8
zahlreicher auswärtiger
gefunden.
Von dem Kaiserlichen Konsul in Desterro (Florianopolis) ist der Advokat J. Rath zum Konsularagenten in Lages be⸗ stellt worden. b “
8 8 Bekanntmachung,
effend die Ausgabe von Schuldverschreibungen
der Bayerischen Hypotheken⸗ und Wechselbank in München auf den Inhaber. Wechselbank
Der Bayerischen Hypotheken⸗ und
in München wurde die Genehmigung erteilt, innerhalb der gesetzlichen und satzungsmäßigen Umlaufsgrenze nachstehende, auf den Inhaber lautende, 4 prozentige unverlosbare Hypotheken⸗ pfandbriefe in den Verkehr zu bringen:
Stücke 000 Lit. GG à 5000 ℳ Nr. 7 001 — 8 000 000 Lit. HH à 2000 „ „ 39 001 — 42 000 000 Lit. IJ à 1000 „ „ 7 000 Lit. KK à 500 „ 000 Lit. LL à 200 „ 6 000 Lit. MM. à 100 „
32 000 Stücke München, den 19. April 1911. Königlich bayerisches Staatsministertum des Innern. C A .
1 3 9 6 7
54 001 — 60 000 = Summa 25
Sttraatsrat von Krazeisen.
Königreich Preußen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den bisherigen Geheimen Regierungsrat und vortragenden Rat im Ministerium der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten Dr. Gisbert Groos in Berlin zum Präsidenten des Konsistoriums der Rheinprovinz zu ernennen. 8
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
den Archivar, Geheimen Archivrat Dr. Albert de Boor in Schleswig zum Archivdirektor und
den Archivar, Archivrat Dr. Hermann Hoogeweg in Wetzlar zum Staatsarchivar zu ernennen sowie
den Geheimen Registratoren im Justizministerium Michaelis und Giese den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen.
Staatsministerium. .
Dem Archivdirektor, Geheimen Archivrat Dr. de Boor ist die Archivdirektorstelle in Schleswig und dem Staatsarchivar, Archivrat Dr. Hoog⸗ g die Staatsarchivarst lle in Wetzlar übertragen worden. 11“
s“”“ “ als Archivare die Archivassistenten Dr. Wilhelm Dersch bei dem Staatsarchiv in Münster und Dr. Ernst Salzer bei dem Geheimen Staatsarchiv in Berlin,
als expedierender Sekretär und Kalkulator bei dem
Preußischen Historischen Institut in Rom der bisherige Sekretär
der Landesversicherungsanstalt Brandenburg Erwin Schönfeld.
Ministerium für Handel und Gewerbe.
Beim Ministerium für Handel und Gewerbe ist der Ober⸗ bergamtssekretär Horschig zum Geheimen erxpedierenden Sekretär und Kalkulator ernannt worden.
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.
Der Förster Bohm ö Oberförsterei Rosen⸗ feld, Regierungsbezirk Merseburg, ist zum Revierförster ernannt worden.
Finanzministerium. Das Katasteramt Bonn II im Regierungsbezirk Cöln ist zu besetzen.
Preußen. Berlin, 21. April.
Der Königlich italienische Botschafter Pansa ist Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Botschaft wieder übernommen.
Den Archivhilfsarbeitern Dr. Rudolf Brieger in Breslau und Dr. Friedrich Israsl in Magdeburg ist der Amtstitel Archivassistent beigelegt worben.
Laut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M. S. „See⸗ adler“ am 16. April von Daressalam, S. M. S. „Nürnberg“ am 18. April von Nagasaki und S. M. Flußkbt. „Vaterland“ gestern von Nanking abgegangen.
Vorgestern sind S. M. S. „Iltis“ in Futschau und S. M. S. „Sperber“ in Aden eingetroffen.
In der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs und Staatsanzeigers“ wird die vom Reichseisen⸗ bahnamt aufgestellte tabellarische Uebersicht der Betriebs⸗ ergebnisse deutscher Eisenbahnen sausschließlich Bayerns) für den Monat März 1911 veröffentlicht, auf die am Mitt⸗ woch an dieser Stelle auszüglich hingewiesen worden ist
ö““ . v“ 11““
Sachsen⸗Altenburg. Gestern hat, „W. T. B.“ zufolge, in Altenburg im Beisein Fürstlichkeiten die Vermählung des Prinzen Heinrich XXXV. mit Ihrer Durchlaucht der Sachsen⸗Altenburg statt⸗
Seiner Durchlaucht Reuß jüngerer Linie Prinzessin Maria von
Großbritannien und Irland.
In der gestrigen Sitzung des Unterhauses wurden ver⸗ schiedene an die Regierung gerichtete Anfragen von dem Unterstaatssekretär des Auswärtigen Amts MeKinnon Wood beantwortet.
Auf die Frage des Unionisten William Peel, ob der vor⸗ eschlagene Austausch von Informationen über Flotten⸗
auten zwischen der britischen und der deutschen Regierung vor oder nach der Vorlage des Jahresbudgets an das Parlament erfolgen solle, erwiderte Re Kinnon⸗Wood, er könne in diesem Stadium keinerlei Mitteilung über Einzelheiten der vorgeschlagenen Ver⸗
einbarung machen. 8 Der Abg. Thorne (Arbeiterpartei) fragte: erstens, welche
Schritte die Regierung getan habe, um die britischen Handels⸗ interessen in Mexiko zu schützen; zweitens, ob der amerikanischen Regierung mitgeteilt worden sei, daß die öö der Monroe⸗Doktrin seitens Großbritanniens von der Fähigkeit der amerikanischen Regierung abhänge, ihre Vormachtstellung auf dem amerikanischen Festlande zu behaupten und die britischen Interessen besonders in Mexiko zu schützen; drittens, ob ein gemeinsames Vor⸗ gehen Großbritanniens und Amerikas zur Unterstützung der Regierung des Präsidenten Diaz gegenüber der Erhebung ins Auge efaßt worden sei. Me Kinnon Wood erwiderte, die britische Fae. habe keine Klagen über eine Schädigung der britischen Handelsinteressen erhalten mit Ausnahme von einigen vereinzelten Fällen, in denen der hritische Geschäftsträger die mexikanische Regierung um Schutz gebeten habe. Die Antwort auf die übrigen Fragen sei eine verneinende. 8 Spanien.
Bei einem Empfang von Vertretern der Presse kam der Ministerpräsident Canalejas auf die Möglichkeit der Ent⸗ sendung einer Truppenabteilung nach Fez zu sprechen und erklärte „W. T. B.“ zufolge: 88
Spanien werde sich an keiner Aktion beteiligen; aber es sei natürlich, daß Spanien Vorsorge treffe für etwaige Rückwirkungen, die die Ereignisse ausüben könnten. Bei Melilla und Ceuta herrsche Ruhe. Die dort zurzeit stattfindenden Truppenbewegungen bezweckten lediglich, die Ruhe unbedingt aufrecht zu erhalten. Die spanischen Truppenabteilungen verließen dabei die spanische Einflußzone nicht.
Portugal.
Der Ministerrat hat, wie „W. T. B.“ meldet, auf die Aufhebung des Bistums Beja verzichtet, weil das Konkordat mit dem Heiligen Stuhl nicht durch einen einfachen Beschluß des Ministeriums abgeändert werden könne.
— Das Gesetz über die Trennung von Kirche und Staat wird demnächst veröffentlicht werden. „W. T. B.“ zu⸗ folge gewährleistet die Republik die Gewissensfreiheit und hebt die katholische Religion als Staatsreligion auf. Der öffentliche Kultus wird gewissen Beschränkungen unterworfen. Die Lasten des Kultus werden von Kultusvereinigungen getragen. Diese Vereinigungen dürfen sich nicht in die Erziehung und den Unterricht mischen. Das Gesetz bestimmt dann Näheres über die Gebäude und Kirchengüter. Die Kathedralen und Kirchen, die als notwendig angesehen werden, werden den Vereinigungen unentgeltlich für den Kultus überlassen. Den Priestern, die zur Zeit der Erklärung der Republik im Amte waren, werden Ruhegehälter zuerkannt. Päpstliche Erlasse dürfen ohne Er⸗ laubnis der Regierung nicht veröffentlicht werden. 1
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ besetzte gestern eine nach Selce an der Ostgrenze Montenegros marschierende Kolonne den Ort Gruse. Als sie den Berg Mintsch zu be⸗ setzen versuchte, wurde sie von Aufständischen angegriffen. Da Gebirgsgeschütze wegen des Schnees nicht auf den Berg hinauf⸗ geschafft werden konnten, mußte sich die Kolonne aus Gruse zurückziehen. Bei dem Rückzug griffen die Aufständischen bei Krupa wieder an, die Truppen hatten jedoch keine Verluste.
8 Amerika. Der Präsident Taft hatte gestern mit dem Staatssekretär Knox und mehreren Kongreßmitgliedern, darunter einigen An⸗ gehörigen der Repräsentantenhauskommission für auswärtige Angelegenheiten, eine Besprechung über die Lage an der mexikanischen Grenze. Von maßgebender Seite wird, einer Meldung des „W. T. B.“ zu⸗ folge, erklärt, der Präsident Taft habe endgültige Ver⸗ sicherungen von seiten Mexikos erhalten, daß die Kämpfe an der Grenze eingeschränkt werden würden. Der Inhalt der Antwort Mexikos auf die amerikanische Note sei im wesentlichen befriedigend. Der Präsident Taft befürchte nicht, daß sich Veranlassung zu einem Eingreifen der Vereinigten Staaten bieten werde.
— Wie die „Associated Preß“ aus El Paso meldet, hat Madero unbedingt den sofortigen Waffenstillstand verweigert und erklärt, daß er erst nach der Schlacht bei Juarez über einen Waffenstillstand reden werde. Nach einer Depesche des „W. T. B.“ hat Madero bekannt gegeben, daß, wenn er nicht
die — von dem Rücktritt des Präsidenten Diaz und der Räumung von Juarez erhielte, er heute nachmittag Juarez angreifen würde. Der Befehlshaber der Bundestruppen erklärt, sich nicht ergeben zu wollen.
Asien.
Wie „W. T. B.“ meldet, ist zum Nachfolger Hsi⸗ liangs, der von seinem Posten als Generalgouverneur der Mandschurei enthoben worden ist, der Generalgouverneur von Szechuan Erh⸗hsün ernannt worden, der gleichzeitig den Rang eines Kaiserlichen Bevollmächtigten erhalten hat, ver⸗ bunden mit der Stellung eines Tatarengenerals für die drei Provinzen der Mandschurei. Der neue Generalgouverneur hat also die unmittelbare unbeschränkte Oberaufsicht über alle mili⸗ tärischen und zivilen Behörden der ganzen Mandschurei.
Afrika. “
Ueber die von Frankreich geplanten militärischen Maß⸗ nahmen in Marokko wird, „W. T. B.“ zufolge, offiziös gemeldet, daß die aus der Schauja nach Fes zu entsendende Harka etwa 2000 Mann zählen und ein Cadre von algerischen und französischen Instrukteuren, sowie mehrere Artillerieabteilungen erhalten werde. Was die Verstärkung der Militärposten auf dem rechten Ufer des Muluja anlange, so habe die Regierung dem General Toutée freigestellt, über die sämtlichen Mannschafts⸗ bestände seiner Division zu verfügen, um die Sicherheit des Grenzgebiets zu gewährleisten. Die Regierung scheint sich, obiger Quelle zufolge, vorläufig darauf beschränken zu wollen, durch eine Truppenansammlung auf dem rechten Mulujaufer, die durch die in dem Algecirasvertrag anerkannten französisch⸗ marokkanischen Abkommen von 1901 und 1902 gerechtfertigt sei, die aufrührerischen Stämme von Fes abzulenken.
Nach einer Meldung aus Fes vom 13. April war der Kampf vom 12. April gegen die Beni Mter, Uarain und
¹Djamaz ein bedeutungsvoller Sieg für den Machsen; der Feind
“
wurde bis auf zweihundert Meter an die Befestigungen von Fes herangelockt und dann durch das Feuer der Artillerie dezimiert. Die Verluste des Machsen betrugen vier Tote. Nach den letzten in Tanger eeingetroffenen Nachrichten operiert Major Bremond mit seiner Mahalla in einem Gebiet, das etwa vierzig Kilometer nördli von Fes liegt. Ein Bote, der am 16. April zu vic aus Fes zu der Mahalla kam, erzählte, daß die Stadt ruhig sei, Lebensmittel hereinkämen und die Kontingente der Hyaina eingetroffen seien. Der Hauptmann Moreau, der sich augen⸗ blicklich in Elksar befindet, organisiert auf dem linken Ufer 8 e“ Verpflegungskolonnen für die Truppen des Majors remond.
Koloniales.
LTod des Ovambohäuptlings Nande. 3
Wie aus Deutsch⸗Südwestafrika gemeldet wird, ist der Häuptling Nande von Unkuanjama (Ovamboland) anfangs v gestorben. Nandes Nachfolger ist sein Neffe Mandume. Es ist anzunehmen, daß der Regierungswechsel in Unkuanjama keinen Einfluß auf die augenblickliche Lage in Ovamboland haben wird.
Bewegung der Eingeborenenbevölkerung von Samoa im Jahre 1910.
Im vierten Viertel des Kalenderjahrs 1910 sind in Upolu (einschließlich von Manono und Apolima) 212 Geburten (139 männ⸗ lich, 73 weiblich) und 142 Sterbefälle (83 männlich, 59 weiblich), in Savaii 132 Geburten (81 männlich, 51 weiblich) und 77 Sterbe⸗ fälle (47 männlich, 30 weiblich) verzeichnet worden, sodaß der Ueber⸗ schuß der Geburten über die Sterbefälle für das vierte Viertel 1910 125 (90 männlich, 35 weiblich) beträgt.
Für das Kalenderjahr 1910 ergibt sich folgendes Resultat: Es wurden geboren in Upolu (einschließlich von Manono und Apolima) 906 (512 männlich, 394 weiblich), in Savaii 592 (324 männlich, 268 weiblich), zusammen 1498 (836 männlich, 662 weiblich). Es starben in Upolu (einschließlich von Manono und Apolima) 568 (296 männlich, 272 weiblich), in Savaii 405 (222 männlich, 183 weiblich), zusammen 973 (518 männlich, 455 weiblich)h. Der Geburtenüberschuß beträgt daher im Jahre 1910 für das ganze Schutzgebiet: 525 (318 männlich, 207 weiblich).
we 82 (Deutsches Kolonialblatt.)
Die Aufrührer von Ponape (Karolinen) in der Verbannung.
Der Kaiserliche Bezirksamtmann in Jap berichtet: Am 31. Ja⸗ nuar traf die „Titania“ mit dem ersten Transport gefangener Ponapeleute hier ein. Es waren 254 Köpfe, Männer, Frauen und Kinder. Ein Teil der Verbannten litt an einer eitrigen Binde⸗ hautentzüändung. Um eine Einschleppung dieser Krankheit zu verhüten, mußten 75 Köpfe in der Quarantänestation Tabelau isoliert werden. Die ärztliche Behandlu bat sofort eingesetzt. Die arbeitsfähigen Männer werden Mitte Februar von Jap nach Angaur (Palau⸗Inseln) übergeführt, wo sie zunächst für die Dauer eines halben Jahres als Arbeiter beschäftigt werden sollen. Sie erhalten freie Verpflegung. Der Lohn wird an die Stationskasse in Angaur gezahlt. Frauen und Kinder siedeln nach Palau über, wo der Stationsleiter die nötigen Vorbereitungen bereits getroffen hat. 8 . —
Statistik und Volkswirtschaft.
Der feldmäßige Gemüsebau in Preußen nach der land⸗ wirtschaftlichen Betriebsstatistik von 1907.*)
Der feldmäßige Gemüsebau ist in verschiedenen Landstrichen des Reichs und Preußens seit vielen Jahren eingebürgert und hat auch allmählich an Ausdehnung gewonnen. Der Kohlbau (Kopfkohl, Rotkohl, Weißkohl, Wirsingkohl, Rosenkohl, Blumenkohl) im Magdeburgischen, im Oderbruch, bei Mainz, auf Rieselgütern von Großstädten usw. hat eine beträchtliche Ausdehnung. Kohlrabi, Sellerie, Porree, Gurken, Brunnenkresse, verschiedene Kohl⸗ und Rübenarten, Bohnen, Erbsen werden in Erfurts Umgebung, bei Frankfurt a. M. und anderwärts an⸗ gebaut, Meerrettich, Speisezwiebeln, Gurken und Gewürzkräuter in großem Umfange im Spreewalde bei Lübbenau usw., Radieschen, Rettich, frühe Kartoffeln, Sellerie, Wurzeln, Salate, Salatrüben, Speise⸗ mohrrüben, Kohlrabi, Buschbohnen, Artischocken, Schwarzwurzeln u. a. m. auf den verpachteten oder selbstbewirtschafteten Rieselgütern in der Nähe der Großstädte. Spargelpflanzungen bedecken in vielen Gegenden große Flächen, ebenso Erdbeeranlagen. Unter den Gemüse⸗ rüben ragt der Anbau der nach ihrer Heimat bei Teltow benannten, aber auch sonst überall auf geeignetem Boden angebauten Teltower Rüben hervor. Rhabarber, Tomaten werden an vielen Orten ge⸗ zogen. Neben dem feldmäßigen Gemüsebau besteht der gartenbau⸗ mäßige allcrorten und in einzelnen Gegenden die Frühkultur von Ge⸗ müsen, die dadurch nutzbringend wird, daß die frischen Gemüse — wenn aucd nur 10 - 14 Tage — früher auf den Markt gebracht werden können. Des weiteren führt die Gemüsetreiberei, diese jedoch weniger landwirtschaftlich als gewerblich⸗gärtnerisch betrieben, dem Verbrauch nicht ö Mengen von Geamüsen verschiedener Art zu. So fanden sich bei der gärtnereistatistischen Erhebung vom Frühjahr 1906 in Preußen 4073 gewerbliche Gemüsegärtnereien und etreibereien, in denen im Durchschnitt oder in der Regel 12 757 Personen tätig waren.
Obwohl der Gemüsebau, insbesondere der feldmäßige, eine be⸗ trächtliche Ausdehnung hat und den offenen Markt mit großen Mengen seiner Erzeugnisse beschickt, bleibt der Bedarf an gemüseav tigen Nahrungsmitteln doch größer als die heimische Erzeugung, und es werden an solchen landwirtschaftlichen und Gärtnereierzeugnissen all⸗ jährlich — wie es scheint, sogar in steigendem Maße — große Mengen in das deutsche Zollgebiet eingeführt, während die Ausfuhr nicht be⸗ deutend ist. So betrug die Einfuhr davon im Jahre 1908 2322 053, 1909 2 347 444 und 1910 2 516 512 Doppelzentner im Werte von 36 209 000, 42 175 000 und 45 565 000 ℳ. Deckt der Gemüsebau im Inlande somit den inländischen Bedarf nicht, so besteht doch kein Zweifel daran, daß ein großer Teil der Mehreinfuhr im Inlande ge⸗ wonnen werden könnte, wenn auch eine gewisse Menge von Früh⸗ gemüsen schon wegen der klimatischen Vorzüge südlicher Erzeugungs⸗ länder immer eingeführt werden wird.
Eine Statistik und namentlich eine Produktionsstatistik über Gemüsebau gibt es nicht. Doch hat die landwirtschaftliche Betriebs⸗ statistik von 1907 wenigstens die Fläche, die „mit Gemüse in feld⸗ mäßigem Anbau bestellt“ ist, ermittelt, und zwar für die einzelnen Größenklassen der Landwirtschaftsbetriebe. Danach fanden sich in Preußen von einer Ackerlandfläche von 16 787 252 ha 175 746 ha oder 1,05 % unter feldmäßiger Gemüsekultur. Dieses Gemüseland verteilte sich auf die Großbetriebe (von 100 und mehr Hektar Anbau⸗ fläche) mit 15,45 %, auf die großbäuerlichen Betriebe (von 20 bis 100 ha) mit 25,54 %, auf die mittelbauerlichen (von 5 bis 20 ha) mit 34 40 %, auf die kleinbäuerlichen (von 2 bis 5 ha) mit 14,40 %, auf die Parzellenbetriebe (von ½ bis 2 ha) mit 7,21 % und auf die Zwerg⸗
Se feldmäßige Gemüsebau in Preußen nach landwirtschaft⸗ lichen Betriebsgrößenklassen“ von Geh. Regierungsrat, Professor Dr. A. Petersilie. ‚Zeitschrift des Statistischen Landesamts“, 1911.
v“
Königlich preußischen
rrischaften (von unter ½ ha) mit 3,00 %. Im Verhältnis 8 — Ackerlandfläche aber hatten die Größenklassen in derselben Hteihenfolge 0,54, 0,85, 1,34, 1,98, 2,15 und 3,30 % feldmäßig mit Gemüse bestellt. Daraus ergibt sich, daß, nach der Größe der zum eldgemüsebau verwendeten F zu schließen, die mittelbäuerlichen ond die großbäuerlichen Wirtschaften den größten Teil des Roh⸗ ertrages an feldmäßig gewonnenem Gemüse für den Verbrauch oder den Markt liefern. Die kleinbäuerlichen Wirtschaften erzeugen fast ebenfoviel wie die Großbetriebe. Die bäuerlichen Wirtschaften zu⸗ sammen stellen rund drei Viertel der feldmäßigen Gemüseernte. Aber zuch die Parzellen, und die Zwergbetriebe, beide wohl unter besonders uter Kultur stehend, werden einen nicht unerheblichen Gemüse⸗ vohertrag aufweisen. Stützt sich somit die Erzeugung feldmäßig ge⸗ wonnener Gemüsemengen überwiegend auf die bäuerlichen Betriebe, so liefern unsere Zahlen weiter den beachtenswerten Nachweis, daß die kleinen und kleinsten Wirtschafte im Verhältnis zu ihrer Ackerlandfläche den feldmäßigen Gemüsebau am stärksten in ihren Betrieb aufgenommen haben und somit an diesen Kulturen ein starkes einzelwirtschaftliches Interesse besitzen; die übrigen Größenklassen⸗ grurpen folgen in diesem Sinne nach umgekehrter Reihenfolge der
19 2 8 Betriebsgrößen.
gur Arbeiterbewegung.
Von Hof aus drobt, wie die „Voss. Ztg.“ erfährt, die Aus⸗ sperrung der Textilarbeiter auch auf die Augsburger Webereien überzugehen, falls Montag die Arbeit dort nicht wieder aufgenommen sein wird. 1
Die Lage im mitteldeutschen Braunkohlenbergbau (ogl. Nr. 90 d. Bl.) spitzt sich mehr und mehr zu. In der Ab⸗ lebnung des eingereichten Tarifvertrages halten, der „Lpz. Ztg.“ zu⸗ folge. alle Braunkohlenwerke im Königreich Sachsen, in Sachsen⸗Altenburg, in der Provinz Sachsen und in Braunschweig einmütig zusammen. Geschlossen steht auch der gesamte deutsche Bergbau in der unbedingten Ab⸗ lehnung des Lohntarifs auf ihrer Seite. Der Kampf würde von den Arbeitern unter sehr ungünstigen Bedingungen auf⸗ genommen werden. Neben den großen Braunkohlenbrikettvorräten im Gebiete der Lohnbewegung lagern ungeheure Vorräte in der Nieder⸗ lausitz, trotzdem schon seit vielen Monaten dort mit einer 15 oigen “ gearbeitet wird. Diese würden sofort als Ersatz⸗ ieferungen herangezogen werden, wenn es zum Ausstande kommen follte, sie könnten noch ganz erheblich verstärkt werden, wenn die Ein⸗ schränkung aufgehoben würde.
Die in den Ausstand getretenen Libauer Hafenarbeiter haben, wie „W. T. B.“ meldet, die Arbeit wiederaufgenommen, nur die Arbeiter in den Holzniederlagen verharren im Streik. (Vgl. Nr. 92 d. Bl.). 8
Weitere .Statistsche Nachrichten. s. 1.d. Zweiten Beilage)
Wohlfahrtspflege.
Gemeinnützige Rechtsauskunftsstellen.
Unter den neuzeitlichen Einrichtungen und Bestrebungen der sozialen Fürsorge nehmen die gemeinnützigen Rechtsauskunftsstellen eine herwvorragende Stelle ein. Ihre Entwicklung ist dank des von vorn⸗ berein klar umgrenzten Programms: den Unbeholfenen und Unkundigen eine sichere Stütze und Information in der Erlangung ihrer Rechts⸗ ansprüche für alle Fälle des täglichen Lebens zu bieten, eine fort⸗ schreitende und achtunggebietende. So ist es auch erklärlich, daß sich die maßgebenden Behörden und die juristischen Fachorgane immer mehr als natürliche Stützen und Förderer der Rechtsauskunfts⸗ stellen betätigen und daß die amtliche Statistik — Reichsarbeitsblatt — die Feststellung der Entwicklung dieser Institute in ihr aufflärendes Arbeitsprogramm mithineingezogen hat. Nachdem das sächsische Justizministerium seit dem 22. November 1909 die Beteiligung von Referendaren und Assessoren an der öffentlichen Rechtsauskunft der gemeinnützigen Rechtsauskunftsstellen empfohlen und darauf auch das sächsische Ministerium des Innern angeregt hat, daß Verwaltungs⸗ beamte der Amtshauptmannschaften sich in den Dienst der gemein⸗ nätigen Rechtsauskunft stellten, erging am 24. Dezember 1910 ein gemeinsamer Erlaß des preußischen Ministers des Innern und des preußischen Finanzministers, in dem die Regierungspräsidenten ersucht wurden, fortan den Regierungs⸗ referendaren neben der vorgeschriebenen dreimonatigen Kommunal⸗ beschäftigung die Möglichkeit zu gewähren, sich dort, wo sich Gelegen⸗ beit dazu bietet, bei einer gemeinnützigen und unparteiischen Rechts⸗ auskunfsstelle zu betätigen. Die günstige Stellung der Staats⸗ regierungen und der Behörden zu den Rechtsauskunftsstellen kommt auch durch Bewilligung finanzieller Zuwendungen zum Aus⸗ druck; so ist im preußischen Staatsbaushaltsetat für das Jahr 1911 die Beihilfe für „Rechtsauskunftsstellen, Arbeitsnachweis“, die bisher 40 000 ℳ betrug, um 25 000 ℳ erhöht worden, welcher Betrag in erster Linie für die Rechtsauskunfts⸗ stellen Verwendung finden soll. Bemerkenswert ist es, daß die Zahl derjenigen Gemeindebehörden sich mehrt, die in der Rechtsauskunftsstelle eine unentbehrliche örtliche Einrichtung erblicken und ihre finanzielle Förderung daher als selbstverständlich betrachten. So betragen die jährlichen städtischen Beiträge in Lübeck zurzeit 11 550 ℳ, für Großberlin 12 500 ℳ, in Cöln 14 550 ℳ, in Frank⸗ furt a. M. 6500 ℳ, in Kiel 8854 ℳ, in Karleruhe 5630 ℳ usw.
mn vielen größeren Städten ist die Rechtsauskunftsstelle eine stäbtische Einrichtung, und ihre Einrichtungs⸗ und Unterhaltungskosten werden dort ausschließlich von der Gemeindeverwaltung bestritten, so in Hannover, Magdeburg, Düsseldorf, Chemnitz, Elberfeld, Halle, Altona, Braunschweig, Görlitz, Darmstadt usw.
Zu ihrer eigenen Vervollkommnung und zur Vertretung ibrer Interessen haben die deutschen gemeinnützigen und unparteiischen Rechtsauskunftsstellen sich nicht nur einen Verband geschaffen, dessen Geschäftsstelle sich in Lübeck befindet und vom Rat Dr. Link geleitet wird, sondern auch ein eigenes Organ gegründet, das unter dem Titel „Gemeinnützige Rechtsauskunft“ bei Duncker u. Humblot in Leiprig erscheint und für jährlich 2 ℳ an Interessenten abgelassen wird. Der Verband veranstaltet auch in Verbindung mit dem Sozialen Museum in Frankfurt a. M. Ausbildungskurse für ihre Leiter und Sekretäre. Der sechste dieser Kurse findet in der Zeit vom 18. September bis 7. Oktober d. J. in Frankfurt a. M. statt. Der Verband zählt gegenwärtig 261 Mitglieder. 8
Nach dem Bericht der Dresdener gemeinnützigen Rechtsauskunfts⸗ stelle über das Geschäftsjahr 1910, der, von deren Leiter Professor Dr. jur. Esche verfaßt, einen guten Ueberblick über den Stand dieser Sache gibt, bestanden Ende 1909 in Deutschland 693 öffentliche Stellen, die unentgeltlich Rechtsauskunft erteilten Unter ihnen wurden 101 von Staat und Gemeinden, 28 von gemeinnützigen Ver⸗ einen unterhalten: 338 waren Einrichtungen von Arbeitervereinen, 5 solche von Arbeitgebern. Auf konfessioneller Grundlage beruhten 131 (117 katholische und 14 evangelische). Vereinigungen gehörten 11 Auskunftsstellen. Der rechtlichen Beratung ausschließlich für Frauen sollten 79 dienen. Diese 693 Rechtsauskunftsstellen gaben im Jahre 1909 1423 293 Auskünfte. Die meisten Auskünfte — nämlich 565 496 — erteilten die 111 Arbeitersekretariate der freien Gewerkschaften. Den katholischen Arbeitersekretariaten und Volksbureaus waren 275 466, den staatlichen und gemeindlichen Rechtsauskunftsstellen 248 261 und den Einrichtungen der gemeinnützigen Vereinigungen 134 870 Auskünfte u verdanken. — Der Bericht der erwähnten Dresdener gemein⸗ 1. Rechtsauskunftsstelle gibt in statistischen Tabellen darũ Aufschluß, welche Rechtsgebiete die von ihr er⸗ teilten Auskünfte betrafen. Danach wurden 4948 Männern und 4041 Frauen 9551 Auskünfte erteilt, 687 Schriftstücke ausgefertigt, und in 29 Fällen wurde eine Vertretung vor Gericht übernommen. Von den Auskünften betrafen fast genau ein Drittel, nämlich 3234, das Recht der Schuldverbältnisse, 1517 das Familien⸗ rrcht, 1091 die Arbeiterversicherung, 769 das Strafrecht und den Strafprozeß, 476 das Erbrecht, 474 die Zivilprozeßordnung, 385 die
Gewerbeordnung, 325 Gemeinde⸗ und Staatsangelegenheiten, 309 das Handelsrecht, 178 das Sachenrecht, 765 sonstige Rechtsgebiete und 28 allgemeine Sachen.
8 8 1.““ Kunst und Wissenschaft. 1
Die philosophisch⸗historische Klasse der Königlichen Akademie der Wissenschaften hielt am 30. März unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Vahlen eine Sitzung, in der Herr Koser über die politische Haltung des Grafen Adam Schwarzenberg im ersten Regierungsjahrzehnt des Kur⸗ fürsten Georg Wilhelm von Brandenburg las. Nach einem Rückblick auf die Anfänge der staatsmännischen Tätigkeit Schwarzen⸗ bergs wurde eingehender an det Hand der Akten des Ge⸗ heimen Staatsarchivs sein erster, im Jahre 1626 noch er⸗ gebnislos unternommener Versuch, den Kurfürsten zum Anschluß an die Partei des Wiener Hofes zu bestimmen, besprochen, weiter wurde Schwarzenbergs Stellung zu dem Restitutionsedikt von 1629 im Zusammenhang seiner Bewerbungen um ein norddeutsches Bistum gekennzeichnet. 1“
In der an demselben Tage unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Waldever abgehaltenen Sitzung der physikalisch⸗mathe⸗ matischen Klasse las Herr Liebisch über den Schichtenbau und die elektrischen Eigenschaften des Zinnerzes. Die Verschiedenheiten der Erscheinungen, welche Zinnerzkristalle darbieten, wenn sie in kristallographisch verschiedenen Stellungen als An⸗ zeiger für elektrische Wellen benutzt werden, wurden auf den Schichtenbau dieser Kristalle zurückgeführt. — Herr Liebisch legte eine Abhandlung des Dr. Fr. Schwiertring in Celle vor: Ueber den Polarisationswinkel der durch⸗ sichtigen inaktiven Kristalle. Mit Hilfe der uniradialen Polarisationsrichtungen wird eine wesentliche Vereinfachung der von F. Neumann aufgestellten analytischen Bedingung für den Polarisationswinkel gewonnen. Sie läßt sich geometrisch dahin deuten, daß der Schwächungskoeffizient für die eine der beiden von A. Cornu eingeführten Hauptrichtungen in der einfallenden Wellen⸗ ebene gleich Null wird. Hierin ist die von J. MacCullagh gegebene Definition des Polarisationswinkels als ein besonderer Fall enthalten. Allgemein gilt der Satz von MacCullagh, daß die reflektierte Wellen⸗ normale senkrecht zur Schnittgeraden der Polarebenen der beiden ge⸗ brochenen Wellen steht. 8
Am 6. April hielt die Akademie unter Vorsitz ihres stellver⸗ tretenden Sekretars Herrn Auwers eine Gesamtsitzung. Herr Lenz las über die Anfänge des Ministeriums Eichborn und die Berliner Universität. Einer Charakteristik Friedrich Wilhelms IV. und Eichhorns wie ihrer Politik folgte ein Bericht über die ersten Berufungen (Schellings, Stahls, der Brüder Grimm) und eine Schilderung der ersten Konflikte zwischen dem Minister und der Universität. — Herr Nernst legte eine von ihm gemeinschaftlich mit Herrn F. A. Lindemann verfaßte Arbeit über die specifische Wärme bei tiefen Temperaturen. V. vor. Es wird in ibr eine Formel mitgeteilt, die von der Einsteinschen etwas abweicht, aber den Vorteil bringt, daß sich daraus der Verlauf der specifischen Wärme sehr viel genauer berechnen läßt, ohne daß sie mehr willkürlich Konstante enthält; ferner wird ein exakter Anschluß an die optischen Messungen gewonnen. Die theoretische Deutung der Formel wird darin gefunden, daß die potentielle Energie in Quanten aufgenommen wird, die halb so groß sind wie die der kinetischen Energie; macht man diese Annahme, so führt auch die neue Formel zur Planckschen Strahlungsformel. — Die folgenden Druckschriften wurden vor⸗ gelegt: durch Herrn Nernst: W. Nernst und A. Schoenflies, Einführung in die mathematische Behandlung der Naturwissenschaften. München und Berlin 1910; durch Herrn Conze: Bericht über die Arbeiten zu Pergamon 1908—1909 von W. Dörpfeld und H. Hedding (S⸗A. aus den Mitteilungen des Kais. Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung Band XXX V). Athen 1910, ferner Briefwechsel Friedrichs des mit Voltaire.
rsg. von R. Koser und H. Droysen. Th. 3. Leipzig 1911. Publikationen aus den K. Preußischen Staatsarchiven. Bd. 86), und Barclay V. Head, Historia numorum. A. Manual of Greek Numismatics. New Edition. Orxrford 1911.
Zu wissenschaftlichen Unternehmungen hat die Akademie bewilligt: durch die physikalisch⸗mathematische Klasse ihrem Mitgliede Herrn F. E. Schulze als Zuschuß zu den Kosten des Drucks eines „Nomenclator animalium generum et subgenerum“ 7000 ℳ, durch die philosophisch⸗historische Klasse dem Privat⸗ dozenten Dr. Hermann Beckh in Berlin zur Drucklegung seiner kritischen Ausgabe der buddhistischen Spruchsammlung Udanavarga 700 ℳ und dem Pfarrer a. D. Dr. Heinrich Hagenmeyer in Bödigheim (Baden) als Beitrag zu den Kosten der Drucklegung der von ihm vorbereiteten Ausgabe der Historia Hierosolymitana Fulchers von Chartres 1800 ℳ.
In den vorderen Ausstellungssälen des Königlichen Kunst⸗ gewerbemuseums sind die Neuerwerbungen der Ost⸗ asiatischen Kunstabteilung der Königlichen Museen zu einer Sonderausstellung vereinigt. Die Ausstellung wird am 22. d. M. er⸗ öffnet und bis Juni dauern.
Nach Professor Doerpfeld läßt sich nunmehr über die Funde in Garitza auf Korfu folgendes sagen: Die gefundenen Stücke, die sämtlich in Falllage aufgedeckt wurden, gehören zu der nach Westen orien⸗ tierten Rückfront eines großen, etwa 60 m langen Tempels, der schon im Altertum eingestürzt zu sein scheint. Die Rückfront scheint 6 bis 8 Säulen aufgewiesen zu haben, darüber die üblichen Balken, Triglyvphen und Giebel. Zahlreiche Stücke des marmornen Giebels wurden nebeneinander liegend gefunden. Das Hochrelief des Giebels zeigt in der Mitte eine riesige Gorgo in Knielauf⸗Stellung nach links, mit einem Manne kämpfend; rechts von ihr ein Pferd; dann zu beiden Seiten symmetrisch je einen großen Löwen, endlich in der rechten Giebelecke einen gefallenen Mann. Die Haupt⸗ oder Ostfront des Tempels muß bei dem Frauenkloster Theodoroi gestanden haben, wo weitere noch bedeutendere Funde zu erwarten sind.
1 Literatur.
Der neueste (18.) soeben erschienene Ban iitet der Kunst“⸗ enthält in 327 Bildern die Werke des Fra Angelico da iesole und eine Schilderung und Würdigung seiner künstlerischen rsönlichkeit von Dr. Frida Schottmüller. (Deutsche Verlagsanstalt in Stuttgart; geb. 9 ℳ.) Der Dominikaner Fra Giovanni Angelico da Fiesole (1387 — 1455) gehört in seiner Art zu den Greßmeistern der Kunstgeschichte. Wennschon seine Malerei stofflich eng begrenzt ist und wenn die Mehrzahl seiner Bilder in Form und Farbe durch⸗ aus dem Zeitgeschmack entsprechen, so sind sie doch der reine und tiefe Ausdruck einer eigenartigen Persönlichkeit, die das religiöse Empfinden ihrer Zeit wie kein zweiter in ihren Bildern zu fünztlerischem Ausdruck brachte. Fra Angelico war ausschließlich der Maler des Erdenwallens und der bimmlischen Herrlichkeit Christi. Klar anmutig und in reinen Formen bildete er die heiligen Gestalten, ließ sie in schönen, rhythmisch bewegten Gruppen und in leuchtenden Farben die Wände der Klostergänge, Kirchen und Kapellen beleben, zu deren Ausschmückung er berufen war. Ursprünglich als klösterlicher Handschriftenmaler von der Miniaturmalerei ausgehend, deren Eigenart sich auf seinen ältesten Tafelmalereien nicht verleugnet, entwickelte er sich aus einem Goldgrundgotiker allmählich zu einem Früh⸗ renaissancemaler. Die Figuren seiner Bilder, die edlen, schlanken Engelsgestalten, mit den länglichen Köpfen, den geraden Nasen und hoben Brauen erhielten allmählich individuellere Züge, seine Madonnen entwickeln sich aus dem jungfräulichen Typ zu Persönlichkeiten, die Figurenbilder erhalten eine Umrahmung, Baulichkeiten und Land⸗
schaften werden mitdargestellt, die Gruppen zeigen eine lebhaftere Be⸗
“
wegung. Wer sich in die trefflichen Nachbildungen des Bandes ver⸗ niest gäblt sich in eine stille, ferne Welt versetzt, deren Lieblichkeit wundersam zu Herzen spricht und deren erhabener Ernst das Gemüt still macht und erhebt. Die Ausstattung ist die gleiche gediegene, die die vorausgegangenen Bände auszeichnete; kurze Erläuterungen der einzelnen Gemälde, ein chronologisches und systematisches Verzeichnis sowie Angaben über die gegenwärtigen Aufbewahrungsorte und die Be⸗ sitzer sind auch diesem Bande wieder beigegeben.
Banwesen.
Am 27. d. M., Abends 7 ½ Uhr, wird der Dr. Kania im Architektenverein einen Vortrag halten über: „Friedrich der Große als Architekt der Stadt Potsdam.“
Ein Wettbewerb um Vorentwürfe zu einem Ge⸗
meindehaus für die evangelische Gemeinde Ohligs wird
unter den evangelischen Architekten, die in den Regierungsbezirken Cöln und Düsseldorf ihren Wohnsitz haben, bis 30. Juni d. J. aus⸗ geschrieben. Die Unterlagen sind zu beziehen von dem evangelischen Gemeindeamt Ohligs, Mankhauserstraße 41, gegen Einsendung von 2 ℳ, die bei Einreichung eines Entwurfs zurückerstattet werden. Drei Preise von 800, 600 und 400 ℳ sind ausgesetzt. Der Ankauf von zwei weiteren Entwürfen zu je 200 ℳ bleibt vorbehalten. Das Preisgericht besteht aus den Herren Regierungsbaumeister Senz in Coln, Regierungsbaumeister Plange in Elberfeld, Stadtbaumeister Happe in Ohligs, Kirchmeister Kortenhaus in Ohligs, Pfarrer Neuber in Ohligs.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
Das Kaiserliche Gesundheitsamt meldet den Ausbruch der aul⸗ und Klauenseuche vom Schlachthofe zu München am 19. April und vom Schlachtviehhofe zu Dresden am 20. April sowie das Erlöschen der Maul⸗ und Klauenseuche vom Schlachthofe zu Magdeburg am 19. April 1911. ““ Niederlande. ““
Die Königlich niederländische Regierung hat ihre Verfügungen vom 2. und 20. Dezember v. J., wodurch Funchal (Madeira) und die Insel Madeira für choleraverseucht erklärt worden waren, durch eine in Nr. 90 des „Staatscourant“ vom 16., 17. und 18. d. M., erschienene Veröffentlichung vom 15. d. M. aufgehoben. Die gemeinschaftlichen Verfügungen der Königlich niederländischen Minister des Innern und der Finanzen vom 2./3. und 20. Dezember v. J., wodurch die Ein⸗ und Durchfuhr von Lumpen, gebrauchten Kleidungs⸗ stücken und ungewaschener Leib⸗ und Bettwäsche aus Funchal (Madeira) und von der Insel Madeira verboten worden war, sind zufolge einer im „Niederländischen Staatscourant“ Nr. 91 vom 19. d. M. ver⸗ öffentlichten Bekanntmachung der genannten Minister vom 15. d. M. vom 19. d. M. ab aufgehoben worden. (Vgl. „R.⸗Anz.“ vom 7. und 27. Dezember v. J. Nr. 287 und 303.)
Verkehrswesen.
Freimarkenrollen.
Die Reichspostverwaltung hat sich seit Jahren bemüht, für die Herstellung der in Postwertzeichenautomaten zu verwendenden Frei⸗ markenrollen, die bisher mit der Hand durch Aneinanderkleben von Markenstreifen gebildet wurden, eine Maschine zu erlangen, die die Freimarken in Bändern druckt und das mühsame, mit besonderen Kosten verbundene Aneinanderkleben der Streifen entbehrlich macht. Vor kurzem ist nun eine unter Mitwirkung der Reichsdruckerei von einer Darmstadter Maschinenfabrik erbaute Maschine in Betrieb ge⸗ nommen worden, mit der einfarbige Freimarken (zu 3, 5, 10 und 20 ₰) in Bändern gedruckt werden. Dagegen müssen Rollen mit 25⸗, 30⸗, 40⸗, 50⸗, und 80 ₰⸗Freimarken bis auf weiteres noch aus einzelnen Markenstreifen angefertigt werden, da eine Maschine, die zweifarbige Freimarken auf Bänder druckt, noch nicht zur Ver⸗ fügung steht. Die Rollen mit 3., 5⸗ und 10 B⸗Freimarken enthalten je 1000, Rollen mit 20⸗, 25⸗, 30 ⸗ 40⸗, 50⸗ und 80 ₰⸗Freimarken je 500 Stück. Sie werden vom 1. Mai ab auf Antrag von jedem Post⸗ amt zum Nennwert, also ohne den bisher erhobenen Zuschlag von 25 ₰ für die Rolle, geliefert. Wo sie nicht vorrätig gehalten kann die Lieferung erst erfolgen, nachdem das Postamt die gewünschten Rollen besorgt hat.
Verdingungen.
(Die näheren Angaben über Verdingungen. die beim Reichs⸗ und Staats anzeiger“ ausliegen, können in den Wochentagen in dessen Expeditiom während der Dienststunden von 9 bis 3 Uhr eingesehen werden.) Oesterreich⸗Ungarn.
1. Mal 1911, 12 Uhr. K. K. Staatsbahndirektion in Stanislau: Verkauf von Brückeneisenmaterial (geschweißtes Eisen und Eisenguß⸗ lager) infolge Auswechslung der Brückenträger auf der Bistrit in km 105 %1 der Linie Strvj —Stanislau. Das Gewicht des erlangien Materials beträgt ungefähr 300 000 kg. Näheres bei der genannten Direktion.
R Aegypten.
Sekretariat des Finanzministeriums in Kairo: Vergebung der Lieferung von 12 000 Aktenkartons. (Vergl. „Reichsanzei Nr. 80 vom 3. d. M.) Der Termin für die Einreichung der Angebote ist vom 15. Mai auf den 3. Juni 1911 verlegt. Die Lieferung dat binnen 90 Tagen nach Mitteilung von der Annahme des Angebots auf einmal zu geschehen und nicht in drei Teilen, wie früher be⸗ stimmt war.
Theater und Musik.
Konzerte.
Die Konzertveranstaltungen der verflossenen Osterwoche, die den Schluß des Konzertwinters bedeuteten, begannen am Montag, den 10. d. Mts. mit einer Aufführung von Bachs„ Johannes⸗Passion“ durch den Chor der Singakademie unter der Leitung seines Dirigenten, Professors Georg Schumann. Die Wiedergabe des gewaltigen Chorwerks zeugte in allen ihren Teilen von der unermüd⸗ lichen Sorgfalt und Liebe, mit der die Bachsche Masik an dieser Stätte gepflegt wird. Die Chöre gelangen vortreff⸗ lich, tadellos in der Form, schön im Klange, kernig in der Auffassung; an ihnen konnte jeder seine ungetrübte Freude haben. Nicht ganz so günstig lag die Sache mit den Solistimmen; hier über⸗ ragten die en die Damen bei weitem. Arthur van Eweyvk, der die Partie des Christus und die Baßsoli durchführte, war natürlich seiner Aufgabe voll gewachsen; er traf den Bachstil ausgezeichnet und wirkte ebensosehr durch die Klangschönbeit seiner Stimme wie durch die an ihm hochgeschätzte Innigkeit des Gefühls. Auch mit den Leistungen des Herrn Lederer⸗Prina konnte jeder zufrieden sein; der Künstler zeigte sich immer als stimmbegabter, gut geschalter Sänger. Die Partie des Evangelisten lag in den Händen des Herm Heß, der sie mit seltener Remheit des Geschmacks und Fülle de
Ausdrucks zu Gehör brachte. Weniger befriedigte Frau Kaempfert; ihr Sopran klang in der Höhe mühevoll und ihr Gefühl ließ cs an Wärme fehlen. Am wentgsten war die Altistin Agnes Fridrichowicz ihrer Aufgabe stimmlich bl wie musikalisch gewachsen; ihr Vortrag ging eigentlich wirkungslos vorüber. Für diese Mangel entschädigte reichlich die Klangschönbeit und Schlagfertigkeit der Chöre, sodaß das Cborwerk als Ganzes doch einen tiefgehenden Eindruck binterlicß. — Die Gesellschaft der Musikfreunde hatie an ihrem VIII. (letzten) Konzert an demselben Abend das Bläthner⸗Orchester