1911 / 66 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 17 Mar 1911 18:00:01 GMT) scan diff

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Muß man daraus cinen Vorwurf gegen die Professoren Sering, von Schmoller und Wagner entnehmen? Wenn man nicht, wie mir doch scheint, meine Herren, in einer übertriebenen Empfindlichkeit in diese Worte mehr hineinlegt, als sie sagen, dann ist das doch eine objektive Darstellung des Vorganges, wie er sich in Wirklichkeit ab⸗ gespielt hat. Man kann ja sagen, es wäre besser gewesen, wenn auch das unterblieben wäre. Aber reicht das aus, um den ganzen Streit wieder anzufangen, meine Herren, der doch mit solcher Mühe und auf Wunsch aller Beteiligten beigelegt war? Ich muß sagen: es reicht nicht aus. Ich kann es nicht verstehen, daß man eine solche Notiz dazu genommen hat, um von neuem alle die Schwierigkeiten hervorzurufen und wieder in der Presse diesen unglückseligen Kampf anzufangen. Ich kann den Herren den Vorwurf nicht ersparen, daß sie zu empfindlich gewesen sind, daß sie das Verlangen, die eigene Persönlichkeit unter allen Umständen zu rechtfertigen, so sehr in den Vordergrund gestellt haben, daß sie die Rücksichten nicht voll zur Geltung gelangen ließen, die sie auf ihre Kollegen und auf das An⸗ sehen der Universität, an der zu lehren sie die Ehre haben, hätten nehmen müssen. (Sehr richtig! rechts.)

Ich gehe auf die Einzelheiten des Streites nicht wieder ein, meine Herren; ich habe sie in der Kommission eingehend dargelegt; die Verhandlungen sind gedruckt, und die Drucksache befindet sich in in Ihren Händen. Nur das eine möchte ich auch hier hervorheben, daß ich nach eingehender Prüfung der Angelegenheit nicht dazu kommen konnte, dem Professor Bernhard den Vorwurf des Wort⸗ bruches zu machen, und deshalb außer stande war, gegen ihn das Diszi⸗ plinarverfahren mit dem Ziele auf Entfernung aus dem Amte einzu⸗ leiten. Der Vorwurf ist auch von der Fünferkommission dem Pro⸗ fessor Bernhard direkt nicht gemacht worden; die Fünferkommission hat diese Frage offen gelassen. Ich meine aber: auf diese Frage kam e; an; zu dieser Frage mußte man bestimmte Stellung nehmen im Iateresse des Professors Bernhard, im Interesse der Universität und ihrer Professoren. Denn wenn es sich wirklich um einen wort⸗ brüchigen Professor gehandelt hätte, hätte er unmöglich weiter an der Universität lehren können; er hätte entfernt werden müssen. Und wenn die Fünferkommission auch zu der Ansicht gekommen wäre was sie nicht ist, wie ich wiederhole —, hätte sie unmöglich den Vorschlag machen können, daß die Streitenden sich einigen, sich wieder vertragen sollten. Die 5 er⸗Kommission hätte den Professoren nicht zumuten können, sich mit einem wortbrüchigen Kollegen zu einigen ⸗: Also der Unterschied zwischen meiner Auffassung und derjenigen der Fünferkommission ist gar nicht so groß.

Wenn ich aber nicht dazu kommen konnte, das Disziplinarver⸗ fahren gegen den Herrn Professor Bernhard mit dem Ziele der Ent⸗ fernung aus dem Amte einzuleiten, so hatte ich eben keine Möglichkeit, ihn aus seiner Stellung zu entfernen, denn Sie wissen, daß Universitäts⸗ professoren gegen ihren Willen nicht versetzbar sind. Wenn nun trotz⸗ dem die Fakultät, die sich ja der Fünferkommission in ihrem Urteil an⸗ geschlossen hatte, an mich das Ansinnen richtet, ich solle den Professor Bernhard aus ihrer Mitte nehmen, so bin ich eben nicht in der Lage, diesem Ersuchen zu entsprechen, weil mir dazu die Mittel fehlen. Ich hätte gewünscht, daß die Fakultät, die das doch sehr wohl wußte, es unterlassen hätte, diese Bitte wiederholt an mich zu richten.

Nun, meine Herren, auf was es mir besonders ankommt, das ist, hier festzustellen, daß die direkt und indirekt ausgesprochenen Vorwürfe gegen das Ministerium, es habe sich an der Preßpolemik beteiligt, unrichtig sind; ich muß das mit aller Entschiedenheit betonen. Das ist nicht der Fall, und es ist auch nicht gelungen, irgendwie dafür einen Beweis zu liefern. Auch die Herren, die das in der Kommission angedeutet und geglaubt haben, mir darüber Mitteilung machen zu können, haben das nicht vermocht. Ich habe den Herren die Auf⸗ klärung, die ich geben konnte, gegeben, und daraus erhellt, daß irgend⸗ wie eine Beteiligung des Ministeriums an der Preßpolemik nicht nachzuweisen ist und, wie ich mit aller Sicherheit behaupte, auch nicht stattgefunden hat. Meine Herren, die Presse bekommt natürlich wie überall auch im Ministerium über tatsächliche Vorkommnisse Aus⸗ kunft; ich glaube, Sie würden es nicht für richtig halten, wenn eine tatsächliche Auskunft verweigert würde. Es ist das auch in meinem Ministerium so geordnet, daß nur gewisse vortragende Räte und Direktoren berechtigt sind, solche Auskunft an die Presse zu geben. Lediglich um solche tatsächlichen Auskünfte kann cs sich deshalb handeln, wenn irgend etwas aus dem Ministerium an die Presse gelangt. Niemals aber sind polemische Artikel durch das Ministerium, durch meine Räte beeinflußt worden, niemals ist einer Zeitung die Direktive gegeben worden, sie sollte für den einen oder für den anderen Teil Partei nehmen. Im Gegenteil, es ist aus⸗ drücklich von meinem dafür zuständigen Dezernenten verhindert worden, daß gehässige Artikel, als er zufällig Kenntnis erlangt hatte, daß ihre Veröffentlichung beabsichtigt war, erschienen sind, also gerade das Gegenteil von dem ist der Fall, was jetzt dem betreffenden Beamten vorgeworfen wird: er hat sich wiederholt bemüht, auf die Presse nach der Richtung hin einzuwirken, daß sie aufhören möge mit dem unerquicklichen Streit in ihren Spalten. Ich muß deshalb umsomehr bedauern, daß jetzt die Vorwürfe gegen ihn erhoben werden und daß schließlich überhaupt die ganze Angelegenheit so dargestellt wird, als wenn es sich um einen Gegensatz zwischen Universität und Ministerium handle. Das ist durchaus gar nicht der Fall. Ich habe während der ganzen Angelegenheit im Interesse der Universität gehandelt, und das ist auch anerkannt worden von der Universität; ich habe das erreicht, was die Herren dort nicht erreichen konnten, ich habe eine Verständigung herbeigeführt. Ich habe, glaube ich, alles getan, was ich tun konnte, um das Interesse der Universität nach Möglichkeit vor Schaden zu bewahren.

Jetzt verlangt die Universität: sie möchte gern einen ihr höchst unsympathischen Kollegen loswerden. Ja, meine Herren, dazu bin ich nicht imstande. Also wie kann man daraus einen Konflikt zwischen der Universität und mir konstruieren?! Ein solcher Konflikt besteht gar nicht.

Was nun den weiteren Vorwurf anlangt, daß der Professor Bernhard während der ganzen Angelegenheit im Ministerium gestützt worden sei, daß seine Handlungen, seine Entschließungen zurück⸗ zuführen seien auf Ratschläge, die er im Ministerium erhalten habe, und daß das im letzten Ende schließlich darauf beruhe, daß ein gewisser Gegensatz zwischen dem Personaliendezernenten und den drei älteren Nationalökonomen der hiesigen Universität bestehe, so ist das alles auch nicht richtig, meine Herren. Es ist auch durchaus von meinem Fachreferenten das Bestreben verfolgt worden, diese üble

die Professoren der Universität, z. B. der Dekan der philo⸗ sophischen Fakultät, an meinen Referenten gerichtet hat, worin er ihm für seine Bemühungen im Interesse des Friedens in diesem Streite dankt. Es ist absolut unrichtig, daß etwa von ihm aus der Streit geschürt worden wäre. Was man dafür immer an⸗ führt, das ist der Rat, den er erteilt haben soll, daß Professor Bern⸗ hard sich dem Schiedsgericht nicht unterwerfe. Das ist ganz richtig, meine Herren. (Abg. Liebknecht: Hört, hört!) Den Rat hat in der Tat mein Referent dem Professor Bernhard erteilt. Das ist auch niemals verschwiegen worden. (Abg. Liebknecht: Hört, hört!) Wenn der Herr Vorredner den Bericht der Kommission einsehen will, da wird er ausdrücklich vermerkt finden, daß das geschehen ist, und es ist aus einem Grunde geschehen, der sich gar nicht ohne weiteres von der Hand weisen läßt. Die Dinge lagen doch so, daß der Professor Bernhard sich schon einmal der Fakultät unterworfen hatte sehr falscher Weise, er hatte sein Schicksal in die Hand der Fakultät gelegt, obgleich er vorher den Lehrauftrag an der Berliner Universität an⸗ genommen, seiner Versetzung von Kiel nach Berlin zugestimmt hatte. Er war also wohlinstallierter Professor in der philosophischen Fakultät Berlin. Nachdem er das alles angenommen hatte, nachdem er hierher⸗ gekommen war, da unterwarf er sich der Fakultut insofern, als er sagte: er würde nicht sein Lehramt antreten, wenn nicht die Fakultät ihm ihre Zustimmung gebe. Das war völlig ungehörig; das durfte er unter keinen Umständen tun, und, wie Sie wissen, ist er dafür von meinem Herrn Amtsvorgänger auch getadelt worden.

Nun kam der zweite Fall. Jetzt sollte das Schiedsgericht ent⸗ scheiden. Ja, wenn nun das Schiedsgericht entschied, daß er entgegen seinem Lehrauftrag an den Kollegien beteiligt würde ich nehme ja nicht an, daß das Schiedsgericht so entschieden haben würde, aber daß schließlich der Professor Bernhard nach den Vorgängen nicht ganz ohne Zweifel war, ob er nicht da wieder in einen Konflikt mit seinem Lehrauftrag, mit dem Minister käme, das ist doch immerhin erklärlich: und wenn dann dem Professor Bernhard der Rat erteilt wurde: tu das lieber nicht, gehe das Risiko nicht noch einmal ein, du hast schon einmal die schlechte Erfahrung gemacht —, so ist das ein Rat, der, wie die Dinge einmal gelegen haben, begreiflich ist, der aber durchaus nicht mit einer bestimmten Tendenz gegeben war, etwa der,

stattfanden, entgegenzutreten. Das war durchaus nicht die Tendenz dieses Rats. Auch ist es gar nichts Außergewöhnliches, daß ein Professor, der sich in einer gewissen Verlegenheit befindet, auf das Ministerium geht und sich bei dem Personalienrat Rat holt. Das kommt alle Tage vor. Also auch darin kaunn ich einen Vorwurf, wie er gemacht worden ist, nicht sehen und nicht für berechtigt erklären. Man kann sagen: es war ein falscher Rat —, aber daß der Rat in der Tendenz gegeben worden wäre, die Verhandlungen zu stören, für Bernhard gegen Schmoller, Sering und Wagner aufzutreten, das ist nicht richtig; im Gegenteil lassen sich Beweise genug anführen, daß mein Referent im Interesse des Friedens tätig gewesen ist, daß er in⸗ sonderheit auch die Interessen der Herren Professoren von Schmoller, Wagner und Sering wahrzunehmen bemüht gewesen ist.

Nun, meine Herren, was soll werden? das ist ja schließlich die Hauptfrage. Das Geschehene ist nicht mehr ungeschehen zu machen. Es ist mir wieder an die Hand gegeben worden: ich möchte doch den Professor Bernhard versetzen. Dazu bin ich ich muß es immer wiederholen nicht in der Lage. Ich meine aber, man wird doch glauben dürfen, daß, nachdem nun die Angelegenheit auch hier und ich hoffe weiter in sachlicher Weise erörtert wird, daß eine gewisse Beruhigung unter den Beteiligten eintritt, die schließlich fast möchte man sagen in eine gewisse Leidenschaft⸗ lichkeit geraten sind. Sie haben sehr viel Aerger, sehr viele Un⸗ annehmlichkeiten davon gehabt, und es ist nicht unbegreiflich, daß sie darüber erzürnt und entrüstet sind. Aber sie werden sich doch viel⸗ leicht allmählich zu einer ruhigeren Beurteilung der Dinge durchringen, und dann wird die Zeit heilen wenigstens bis zu einem gewissen Grade —, was jetzt noch zwischen ihnen steht.

Nehmen wir doch auch die Dinge, wie sie wirklich sind. In Berlin besteht die philosophische Fakultät aus mehr als 60 Mit⸗ gliedern, die mit den verschiedensten Dingen betraut sind. Da sind die Beziehungen nicht so eng wie in einer kleineren Stadt und in einer kleineren Universitäat. Da ist es leichter, schließlich auch eine Persönlichkeit in der Fakultät zu haben, der man persönlich nicht nahe steht, der man sogar recht fern steht, wie es hier leider der Fall ist. Daß das unerwünscht ist, ist nicht zu bestreiten; aber als gänzlich unerträglich kann ich es unter den Verhältnissen, wie sie hier in Berlin sind, nicht bezeichnen.

Dabei möchte ich doch noch zum Ausdruck bringen, daß ich sehr wohl weiß, welche Bedeutung die Männer haben, die in der Fünfer⸗ kommission gesessen haben, und die Männer, welche der Fakultät an⸗ gehören. Ich bedauere die Meinungsverschiedenheit, die zwischen ihnen und mir entstanden ist, aufrichtig. Sie ist übrigens gar nicht so groß, wie das vorhin hingestellt worden ist; es werden in der Fakultät jedoch Konsequenzen gefordert, die zu ziehen ich eben einfach außerstande bin. Ich habe beizeiten darauf aufmerksam gemacht, daß so das Ergebnis sein könnte: ich habe den Herren vorgestellt, sie möchten sich doch überlegen, ob es zweckmäßig sei, gleichzeitig die Tätigkeit der Fänferkommission und die amtlichen Untersuchungen des Ministers einsetzen zu lassen; ich habe sie gebeten, doch ihre Ermittlungen, die sie dann zum Urteil führten, wenigstens zu verschieben, wenn sie sie nicht ganz aufgeben wollten, da sie ja sahen, daß die Sache von mir in die Hand genommen war, und da sie ja dasselbe Ziel verfolgten, was ich verfolgte und schließlich erreichte: die Verständigung zwischen den Streitenden. Ich möchte schließen, indem ich nochmals betone, daß das doch das Ziel aller Verhandlungen war, und daß dies Ziel von mir erreicht worden ist. (Bravo! bei den Konservativeu.)

Auf die denselben Gegenstand betreffenden Bemerkungen des Abg. Dr. Lohmann (nl.) entgegnete der

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten D. von Trott zu Solz:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat behauptet, daß zwischen den Erklärungen, die ich vorhin hier abgegeben habe, und denjenigen, die von mir in dem Bericht über die Kommissionsverhandlungen stehen, ein Widerspruch bestehe. Ich muß das bestreiten. Ich habe mich hier ebenso wie in der Kommission dahin ausgesprochen, daß an

gar keiner Beziehung mit dem Kultusministerium stehen, und daß nur,

wie auch in anderen Fällen, Journalisten im Kultusministerium

Auskunft über Tatsachen erhalten haben, soweit das angängig war. Also gerade das, was dem Ministerium vorgeworfen worden ist, daß es sich an dem üblen Preßstreit beteiligt habe, daß es gar einseitig die Presse mit Nachrichten versehen habe, die der andern Seite nachteilig sind, das habe ich bestritten und das be⸗ streite ich jetzt wieder; das ist nicht geschehen, und ich glaube nicht, daß ein Widerspruch zwischen meinen Ausführungen in der Kommission und hier in diesem hohen Hause mit Recht behauptet worden ist.

Nun hat auch der Herr Vorredner ebenso wie der erste Herr Redner auf den Fall Hinneberg hingewiesen, der heute in dem Artikel einer Zeitung hervorgetreten ist. Meine Herren, der Fall hat sich folgendermaßen abgespielt. Der Herr Professor Sering war bei mir und trug mir in einer langen Unterhaltung seine Beschwerden vor, die Schwierigreit seiner Lage und wie er namentlich so darunter leide, daß immer wieder Angriffe in der Presse gegen ihn erschienen. Ich suchte ihn zu beruhigen, aber das gelang nicht, er war sehr besorgt, und schließlich bat er mich: wollen Sie nicht wenigstens die Güte haben, Ihren Einfluß auf den „Lokalanzeiger“ anzuwenden, daß er weitere Artikel nicht bringt? Ich sagte ihm: ich habe gar keinen Einfluß auf den „Lokalanzeiger“, habe gar keine Beziehungen zu ihm, aber ich will Ihnen den Wunsch erfüllen; ich will in die Redaktion schicken und dort meinen Wunsch zum Ausdruck bringen lassen, daß der „Lokalanzeiger“ sich zurückhalte von der Polemik, die gegen Sie geführt wird. Ich beauftragte in⸗ folge dessen den zuständigen vortragenden Rat, nach der Redaktion hinzugehen. Dort wurde mein Wunsch ausgesprochen, es möge sich doch die Zeitung zurückhalten in dem ganzen Streit und namentlich ihre Angriffe gegen Herrn Sering unterlassen. Das ist denn auch tatsächlich geschehen; seit der Zeit ist ein Artikel, der gegen den Herrn Sering gerichtet war, meines Wissens nicht mehr erschienen. Das ist die Tätigkeit, die ich ausgeübt habe im Hinblick auf die Presse; meine einzige Tätigkeit war derartig, wie ich sie eben dargestellt habe.

Nun wurde bei dieser Gelegenheit meinem Abgesandten mitgeteilt, daß kürzlich der Herr Hinneberg bei ihm gewesen sei, und daß er, der Redakteur, den Eindruck gewonnen hätte, als wenn dieser Herr im Auftrage des Ministeriums käme, wovon gar keine Rede sein konnte. Dabei sind Klatschgeschichten erzählt worden, was dort gesagt worden sei und hier gesagt worden sei, Vorwürfe erhoben, angebliche innere Zwistigkeiten, die im Ministerium beständen, erzählt worden und alle solche Dinge: der richtige Klatsch. (Heiterkeit.) Als ich das erfuhr, habe ich gesagt: damit will ich nichts zu tun haben, ich will mich in diese Intrigen nicht hineinziehen lassen; wer Beziehungen mit dem Ministerium haben will, muß vor allen Dingen den gehörigen Takt haben, wer den nicht besitzt, wer draußen Klatschereien macht, von dem ziehe ich mich zurück; ich untersuche die Sache nicht, aber ich will mit solchen Herren nichts mehr zu tun haben. (Sehr richtig!) Ich bin zudem auch garnicht in der Lage, den Herrn hier darüber zu konfrontieren mit dem Redakteur, ob er dieses oder jenes gesagt hätte; es handelt sich um zwei Privatpersonen, die mir nicht unterstehen. Ich glaube, daß ich den einzigen richtigen Schluß ziehe, wenn ich von derartigen Klatschereien höre, daß ich mich von dem Herrn zurückziehe und sage: wir sind in Zukunft geschiedene Leute. Ich bin ja nicht verpflichtet, mit dem Herrn in Verbindung zu bleiben.

Alles das, was ich besonders betonen möchte, ist in meinem Auf⸗ trage geschehen und ist keineswegs auf die eigene Initiative des Herrn Geheimrats Elster zurückzuführen. Ich glaube, ich habe richtig ge⸗ handelt, mich auf solche Dinge nicht einzulassen. Ich muß derartige Klatschgeschichten mit Entschiedenheit von mir abweisen. (Lebhafter Beifall.) 1u““

50. Sitzung vom 16. März 1911, Vormittags 11 Uhr.

(Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden. Das Haus setzt die Beratung des Etats des Mini⸗ steriums der geistlichen und Unterrichtsangelegen⸗ heiten bei dem Kapitel der Universitäten fort. Es findet zunächst eine allgemeine Besprechung bei dem ersten Titel der dauernden Ausgaben statt. Zur Beratung steht hierbei auch der Antrag der Abgg. Dr. Friedberg (nl.), Graf Clairon d Haussonville (kons.) und Dr. Rewoldt (freikons.): 1 „die Staatsregierung zu ersuchen, die Errichtung einer nichtstaat⸗ lichen Universität in Frankfurt a. M. nicht anders als auf Grund eines Gesetzes zu genehmigen“. 8 Abg. Graf Clatron d'Haussonville (kons.): Bei der Ver⸗ teilung des Bibliotheksfonds ist allein die Universität Greifswald leer ausgegangen. Ich möchte den Minister bitten, das Versäumte in diesem Jahre nachzuholen. Die Zusage, daß mehr Lehraufträge für Kolonialrecht und Kolonialwirtschaft erteilt werden sollen, ist zu begrüßen. Dem zu einem späteren Titel gestellten Antrage des Abg. Schmedding, der weitere außerordentliche Beträge von je 200 000 in die Etats bis 1916 zur Ausfüllung der in den Be⸗ ständen der Universitätsbibliotheken vorhandenen Lücken eingestellt haben will, glauben wir zustimmen zu können. Den Antrag betreffs einer nichtstaatlichen Universität in Frankfurt a. M. haben wir gestellt, weil wir der Ansicht sind, daß eine solche Universitätsgründung nur unter Mitwirkung sämtlicher zuständigen Instanzen auf diesem Gebiet erfolgen kann. Das private Vorgehen Frankfurts würde unüber⸗ sehbare Konsequenzen nach sich ziehen. Die Gründung der Universität darf nur durch ein Gesetz geschehen. 1 Abg. Schmedding (Zentr.): Weite Kreise des Volkes nehmen mit dem hohen Hause den lebhaftesten Anteil an der Entwicklung unserer Universitäten. In den Zeiten des traurigen Niedergangs des deutschen Vaterlands im 16., 17. und 18. Jahrhundert trat auch ein Niedergang der Universitäten ein, und andererseits führte der Aufschwung Deutschlands im vorigen Jahrhundert auch eine neue Blüte der Universitäten herbei. Die Universitäten haben eine doppelte Aufgabe: sie sollen Stätten der Forschung und Stätten der Bildung sein. Diese doppelte Aufgabe hat Berlin nicht immer erfüllt. Ursprünglich war die Universität Berlin ja lediglich für die wissenschaftliche Forschung gegründet worden, ihre Professoren konnten ausschließsich Forscher sein; als Lehrer hatten sich in der Hauptsache die Professoren an den Provinzial⸗ universitäten zu betätigen. Indessen, die Dinge sind stärker ge⸗ worden als die Menschen; weder hat Berlin ausschließlich als Stätte der Forschung gedient, noch haben die anderen Universitäten ausschließlich die Lehre und den Fachunterricht gepflegt. Nun ist als besonderes, selbständiges Forschungsinstitut die Kaiser Wilhelm⸗Gesellschaft begründet worden. Ich stelle die hohe Be⸗ deutung dieser Gründung nicht in Frage, erkenne vielmehr gern an,

der Preßpolemik das Ministerium nicht beteiligt gewesen sei, daß alle die Artikel, die si die ei r die andere Seite wenden, in

daß sie für die Entwicklung des deutschen Geisteslebens von höchstem T kann und hoffentlich sein wird. Als bedenklich aber erscheint

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es mir, dieses Institut einen solchen Umfang annehmen möchte, daß dadurch die Universitäten beeinträchtigt werden. Wie ist die Abgrenzung zwischen Forschungs⸗ und Bildungsstätten gedacht? Ich würde dem Minister für eine Erklärung hierüber sehr dankbar sein. Das Bevkürfnis einer ganz neuen Universität, wie sie in Frankfurt a. M. geplant ist, können wir um so weniger anerkennen, als sie nicht in dem wünschenswerten Umfange ins Leben treten soll. Daß diese neue Gründung für den Stagt Ersparnisse im Gefolge haben wird, ist sehr zweifelhaft. Andererseits werden die Nachbaruniversitäten Gießen, Marburg, Heidelberg und Würzburg stark geschädigt werden. Das wäre umso⸗ mehr zu bedauern, weil es den ohnehin ungesunden Zuzug nach den Großstädten noch fördern und die Studentenschaft den Gefahren des Großstadtlebens noch mehr ausliefern würde. Wir werden daher dem Antrag Friedberg zustimmen. Dankenswert ist, daß sich die Regierung in diesem Etat für die Universitäten die Ausfüllung gewisser Lücken hat angelegen sein lassen. Auch den vorjährigen Erlaß wegen der Lage der außerordentlichen Professoren haben wir mit Freude be⸗ grüßt, und wir bitten den Minister, in seinem Bestreben nach Ver⸗ besserung dieser Lage fortzufahren. Die Zahl der außerordentlichen Professoren hat sich seit 1881 um 67 % vermehrt Möge es gelingen, auf dem Wege des Etats Wandel zu schaffen, insbesondere möchten wir dem Minister ans Herz legen, an jeder Universität Professuren für Sozialpolitik, für Kolonialwissenschaft und Kolonialrecht zu schaffen. Die Möglichkeit, sich an jeder Universität sozialvolitisch zu unterrichten, muß vorhanden sein. Denn gar zu häufig begegnet man noch im praktischen Leben, auch bei den Gebildeten, größter Un⸗ kenntnis der elementarsten Dinge auf diesem Gebiete. Meiner be⸗ sonderen Freude gebe ich Ausdruck über die Einstellung eines Postens von 6000 unter die Ausgaben für das Physikalische Institut der Universität Berlin zur Beschaffung von Handwerkszeugen und sonstigen Einrichtungen für Abhaltung von Handfertigkeitsübungen. Hinsichtlich dieser sehr wichtigen Neuerung möchte ich den Minister bitten, es nicht bei diesem Versuch bewenden zu lassen, sondern ein gleiches hei anderen Universitäten zu tun, und da möchte ich ihm besonders Münster empfehlen.

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Zur Frage der städtischen Universität Frankfurt a. M. wird man eine bestimmte Stellung erst nehmen können, wenn das Projekt greifbare Gestalt angenommen hat: so weit scheint uns aber die Sache im Augenblick noch nicht gediehen zu sein. Wenn auf die den Nachbaruniversitäten drohende Schädigung hingewiesen wird, so mag eine solche nicht ausgeschlossen sein, darum allein aber könnte man das Projekt als solches noch nicht verwerfen; es kommen doch dabei noch andere Umstände als diese Rücksicht in Betracht. Wenn die Regierung sich einmal dazu herbeiläßt, eine kommunale Universität zuzulassen, so wird es schwer sein, Anregungen an anderen Stellen entgegenzutreten. Wir wünschen, daß eine Entscheidung von der Regierung nicht getroffen wird, ohne das Haus zu befragen. Wir stehen damit voll⸗ kommen auf verfassungsmäßigem Boden, denn nach der Verfassung ist das Unterrichtswesen durch Gesetz zu regeln. Der Umstand, daß die Praxis schon eine andere gewesen ist, darf nicht dazu benutzt werden, eine so weitgreifende Entscheidung zu treffen, das würde ich für eine große Rücksichtslosiakeit gegen die gesetzgebenden Faktoren halten. Deshalb kann die Regierung mit unserem Antrag einverstanden sein. Ich habe schon, als die Universität Münster errichtet wurde, die Frage aufgeworfen, ob nicht zu diesem Zweck ein Gesetz ziu machen sei. Die Universität Straßburg ist auf Grund eines Reichsgesetzes errichtet worden. Bei der Errichtung der Universität Münster sagte der Kultusminister, daß das Haus es in der Gewalt habe, die Er⸗ richtung dieser Universität dadurch zu versagen, daß es im Etat die Positionen dafür ablehne. Das war ein praktischer Gesichts⸗ punkt, und wir haben damals die Frage nicht weiter verfolgt. Hier aber kommt es anders; der Staat stellt keine Mittel zur Ver⸗ fügung, und so kommen wir überhaupt nicht dazu, uns zu äußern, wenn nicht ein Gesetz gemacht wird. Sowohl verfassungsmäßige als auch Rücksichten der Materie selbst machen eine gesetzliche Regelung notwendig, wenn man überhaupt der Frage nähertritt. Es würde im ganzen Lande nicht verstanden werden, wenn eine so weitgreifende Entscheidung nur auf dem Verwaltungswege erfolgen sollte. Ueber die Stellung der Extraordinarien an den Universitäten bei der Rektoratswahl schweben nach den Erklärungen der Regierung in der Kommission Verhandlungen; diese Sache ist also in Fluß, dagegen haben wir in der Kommission noch keine Antwort auf die Frage erhalten, wie sich die Universitätsverwaltung zu dem Ver⸗ hältnis der Anzahl der Extraordinarien zu der der Ordinarien verhält. Die Zahl der Extraordinarien ist noch immer zu groß im Verhältnis zur Zahl der Ordinarien. In der Kommission ist angeregt worden, daß über die Universitäten eine stärkere Staatsaufsicht ausgeübt werden möge. Ich bin überzeugt, daß ein solcher Appell die Staatsverwaltung nicht beeinflussen wird. Es sind keineswegs solche Mißstände hervor

getreten, die eine stärkere Beaufsichtigung nötig machen würden, es liegt' auch kein Anlaß vor, daß die Regierung mehr in die Administration der Universitäten eingreift. Bei der Zulassung der Privatdozenten muß lediglich auf die wissenschaftliche Qualifikation gesehen werden.

Abg. Dr. Rewoldt (freikons.): In der Frage der Errichtung einer Universität Frankfurt müssen auf jeden Fall die Interessen der be nachbarten kleineren Universitäten gewahrt werden. Es ist deshalb die Einbringung eines Gesetzes notwendig. Für das Kolonialrecht und die Kolonialwissenschaft müssen Professuren geschaffen werden; ob es Extraordinariate oder Ordinariate sein sollen, ist uns gleich⸗ gültig, für uns Abgeordnete scheiden versönliche Rücksichten aus. Die Sammlungen fremder Literaturen müssen mehr mit Staatsmitteln unter⸗ stützt werden, dabei sollte in Breslau besonders die slawische und in Kiel die nordische Literatur bevorzugt werden. Ueber die Verwertung des Grundbesitzes der Universität Greifswald ist kürzlich von parlamentarischer Seite ein Artikel veröffentlicht worden, der nicht gerade von Sachkenntnis getrübt ist. Es ist be⸗ mängelt worden, daß mehrere Güter der Universität Greifs⸗ wald an eine Familie verpachtet seien, und es wurde behauptet, daß dies den öffentlichen Interessen widerspreche. Das ist eine schiefe und einseitige Auffassung. Es hat sich darum gehandelt, daß vor mehreren Jahrzehnten die intensive Bewirtschaftung des Grundbesitzes der Universität auf ihren Gütern gefördert werden sollte. Da man bis dahin in Pommern die intensive Bewirtschaftung noch nicht so für durchführbar hielt, kam eine Familie aus der Pro⸗ vinz Sachsen, die als Muster auftrat und den intensiven Betrieb mit großen Kosten einrichtete und dann in der Umgegend auch für die anderen Universitätsgüter vorbildlich war. Der Erfolg war, daß die Erträge der Universitätsgüter gesteigert wurden: es war also ein großes staatliches Interesse, daß die Universität durch die intensive Wirtschaft dazu beitrug, ihre eigenen Einnahmen zu steigern, und nebenbei der ganzen Gegend einen wirtschaftlichen Vorteil brachte, indem auch diese höhere Erträge erzielte.

Abg. von Negelein (kons.): Die Universität Frankfurt darf nur auf dem gesetzmäßigen Wege ins Leben gerufen werden. Im vorigen Jahre habe ich schon meine Bedenken gegen diese Universitätsgründung vorgebracht. Es wäre nicht nötig gewesen, auf diese Sache noch einmal zurückzukommen, wenn nicht Frankfurt kurz vor Beratung des Kultusetats mit seinen Plänen wieder hervorgetreten wäre. Durch eine städtische Universität würde ein vollkommen neuer Weg betreten und das ganze bisherige Universitätsprinzip durchbrochen werden. Wir haben in Deutschland nur staatliche Universitäten. Es war von jeher der Stolz der Landesfürsten, die Wissenschaft zu fördern. Auch ist die Freiheit der Wissenschaften im Schutze der staatlichen Leitung gewährleistet. Soll bei der städtischen Universität der Minister das Recht der Ernennung der Professoren haben? Wer soll den Einfluß auf die Festsetzung der Professorengehälter haben? Alles das sind Fragen, die außerordentliche Schwierigkeiten in sich schließen würden. Es ist auch kein Bedürfnis zur Gründung einer Universität in Frankfurt vorhanden. Wir haben genug Universitäten. Es liegt kein eigentlicher Anlaß vor, eine neue Universität zu gründen. Das sogenannte Gelehrtenproletariat würde dadurch noch mehr ver⸗ mehrt werden. Das Ergebnis der Beratungen des Provinziallandtags

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n Cassel war die Ablehnung dieses Planes, zumal da man in ihm eine große Gefahr für die Universität Marburg erblicken müsse. Die bestehenden Universitäten vermögen eine viel größere Zahl von Hörern aufzunehmen; in der Bevölkerungszunahme ist kein Grund für die Not⸗ wendigkeit einer neuen Universität zu sehen. Der eigentliche Grund ist vielmehr nur der Ehrgeiz der Frankfurter. Die alten Universitäten wurden ja auch ursprünglich durch Stiftungen errichtet, aber die Stiftungen allein reichen nicht aus, Staatszuschüsse sind zu allen nötig. Die Stiftungsgelder für Frankfurt würden auch über kurz oder lang nicht mehr ausreichen, dem Staate würden neue Lasten aufgebürdet werden, die seine Leistungsfähigkeit gegenüber den anderen Univerfitäten vermindern würde. Nach reiflicher Ueberlegung verhalten wir uns des⸗ halb gegenüber der Gründung der Universität Frankfurt ablehnend, wenn der Staat seine Zustimmung nicht gibt. Wir werden der vor⸗ geschlagenen Resolution zustimmen, weil wir die Mitwirkung des Landtags bei der Gründung einer solchen Universität für unmöglich halten. Wir könnten erst zustimmen, wenn alle Bedenken durch die Stagtsregierung aus dem Wege geräumt sind.

„Abg. Funck (fortschr. Volksp.): Der Gedanke, in Frankfurt eine Universität zu gründen, ist nicht in letzter Zeit entstanden, sondern schon sehr alt; er ist schon im Jahre 1763 aufgetaucht, hat aber erst in der letzten Zeit greifbare Formen angenommen. In Frankfurt gibt es eine große Reihe wissenschaftlicher Gesellschaften, wir haben dort eine Bibliothek, wie sie keine andere Stadt aufweisen kann, wir haben ein wissenschaftliches Institut für Experimental⸗ therapie, zu dem jetzt schon der Staat Zuschüsse leistet usw. Was in der letzten Zeit den Gedanken etwas greifbarer hat werden lassen, ist die Erwägung, daß die vorhandenen Institute zusammen gefaßt werden müssen, damit sie ihren Zweck in vollstem Maße er⸗ füllen. Der Name Universität ist eigentlich nur ein neuer Name für etwas, was bereits vorhanden ist. Der Magistrat hat der Stadt⸗ verordnetenversammlung eine Vorlage gemacht, wonach sich die Stadt mit der Einrichtung einer Universität einverstanden erklärt. Die Bedenken, daß Frankfurt einen Staatszuschuß fordern könnte, jind unbegründet. Alles, was Frankfurt erreicht hat, hat es ohne staatliche Hilfe erreicht. Ich halte es für bedenklich, daß man durch Erschwerung der Bestrebungen die Kreise, die bisher Mittel ge⸗ geben haben, zurückstößt. Wir sollten uns freuen, das durch private Mittel, ohne daß die Gelder der Steuerzahler in Anspruch genommen werden, etwas für die Wissenschaft geleistet wird. Die Befürchtungen für Marburg sind ein Zeichen von Voreingenommenheit: Marburg könnte sehr gut neben Frankfurt bestehen. Derartige kleinliche Gesichts⸗ vunkte, daß Frankfurt nur vom Ehrgeiz, nur von lokalen Interessen geleitet sei, follte man nicht in die Debatte werfen. Was die Studenten hauptsächlich in die großen Städte führt, ist die leichtere Bildungsmöglichkeit. Daß Frankfurt nicht so viel bieten könne wie Berlin, sehe ich nicht ein; gerade Frankfurt bietet außer⸗ ordentlich viel Bildungsmöglichkeiten. Auch der Hinweis darauf, daß Frankfurt eine teuere Stadt sei, ist hinfällig. Frankfurt ist so teuer wie jede andere Großstadt. Es gibt eine große Fülle von Möglichkeiten, auch für minder bemittelte Leute, durchzukommen; aber gerade durch die höheren Kosten für den Lebensunterhalt ist die Gewähr geboten, daß Marburg und auch Bonn nicht erheblich geschädigt werden. Das Aufsichtsrecht des Staates ist doch ganz selbstverständlich. Sonst wäre es gar nicht möglich, Examina abzuhalten. Daß die Konservativen den Antrag mitgestellt haben, könnte man ja ver⸗ stehen; denn bei ihnen herrscht eine latente Gegnerschaft gegen die Städte. Unverständlich ist das aber von den Nationalliberalen. Herr Friedberg ist dagegen, weil es der erste Schritt wäre zur Zu⸗ lassung einer nichtstaatlichen Universitäat. Daß darin eine Gefahr liegen soll, kann ich aber nicht einsehen. Der Staat hat jeden Uesgines durch sein Aufsichtsrecht die Möglichkeit, Auswüchse zu verhindern. Ich möchte Sie deshalb bitten, den Antrag abzulehnen.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten D. von Trott zu Solz:

Wie im vorigen Jahre hat auch bei der gegenwärtigen Beratung des Etats der Universitäten der Plan einer Universitätsgründung in Frankfurt a. M. einen breiten Raum eingenommen. Sämtliche der Herren, die bisher zu dem Etat der Universitäten gesprochen haben, sind auf diesen Plan eingegangen, und deshalb möchte ich auch gleich zu Beginn meiner Ausführungen diese Frage berühren.

Ich habe mich bereits im vorigen Jahre zu dieser Frage geäußert, und zwar dahin, daß ich nicht in der Lage sei, zu ihr eine Stellung einzunehmen, weil ich bis dahin mit der Frage amtlich noch nicht beschäftigt gewesen sei, keine Gelegenheit gehabt habe, mich damit zu beschäftigen. Ich bin in diesem Jahre in derselben Lage. Es ist an mich irgend ein Antrag, der sich auf die Gründung der Universität in Frankfurt bezieht, bisher nicht gerichtet worden. Ich habe also keinen Anlaß gehabt, mich mit dieser Frage zu beschäftigen. Ich muß abwarten, bis solche Anträge an mich herantreten. Allerdings habe ich kürzlich aus den Zeitungen entnommen, daß der Magistrat zu Frankfurt a. M. mit einem Antrag auf Gründung einer Universität an die Stadtverordnetenversammlung herangetreten sei. Ich muß abwarten, bis derartige Anträge an mich herantreten werden, bis mir die Modalitäten bekannt sind, die Einzelheiten, wie der ganze Plan gedacht und fundiert ist.

Nun haben die meisten der Herren Vorredner Bedenken gegen den Plan hervorgehoben, und diese Bedenken haben sich verdichtet zu einem Antrage, der uns vorliegt, wonach die Königliche Staats⸗ regierung ersucht werden soll, die Errichtung einer nichtstaatlichen Universität in Frankfurt a. M. nicht anders als auf Grund eines Gesetzes zu genehmigen. Die gesetzlichen Grundlagen für die Errich⸗ tung von Universitäten finden wir auch heute noch im Allgemeinen Landrecht. Sie wissen, daß das durch die Verfassung vorgesehene allgemeine Unterrichtsgesetz bisher nicht erlassen worden ist. Es sind wohl einige Gebiete des Unterrichtswesens in den letzten Jahren ge⸗ setzlich geregelt worden, das Universitätsrecht und das Universitäts⸗ wesen ist aber bisher noch nicht gesetzlich geregelt. So finden die⸗ jenigen Bestimmungen darüber Anwendung, die vor Erlaß der Ver⸗ fassung gegolten haben. § 1 Tit. 12 des zweiten Teils des All⸗ gemeinen Landrechts lautet:

Schulen und Universitäten sind Veranstaltungen des Staats,

welche den Unterricht der Jugend in nützlichen Kenntnissen und

Wissenschaften zur Absicht haben. Es ist also allgemein gesagt, daß alle öffentlichen Schulen und Universitäten Veranstaltungen des Staats sind; daran ändert auch nichts der folgende Paragraph, der lautet:

Dergleichen Anstalten sollen nur mit Vorwissen und Genehmigung

des Staats errichtet werden. Also auch dann, wenn von dritter Seite nur mit Vorwissen und Ge⸗ nehmigung des Staats eine Universität gegründet werden sollte, ist diese nach § 1 eine staatliche Anstalt. Wenn also an mich der An⸗ trag von Frankfurt herantritt, in dieser Stadt eine Universität zu gründen, so würde ich prüfen müssen, ob die Voraussetzungen, die Modalitäten gegeben sind, die die Universität zu einer staatlichen machen können. Sind sie gegeben, so würde die Genehmigung erteilt werden können. Sind sie nicht gegeben, so wird sie versagt werden müssen, und es würde dann die Begründung der Universität nur möglich sein auf Grund eines besonderen Gesetzes, was dann zu erlassen wäre. Insofern habe ich gegen den

Antrag nichts einzuwenden. Ich-⸗halte ihn allerdings für überflüssig. Die Rechtslage ist, wie mir scheint, nach dieser Richtung hin nicht zweifelhaft. Das wäre das, was ich über die Universitäten in der Frage zu sagen hätte.

Ich komme nun auf die anderen Ausführungen der Herren Vor⸗ redner, und da möchte ich zunächst auf diejenigen eingehen, die Herr Schmedding gemacht hat bezüglich der Kaiser Wilhelms⸗ Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften. Herr Schmedding hatte Befürchtungen geäußert, ob nicht durch diese Gesellschaft und die von ihr begründeten Forschungsinstitute Nachteile für unsere Uni⸗ versitäten entstehen können. Ich darf Sie daran erinnern, worauf schließlich in letzter Linie die Begründung der Kaiser Wilhelms⸗ Gesellschaft, die auf die Initiative Seiner Majestät des Kaisers und Königs beruht, zurückgeht. Es ist kein geringerer gewesen als Wilhelm von Humboldt, der in seinem großen Wissenschaftsplan sich dahin aussprach, daß wir, um ihn völlig auszuführen, Universitäten, Akademien und Forschungsinstitute bedürften. Universitäten und Akademien sind begründet worden. Forschungsinstitute haben bisber gefehlt, und wenn sie jetzt errichtet werden sollen, dann sollen sie dazu dienen, den Plan Wilhelm von Humboldts völlig auszubauen. Das allein genügt schon, um die Befürchtungen von der Hand zu weisen, daß etwa durch diese Forschungsinstitute, durch die Tätigkeit der Kaiser Wilhelms⸗Gesellschaft Nachteile für unsere Universitäten herbeigeführt würden. Im Gegenteil, wir hoffen nur Vorteile für unsere Universitäten, eine ergänzende Tätigkeit zu der Tätigkeit unserer Universitäten.

Wir erblicken einen wesentlichen Vorzug unserer Universitäten darin, daß sie nicht nur Lehrstätten, sondern auch Forschungsstätten sind. Gerade der Verbindung zwischen der forschenden und der lehrenden Tätigkeit ist es wohl vornehmlich zu danken, daß unsere Universitäten eine solche Blüte erreicht und ein solches Ansehen in der ganzen Welt erlangt haben. Daran werden wir mit aller Bestimmt⸗ heit festhalten. Wir würden glauben, daß wir unsere Universitäten ernstlich schädigten, wenn wir an diesem Grundcharakter irgendwie rütteln wollten. (Bravo!)

Es gibt aber Forschungen, die über den Rahmen der Universitäten hinausreichen. Es gibt wissenschaftliche Probleme, die die volle Tätigkeit eines Forschers oft für sein ganzes Leben in Anspruch nehmen, ja, die vielleicht über das Leben eines Einzelnen noch hinausreichen, die aber, wenn sie gelöst sind, von wesentlichem Nutzen für die Wissenschaft und weitere Gebiete sein werden. Gerade solchen großen wissenschaftlichen Problemen sollten diese Forschungsinstitute dienen, und es sollen an sie Persönlichkeiten berufen werden, die geeignet sind, auf diesem Gebiet mit Erfolg zu wirken. Nun haben wir ja unter unsern Ge⸗ lehrten auch solche, die gerade auf die Forschertätigkeit ihre Auf⸗ merksamkeit hinlenken, die sich mehr zum Forscher als zum Lehrer eignen. Aber das sind immerhin doch nur wenige. Im allgemeinen legen unsere Gelehrten einen großen Wert darauf, die Forschertätigkeit und die Lehrtätigkeit zu verbinden, im engen Konnex mit der lernenden Jugend zu bleiben und aus dieser Lehrtätigkeit neue Kräfte auch für ihre Forschertätigkeit zu gewinnen. Ich fürchte deshalb nicht, daß etwa eine große Zahl von unsern bedeutenden Universitätsprofessoren sich dazu drängen würde, an den Instituten angestellt zu werden und die Universitäten zu verlassen. Es werden immerhin nur einige wenige sein, die sich besonders für die Forschertätigkeit eignen, und die dort für die Wissenschaft Werte schaffen können. Die Arbeit der Forschungsinstitute und der Universitäten wird durchaus nebeneinander hergehen können, und es wird aus den Forschungsinstituten kein Nachteil für die Universitäten entstehen. Es ist ja auch dafür gesorgt, daß enge Beziehungen zwischen den Forschungsinstituten und den Universitäten bestehen. Es soll da eine rege Wechselwirkung stattfinden. Universitäten und Forschungsinstitute sollen Hand in Hand gehen.

Neben jenen großen Problemen, von denen ich vorhin sprach, kann es sich um ganz spezielle Probleme handeln, deren Durch⸗ forschung im Interesse der Wissenschaft wünschenswert ist. Da wird man unter Umständen auch einen jüngeren Gelehrten an die Auf⸗ gabe stellen können, an einem solchen Institut ein bestimmtes spezielles Problem zu prüfen und der Lösung zuzuführen. Das ist auch nicht immer an unseren Universitäten möglich, und auch in dieser Be⸗ ziehung wird, glaube ich, eine wirkliche Ergänzung unseres Universitäts⸗ betriebes durch die Forschungsinstitute erreicht werden. Ich kann übrigens mitteilen, daß die Kaiser Wilhelm⸗Gesellschaft ihre Tätig⸗ keit schon mit voller Kraft aufgenommen hat, und daß alle Aussicht vorhanden ist, daß schon in kurzer Zeit zwei solche Forschungsinstitute in Dahlem errichtet werden. Ich glaube, wir haben allen Grund, Seiner Majestät dem Kaiser und König für die Initiative, die er auf diesem Gebiet genommen hat, dankbar zu sein. Ich glaube, daß unserem wissenschaftlichen Betriebe nur gedient sein wird, der hohe Standpunkt unserer wissenschaftlichen Leistungen nur weiter gefördert werden wird, wenn die Kaiser Wilhelm⸗Gesellschaft in der Weise ihre Tätigkeit erfüllt, wie es geplant ist.

Wenn ich nun noch auf einige Einzelheiten eingehen darf, die hier vorgebracht worden sind, so ist es zunächst die Frage der Extra⸗ ordinarien, die heute wie auch im vorigen Jahre wieder berührt worden ist. Es ist anerkannt worden, daß ich bemüht gewesen bin, den Wünschen der Extraordinarien entgegenzukommen, daß ich ihnen, wenn sie besondere Disziplinen vertreten, die sonst in der Fakultät nicht ver⸗ treten sind, die Möglichkeit verschafft habe, in solchen Fällen in der Fakultät darüber mit zu beraten. Ebenso ist ihnen mit einer gewissen Beschränkung auch die Möglichkeit gewährt worden, an der Rektor⸗ wahl, was sie wünschten, teilzunehmen.

Nun sind eine ganze Reihe neuer Wünsche in einer Broschüre vorgetragen worden, zu denen ich bisher noch keine Stellung habe nehmen können. Ich bin bis jetzt mit der Ausführung der von mir den Herren gewährten Konzessionen beschäftigt gewesen und habe noch keine Möglichkeit gehabt, mich mit diesen neuen Wünschen zu be⸗ schäftigen. Sie werden selbstverständlich auch von mir einer Prüfung unterzogen werden, und ich muß mir vorbehalten, welche Stellung ich dazu nehmen werde.

Was die Zahl der Extraordinate anlangt, so wissen Sie ja, meine Herren, wie diese entstehen. Es tritt irgend eine Disziplin in den Vordergrund, von der man glaubt, daß sie von weittragenderer Be⸗ deutung werden könnte, die aber doch noch nicht so stark gefestigt ist, daß sich das mit aller Bestimmtheit sagen ließe. Dann wird zunächst ein Extraordinariat errichtet und besetzt. Zeigt sich dann allmählich, daß die betreffende Disziplin von dauerndem Werte ist, dann wird das Extraordinariat in ein Ordinariat umgewandelt. Daß das nich

immer so schnell und in so weitem Umsange g