1911 / 66 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 17 Mar 1911 18:00:01 GMT) scan diff

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Bemerkungen. Ein liegender Strich (—) in den Spa

Berlin, den 17. März 1911.

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F11“ ““ Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswert auf volle Mark abgerundet mitgeteilt. 38. für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.

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Kaiserliches Stattstisches Amt. van der Borght.

Deeutscher Reichstag. 149. Sitzung vom 16. März 1911, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der Spezial⸗ verawung des Etats für das Reichsamt des Innern beim Kapitel 7a der fortdauernden Ausgaben (Allgemeine Fonds). 3

Ueber den Anfang der Sitzung Nummer d. Bl. berichtet worden.

Abg. Gräf⸗Weimar (wirtsch. Vgg.) befürwortet die Annahme einer Resolution, durch die der Aufführung von Nationalfestspielen für die deutsche Jugend in Weimar eine Unterstützung im Betrage von 10 000 von Reichs wegen zugeführt werden soll; die Fest⸗ spiele, deren Wert für die Bildung der Jugend unbestritten sei, würden dann in größerem Maßstabe aufgeführt werden können. Im Auslande habe das Unternehmen bisher mehr Sympathie und Unter⸗ stützung gefunden als in Deutschland selbst, und gerade die deutschen Ausländer, die die Festspiele von 1909 mitangesehen hätten, seien davon enthusiasmiert gewesen, wie ein Bericht der deutschen Schule in Antwerpen beweise. .

Abg. Dr. Pfeiffer (Zentr.): Der Optimismus des Antragstellers ist doch wohl etwas verfrüht, denn wir haben noch gar keine Sicherheit, ob die 10 000 vom Reiche zu erlangen sind. Ich würde das lebhaft bedauern. Man hat in der Kritik der Festspiele darauf hingewiesen, daß in nationaler Beziehung manches übertrieben gewesen sei; nun, man soll über solche Schülerspaziergänge nach Weimar nicht allzu tragisch denken. Allerdings haben Siegfrieds Gedanken über Kanossa und den schwarz⸗blauen Block dort nichts zu suchen; man soll die Tagespolitik davon fernhalten. Man soll aber anderseits den ärmeren Schülern, den Kindern der minderbemittelten Klassen, ermöglichen, diese Festspiele zu besuchen. 1 8

Abg. Dr. Heckscher sfortschr. Volksp.): Ich meine, wir haben es bisher nur mit einer Aeußerung des Reichsschatzsekretärs zu tun, daß aus dem Dispositionsfonds die Summe nicht hergegeben werden könne. In der Kommission habe ich über die Begründung des Schiller⸗Bundes gesprochen und dargetan, daß er aus einer gewissen Not der Zeit hervorgegangen sei. Die feinsten Köpfe haben sich gefragt, wie man der Schmutzliteratur am wirksamsten entgegentreten könne. Da ist man auf den Gedanken gekommen, die deutsche Jugend am Urquell deutscher Bildung und Kultur zu versammeln. Auf die Jugend müssen die großen geschicht⸗ lichen Erinnerungen in Weimar einen großen Eindruck machen. Regierung und Parlament sollten an diesen Bestrebungen Anteil nehmen durch Bewilligung, einer Summe, sei es aus einem Dis⸗ positionsfonds oder sonstwie. Man möge politische oder geistige Kämpfe führen, aber in der Förderung der Jugend nicht bloß der höheren Schule, sondern auch der Seminare und Volksschulen sollten alle Parteien einig sein. Von diesen Dingen muß sich die Politik fernhalten. Ich bitte also die Herren aus Weimar, die Mahnung des Abg. Pfeiffer zu beachten. Im übrigen soll man nicht gleich Mörder und Diebe rufen, wenn Mädchen und junge Burschen zu⸗ sammen spazieren gehen. Das ist doch die schöne Zeit der ersten Liebe. Lassen Sie uns also durch einstimmige Annahme der Resolution dem Lande und dem Auslande zeigen, daß wir die deutsche Jugend durch die Pflege der Kunst zum späteren Lebenskampfe stärken wollen.

Ueber die Resolution wird bei der dritten Lesung ab⸗ gestimmt werden.

Bei den Ausgaben Dienst regt der W Abg. Dr. Pfeiffer die Errichtung eines Observatoriums in Bayern an, die nach der Ansicht des bayerischen Kultusministers eine Richsangelegenheit sei. Bei dem Beitrag zu den Kosten der Internationalen Organisation für Luftschiffahrt (8000 ℳ) weist der Abg. Bassermann (nl.) auf den großen Nutzen dieser Organi sation für wissenschaftliche Zwecke hin und spricht die Erwartung a daß bei der zunehmenden Bedeutung der Luftschiffahrt die Position von 8000 im nächsten Jahre bedeutend vermehrt werden müßte. Andere Staaten, wie Amerika und Frankreich, unterstützten diese Bestrebungen durch viel höhere Mittel, wie im preußischen Ab⸗ geordnetenhause neulich nachgewiesen worden sei. Im vergangenen Jahre sei eine Resolution angenommen worden bezüglich der Errich⸗ tung einer Reichsanstalt für Luftschiffahrt in Friedrichshafen. Wie weit sei die Sache gediehen? Die Reichsregierung sollte der Aviatik ihr wohlwollendes Interesse schenken. Abg. Frhr. von Richthofen (dkons.): Die vorjährigen Ver⸗

ist in der gestrigen

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für den wettertelegraphischen

handlungen standen unter dem traurigen Eindruck des Unfalls eines unserer Kollegen. Eine Reichsanstalt im Sinne der vorjährigen Resolution halte ich nicht für nötig. Sollte sich eine solche Organisation bilden, so könnte sie subventioniert werden.

Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Delbrück:

Meine Herren! Ich habe mich ja im vergangenen Jahre zu den Resolutionen, die, soviel ich weiß, von den Herren vom Zentrum wie von den Herren von der nationalliberalen Partei eingebracht waren, eingehend geäußert. Ich habe damals darauf hingewiesen, daß jedenfalls im vergangenen Jahre die Verhältnisse nicht so weit geklärt waren, daß die verbündeten Regierungen Stellung nehmen konnten, und die Richtigkeit dieser Auffassung ist ja durch den Gang der Ereignisse insoweit bestätigt worden, als

die Entwicklung, die die Aviatik inzwischen genommen hat, schon ohne weiteres darauf hinweist, die Sache unter weiteren und unter anderen Gesichtspunkten zu beurteilen als im vergangenen Jahre, wo wir doch die Sachlage wesentlich unter dem Gesichtspunkt der Entwicklung des lenkbaren Luftschiffs betrachteten. Ich habe damals Ermittelungen zugesichert, und diese Ermittelungen sind mit aller Energie und auch mit einem gewissen Erfolg vorgenommen worden.

Ich habe zunächst mit den beteiligten Reichs⸗ und preußischen Ressorts verhandelt, und alsdann eine Versammlung berufen, an der die hauptsächlichsten Sachverständigen, die Vertreter der berufenen Verbände, Industrielle und Abgesandte der einzelnen Bundesstaaten, insbesondere auch die Universitäten und technischen Hochschulen, teil⸗ genommen haben. Bei dieser Verhandlung waren alle Beteiligten darüber einig, daß eine Zentralstelle für die Förderung der Luft⸗ schiffahrt, und zwar sowohl der Aviatik wie des lenkbaren Luftschiffs, unter allen Umständen notwendig sei. Dagegen sind die Meinungen über den Umfang der Organifation und der Aufgaben, die einer der⸗ artigen Zentralstelle im einzelnen zuzuweisen seien sowie über den Ort ihrer Errichtung weit auseinander gegangen.

Es wurde von der einen Seite darauf hingewiesen, was ja im vergangenen Jahre hier schon besprochen worden ist, daß ein Teil der Aufgaben, die man einer solchen Anstalt zuweisen wollte, schon von unseren technischen Hochschulen in Angriff genommen und angemessen behandelt würde. Es wurde ferner darauf hingewiesen, daß ein Teil der Aufgaben zweckentsprechend gelöst werden könnte und gelöst werden sollte durch die in den verschiedenen Bundesstaaten be⸗ stehenden Materialprüfungsanstalten. Endlich wurde erneut darauf hingewiesen, daß doch auch die Industrie selbst aus ihrem eigensten Interesse heraus berufen sei, an der Lösung dieser Aufgaben mit⸗ zuwirken.

Um nun zu einer sicheren Grundlage für das weitere Vorgehen zu kommen, habe ich einige hervorragende Sachverständige ersucht, einen genauen Organisationsplan auszuarbeiten und mir vorzulegen. Ich nehme an, daß dieser Organisationsplan in nicht allzulanger Zeit in meinen Händen sein wird; und dann erst, wenn man weiß, was eigentlich geschaffen werden soll und welche Mittel dazu erforderlich sein werden, wird man in der Lage sein, in der Sache Entschlüsse zu fassen.

Daß eine Reichsanstalt notwendig sei, um diese Aufgaben zu lösen, halte ich heute wie im vergangenen Jahre nicht für wahr scheinlich; im Gegenteil, ich bin der Ansicht, daß eine Vereinigung der Interessenten im weiteren Sinne, zu denen die Einzelstaaten, die Kommunen, industrielle und wissenschaftliche Verbände sowie Stiftungen gehören, hinreichen wird, um die Sache in einer an⸗ gemessenen Weise vorwärts zu bringen, und daß für das Reich nur in Frage kommen könnte, eine gewisse zusammenfassende Tätigkeit auszuüben und in Grenzen, die ja noch festzustellen sein würden und die sich auch nach unseren Etatsverhältnissen richten müßten, Beiträge laufend oder für einzelne bestimmte Aufgaben zu leisten.

Im übrigen stimme ich mit dem Herrn Abg. Bassermann darin überein, daß wir alle, Private wie Behörden, alles tun müssen, um zu verhindern, daß Deutschland auf diesem wichtigen Gebiet etwa dem Auslande gegenüber in Rückstand kommt.

Zu den Ausgaben für die „Förderung der See⸗ fischerei“ liegt eine Resolution der Deutschkonservativen vor: Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, geeignete Maßnahmen

zu ergreifen, um 1) beschleunigt eine Vereinbarung der deutschen Ostseeuferstaaten über gemeinsame Vorschriften zur Regelung der deutschen Ostseeküstenfischerei und zum Schutze des Fischbestandes an der deutschen Ostseeküste und über eine zweckmäßige Gestaltung der Fischereiaufsicht herbeizuführen; 2) ein internationales Abkommen über die Befischung der Ostsee unter sämtlichen Ostseeuferstaaten anzubahnen. 8 Abg. Dr. Dröscher (dkons.): Das Thema der Resolution ist eigentlich Sache der Einzelstaaten, aber da das Reich eine ganz be⸗ trächtliche Summe zur Unterstützung der Seefischerei ausgeworfen hat, so hat das Reich ein erhebliches Interesse daran, die Fischerei in allen ihren Zweigen leistungsfähig zu erhalten. Die Hochsee⸗ und die Küstenfischerei liefert den geeigneten Ersatz für unsere Kriegsmarine; wir haben also schon von diesem Gesichtspunkte aus alle Ursache, namentlich auch unsere Küstenfischerbevölkerung gesund und leistungs fähig zu erhalten. Im Laufe der letzten Jahre haben sich nun die Klagen der Küstenfischer an der Ostsee über Gefährdung ihrer Existenz gehäuft. Ebenso sind die Wünsche wegen anderweiter Regelung auch der Beaufsichtigung d er Küstenfischer immer stärker geworden; von Rügen bis Kap Slagen stimmen alle Fischerei⸗ vereine in diesem Verlangen überein. Der Zuzug der östlichen Fischer nach dem Westen steigert die Intensität der Befischung im Westen. Es sind Petroleummotoren in die Segelschifferei eingeführt worden, und der Fischer wird dadurch beweglicher gemacht, aber ebenso werden die Fischbestände gefährdet. Wir wollen nicht die Gewerbefreiheit irgend wie antasten; aber eine polizeiliche Regelung bezüglich der Fischmengen, die eingefangen werden dürfen, muß stattfinden, und sie würde zweck⸗

mäßig geschehen durch die Vorschrift eines Mindestmaßes für die

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Fanggeräte. Der Deutsche Seefischereiverein hat über die Frage gesetzlicher Regelung der Ostseefischerei umfassende Erhebungen an⸗ gestellt; es lassen sich bestimmte Vorschläge machen, es fehlt nur an der Anregung zum ersten Schritt. Erforderlich ist zunächst eine Vereinbarung unter den sämtlichen deutschen Ostsee⸗Uferstaaten. Eine Vereinbarung muß durch Vertreter der verschiedenen Regierungen erfolgen. Der Reichskanzler könnte mit den beteiligten Staaten eine Konferenz einberufen oder sie selbst einberufen. Von Reichs wegen direkt kann die Sache nicht geregelt werden. Alle Fischer, auch die, die vielleicht von einer solchen Vereinbarung einen Schaden haben könnten, halten eine solche Regelung für notwendig. Den Reichskanzler bitte ich, sich mit der Militärverwaltung in Verbindung zu setzen, um in den Mannschaftsküchen und Unteroffizierkantinen die Seefischkost einzuführen. Die Eisenbahnfrachten für Seefische sind ja erfreulicherweise auf die Hälfte herabgesetzt worden. Dem Staats⸗ sekretär empfehle ich das Studium eines Buches über die Hochsee⸗ fischerei von Assessor Goldschmidt in Berlin.

Abg. Erzberger (Zentr.): Meine politischen Freunde werden für die Resolution Dröscher stimmen. Es handelt sich hier um ein rentables Kapital. Mir ist ein Kolli vorzüglicher Heringe von einer Hochseefischereigesellschaft zugesandt worden. Das Gefühl der Dankbar beie führt mich auf die Tribüne. Die Förderung der Hochseefischerei ist zugleich eine Förderung des Mittelstandes. Fünf Sechstel der Fischerei rekrutiert sich aus den Kreisen des Mittelstandes, der kleinen Leute. Meine vorjährige Anregung auf Subventionierung der Bestrebungen auf Verbindung der Fischerboote mit drahtlosen Telegraphiestationen ist erfreulicherweise auf fruchtbaren Boden gefallen. In Holland und England sind in den letzten Jahren gewaltige An strengungen gemacht, um die Hochseefischerei weiter zu kräftigen. Ebenso fst es mit Schweden, Dänemark und Norwegen. Die Einfuhr nach Deutschland wächft von Jahr zu Jahr. Auf der anderen Seite wächst aber auch unsere Fischereiflotte. Das Jahr 1910 hat gegenüber 1909 bereits ein Plus von 248 Fahrzeugen. Ich würde es gern sehen, wenn der Fonds etwas erhöht würde, vielleicht könnte man an anderen Fonds dafür sparen. Es sind manche Fonds in den Etat

hineingekommen, die keine große volkswirtschaftliche Bedeutung haben.

Das dankenswerte Buch des Assessors Dr. Goldschmidt sei dem Studium empfohlen. Er macht verschiedene bemerkenswerte Vor schläge, von denen allerdings manche erst nach Jahren und Jahrzehnten durchführbar sein werden, vor allem empfiehlt er den Zusammenschluß der Fischereibetriebe zu einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gegen die großen Schäden, die der Hochseefischerei drohen. Ich schließe mit dem Wunsche, daß im nächsten Jahre eine Erhöhung dieses Titels eintritt. .

Abg. Dr. Görcke (nl.): Der Resolution Dr. Dröscher stimmen auch meine politischen Freunde zu. Ich möchte bei dieser Gelegen⸗ heit des 25 jährigen Jubiläums des Seefischereivereins gedenken und diesem tätigen und nützlichen Verein Glückwünsche aussprechen. Dem Wunsche, mit dem seine Jubiläumsschrift schließt, daß es ihm mög lich sein möchte, eine Stiftung zugunsten der Hinterbliebenen der Fischer zu begründen, kann man sich nur anschließen. Die Vor⸗ schläge des Assessors Goldschmidt verdienen eine ernste Prüfung. Er befürwortet unter anderem eine Aenderung des Prämien systems durch Einführung einer Fangprämie in der Weise, daß auf die Tonne gefangener Heringe 1 bis 1,50 gezahlt werden sollen, was eine Ausgabe von 400 000 bis 600 000 für das Reich ergeben würde. Wenn er zum Ausgleich eine Zollerhöhung auf Heringe vorschlägt, so können wir uns damit nicht einverstanden erklären, aber man könnte vielleicht Fangprämien von 75 oder 50 mit einem Aufwande von 200 000 bis 250 000 einführen. Die weitere Unterstützung der Beschaffung von Apparaten für drahtlose Telegraphie kann ich eben⸗ falls nur befürworten.

Abg. Dr. Hahn (dkons.): Der Antrag Dröscher ist zu begrüßen. Zu meiner Freude habe ich gesehen, daß auch bei der Militär⸗ verwaltung das Verständnis für die Wichtigkeit des Fischkonsums gewachsen ist. Es handelt sich bei der Förderung der Hochseefischerei um eine eminent nationale Sache. Es ist schon betont worden, daß die Marine auf die Mannschaften der Hochseefischerei angewiesen ist, die der Handelsschiffe würden im Mobilmachungsfalle kaum zur Verfügung stehen, während die Hochseefischer meist binnen einer Woche immer wieder zurück sind, wenngleich sich das Fischereigebiet jetzt von Island bis zur marokkanischen Küste ausdehnt. Leider scheinen Ueberanstrengungen der Mannschaften vorzukommen. Ich gebe den Interessenten den Rat, solche zu vermeiden und lieber die Dampfer, die jetzt mit zehn bis zwölf Personen besetzt sind, mit ein paar Mann mehr zu besetzen. Ein großes Interesse hat es für die Hochseefischerei, Frachtermaßigungen zu erhalten. Wenn wir uns auch hier nicht mit den Angelegenheiten des preußischen Landeseisen bahnrats zu befassen haben, so bitte ich doch, diese Maßnahmen zu beschleunigen. Man sollte die Fische nur in Nordenham, Geeste⸗ münde, Bremerhaven, Cuxhaven und Altona einlassen, damit man dort die Möglichkeit einer Untersuchung auf ihre Marktfähigkeit hat. Die Untersuchung in Geestemünde wird mit außerordentlicher Gewissenhaftigkeit geführt. Es wäre von Interesse, zu erfahren, ob in den mit uns konkurrierenden fremden Häfen, wie Amuden, von wo unseren Fischern eine schwere Konkurrenz bereitet wird, eine ähnliche Fürsorge für das Wohl des Publikums besteht. Ich habe Grund zu der Annahme, daß das nicht der Fall ist. Den ausländischen Fischern ist die Konkurrenz uns gegenüber eher er leichtert durch das Fehlen der sozialen Lasten und der vielen Be⸗ stimmungen der Gewerbeordnung. Dies rechtfertigt einen Zoll auf frische Seefische. Bei dem Reichskanzler habe ich auf eine Eingabe Entgegenkommen in dieser Hinsicht gefunden, und auch die Handels kammer Geestemünde hat keine prinzipiell ablehnende Haltung ein⸗ genommen. Das Buch von Dr. Goldschmidt ist in der Tat empfehlens wert, über seine Vorschläge wird im einzelnen zu diskutieren sein. Ferner verdient eine uns zugegangene Broschüre über die Geestemünder

gestellt werden;

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Fischarten und ihrer Zubereitung ist noch sehr dürftig, und es spielt hinsichtlich des Fischgenusses auch der Aberglaube noch eine große Rolle. Das hat sehr bedenkliche wirtschaftliche Konsequenzen für die Hochseefischerei. Alle Aufwendungen, die .. für die Hochseefischerei macht, erweisen sich als in hohem I9— 1. vorteilhaft für den Staat. Ich hoffe, daß Preußen damit fortfährt und auch Geestemünde recht bald zur Stadt werden läßt. (Vizepräsident Dr. Spahn bittet den Redner, sich mehr an den Gegenstand zu halten.) Auch das Reich hat von der Zunahme der Fischerei profitiert, die Fischnahrung führt dem Körper Phosphor zu und steigert damit die Gehirntätigkeit. Für dieses Jahr spreche ich meinen Dank aus für die Förderung, die der Hochseefischerei zu teil geworden ist, und für das nächste Jahr hoffe ich auf eine Erhöhung des Fonds.

Abg. Spethmann (fortschr. Volksp.): Auch wir werden der Resolution Dröscher freudig zustimmen. Daß der Ertrag der Ostsee fischerei zurückgeht, liegt zum Teil daran, daß vielfach eine Ueber sischere stattfindet. Was den Fischern auf der einen Seite durch die Regierung zugewendet wird, macht man auf der anderen Seite durch eine zu rigorose Anwendung der Zollgesetze vielfach illusorisch. Eine neuerliche Verfügung der Zollbehörden verlangt auf den Fischerbooten besondere Tanks für das unverzollte Oel für die Gasöfen. Für solche Tanks ist auf den Booten kein Platz. Ebenso undurchführbar ist die Vorschrift, daß die Boote sich auf dem nächsten Zollamt zu melden haben; geradezu grotesk ist die Bestimmung des § 10. dieser Verfügung, wonach Geldstrafen bis zu 1000 vorgesehen sind. Diese Bestimmung hat die verdiente Heiterkeit erregt, die jeder verstehen wird, der weiß, wie unsere Fischereibevölkerung mit Glücks⸗ gütern gesegnet ist. Dank wissen muß man der entgegenkommenden Haltung der Kaiserlichen Marine gegenüber den Interessen der Fischerei. Erneuern muß ich die dringende Bitte, daß dem Unfug der Zesenfischerei ein Ende gemacht wird, damit nicht die Ergiebigkeit der Fischgründe ein vorzeitiges Ende findet. In höchst dankenswerter Weise ist die Kriegsflotte auf die Bitte eingegangen, ihre Schieß übungen während des Vorbeizuges der Sprottenzüge einzustellen. Die norwegische Regierung hat besondere Eisenbahnwagen mit Kühl⸗ vorrichtungen und Eispackungen für den Fischtransport eingestellt; wir sollten tunlichst diesem Beispiel folgen. Der Abg Dr. Hahn hat heute wieder seinen Lieblingsgedanken der Verzollung frischer Seefische ver⸗ treten. Er hat ja verständigerweise seine Wiederwahl Gott und den Wäͤhlern anheimgestellt. Wir können nur wiederum auf das Widersinnige dieses Vorschlages hinweisen. „Frische Fische, gute Fische“; durch die Zollplackereien würde die schnelle Beförderung der Fischsendungen unmöglich gemacht und ihre Qualität verlieren. Ich hoffe, daß der gesunde Sinn und das Interesse für ein billiges, gesundes Volks⸗ nahrungsmittel uns vor einer Verteuerung durch eine solche Zoll⸗ maßregel bewahren mögen!

Direktor im Reichsamt des Innern von Jonquièdres: Wenn der Reichstag die Resolution Dröscher annehmen sollte, würde der Reichskanzler bereit sein, mit den preußischen Behörden wegen Ver⸗ anstaltung einer Konferenz ins Benehmen zu treten; es würde dann weiter zu erörtern sein, ob man mit den übrigen deutschen oder inter⸗ national mit sämtlichen Ostsee⸗Uferstaaten zu verhandeln hätte. Ueber den Eisenbahntraneport frischer Seefische haben Erörterungen statt⸗ efunden, die noch nicht abgeschlossen sind. Die Anregung, die Militärverwaltung für Erweiterung des Fischabsatzes zu inter essieren, fällt in das Gebiet der Propaganda für die Erweiterung des Fischabsatzes überhaupt. Voraussetzung dazu ist, daß die Ver kaufsorganisationen so gestaltet sind, daß die Konsumenten die Fische frisch und billig bekommen. Mit dem Fonds, wie er jetzt im Etat steht, ist ja schwer auszukommen, hoffentlich bessert sich die Finanzlage, sodaß wir mehr einstellen können. Vor sichtige Verwaltung des Fonds ist aber in jedem Falle am Platze. Die Wichtigkeit der Funkenstationen erkennen wir an. Wir zahlen grundsätzlich die Einrichtungskosten, und wir möchten noch mehr Geld aus unseren Fonds geben, wenn es möglich wäre; denn diese Funkenstationen dienen der Sicherheit des Verkehrs. Das Goldschmidt⸗Buch haben wir studiert, doch können wir nicht alle Vorschläge acceptieren. Mit den Bauprämien konnten wir nicht so weit gehen, wie es gewünscht worden ist. In der Frage der salz⸗ bestreuten Heringe sind doch Uebertreibungen vorgekommen. Die Zollbehörden sind aber zur scharfen Kontrolle angehalten worden, sodaß Klagen in der letzten Zeit nicht mehr laut geworden sind. Was die Gesundheitskontrolle betrifft, so darf sie nicht eine zu große Verzögerung veranlassen. Ich werde mich vergewissern, ob in Pmuiden ähnliche Kontrolle stattfindet wie bei uns. Die Anregungen des Vor⸗ redners werden geprüft werden.

Abg. Metzger (Soz.) erklärt die Zustimmung seiner Partei zu der Resolution Dröscher und weist auf die schlimme Lage der Klein⸗ sischer hin. Die Teuerung der Fleischpreise habe die Bevölkerung immer mehr zum Fischgenuß geführt. Diese Volksnahrung durch Zölle zu verteuern, würde ein Unrecht sein.

Die Resolution Dröscher wird einstimmig angenommen.

Bei den Ausgaben für Maßregeln gegen die Reb⸗ lauskrankheit, 1000 ℳ, beschwert sich der

Abg. Dr. Dahlem (Zentr.) über die ungleichartige Entschädigung der Winzer in Preußen. Bald würden übermäßige Entschädigungen gewährt, bald werde nicht einmal das Notwendige ersetzt. Das Ent⸗ schädigungsverfahren werde von vollständig unsachverständigen Leuten vorgenommen. So dürfe es nicht weiter gehen.

Bei dem Beitrag von 10 000 für die Zentralstelle für Volkswohlfahrt befürwortet der

Abg. von Kaphengst (dkons.) folgende Resolution: „Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, bei den Landesregierungen dahin zu wirken, daß sie dem Verein für soziale innere Kolonisation Deutschlands E. V. zum Zwecke der Fürsorge für vorübergehend Arbeitslose nachhaltige Förderung und Unterstützung zuteil werden lassen.“ Da die wichtige Frage der Unterstützung Arbeitsloser nach den Erklärungen der Reichs⸗ regierung nicht reichsgesetzlich geordnet werden könne, so müsse man sie in den einzelnen Landesregierungen in die Hand nehmen. Jeden Augenblick kann aber eine größere Arbeitslosigkeit eintreten, und da heißt es: si vis pacem, para bellum. Die Landflucht sei daraus entstanden, daß die Landwirtschaft in Zeiten landwirtschaftlichen Niederganges den Arbeitern nicht die Preise hätte zahlen können, wie die Industrie. Das Land sei jetzt vielfach auf die Mitarbeit von Ausländern angewiesen, deren Beschäftigung im höchsten Grade zu bedauern sei, denn Hunderte von Millionen werden zum Schaden des Kleingewerbes aus dem Lande geschleppt. Sonst werden, wenn Arbeitslosigkeit vorhanden ist, Notstandsarbeiten ausgeführt, die keinen Sinn haben. Es ist festgestellt, daß in den großen Städten teilweise 90 % des aufgewendeten Geldes zweck⸗ les hingegeben war, weil die Arbeit an falscher Stelle und über eilt in Angriff genommen wurde. Wir haben in Deutschland 400 Quadratmeilen Oedländereien. Wir könnten unserem Vaterlande binnen wenigen Jahren eine Provinz erobern, wenn wir einen richtigen Zusammenschluß aller Faktoren herbeiführen. In Preußen hat der Geheimrat Krohne die Gefangenen dazu benutzt, um Moore zu kultivieren, und zwar mit bestem Erfolg. Das hat noch den Nebenvorteil, daß damit keine Konkurrenz für den Mittelstand geschaffen wird, der jahrzehntelang unter der Konkurrenz der Gefangenenarbeit geseufzt hat. Ich habe selbst 1000 Morgen Land, auf dem man noch vor fünf Jahren mit Wasserstiefeln gehen mußte, durch unsere armen Brüder von der Landstraße in Wiesen umgewandelt. Wir müssen die Armenpflege modernisieren, und diese Modernisierung besteht darin, daß den Leuten nicht Almosen gegeben werden, sondern ein, wenn auch viel⸗ leicht anfangs zu hoher Verdienst. Wenn wir die Moore kultivierten, so könnten wir darauf Tausende von Ansiedlungen unterbringen, und diese Siedelungen wären mir weit mehr wert als eine ganze Metze kolonialer Diamanten. Bei allen Parteien herrscht das Streben nach Sparsamkeit, aber wir wollen dafür sorgen, daß für deutsche Arbeit die Gelder zur Verfügung ie Zinsen würd eingebracht sein, und da

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Fischereiunternehmung Beachtung. Die Kenntnis von den eßbaren

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deutsche Vaterland würde für seine Wehrkraft wachs bekommen. Zwingen wollen wir niemanden, aber es ist wesentlich, daß die Beziehungen zwischen Stadt und Land regere werden. Wie viele Familien in der Großstadt haben kaum einen Baum, eine Wiese gesehen. Es wäre etwas wert, wenn sie vorläufig auf Wochen und Monate, später vielleicht dauernd auf das Land gehen. Die Frage ist eine konservative. Sie kann aber auch von der liberalen Weltanschauung aus unterstützt werden, und ich bitte Sie herzlich um diese Unterstützung. Als ich vor Jahren mit diesen Plänen vor die Oeffentlichkeit trat, hat sich die gesamte Presse auf meine Seite gestellt. Ich schloß damals mit den Worten: „In dem ehrlich ge⸗ wollten Zusammenarbeiten aller Faktoren sehe ich die Brücke zur Gesunderhaltung des deutschen Volkswesens.“ Die Brücke ist ja ö modern geworden. Der Reichskanzler hat neulich von der Mainbrücke gesprochen, die geschlagen werden müsse zur Ver⸗ ständigung zwischen Nord und Süd nicht allein, sondern auch zwischen Besitzlosen und Besitzenden. Da könnten wir alle Bausteine herbeitragen, damit diese Brücke auch zu unseren Lebzeiten noch gang⸗ bar wird zur Verständigung zwischen Stadt und Land. Bitte tragen Sie Bausteine mit heran. 3

Abg. Bassermann (nl.): Meine politischen Freunde werden der Resolution zustimmen. Der Vorredner hat die Frage vom Standpunkt des Landes behandelt Sie spielt aber auch für die Städte eine sehr große Rolle. Die Stadtver⸗ waltungen kommen an dem schwierigen Arbeitslosenproblem nicht vorbei. Dies gilt namentlich auch für die Stadt Mannheim. Die Zentralstelle für Volkswohlfahrt verdanken wir den energischen und von edler Menschenliebe getragenen Bemühungen des Landtags⸗ abgeordneten Grafen Douglas, der alle Wohlfahrtsbestrebungen in diesem Zentralpunkt gesammelt hat. Ich sehe davon ab, über die Ziele und Leistungen dieser Zentralstelle hier Weiteres auszuführen. Ich verweise auf die eingehenden Erörterungen des Vorjahres. Es ist ein reichhaltiges Material, das in dieser Zentralstelle seine Bearbeitung gefunden hat. Einmal die Arbeiterwohlfahrts⸗ einrichtungen, dann die Rat⸗ und Auskunftserteilung an Behörden, Vereine, Beleiligte, daneben hat die Zentralstelle eine ganze Reihe allgemeiner Fragen aufgegriffen: die Wohnungsfrage, Volks⸗ ernährung, Jugendfürsorge, Pensions⸗ und Reliktenwesen der Arbeiter. An Anerkennung hat es der Zentralstelle nicht gefehlt, weder seitens des Staatssekretärs des Innern noch im Abgeordnetenhause. Dort hat der Handelsminister anerkannt, daß sie zur Förderung schwebender praktischer Fragen Beiträge über die Erfahrungen nicht nur des Inlandes, sondern auch des Auslandes zusammengetragen habe. Nun kommt aber allerdings immer wieder die leidige Finanzfrage. Es ist aber klar, daß, wenn eine solche Institution sich nicht entschieden fortentwickeln kann, leicht eine Stagnation und ein Rückgang eintritt, deshalb wende ich mich an das Wohlwollen des Staatssekretärs mit der Bitte, in kommenden Jahren eine Erhöhung der Subvention vorzunehmen.

platten

Scstelbvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Delbrück:

Meine Herren! Ich wäre ja wohl in der Lage, wenn ich an der Stelle des Herrn Abg. Bassermann und nicht hier am Bundesrats⸗ tische stünde, eine ähnlich bewegliche Rede zugunsten der Zentralstelle für Volkswohlfahrt zu halten. Alle die Gründe, die er angeführt hat, haben ja eine gewisse Berechtigung, und ich bin der Letzte, der nicht anerkennte, daß diese Zentralstelle für Volkswohlfahrt wichtige Dienste geleistet hat und auch in Zukunft wichtige Dienste leisten kann. Aber, meine Herren, Sie dürfen auf der anderen Seite nicht vergessen, daß kaum einer der Titel in dem Kapitel 7a, das wir augenblicklich beraten, eine Erhöhung im Laufe der letzten Jahre erfahren hat, sondern manche Titel sogar herabgesetzt sind, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil ich dem Herrn Staatssekretär des Reichsschatzamts darin recht geben muß, daß, wenn wir mit unseren Finanzen endgültig in Ordnung kommen wollen, das nur erreicht werden kann, wenn wir uns auf allen Gebieten einer gewissen Sparsamkeit und Zurückhaltung befleißigen. Ich bin der Meinung, daß man hier nicht einzelne Positionen, einzelne Unternehmungen herausgreifen und besser dotieren soll in einer Zeit, wo man andere gleich wichtige und vielleicht noch wichtigere Sachen nicht nur nicht besser dotiert, sondern unter Um⸗ ständen sogar schlechter stellt.

Die Begründung, „es handelt sich ja nur um eine geringe Summe“, ist für jeden einzelnen Fall zutreffend. Wenn Sie aber die geringen Summen zusammenrechnen, die im Laufe einer Etats⸗ verhandlung hier bei den verschiedenen Aemtern immer mit der gleichen Begründung gefordert werden, dann würde wahrscheinlich eine recht erkleckliche Summe herauskommen, die dem Herrn Staats⸗ sekretär des Reichsschatzamts die an sich schon bestehenden Schwierig⸗ keiten, unseren Etat zu balanzieren, noch vermehren würde.

Also ich bin gerne bereit, wie Herr Bassermann es wünscht, in den nächsten Jahren auf eine Erhöhung dieses Titels Bedacht zu nehmen, sobald die Finanzlage mir die Möglichkeit gibt, das hier und auch an anderen Stellen zu tun. (Heiterkeit.) Aber ein bestimmtes Versprechen gerade zu diesem Titel heute abzugeben, dazu bin ich beim besten Willen nicht in der Lage.

Nun möchte ich doch mit wenigen Worten auf die Resolution des Herrn Abg. von Kaphengst kommen. Meine Herren, die Frage der Behandlung der Wanderarmen und der vorübergehend Arbeits⸗ losen ist ja in diesem hohen Hause im Laufe der letzten Jahre wieder⸗ holt erörtert und wiederholt auch zum Gegenstand von Resolutionen gemacht worden; mein Herr Amtsvorgänger hat schon auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die sich einer gesetzlichen Regelung dieser Materie entgegenstellen, er hat sich aber bereit erklärt, Ermittlungen anzustellen, wie wohl auf diesem Gebiete geholfen werden könnte, und ob insbesondere ein Eingreifen der Gesetzgebung möglich und zweckmäßig sein werde. Es liegen nun die Ergebnisse dieser Umfrage bei den Bundesregierungen vor, und die Bundesregierungen haben die Schwierigkeiten jede nach den Verhältnissen ihres Landes hervor⸗ gehoben, die uns ja im großen und ganzen schon bekannt sind. Es ist schwer, gegen das Unwesen des Wanderbettelns in der richtigen Weise einzuschreiten und für die Arbeitswilligen angemessen zu sorgen, weil man nicht in der Lage ist, zu scheiden im gegebenen Augenblick, wer ist arbeitswillig, wer ist arbeitsscheu, wer ist arbeitsunfähig; es liegt eine weitere Schwierigkeit darin, daß wir einzelne Gebiete haben, in denen für die Wanderarmen reichlich gesorgt wird, und daß wir andere Gebiete haben, in denen man sich nicht nur um die Wanderarmen nicht kümmert, sondern versucht, sie mit einer geringen Gabe zum Weiterwandern zu veranlassen und so auf andere Gemeinden abzu⸗ schieben. (Sehr wahr!) Das sind alles Mißstände, die wir erkennen, die zu beseitigen aber nicht leicht ist, und die namentlich im Wege der Gesetzgebung zu beseitigen außerordentliche Schwierigkeiten bietet. Es schweben augenblicklich über aus der Umfrage herzuleitenden Maßnahmen Verhandlungen mit den in Betracht kommenden Ressorts; zu welchem Ergebnis sie führen werden, weiß ich nicht. Es handelt sich um eine der vielen Fragen, die man Ende aller Ende nicht durch Ge⸗ setze lösen kann, sondern nur lösen kann, wenn alle beteiligten Kreise Waͤrme annehmen, wi

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guten Zu⸗

es der Herr Vorredner! meines

eben getan hat. (Sehr richtig!!) Es hande

Maßnahmen der Polizei, sondern um allgemeine Kulturaufgaben, die nur gelöst werden können aus dem Volke heraus, zu denen aber keine Regierung mit noch so vielen Gesetzesparagraphen das Volk zwingen kann.

Nun hat der Herr Abg. von Kaphengst ja die Frage schon auf eine viel breitere Grundlage gestellt, insofern er angeknüpft hat an die zur Zeit weite Kreise des Volkes und die Regierung bewegende und interessierende Frage der Kultur unserer großen Oedländereien. So wie die Frage auf dieses Gebiet gebracht wird, werden wir daran er⸗ innert, wie schwer es ist, allein schon für die Wanderarmen die ge⸗ eignete Beschäftigung zu finden. Ich selbst bin lange Zeit im Vor⸗ stand einer Arbeiterkolonie Westpreußens gewesen, und wir haben da immer mit der Schwierigkeit zu kämpfen gehabt, daß uns diejenigen Arbeitsmöglichkeiten, wie sie beispielsweise den westfälischen Arbeiter⸗ kolonien in den großen Oedländereien zur Verfügung stehen, nicht hatten, und eine zweite Schwierigkeit ist immer die, für eine große Anzahl von vorübergehenden Besuchern einer Arbeiterkolonie denn länger als 3, 4, 5 Monate sind die Leute ja nicht da —, eine geeignete Arbeit zu finden. Denn soweit alle diese Leute nicht an Landarbeit gewöhnt sind, soweit sie Maler, Lackierer, Anstreicher, Tischler, Schneider, Klempner usw. sind, soweit sie nicht gewöhnt sind, in freier Luft zu arbeiten, ist es unmöglich, die Mehrzahl der Leute im Winter an eine Tätigkeit im Freien heran⸗ zubringen. (Sehr richtig!) Ganz anders liegt die Sache, wenn man Zeit hat, wenn man die Leute während einer Sommersaison an die Landarbeit gewöhnen kann, wenn man ihnen die Landarbeit geläufig und bequem machen kann. Dann ist man eventuell auch in der Lage, sie einen Winter hindurch zu beschäftigen. Aber, meine Herren, diese Möglichkeit bieten die großen Arbeiterkolonien, wie wir sie jetzt teils mit Hilfe der Staaten und Provinzen, teils auf freiwilligen Beiträgen aufgebaut, errichtet haben, nicht; denn dort gehen die Leute natürlich weg in dem Augenblick, wo sie die Möglich⸗ keit haben, eine ihnen genehmere oder bequemere Tätigkeit zu ge⸗ winnen. Es ist außerdem den guten Elementen unter ihnen natürlich nicht sympathisch, selbst wenn sie in der Arbeiterkolonie arbeiten, doch immer als halbe Almosenempfänger behandelt zu werden. Sie drängen wieder heraus in geordnete Verhältnisse.

Meine Herren, die Schwierigkeiten sind nicht ohne weiteres zu überwinden. Aber wenn wir dazu kommen sollten, planmäßig und im großen Stile die Kultivierung unserer Oedländereien in Angriff zu nehmen, würden sich doch ganz andere Möglichkeiten ergeben Dort würde man in der Lage sein, den Leuten auf Jahre hinaus Beschäftigung zu geben, dort würde man in der Lage sein, Rück⸗ wanderern, die aus dem Industriebezirk kommen, die Möglichkeit zu geben, mit der Zeit sich ein eigenes Grundstück und ein eigenes Häuschen zu erwerben. Das sind Aufgaben, die zweifellos nicht das Reich in Angriff nehmen kann, sondern die in erster Linie von den Bundesstaaten zu fördern sein werden, soweit sich nicht, was meines Erachtens absolut nicht außerhalb des Bereiches der Möglichkeit liegt, auch gemeinnützige Gesellschaften und auch wirtschaftliche Gesellschaften finden, die diese Aufgaben in großem Stile lösen.

Nun ist, wenn ich das beiläufig bemerken darf es gehört vielleicht nicht zu meinem Etat, aber da die Angelegenheit hier be⸗ sprochen wird, darf ich es wohl erwähnen in neuerer Zeit eine andere Möglichkeit aufgetaucht, um auf der einen Seite die speziellen Aufgaben zu lösen, die der Herr Abg. von Kaphengst eben eröͤrtert hat, andererseits aber einer Anzahl von entgleisten Existenzen die Möglichkeit zu geben, in der gesunden Arbeit des Landes wieder in normale Verhältnisse zu kommen: Das ist die Beschäftigung von Gefangenen und Korrigenden in großem Stile und auf lange Zeit bei der Kultivierung unserer Oedländereien. (Sehr richtig!) In Preußen besteht die Einrichtung in gewissen beschränkten Grenzen, und soviel ich weiß, ist Schmolsien erheblich unter Mitwirkung von Ge⸗ fangenen kultiviert worden. In Bayern bestehen ähnliche Einrich⸗ tungen. (Zuruf.) In Westphalen bestehen sie zum Teil auch, und es wäre eine Frage, die wohl erwogen werden könnte, wenn man einmal an die Abänderung unserer Bestimmungen über den Strafvollzug herangeht, ob man nicht einen Teil unserer in vieler Beziehung unerwünschten und schließlich nutzlosen Besserungsversuche in den Gefängnissen (sehr richtig! links und in der Mitte) ersetzen könnte durch eine Zwangsarbeit in Gottes freier Natur, wo die Leute wahrscheinlich eher wieder zu sich zurückfinden, als wenn man sie in Korrigendenanstalten und in Gefängnissen einsperrt und dort zu einer Arbeit zwingt, die ihnen im allgemeinen nicht liegt. (Sehr richtig!) Aber, meine Herren, das sind alles Dinge, die nicht von hier aus und nicht durch meinen Etat geregelt werden können, sondern Dinge, die die Gesamtheit des Volkes in Angriff nehmen muß, die aber auch an dieser Stelle zu erörtern gewiß nicht zwecklos ist, und aus diesem Grunde bin ich dem Herrn Vorredner für die Anregung, die er ge⸗ geben hat, besonders dankbar. (Allseitiges Bravo.)

Abg. Dove (fortschr. Volksp.): Die Ausführungen des Antrag stellers decken sich zum großen Teil mit dem, was auch auf Städte⸗ tagen wiederholt ausgeführt ist. Auch den Bemerkungen des Staats⸗ sekretärs können wir beistimmen; die innere Kolonisation ist für den Strafvollzug viel wichtiger als der noch immer wieder dann und wann auftretende phantastische Gedanke der Deportation.

Abg. Gröber (Zentr.): Auch wir gehen davon es für einen Arbeitslosen viel besser ist, ihm statt Almosen Arbeit zu geben und ihm dadurch eine Ehre zu erweisen. Vor allem tut den Arbeitslosen ein warmes Herz not, und das findet man in den Kanzleien nur sehr selten. Gesorgt werden muß also für Arbeit; arbeitswillig werden sich dann die meisten zeigen, und die schwierige Frage, ob arbeitsunfähig, arbeitsscheu oder arbeits⸗ lustig, wird sehr leicht zu entscheiden sein. Da uns die Resolution nicht auf einen bestimmten Weg festlegen will, sondern die Förderung der Arbeiten der Zentralstelle bezweckt, werden wir ihr gern zustimmen.

Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Delbrück:

Meine Herren! Seien Sie mir nicht böse, wenn ich trotz Ihrer knappen Zeit auf die Ausführungen des Herrn Vorredners noch mit wenigen Worten eingehe.

Ich habe auf die Schwierigkeit der Feststellung, ob jemand arbeitswillig oder arbeitsscheu oder arbeitsunfähig ist, nur hingewiesen mit Bezugnahme auf die früher wiederholt geforderte gesetzliche Regelung der Frage. Sobeald es sich darum handelt, praktisch festzu⸗ stellen, ob jemand arbeitswillig ist oder nicht, ist die Sache sehr ein⸗ fach. Es gibt sehr viele Wege. Ich habe in früheren Jahren Lebens mit einem katholischen Geistlichen auf dem

aus, daß