bekanntgemachten Tagesordnung
§ 30. Der Vorstand darf Prokuristen und Bevollmächtigte zum Betrieb des gesamten Handelsgewerbes nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats bestellen. Diese Beschränkung hat Dritten gegenüber keine Wirkung. 3
§ 31. Die Mitglieder des Vorstands, die ihre Obliegenheiten vernachlässigen — § 276 des B. G.⸗B. — haften der Gesellschaft für allen daraus entstehenden Schaden. Diese Haftung müssen sie bei ihrer Bestellung ausdrücklich übernehmen.
§ 32. Alle für die Mitglieder des Vorstands geltenden Vor⸗ schriften finden auch auf ihre Stellvertreter Anwendung.
B. Aufsichtsrat.
§ 33. Der Aufsichtsrat besteht aus mindestens 5 und höchstens 9 von der Hauptversammlung zu wählenden Personen, von denen mindestens die Hälfte, bei ungrader Zahl die Mehrheit die deutsche Reichsangehörigkeit besitzen muß. 1
Die Wahl des Aufsichtsrats steht der ordentlichen Hauptversamm⸗ lung zu. Sie erfolgt unter Aufnahme eines notariellen Protokolls auf drei Jahre derart, daß die Amtsdauer mit dem Schluß der dritten, auf die Wahl folgenden ordentlichen Hauptversammlung endigt und mit der Maßgabe, daß im Zeitraum von höchstens wei Jahren mindens eines der jeweiligen Mitglieder ausscheidet. ie Reihen⸗ folge dabei wird, soweit das Dienstalter gleich ist, durch das Los, sonst durch das Dienstalter in der Weise bestimmt, daß immer der Aelteste ausscheidet. 1 8 Die Ausgeschiedenen sind wieder wählbar. 3 „Bei außerordentlichem Wegfall von Mitgliedern kann der Aufsichtsrat eine bis zur nächsten Hauptversammlung gültige Zuwahl treffen, die endgültige Zuwahl erfolgt durch die nächste ordentliche 111“ und zwar für den Rest der Amtsdauer des Weg⸗
efallenen. 8 Die Vorschriften des § 25 finden entsprechende Anwendung.
Die Namen der Mitglieder des Aufsichtsrats sind öffentlich be⸗ kannt zu geben. (§ 55.)
§ 34. Die Hauptversammlung kann die Wahl eines w818 chts⸗ ratsmitgliedes jederzeit widerrufen. Der Widerruf bedarf einer Mehr⸗ heit, die mindestens drei Vierteile des bei der eschlußfassung ver⸗ tretenen Grundkapitals umfaßt. 1
§ 35. Die Mitglieder des Aufsichtsrats können nicht zugleich Mitglieder des Vorstands oder dauernde Stellvertreter von Vor⸗ standsmitgliedern sein, auch nicht als Beamte die Geschäfte der Ge⸗ sellschaft führen. Nur für einen im voraus begrenzten Zeitraum kann der Aufsichtsrat einzelne seiner Mitglieder zu Stellvertretern von Vorstandsmitgliedern bestellen; während dieses Zeitraums und bis zur Entlastung des Vertreters darf der letztere eine Tätigkeit als Mitglied des Aufsichtsrats nicht ausüben. “
cheiden aus dem Vorstand Mitglieder aus, so können sie nicht vor der Entlastung in den Aufsichtsrat eintreten. 1
§ 36. Der Fufsichtsrat wählt aus seiner Mitte einen Vor⸗ ee und einen stellvertretenden Vorsitzenden und beschließt seine
eschäftsordnung. 1 1
Der stellvertretende Vorsitzende hat die gleiche Befugnis wie der Vorsitzende und ist bei deren Ausübung zum Nachweis des Ver⸗ tretungsfalles nicht verpflichtet. — 1
§ 37. Der Aufsichtsrat wird von dem Vorsitzenden so oft berufen, als eine geschäftliche Veranlassung dazu vorliegt. Er muß innerhalb einer Woche auf einen nicht länger als eine Woche nach der Berufung liegenden Tag eingeladen werden, wenn
venigstens zwei Mitglieder des Aufsichtsrats oder ein Mitglied
des Vorstands es schriftlich bei dem Vorsitzenden beantragen. Bei der Berufung ist die, Tagesordnung sowie der Ort und die Zeit der Versammlung mitzuteilen. Der Aufsichtsrat ist beschlußfähig, wenn wenigstens drei Mitglieder anwesend sind, und zwar au dann, wenn die außerhalb des Deutschen Reichs befindlichen Mit⸗ glieder nicht rechtzeitig haben eingeladen werden können. Die Be⸗
8 srüss werden mit einfacher Stimmenmehrheit der an der Ab⸗
timmung beteiligten Personen gefaßt. Bei Stimmengleichheit ent⸗ cheidet mit Ausnahme von Wahlen die Stimme des Vorsitzenden. ei; Wahlen gilt diejenige Person als gewählt, die die meisten Stimmen auf sich vereinigt. 8 1 8 Abwesende Mitglieder können anwesenden eine schriftliche Voll⸗
macht zur Abstimmung über solche Gegenstände erteilen, die auf der
tehen. Die Beschlüsse werden in der Regel in Sitzungen gefaßt; in schleunigen Fällen jedoch können Beschlüsse auch durch schriftliche oder
rtelegraphische Abstimmung gefaßt werden. Doch ist alsdann zur Be⸗ Fchlußfassung Stimmeneinheit der sämtlichen in Europa anwesenden Aufsichtsratsmitglieder mit der Maßgabe erforderlich, daß jedenfalls
wenigstens drei Mitglieder befragt werden müssen. Der Vorsitzende hat vor der Herbeiführung einer schriftlichen oder telegraphischen Ab⸗
stimmung dafür Sorge zu tragen, daß der gemäß § 54 bestellte Kom⸗
missar Aufsichtsrechte wahrzunehmen vermag. eber die Verhandlungen und Beschlüsse des Aufsichtsrats ist ein Protokoll aufzunehmen, das der Vorsitzende und ein Mitglied zu nterzeichnen haben. 1 § 38. Der Aufsichtsrat hat die gesamte Geschäftsführung des Vorstands zu überwachen. Er kann insbesondere jederzeit von dem Vorstand Bericht über die Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen und durch den Vorsitzenden oder einzelne von ihm zu bestimmende Mitglieder, auch durch dritte Sachverständige, die Bücher und Schriften der Gesellschaft einsehen und prüfen sowie den Stand der Bejelsschaftskasse zund die sonstigen Bestände an Aktiven unter⸗ suchen. Der Aufsichtsrat ist befugt, die Gesellschaft bei der Vor⸗ nahme von Rechtsgeschäften mit den Vorstandsmitgliedern sowie bei Rechtsstreitigkeiten mit diesen zu vertreten. Die Mitwirkung des . ist insbesondere in folgenden Angelegenheiten not⸗ wendig: 3
1) Anstellung, Suspendierung und Entlassung von Vorstands⸗ mitgliedern und Veamten⸗ 1
2) Bewilligung außerordentlicher Vergütungen, Gewinnanteile üss en onen an Vorstandsmitglieder, Beamte oder deren Hinter⸗
liebene.
3) Bestimmung der Höhe und Zeit für die Einforderungen auf die Anteile.
4) Bestimmung über Anlage und Verwendung der Rücklagen sowie Schaffung einer außerordentlichen Rücklage.
5) Grundsätze, nach denen Ländereien zu erwerben und zu ver⸗ werten sind. 8
6) Umsang und Art des Betriebes von Bodenbau, Handel, berg⸗ männischen und anderen gewerblichen Unternehmungen.
7) Errichtung von Zweigniederlassungen, Stationen und Pflanzungen.
8) Ankauf von Schiffen und Ausrüstung von Forschungs⸗ expeditionen. 88
8 9) Allgemeine Grundsätze über die Geschäftsführung im Schutz⸗ gebiete.
10) Voranschlag über die Jahreseinnahmen und Ausgaben der Gesellschaft.
11) Die Ausgabe von Schuldverschreibungen auf den Inhaber oder sonstige Obligationen.
12) Wahl der Bankhäuser, mit denen in Verkehr getreten werden soll.
13) Abschluß von Verträgen, durch die dauernde Rechte und Verpflichtungen begründet werden, oder deren Gegenstand an Wert eine saef vom Aufsichtsrat jeweils zu bestimmende Höhe erreicht.
14) Feststellung der Geschäftsordnung für den Vorstand. 8
15) Kontrolle und Entlastung der im Schutzgebiete tätigen Beamten.
§ 39. Die Mitglieder des Aufsichtsrats haben Anspruch auf Erstattung der ihnen erwachsenen baren Auslagen, im übrigen keinen Anspruch auf eine sonstige Vergütung irgendwelcher Art, die sich nicht aus der Satzung ergibt. Die Verteilung der satzungsgemäßen Ver⸗ gütung unter die Mitglieder bestimmt der Aufsichtsrat.
Die Vorschrift des § 31 findet auf die Aufsichtsratsmitglieder entsprechende Anwendung.
1“ C. Ha ptvers ammlun 1
§ 40. Die Hauptversammlung vertritt die Gesamtheit der Ge⸗ sellschaftmitglieder; ihre Beschlüsse und Wahlen sind für alle Mit⸗ glieder verbindlich. Jeder Anteil (§ 5) berechtigt zu einer Stimme.
5 41. Die Hauptversammlungen werden in Berlin abgehalten.
jiie Einberufung der ordentlichen Hauptversammlung erfolgt durch den Vorstand. Außerordentliche Hauptversammlungen können durch den Vorstand oder den Aufsichtsrat berufen werden. Außerdem ist der Kommissar des Reichskanzlers in den Fällen des § 54 Abs. 1 zur Einberufung einer Hauptversammlung berechtigt.
Die Berufung erfolgt durch einmalige öffentliche Bekanntmachung im „Deutschen Reichsanzeiger“ und im „Deutschen Kolonialblatt“. Die Bekanntmachung muß spätestens am 15. Tage vor dem Tage der Hauptversammlung, sofern aber dieser Tag ein Sonntag oder staatlich anerkannter allgemeiner Feiertag ist, spätestens an dem diesem voran⸗ gehenden Werktage unter Angabe der Tagesordnung erlassen werden. Soll der Hauptversammlung ein Antrag auf Abänderung der Satzungen unterbreitet werden, so ist die beabsichtigte Aenderung nach ihrem wesentlichen Inhalt in der Bekanntmachung erkennbar zu machen.
Jedes Mitglied, das einen Anteilschein bei der Gesellschaft hinter⸗ legt oder im Anteilsbuch eingetragen steht, kann verlangen, daß ihm die Berufung der Hauptversammlung und die Tagesordnung, sobald deren öffentliche Bekanntmachung erfolgt, durch eingeschriebenen Brief besonders mitgeteilt wird.
Die gleiche Mitteilung kann das Mitglied über die in der Hauptversammlung gefaßten Beschlüsse verlangen. Auch hat das Mitglied das Recht, zu verlangen, daß Gegenstände zur Beschluß⸗ fassung in der Hauptversammlung angemeldet werden.
Mangel der Form und Frist der Berufung, insbesondere der Mangel der Unterbleibung einer öffentlichen Bekanntmachung der Berufung und der Tagesordnung der Hauptversammlung gilt als geheilt, wenn sämtliche Anteile in der Hauptversammlung vertreten find, alle Beschlüsse der Hauptversammlung einmütig gefaßt und die Mängel nicht durch einen anwesenden Anteilseigner durch Erklärung zu dem Protokoll der Hauptversammlung gerügt werden. In der Hauptversammlung ist ein Verzeichnis der erschienenen Anteilseigner oder deren Vertreter mit Angabe ihrer Namen und Wohnorte sowie des Betrages der von jedem vertretenen Anteile aufzustellen. Das Verzeichnis ist zur Einsicht auszulegen. Es ist von dem Vorsitzenden zu unterzeichnen. 8
§ 42. Zur Teilnahme an der Hauptversammlung ist jeder An⸗ teilseigner berechtigt, der im Anteilsbuche eingetragen ist oder der spätestens am dritten Tage vor der Hauptversammlung bei der Kasse der Gesellschaft oder bei denjenigen Stellen, die etwa in der Ein⸗ berufung sonst als Hinterlegungsstellen bezeichnet sind, gegen Be⸗ scheinigung Anteilscheine hinterlegt hat und sie daselbst bis zur Be⸗ endigung der Hauptversammlung beläßt. Statt der Anteilscheine können auch die darüber lautenden Depotscheine der Reichsbank oder einer öffentlichen Behörde oder eines Notars hinterlegt werden, sofern in dem Depotschein die Rückgabe der Stücke von der Rückgabe des Depotscheins abhängig gemacht ist.
Juristische Personen, Handelsfirmen ꝛc. können durch ihre gesetz⸗ lichen Vertreter in der Hauptversammlung vertreten werden, außerdem ist die Vertretung durch zeichnungsberechtigte Prokuristen zulässig. Ferner kann jeder Anteilseigner sich durch eine mit schriftlicher Voll⸗ macht versehene Persönlichkeit vertreten lassen. Die Vollmachten müssen spätestens am Tage vor der Versammlung dem Vorstand zur Prüfung eingereicht werden.
§ 43. Wer durch Beschlußfassung entlastet oder von einer Ver⸗ pflichtung befreit sein will, hat hierbei kein Stimmrecht und darf ein solches auch nicht für andere ausüben. Dasselbe gilt von einer Beschlußfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit einem Mit liede, die Einleitung und Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und der Gesellschaft betrifft.
§ 44. Den Vorsitz in der Hauptversammlung führt der Vor⸗ sitzende oder ein anderes vom Aufsichtsrat dazu bestimmtes Mitglied des Aufsichtsrats, in Ermangelung eines solchen ein von der Haupt⸗ versammlung zum Vorsitz berufenes Mitglied der Gesellschaft.
Jeder Beschluß der Hauptversammlung bedarf zu seiner Gültig⸗ keit der Beurkundung durch ein über die Versammlung notariell auf⸗ genommenes Protokoll. In dem Protokoll sind der Ort und der Tag der Versammlung, der Name des Notars sowie die Art und das Fr⸗ gebnis der Beschlußfassung anzugeben. Das Verzeichnis der Teilnehmer an der Hauptversammlung sowie die Belege über die ordnungsmäßige Berufung sind dem Protokoll beizufügen. Die Beifügung der Belege über die 2 erufung der Hauptversammlung kann unterbleiben, wenn die Belege unter Angabe ihres Inhalts in dem Protokoll aufgeführt werden. Einer Beifügung der überreichten Vollmachten zum Protokoll bedarf es nicht.
§ 45. Ueber Gegenstände, die nicht auf der Tagesordnung standen, darf kein Beschluß gefaßt werden, außer über einen in der Haupt⸗ versammlung gestellten Antrag auf Berufung einer außerordentlichen Hauptversammlung.
Ueber die Gegenstände der Tagesordnung ist in der Reihenfolge der Bekanntmachung zu verhandeln, sofern die Hauptversammlung nicht Abweichungen beschließt. 1
Die Bestimmungen der §§ 271, 272, 273 des H.⸗G.⸗B. finden auf die Anfechtung der Beschlüsse der Hauptversammlung entsprechende Anwendung.
§ 46. Die Hauptversammlung ist entweder eine ordentliche oder eine außerordentliche.
Die ordentliche Hauptversammlung muß in jedem Jahr spätestens im Oktober stattfinden.
Der ordentlichen Hauptversammlung stehen zu:
1) Die Entgegennahme der vom Vorstand und Aufsichtsrat er⸗ statteten Geschäftsberichte und der Bilanz nebst Gewinn⸗ und Ver⸗ lustrechnung für das abgelaufene Geschäftsjahr,
2) Die Beschlußfassung über die Genehmigung der zu 1 be⸗ zeichneten Vorlagen und die Entlastung des Vorstands und Auf⸗ sichtsrats,
3) die Beschlußfassung über die Gewinnverteilung,
4) die Wahlen.
Wird die Bilanz nicht sogleich genehmigt, so kann die Haupt⸗ versammlung einen Ausschuß zur Nachprüfung ernennen.
§ 47. Die Hauptversammlung kann mit einfacher Stimmen⸗ mehrheit die Bestellung von außerordentlichen Revisoren zur Prüfung der Bilanz oder von Vorgängen bei der Gründung oder der Ge⸗ schäftsführung beschließen. b
Ebenso kann die Hauptversammlung mit einfacher Stimmen⸗ mehrheit beschließen, daß und welche Schritte zur Geltendmachung der Verantwortlichkeit der Vorstands⸗ und Aufsichtsratsmitglieder gegen⸗ über der Gesellschaft unternommen werden.
§ 48. Die außerordentlichen Hauptversammlungen werden von dem Vorstand oder dem Aufsichtsrat berufen.
Außerordentliche Hauptversammlungen müssen berufen werden auf Verlangen *
1) Von Mitgliedern, die mindestens den zwanzigsten Teil des Grundkapitals vertreten,
2) der Aufsichtsbehörde (§ 54). 1
Auch die ordentliche Hauptversammlung kann die Berufung einer außerordentlichen Hauptversammlung durch den Vorstand beschließen.
§ 49. Die Beschlüsse der Hauptversammlung bedürfen, sofern die Satzung nicht ein anderes vorschreibt, der Mehrheit der ab⸗ gegebenen Stimmen (einfache Stimmenmehrheit). Bei Stimmengleich⸗ heit gilt der Antrag als abgelehnt. Die Art und Weise der Ab⸗ stimmung bestimmt der Vorsitzende. Bei Wahlen gilt jedoch der⸗ jenige als gewählt, der die meisten Stimmen auf sich vereinigt.
Wahlen können, falls niemand widerspricht, in der Weise vor⸗ genommen werden, daß die Hauptversammlung zu gemachten Vor⸗ schlägen ihre Zustimmung erteilt.
Wenn dieser Form der Wahl widersprochen wird, so erfolgt die Wahl jedes einzelnen Mitglieds des Aufsichtsrats durch Stimmzettel, auf denen die Zahl der dem Stimmberechtigten zustehenden Stimmen vermerkt ist.
Wird hierbei die einfache Mehrheit nicht erreicht, so
5 “ 28 3
zwischen
en beiden Personen, welche die meisten Stimmen erhalten haben
eine engere Wahl vorzunehmen. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los, welches vom Vorsitzenden gezogen wird.
In folgenden Fällen bedürfen die Beschlüsse der Hauptversamm lung einer dreiviertel Mehrheit der abgegebenen Stimmen (erhöhte Stimmenmehrheit), nämlich bei
1) Verschmelzung der Gesellschaft mit einer anderen,
2) Umwandlung der rechtlichen Form der Gesellschaft, 8
3) Erhöhung des Grundkapitals und Ausgabe neuer Anteile,
1 8 teilweise Rückzahlung oder sonstige Herabsetzung des Grund⸗ apitals,
5) Aenderung und Ergänzung der Satzung, insbesondere Aende⸗
rung und Erweiterung des Zwecks der Gesellschaft, 1
6) Ausgabe von Vorzugsanteilen,
7) Auflösung der Gesellschaft 1
§ 50. Die Ansprüche der Gesellschaft gegen die ihr aus der Gründung haftbaren Personen oder aus der Geschäftsführung des Vorstands oder Aufsichtsrats müssen geltend gemacht werden, wenn es in der Hauptversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen oder von einer Minderheit, die den zehnten Teil des Grundkapitals erreicht, verlangt wird. Die Ansprüche verjähren gegen die aus der Gründung haftbaren Personen in fünf Jahren von der Verleihung der Rechtsfähigkeit an, gegen die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats in fünf Jahren von der den Anspruch begründenden Handlung oder Unterlassung an. Die Vorschriften des § 268 Abs. 2 in Verbindung mit §§ 247, 269 und 270 des H.⸗G.⸗B. finden ent⸗ sprechende Anwendung mit der Maßgabe, daß an Stelle des in § 268 Abs. 2 bezeichneten Gerichts die Aufsichtsbehörde tritt.
V. Auflösung. § 51. Die Auflösung der Gesellschaft erfolgt: .““ a. auf Beschluß der Hauptversammlung, selsscheftne Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Ge⸗ ellschaft.
Die Auflösung ist öffentlich bekannt zu geben (§ 55).
§ 52. Für die Liquidation gelten die Vorschriften der §8 48, 49
Die Hauptversammlung, welche die Auflösung der Gesellschaft beschließt, bestimmt die Art der Durchführung der Liquidation und wählt die Liquidatoren.
§ 53. Nach Tilgung der Schulden wird das Gesellschafts⸗ vermögen an die Mitglieder nach Maßgabe der Höhe ihrer Anteile im Verhältnis der darauf geleisteten Zahlungen verteilt. Als voll⸗ gezahlte Anteile gelten hierbei die in § 5 Ziffer 1 und 2 für den Deutsch⸗Südwestafrikanischen Landesfiskus und die Hanseatische Land⸗, Minen⸗ und Seeisge ennschaft vorgesehenen Anteile.
Von dem verbleibenden Ueberschuß sind 5 % jährliche Zinsen für die geleisteten Einzahlungen vom Tage des Auflösungsbeschlusses bis zum Zahlungstage zu vergüten.
Der alsdann noch verfügbare Ueberschuß wird nach dem Ver⸗ hältnis des Nennwerts der Anteile unter diese gleichmäßig verteilt, wobei die im §5 Ziffer 1 und 2 vorgesehenen Anteile als vo gezahlt zu gelten haben. Reicht das vorhandene Vermögen zur Erstattung der Einzahlungen nicht aus, so haben die Anteilseigner den Verlust nach dem Verhältnis der Nennwerte der Anteile zu tragen; die noch aus⸗ stehenden Einzahlungen sind, soweit es hierzu erforderlich ist, ein⸗ zuziehen. Die Verteilung findet gegen Quittung auf den vorzulegenden Anteilscheinen statt. Die Anteilseigner sind zur Empfangnahme zweimal in einem Zeitraum von einem Monat durch öffentliche Bekannt⸗ machung aufzufordern. Beträge, die nicht binnen 6 Monaten vom Tage der letzten Bekanntmachung an abgehoben sind, werden bei der staatlichen Hinterlegungsstelle des Sitzes der Gesellschaft unter Ver⸗ zicht auf die Rücknahme hinterlegt.
Die Verteilung darf nicht eher vollzogen werden, als nach Ab⸗ lauf eines Jahres, von dem Tage an gerechnet, an dem die Auflösung der Gesellschaft und eine Aufforderung an ihre Gläubiger, sich bei ihr zu melden, zum dritten Male öffentlich bekannt gemacht worden ist.
Bekannte Gläubiger 5 auch dann zu befriedigen, wenn sie sich nicht melden. Im übrigen wird nach § 52 des B. G.⸗B. ver⸗ fahren. Die Hinterlegung har unter Verzicht auf die Rücknahme
zu erfolgen. 8 VI. Reichsaufsicht.
§ 54. Der Reichskanzler (Reichskolonialamt) hat das Recht zur
Aufsicht über die Gesellschaft und über ihren Geschäftsbetrieb. Er kann zur Ausübung dieses Aufsichtsrechts für den einzelnen Fall oder ständig einen oder mehrere Kommissare bestellen. Diese sind befugt, an den Sitzungen des Aufsichtsrats und an den Hauptversammlungen teilzunehmen, darin das Wort zu ergreifen und von dem Vorstande Bericht zu erfordern, auch die Bücher und Schriften sowie die Waren⸗ und Kassenbestände der Gesellschaft einzusehen und zu rüfen oder durch Beauftragte einsehen und prüfen zu lassen, enblich auch eine Sitzung des Aufsichtsrats und eine Hauptversammlung mit bestimmter Tagesordnung zu berufen und zu verlangen, daß in die Tagesordnung bestimmte Punkte aufgenommen werden. Die bei Durchführung der Aufsichtsrechte dem Fiskus erwachsenden baren Auslagen sowie die aus solchem Anlaß dem Kommissar auf Grund der gesetzlichen Be⸗ stimmungen zustehenden Reisekosten und Tagegelder fallen der Gesell⸗ schaft zur Last.
Der Genehmigung des Reichskanzlers (Reichskolonialamts) sind insbesondere unterworfen:
1) Die Ausgabe von weiteren Anteilen und von Vorzugsanteilen,
2) die Beschlüsse der Gesellschaft, nach welchen eine Aenderung oder Ergänzung der Satzungen erfolgen, die Gesellschaft aufgelöst, mit einer anderen vereinigt oder in ihrer rechtlichen Form umgewan werden soll. 8
VII. Oeffentliche Bekanntmachungen. 8
§ 55. Alle von der Gesellschaft ausgehenden Bekanntmachungen
müssen durch den Deutschen Reichsanzeiger und das Deutsche Kolonkal blatt erfolgen. Die Bekann machungen gelten als gehörig ver öffentlicht, wenn sie einmal erlassen worden sind, es sei denn, daß da Gesetz oder die Satzung oder ein Hauptversammlungsbeschluß ein mehrmalige Veröffentlichung verlangt.
Die Gesellschaft soll außerdem ihre Bekanntmachungen noch in zwei Tageszeitungen sowie in eine im südwestafrikanischen Schutzgebiet erscheinende Zeitung einrücken. Die Rechtswirksamkeit der Bekannt⸗ machung ist indessen hiervon nicht abhängig.
Für den Beginn der bekanntgemachten Fristen ist die Veröffent⸗ lichung im Reichsanzeiger entscheidend.
Die Bekanntmachungen soll der Vorstand erlassen, soweit ihr
Erlaß nicht durch das Gesetz, die Satzung oder einen Hauptversamm⸗ lungsbeschluß dem Aufsichtsrat übertragen worden ist. VIII. Uebergangsbestimmungen.
§ 56. Unmittelbar nach Errichtung der Gesellschaft findet in Berlin die erste Hauptversammlung statt, ohne daß es einer Einladung oder einer Bekanntmachung der Tagesordnung oder der Aufnahme eines notariellen Protokolls über die Versammlung bedarf. Diese Hauptversammlung wählt den ersten Aufsichtsrat. Diese Wahl gilt jedoch nur bis zur ersten Hauptversammlung nach Verleihung der in § 11 des Schutzgebietsgesetzes bezeichneten Rechte durch den Bundesrat.
Der erste Aufsichtsrat wird ermächtigt, durch seinen Vor⸗ sitzenden die Genehmigung der Satzung bei dem Reichskanzler 1 Verleihung der Rechtsfähigkeit bei dem Bundesrat nach⸗ zusuchen.
Der Vorsitzende des ersten Aufsichtsrats kann ferner ermächtigt werden, Abänderungen oder Ergänzungen der Satzung, die regierungs⸗ seitig gefordert werden, rechtsgültig vorzunehmen.
Im Anschluß an die erste vereeüh haben die An⸗ wesenden Aufsichtsratsmitglieder ohne Rücksicht 8 ihre Zahl den
Vorsitzenden des Aufsichtsrats, den stellvertretenden Vorsitzenden und
den Vorstand zu bestellen. Auch diese Verhandlungen bedürfen nicht der notariellen Beurkundung. Die gleiche Bestimmung gilt für die Bestimmung der Form und des Inhalts der Anteilscheine, der zu⸗ gehörigen G
die Satzung dem Aufsichtsrat übertragen ist.
ewinnanteischeine und Erneuerungsscheine, soweit sie durch
Deutscher Reichstag.
m 18. März 1911, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Burceau.)
Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der Spezial⸗ veratung des Etats für das Reichsamt des Innern beim Kapitel 12 der fortdauernden Ausgaben (Gesundheitsamt).
Ueber den Anfang der Sitzung ist in der vorgestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Abg. Zietsch (Soz.), in seinen Ausführungen fortfahrend: Das Direktorium der Hygieneausstellung forderte, daß das, was an Heim⸗ arbeiten auszustellen wäre, einer paritätischen Jury zur Prüfung zu unterbreiten wäre, und als die Arbeiter von Berlepsch und Professor Franke vorschlugen, da wies das Direktorium
diese Herren und noch andere als nicht hinreichend unparteiisch
zurück! Die sächsischen Industriellen und die sächsische Re⸗
gierung, aber auch nichtsächsische Unternehmer, sind eines Herzens und eines Sinnes gewesen in dem Bestreben, zu verhindern,
daß Schäden aufgedeckt werden. Was sich in Dresden gezeigt hat,
das Brüskieren der organisierten Arbeiterschaft, würde im Auslande nicht möglich sein.
Der Dresdener Hygieneausstellung haftet denn auch das Merkmal des moralischen und intellektuellen Bankrotts und
der Unzulänglichkeit an.
Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern,
Staatsminister Dr. Delbrück:
Meine Herren! Die Hygieneausstellung in Dresden ist ohne jede Mitwirkung des Reichs unternommen und wird ohne seine Be⸗ teiligung eingerichtet. Ich bin daher über die von dem Herrn Vor⸗ redner berührten Vorgänge nicht unterrichtet. Ich bin insbesondere nicht in der Lage, festzustellen, ob die Vorwürfe, die er soeben er⸗ hoben hat, begründet sind oder nicht, und habe mich lediglich zu dem u äußern, was von seiten meines Ressorts auf dem hier erörterten Gebiete geschehen ist. Ich werde daher auf die Kritik des Herrn Vorredners nur so weit eingehen, als sie sich auf die Tätigkeit meines Ressorts bezieht. Der Herr Vorredner hat u. a. behauptet, die Gewerbeaufsichts⸗ beamten seien vom Reichsamt des Innern angewiesen, über bedenk⸗ liche Vorgänge nicht mehr zu berichten. So habe ich ihn verstanden. (Zurufe von den Sozialdemokraten: Preußen! Posadowsky!) Meine Herren, von mir aus ist eine solche Anweisung zweifellos nicht er⸗ gangen, sie ist aber auch in Preußen nicht ergangen, sondern, meine Herren, in Preußen sind die Gewerbeaufsichtsbeamten lediglich angewiesen, tatsächlich nicht zu begründende Ur⸗ teile und allgemeine Betrachtungen zu unterlassen, dagegen ist es ihre Pflicht, das tätsächliche Material, das zur Beurteilung von eventuell bestehenden Mißständen von Bedeutung ist, ach wie vor zu berichten. Das ist ein erheblicher Unterschied.
Im übrigen hat der Herr Vorredner behauptet, daß von seiten des Reichsgesundheitsamts bezw. von seiten meines Ressorts den Ge⸗ fahren, denen Leben und Gesundheit der Arbeiter in der keramischen Industrie ausgesetzt sind, nicht die nötige Aufmerksamkeit gewidmet werde. Meine Herren, das ist unrichtig! Wir sind dabei, Vorschriften über die Bekämpfung der Erkrankungen speziell in der keramischen Industrie auszuarbeiten. Dabei handelt es sich, wie die Herren wissen, in erster Linie um die Bleigefahr — nur in der Porzellanindustrie kommt sie weniger in Betracht — und zweitens um die Tuberkulose. (Abg. Zietsch: In erster Linie!) — Ich hätte auch die Tuberkulose an erster Stelle nennen dürfen. Ich will Ihnen aber gleich sagen, warum es nicht geschehen ist. Es hat sich ergeben, daß die Angaben über eine ungewöhnlich große Zahl der Tuberkuloseerkrankungen speziell in der keramischen Industrie mindestens unsicher sind. Neuere Erhebungen haben ergeben, daß die Zahl der Tuberkuloseerkrankungen in den keramischen Industrien nicht so groß ist, als man es auf Grund von Urteilen einzelner Aerzte angenommen hat. Ich verweise auf die Statistik der Leipziger Ortskrankenkassen, aus der sich ergibt, daß speziell die Zahl der Tuberkuloseerkrankungen in der keramischen Industrie nicht übermäßig hoch ist. Aber auch diese Frage ist Gegen⸗ stand eingehender Erörterungen und, meine Herren, wir werden dem⸗ nächst in der Lage sein, über das Ergebnis dieser Erörterungen über die Bleierkrankungen und die Tuberkuloseerkrankungen in der kerami⸗ schen Industrie Mitteilung zu machen. Außerdem sind die Vorschläge der internationalen Vereinigung für gesetzlichen Arbeiterschutz über die Bekämpfung der Gefahren innerhalb der keramischen Industrie zurzeit Gegenstand der Bearbeitung in meinem Amte. Sie können also nicht behaupten, daß die von dem Herrn Vorredner erörterten Fragen von meinem Ressort nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit behandelt würden.
Der Herr Vorredner hat behauptet, es sei erstaunlich und be⸗ schämend, wie wenig von seiten des Reichs für die Bekämpfung der Tuberkulose geschähe, und er hat speziell auf die geringe Summe hingewiesen, die im Etat für diese Zwecke ausgesetzt sei. Meine Herren, dem gegenüber muß jedoch festgehalten werden, daß die Seuchenbekämpfung an sich Sache der Einzelstaaten ist, daß, so wie die Ressortverhältnisse gelagert sind, das Reich in der Hauptsache nur die wissenschaftliche Bearbeitung dieser Fragen, soweit sie in den Bereich des Kaiserlichen Gesundheitsamtes fallen, zu erledigen hat, während die Durchführung der Maßnahmen in erster Linie noch den Einzel⸗ staaten obliegt.
Nun, meine Herren, wird niemand behaupten können, daß gerade auf dem Gebiete der Tuberkulose das Kaiserliche Gesundheitsamt nicht seine Pflicht getan hätte. Soweit ich die Dinge übersehen kann, sind wir bei der Tuberkulose jetzt so weit, daß wir die Ursachen der Krank⸗ heit kennen, daß wir die Umstände zu erkennen vermögen, die der Krankheit förderlich, und die der Krankheit abträglich sind, und daß wir uns über die Mittel, mit denen man der Tuberkulose und ihrer Verbreitung entgegentreten kann und muß, vollständig im klaren sind.
Im übrigen arbeiten die Vertreter des Kaiserlichen Gesundheits⸗ amts dauernd in dem Zentralkomitee für die Bekämpfung der Tuber⸗ kulose, und zu den Aufgaben dieses Komitees gehört es, an einzelnen Fällen die Methoden der Tuberkulosebekämpfung zu erproben und durch⸗ zuführen. Die Zeit reicht heute nicht; ich könnte sonst an einer ganzen Fülle von Fällen, die mir persönlich aus der letzten Zeit bekannt sind, dartun, daß wir dieser Aufgabe eine unausgesetzte Auf⸗ merksamkeit schenken. Meine Herren, wenn in irgend einem Lande die Tuberkulosebekämpfung erfolgreich gewesen ist, so ist das bei uns der Fall gewesen. (Sehr richtig!)
8 Ich möchte die Herren auf folgende Zahlen aufmerksam machen. Während des Jahrfünfts von 1898 bis 1902 waren in 20 Staats⸗ gebieten des Deutschen Reichs an Tuberkulose überhaupt 585 267 Per⸗ sonen gestorben, das ist auf je 100 000 Personen Einwohner im Mittel jährlich 214,1. Während des folgenden Jahrfünfts starben
8
aus derselben Ursache auf je 100 000 Einwohner im Jahre 1903 207,3, im Jahre 1904 203,5, im Jahre 1906 188,2 und im Jahre 1907 184,3. Die Tuberkulosesterbeziffer ist also gegenüber dem ersten Zeitraum gesunken von rund 214 auf 184, und dieses Fallen der Sterbeziffer ist, abgesehen von einer geringen Schwankung nach oben in den Jahren von 1904 zu 1905, ein ständiges. — Ich habe die neusten Zahlen nicht zur Hand. Soweit ich mich erinnere, ist die Tendenz dieselbe geblieben, und ich glaube, Statistiken in der Hand gehabt zu haben, aus denen sich ergibt, daß namentlich in einzelnen Orten und Bezirken, die früher von der Tuberkulose schwer heimgesucht wurden, dank der von uns angewandten und empfohlenen Bekämpfungsmethoden die Erkrankungs⸗ und Sterbe⸗ ziffern in noch viel größerem Umfange zurückgegangen sind, als das hier im Durchschnitt für das Deutsche Reich berechnet ist. (Hört! hört! und Bravo!)
Meine Herren, ich bin der Ansicht, wenn wir auf irgend einem Gebiete mit einer gewissen Befriedigung auf das zurückblicken können, was wir in hygienischer Beziehung ‚im Laufe der letzten Jahrzehnte geleistet haben, so ist das zweifelhaft auf dem Gebiete der Tuberkulose der Fall. (Lebhafter Beifall.)
Abg. Neuner (nl.): Der Abg. Zietsch hat sich über die Leistungen der Arbeitgeber in zu harter Weise ausgesprochen. Ich stelle aber gern fest, daß er im Eingang seiner Rede aus⸗ drücklich hervorgehoben hat, daß in den meisten Betrieben in bezug auf die Entstaubung weitgehende Vorsorge getroffen ist. Auch wir sind der Meinung, daß nach der Richtung alle möglichen Schutzmittel für die Gesundheit der Arbeiter anzuwenden sind. Es müssen in gefährlichen Betrieben die nötigen Vorrichtungen an⸗ ebracht, usw. aufgestellt werden, um die Luft so zu ver⸗ essern, daß das Arbeiten darin ohne Gefahr ist. Wir halten es für eine Pflicht des Reichsgesundheitsamts, weitere Erhebungen darüber anzustellen. Für die Verbesserung der Wohnungsverhältnisse muß ebenfalls weiterhin Vorsorge getroffen werden, um auch so das Eindringen der Tuberkulose zu verhindern. Bereits im vorigen Jahre habe ich darauf hingewiesen, daß man eine reichsgesetzliche Regelung des Apothekenwesens in den Interessentenkreisen für dringend notwendig hält. Die darauf gerichteten Bestrebungen gehen bis auf das Jahr 1869 zurüͤck, wo im Norddeutschen Reichstage eine Resolution dieses Inhalts angenommen wurde. Nachdem frühere Gesetzentwürfe kein Ergebnis gehabt haben, ist das Bestreben nach reichsgesetzlicher Regelung des ganzen Apothekenwesens nach wie vor bestehen geblieben. So sahen sich die Regierungen veranlaßt, 1907 einen neuen Vorentwurf zu unterbreiten. In den Apotheker⸗ kreisen selbst sind Meinungsverschiedenheiten vorhanden. Ins⸗ besondere stehen sich die Interessen der G und der kon⸗ ditionierenden Apotheker gegenüber. Dies kann aber kein Grund gegen die Vorlegung eines Entwurfs im Reichstage sein. Die Verhältnisse verschlechtern sich von Jahr zu Jahr, und wir sind der Regelung der Frage jetzt scheinbar ferner denn je. Der Hemmschuh ist Preußen. Im vorigen Jahre hat der Staatssekretär gesagt, das umfangreiche Material würde im Reichsamt des Innern gesichtet werden. Ich möchte wissen, was das Ergebnis dieser Unter uchung ist. Auch die konzessionierten Apotheken sind keineswegs für das reine Anciennitäts⸗ prinzip. Sie haben gegen den Vorentwurf ganz andere Bedenken. Die ganze Frage scheint jetzt auf einem toten Punkt angelangt zu sein. Eine solche Verschleppung der Angelegenheit ist höchst bedauerlich. Die preußischen Verhältnisse drängen nach einer Entscheidung. Es wäre besser gewesen, wenn man den Vor⸗ entwurf überhaupt nicht veröffentlicht hätte, dann wären die Einzel⸗ staaten jetzt schon einig; Bayern war schon im Begriffe, das Apothekenwesen bundesstaatlich zu regeln; man hat die Sache nur mit Rücksicht auf die bevorstehende reichsgesetzliche Regelung zurück⸗ gestellt. Ebenso war es in Sachsen. Es wäre dringend notwendig, daß der Staatssekretär erklärte, ob ein Reichsgesetz zu erwarten ist oder nicht. Sind die Schwierigkeiten unüberwindlich, gut, dann können die Bundesstaaten die Sache regeln, und der Staatssekretär kann überzeugt sein, daß sie bald geregelt werden wird. Von nicht minderer Bedeutung ist die Seuchenfrage. Ein unermeßlicher Schaden ist den deutschen andwirten durch die Maul⸗ und Klauenseuche in den letzten Jahren zugefügt worden. Es ist noch nicht festgestellt, ob die Erkrankungen in der Rheinprovinz mit denen auf dem Berliner Viehhofe zusammenhängen. Jedenfalls ist der Berliner Viehhof als Zentrale eine große Gefahr für die Weiterverbreitung der Seuche. Es handelt sich hier um Milliarden von Werten, an deren Erhaltung das gesamte deutsche Volk ein Interesse hat. Es wäre nötig, die Vollzugsvorschriften zum Seuchengesetz möglichst bald fertig zu machen und in die Praxis überzuführen. Die Resolution Hertling ist eine notwendige Korrektur des Seuchengesetzes. Solange der Krankheitserreger der Maul⸗ und Klauenseuche nicht bekannt ist, ist auch eine wirksame Bekämpfung dieser Seuche nicht möglich. Es sollte ein Preis ausgeschrieben werden. Die Desinfektoren haben leider noch nicht die nötigen Erfahrungen. Es liegt noch eine Resolution vor, die die verbündeten Regierungen ersucht, tunlichst bald einen Gesetzentwurf zum Schutze der Bienenzucht gegen Faulbrut dem Reichstage zur Beschlußfassung vorzulegen. Ich bitte um deren Annahme, denn die Bienenzucht ist ein wichtiges Nebengewerbe der Landwirtschaft. 8
Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Delbrück:
Meine Herren! Ich bin in der Lage, die von dem Herrn Abg. Neuner gewünschte Erklärung über das Schicksal des Apotheken⸗ gesetzes abzugeben. Ich bin für meine Person zu dem Ergebnis ge⸗ kommen, daß es richtig sein werde, den verbündeten Regierungen zu empfehlen, auf eine Regelung dieser Materie im Wege der Reichs⸗ gesetzgebung zu verzichten. (Hört! hört!)
Ob es zweckmäßig war, den Entwurf von 1907 zu veröffentlichen oder nicht, will ich hier nicht erörtern. Es fällt diese Veröffent⸗ lichung noch in die Zeit des Amtsvorgängers meines Vorgängers. Wenn seitdem eine lange Zeit vergangen ist, bis eine positive Ent⸗ scheidung, wie sie jetzt gefallen ist, fallen konnte, so liegt das nicht an dem Mangel an Interesse, sondern an der Sprödigkeit der Materie und den Verzögerungen, die eintreten müssen, wenn ein wiederholter Wechsel in der Person des Ressortchefs eintritt.
Ich für meine Person habe mich bemüht, die Materie eingehender zu prüfen. Ich habe im Laufe des letzten Jahres eine Reihe von Sachverständigen gehört, und ich bin zu dem Ergebnis gekommen, daß ich nicht in der Lage sein würde, Ihnen ein Gesetz vorzulegen, für das ich einerseits persönlich die Verantwortung zu tragen geneigt sein würde und dessen Annahme ich andererseits hier im Reichstage hätte erwarten können.
So schwer es mir wird, wenn eine positive Leistung von mir verlangt wird, eine negative Erklärung abgeben zu müssen, so habe ich doch geglaubt, daß ich der Sache einen Gefallen tun würde, wenn ich der Unsicherheit ein Ende bereite (sehr richtig!) und der Landesgesetz⸗ gebung die Möglichkeit gebe, ihrerseits in die Materie einzugreifen. Meine Herren, ich habe diesen Weg schließlich auch um so eher be⸗ schreiten zu können geglaubt, als ja der Ihnen bekannte Gesetzentwurf im wesentlichen nur eine Zusammenfassung des in der Mehrzahl der Bundesstaaten schon geltenden Rechts bringen sollte, wohingegen die
2
Kardinalfrage, nämlich die Frage der Ablösung, ausgeschieden bleiben — 1 “] 32 8
mußte, weil es sich hier zweifellos um eine Sache handelte, die das
Reich zu übernehmen nicht in der Lage war. Ich ersehe aus den Zeichen der Zustimmung auf seit
en des Herrn
Vorredners, daß er die Gründe, die ich eben angeführt habe, zu würdigen versteht. Ich hoffe, daß nunmehr die Landesregierungen in der Lage sein werden, den besonderen Verhältnissen ihrer Länder ent⸗
sprechend das weitere zu veranlassen. Es sind dann eine Reihe von Wünschen seitens
8
verschiedene
Redner hinsichtlich der Maul⸗ und Klauenseuche ausgesprochen worden⸗ Meine Herren, wir sind uns des bedrohlichen Charakters der jetz
herrschenden Maul⸗ und Klauenseucheepidemien vollständig
bewußt, un
was an uns liegt, ist geschehen, um den Gang der Seuche zu er
kennen und daraus die Schlüsse zu ihrer Bekämpfung zu
ziehen. Im
einzelnen aber liegt ja die Bekämpfung der Seuche in den Händen de Bundesstaaten, und ich bin nicht in der Lage, hier auf die Kriti
einzugehen, die an den Maßnahmen einzelner Bund geübt ist.
Wenn aus Anlaß der Maul⸗ und Klauenseuche eine Resolution
hier vorliegt, worin der Wunsch ausgesprochen wird, da
esregierungen
ß für alle an
der Maul⸗ und Klauenseuche oder an ihren Folgen eingegangenen Tieren eine Entschädigungspflicht der Bundesstaaten statuiert werden möchte, so bin ich, meine Herren, beim besten Willen nicht in
der Lage, zu einer derartigen Frage Stellung zu nehmen. Diese Resolution entfernt sich weit von den Grundsätzen, über die man sich
bei der Verabschiedung des Viehseuchengesetzes geeinig
e
t hatte von
seiten des Reichstags und von seiten der verbündeten Regierungen.
Es ist dann seitens des Herrn Vorredners der Wunsch aus⸗ gesprochen worden, daß ein Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Faulbrut der Bienen in möglichst kurzer Zeit vorgelegt werden
möchte. Ich bemerke, daß die Sache ressortsgemäß vielleicht nicht zu rt. Das soll
diesem, sondern zum folgenden Titel meines Etats gehö mich aber nicht hindern, schon jetzt mitzuteilen, daß Gesetzentwurf vorbereitet wird und zur Zeit der Verhand preußischen Ressorts unterliegt. (Bravo!)
ein derartiger lung mit den
Es ist dann endlich seitens des Herrn Vorredners die Frage
aufgeworfen worden, ob denn die Ausführungsbestim Viehseuchengesetz noch immer nicht fertig seien.
mungen zum
Meine Herren,
ich beklage mit dem Herrn Vorredner und mit allen denjenigen
Rednern dieses hohen Hauses, die wahrscheinlich denselbe im Laufe des Tages noch aussprechen werden, daß diese
n Tadel heute Ausführungs⸗
bestimmungen nicht mehr haben gefördert werden können. Ich erkenne ohne weiteres an, daß angesichts der Kalamität, in die uns die Maul⸗ und Klauenseuche gebracht hat, es dringend erwünscht wäre, daß das
Viehseuchengesetz endlich in Kraft gesetzt werden könnte.
Ich möchte
aber ausdrücklich bemerken, daß, wenn die Ausarbeitung dieses viele
hundert Paragraphen umfassenden Entwurfs der Ausfü
hrungsbestim⸗
mungen zum Viehseuchengesetz so lange dauert, das nicht am Reichs⸗
amt des Innern liegt. Ich habe die Etappen, di
e ich Ihnen
im vorigen Jahre, als wir die Sache besprachen, als durch⸗
zumachend angegeben habe, im wesentlichen innege Schwierigkeit liegt darin, daß zur
halten. Die
Durchführung dieser
Ausführungsbestimmungen die einzelnen Bundesstaaten gehört werden müssen, daß dann auf besonderen Wunsch des Reichstags ge⸗ hört werden müssen eine Reihe von Interessentenvertretungen und
daß dann erst der Bundesrat in die Lage kommt, zu bes Entwurf liegt zurzeit den Interessentenvertretungen vor,
chließen. Der und ich hoffe,
daß es mir in nicht allzu langer Zeit gelingen wird, ihn dann an den
Bundesrat zur endgültigen Feststellung zu bringen.
Meine Herren, ich nehme an, daß über die Maul⸗ und Klauen⸗ seuche heute noch nicht das letzte Wort gesprochen ist (sehr richtig! in
der Mitte und rechts), und ich behalte mir vor, auf noch einmal näher einzugehen und eventuell durch einen Kommissare nähere Auskunft geben zu lassen. (Bravo!
Abg. Dr. Mugdan (fortschr. Volksp.): Hocherfreu
diese Materie meiner Herren )
t sind wir nicht
von der Erklärung des Staatssekretärs, daß von einem Reichs⸗
apothekengesetz Abstand genommen werden soll. 4 bis
nutzlos vergangen, und dem Gros der Apotheker geht es
5 Jahre sind durchaus nicht
sehr gut. In den kleinen Städten haben sie außerordentlich schwer zu kämpfen und nebenbei ein arbeitsreiches und verantwortliches Leben. Die Frage der Drogenhandlungen bedarf auch dringend einer Lösung. Es geht doch nicht an, daß es den Propenhandlünse ver⸗
boten ist, gewisse Artikel zu verkaufen, die absolut un
chädlich
sind, die jeder dort zu erhalten glaubt, während anderseits gewisse giftige Stoffe in den Drogenhandlungen verkauft werden dürfen, die nicht einmal die Apotheken ohne Rezept abgeben dürfen. Ich habe leider nicht die Hoffnung, daß die Einzelstaaten so schnell
das nachholen werden, was das Reich bisher nicht
zu erreichen
vermocht hat. Eine Gesetzesvorlage herzustellen, ist wirklich nicht so schwer. Wir haben sie seit Jahren verlangt, und Graf Posadowsky
hat schon 1905 einen Entwurf versprochen.
Ferner sollte ein
Hebammengesetz nun endlich geschaffen werden. Daß in der Tuberkulosebekämpfung außerordentlich Großes geleistet ist, muß
anerkannt werden, aber schon Robert Koch hat darauf daß die Bekämpfung in der Familie beginnen muß.
hingewiesen, Die Kinder⸗
tuberkulose hat keine Abnahme erfahren; sie zeigt im Gegenteil eine
höhere Sterbeziffer. Die Behörden und Krankenkassen
Verpflichtung, weil die Kinder nicht versichert sind.
haben keine Auch die
Landesversicherungsanstalten kommen nur indirekt in Betracht. Für die Zentrumsresolution werden wir stimmen, aber sie wird
der Bekämpfung der Bleikrankheiten nicht sehr fö Die Bleivergiftung ist ja in ihrem Beginn sehr hä erkennen, die Diagnose kann erst später gestellt werd
rderlich sein. ufig nicht zu en, wenn be⸗
stimmte Anzeichen auftreten. Deshalb wird eine Anzeigepflicht nichts nützen, auch bei den Krankheiten nicht, auf die die Sozialdemokraten
aufmerksam gemacht haben. Sie erfordert etwas, wofi⸗ Parteien nicht zu haben sind: einen freien Aerztestand.
ür die meisten Sie können
die Bekämpfung der gewerblichen Krankheiten gar nicht einführen, wenn Sie nicht die freie Arztwahl einführen. Solange der Kassen⸗ arzt abhängig ist, haben gesetzliche Bestimmungen über die Anzeige⸗ pflicht der Gewerbekrankheiten keinen allzu großen Sinn, und ist eine wirkliche Gewerbehygiene nicht möglich. Bei den Blei⸗
vergiftungen kommt hinzu, daß sie in Industrien eint nicht wissen, daß sie Blei verarbeiten, z. B. in der Filzh bei Lackierarbeiten, in der Spielwarenfabrikation usw.
reten, die gar utfabrikation, Die Maul⸗
und Klauenseuche ist diesmal mit einer besonderen Heftigkeit auf⸗
getreten. Schon bei der letzten Viehzählung hat daß der Rindviehbestand bedeutend gesunken ist. Die Regierungen müssen schon jetzt sich klar machen, Sicherheit zu erwartenden Fleischnot zu begegnen ist.
sich ergeben, verbündeten wie der mit Die Frage
der Aufhebung der Futtermittelzölle wird in diesem Jahre brennend
werden. An eine Oeffnung der Grenzen kann nicht ge da in den Nachbarländern ebenfalls Maul⸗ und herrscht. Nur ein einziges Land ist seuchenfrei, das i
dacht werden, Klauenseuche st Dänemark.
Deshalb erhebt sich die frage, ob nicht die dortige Bekämpfungs⸗ methode die einzige erfolgreiche ist. Daß unser Bekämpfungs⸗
svstem keinen Erfolg bringt, kann nicht bestrit Dabei ist es mit fast unerträglichen Verationen für die
ten werden. ländliche Be⸗
völkerung verknüpft, die um so mehr empfunden werden, als sie
erfolglos sind. Die Impfung hat vollständig versagt.
Die Arbeiten
8
8
.