauernder Lärm, in dem die Ausführungen des Redners nur bruch⸗ stückweise verständlich werden.) Hatte der Abg. Beck das Empfinden, daß die Resolution der Kommission zu schlecht wegkäme, wenn sie erst bei einem späteren Titel herankam, dann mußte er darauf hinwirken, daß die Kommissionsresolution bei Titel 1 ver⸗ handelt wurde; er hatte aber kein Recht, sie als seinen Antrag einzubringen, wenigstens kein moralisches Recht. Ich würde meinen Antrag zurückziehen, wenn der Präsident geneigt ist, die Kommissions⸗ resolution bei diesem Titel zur Abstimmung zu bringen, und wenn die Abg. Beck⸗Eickhoff geneigt sind, ihre Resolution als gegen⸗ standslos zurückzuziehen.
Der Präsident ist bereit, über die Kommissionsresolution bei Titel 1 abstimmen zu lassen.
Abg. Bassermann (nl.): Der Abg. von Gamp hat in sehr starken Worten (Stürmisches Nein! rechts und im Zentrum) . . . in sehr starken Ausdrücken (Wiederholtes stürmisches Nein! Nein!) das Vor⸗ gehen meines Freundes Beck getadelt. Hätte der Abg. von Gamp sich die Sache etwas näher angesehen, so wäre er mit diesen Vorwürfen nicht gekommen. Diese sind in allen Teilen völlig unbegründet und ebenso der Vorwurf, daß sein Vorgehen unerhört sei. Die Kommissionsresolution ist zu Titel 22 gestellt; dann hat das Zentrum die Materie in einem Antrag zu Titel 1 behandelt; damit ist die Sachlage verändert und eine Verschiebung eingetreten, und es ist dann das gute Recht jedes Abgeordneten, ebenfalls diese Materie bei Titel 1 zu behandeln. Was der Vorredner dem Abg. Beck ansinnt, käme gerade ihm als Vorsitzenden der Budgetkommission zu. Das Recht, bei Titel 1 gegebene Anregungen weiter zu verfolgen, wenn Ver⸗ schiebungen gegenüber der Sachlage in der Kommission eintreten, müssen wir für jeden Abgeordneten reklamieren. Ich würde nunmehr beantragen, die Abstimmung über sämtliche Resolutionen zu Titel 1 auszusetzen. 1
Abg. Dr. Dröscher (dkons.): Wir schließen uns der Kritik, die der Freiherr von Gamp geübt hat, an. (Stürmische Zu⸗ stimmung rechts und im Zentrum, stürmischer Widerspruch links, an⸗ dauernder großer Lärm.) Das Zentrum hat zu seinem Vorgehen be⸗ rechtigte Veranlassung gehabt: es hat die beiden Titel zusammen be⸗ handelt wissen wollen. Das Vorgehen der Herren von der Linken wird noch besonders dadurch gekennzeichnet, daß es die beiden Berichterstatter gewesen sind, die es nicht unterlassen haben, einem Beschluß der Kommission vorzugreifen. Wohin soll es führen, wenn das im Hause Brauch wird? (Fortdauernder Lärm.) Das ist unlauterer Wahl⸗ wettbewerb. (Stürmischer Widerspruch links: lauter Beifall rechts und im Zentrum). Als Urheber des Beschlusses der Kommission habe ich es für meine Pflicht gehalten, mich mit den beiden Herren vorher zu verständigen, und habe die Fassung nach den Wünschen der Herren formuliert, um jede Konkurrenz unter den Parteien auszu⸗ scheiden. Die Herren haben ihr Vorgehen gewählt und namentliche Abstimmung beantragt, damit es im Lande heißen soll, die Postunter⸗ beamten seien von der Linken in ihren Wünschen unterstützt worden. (Stürmische Pfuirufe rechts und im Zentrum und fortdauernder Lärm.)
Abg. Eickhoff (fortschr. Volksp.): Ich bitte Sie, mich einige wenige Minuten ruhig anzuhören (Fortdauernde große Unruhe) ich habe nur wenig zu sagen, da der Abg. Bassermann den Freiherrn von Gamp schon so glänzend widerlegt hat. In der Kommission haben zuerst der Abg. Beck und ich einen Antrag eingebracht, der weiter ging als der Kommissionsbeschluß; erst als unser Antrag ab⸗ gelehnt war, griff der Abg. Dröscher unseren Gedanken auf und fand für seinen Antrag eine Mehrheit. Gerade der Vertreter der Partei des Abg. von Gamp war auf unserer Seite. Der Antrag wurde in der Kommission mit 14 gegen 13 Stimmen angenommen, gegen das Zentrum und die äußerste Linke. Nun hat das Zentrum denselben Gedanken bei Titel 1 aufgegriffen, und wenn wir mit unserem jetzigen Antrag nicht gekommen wären, wäre der Kommissionsantrag ins Hintertreffen geraten. Wir haben uns gestern auch mit dem Vorsitzenden der Budgetkommission verständigen wollen, aber der war, wie gewöhnlich, nicht mehr in der Sitzung.
Abg. Dr. Beck⸗Heidelberg (nl.): Ich habe mich nicht mit fremden Federn geschmückt. Ich habe gestern unsere Resolution be⸗ gründet und ausdrücklich gesagt, es sei die Resolution der Kommission, und ich habe ausdrücklich erklärt, daß in dem Antrag des Zentrums die Resolution der Kommission außer Kurs gesetzt werden solle. Ich habe mich auch mit unseren Freunden beraten, und wir sind zu der Ueberzeugung gekommen, daß es auf keinem anderen Wege ginge als auf dem des Initiativantrages. Ich hätte auch die Kommissions⸗ mitglieder anderer Parteien gern zugezogen, wenn ich sie im Saale hätte finden können.
Abg. Gröber (Zentr.): Es ist nicht richtig, daß die Volkspartei im ganzen für den Antrag und die Zentrumspartei im ganzen gegen den Antrag gestimmt hat. Die Ansichten beider Parteien waren geteilt, für den Antrag stimmte der Abg. Nacken vom Zentrum und dagegen von der Volkspartei der Abg. Dohrn. Wir vom Zentrum haben in der Generaldebatte zunächst nur einen Antrag über das Beamtenrecht eingebracht und begründet, und unser erster Redner ging auf die Frage der Postassistenten so gut wie gar nicht ein; der Abg. Eick⸗ hoff und die folgenden Redner sind dann am ersten Tage der Generaldebatte auf die Postassistenten eingegangen. Nachdem eine ausführliche Begründung der Resolution der Kommission in der Generaldebatte erfolgt war, haben wir uns erst entschlossen, einen Antrag nach der Richtung einzubringen, er ist am folgenden Tage ein⸗ gebracht worden, er beschränkte sich aber absichtlich nicht auf die Gehälter der Postassistenten allein, sondern betraf zugleich mit voller Ueberlegung die Verhältnisse der Postunterbeamten, weil wir nicht einseitig nur für eine bestimmte Klasse der Postbeamten eintreten können. Unser Antrog ist also wesentlich verschieden von dem Kommissionsantrag. Wir müssen auch Gewicht darauf legen, daß dieser Antrag einheitlich zur Abstimmung gelangt, damit nicht für eine Klasse der Postbeamten ein günstiger Beschluß gefaßt wird und nachher über eine andere Klasse hinweggegangen wird. Gegen die Zulässigkeit der Abstimmung sämtlicher Anträge ist nach der Geschäftsordnung nichts einzuwenden, sachlich ist aber eine sofortige Entscheidung über sämtliche Resolutionen wünschenswert, denn wenn wir sie verschieben, haben wir bei den späteren Titeln wieder genau dieselben Debatten. Wir sind aber auch bereit, die Abstimmung über unseren Antrag ver⸗ schieben zu lassen, bis zur Dehatte über die Postassistententitel, wobei dann allerdings auch die Entscheidung über die Unterbeamten zugleich erfolgen müßte. Ueber die Reihenfolge der Anträge bei der Ab⸗ stimmung können wir uns dann unterhalten.
Abg. Freiherr von Gamp (Reichsp.): Ich war gestern aller⸗ dings nicht mehr hier; es geht über meine Kraft, wenn ich um 510 Uhr in der Budgetkommission anfange und dann noch länger als bis 6 Uhr hier sitze. Ich finde es vom Abg. Eickbhoff einfach nicht kollegial, mir diese Vorwürfe zu machen. (Großer Lärm und Zwischenrufe links.) Das ist etwas anderes, wenn man sich an der Diskussion beteiligt hat, dann muß man aller⸗ dings gegenwärtig sein. Der Abg. Eickhoff wird mir die Anerkennung
“ 1“ .“ “
nicht versagen, daß ich immer wieder darauf dränge, die Arbeiten der Kommission zu vermehren. Auf meinen Vorschlag haben wir für Montag eine Sitzung angesetzt, gegen die die Herren von der Linken waren. An meiner Arbeitsfreudigkeit fehlt es nie. Daß ich aber nicht Lust habe, anwesend zu sein, wenn solche Lappalien besprochen werden, ist wohl zu verstehen. Ich will ja entgegenkommend meinen Widerspruch zurückziehen, wenn die Herren ihre Resolution zurückziehen, die ja keine Berechtigung hat, wenn die Resolution der Kommission zuer
zur Abstimmung kommt. Der Abg. Beck sagt, es hätte keinen andere
Weg gegeben, er hätte sich bei den Parteien erkundigt; er ist aber weder bei der Reichspartei, noch bei den Konservativen, noch bei de
Wirtschaftlichen Vereinigung gewesen. Ich weiß nicht, ob er beim Zentrum angefragt hat. (Lebhafte Rufe im Zentrum: Nein, Nein!) Der Abg. Bassermann hat beantragt, die Abstimmung über sämtliche Resolutionen bis zur dritter Lesung auszusetzen, er hat also einen gang
baren Weg bezeichnet. Damit bin ich einverstanden.
Abg. Dr. Droescher (dkons.): Meine Freunde sind einverstanden, daß so prozediert wird, wie der Abg. Gröber vorschlägt, daß wir sämtliche Resolutionen hier bei Titel 1 erledigen; dann werden nicht alle Debatten wieder aufgerollt. Wir stellen aber die Bedingung, daß die Resolution der Kommission zuerst zur Abstimmung gebracht wird und zwar in namentlicher Abstimmung, die ich hiermit beantrage. Wir legen Gewicht darauf, daß die Antragsteller ausdrücklich aussprechen, daß danach die Resolution Beck⸗Eickhoff als gegenstandslos er⸗ scheint. Die Rechtfertigung, daß er loyal gehandelt habe, ist dem Abg. Beck nicht gelungen. Loyal wäre es gewesen, wenn er am Anfang der Sitzung heute beantragt hätte, die Abstimmung über die Resolutione zu vereinigen; dann wären alle zu ihrem Recht gekommen, und wir hätten den Streit nicht gehabt. Daß er das nicht getan hat, war illoyal. (Präsident Graf von Schwerin: Sie dürfen einem Ab⸗ geordneten nicht Illoyalität vorwerfen.) Daß der Abg. Beck sich um die Unterschriften aller Parteien bemüht hätte, es ihm aber nicht ge lungen sei, ist ein mißglückter Entschuldigungsversuch, denn der ein oder andere von den Parteien der Rechten und des Zentrums ist hier gewesen. Ich habe bei allen Angelegenheiten der Postbeamten imme vor Einbringung von Anträgen den Weg zu dem Abg. Beck⸗Heidel berg zu finden gewußt. Der Antrag der Herren ist unsere Idee, ich habe schon bei der Beamtenbesoldungsvorlage diesen Gedanken ver treten und habe immer daran als den einzig gangharen Weg fest⸗ gehalten. Die Herren sind damals aus agitatorischen Bedürfnissen.. (Präsident Graf von Schwerin: Das dürfen Sie nicht sagen. — Die Schlußworte des Redners gehen unter der andauernden starken Unruhe des Hauses verloren.) .
Abg. Dr. Lattmann (Wirtsch. Vgg., von der Linken mit lautem Lärm empfangen): Ich glaube, das Recht zu einer objektiven Be⸗ urteilung deshalb zu haben, weil ich in der Kommission sowohl für den Antrag Eickhoff gestimmt habe, wie auch nach dessen Ablehnung für den Antrag, den Sie von der nationalliberalen Partei abgeschrieben haben. Ueber Ihr Recht, einen Antrag de Kommission, nachdem die Zentrumspartei eine andere Resolution vorgeschlagen hat, auch zum Titel 1 zur Abstimmung zu bringen, is kein Wort gesagt, es handelt sich um die Art und Weise, wie Sie von diesem Recht Gebrauch gemacht haben. Ich bin gestern im Saal anwesend gewesen, von uns ist keiner gefragt worden. Sie hätten alle Kommissionsmitglieder bitten müssen, gemeinsam zu Titel 1 das
—
zu beantragen, was Sie jetzt allein beantragt haben. Freuen Sie sich,
daß Sie als Abgeordnete immun sind, sonst würden Sie nach dem
Gesetz über den unlauteren Wettbewerb verurteilt werden. 1
Abg. Bebel (Soz.): Die Herren mögen selbst herausfinden: für uns ist eine andere Angelegenheit sehr wichtig. § 44 der Geschäfts⸗ ordnung schreibt vor: „Das Wort zur Geschäftsordnung wird nach freiem Ermessen des Präsidenten erteilt; eine Bemerkung zur Geschäftsordnung darf die Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten.” Diese Bestimmung ist in den denkwürdigen Tagen des Dezember 1902 bei den Zolltarifdebatten angenommen worden, und zwar auf Antrag Gröber. Heute hat sich der Abg. Gröber selbst nicht dazu bekannt, denn er hat 9 Minuten gesprochen. Der Freiherr von Gamp, der damals den Antrag Gröber mitgestellt hat, hat sogar in feiner ersten Rede fünfzehn Minuten gesprochen. Nachdem nun in so eklatanter Weise die Antragsteller des Jahres 1902 das Verfahren nach § 44 der Geschäftsordnung unhaltbar gemacht haben, werden meine Freunde bei der nächsten Gelegenheit die Wiederherstellung der alten Fassung beantragen.
Präsident Graf von Schwerin: Ich bin dem Abg. Bebe dankbar, daß er mich darauf aufmerksam gemacht hat, und ich werde in Zukunft diese Bestimmung etwas strenger handhaben.
Abg. Fürst zu Hatzfeldt (Rp.): Ich glaube nicht, daß die Geschäfte des Hauses durch solche Geschäftsordnungsdebatten wesentlich gefördert werden. Ich freue mich, daß der Abg. Bebel bereits auf den § 44 der Geschäftsordnung aufmerksam ge⸗ macht hat; ich bedauere, daß ich keinen Antrag auf Schluß der Ge⸗ schäftsordnungsdebatte stellen kann, denn nach § 44 wird das Wort zur Geschäftsordnung nur nach freiem Ermessen des Präsidenten er⸗ teilt, aber ich möchte meinen, daß diese Geschäftsordnungsdebatte viel⸗ leicht bald ihr Ende erreichen könnte. Ueber die Resolutionen könnte später abgestimmt werden.
Abg. Eickhoff (fortschr. Volksp.): Ich hätte die Bemerkung von der Abwesenheit des Abg. Gamp nicht gemacht, wenn nicht gerade der Abg. von Gamp uns immer diesen Vorwurf machte. (Abg. Gamp: Reden halten und dann weggehen!) Wenn der Abg. von Gamp, nachdem er den ganzen Tag parlamentarisch tätig gewesen ist, das Recht zu ruhen hat, so gilt das auch für uns gewöhnliche Sterbliche. Wir haben ausgehalten, weil die Abstimmungen bevor⸗ standen. Der Abg. von Gamp spricht von Lappalien, nach unserer Meinung sind aber gerade die Abstimmungen das Wichtigste. Ich bin einverstanden, daß wir über unsere Resolution später abstimmen und die Abstimmungen verbinden.
8 Abg. Beck⸗Heidelberg (nl.): Unlauterer Wettbewerb besteht viel
weniger auf unserer als auf jener Seite.
Abg. Bassexmann (nl.): Die Resolution ist nicht einstimmig,
sondern mit 14 gegen 13 Stimmen in der Kommission angenommen worden.
daß bei Titel 22 die kombinierte Abstimmung vorgenommen wird.
Abg. Freiherr von Gamp (Rp.): Da ist es doch richtiger, die Abstimmung bei Titel 1 vorzunehmen, und zwar über die Resolution der Budgetkommission, womit die Resolution Beck erledigt wäre. Von wichtigen Abstimmungen gestern ist mir nichts bekannt.
Präsident Graf Schwerin: Mit Rücksicht auf den Einwurf des Abg. Bebel teile ich mit, daß ich nur noch zwei Rednern das Wort zur Geschäftsordnung erteilen werde.
Abg. Gröber (Zentr.): Unsere Resolution geht am weitesten, und es muß deshalb über sie zuerst abgestimmt werden.
Abg. Dr. Wiemer fortschr. Volksp.): Ich beantrage, die Ab⸗ stimmung über Titel 1 und 22 zu verbinden. Nach unserer Auf⸗ fassung geht der Antrag Beck⸗Heidelberg weiter als der Antrag des Zentrums.
Präsident: Die Abstimmung über Titel 1 hat bereits statt⸗ gefunden.
Das Haus beschließt, die Abstimmung über die Resolutionen bei Titel 1 vorzunehmen. Die Resolution Gröber wird gegen die Deutschkonservativen und den größten Teil der Reichspartei angenommen. Die Resolution Giesberts wird gegen die Stimmen des Zentrums, der Polen und der vwirt⸗ schaftlichen Vereinigung abgelehnt, nachdem ein Unterantrag Eickhoff, Beck⸗Heidelberg und Dr. Heckscher, wonach die nicht⸗ etatsmäßigen Unterbeamten und Arbeiter der Reichspost die Klasse der Landbriefträger ausgenommen — nach spätestens 10 jähriger Dienstzeit etatsmäßig angestellt werden sollen, eben⸗ falls verworfen ist. Ueber die Frage, ob zunächst über die Resolution der Budgetkommission oder über den Antrag Beck⸗ Heidelberg und Eickhoff abgestimmt werden soll, erhebt sich ein
Streit, der sich in erregten Zurufen Luft macht. 8
8
kolonnen umsichtig
r Die starken Worte des Abg. von Gamp haben eine sehr schwache Begründung gefunden. Ich könnte mich einverstanden erklären,
Der Präsident stellt durch die Abstimmung fest, daß zunächst über die Resolution der Budgetkommission abgestimmt wird. Diese Abstimmung ist nach dem Antrage Droescher eine namentliche. Die Annahme der Resolution erfolgt mit 255 gegen 55 Stimmen. Damit ist die Resolution Beck⸗ Heidelberg und Eickhoff erledigt.
Bei den Ausgaben der Betriebsverwaltung, und zwar bei den Besoldungen, hat die Budgetkommission 5 Oberposträte und 2 Oberpostinspektoren gestrichen.
Die Abgg. Dr. Droescher (dkons.), Beck⸗Heidelberg (nl.) und Lattmann (wirtsch. Vgg.) beantragen, diese Stellen wieder herzustellen.
Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:
Mieine Herren! Ich kann nur dringend bitten, aus den Gründen, die ich schon früher die Ehre hatte, Ihnen vorzutragen, die Ansätze in der Regierungsvorlage wieder herzustellen. 8
Der Antrag wird abgelehnt.
Bei den Ausgaben für die Postunterbeamten liegt die Resolution Dr. Dohrn, Eickhoff, Gyßling und Dr. Heckscher vor:
.„Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, die unbeabsichtigten
Härten, die durch die Regelung der Bezüge der Postunterbeamten
in der Besoldungsordnung geschaffen sind, durch geeignete Maß⸗
regeln auszugleichen.“
Abg. Dr. Heinze (nl.) empfiehlt diese Resolution zur Annahme. Abg. Freiherr von Richthofen (dkons.) erklärt sich gegen den Antrag, wünscht aber Erhebungen über die Wohnungsgeldzuschüsse.
1 Abg. Eichhorn (Soz.) befürwortet eine Resolution, wonach eine Revision des Beamtenbesoldungsgesetzes in dem Sinne vorzubereiten ist, daß eine angemessene Erhöhung der durchaus unzulänglichen Be⸗ züge der Postunterbeamten eintreten soll.
. Abg. Dr. Heckscher (fortschr. Volksp.): Mit bloßen Erhebungen über die Wohnungsgeldzuschüsse ist den Beamten nicht gedient. Die Beamten warten seit Jahren gespannt auf die Berücksichtigung ihrer Petitionen. Wie werden eigentlich diese Petitionen bearbeitet, und warum erfolgt keine Antwort darauf? Allerdings handelt es sich um
500 Petitionen, deren Bearbeitung nicht leicht ist. Aber die Beamten warten schon seit einem Jahre auf eine Antwort. Der Staats⸗ sekretär würde sich ein Verdienst erwerben, wenn er uns sagen wollte, wann eine Antwort erfolgen wird. 1
Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke: .““
Ich habe bereits in der Kommission erklärt, daß die Anträge seitens des Reichsschatzamts einer Prüfung unterliegen, daß sie aber nicht so schnell erledigt werden können. Man hat seiner⸗ zeit eingehende Ermittlungen angestellt, um das Richtige zu treffen. Nun muß man natürlich, nachdem neue Gesuche vorgebracht worden sind, wieder eingehende Ermittlungen über die Verhältnisse in den einzelnen Orten anstellen und prüfen, ob eine Aenderung eingetreten ist oder ob damals die Verhältnisse nicht ganz zutreffend geschildert
sind; so ist es zu erklären, daß diese Ermittlungen viel Zeit in An⸗
spruch nehmen. Ich habe dann aber weiter erklärt, daß ich mich freuen würde, wenn es möglich wäre, die Deklassierung etwas abzu⸗
mildern; denn zweifellos fühlen sich die Beamten, welche früher einen höheren Wohnungsgeldzuschuß bekommen haben und später trotz
Zahlung der gleichen oder höheren Miete herabgesetzt sind, dadurch
8 sehr bedrückt. Die Herren mögen überzeugt sein, daß die Sache ge⸗
prüft wird; aber so schnell ist es nicht zu erledigen, wenn die Prüfung, wie es sein muß, gründlich geschehen soll. Das Reichsschatzamt ist jetzt mit der Prüfung beschäftigt, und ich bin überzeugt, es wird auch das Seinige tun, um die Sache zu beschleunigen.
Abg. Dr. Heckscher (fortschr. Volksp.): Wie steht der Schatz⸗
sekretär zu der Deckungsfrage? Es ist zu befürchten, daß eine Herauf⸗ setzung von deklassierten Städten mit Mehrkosten verbunden ist. Ein Regierungskommissar: Die Antwort auf die vorliegenden
Petitionen ist gegeben durch die im Januar bereits mitgeteilten
Grundsätze des Bundesrats. Es sind Ermittlungen über die Miets⸗ sätze eingeleitet, und es ist anzunehmen, daß diese Ermittlungen in
angemessener Zeit abgeschlossen werden.
Auf eine Anfrage des Abg. Werner (d. Reformp.) erklärt der
Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:
Meine Herren! Ich möchte dem Herrn Vorredner erwidern, daß die Frage, wie gehobene Unterbeamte beim Telegraphenbau verwendet werden können, eingehender Prüfung unterzogen worden ist, daß wir aber dazu gekommen sind, an dem jetzigen Aufbau der Bauleitung festzuhalten und als Bauführer Beamte einzustellen. Die Herren müssen sich gegenwärtig halten, daß es sich um ziemlich schwierige Aufgaben handelt. Erstens müssen die Beamten technisch sehr gut ausgebildet sein. Sie haben über große Mengen von Materialien zu verfügen, sie haben eine größere Zahl von Arbeiter unter sich, sie
müssen auch in Verbindung treten mit Behörden und allen Kreisen
des Publikums, sie müssen Rücksicht nehmen auf Starkstromanlagen, und alle diese Maßnahmen erfordern, daß an die Spitze dieser Bau⸗ Personen, Beamte gestellt werden. Es würde den Interessen der Verwaltung nicht entsprechen, wenn anders vor⸗ gegangen würde. Abg. Dr. Beck⸗Heidelberg (nl.) bittet dringend, bei der Prüfung der Wohnungsgeldzuschußfrage die Erhebungen so eingehend wie möglich u gestalten und auch in jedem Falle die Verwaltungsbehörde zu be⸗ agen. Ueber den Antrag Albrecht auf Revision des Beamten besoldungsgesetzes wird namentlich abgestimmt. Der Antrag Ult mit 162 gegen 130 Stimmen: 1 Mitglied enthält sich der Abstimmung.
Der Antrag Dohrn⸗Eickhoff wird mit einer aus den Sozialdemokraten, der fortschrittlichen Volkspartei, den National⸗ liberalen, Polen, einer Minderheit des Zentrums, der wirt⸗ schaftlichen Vereinigung, der Reformpartei und dem Abg. Linz (Rp.) bestehenden Mehrheit angenommen.
8 Bei den Ausgaben für die Post⸗ und Telegraphen⸗ ämter I. Klasse kommt der
Abg. Böhl⸗Straßburg (Soz.) auf die Unzulänglichkeit der postalischen Einrichtungen in Straßburg zurück. Auch die Brief⸗ bestellung leide seit Einführung des Sparsystems bedenklich. Von höheren Postbeamten würde unzulässige Propaganda für den Flotten verein unter Inanspruchnahme der Unterbeamten getrieben.
Unterstaatssekretär Franck: Die Anregung wegen der Straß⸗ burger Postverhältnisse werden wir prüfen und danach das Erforder liche veranlassen. Was die behauptete Agitation für den Flotten verein betrifft, so werden wir der Sache nachgehen, denn es entspricht durchaus nicht den Wünschen der Verwaltung, wenn dabei irgendein Druck auf die Beamten ausgeübt wird.
Zu Titel 22 (Oberpostassistenten und Postassistenten) liegen die Resolutionen der Kommission, betreffend die zeitweilige Schließung der mittleren und höheren Postkarriere und die Vorlegung einer Denkschrift über die anderweiten Organisationen der Beamten der Reichspostverwaltung, vor.
Abg. Dr. Will⸗Straßburg (Zentr.) bittet erneut die Verwaltung, der Regelung der Wohnungsgeldzuschüsse für die Postbeamten in Straßburg ihre beson ere Aufmerksamkeit zuzuwenden
8 8—
Abg. Werner (Ref. P.) br G Sachsen vor, die sich über den Dienstplan und über mangelnde Erholungszeit beschweren. 1
Bei den Ausgaben für die Post⸗ und Telegraphen⸗ gehilfinnen tritt der 1 “
Abg. Dr. Stengel (fortschr. Volksp.) dafür ein, daß im Interesse des Dienstes und der Sparsamkeit Gehilfinnen, die sich bewährt haben, in den Postscheckämtern nicht nur bei den Schreibmaschinen, sondern auch bei den Rechenmaschinen ständig beschäftigt werden.
Abg. Dr. Arendt (Rp.): Es handelt sich hier um einen Vor⸗ gang, der im Zusammenhang steht mit der großen gegenwärtig vor sich gehenden Reform des Postdienstes. Da muß allerdings in der Uebergangszeit vorübergehend die weibliche Beamtenschaft durch männliche Beamte ersetzt werden. Das verursacht zwar Mehrkosten, läßt sich aber jetzt nicht ändern; ein Vorrecht kann den Damen nicht
eingeräumt werden. Die Beschwerden der Beamtinnen möchte ich dem Staatssekretär zur wohlwollenden Erledigung ans Herz legen. Die in der Kommission gegebenen Erklärungen haben in den Kreisen der E recht wenig hoffnungsfreudige Stimmung hervor⸗ gerufen. kLEEC“ Abg. Dr. Heckscher (fortschr. Volksp.): Die Telephonzentrale in Hamburg ist ein wahres Wunderwerk der Technik; wir verdanken da der Postverwaltung eine vortreffliche Schöpfung. Diese Zentrale erfüllt alle begründeten Wünsche des Publikums; aber eine Schatten⸗ seite ist vorhanden: die Beamtinnen des Telephonamtes werden zurzeit dort außerordentlich überanstrengt. Es kommt hinzu, daß statt des uns so vertrauten Wortes „Amt“ das Wort „Gruppe“ eingeführt worden ist. Die Damen haben nun in der Stunde 100 bis 150 mal zu rufen: „Bitte Gruppe“, was nach dem Zeugnis von Aerzten für die Damen sehr schwierig und lästig ist. Der Staatssekretär würde sich den Dank und die hohe Verehrung aller dieser Damen, so⸗ weit er sie nicht schon besitzt, erwerben, wenn er hier ohne weiteres einschritte und das Wort „Amt“ wieder in seine Rechte einsetzte. Mir ist ferner mitgeteilt worden, daß ein ehemaliges Dienstmädchen als Telephonistin nicht eingestellt werden darf. Ich habe persönliche Erfahrungen damit gemacht. Ein Dienstmädchen aus meinem Hause wollte nämlich Telephonbeamtin werden, und ich hätte mich gefreut, wenn sie unter den Fittichen des Staatssekretärs Kraetke einen Unterschlupf gefunden hätte. (Zurufe links.) Aber es ist doch noch nicht im Reichstage verboten, in Bildern zu sprechen. Ich habe dann wegen dieses Gerüchts davon Ahstand nehmen müssen, mich darum zu bemühen. Ich würde nun dem Staats⸗ sekretär für eine Auskunft dankbar sein, ob eine solche geschriebene oder nicht geschriebene Bestimmung besteht, ich würde sie für un⸗ angebracht halten.
Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:
Mieine Herren! Die Aussichten, die mir der Herr Vorredner eröffnet hat, sind so verführerisch (Heiterkeit), daß ich mir alle Mühe geben werde, zu prüfen, ob es sich nicht ermöglichen läßt, das harte Wort „Gruppe“ in Hamburg zu beseitigen.
Was den anderen Wunsch betrifft, so möchte ich konstatieren, daß keine geschriebene oder gesprochene Verfügung besteht, wonach eine be⸗ stimmte Kategorie von weiblichen Wesen von der Annahme als Telephonistinnen ausgeschlossen ist. Bedingung ist, daß sie den An⸗ forderungen hinsichtlich der Bildung entsprechen, daß sie eine gute Schule besucht haben und daß sie auch nach ihrem Auftreten für dieses Amt geeignet sind. Das ist die einzige Bedingung, die besteht und die aufrecht erhalten werden muß mit Rücksicht darauf, daß der Fern⸗ sprechverkehr die Gehilfinnen mit allen Klassen der Gesellschaft in Verbindung bringt. 8 8 8 Abg. Dr. Görcke (nl.): Wenn man sich die großen Ein⸗ richtungen der neuen Telephonzentralen ansieht, so bemerkt man wohl, daß das Stöpseln nicht so einfach ist, und daß gar leicht von den Damen Versehen dabei gemacht werden können. Die Ungeduld des Publikums follte das berücksichtigen. Ich birte den Staatssekretär, den Wünschen der Telephonistinnen wohlwollend entgegenzukommen.
Abg. Dr. Wagner⸗Sachsen (dkons.) bemerkt, daß in Dresden, namentlich von der Geschäftswelt berechtigte Beschwerden über die Bedienung beim Telephondienst erhoben werden; namentlich riefen die Damen, kaum daß eine Verbindung hergestellt sei, schon:
„Sprechen Sie noch?“ Er bittet, den Beschwerden abzuhelfen.
Bei den Ausgaben für die Postagenten weist der
Abg. Werner (Reformp.) auf die Petition der Postagenten wegen Einrichtung einer Pensionskasse hin und bittet um wohlwollende Prufung. Viele Postagenten hätten mehr zu tun, als der Vorsteher eines Postamts III.
Ssctaatssekretär des Reichspostamts Kraetke:
Die Petition der Postagenten ist hier vielfach schon erörtert worden, und ich habe mir bei Gelegenheit auszuführen gestattet, daß es sich nur um ein Nebenamt handelt, und daß es sich bei einer Ver⸗ sicherung auf Pension, die auch nur ein Teil der Postagenten wünscht, um recht hohe Beiträge handeln würde. Man darf dabei nicht ver⸗ gessen, daß für den größten Teil der Postagenten ein Bedürfnis, ver⸗ sichert zu sein, gar nicht vorliegt. Ich darf Ihnen nur ein Ver⸗ zeichnis vorlesen, wie sich die Postagenten zusammensetzen; dann werden Sie ein Bild von der ganzen Sache bekommen. Unter den Agenten sind aktive Beamte, d. h. Eisenbahnbeamte, sonstige Beamte und Lehrer zusammen 1800. Daß diese keine Pensionierung als Postagenten brauchen, ist doch klar. Sie haben die Annehmlichkeit, neben ihrem Gehalt noch eine gute Nebeneinnahme als Postagenten zu beziehen. Wenn sie als Beamte in den Ruhestand treten, so bekommen sie ihre Pension. Wenn sie am Ort bleiben, so können sie die Agentur unter Umständen beibehalten, sie bleiben für uns annehmbare Agenten. Dann beziehen sie als solche neben ihrem Ruhegehalt die Postagentenvergütung weiter. Zurzeit sind 400 Pensio⸗ näre als Postagenten beschäftigt.
Nun kommen Kaufleute. Das sind 1334, Gastwirte 1710: beide zusammen also über 3000. Sie werden mir gewiß zugeben, daß diese alle durch die Postagentur großen Vorteil haben. Wer sich bei ihnen Postmarken kauft oder einen Brief aufgibt, benutzt die Gelegenheit vielfach auch zum Einkauf oder Verzehr bei ihnen. Es ist sogar schon in diesem hohen Hause der Wunsch ausgesprochen worden, nicht gerade Gastwirte zu wählen.
Dann kommen Private und Rentiers. Das sind gegen 1000. Daß auch diese einen Vorteil von der Agentur haben, darüber kann auch kein Zweifel bestehen. Ebenso haben auch die Land⸗ wirte, etwa 1700, Vorteile davon, denn sie beziehen dadurch erwünschte Nebeneinnahmen. Man muß auch bedenken, daß in einem kleinen Ort eine Nebeneinnahme von 700, 800, 900 ℳ sicherlich etwas sehr Schönes ist.
Nun würde es doch sehr böse sein, wenn man sagen wollte: du mußt, wenn du Agent werden willst, gesund sein, mußt den und den Ansprüchen genügen, darfst auch nicht zu alt sein usw. Das geht nicht.
Ferner handelt es sich dann noch um 1350 Handwerker und 1129 sonstige Personen. Diese kämen also höchstens in Betracht. Man könnte sagen: wenn der Agent Handwerker ist und die Post
agentur ihn ziemlich in Anspruch nimmt, er infolgedessen allmählich
Klagen von Assistenten aus
diesen und jenen Kunden verliert, so mag er vielleicht, wenn er die Agentur 20 oder 30 Jahre verwaltet hat, keine Kunden mehr haben und sein Handwerk nicht mehr ausüben können. Für solche Fälle hat die Verwaltung Vorkehrungen getroffen; sie gewährt in geeigneten Fällen den Agenten, die lange gedient haben, bei dem Ausscheiden aus dem Dienste Beihilfen. Wir zahlen zurzeit — es handelt sich um ca. 87 Personen — jährlich 19 000 ℳ Beihilfen.
Ich habe infolge der vielen vorgebrachten Wünsche durch Ver⸗ sicherungstechniker die Frage prüfen lassen, ob es nicht möglich wäre, eine Pensionskasse für diese Gattung von Beamten zu gründen. Ich habe die Auskunft erhalten, daß es sich nicht um einen Beitrag von 2 oder 3, sondern von über 10 % handeln würde. Und das ist sehr natürlich, da bei der Annahme der Agenten auf Gesundheit und Alter keine Rücksicht genommen wird. Die Sache würde also bei der geringen Zahl der Personen, die in Frage kommen, nur ausführhar sein, wenn eine Zwangsversicherung für alle Postagenten einträte. Dann müßten die 7000 Personen, die keine Pension nötig haben, auch zahlen, und daß da Unzufriedenheit entstehen würde, können Sie sich wohl denken. Ich möchte doch glauben, daß es den Interessen der Agenten mehr entspricht, wenn eine solche radikale Aenderung nicht eintritt.
Nun kommt aber noch eins hinzu: der gegenwärtige Augenblick ist am wenigsten geeignet, so etwas herbeizuführen. Die Versicherung der Privatangestellten ist ja im Gange, und wenn der Entwurf Anklang findet und Gesetz wird, so würden 3400 von diesen Agenten unter das Gesetz fallen und so wie so Pension bekommen. Es ist auch zu berücksichtigen, daß ein Teil der Agenten schon jetzt Invaliden⸗ beiträge zahlt, und daß sie infolgedessen, wenn sie dienstunfähig sind, Rente bekommen.
Alle diese Momente lassen es angezeigt erscheinen, eine Ver⸗ sicherung, vor allen Dingen eine Zwangsversicherung, nicht herbei⸗ zuführen.
Abg. Büchtemann (fortschr. Volksp.): Man kann dankbar sein, daß endlich diese genauere Erklärung abgegeben ist. Die Frage, ob die Privatbeamtenversicherung für die Postagenten in Frage kommt, hängt davon ab, wieweit diese im Hauptamt beschäftigt sind, denn nach dem Entwurf der Pripatbeamtenversicherung sind diejenigen nicht versicherungspflichtig, die im Nebenamt beschästigt sind. Von den Postagenten sind uͤber 1000 nicht mehr im Nebenamt beschäftigt, sondern haben mit der Zeit ein so großes Arbeitsfeld bekommen, daß sie als im Hauptamt heschäftigt anzusehen sind: einige von ihnen haben eine größere Tätigkeit als die Postämter 111. Irgendwie muß für die Zukunft der Postagenten, die manchmal 30 bis 40 Jahre im Reichsdienst gestanden haben, gesorgt werden. Vielleicht kann eine besondere Unterstützungskasse gegründet werden, damit die Unter⸗ stützungen, die jetzt spaͤrlich sind, größer werden.
Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:
Mieine Herren! Ich möchte nur wiederholen, daß die Zahl der Agenten, die im Hauptamt tätig sind und daher der Versicherungs⸗ pflicht unterliegen, 3400 beträgt. Nun will ich dem Herrn Vorredner ohne weiteres bestätigen, daß unter den Agenturen auch solche sind, die den Inhaber ziemlich stark in Anspruch nehmen; aber er kann sich durch Angehörige helfen lassen. Es würde eine Härte darin liegen, diese Vielbeschäftigten ihrer Stellung als Postagent zu berauben, ob⸗ gleich sie darum bitten, trotz des großen Anwachsens der Arbeit die Agenturen behalten zu dürfen. Denn, wie ich schon ausgeführt habe, die Einnahme für einen kleinen Ort ist ziemlich bedeutend.
Weiter habe ich ausgeführt, daß nur durch Heranziehung sämt⸗ licher Agenten ein angemessener Beitragssatz für die Versicherung möglich ist, der aber immer noch über 10 % beträgt. Unter den Agenten befinden sich aber wohlhabende Leute, denen an einer Ver⸗ sicherung nichts liegt, die keinen Beitrag zahlen wollen, die sagen: wir kommen dafür nicht in Betracht.
Nun ist die Reichspostverwaltung damit vorgegangen, an Post⸗ agenten für langjährige Dienstzeit bei Bedürftigkeit eine fortlaufende Beihilfe aus den Unterstützungsfonds zu gewähren. Bisher sind in 156 Fällen laufende Unterstützungen im Betrage von 32 000 ℳ be⸗ willigt worden. Die Frage der Pensionsversicherung ist nach allen Richtungen hin geprüft, und wir glauben nicht, daß der Weg gang⸗ bar ist.
An Beihilfen zur Herstellung und Unterhaltung von Ge⸗ nesungsheimen, die von Beamten⸗ und Unterbeamtenvereinen der Reichs⸗Post⸗ und ⸗Telegraphenverwaltung errichtet werden sind 50 000 ℳ ausgeworfen. 3
Abg. Beck⸗Heidelberg (nl.) befürwortet einen Antrag Eickhoff, das Dispositiv dahin zu ändern, daß auch die von Krankenkassen ein⸗ gerichteten Genesungsheime aus diesem Fonds Beihilfen erhalten können.
Der Antrag wird angenommen.
leber die Ostmarkenzulage für die Postbeamten wird auf Antrag des polnischen Abgeordneten von Czarlinski be⸗ sonders abgestimmt: die Position wird bewilligt, dagegen stimmen Zentrum, Polen, Sozialdemokraten und die Fort⸗ schrittler Träger, Haußmann, Dohrn, Fegter und Gothein.
Zu den Betriebskosten im Bereiche der Telegraphie be⸗ antragen die Abgg. Albrecht (Soz.) u. Gen. folgende Re⸗ solution:
„Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, Arbeiten und Lieferungen für die Reichspostverwaltungen nur an svplche Firmen zu vergeben, welche in Beziehung auf die Arbeitsbedingungen die gesetzlichen Vorschriften einhalten und sich verpflichten, zur Regelung und Sicherung der Lohn⸗ und Arbeitsbedingungen auf den Abschluß von Tarifverträgen hinzuwirken.“ 1 G 1 1
Abg. Lehmann⸗Wiesbaden (Soz.) befürwortet die Resolution und weist darauf hin, daß eine gleichlautende Resolution bereits beim Marincetat in namentlicher Abstimmung mit großer Mehrheit an⸗ genommen worden ist. Der Ahg. Lattmann habe vor einigen Tagen diese Resolution als unsinnig bezeichnet, aber ihm privatim später erklärt, daß er nicht diese Resolution der Sozialdemokraten, sondern die andere wegen Regelung der Besoldungsordnung gemeint habe.
Abg. Behrens (wirtsch. Vgg): Beim Militäretat ist die gleiche Resolution von uns mit großer Mehrheit abgelehnt worden, bei dem Marineetat waren keine genügenden Debatten vorhanden, und die Mehrbeit hat die Gegengründe des Staatssekretärs von Tirpitz nicht genügend beachtet. Wir sind der Meinung, daß der erste Teil der Resolution Albrecht selbstverständlich ist, und daß der zweite Teil nicht für eine Verwaltung gelten kann, sondern vom Reichskanzler nur einheitlich für alle Zweige der Verwaltung geregelt werden kann. Daher werden meine Freunde gegen diese Resolution stimmen. Die Resolution gehört zum Etat des Rcichstanzlers.
Abg. Lehmann⸗Wiesbaden (Soz.): Bei der Marineperwaltung hat doch eine namentliche Abstimmung stattgefunden; die Abgeordneten werden sich also wohl genügend informiert haben. Der Vorredner hat in dieser Beziehung von den Abgeordneten eine sehr kleinliche Auf⸗ sassung. Die Reichspostverwaltung kann auch, ohne sich mit den übrigen Ressorts in Verbindung zu setzen, vorgehen.
Abg. Behrens (wirtsch. Vgg.): Es hat mir fern gelegen, einzelne Abgeordnete verletzen zu wollen