der die Regierung aufgefordert wird, mit der ungarischen Regierung über die Ergreifung von entschiedenen Maßregeln gegen die von derpreußischen Regierung angeordnete
Ausweisungen tschechischer Arbeiter aus Feenhe protestierte, kam es Wolff
8
.
Grey die Auskunft, daß die japanische
8 2
8 9
Einkünften des Jahres bestritten werden. würden nicht vor dem nächsten Dezember oder Januar auf Stapel gelegt werden, denn die Bauzeit betrage zwei Jahre und die Schiffe brauchten
32
mindert werden.
88” 18 *
8
darauf hinweisen, wie schädlich eine solche Politik wäre. England
werden sollten, müsse davon abhängen,
In der am 16. März unter dem Vorsitz des Staats⸗ ministers, Staatssekretärs des Innern Dr. Delbrück ab⸗ gehaltenen Plenarsitzung des Bundesrats wurde die Zustimmung zu Ausführungsbestimmungen des Gesetzes über den Absatz von Kalisalzen erteilt. Von der Beschlußnahme des Reichstags zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Friedens⸗ präsenzstärke des deutschen Heeres nahm die Versammlung Kenntnis. G
Anlage C zur Eisenbahnverkehrsordnung.
Auf Grund der Schlußbestimmung in der Anlage C zur Eisenbahnverkehrsordnung hat das Reichseisenbahnamt unterm 8. d. M. einige Aenderungen der Nr. Ia verfügt.
In den Eingangsbestimmungen „A. Sprengmittel. 1. Gruppe a) Ammoniaksalpetersprengstoffe“ sind die Vor⸗ schriften über die Zusammensetzung der Monachite I und II. geändert; ferner sind daselbst Gesteinssiegenite und der Wals⸗ roder Sicherheitssprengstoff A nachgetragen.
Das Nähere geht aus der Bekanntmachung in Nr. 11 des Reichsgesetzblatts vom 14. d. M. hervor.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „ vorgestern in Stagen auf Puloland (Borneo) eingetroffen und gestern von dort wieder in See gegangen.
S. M. S. „Eber“ ist in Puerto Cruz (Kanarische Inseln) eingetroffken und geht heute von dort nach Las Palmas (Kanarische Inseln) in See. 8 . 28
S. M. S. „Sperber“ ist gestern in Tanger eingetroffen und geht am 21. März von dort nach Daressalam in See.
1 Mecklenburg⸗Schwerin.
In der gestrigen Sitzung des Landtags hat die Land⸗ schaft, wie „W. T. B.“ meldet, die „Grundzüge“ der Regierungsvorschläge über eine Standesvertretung prinzipiell angenommen, und zwar nach den Erklärungen, die ihre Abgeordneten schon abgegeben haben. Sollte eine Ver⸗ ständigung mißlingen, so hält sie an ihren früheren Beschlüssen fest. Die Ritterschaft erklärt, sie halte prinzipiell an dem ständischen Standpunkte fest; sie wolle jedoch nach Möglichkeit dazu beitragen, daß etwas zustande komme, sie lehne daher die „Grundzüge“ der Regierung als Grundlage zu weiteren Verhandlungen nicht ab, behalte sich im einzelnen eine Einschränkung vor und betone schon jetzt, daß sie den vor⸗ gesehenen allgemeinen Wahlen und der Verteilung der Ab⸗ geordnetensitze nicht zustimme.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Budgetausschuß des österreichischen Abgeordneten⸗ hauses hat gestern, „W. T. B.“ zufolge, den Voranschlag zum Etat des Ministeriums des Innern unverändert an⸗ genommen und einen Antrag auf Streichung des Postens für die Dresdner Ausstellung abgelehnt. Der Ausschuß hat ferner eine von dem Abg. Kramarsch beantragte Resolution, in
Massenausweisung von österreichischen und ungari⸗ schen Staatsangehörigen in Verhandlungen zu treten, angenommen, die Worte „eventuell Retorsionsmaßregeln zu er⸗
greifen“ aber abgelehnt. Während einer Rede des Abg. Tomascheks, der gegen die
zu einem stürmischen Zusammenstoß zwischen den Deutschen Pacher, und Stransky einerseits und dem Sozialdemokraten Seliger andererseits. Der Zwischenfall, der durch einen beleidigen⸗ den Zwischenruf Seligers über die an den Wahlagitationen in Warns⸗ dorf teilnehmenden Prager deutschen Studenten hervorgerufen worden war, wurde dadurch beigelegt, daß der Vorsitzende die eiligten zur Ordnung rief. Großbritannien und Irland
In der gestrigen Sitzung des eerset. standen zu⸗ nächst einige Anfragen und darauf die Beratung des Flottenbudgets auf der Tagesordnung.
Nach dem Bericht des „W. T. B.“ erklärte der Staatssekretär des Auswärtigen Amts Sir Edward Grey in E1““ einer Anfrage über die türtischen Vorschläge, betreffend die Bagdadbahn, er könne über die türkischen Vorschläge, die vertraulichen Charakter trügen, im gegenwärtigen Zeitpunkt keine Mitteilung machen. — Auf die Anfrage des Lords Wlnterton (kons.), ob zwischen der englischen und der amerikanischen Regierung über die Bildung eines Gerichtshofes zur Beilegung von Streitigkeiten, den Präsident Taft an⸗ gekündigt habe, Vorbesprechungen stattgefunden hätten, erwiderte Grey, dies sei nicht der Fall, und fügte hinzu, diese Frage werde erst in Betracht kommen, wenn die Vorschläge zur Erwägung gf. langten. — Auf eine weitere Frage Wintertons, ob die Bereitwilligkeit der englischen Regierung zu einem Abkommen mit einer anderen Großmacht zum Zwecke der Ueberweisung aller Streitfragen an ein Schiedsgericht der japanischen ve worden sei, gab
egierung über die Ansichten der englischen Regierung unterrichtet sei.
Hierauf ergriff der Erste Lord der Admiralität Me Kenna das Wort zur Erläuterung des Flottenbudgets und erklärte, die Debatte am Montag mache es unnötig, sich heute mit der internationalen Politik zu beschästigen. Das Budget belaufe sich auf 44 Millionen Pfund, und man könnte an einem solchen Zeitpunkt eine Anleihe vielleicht für ein nützliches Hilfsmittel halten, aber er müsse
Flotte nicht nur ein ahr solange, als das britische Reich be⸗ aber nur ein zeitweiliges Hilfs⸗ Bedürfnissen der Flotte müßten daher aus den Die fünf neuen Schiffe
müsse eine allen überlegene
erhalten, sondern .. Eine Anleihe sei -. Das Budget entspreche den
ein Jahr, und seine Ausgaben
erst im Frühjahr 1914 vollendet zu sein und in Dienst gestellt zu werden. Großbritannien würde dann 30 Schiffe vom Dreadnought⸗Typ besitzen. Vom Vor⸗Dreadnought⸗Typ seien 48 Schiffe vorhanden; ihre Zahl werde in diesem Jahre auf 41 ver⸗ Wieviel Schiffe im Jahre 1913/14 ausrangiert wieviel ältere Schiffe die fremden Flotten beibehalten würden. Er hoffe je⸗ doch, die Admiralität werde im Stande sein, die Zahl dieser Schiffe weiter herabzusetzen, je nachdem weitere Dreadnoughts in Dienst gestellt würden. Er fordere die Bewilligung von 44 Millionen, während in dem deutschen Budget für das kommende Jahr nur
E1“ 11““ 8 8 1.
deutschen System würden verschiedene Forderungen für die Flotte in verschiedenen Budgets der Zivilverwaltung aufgeführt, und wenn man diese von dem englischen Budget abziehe, so erhalte man nur 33 ½ Millionen zum Vergleich mit den 22 Millionen des deutschen Budgets. Auch dies sei noch eine harte Forderung für die Steuerzahler. Aber das Haus müsse bedenken, daß es von überwiegender Wichtigkeit sei, die Suprematie der Flotte zu behaupten und die Hochstraße des Ozeans offen zu halten. England müsse eine angemessene Ueberlegenheit behaupten, und es sei seine Pflicht, das Haus um die erforderlichen Gelder zu bitten. Was die Vermehrung des Mannschaftsstandes der Flotte um 3000 Mann anlange, so entspreche diese den Anforderungen des Krieges, gehe aber auch nicht darüber hinaus. MeKenna erklärte zum Schluß, er fühle sich nicht kräftig genug, näher auf die Einzel⸗ heiten des Budgets einzugehen. (Es ist dies augenscheinlich die Folge davon, daß er kürzlich eine Blinddarmoperation überstanden hat.)
Der Abg. Lee (kons.) führte aus, heeg Mesennas Schluß⸗ folgerungen bezüglich der Absicht Deutschlands im Jahre 1909 zu pessimistef gewesen seien, hätte England doch die vier Eventualschiffe nötig gehabt. Ohne sie würde Englands Stellung heute fast ver⸗ zweifelt sein. Die nationale Sicherheit erfordere, daß in diesem wie in dem nächsten Jahre sechs Dreadnoughts auf Stapel gelegt würden. — Der Abg. George Roberts (Arbeiterpartei) beantragte eine Resolution, daß das diesjährige Flottenbudget durch Ereignisse im Auslande nicht gerechtfertigt und eine e des Friedens und der nationalen Sicherheit sei. Er erklärte, das Budget für 1909/10 sei auf einer Panik und auf einer irrtümlichen Auffassung begründet. Hoffentlich würde Sir Edward Grey seine Friedensbestrebungen nicht auf die Vereinigten Staaten beschränken, sondern danach trachten, Deutschland und Frankreich in einen Bund des Friedens zu bringen. — Der Abg. Balfour erklärte, man müsse den harten Tatsachen der Lage im Jahre 1914 ins Gesicht sehen. Großbritannien würde dann nur 29 Dreadnoughts in den europäischen Gewässern besitzen und der Dreibund ebenfalls 29. ngland habe besondere Schwierigkeiten in den europäischen Gewässern, denn es müsse sowohl in den heimischen Gewässern wie im Mittelmeere die Suprematie aufrechterhalten. Mindestens drei Seemächte außer der Türkei bauten dieselbe Klasse von großen Schiffen wie Großbritannien. Man dürfe das nicht übersehen und müsse Englands Stellung gegenüber allen möglichen Feindseligkeiten in Er⸗ wägung ziehen. Mit Bezugnahme auf Greys Worte am Montag über einen allgemeinen Schiedsgerichtsvertrag mit Amerika sagte Balfour, er sehe nicht ein, warum ein solcher Vertrag nicht abgeschlossen werden könne. Was auch andere Länder tun möchten, diche beiden erkennten an, soweit sie betroffen würden, daß der Friede ihr größtes Interesse sei. Wenn Grey Mittel finden könne, irgend eine Vereinbarung dieser Art durchzuführen, so würde er keine wärmeren Freunde dieser Politik finden, als die Unionisten. Großbritannien habe niemals Schiffe gegen Amerika gebaut und baue sie auch jetzt nicht. Dieses Budget sei entworfen, um der Lage in Europa zu entsprechen, und er könne in den Ausführungen Greys nichts sehen, was die Höhe der Ausgaben für die Flotte direkt be⸗ rühre. Auf Großbritannien ruhe nicht nur die Last der politischen Situation in Europa, sondern auch die der Notwendigkeit, den Handel zu schützen. Das vorgelegte Budget sorge in ungenügender Weise für den Stand der Schlachtschiffe im Jahre 1914 und für den Schutz der langen Verbindungslinien des Handelsverkehrs. — Der Erste Lord der Admiralität MeKenna unterbrach Balfours Rede mit der Bemerkung, daß die Admiralität seiner Schätzung der voraussichtlichen Stärke des Drei⸗ bunds im Jahre 1914 nicht zustimme. — Dillon (Nationalist) er⸗ klärte, solange die große Verfassungsfrage nicht ihre Erledigung ge⸗ funden, wäre seine Partei bereit, die Vorschläge hinunter zu schlucken, denen sie sch sonst energisch widersetzen werde. Er sei außerordent⸗ lich skeptisch, was die unmittelbare Wirkung eines Schiedsgerichts⸗ vertrags mit Amerika auf Hie Küstungen angehe, selbst wenn man ihn abschließen könne. Die Opposition sage jetzt, daß England gegen den Dreibund bauen müsse. Sei aber die
pposition bereit, mit dem Dreibund zu kämpfen? Mit Bezugnahme auf Pichons Erklärung über militärische Besprechungen sagte Dillon, es herrsche das unbehagliche Empfinden vor, daß irgend eine Allianz mit Frankreich bestehe. Er sei nicht sicher, daß, wenn es Groß⸗ britannien gelänge, den Vertrag mit Amerika abzuschließen, dieser nicht zum Vorwand für weitere? lftiäten zur See genommen werden und nicht die unmittelbare Wirkung haben würde, ein neues Flotten⸗ gesetz Deutschlands hervorzurufen.
Das Haus lehnte die Resolution Roberts, daß das Flottenbudget durch die Ereignisse im Auslande nicht gerecht⸗ fertigt und eine Bedrohung des Friedens und der nationalen Sicherheit sei, mit 216 gegen 54 Stimmen ab.
Frankreich.
Der Präsident Fallières hat, „W. T. B.“ zufolge, den Generalissimus der Armee Michel beauftragt, nach Rom zu gehen, um dem König Viktor Emanuel die Glückwünsche Frankreichs zum fünfzigjährigen Jubiläum der Einigung Italiens zu überbringen.
Die Deputiertenkammer verhandelte in der gestrigen Sitzung über den Gesetzentwurf, betreffend die Verleihung rückwirkender Kraft für die —” der Eisenbahner. Der Entwurf regelt die Pensionierung der vor 1910 in Dienst getretenen Eisenbahner nach der Anzahl⸗ der Dienstjahre, während das Gesetz von 1909 keine rück⸗ wirkende Kraft besaß. Wie „W. T. B.“ meldet, wurde der erste Artikel des Gesetzentwurfs angenommen und darauf die Sitzung auf heute vertagt.
“ Spanien.
Die Deputiertenkammer verhandelte gestern weiter über den Gesetzentwurf, betreffend die Verwaltung und Rechnungslegung von Staatsgeldern.
Wie „W. T. B.“ meldet, erklärte der Ministerpräsident Canalejas, daß er geneigt sei, den Artikel 24, der sich auf die Feit h. die Zulassung von Reklamationen gegen den Anfall von in den Staatsbesitz übergegangenen Gütern der Toten Hand bezieht, zurückzuziehen, um ihn redaktionell umzuändern.
Griechenland.
Die Deputiertenkammer hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern der Regierung mit 211 gegen 6 Stimmen das Vertrauen ausgesprochen.
“ Asien.
Die indische Regierung hat im gesetzgebenden Rat einen Gesetzentwurf als Ersatz für das Gesetz gegen aufrührerische Versammlungen eingebracht, das am 31. März außer Kraft tritt. Wie „W. T. B.“ meldet, gestattet das neue Gesetz, in Versammlungen rein politische Angelegenheiten zu erörtern, falls dies nicht Er⸗ regung und Friedensbruch zur Folge hat, und schränkt in gewisser Hinsicht die Macht ein, die den lokalen Aufsichts⸗ behörden durch das außer Kraft tretende Gesetz gegen auf⸗ rührerische Versammlungen verliehen war. Der Vertreter der Regierung erklärte, daß gegenwärtig noch eine organisierte Revolutionspartei vorhanden sei, nur wenige jedoch von der Art ihres Vorgehens etwas wüßten.
Einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ zufolge kündigt die chinesische Regierung an, daß s
22 Millionen angefordert würden; aber das Haus werde bei näherer
Prüfung der Budgets finden, daß die Finanzsysteme Deutschlands und
kach dem
sie bereit sei, der Errichtung der Konsulate unabhängig von der Regelung der Zölle zuzustimmen, die
gesondert erörtert werden könne, und ebenso die unangenehm
empfundenen Monopole einzuschränken. Die Bevölkerung be⸗ ginnt sich, obiger Quelle zufolge, mit der Führung der aus⸗ wärtigen Politik unzufrieden zu zeigen. Die LöA11 lungen verlangen dringend die Einberufung einer Reichs⸗ versammlung. Die zahlreichen Anhänger von Muanschikai be⸗ fürworten seine Rückberufung. ö1XX“
Afrika. 9 8 Zu Ehren des deutschen Kronprinzen und der Kron⸗ prinzessin gab der Khedive vorgestern abend ein Galadiner. Gestern wohnte das hohe Paar einer Uebung der ägyptischen Truppen bei. Nach Meldungen des „W. T. B.“ aus Fes vom 13. d. M. dauert die Bewegung unter den Berabern fort und pflanzt sich in der Richtung gegen Ras eb Ma fort. Am 12. März steckten die Rebellen das zwei Meilen von Fes entfernt liegende Nzaba⸗Faradji in Brand, wurden aber von der unter dem Befehl Ben Djilalis stehenden Mahalla in der Richtung auf Doniat zurückgeworfen. Die Beraber verhalten sich abwartend. Die Nachrichten von der Mahalla des Majors Mangin lauten gut, es finden andauernd Unterwerfungen statt. Wie ferner aus Fes berichtet wird, war die Stadt am 12. d. M. von aufrührerischen Mterleuten belagert, die bis dicht an die Mauern heranritten und den Palast des Sultans beschossen. Es entstand eine große Panik. Der Sultan traf bereits Vorbereitungen zur Flucht, doch gelang es, nach heftigem Kampf den Angriff des Mterstammes zurück⸗ zuschlagen.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— Die heutige (150.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück und der Staats⸗ sekretär des Reichsschatzamts Wermuth beiwohnten, eröffnete der Präsident Graf von Schwerin⸗Löwitz mit folgender Ansprache, die die Mitglieder des Hauses und des Bundesrats stehend anhörten:
Meine Herren! Heute vor 50 Jahren ist der italienische nationale Einheitsstaat begründet worden und das ganze italienische Volk feiert heute die Begründung des Vereinigten Königreichs Italien. Das deutsche Volk wird an dieser Feier des ihm verbündeten und befreundeten italienischen Volkes den leb⸗ haftesten Anteil nehmen. Ich habe mir deshalb gestattet, im Namen des Reichstags an den Herrn Präsidenten der ttalienischen Deputiertenkammer Marcora ein Telegramm folgenden Inhalts heute morgen zu senden: „Aus Anlaß des heutigen Jubiläums des dem Deutschen Reich verbündeten Königreichs Italien spreche ich Ihnen, Herr Präsident, und der Deputiertenkammer die herzlichste Anteilnahme des deutschen Reichstages aus. Der Präsident des deutschen Reichstages.“ (Wiederholter Beifall.) Meine Herren, Ihr Beifall zeigt mir, daß ich mit dieser Kundgebung in Ihrem Sinne gehandelt habe. Ich stelle das mit Befriedigung fest. (Erneuter Beifall).
Hierauf wurde die Spezialberatung des Etats für das⸗ Reichsamt des Innern im Ordinarium der Ausgaben bei den „Allgemeinen Fonds“ fortgesetzt
(Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (51.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister der geistlichen ꝛc. Ange⸗ legenheiten D. von Trott zu Solz beiwohnte, wurde zu⸗ nächst der schleunige Antrag der Abgg. Borgmann (Soz.) und Genossen:
„die Regierung zu veranlassen, das gegen den Abg. Dr. Lieb⸗ knecht vor dem Ehrengericht der 1vee in Berlin schwebende Verfahren für die Dauer der gegenwärtigen Session einzustellen“,
auf Antrag des Abg. Hirsch⸗Berlin (Soz.), dem sich der Abg. von Brandenstein (kons.) anschloß, der Geschäftsordnungs⸗ kommission überwiesen.
Sodann wurde die Beratung des Etats des Mi⸗ nisteriums der geistlichen und Unterrichtsangelegen⸗ heiten bei dem Kapitel der höheren Lehranstalten fort⸗ gesetzt.
Auf Antrag des Abg. Freiherrn von Zedlitz (freikons.) werden die hierzu vorliegenden Anträge Fritsch (nl.) betreffs Gö der Stenographie als fakultativen Unterrichtsgegen⸗ standes, Ernst (fortschr. Volksp.) auf Aufhebung der Vorschulen und Aronsohn (fortschr. Volksp.) auf Neuordnung des Privat von der Beratung vorläufig bis nach Erledigung es Etats ausgeschlossen.
Bei dem ersten Titel der dauernden Ausgaben für die höheren Lehranstalten auf Grund rechtlicher Verpflichtung findet eine allgemeine Besprechung statt.
Hierzu liegt die auf Antrag des Abg. Viereck (freikons.) von der Budgetkommission gefaßte Resolution vor:
„die Regierung zu ersuchen, bei einer Anzahl von höheren Lehranstalten der östlichen Provinzen die russische Sprache an Stelle der englischen als fakultativen Unterrichts⸗ gegenstand in den Lehrplan aufzunehmen“.
Ferner beantragt der Abg. Viereck mit Unterstützung von Mitgliedern aller bürgerlichen Parteien folgende Resolution: „die Staatsregierung zu ersuchen, auf das Pensions⸗ dienstalter der Oberlehrer, soweit eine Dienstzeit vor dem Jahre 1892 in Betracht kommt, diejenige Hilfslebhrer⸗ dienstzeit als öffentlichen Schuldienst anzurechnen, während deren der Hilfslehrer, ohne anderweit angestellt zu sein, an einer öffentlichen höheren Lehranstalt fortlaufenden Unterricht erteilt hat, auch wenn die 889 der wöchentlichen Unterrichtsstunden weniger, als 12 betragen hat“. Abg. Dr. von Savigny (Zentr.) berichtet über die Ver⸗ handlungen der Budg etfmmese üͤber die höheren Lehranstalten. Abg. Siebert (kons.): Der Volksmund hat einen Ausdruck geprägt, den ich für schön und wahr halte: „Die Frau ist die beste, uͤber die am wenigsten geredet wird.“ So könnte man auch von den höheren Lehr⸗ anstalten sagen: je weniger über sie geredet wird, um so besser wird es für sie sein. Neues läßt sich über diese Frage kaum noch vor⸗ bringen. Von vornherein darf ich namens meiner politischen Freunde sagen, daß wir unsere Zustimmung geben können zu dem Stand⸗ punkt, den der Minister und die Unterrichtsverwaltung i der Kommission eingenommen haben. Wir glauben, daß Zunahme der Reformschulen — 5 staatliche und 8 nichtstaat liche — im Verhältnis zu der Zunahme der höheren Leh⸗ anstalten im allgemeinen keine zu große ist. Wir stehen nach wie vor auf dem Standpunkt, daß das humanistische Gymnasium in seiner Eigenart mit seinen besonderen Zwecken und Aufgaben unversehrt beibehalten werden muß. Der Minister hat ja mit⸗ geteilt, daß in den Reformschulen, wenigstens in den höheren Klassen, im wesentlichen der humanistische Lehrplan zugrunde gelegt ist. Ich würde mich von meinem Standpunkt aus nicht abb
415
durch Zuschriften, in denen gegen das humanistische Gymnasium zu Felde gezogen wird; allerdings dürfen die Anforderungen an die Gymnasien
nicht überspannt werden. Es ist jetzt kaum noch möglich, den Lehr⸗ stoff in der gegebenen Zeit zu bewältigen und zu individualisieren. Deshalb kann ich mich auch nicht dafür aussprechen, daß die Bürger⸗ kunde als besonderer Lehrgegenstand dort eingeführt wird. Andere Fächer, wie deutsche Geschichte usw., bieten Anhaltspunkte genug, um diese Materie nebenbei zu behandeln. Die deutsche Jugend allzu⸗
früh in die politischen Kämpfe einzuführen, kann ich nicht billigen.
Schwurgerichts⸗ und Stadtverordnetenverhandlungen sind Angelegen⸗ heiten, die die Jugend erst später beschäftigen müssen. Ich kann dem Minister auch darin beistimmen, daß er sich gegen Sonder⸗ schulen oder ⸗klassen für hervorragend befähigte Schüler ausgesprochen hat. Unsere Schulen sind für einen allgemeinen Durchschnitt bestimmt, es muß mancher Ballast mitgeschleppt werden, es werden in die höheren Lehranstalten mitunter auch Kinder hineingezwungen, denen es schwer wird; es ist ja auch menschlich begreiflich, wenn die Eltern alles versuchen, daß ihre Kinder fortkommen. Durch die
DSonderklassen würde ein Teil der Schüler eine besondere Stellung
erhalten, und es ist auch bedenklich, der Allgemeinheit der Schule die
guten Kräfte zu entziehen. Denn gerade die guten Schüler bilden einen Ansporn für die weniger guten; in dem gegenseitigen Ausgleich
liegt der Wert unserer Schuleinrichtungen. Es ist auch schwer zu
entscheiden, wer von den Schülern in eine solche Klasse hineingehört; im praktischen Leben leistet mancher nachher das nicht, was man von ihm als Musterschüler erwartet hatte.
(Schluß des Blattes.)
Statistik und Volkswirtschaft.
den deutschen Börsen im Jahre 1910 zum Börsen⸗ handel zugelassenen Wertpapiere. Die Verzeichnisse der an den deutschen Börsen im Jahre 1910 zum Börsenhandel zugelassenen Wertpapiere sind im I. „Vierteljahrs⸗ hefte zur Statistik des Deutschen Reichs“, Jahrgang 1911, ver⸗ öffentlicht. Diesen Verzeichnissen ist eine zusammenfassende Auf⸗ ftellung über die in den Jahren 1901 bis 1910 zugelassenen Wert⸗ papiere nach ihrem Nennwert angefügt, soweit diese überhaupt zum ersten Male an einer deutschen Börse zur Zulassung gelangt sind, also unter Ausscheidung der in demselben oder einem vorhergehenden Fähse bereits an ciner anderen Börse zugelassenen Papiere derselben Emission. säßm Jahre 1910 sind zum Börsenhandel in Millionen Mark der Nennwerte zugelassen worden an inländischen Wertpapieren im ganzen 2756,8, darunter Staatsanleihen 603,8, Anleihen von Provinzen, Städten usw. 363,7, Pfandbriefe von Landschaften usw. 174,2, Pfandbriefe von Hypotheken⸗ und Grundkreditbanken 779,5, Bankaktien 193,2, von Verkehrsgesellschaften aller Art Aktien 7,0 und Obligationen 29,1, von Terraingesellschaften Aktien 7,2 und Obli⸗ gationen 1,6, von Versicherungsgesellschaften Aktien 18,0, von Kolonial gesellschaften Aktien 3,0, von industriellen Unternehmungen aller Art Aktien 411,5 und Obligationen 165,0 Millionen Mark, ferner an ausländischen Wertpapieren im ganzen 2242,0, darunter Staats⸗ anleihen 1103,3, Anleihen von Provinzen, Städten usw. 44,0, Pfand⸗ briefe von Hypothekenbanken 4,0, Bankaktien 153,9, Eisenbahnaktien 32,1, Eisenbahnobligationen 718,4, Industrieaktien 67,0, Industrie⸗ obligationen 18,4 Millionen Mark.
Zur Arbeiterbewegung. Eiine zahlreich besuchte Mitgliederversammlung der in Reise⸗ artikeln und im Portefeuillefach beschäftigten Sattler Groß⸗
Berlins und der Umgegend, organisiert im „Verband der Sattler’,
beschloß, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, gestern abend, den noch bis um 30. Juni 1911 Geltung habenden Tarif zu kündigen und Neu⸗ forderungen aufzustellen, deren wichtigste sind: Neunstündige Arbeits⸗ zeit; Mindeststundenlöhne, die sich für die männlichen Arbeiter zwischen 45 und 62 ₰ bewegen und für weibliche zwischen 17 und Ferner eine Lohnzulage von 10 v. H. für alle Akkord⸗ und Zeitlohnarbeiter und ⸗Arbeiterinnen. Tarifdauer bis 30. Juni 1914.
Fine Kommission wurde beauftragt, den Tarifentwurf der „Ver⸗
einigung der Lederwaren⸗ und Reiseartikelfabrikanten“ zu unterbreiten. . Der Arbeitgeberverband für das Baugewerbe in Düsseldorf hat, wie die „Köln. Ztg.“ mitteilt, mit den Stukkateuren und Pliesterern einen neuen, zwei Jahre geltenden Tarif bei erhöhten Löhnen abgeschlossen. 5 1 Bei der gestern vorgenommenen Urabstimmung der Zahlstelle Breslau des Deutschen Holzarbeiterverbandes wurde, wie „W. T. B.“ meldet, mit Dreiviertelmehrheit beschlossen, die Arbeit am Montag wieder aufzunehmen. 1 Aus Hamburg wird der „Köln. Ztg.“ telegraphiert: Die Ver⸗ handlungen über einen neuen Tarifvertrag im Tischlergewerbe find jetzt gescheitert, da der Schutzverband der Arbeitgeber den als Ultimatum gefordertern paritätischen Arbeitsnachweis endgültig ab⸗ gelehnt hat. Die dortige Sraßenbahnverwaltung teilt dem⸗ selben Blatte mit, daß der Aufsichtsrat eine Gehaltserhöhung für die Schaffner und Führer um 5 ℳ monatlich sowie eine Verkürzung der Dienstzeit bewilligt habe. 3 In Lübeck haben, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, die Tapezierer⸗
gehilfen den Lohntarif gekündigt. Sie verlangen eine Hersbsegeng der Arbeitszeit auf 53 Stunden wöchentlich und entsprechende Lohn⸗ erhöhung.
(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Dritten Beilage.)
Kunst und Wissenschaft.
STie Königliche Akademie der Wissenschaften hielt am 9. März unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Vahlen eine Gesamtsitzung, in der Herr Schmidt über dramatische Entwürfe Ludwig Uhlands las. Nach einer Gruppierung, wobei die Nibelungenskizze gestreift wurde, erörterte er den ersten, schwächlichen und den letzten, bedeutenden Versuch an Stoffen aus der romanischen Poesie: Francesca da Rimini, Bernardo del Carpio. — Vorgelegt wurden zwei neu erschienene Teile der Ergebnisse der Planktonexpedition der Humboldtstiftung: Band II Fe, enthaltend die Heteropoden von P. Schiemenz, und Band III Lc, enthaltend die Foraminiferen (Thalamophoren) von L. Rhumbler. Teil I. Kiel und Leipzig 1911.
Am 13. März tagte in Berlin eine außerordentliche Plenar⸗ versammlung der Zentraldirektion des Kaiserlichen Archäologischen Instituts, zu der die auswärtigen Mitglieder Geheimer Hofrat Professor Dr. Fabeleins aus Freiburg i. Br., Geheimer Regierungsrat Professor Dr. Loeschcke aus Bonn, Professor Dr. Winter aus Straßburg i. Els. und Professor Dr. Wolters aus München erschienen waren. 1 A. P. In der Märzsitzung der Gesellschaft für Erdkunde sprach der Professor Dr. “ Schulze aus Jena über die Deutsche Grenzexpedition in Neu⸗Guinea, an der er teil genommen hat. Erst vor etwa drei Wochen nach der Heimat zurück⸗ gekehrt, entschuldigte der Redner sein Kommen „mit leeren Händen’“, nämlich ohne die übliche Begleitung des Vortrags durch Lichtbilder, mit dem Umstande, daß die Negative zahlreicher von ihm anf⸗ genommener Photographien noch wohlverwahrt in Kisten ruhten und erst entwickelt und geordnet werden müßten; er bitte deshalb, seinen Vortrag nur als vorläufigen Bericht anzusehen, und sei bereit, jetzt notgedrungen Versäumtes künftig nachzuholen. Was aus der genannten Brsache dem Vortrage an Uenseitendem Anschauungsmaterial abging, das ersetzte der Redner jedoch durch große Anschaulichkeit seiner
Schilderungen, die sich manchmal nach Form, Vortragsweise und 81 “ 8
nhalt zu dichterischem Schwung erhoben und manchen Hörer zu der Erwägung dich Fälch veranlaßt haben mögen, ob ein von Lichtbildern begleiteter Bericht eigentlich der vom Redner gewählten Form vor⸗ zuziehen sei. Denn ein Vortrag der ersteren Art wird leicht zu einem Mosaikbilde, dessen verschiedene Glieder aber nicht immer passend nebeneinander liegen, sondern gedanklich erst zum Gesamtbild gestaltet werden müssen, was dem Eindruck schadet. Vielleicht empfiehlt es sich künftig allgemein, Vorträge von Lichtbildern nicht begleiten, sondern gefolgt werden zu lassen. , b Die Grenzexpedition hatte den Auftrag, die 1885 bei der Teilung Neu⸗Guineas zwischen Deutschland, England und Holland, die unserem Vaterland ein Gebiet vom dritten Teil seines eigenen Umfanges ein⸗ trug, nur ganz roh bestimmte Westgrenze gegen den holländischen Anteil den wirklichen Bodenverhältnissen entsprechend zu ordnen. Im Verein mit den niederländischen Vertretern wurde im Norden am Humboldthafen der Anfang gemacht, nachdem man über einen Plan, wie vorzugehen, Abrede getroffen und ein beträchtliches Personal an Trägern für Gepäck, Proviant, Instrumente, Zelte ꝛc. angeworben hatte. Diese im wesentlichen aus Ein⸗ geborenen bestehende Begleitung erwies sich im Lauf der Zeit ungleich weniger zuverlässig als die von den Holländern aus Borneo für den Zweck angeworbenen Dajaks, deren vorzügliche Eigenschaften für die Aufgaben der Expedition später in die Erscheinung traten. Von der 270 km langen Westgrenze waren damals auf deutscher wie nieder⸗ ländischer Seite nur die ersten 10 km am Meere oekannt; aber man wußte beiderseitig doch so viel von dem Innern, daß für Sicherstellung des Unterhalts der Expeditionsteilnehmer durch Einrichtung eines geordneten Etappendienstes gesorgt werden müßte, da von den in armseligen Ver⸗ hältnissen und spärlich über das Land verteilt lebenden Eingeborenen auf Lieferung von Lebensmitteln nicht gerechnet werden durfte und eben⸗ sowenig von der Tier⸗ und Pflanzenwelt namhafte Hilfe für die Ver⸗ proviantierung zu erwarten war; denn außer Wilds 1 Kasuaren und Krontauben gab es wenig Jagdbares. Andererseits war es un⸗ erläßlich, ein großes Personal mitzunehmen, da Papuas wie Mela⸗ nesier sich größere Lasten als 30 Pfund zu tragen weigern und auch kaum imstande sind, bei dem Fehlen von Weg und Steg und der Schwerdurchdringlichkeit des Urwaldes mehr zu leisten. Schon die ersten Tage des Varstoßes nach Süden waren sehr beschwerlich, da das Randgebirge, ein nach der Küste in mehreren Terrassen steil abfallendes, sehr zerklüftetes Korallenriff, zu über⸗ steigen war. Hier wie später mußte mit Axt und Buschmesser bäufig erst durch den Urwald Bahn gebrochen werden. Für diese Mühselig⸗ keiten und die Schwierigkeiten der Orientierung in dem für alle Europäer der Expedition gänzlich unbekannten, auch von zahlreichen, kraus verzweigten Wasserläufen durchschnittenen Lande belohnten aber reichlich die Mannigfaltigkeit und Herrlichkeit des Pflanzenwuchses, die Palmen, die wunderbaren Schlinggewächse, die ganze Büsche bildenden gelben Orchideen, die über alle Begriffe üppige Vegetation an den Flußrändern. Dörfer der Eingeborenen wurden nur wenige angetroffen. Sie bestanden aus 4, 5 bis höchstens 15 Hütten. Eine anscheinend mystische Vorstellung läßt die Eingeborenen ihre Wohnungen immer nur auf den Höhen, nie im Tal auf⸗ schlagen und auch dann noch auf hohen Pfählen stehend und nur mittels beweglicher Leitern erreichbar, die von oben eingezogen werden können. Kein Dorf ist ohne ein in der Krone des höchsten benachbarten Baumes angebrachtes Wachthaus, sodaß der Eindruck eines beständigen Kriegszustandes der Eingeborenen unter sich unab⸗ weisbar ist. Obgleich die Kämpfe nur mit Speer und Bogen geführt werden können, sind in den Wänden der Pfahlbauten Schießscharten und engg,geeen Schutzkörbe aus Rohr als besondere Schutzwehr an⸗ gebracht. Eine wenig angenehme Einwirkung erfahren, vornehmlich in der Nähe von Bächen und Flüssen, die Geruchsorgane durch einen feinen, die Luft EEö sgeruch, eine Folge der massenhaften Vermoderung abgestorbener Bestandteile dieser überreichen Flora und Fauna. Daß auch die letztere hier ein Uebermaß von Leben, namentlich der niederen Tiere, hervorbringt, erfuhr die Expedition bald an der entsetzlichen Plage der selbst von den Bäumen herabfallenden Blutegel, denen die eingeborenen nackten Träger in einem Grade ausgesetzt waren, daß dieser Umstand schließlich mitbestimmend zum Aufgeben der Expedition wurde. Die Ergebnisse waren ziemlich unbefriedigend. Man hatte zwar 4—5 bis 800 m hohe Parallelketten festgestellt, aber mit Sicher⸗ heit noch nicht die als natürliche Gebietsgrenze gesuchte Wasserscheide gefunden zwischen den nach Norden in das holländische Gebiet und den nach Süden zum Kaiserin Augustafluß strömenden Gewässern. Doch der Proviant drohte auszugehen und, die Leiden der Träger ver⸗ schärfend, stellte sich auch die Beri Beri⸗Krankheit ein, — so beschloß man die Rückkehr zum Humboldthafen. Sie wurde mit möglichster Vermeidung der Niederungen auf einem anderen Wege über hohe Gebirge angetreten, weil hier die geschilderten Leiden geringer waren. Nach etwa Monatsfrist am Meere wieder angelangt, wurde nun ver⸗ einbart, zu versuchen, auf dem der Grenze nicht fern und ihr auf deutschem Gebiet annähernd parallel strömenden Kaiserin Augustafluß sich dem Südpunkt der deutsch⸗holländischen Grenze zu nähern und von hier aus das Grenzberichtigungswerk in dem vereinbarten Sinne zu fördern. Der Strom, der etwa die Länge der Elbe besitzt, ist in seinem 4⸗ bis 500 m breiten Unterlauf mit Dampfern von 4 ½ m Tiefgang befahrbar, später konnte auf eine weite Strecke aufwärts eine mitgeführte Barkasse benutzt werden und, als auch diese nicht mehr benutzt werden konnte, wurde zu einer kleinen Flottille von Ruderbonten Zuflucht genommen, in deren geschickter Führung durch die gefährlichsten Stromschnellen sich vor den Ein⸗ geborenen die Dajaks aus Borneo sehr auszeichneten. Im Vergleiche mit den über die Bevölkerung des Landes auf dem ersten Teil der Expedition gewonnenen Eindrücken fühlte man sich im Gebiet des Kaiserin Augustaflusses wie in einer anderen Welt. Die ziemlich zahlreich an den Rändern des Stromes — von Ufern kann man bei der Ausdehnung und dem immer wechselnden Bereich der häufigen Ueberschwemmungen kaum reden — angesiedelte Be⸗ völkerung steht auf einer viel höheren Stufe als jene vorher kennen⸗ gelernte armselige Gebirgsbevölkerung. Davon legen ihre häufig aus Stein F. und, wo von Holz erbaut, mit geschweiften Giebeln und ziemlich geschmackvoller Schnitzarbeit gezierten Häuser unzweifelhaft Zeugnis ab. Auch andere Betätigungen eines gewissen Kunstgeschmacks sprechen zugunsten dieser Bevölkerung. Hierher gehört, daß sie die Schädel ihrer verstorbenen Familienhäupter durch mittels Lehm oder Ton ausgeführte Modellierarbeit, durch Einsetzen künstlicher Augen und Bekleiden mit Perücken aus Menschenhaar wieder lebensähnlich gestalten und sie in dieser Form in den Häusern verwahren. Vor allem aber befreite diese ziemlichdicht sitzende Bevölkerung die Expedition von der Sorge, wie an der ersten Stelle durch Proviant⸗ mangel Hunger zu leiden; denn diese Eingeborenen kultivierten Sago⸗ palmen, Bananen u. a. So vollzog sich im Anfang die Bergfahrt auf dem Strome ohne Gefahren und Entbehrungen und unter den freundlichsten Eindrücken. Die Schwierigkeiten begannen erst, als man an den Pforten des Gebirges die mitgeführten zahlreichen Kanus zu besteigen atte, in dem engeren, von jungem Gebö gesäumten Flußbett durch abbröckelnde Ufer gefährdet und durch Moskitos schwer belästigt wurde. Die Szene änderte sich heim Eintritt in das Erosionsgebiet; denn von hier ab trat der herrlichste Urwald an die felsigen, steiler werdenden Ufer heran und entzückte durch die Pracht seiner Vegetation. Es sah zuweilen so aus, als seien die Bäume in von den blühenden Schling⸗ gewächsen gebildete, farbenprächtige Teppiche oder Vorhänge gehüllt, über die nur die mächtigen Baumkronen emporragten. Freilich waren auch diese der Erinnerung sich tief einprägenden Eindrücke durch allerlei drohende Gefahren beeinträchtigt, wozu die immer sich der Schiffahrt in den Weg stellenden Riffe und Stromschnellen im Fluß⸗ bett das meiste beitrugen. Ohne das unübertreffliche Geschick der Borneoleute wäre es unmöglich gewesen, die Fahrt bis zu dem tief im Gebirge liegenden Punkt fortzusetzen, an dem aus mancherlei Er⸗ wägungen Halt zu machen beschlossen wurde. Die Gründe, sich zur Rückkehr zu rüsten, waren zwingend: Ein bedeutendes Steigen des Wassers unter Einwirkung gewaltiger, vom Eintritt des Nordwest⸗ passats bedingter Regen, das in kurzem 5 m erreichte, ließ befürchten, daß die Talfahrt durch die Strom⸗ schnellenregion sehr gefährli werden könnte, vor allem
aber wurde die Stimmung der eingeborenen Begleiter von Tag zu Tag feindseliger, nicht ganz ohne Grund, da sie für ihre Nachtruhe an den fast senkrecht abfallenden Uferwänden sogar der Lagerstätten entbehrten. So wurden also an einer passenden Stelle die Kanus aus dem Fluß gezogen, ein Teil der Leute zur Bewachung des Lagers zurückgelassen, mit dem größeren Teil aber behufs Erreichung der eigentlichen Zwecke der Expedition und der genauen Ortsbestimmungen eine Wanderung in das Gebirge ausgeführt. Man hatte 570 m hoch zu klimmen, bis ein Grat erreicht war, der bei eintretendem klaren Wetter Rundblick und Orientierung zu gestatten ver⸗ sprach. Es vergingen darüber jedoch Tage, da Regen und dichter Nebel nicht weichen wollten. Diese Zeit wurde aber benutzt, um durch Kappen der Krone eines mächtigen Baumes auf der höchsten Spitze des Berges eine Plattform für Ausblick, Beobach⸗ tung und Messung zu gewinnen. Auch erfreute man sich im Warten auf den geeigneten Augenblick an den Herrlichkeiten der Vegetation, die wonrguch das bisher Gesehene noch übertrafen; denn zur Pracht der vielgestaltigen und vielfarbigen Orchideen und der Schlinggewächse gesellten sich u. a. blühende Büsche von Azaleen und jene Fülle von Moosen in allerlei Gestalt und Farbe, die von jeher als eine wunder⸗ bare Zierde des tropischen Bergwaldes gelten. Der Boden aber, auf dem man wandelte, glich einem wippenden Polster. Endlich, eines schönen Morgens, war der Nebel geschwunden und man erfreute sich, nach getaner Arbeit, von dem zum Observatorium hergerichteten Baumstumpf herab Stunden des höchsten Genusses einer weiten Rundsicht. Doch noch Besseres sollte der Expedition beschieden sein. Eines Morgens war der Himmel so klar, die Fernsicht so gänzlich unverschleiert, daß man fern im Süden das bis dahin in seiner Existenz nicht fraglos erwiesene, im Glanz der Sonne leuchtende Schneegebirge erblickte und deutlich neben einzelnen schneebedeckten Gipfeln und Gletschern auch die höchste Bergspitze Neu⸗Guineas zu unterscheiden vermochte. Mit diesem Schlußerfolge zufrieden, trat man nun den Räckzug an, der ganz glatt verlief. Das wichtigste Ergebnis war die kartographische Festlegung des Kaiserin Augustastromes, dessen Ursprung wahrscheinlich noch weiter südlich zu verlegen ist, als bisher angenommen wurde. Für den mit größtem Beifall aufgenommenen Vortrag dankte der Vorsitzende, Geheimrat Penck, indem er den Redner beim Worte nahm, daß er im nächsten Winter durch einen ergänzenden Bericht erfreuen werde. — Einen zweiten Vortrag hielt Baurat Friedr. Müͤller „Zur Geschichte und Natur der Scheldemündungen in der niederländischen Provinz Zeeland“. Der Vortrag gab ein Gesamtbild der mit den zeeländischen Gewässern in Beziehung stehenden geschichtlichen, geologischen, hydrographischen, hydrotechnischen, administrativen und volkswirtschaftlichen Verhältnisse dieses Insel⸗ landes, das für das Wasserwesen der ganzen Welt von außergewöhnlicher Vorbildlichkeit ist. Zeeland ist in seiner Art ein Musterbeispiel, wie der Mensch in zielbewußter, zäher Arbeit den Naturgewalten begegnet und ihrer endlich Herr wird. Ganz all⸗ mählich ist allerdings die Herrschaft hier erst errungen worden. Schmerzlich waren häufig die Verluste an Eigentum und Menschen⸗ leben von der Zeit an, wo die Römer zuerst den Versuch einer Siche⸗ rung des festen Bodens gegen die Fluten machten. Merkwürdiger⸗ weise hat sich für die Versuchsstelle der Name Romanus portus erhalten, wenn auch in dem für einen der Haupthäfen auf die Gegen⸗ wart gekommenen verstümmelten Namen Rommpolt. ;
Der Jahresbericht des Germanischen National⸗ museums in Nürnberg für das Jahr 1910 weist an Einnahmen der Verwaltung 163 034 ℳ, an Ausgaben 146 862 ℳ auf; hinzu kommt der Verwaltungsreservefonds mit einem Bestand von 16 960 ℳ. Für die Sammlungen und den Ausbau des “ wurden 177 375 ℳ vereinnahmt und 129 343 ℳ verausgabt. Zur Er⸗ weiterung des Museums ist bekanntlich das 6000 Geviertmeter große Gelände der Beckhschen Fabrik angekauft worden; von der Kauf⸗ summe, die 1 200 000 ℳ beträgt, konnten 868 000 ℳ abgezahlt werden. Diese Abzahlungssumme setzte sich aus dem Ertrag einer Lotterie und aus zahlreichen, zum Teil sehr großen Stiftungen zusammen. Die kunst⸗ und kunstgeschichtlichen Sammlungen erhielten auch in diesem Berichtsjahr fast in allen Abteilungen bemerkenswerte Bereicherungen und zwar sowohl durch Geschenke, wie durch Er⸗ werbungen. Für die Gemäldegalerie konnte z. B. ein bislang un⸗ bekannt gebliebenes Bildchen von Hans Baldung Grien aus dem Jahre 1516 angekauft werden mit einer sinnig empfundenen Darstellung Marias mit dem Jesuskinde. Die . S. der Originalwerke der Plastik ist durch eine ganze eihe hübscher Stücke vermehrt. Unter ihnen ist vor allem eine prachtvolle Verkündigungsgruppe in zwei frreplastisch ge⸗ arbeiteten Sandsteinfiguren vom Jahre 1504 zu nennen, die von einem Nürnberger Hause stammt und viel von der Art des Veit Stoß an sich hat. Von nicht geringerem kunstgeschichtlichen Wert ist die 1 ur eines thronenden Gokttvaters in reliefartiger Pehsschniteret, eine schwäbische Arbeit aus der Zeit um 1500. In der Gruppe der Hausgeräte konnte, dank dem Entgegenkommen der Stadt Nürnberg und der Stiftung zur Erhaltung von Nürnberger Kunstwerken, die ganze, überaus wertvolle von Schwarzsche Gläsersammlung aufgestellt werden. Das Museum hat damit einen Schatz gewonnen, wie ihn kaum eine zweite Sammlung besitzen dürfte. Erworben wurde ferner ein Schmuckkabinett aus dem Ende des 16. Jahrhunderts. Groß ist die Zahl der angekauften Medaillen. Die Bucheinbände wurden um einen silbergetriebenen Buchdeckel aus der Mitte des 18. Jahr⸗ hunderts vermehrt, die Waffen um mehrere Geschütz⸗ rohre und Handfeuerwaffen des 15. und 16. Jahrhunderts, die Abteilung „Zunftwesen“ um verschiedene Zunft⸗, und Handwerksaltertümer meist aus dem 18. Jahrhundert, die Abteilung
Tracht und Schmuck“ unter anderen um eine Reihe Fingerringe und Fürspanne aus gotischer Zeit. Für die Abteilung „Heraldik und Genealogie“ wurde u. a. ein Stammbuch aus der Zeit um 1600 an⸗ gekauft, für die Autographensammlung ein bisher unveröffentlichter Brief von Goethe an Mannlich, ein Brief von Wilhelm Raabe aus der Zeit seines Aufenthalts in Stuttgart und zwei Briefe von Ad. von Menzel. Die Pflegschaft Berlin, die vor sechs Jahren den Uebergang vom Museum nach der Stadtmauer und dem Feicger gestiftet hatte, hat im verflossenen Jahr die Erbauung einer Geschützhalle am west⸗ lichen Ende des Zwingers übernommen, die im Herbst bereits fertig⸗ gestellt war. 1
Berdingungen.
(Die näheren Angaben über Verdingungen, die beim „Reichs⸗ und Staats⸗ 8 anzeiger“ ausliegen, können in den Wochentagen in dessen Expedition waäͤhrend der Dienststunden von 9 bis 3 Uhr eingesehen werden.)
Oesterreich⸗Ungarn.
1. April 1911, 12 Uhr. K. K. Staatsbahndirektion Villach: Erbauung von fünf zweistöckigen bes onalwohngebäuden in St. Veit a. d. Glan. Näheres bei der Hochbauabteilung der vorgenan Direktion und beim „Reichsanzeiger“.
Italien.
Artilleriedirektion in Piacenza. mittags: g ve. b Werte von 72 000 Lire. vö 7200 Lire. italienischer Sprache beim „Reichsanzeiger’.
Elchesne Roccastrada (Provinz Grosseto). 3. April 1911, 10 Uhr Vormittags: Vergebung des Baues von Wasserleitungs⸗ anlagen: Voranschlag 110 958,89 Lire. Vorläufige Sicherheits⸗ leistung 5500 Lire, definitive 10 % der Zuschlagssumme. An⸗ gebote zc. bis 30. März 1911, Vormittags 11 Uhr. Näheres in italienischer Sprache beim „Reichsanzeiger“.
Niederlande.
Vorstände der Kraaiertpolders (Provinz Seeland): Lieferung von 8n 1000 cbm deutschen Kieses von 1 ½ zu 6 cm. wüserung hat frei an Land zwischen dem 20. April und 20. Juni 1911 zu er⸗
24. März 1911, 11 Uhr Vor⸗ Vergebung der Lieferung von 30 000 kg Pikrinsäure im
Näheres in
folgen. Hiervon sind ungefähr 925 cbm in den Hafen von Zuid⸗