1911 / 62 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 13 Mar 1911 18:00:01 GMT) scan diff

sehen das hobe Ziel der Volksschule darin, Persönlichkeiten zu erziehen, die für das Leben vorgebildet sind, wie es der Redner der sozial⸗ demokratischen Partei ausgeführt hat. Aber es gehört dazu, daß man die Heimatliebe, die Liebe zum Vaterland in die Kinderseele hinein⸗ legt, auch die alte deutsche Liebe zum angestammten Herrscherhause. Es gehört aber auch weiter dazu, in die Herzen einen starken, frischen fröhlichen Glauben hineinzulegen, der den Menschen befähigt, in allen Stürmen des Lebens einen sicheren Halt zu haben. Darum wollen wir den Religionsunterricht nicht aus der Schule ent⸗ fernen lassen, wie es die Sozialdemokraten wollen; der Moral⸗ unterricht ist kein Ersatz. Allerdings ist der Religionsunterricht ein sehr schwieriges Gebiet, und es ist eigentlich unmöglich, Religion zu lehren. Ich halte es für ungerecht, die Kinder zu einem Religionsunterricht zu zwingen, deren Eltern Dissidenten sind. Die Beseitigung des Lehrermangels allein genügt nicht, um die Volksschule zu einer höheren Vollendung zu Fae es kommt vor allem auf den Geist und die Tüchtigkeit der Lehrer an. Die Erziehung des Lehrerstandes ist die wichtigste Auf⸗ gabe, die wir der weiteren Lösung entgegenzuführen haben. Wenn wir für eine bessere wissenschaftliche Voörhildung der Seminarlehrer sorgen, so dürfen wir nicht einseitig darauf den Wert legen, sondern wir müssen vor allem für die rechte pädagogische Gesinnung sorgen. Es kommt darauf an, daß die Lehrer an den Seminaren vor allem eine auf das höchste Ziel gerichtete Lebensanschauung haben. Wir müssen von ihnen die pädagogische Tüchtigkeit erwarten, die es ver⸗ steht, in den Schülern geistiges Leben und geistige Kräfte wach⸗ zurufen, eigenes Leben auf die Schüler auszuströmen. Es ist für unsere Unterrichtsverwaltung von der größten Bedeutung, daß sie die tüchtigsten Männer gewinnt, die an den Lehrerbildungs⸗ anstalten zu wirken berufen sind. Wir können deshalb auch nicht der Frage aus dem Wege gehen, diesen Männern auch nach außen hin eine Stellung zu geben, die von den tüchtigsten Leuten ersehnt und gesucht wird. Die Seminarlehrer müßten auch zur Schulaufsicht herangezogen werden. Es würde von außerordent⸗ licher Bedeutung sein, wenn ein solcher Seminaroberlehrer nachher als Schulaufsichtsbeamter in demjenigen Bezirk wirkt, dessen Lehrer er vorgebildet hat. Das Wort „Schulinspektion“ ist übrigens ein Fremdwort. Ich habe mich gefreut, daß die Schulverwaltung auf dem Standpunkt steht, die Fremdwörter möglichst zu beseitigen. Das Wort „Schulaufsichtsbeamter“ würde aber etwas zu bureau⸗ kratisch klingen, ja es hat einen gewissen polizeilichen Charakter. Ich würde deshalb „Schulpfleger“ vorschlagen, denn es soll ja nicht die Aufgabe sein, die Lehrer zu überwachen, sondern ein solcher Beamter soll vor allem Pfleger, Freund und Berater der ihm unter⸗ stellten Lehrer sein. Der junge Lehrer kann jetzt mit Recht sagen: Ihr führt ins Leben uns hinein, ihr laßt den Armen schuldig werden, dann überlaßt ihr ihn der Pein. Diese jungen Lehrer bedürfen nicht in erster Linie einer Aufsicht, sondern einer Pflege. Darum ist es auch mit der Schulinspektion, die im Nebenamte ausgeübt wird, nichts. Darüber dürfen Sie sich nicht täuschen: mit einem Besuch von einer oder anderthalb Stunden ist es nicht getan. Dem Schulpfleger muß jeder seiner Lehrer aufs Gewissen gelegt werden. Diese Aufgabe kann auch auf dem Lande nicht ein Geistlicher erfüllen. Darum muß die geistliche Schulaufsicht änzlich beseitigt werden. In der Herausgabe der Lese⸗ bücher kann nicht vollkommen freie Konkurrenz herrschen; das Beste wird sein, daß die Unterrichtsverwaltung größere Herausgeber fortgesetzt zur Ausgestaltung der Lesebücher unter Mitarbeit von hervorragenden Fachmännern veranlaßt. Von einem evangelischen Lesebuch im Westen sind nur noch durch Erbschaft einige Exemplare vorhanden, und sie befinden sich in einem Zustande, der auf einen fleißigen Gebrauch schließen läßt. Ich habe nun gehört, daß es mit dem katholischen Lesebuch ebenso sei. Und nun erfahre ich kürzlich, daß neue Ausgaben für beide Bücher seit vier Jahren dem Kultusministerium zur Prüfung vorliegen. Hätte ich das früher gehört, so hätte ich eine Vermehrung der Provinzialschulratsstellen beantragt. (Ruf im Zentrum: Dann gaͤtte es noch länger gedauert!) In allen Kreisen der Bevölkerung, nicht nur in Arbeiterkreisen, wird die Romanlektüre den Klassikern vorgezogen; da hat die Volksschule eine Aufgabe versäumt, sie muß die Jugend besser in die Literatur einführen und den Geschmack daran wecken. Es müßte aber üblich werden, Bücher zu schenken; man braucht kein reicher Mann zu sein und kann doch retzende Geschenke machen. Eine allgemeine Verfügung darüber, welcher Unterricht zu Gunsten der dritten Turnstunde be⸗ schränkt werden soll, wäre bedenklich, weil sie nicht Besonderheiten der Verhältnisse gerecht wird. Das Deutsche zu kürzen, wäre in Deutschland deplaciert; auch für die Religion wünschen wir das nicht. Am besten überläßt man dies den einzelnen Schulleitern; man kann zu den Schulleitern und den Lehrern das Vertrauen haben, daß sie das Richtige treffen werden. Bei der Kürzung könnten eher Rechnen und andere Realfächer in Frage kommen. Dem Zentrumsantrag, bei Vermehrung des Rektorensystems den kirchlichen Einfluß auf die Schule zu wahren, können meine Freunde unter keinen Umständen zustimmen. Ich bin selbst Kirchenmann, will aber doch nicht von einem Einfluß der Kirche, sondern von einem Interesse der Kirche an der Schule sprechen; Kirche und Schule müssen Hand in Hand gehen, weil sie an demselben Seil ziehen, der Erziehung der Jugend. Nicht als Kirchenmann, sondern als Politiker will ich an der Verfassungs⸗ bestimmung über die Leitung des Religionsunterrichts durch die Kirche festhalten; das letzte Urteil über die Art des Religions⸗ unterrichts gebührt nicht der Staatsaufsicht, sondern der Kirche. Ich möchte sodann den Minister auf den Fall aufmerksam machen, daß ein katholischer Kreisschulinspektor eine evangelische Lehrerin über ihre religiöse Ueberzeugung examiniert und ihr dann erklärt hat, daß sie zu liberal sei und ihre definitive Anstellung dadurch in Frage gestellt sei. Der zuständige Ortsschulinspektor ist von diesem Falle nicht verständigt worden. Ich frage den Minister, ob einem Schulaufsichtsbeamten das Recht zusteht, in die Materie des Religionsunterrichts einer anderen Konfession ein⸗ zugreifen. Ist es möglich, daß eine Lehrerin von dem Schulaufsichts⸗ beamten zurückgewiesen werden kann, ohne daß dieser sich mit den kirch⸗ lichen Instanzen in Berührung gebracht hat? Ich bin bereit, dem Herrn Minister die Namen dieses Falles mitzut

teilen.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten D. von Trott zu Solz:

Ich möchte dem Herrn Vorredner auf seine letzte Anfrage er⸗ widern, daß ich ihn bitte, zunächst den Fall, von dem er gesprochen hat, mitzuteilen, damit ich die einzelnen Umstände amtlich feststellen kann; ich behalte mir vor, nach Kenntnis des konkreten Falles zu seiner allgemeinen Frage Stellung zu nehmen.

Kommissar des Finanzministeriums, Geheimer Finanzrat Schultz verweist bezüglich der Vermehrung der Oberlehrerstellen an den Seminaren auf die Erklärungen der Regierung in der Kommission.

Abg. Heckenroth (kons.): Es ist durchaus falsch, daß in unserer Partei für die Schule und die Lehrer’ nicht dasselbe Interesse vor⸗ handen sei, wie bei den anderen Parteien. Der Abg. Friedberg sprach von einer konfessionellen Ueberspannung des Schulwesens, die durch uns veranlaßt sei, und wies auf die Zwergschulen hin. Diese Zwergschulen sind für uns Evangelische von großem Interesse und werden mit großen Opfern erhalten. Der Abg. Friedberg macht uns daraus einen Vorwurf, daß wir dem Zentrumsantrag wegen Erhaltung des kirchlichen Einflusses auf die Rektoratsschulen zugestimmt hätten, obwohl der Minister dagegen gewesen sei. Der Minister hat sich gegen den Antrag nur erklärt, weil darin nicht angegeben war, wie der kirchliche Einfluß gewahrt werden soll, aber er hat sich nicht grundsätzlich dagegen ausgesprochen, und wir haben deshalb den Antrag in etwas anderer Form eingebracht. Auch in den anderen Punkten irrte der Abg. Friedberg, als er uns vorwarf, daß wir gegen den Minister in der Kommission Stellung genommen hätten. Es steht z. B. nichts davon im Kommissionsprotokoll, daß der Minister sich dagegen erklärte, daß zu Gunsten der dritten Turn⸗

stunde der Religionsunterricht nicht gekürzt werden dürfe. Es kann

Rede sein. Der Abg. Friedberg berief sich auf den früheren Minister von Hammerstein für die Behauptung, daß wir keine guten Schulhäuser bauen wollten. Wenn der Minister von Hammerstein sich gegen den Luxus der Schulbauten ausgesprochen hat, so kann ich ihm durchaus zustimmen; wir wünschen auch praktische Schulgebäude mit gesunden Wohnungen für die Lehrer, aber der Luxus kann vermieden werden. Wir freuen uns, daß berechtigte Wünsche der Lehrer erfüllt sind, insbesondere daß für die Altpensionäre mehr geschehen soll. Wir stimmen auch den Erklärungen des Ministers über die Ausbildung der Mittelschulen zu. Einen Druck auf die Gemeinden zur An⸗ stellung von Lehrerinnen wollen wir nicht ausgeübt wissen, wir haben in der Kommission den Minister nur gebeten, zu erwägen, wie auf die Gemeinden in der Richtung eingewirkt werden könne, daß das unberechtigte Vorurteil gegen die Lehrerinnen verschwindet. Die weibliche Begabung für die Erziehung der Kinder möchten wir auch für die Schule in Anspruch nehmen. Gewiß sind weib⸗ liche Lehrkräfte für die Gemeinden billiger, aber mein Freund von Kessel hat durchaus nicht sagen wollen, daß das für uns ein wichtiger Grund für die Anstellung von Lehrerinnen sei. In der Petitionskommission des Reichstags ist neulich ein Beschluß zu Gunsten der Einführung der lateinischen Schrift in der Volksschule gefaßt worden. Ich bedauere diesen Beschluß auf das stärkste. Die deutsche Schrift gehört zur deutschen Art, sie ist ein Stück unserer Kultur und unseres Geisteslebens. Kein geringerer als Fürst Bis⸗ marck hat sich mit aller Energie für die deutsche Schrift eingelegt; auch hier gilt: was wir von den Vätern ererbt haben, wollen wir uns für die Zukunft erhalten. Der Religionsunterricht für die Dissidentenkinder ist notwendig, damit wir wieder gutmachen können, was in der Familie versäumt ist; wenn auch 55 % der Fälle vergeblich sind, so dürfen wir die Hoffnung nicht aufgeben, daß in 45 % gute Früchte erzielt werden. In der Kommission ist auf Antrag des Zentrums beschlossen worden, daß bei den Rektorenschulen und bei den Hilfsschulen für minderbegabte Kinder der kirchliche Einfluß gewahrt wird. Wir können allerdings für die letzteren Schulen nicht den kon⸗ fessionellen Charakter verlangen, aber die Kommssionsbeschlüsse liegen in der Richtung unserer grundsätzlichen Anschauungen. Auch an schwachbegabte G der kann nur der Religionsunterricht der betreffenden Konfession erteilt werden. Ich bedauere, daß beim Schulunterhaltungsgesetz es nicht gelungen ist, den Geistlichen zum gesetz⸗ lichen Vorsitzenden des Schulvorstandes zu machen. Wäre das damals ge⸗ schehen, so wäre der Antrag des Zentrums heute überflüssig. Aller⸗ dings hat der Geistliche Sitz und Stimme im Schulvorstand, aber wenn sich die Schulvorstäͤnde äußerst selten nur versammeln, wie soll dann der Geistliche Einfluß auf die Schule ausüben können? Es kommt uns darauf an, daß das geschichtliche Band zwischen Kirche und Schule nicht gelöst wird. Die beiden großen Erziehungsanstalten, die im letzten Grunde gleiche Aufgaben haben, soll man nicht auseinanderreißen, sodaß sie kalt nebeneinander be⸗ stehen oder sogar gegeneinander Stellung nehmen. Wir legen Wert darauf, daß nicht bloß Religionsunterricht im Sinne der Kirche erteilt wird, sondern daß der ganze Geist, der die Schule durchweht, ein christlicher ist. Darum muß dem Geistlichen die Möglichkeit gegeben werden, sich davon zu überzeugen, wie der Hauch ist, der durch die Schule geht. In letzter Zeit sind bedenkliche Anschauungen zu Tage getreten, die es uns wichtig erscheinen lassen, immer wieder unsere Stellung zu betonen. Der ‚Reichsbote“ be⸗ schäftigt sich in einem Artikel mit dem Standpunkt des Herrn Tews, der konfessionellen Unterricht ablehnt und im Religions⸗ unterricht u. a. auch die Kenntnis des Buddhismus fordert. Herr Tews schreibt weiter, es sei gleichgültig, wer den Religions⸗ unterricht erteile, ob er gläubig sei oder nicht. Ich habe nie gehört, daß diesen Ausführungen vom Deutschen Lehrer⸗ verein widersprochen worden sei. Nach den Zwickauer Thesen fällt fast das ganze Glaubensbekenntnis fort. Damit sind die Grund⸗ wahrheiten der evangelischen Kirche beseitigt. Es werden Sprüche gestrichen, die sich als die wertvollsten Schätze herausgestellt haben. Der Straßburger Lehrertag hat auch keine Stellung gegen ie sozial⸗ demokratischen Lehrer eingenommen. Der deutsche Lehrertag hätte erklären müssen, daß er eine Zusammenfassung von Lehrern darstellt, die monarchisch und deutsch von Grund auf sind. In Königsberg haben sich Lehrer an sozialdemokratischen Protest⸗ versammlungen gegen die Kaiserreden beteiligt. (Zuruf links: Das ist ihr Recht!) Nein, das ist nicht ihr Recht! Wenn sie in solche Versammlungen gehen, dann dürfen sie es nur, um starken Protest gegen das einzulegen, was dort geredet wird. Wenn sie das nicht wollen, haben sie den Versammlungen fernzubleiben, ebenso wie sie sich jeder Begünstigung der ozialdemokratie zu enthalten haben. Der Glaube der Väter soll nicht nur durch das Elternhaus, sondern auch durch die Schule als das teuerste Erbe den Kindern mit ins Leben hinaus gegeben werden. Darum reden wir vom Einfluß der Kirche auf die Schule. Mit der Trennung von Kirche und Schule haben Sie draußen im Volke keinen Anhang. Veranstalten Sie doch eine Volksabstimmung, dann werden Sie sehen, wie diese Forderung über den Haufen geworfen wird. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Sie haben keine Ahnung!) Die haben Sie nicht! Berlin will ich Ihnen gern überlassen. Aber das Volk, auf dem unser ganzes Staatsleben beruht, in den kleinen Städten und auf dem Lande, ist anderer Ansicht. Wir wollen, daß ein Geschlecht heranwächst, das in lebendigem Glauben Gott gibt, was Gottes ist, und in echter deutscher Treue zum Kaiser dem Kaiser gibt, was des Kaisers ist.

Abg. Ernst (fortschr. Volksp.): Die Vorwürfe gegen Herrn Tews muß ich energisch zurückweisen. Herr Tews ist einer der religiösesten Menschen, die ich kennen gelernt habe. Ebenso unberechtigt sind die Vorwürfe gegen den Deutschen Lehrerverein. An der patriotischen Haltung dieses Vereins ist gar kein Zweifel. Wenn der Partikularismus im Aussterben ist, so haben wir das vor allem der Tätigkeit dieses Vereins und der 120 000 ihm angehörenden Lehrer zu verdanken. Die Lehrer haben sehr wohl das Recht, an Protestversammlungen teilzunehmen, auch wenn sie von sozialdemokratischer Seite einberufen werden. Die Trennung von Kultus und Unterricht ist im Interesse der Schule unbedingt nötig. Es gehört die ganze Kraft eines Mannes dazu, um das Amt eines Unterrichtsministers richtig auszufüllen. Jetzt ist jeder Unterrichtsminister von politischen Erwägungen abhängig. Dem jetzigen Kultusminister wird es nicht besser gehen als seinen Vorgängern. Durch die Debatte über den Modernisteneid ist der Keim für seinen Sturz gelegt worden. Im Interesse einer gewissen Stetigkeit und Ruhe im Schulwesen ist der so vielfache Wechsel außerordentlich zu bedauern. Die Erklärungen des Ministers bezüglich des Mittel⸗ schulwesens können im allgemeinen zufriedenstellen, wenn auch noch einige unerfüllte Wünsche übrig bleiben. So wird von vielen Mittelschulen gewünscht, daß mehr Wert auf die Erlernung der Stenographie, besonders für die Mädchenmittelschulen, gelegt wird. Denn die Mädchen, die in das praktische Leben hinaustreten, können die Kenntnis der Stenographie außerordentlich gut verwerten. Eine gesetzliche Regelung des Gehalts der Mittelschullehrer halte ich für durchaus notwendig; denn jetzt hat die Regie⸗ rung kein Mittel, die Gemeinden, die ihre Mittelschullehrer nicht besser stellen als die Volksschullehrer, zu der Gewährung der Zulage anzuhalten. Die Ausführungen des Abg. von Heyde⸗ brand über das, was der preußische Staat für das Schul⸗ wesen tut, geben ein vollkommen falsches Bild. Gewiß ist eine außerordentliche Zunahme der Ausgaben für die Schule vorhanden, aber ebenso ist der ganze Etat gewachsen. 1890 betrug bei einem Gesamtetat von 1 ½ Milliarden der Aufwand für das Schalwesen 3 %, 1898 bei 3 Milliarden 3,14 %, 1908 bei 3 Milliarden 3,25 %, 1910 bei 3 ¾ Milliarden 3,81 % und 1911 bei 4 Milliarden 3,52 %. Die Aufwendungen für die Schule sind also sogar im letzten Jahre zurückgegangen. Ebenso geben seine Vergleiche mit den Aufwendungen der anderen Staaten für das Volksschul⸗ wesen ein vollkommen falsches Bild. Die Schule kann ni mals mit dem Elternhause konkurrieren. Darum nützt auch ein Religions⸗

unterricht nicht, wenn der Sohn nach Hause kommt, und der Vater

von einer Unfreundlichkeit unserseits gegen den Minister nicht die

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sagt: Alles, was Dir in der Schule gesagt worden ist, ist Unsinn.

Von einem Zwange der Dissidentenkinder zum Besuch des Religions⸗ unterrichts muß unbedingt abgesehen werden. Ich schreibe selbst immer die deutsche Schrift, aber ich halte diejenigen, die lateinisch schreiben, für ebenso patriotisch. Durch die größere Einführung der Alt⸗ schrift wird den Kindern eine große Arbeitslast abgenommen. Erfreulich ist die Einstellung weiterer Mittel für die Altpensionäre; hoffentlich wird nun auch die Absicht des Ministers ausgeführt, daß die peinlichen Nachforschungen nach den persönlichen Verhältnissen der Altpensionäre vermieden werden. Den Rückgang des Lehrer⸗ mangels begrüßen wir mit großer Freude, aber vollständig behoben ist er noch nicht, es kommen noch hohe Klassenfrequenzen vor, und die Halbtagsschulen sind noch nicht beseitigt. In der Besoldung der Seminarlehrer, die früher Präparandenlehrer waren, bestehen noch immer Härten. Es ist ein großer Schaden, daß wir noch keine Einheitsschule haben; meine Freunde sind immer dafür gewesen, daß die Klassenunterschiede beseitigt werden. Ich freue mich. 6 die Sozialdemokraten den Gedanken der allgemeinen Volksschule aufgenommen haben, aber wenn sie einen Zwang dafür verlangen, so können wir nicht zustimmen. Wir haben ja keinen Schulzwang, sondern nur einen Bildungszwang. Die ver⸗ schiedenen Schulen von der Volksschule bis zum Gymnasium weisen ja keine prinzipiellen, sondern nur einen graduellen Unterschied auf, sie verfolgen alle dasselbe Ziel. Die Volksschullehrer an den Seminaren sind in mancher Beziehung zurückgesetzt gegen die akademischen Lehrer, z. B. in bezug auf den Urlaub zu Lehrer⸗ versammlungen. Ich möchte den Minister bitten, seinen Erlaß über die Urlaubserreilung entsprechend zu ändern. Die Kreisschulinspektor⸗ stellen dürften nicht nur mit Akademikern besetzt werden. Für die Aus⸗ bildung der Volksschullehrer haben wir den Antrag gestellt, die Lehrer zum Universitätsstudium zuzulassen. Die Fortbildungskurse in Posen⸗ und Berlin, die jetzt von drei auf vier Semester ausgedehnt werden sollen, sind ja ganz gut, können aber das Universitätsstudium nicht ersetzen. Im Interesse des Avancements der Seminarlehrer muß eine zweite Oberlehrerstelle an den Seminaren geschaffen werden. Die Rektoren sind mit Unterrichtsstunden überlastet, aus Cöln kommt mir z B. die Klage, daß ein Rektor 22 Unterrichtsstunden zu geben habe; das ist in einem großen Schulsystem mit Rücksicht auf die übrigen Amtsgeschäfte zu viel. Die Lehrer müssen das passive Wahl⸗ recht in den Gemeinden und das Recht zum Schöffendienst erhalten. Wie die anderen Unterrichtsstunden zu Gunsten der dritten Turnstunde gekürzt werden sollen, darin muß man nach dem Vorschlag des Abg. Hackenberg den Schulleitern freie Hand lassen. In der Provinz Posen fängt man jetzt wieder an, die Ortsschulinspektion für die evangelischen Schulen einzuführen, für die katholischen Schulen be⸗ steht sie nicht; für diese hat nur der Kreisschulinspektor die Aufsicht. Ich möchte mich dagegen erklären, schon im Interesse der Parität, daß dort, wo seit zehn oder mehr Jahren keine Ortsschulinspektion mehr bestanden hat, sie wieder eingeführt wird. Die katholischen Schulen haben sich dort besser entwickelt. Das Schulunterhaltungs⸗ gesetz muß auch in den Provinzen Posen und Westpreußen eingeführt werden.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten D. von Trott zu Solz:

Meine Herren! Erlauben Sie mir, daß ich auf die eingehende

Ausführungen des Herrn Vorredners mit einigen kurzen Bemerkungen

erwidere. Der Herr Vorredner hat sich über die Art und Weise ver⸗ breitet, wie den Lehrern neuerdings der Urlaub erteilt oder versagt werde, und hat insbesondere hervorgehoben, daß auf diesem Gebiete die Lehrer an den höheren Anstalten anders behandelt würden als die Volksschullehrer. Das ist nicht zutreffend. Die Anordnungen, die ich hier neuerdings getroffen habe, beziehen sich ebenso auf die Lehrer an den höheren Lehranstalten wie auf die an den Volksschulen an⸗ gestellten. Der dabei in Betracht kommende Erlaß ist in erster Linie an die Provinzialschulkollegien gerichtet, dann aber auch den Regierungen als den Aufsichtsbehörden über die Volksschulen zur Nachachtung mit

geteilt worden Ich bin zu diesem Erlaß gekommen, ich möchte fast sagen, der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe; denn die Zahl der Urlaubsgesuche hatte sich in einer Weise vermehrt, daß in der Tat

ernstliche Befürchtungen für den regelmäßigen Schulbetrieb auftreten

konnten. Bei zahlreichen Veranstaltungen, die an und für sich durch⸗ aus fördernswert sind, tritt der Wunsch auf, daß an den ihren Zwecken dienenden Versammlungen auch unsere Lehrerwelt teilnehmen möchte. Auch das letztere ist öfters an sich wünschenswert. Es handelt sich dabei vielfach um Veranstaltungen, bei denen die Lehrer in ihren Auf⸗ gaben angeregt und gefördert werden und bei denen umgekehrt auch ihre Mitwirkung wertvoll ist. Aber, wie gesagt, diese Angelegenheit hat einen solchen Umfang angenommen, daß es in der Tat nicht mehr möglich war, allen solchen Gesuchen zu entsprechen. Da entstand denn auch die Schwierigkeit der Auswahl. Deshalb glaubte ich richtig zu handeln, wenn ich denjenigen Vereinigungen, die von Lehrern ausgehen oder die namentlich auf die Beteiligung von Lehrern rechnen, anheim⸗ gab, diese Veranstaltungen in die Ferien zu legen. Für Ferien ist ausreichend im Jahre gesorgt, und während derselben können solche Veranstaltungen sehr wohl abgehalten werden. Das war ja auch gerade der Zweck des Zedlitztages, den der Herr Vorredner erwähnt hat. Durch ihn sollte eben die Zeit der Pfingstferien so vermehrt werden, daß solche Veranstaltungen in ihnen abgehalten werden konnten.

Ganz abwegig ist die Auffassung, daß dieser Erlaß sich gegen die allgemeinen Lehrerkongresse gerichtet hätte, daß er damals, als er er⸗ ging, mit der Versammlung der Lehrer in Straßburg in Verbindung gestanden hätte. Das war ein rein zufälliges Zusammentreffen; von irgendwelcher Absicht, diese Zusammenkunft der Lehrer in Straßburg⸗ zu erschweren, kann gar keine Rede sein. 8

Der Erlaß vom 8. Juli 1910 geht dahin,

daß Gesuchen um allgemeine Gewährung von Urlaub

zur Teilnahme an Vereinstagungen während der Schulzeit sowie um Hinweisung auf derartige Veranstaltungen in Zukunft nicht mehr entsprochen werden kann, daß es aber den Direktoren bezw. den Aufsichtsbehörden auch fernerhin un⸗ benommen bleibt, nach Maßgabe der in den Dienstanweisungen ent⸗ haltenen Bestimmungen in einzelnen Fällen dann Urlaub zu erteilen, wenn es ohne Nachteil für den Unterrichtsbetrieb geschehen kann und wenn von dem Besuche der Versammlung für den teilnehmenden Lehrer oder für den Unterricht eine nennenswerte Förderung er⸗ wartet werden kann.

Es heißt dann weiter:

„Jedenfalls aber liegt ein hinreichender Anlaß zur Beurlaubung nicht vor, wenn es sich um Veranstaltungen handelt, welche von Lehrern oder Lehrervereinigungen ausgehen, sowie um solche, bei denen ausschließlich oder vorwiegend auf die Teilnahme von Lehrern gerechnet wird. Solche Tagungen wissenschaftlicher oder allgemeiner Art können in der Ferienzeit abgehalten werden.“

Ich glaube, das ist durchaus zutreffend und den Verhätnissen ent

sprechend.

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yJweit eilnge en Neichsan

Berlin, Montag, den 13. März

zeiger und Königlich Preußisch

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Wenn der Herr Vorredner sich über eine ungleichmäßige Hand⸗ habung dieser Bestimmungen beschweren zu müssen glaubte, so möchte ich ihn darauf hinweisen, daß es im Anfange in der Uebergangszeit nachgelassen wurde, daß noch zu solchen Veranstaltungen Urlaub erteilt werden durfte, deren Termin schon festgesetzt war, ehe dieser Erlaß erging. Dadurch mag eine gewisse Ungleichmäßigkeit in der Aus⸗ führung des Erlasses in der ersten Zeit stattgefunden haben.

Der Herr Vorredner hat dann die Bitte ausgesprochen, daß den Abiturientinnen der Mittelschulen für Mädchen die Berechtigung zu⸗ erkannt werden möge, daß sie zur Prüfung als Handarbeits⸗ und 11“ zugelassen werden. Diese Berechtigung besteht bereits.

Der Herr Vorredner hat sich dann tadelnd darüber geäußert, daß in dem Etat nur eine Summe von 31 000 für die Schaffung neuer Lehrerstellen vorgesehen wäre. Derr Herr Abgeordnete irrt mit dieser Annahme; wenn er die Güte haben will, den Etat an der betreffenden Stelle nachzuschlagen, wird er finden, daß für diesen Zweck 600 000 in den Etat eingesetzt sind. (Hört, hört!) Es ist das der bekannte Lawinenfonds, der dem Herrn Abg. Ernst als einem so langjährigen Parlamentarier gewiß wohlbekannt ist.

Was seine Wünsche anlangt bezüglich einer Neugestaltung der zweiten Lehrerprüfung, so habe ich schon in der Kommission erklärt, daß die Verwaltung diese Frage prüfen und sehen werde, ob sich an den bestehenden Vorschriften über die zweite Lehrerprüfung etwas ändern läßt. Wir sind auch der Ansicht, daß die bestehenden Be⸗ stimmungen einer Reform bedürftig sind.

Was seine Ausführungen über die Provinz Posen anbetrifft, so habe ich selbst schon anerkannt, daß für die Schulverwaltung dort noch viel zu tun übrig bleibt. Wir sind auch andauernd bestrebt, dort die Zustände zu verbessern. Wenn er aber so heftige Anklagen gegen Schulaufsichtsbeamte führen zu müssen glaubt, wie er es tut, wenn er davon gesprochen hat, daß die Lehrer auch Menschen seien und dementsprechend behandelt werden müßten, so kann ich ihm den Vorwurf doch nicht ganz ersparen, daß er mit einer solchen Aeußerung nicht diejenige Vorsicht gebraucht, die er an dieser Stelle gebrauchen sollte. Denn, meine Herren, daran kann doch gar kein Zweifel sein, daß die Lehrer dort nicht nur so gut sind wie andere Menschen, sondern daß sie das volle Anrecht haben, auch von ihren Vorgesetzten so behandelt zu werden, wie das Verhältnis zwischen einem Vorgesetzten und einem Untergebenen sein muß; daß ein Verhalten eines Vorgesetzten, das die Rücksichten in dieser Beziehung nicht wahrt, von mir gemißbilligt wird, versteht sich von selhst. (Bravo!)

Da ich das Wort habe, möchte ich auf die Ausführungen, die der Herr Abg. Hackenberg vorhin am Schlusse seiner Rede gemacht hat, zurückkommen. Er hatte eine bestimmte Frage an mich gerichtet und ich hatte ihm erwidert, daß ich zu ihr Stellung nehmen würde, wenn er die Güte hätte, mir den konkreten Fall mitzuteilen. Das Letztere ist inzwischen geschehen, und ich kann ihm deshalb jetzt er⸗ widern. 1

Bei der Revision des Religionsunterrichts hat sich der Revisor darauf zu beschränken, zu prüfen, ob der Religionsunterricht in der schulplanmäßigen Weise stattfindet und ob er methodisch einwandfrei ist; auf den sachlichen Inhalt der Lehre hat er nicht einzugehen. Treten ihm bezüglich des In⸗ haltes der Lehre Bedenken entgegen, so darf er sie nicht dem Lehrer oder der Lehrerin gegenüber geltend machen, sondern er hat sie der Regierung vorzutragen. Diese wird sich gegebenenfalls mit den kirch⸗ lichen Behörden in Verbindung setzen. Das ist feststehende Bestimmung in unserer Schulverwaltung, und ich benutze gern die Gelegenheit, von dieser Stelle aus von neuem zu sagen, daß diese Bestimmung auch heute noch in Kraft steht. (Bravo! rechts und im Zentrum.)

Abg. Kloppenborg⸗Skrumsager (Däne): Der Mensch lebt nicht von Brot allein! Nicht das ist das glücklichste Volk, das die höchsten Lebensmittelpreise hat, sondern das Volk ist das glücklichste, welches die Freiheit besitzt, sich nach seiner Natur und seinen Anlagen zu entwickeln. Darum brauchen wir für unsere Schule in Nordschleswig das Dänische. Aber alle unsere Eingaben haben immer beim Minister nur taube Ohren gefunden. Ich möchte den Minister dringend bitten: stören Sie uns nicht in unserer Arbeit, die Jugend geistig und körperlich zu kräftigen. Jetzt macht man uns alle möglichen Schwierigkeiten, unsere Jugendarbeit zu stören. Unsere Turnlehrer werden bestraft, wenn sie an jugendliche Personen unter 18 Jahren Unterricht erteilen. In einem Falle ist eine Geldstrafe von 100 auferlegt worden. Das betreffende Fräulein beschritt den Klageweg und wurde frei⸗ gesprochen. Gegen dasselbe Fräulein wurde aber bald nachher, ohne daß sich der Landrat um die Gerichtsentscheidung kümmerte, eine noch hoͤhere Geldstrafe festgesetzt, die wieder niedergeschlagen wurde. Aber das ist der Fluch der bösen Tat, daß sie fort⸗ zeugend Böses muß gebären. Der Landrat setzte noch ein drittes Mal eine Geldstrafe fest, und weil die Geldstrafe nicht gezahlt wurde, wurde das Fräulein in Haft genommen. Ich möchte den Minister bitten, einzugreifen, damit nicht ein weiteres Mal so ungesetzlich vor⸗ gegangen wird. Wir haben den Eindruck, daß die Behörden uns geistig und körperlich verkimmern wollen. Wir lassen uns aber unsere Rechte nicht nehmen. Für uns ist es ein Unrecht der schlimmsten Art, wenn die Behörden selbst nicht mehr die Gesetze respektieren. Wir denken gar nicht daran, uns von Preußen losreißen zu wollen. Solche Gedanken toben nur noch in dem Kopfe des Herrn Schifferer herum. Nur durch Gerechtigkeit werden Sie in Nordschleswig etwas erreichen.

Abg. Dr. Kaufmann (SZentr.): Entschuldigen Sie, daß ich Sie noch mit kurzen Worten belästigen muß. Der Minister hat am 10. Januar einen für die Geschicke der Volksschullehrerinnen denk⸗ würdigen Erlaß herausgegeben, wofür ich ihm im Namen der Volks⸗ schullehrerinnen Dank ausspreche. Der Erlaß hebt die bieherigen Prüfungsvorschriften auf und verfügt, daß die Bestimmungen für die Volksschullehrer sinngemäß auf die Volksschullehrerinnen an⸗ gewendet werden sollen. Dadurch können die Lehrerinnen drei Prüfungen ablegen: 1) die Lehrerinnenbefähigungsprüfung, 2) die Mittelschullehrerinnenprüfung, die bisher nicht für sie offen stand, und 3) die Rektorenprüfung, die ebenfalls früher nicht möglich war. Durch diese Verfügung sind ferner auch die Lehrpläne der Lehrerseminare auf die Lehrerinnenseminare übertragen worden. Der landwirtschaftliche Unterricht ist dabei, was außerordentlich zu begrüßen ist, durch den Unterricht in der Haushaltungskunde ersetzt worden. Fraglich erscheint es, ob es gut war, den Musikunterricht fallen zu lassen. Bedauern würde ich es, wenn die Ablegung der Prüfung für den technischen Unterricht erschwert würde. Wir wünschen eine Vermehrung der Volks⸗

schullehrerinnenseminare unter Berücksichtigung der konfessionellen Verhältnisse. Für den großen Bezirk Berlin und Umgegend müßte unbedingt ein katholisches Lehrerinnenseminar geschaffen werden. Seminare für höhere Lehrerinnen sind genug vorhanden. Dadur ist ein Ueberfluß an höheren Lehrerinnen vorhanden, so daß viele höhere Lehrerinnen zum Volksschuldienst übergegangen sind. Das ist an und für sich nur sehr zu begrüßen. Aber es bestehen doch viele Lücken in der Vorbildung der höheren Lehrerinnen für die Volksschule. Die Lehrerinnen dürfen gegenüber den Lehrern nicht zurückgestellt werden. Denn gerade eine unverheiratete Lehrerin ist in der Lage, ihre ganze Herzensfülle den Kindern zu schenken; in erzieherischer Hinsicht steht sie auf keinen Fall den Lehrern nach. Unseren Antrag über die weitere Ausbildung der Volksschullehrer möchte ich zur Annahme empfehlen. Es ist mir nicht recht verständlich gewesen, warum die Herren von der nationalliberalen Partei und von der Volkspartei gegen den Antrag. in der Kommission gestimmt haben. Die Schulen für schwach ver⸗ anlagte Kinder müssen konfessionell gestaltet werden; denn diese Schulen stehen den anderen Schulen rechtlich gleich. Von einem Religionsunterricht, der die konfessionellen Unterschiede verwischt, kann man sich nichts Gutes versprechen, wenn auch der Abg. Dr. Schepp einen solchen Unterricht befürwortet und gute Erfolge damit erzielt haben will. Gerade bei einem schwach veranlagten Kinde muß auf die religiöse Erziehung der Hauptwert gelegt werden. Den Ausführungen des Abg. Dr. Schepp uber die Simultanschule muß ich energisch widersprechen. Auch der Abg. Hackenberg hat sich ja für die konfessionelle Schule ausgesprochen, weil er der richtigen Ansicht ist, daß nur in einer konfessionellen Schule die Persönlichkeit des Lehrers sich voll ausleben könne. Das sei nötig, wenn ein wirklich erfolgreicher Unterricht gegeben werden solle. Die geistliche Ortsschulinspektion ist eine so wichtige Sache, daß sie nicht notwendig hat wie hier gesagt worden ist —, sich durch Hintertüren einzuschleichen, sondern sie kann ruhig durch das Hauptportal einziehen. Man darf sich nicht auf gesetzliche Be⸗ stimmungen aus einer traurigen Zeit, aus der Kulturkampfzeit, be⸗ rufen. Energisch muß ich die Verdächtigungen zurückweisen, daß die Forderung nach einer geistlichen Schulaufsicht ein Mißtrauen gegen⸗ über den Lehrern aussprechen soll. In den letzten 30, 40 Jahren ist der Einfluß der Kirche auf die Schule systematisch beschnitten worden. Die katholischen Kreisschulinspektoren sind fast ganz verschwunden. Jetzt geht man an die Ortsschulaufsicht heran. Wenn in großen Städten ein katholischer Geistlicher in der Schuldeputation sitzt, kann dieser etwa einen Einfluß auf die Schule ausüben? In Maven hatte die Schuldeputation einstimmig beschlossen, daß der Geistliche die Ortsschulinspektion behalten solle. Die Regierung hat sich aber nicht darum bekümmert, hat vielmehr die drei Hauptlehrer zu Rektoren gemacht und einen Herrn zum Ortsschulinspektor ernannt. Ein solches Vorgehen ist doch sicher unerfreulich. Wir lassen uns von keiner Partei in der Liebe zu unserer Jugend übertreffen. Darauf wird die allgemeine Besprechung geschlossen. Die Ausgaben für die Lehrer⸗ und Lehrerinnenseminare werden bewilligt, und folgende Resolution der Kommission wird angenommen: „Die Königliche Staatsregierung möge in Erwägungen ein⸗ treten, wie die Oberlehrerstellen an den Volksschullehrerseminaren in geeigneter Weise zu vermehren sind.“

Gegen 4 Uhr wird die weitere Beratung des Kultus⸗ etats auf Montag 11 Uhr vertag. 1

8 1 8 Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungsmaßregeln.

Tierseuchen im Auslande.

(Nach den neuesten im Kaiserlichen Gesundheitsamt eingegangenen amtlichen Nachweisungen.) 1) Ein Punkt in einer Spalte der Uebersicht bedeutet, daß in der betreffenden Nachweisung eine Angabe für diese Spalte nicht enthalten ist; ein Strich bedeutet, daß Fälle der betreffenden Art

nach den vorliegenden Angaben nicht vorgekommen sind. 2) Die Bezeichnung „Gehoͤfte“ schließt ein: Ausbrüche (Großbritannien), Ställe, W

(Norwegen), Bestände (Dänemark).

3) Die in der Uebersicht nicht aufgeführten wichtigeren Seuchen, wie Rinderp

eiden, Herden (Schweiz und Frankreich), Besitzer (Luxemburg und Niederlande), Ställe est, Rauschbrand, Wild⸗ und Rinderseuche, Tollwut, Lungenseuche, Schafpocken, Geflügelcholera, Hühnerpest, Büffel⸗

seuche, Hämoglobinurie usw. sind in der Fußnote nachgewiesen.

Milzbrand

Maul⸗ und Klauenseuche

Schafräude

5 . Schweineseuche ²) Rotlauf der Schweine ¹) einschließlich Schweinepest)

1 Zeitangabe. Bezirke Ge⸗

meinden

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Ge⸗ Gehöfte

Gehöfte Bezirke meinden

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Sperrgebiete ꝛc.)

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verseucht.

2 1

Oesterreich 2 Undahr. Kroatien⸗Slavonien

1““ Rumänien. Bulgarien. 8

Italien. Schweiz. 25

908

0 5 —₰

S

2

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85

bor SS98SSN2S; 8 55 5 S ;

16./2. 28/2. Januar 8 Februar 12 12

Dezember 1910 20 .

Luxemburg 12 Frankreich. ““ Norwegen . I1 Spanien. 6

Außerdem:

haupt verseucht; Italien 1 Geh. verseucht;

Wöchentliche, bezw. viermal im Monat erscheinende Nachweisungen.

10 10 44 .1116591 33 „8386 61 N11170 11 8 7 76 15487 1 15 861 8 * 2 . 5 16 5

5 4

8

V

16“] 61 . 1702 7 —— 10 4 42 12 88 19 8 Halbmonatli monatliche Nachweisungen. 411 11 6

33 34

Spanien 4 Bez., 8 Gem. überhaupt verseucht. Wild⸗ und Rinderseuche: Oesterreich 2 Bez., 2 Gem., 2 Geh. überhaupt verseucht. Tollwut: Oesterreich 16 Bez., 29 Gem., 35 Geh. überhaupt verseucht; Ungarn 46 Bez., 159 Gem., 164 Geh. überhaupt

verseucht; Serbien b. 1 Gem. verseucht; Rumänien 7 Bez., 7 Gem.,

6 Bez., 6 Gem. überhaupt, 1 Geh. neu verseucht; Frankreich 33 Bez., 86 Gem. neu verseucht; Lungenseuche: Frankreich 1 Geh. neu verseucht; Spanien 6 Bez., 10 Gem. überhaupt verseucht.

Schafpocken: Ungarn 12 Bez., 47 Gem., 120 Geh. überhaupt verseucht; Serbien a. 2 Bez., 3 Gem.,

haupt verseucht; . b. 2 Bez., 3 Gem. neu verseucht; Italien 1 Gem. verseucht;

1 Bez., 2 Gem., 2 Geh. überhaupt verseucht; Ungarn 8 Bez., 12

em., 17 Geh. überhaupt verseucht; Spanien 7 Bez., 25 Gem. überhaupt verseucht.

FeSete ³): Oesterre Beschälseuche: Rumänien 1 Bez., 8

¹ 28

8 10

’1 ’1 Rauschbrand: Oesterreich 2 Bez., 2 Gem., 2 Geh. überhaupt verseucht; Ungarn 24 Bez., 47 Gem., 50. Geh. überhaupt verseucht; Kroatien⸗Slavonien 2 Bez., 5 Gem., 10 Geh. über Schweiz 3 Bez., 4 Gem. neu verseucht; Frankreich 22 Bez., 56

Geh. neu verseucht; Norwegen 1 Bez., 2 Geh. überhaupt verseucht

verseucht; Kroatien⸗Slavonien 4 Bez., 8 Gem., 12 Geh. überhaupt

10 Geh. überhaupt verseucht; Bulgarien a. 2 Bez., 2 Gem., b. 6 Bez., 8 Gem. neu verseucht; Italien Spanien 15 Bez., 23 Gem. überhaupt verseucht.

b. 2 Bez., 4 Gem. überhaupt verseucht; Rumänien 8 Bez., 21 Gem., 59 Geh. über⸗ rankreich 3 Bez., 5 Geh. neu verseucht; Spanien 30 Bez., 110 Gem. überhaupt verseucht. em., 37 Geh. überhaupt verseucht; Spanie 6 Bez., 6 Gem. überhaupt verseucht