1911 / 105 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 04 May 1911 18:00:01 GMT) scan diff

Beamte der Militärverwaltung. 8

Im aktiven Heere. Durch Allerhöchsten Abschied. 10. April. Siemers, Geheimer Kriegsrat, Oberintend. Rat von der Intend. des III. Armeekorps, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.

Durch Allerhöchste Patente. 10. April. Der Charakter als Rechnungsrat verliehen: Bock, Geheimer expedierender Sekretär und Kalkulator, Rastalsky, Gramberger, Geheime Registratoren, sämtlich im Kriegsministerium, Hühnermann, Siewke, Topo⸗ graphen bei der Landesaufnahme, Barmeier, Zeitz, Proviantamts⸗ direktoren in Mülhausen i. E. und Spandau; den Garn. Verwalt. Direktoren Winkler in Breslau, Große in Danzig, Redlich in Metz I, Fromme in Hannover, ferner den Oberzahlmeistern Schiefer vom 1. Oberelsäss. Feldart. Regt. Nr. 15, Haedicke vom 1. Lothring. Feldart. Regt. Nr. 33, Schmiedel vom Hus Regt. von Schill (1. Schles.) Nr. 4, Dern vom Inf. Leib⸗

egt. Gegsbfn in (3. Großherzogl. Hess.) Nr. 117, Blankenburg vom 1. Elsäss. Pion. Bat. Nr. 15, Elbers vom 2. Garderegt. z. F., Klippel vom Inf. Regt. von Courbidre (2. Posen.) Nr. 19, Tiemann vom Inf. Regt. Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg⸗Schwerin (4. Brandenburg.) Nr. 24, Stützel vom 2. Unterelsäss. Inf. Regt. Nr. 137.

Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 25. März. Dr. Voß, Stabsapotheker des Garn. Lazaretts Breslau, dieser zum 1. Mai 1911, Klemm, Rechnungsrat, Geheimer Registrator vom Kriegsministerium, auf ihren Antrag mit Pension in den Ruhe⸗ stand versetzt.

„4. April. Thaele, Patzke, Köppen, Willers, Intend. Diätare bei den Intendanturen des XVI. und IX. Armeekorps, der 5. und 4. Div., zu Militärintend. Sekretären ernannt.

6. April. Ernannt: Renner, wissenschaftlicher Hilfslehrer am Kadettenhause in Bensberg, zum Oberlehrer des Kadettenkorps, die Garn. Verwalt. Oberinspektoren Diebner in Erfurt, Haberland in Jüterbog, zu Garn. Verwalt. Direktoren, die Garn. Verwalt. In⸗ spektoren Heycke in Goldap, Oppermann in Offenburg, zu Garn. Verwalt. Oberinspektoren.

7. April. Stoll, Garn. Verwalt. Insp. in Berlin II, nach Breslau versetzt.

10. April. Breitmeyer, Garn. Verwalt. Insp. auf Probe in Jüterbog. zum Garn. Verwalt. Insp. ernannt. Landeck, I1“ als Proviantamtsinsp. in Colmar i. E. angestellt.

11. April. Hensel, Unterzahlmstr.,, zum Zahlmstr. beim I. Armeekorps ernannt. Wuttke, Oberzahlmstr. vom Hus. Regt. Graf Goetzen (2. Schles.) Nr. 6, dieser zum 1. Juli 1911, Jaeckel, Kanzleisekretär, Intend. Kanzlist bei der Intend. des IV. Armee⸗ korps, auf ihren Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.

12. April. Pabst, Rechnungsrat, Buchhalter bei der Gen. VE“ zum Kassierer bei den Oberbuchhaltereien, Berndt, Rietz, Kurz, Geheime Sekretäre bei der Gen. Militärkasse, zu Buchhaltern, ernannt.

14. April. Kiselowsky, Bögel, Fiege (Friedrich), pleffes (Adalbert), Britze, Albath, Sternecker, Häuber,

abst, Intend. Sekretäre von den Intendanturen der 35. Div., des XVIII., XI. Armeekorps, der militärischen Institute, des V. Armee⸗ korps, Gardekorps, XVI. Armeekorps, der 8. Div. und des VIII. Armeekorps, der Titel „Obermilitärintend. Sekretär“ verliehen.

18. April. Den Zahlmeistern Müller vom 2. Niederschles. Inf. Regt. Nr. 47, Pfeiffer vom 1. Gardefeldart. Regt. der Titel „Oberzahlmeister“ verliehen.

19. April Wolf (Max), Oberintend. Sekretär von der Intend. der 22. Div., Hempel (Willy), Intend. Sekretär von der en des XI. Armeekorps, gegenseitig versetzt. Wichmann,

ottschall, Geheime Sekretäre auf Probe bei der Gen. Militär⸗ kasse, Gambal, Pott, Garn. Verwalt. Inspektoren auf Probe in Ksönigsberg i. Pr. und Metz, in ihren Stellen bestätigt. ʒ2o. April. Rehse, Paepke, Propiantamtsin pektoren in und Saarbrücken, Augusti, Klatt, Proviantamts⸗ inspektoren in Hannover und Graudenz, gegenseitig versetzt.

25. April. Lüters, Oberzahlmstr. vom III. Bat. 3. Oberschles. FWels Nr. 62, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.

26. April. geltncnis in Spandau, auf seinen Antrag mit Pension in den Ru

tand versetzt. 1 Versetzt:

Pagel, Rechnungsrat, Rendant beim Festunge⸗ e⸗

Durch Verfügung des Generalkommandos. die Oberzahlmeister und Zahlmeister: Goertz vom III. Bat. Inf. Regts. von der Goltz (7. Pomm.) Nr. 54 zum I. Bat. Fußart. Regts. von Hindersin (1. Pomm.) Nr. 2, Schmidt vom I. Bat. Fußart. Regts. von Hindersin (1. Pomm.) Nr. 2 zum III. Bat. Inf. Regts. von der Goltz (7. Pomm.) Nr. 54, Luschek von der II. zur I. Ab⸗ teil. Feldart. Regts. von Clausewitz (1. Oberschles.) Nr. 21, Klebbe vom I. Bat. 3. Oberelsäss. Inf. Regts. Nr. 172 zum II. Bat. Füs. Regts. Fürst Karl Anton von Hohenzollern (Hohenzollern.) r. 40, Löer vom II. Bat. 7. Bad. Inf. Regts. Nr. 142 zum II. Bat. 4. Bad. Inf. Regts. Prinz Wilhelm Nr. 112, von Garssen vom II. Bat. 7. Lothring. Inf. Regts. Nr. 158 zum II. Bat. Niederrhein. Füs. Regts. Nr. 39, Läufer vom III. Bat. Inf. Regts. Graf Bose (1. Thüring.) Nr. 31 zum Schleswig⸗Holstein. Trainbat. Nr. 9. Zugeteilt infolge Versetzung: Stein, Zahlmstr., bisher vom 2. Pomm. Fußart. Regt. Nr. 15, der II. Abteil. 2. Hannov. Feldart. Regts. Nr. 26. Im Beurlaubtenstande. Durch Verküguug, des Kriegsministeriums. 11. April. Juncker (Offenburg), Meyer (E Berlin), esse, Schubert (II. Dr. Beuttel Donaueschingen), Wenzel (Danzig), Spe berg achen), Warten⸗ berg (Stettin), Unterapotheker des Beurlaubtenstandes, zu Ober⸗ apothekern befördert. Hohmann (Braunsberg), Spieß (Inster⸗ burg), Köhler (III Berlin), Moses (I Altona), Dr. Fuchs (Mannheim), Seee. (Neustadt W.⸗Pr.), Sommer (Lim⸗ burg a. d. Lahn), Mignon (Worms), Lapp (1 Darmstadt), Ober⸗ apotheker des Beurlaubtenstandes, der Abschied bewilligt. 8

Königlich Bayerische Armee. EE“

München, 28. April. Im Namen Seiner Majestät des Königs. Seine Königliche Hoheit Prinz Luitpold, des FeFigig chs Bayern Verweser, haben Sich mit Allerhöchster Entschließung vom 28. d. M. bewogen gefunden, nachstehende Per⸗ sonalveränderungen Allergnädigst zu verfügen:

Bei den Offizieren: dem Hauptm. Heßert, Battr. 37 im 10. Feld⸗ art. Regt., vom 1. Mai d. J. ab Urlaub ohne Gehalt⸗auf sechs Monate zu bewilligen; den Rittm. Heßert, Reitlehrer bei der Militärreitschule, mit der gesetzlichen Pension zur Disp. zu stellen mit der Erlaubnis zum Forttragen der bisherigen Uniform mit den bestimmungsmäß. Ab⸗ zeichen; dem Feuerwerkslt. Skopec der Landw. 1. Aufgebots (I München) ausnahmsweise nachträglich die Aussicht auf Anstellung im Zivildienst zu verleihen; zu ernennen: zum Battr. Chef im 10. Feldart. Regt. zum 1. Mai d. J. den Oberlt. Franck dieses Regts. unter Beförderung zum Hauptm. ohne Patent, zum Reitlehrer bei der Militärreitschule den Oberlt. Defregger, Adjutanten bei der Militärreitschule, zum Adjutanten bei der Militärreitschule den ch 5 58 des 7. Chev. Regts. Prinz Alfons, bisher kommandiert daselbst.

Bei den Sanitätsoffizieren: im aktiven Heere: den Stabsarzt Dr. Pitterlein, Bats. Arzt im 14. Inf. Regt. Hartmann, mit der gesetzlichen Pension und der Erlaubnis zum Feeeen der bis⸗ herigen Uniform mit den bestimmungsmäß. Abzeichen zur Disp. zu tellen; den Abschied mit der gesetzlichen Pension zu bewilligen: dem

berstabsarzt Dr. Rietzler, Garn. Arzt beim Garn. Kommando Nürnberg, und dem Stabsarzt Dr. Aurnhammer des 15. Inf. Regts. König Friedrich August von Sachsen, beiden mit der Erlaubnis zum Forttragen der bisherigen Uniform mit den ür Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen; zu versetzen: den berstabsarzt Dr. Barthelmes, Regts. Arzt des 3. Che⸗

zurück.

Regts. Herzog Karl Theodor, als Garn. Arzt zum Garn. Kommando Nürnberg, die Stabsärzte Grilmeier vom 1. Fußart. Regt. vakant Bothmer zum 2. Inf. Regt. Kronprinz, Widmann, Bats. Arzt im 7. Inf. Regt. Prinz Leopold, zum 12. Inf. Regt. Prinz Arnulf, Dr. Vith, Bats. Arzt im 22. Inf. Regt., zum 14. Inf. Regt. Hartmann, die letzten beiden in gleicher Eigenschaft, und Dr. Peters vom 10. Feldart. Regt. zum 15. Inf. Regt. König Friedrich August von Sachsen, den Oberarzt Dr. Dix vom 17. Inf. Regt. Orff zu Sanitätsoffizieren der Landw. 2. Aufgebots, den Assist. Arzt Dr. Sigl vom 2. Chev. Regt. Taxis zum 1. Fußart. Regt. vakant Bothmer; zu ernennen: zum Regts. Arzt des 3. Chev. Regts. Herzog Karl Theodor den Oberstahsarzt Dr. v. Reitz, Bats. Arzt im 2. Inf. Fe Kronprinz, zu Bats. Aerzten die Stabsärzte Dr. Sauer des

hev. Regts. Prinz Albrecht von Preußen im 7. Inf. Regt. Prinz

Leopold und Dr. Pfannenmüller des 2. Trainbats. im 9. Inf. Regt. Wrede; zu befördern: zu Assist. Aerzten die Unterärzte Schuh des 2. Fußart. Regts. und Dr. Müller des 9. Inf. Regts. Wrede.

Bei den Beamten der Militärverwaltung: dem Kriegsgerichtsrat Dr. Stöber bei der 5. Div. mit der Wirksamkeit vom 1. Mai d. J. den Rang der Klasse IV der höheren Beamten der Militär⸗ verwaltung Allergnädigst zu verleihen. 8

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

dem Kaufmann Otto Voltz in Homburg v. d. H. das Prädikat eines Königlichen Hoflieferanten und 8

dem Fräulein Lambertine Berghausen, Mitinhaberin der Firma Heinrich Berghausen, in Cöln das Prädikat einer Königlichen Hoflieferantin zu verleihen. 8

Auf den Bericht vom 31. März d. J. will Ich der Gemeinde Monzelfeld, Kreis Berncastel, auf Grund des Gesatss vom 11. Juni 1874 Fteh pess mc S. 221) zwecks Erbauung einer Wasserleitung hiermit das Recht 8 die für die Rohrlegung in Anspruch zu nehmenden Grundstücke in Flur 7 und 9 der Gemarkung Gonzerath im Wege der Feeeigaa zu erwerben oder, soweit dies ausreicht, mit einer dauernden Beschränkung zu belasten. 1 Zeichnung folgt

Achilleion, den 10. April 1911. 6 8 Wilhelm R. von Trott zu Solz. von Dallwitz.

von Breitenbach. Frreiherr von Schorlemer.

An die Minister der öffentlichen Arbeiten, der geistlichen zc.

Angelegenheiten, für Landwirtschaft ꝛc. und des Innern.

Finanzministerium. b 8—

Bestellt sind: die Katasterlandmesser Galuschke und Oskar Krüger zu Katasterkontrolleuren in Schmiegel bezw. Landeshut.

Der Regierungssekretär Zeng in Schleswig ist zum Rent⸗ meister bei der Königlichen Kreiskasse in Mohrungen ernannt worden.

Der Rentmeister Götz bei der Königlichen Kreiskasse in Stuhm ist nach Schwetz versetzt worden.

8

8 Evangelischer erirchenvet

Der bisherige Gerichtsassessor Paul Krüger in Breslau

ist zum Konsistorialassessor ernannt und dem Konsistorium der Provinz Schlesien überwiesen worden.

Der Konsistorialassessor Dr. Hanncke vom Konsistorium zu Berlin ist in gleicher Eigenschaft an das Konsistorium in Posen versetzt worden.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 4. Mai. 8

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Justiz⸗ wesen und für Handel und Verkehr hielten heute eine Sitzung.

Der Königlich bayerische Gesandte Graf von Lerchenfeld ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Gesandt⸗ schaft wieder übernommen. ö 8

ö1“ 8 .“

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Panther“ am 30. April von Lüderitzbucht, S. M. S. „v. d. Tann“ vorgestern von Teneriffa, S. M. S. „Eber“ gestern von Lome (Togo) und S. M. Tpdbt. „Taku“ vorgestern von Nagasaki in See gegangen.

S. M. S. „Scharnhorst“ mit dem Chef des Kreuzer⸗ geschwaders und S. M. SS. „Gneisenau“ und „Leipzig“ lind gestern von Yokohama in See gegangen.

S. M. Flußkbt. „Vaterland“ ist vorgestern von Tschingkiang (Yangtse) und S. M. S. Flußkbt. „Tsingtau“ gestern von Shinchow (Nordfluß) abgegangen.

S. M. S. „Loreley“ ist gestern von Galatz nach Konstantinope egangen.

8

Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin sind mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Viktoria Luise heute vormittag gegen 10 ½ Uhr in Karls⸗ ruhe eingetroffen und, „W. T. B.“ zufolge, auf dem Bahnhof von Ihren Königlichen Hoheiten dem gr0 55 no und der Greßcherzogin⸗ Shꝛer Kaiserlichen Hoheit der Prinzessin Wilhelm von Baden, dem preußischen Gesandten von Eisendecher mit Gemahlin, den Ministern, der Generalität und den Spitzen der Behörden zupfangen worden. Nach herzlicher Begrüßung fuhren die ürstlichkeiten in offenem Wagen durch die Fälch geschmückten Straßen nach dem Schloß, wo die Majestäten von Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin Luise und Ihren Fstehaiten dem König und der Königin von Schweden bewillkommnet wurden

Ehrensvärd

Oesterreich⸗Ungar

Der König Franz Joseph ist gestern abend zu drei⸗ chigem Aufenthalte in Budapest See

Großbritannien und Irland.

Auf der Tagesordnung der gestrigen Sitzung des Unter⸗ sge⸗ es standen zunächst zwei Anfragen, betreffend den Auf⸗ tand in Canton und die Intervention Frankreichs in Marokko.

Wie „W. T. B.“ meldet, stellte der Erste Lord der Admiralität MeKenna bezüglich der ersten Anfrage fest, daß sich zwei britische Kanonenboote seit dem 28. April in Canton befinden und zwei Kanonenboote und ein Zerstörer in Hongkong in Bereitschaft gehalten werden. Er fügte hinzu, der Kommandant in den eee Ge⸗ wässern habe telegraphisch gemeldet, daß die Lage nicht ernst sei, da der Aufruhr in der Nacht vom 27. April niedergeschlagen worden wäre. Der britische Generalkonsul sei der Meinung, daß ein weiterer Schutz nicht erforderlich sei. Me Kenna schloß, nach seiner In⸗ formation sei ein deutsches Kanonenboot und ein amerikanisches Kriegsschiff am 1. Mai von Hongkong nach Canton abgefahren. Auf die Anfrage des Nationalisten Ginnell, ob die Inter⸗ vention Frankreichs in Marokko von Großbritannien angestiftet worden sei, erwiderte der Unterstaatssekretär des Auswärtigen Amts Me Kinnon Wood, daß dies nicht der Fall sei.

Das Haus beschäftigte sich sodann mit der Vetobill.

Als man über die Einleitung der Bill debattierte, die die Re⸗ gierung zu einer Reform des Oberhauses zu einem künftigen Zeit⸗ punkt verpflichtet, beantragte der Abg. Barnes (Arbeiterpartei) die Ablehnung der Einleitung mit der Begründung, daß die Erfahrung gelehrt habe, daß die zweite Kammer nicht notwendig und nicht zu rechtfertigen sei. Der Premierminister Asquith wies diesen Antrag zurück und erklärte, die Regierung habe die Verpflichtung, die Reform durchzuführen. Selbst wenn die Vetobill zum Gesetz erhoben würde, würden sich die Liberalen den Konservativen gegenüber im Nachteil befinden, so⸗ lange das Oberhaus nicht reformiert sei. Wenn es die Zeit gestatte, werde die Regierung während der Lebensdauer des jetzigen Parlaments mit der Reform des Oberbauses beginnen. Der Antrag des Ab⸗ geordneten Barnes wurde hierauf mit 218 gegen 47 Stimmen ab⸗ gelehnt. Die Unionisten enthielten sich der Abstimmung.

Das Haus nahm die Einleitung zur Vetobill an und beendete die Einzelberatung über die Klauseln unter lange anhaltenden Beifallsrufen der Ministeriellen.

Italien.

Die Jacht „Hohenzollern“ mit dem deutschen Kaiser⸗ paar und der Prinzessin Viktoria Luise an Bord ist, „W. T. B.“ zufolge, gestern nachmittag unter dem Salut der Geschütze in den Hafen von Genua ein⸗ gelaufen. Am Landungsplatze hatten sich zur Be⸗ grüßung der Majestäten die Spitzen der Behörden, der deutsche Botschafter von Jagow, der Generalkonsul von Herff, die gesamte deutsche Kolonie und die deutsche Schule eingefunden. Gegen 5 Uhr verließen der Kaiser, die Kaiserin und die Prin⸗ zessin Viktoria Luise die Jacht und begaben sich unter be⸗ geisterten Kundgebungen der Bevölkerung nach dem Seebahnhof, von wo sie die Reise nach Karlsruhe antraten. 1““

1“ Belgien. 6

Der König und die Köntgin sind gestern von London in Brüssel wieder eingetroffen und haben im Schloß Laeken Wohnung genommen. Wie „W. T. B.“ meldet, leidet die Königin nach einer Erklärung des Hofmarschallamts an einer Reittelohrentsündung, die von Fieber begleitet ist. Deshalb ist ihr vollständige Ruhe geboten, sodaß sie vermutlich an den Empfängen zu Ehren des Präsidenten Fallières, der Dienstag in Brüssel eintrifft, nicht teilnehmen kann. 6

8 Türkei.

Die am 13. Mai ablaufende Parlamentssession ist bis zum 28. Mai verlängert worden.

Nach einer Meldung des Wiener K. K. Telegraphen⸗Kor respondenz⸗Bureaus haben gestern fünfhundert Arnauten und Montenegriner die Telegraphenleitung in der Gegend von Kastrati zerstört und die türkischen Truppen angegriffen. Ein Bataillon nebst Artillerie eilte diesen zu Hilfe und vertrieb die Arnauten, die schwere erlitten. Die Türken verloren wölf Landwehrmänner und zehn Reservisten. Gleichzeitig sind ie Telegraphenleitungen von Tuzi nach Skutari zerstört und die Truppen von starken Rebellenscharen angegriffen worden, die aber von zwei ihnen entgegengeschickten Bataillonen mit Geschützbegleitung zurückgeworfen wurden. Die Eisenbahnen sind beauftragt worden, sofort Vorbereitungen für große Truppen⸗ transporte nach dem Wilajet Kossowo zu treffen.

Serbien.

Die hat gestern nach dreitägiger Debatte den Antrag der Nationalisten, den früheren radikalen Minister Petrovic wegen angeblicher Ermordung der beiden Brüder Novakovic vor den Staatsgerichtshof zu stellen, in geheimer Abstimmung, „W. T. B.“ zufolge, mit 82 gegen 60 Stimmen abgelehnt. Damit ist die Angelegenheit endgültig erledigt. Auf eine Interpellation über den albanesischen Auf⸗ stand erwiderte der Ministerpräsident Tomanowitsch: Montenegro hat seine Menschenpflicht gegenüber den albanesischen Einwanderern erfüllt. Es erfüllt seine internationale Pflicht gegen⸗ über der Türkei, da es strikte Neutralität beobachtet, was der Pforte und den Mächten bekannt ist. Mit Rücksicht auf die religiösen und sehr engen verwandtschaftlichen ande der Albanesen mit den Einwohnern einiger katholisch⸗ E1“ Ort⸗ schaften und im Hinblick auf die eigentümlichen Terrain⸗ verhältnisse war es eine Unmöglichkeit, die heimliche, Nachts durchgeführte Ueberschreitung der Grenze zu verhindern, die von höchstens hundert Leuten unternommen wurde. Diese Leute werden als Deserteure bestraft werden. Montenegro hat Grund, sich über die Invasion von Familien aus den in Brand gesetzten albanesischen Dörfern zu beklagen, und über den Schaden, den ihm der Aufstand verursacht, der seine innere Entwicklung hemmt. Montenegro hat dreißig Jahre hindurch freundschaftliche Beziehungen mit der Türkei unter⸗ halten und wird strenge Neutralität bewahren, um die freundschaft⸗ lichen Beziehungen aufrecht zu erhalten. Es hofft, daß dasselbe Ver⸗ langen die leitenden Männer der Türkei beseelt.

Montenegro.

Auf die angekündigten Schritte des türkischen Gesandten in Cetinje hat der Ministerpräsident erwidert, daß die Grenz⸗ behörden beauftragt seien, Zwis enfälle zu ver⸗ hindern. Ein der Verteilung von Munition an Bauern ver⸗ dächtiger Offizier ist nach Cetinje zwecks gerichtlicher Ver⸗ folgung berufen worden.

Schweden. Der Reichstagsausschuß hat gestern, wie „W. T. B.“

meldet, beschlossen, beim Reichstag einen Antrag gegen den ehemaligen Marineminister, Konteradmiral chen 28 handelt sich um Ueberschrei⸗

1“

89

bei Hammerfest bewilligt.

Neu⸗Guinea, der

1 5 888

ungen des Flottenübungsbudgets, 5 die, seit 1906 fortgesetzt, ein Kronen ergeben haben. 8 88 Norwegen. Der Storthing hat gestern, „W. T. B.“ zufolge, ein⸗ stimmig einen Betrag bis zu 300 000 Kronen zur Errichtung von Radiotelegraphenstationen auf Spitzbergen und

Defizit von etwa 1 Million

Amerika. 1 1116 b“ 16— nationale Friedenskongreß ist gestern in roßer Beteiligung von dem ö

öä8

Der dri Baltimore unter r . Taft mit einer Rede eröffnet worden, in der er,

zufolge, ausführte:

Ich glaube, alle, die die Lage kennen, stimmen darin überein,

daß ein Schiedsgerichtsvertrag zwischen den Vereinigten Staaten und W ein Schritt sein würde in der Richtung auf den Weltfrieden, aber eben nur ein Schritt. Wir haben es mit einer Welt zu tun, die fehlbar ist. Bei jedem Versuch, in diesem Weltteil Frieden zu sächen wird unsere Regierung von dem Argwohn anderer Nationen gehemmt. In diesem Lande besteht kein Wunsch nach einer territorialen Vergrößerung. Das Volk werde nicht erlauben, daß die Regierung irgend ein Gebiet in Besitz nehme, falls sie das zu tun beabsichtige, oder daß sie in irgend einer Weise interveniere, außer um fremden Regierungen und Völkern zu helfen, innerhalb ihrer Grenzen Frieden und Ordnung aufrechtzuerhalten. Wir haben e geführt, und wir kennen die Schrecken und Lasten, die sie mit sich bringen; wir wünschen daher keine mehr, wir brauchen nicht mehr Gebiet.

Die Regierungen von Santo Domingo und Haiti haben ihre Gesandten in Washington laut Meldung des „W. T. B.“ angewiesen, ein Protokoll zu entwerfen und zu unterzeichnen, demzufolge der Grenzstreit zwischen beiden Staaten einem Schiedsgericht zur Entscheidung überwiesen werden soll.

Der brasilianische Kongreß ist gestern mit einer Botschaft des Präsidenten, Marschalls Hermes da Fonseca eröffnet worden.

Die Botschaft erklärt, obiger Quelle zufolge, daß im Lande voll⸗ ständige Ruhe herrsche, und stellt sodann fest, daß das Defizit des laufenden Etats, das aus dem Anwachsen der ungeregelten Belastungen des Schatzamtes entstehe, dasjenige des Jahres 1910 übersteigen werde, wenn nicht wirksame Maßregeln angewendet würden. Die Regierung beschäftige sich damit, den Garantiefonds auf eine andere Basis zu stellen, um zu vermeiden, daß er in Zu⸗ kunft anders als nach seiner gesetzlichen Bestimmung ver⸗ wendet werde. Die auswärtige Schuld habe am 31. Dezember 1910 77 331 737 Pfund Sterling betragen und 240 Millionen Franks. Die Amortisierung und die Bezahlung der Coupons vollzogen sich ordnungsmäßig. Die innere Schuld habe am 31. Dezember 1910 591 750 Kontos Reis betragen. Die Botschaft stellt fest, daß der Wert des auswärtigen Handels im Jahre 1910 um 17 Millionen Pfund größer gewesen sei als im Jahre 1909, und weist auf die stete Entwicklung des Kredits der Bank von Brasilien hin.

Asien.

Die japanische Regierung hat, der „St. Petersburger Telegraphenagentur“ zufolge, beschlossen, für Hamburg, Indien, Tientsin und die Nord mandschurei Handels⸗

agenten zu ernennen. 1

MNuach Meldungen der „Agence Havas“ ist die Mahalla

es Majors Brémond am 26. v. M. nach viertägigen harten Kämpfen in Fes eingerückt. Die Mahalla befand sich in vollkommener Ordnung und hat keinen Verlust an Kriegsmaterial erlitten; ihre Verluste an Menschenleben be⸗ tragen seit dem Beginn ihres Zuges 30 Mann, die teils ge⸗ fallen sind, teils vermißt werden. Die Stämme verharren in ihrer Unbotmäßigkeit. Die Straße nach Tanger ist von den Uled Djamma abgeschnitten. Hugleich mit dem Eintreffen der Mahalla Brémond in Fes machten El Glaui und Mtugi einen erfolgreichen een. nach Osten und Süden gegen die Uled el Hadj und verfolgten sie bis zu den Bernussi. Einer vom „W. T. B.“ verbreiteten Depesche zufolge, die der in Paris weilende marokkanische Minister des Aeußern El Mokri aus Tanger mit Nachrichten aus Fes vom 27. April erhalten hat, hat der Sultan sofort nach der Ankunft der Mahalla Brémond einen allgemeinen Angriff gegen die Beni Mter unter Leitung des Großwesirs unternehmen lassen. Die scherifischen Truppen brachten den Aufständischen eine schwere Niederlage bei. Der Anbruch der Nacht verhinderte die Mahalla, den Kampf fortzusetzen. Der Machsen verfügt jetzt über 4000 reguläre und 3000 irreguläre Truppen.

Wie einem Londoner Blatt über Tanger aus Fes vom 28. v. M. gemeldet wird, sei dort alles ruhig. Die Stämme kehrten in ihre Bezirke zurück. Für die Europäer liege keine Notwendigkeit vor, Fes zu verlassen. Die Straßen seien frei. Die Städte Mekines und Sefru hätten Abordnungen nach

es entsandt, die dem Sultan ihre Unterwerfung anbieten und i 8n um Verzeihung bitten sollten. Die Berber räumten ekines.

Aus Melilla wird dem „Heraldo“ gemeldet, daß ein Scherif, der ein Abkomme von Mulay Eriß zu sein behaupte, unter den Beni Buyahi mit solchem Erfolg den heiligen Krieg gepredigt habe, daß zwei Notabeln, Omar Mtalzi und El Mizzian, die Bildung einer Harka angekündigt hätten. Die Stämme der Beni Burraguel, Beni Tusin, Temsamein und Beni Ulich hätten je 300 Mann zu stellen versprochen.

8 Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗

tags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

der heutigen (166.) Sitzung des Reichstags, der der Staatssekretär des Reichsschatzamts Wermuth und

der Staatssekretär des Reichskolonialamts Dr. von Lindequist

beiwohnten, stand zur ersten Beratung die Rechnung über den H aus⸗ halt der Ffrikantschen Schutzgebiete, des Schutzgebiets

erwaltung der Karolinen, Palau und Marianen sowie des Schutzgebiets Samoa für das Rech⸗

nungsjahr 1905.

Nachdem der Abg. Erzberger (Zentr.) konstatiert hatte, daß die Rechnungslegung über den Haushalt der Schutz⸗ gebiete jetzt in ein relativ befriedigendes Tempo getr e den Wunsch ausgesprochen hatte,

die Ehrensvärd veranlaßt hat

daß die Rechnungskommission auch tunlichst rasch mit ihrer Arbeit fertig werden möge, wurde die Vorlage in die Rechnungskommission verwiesen, ebenso ohne Debatte die Rechnung über den Haushalt derselben Schutzgebiete

6. 1904, desgleichen der Bericht der Reichsschulden⸗

ommission vom 25. Februar 1911.

In der zweiten Beratung der Uebersicht der Reichsaus⸗ gaben und ⸗Einnahmen für das Rechnungsjahr 1907 wurde gemäß dem Antrage der Rechnungskommission die vorläufige Genehmigung der nachgewiesenen Etatsüber⸗ schreitungen und außeretatsmäßigen Ausgaben ausgefpre en⸗

Bezüglich der allgemeinen Rechnung über den Reichs⸗ haushalt für 1905 wurde nach dem Antrage der Kommission dem Reichskanzler Entlastung erteçllillt.

(Schluß des Blattes.)

In der heutigen (66.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Minister der geistlichen und Unter⸗ richtsangelegenheiten D. von Trott zu Cgn und der Minister des Innern von Dallwitz beiwohnten, sollte zunächst eine Reihe von Petitionen nach den Beschlüssen der Kom⸗ 1S.G für ungeeignet zur Erörterung im Plenum erklärt werden.

Abg. Fischbeck (fortschr. Volksp.) beantragt, die darunter befindliche Petition des früheren Schutzmanns Hoffmann in Königs⸗ berg (Pr.) um Wiedereinstellung in den Staatsdienst zur Bericht⸗ erstattung an die Kommission zurückzugeben.

Abg. Hoffmann (Soz) beantragt dasselbe für die Petition von A. Neumann in Haag (Holland), die eine Beschwerde in Gerichts⸗ sachen enthält, und begründet dies damit, daß die Behandlung dieser Petition sowohl im Interesse des Petenten, als auch in dem der von ihm angegriffenen Personen, besonders des Kommerzienrats August Steidel in S liege, damit die Sache, die viel Staub auf⸗ gewirbelt habe, klargestellt werde.

Das Haus beschltcet nach diesen beiden Anträgen. Die übrigen Petitionen werden für ungeeignet zur Erörterung im Plenum erklärt.

Es 6 dann die Beratung des schleunigen Antrags der Abgg. Borgmann (Soz.) und Genossen, „die Regierung zu; veranlassen, das gegen den Abg. Dr. Liebknecht vor em Ehrengericht der Anwaltskammer in Berlin schwebende Verfahren für die Dauer der gegen⸗ wärtigen Session einzustellen“. Das Verfahren ist nach ursprünglicher Ablehnung durch die Anwaltskammer auf Veranlassung des Kammergerichts eingeleitet, weil Abg. Dr. Liebknecht während des sozialdemokratischen Parteitags in Magdeburg im September 1910 über den Kaiser von Rußland und die preußische und hessische Regierung beschimpfende und aufreizende Aeußerungen getan, durch dieses Verhalten außer⸗ halb seines Berufs sich der Achtung, die sein Beruf erfordert, nicht würdig gezeigt und dadurch die ihm obliegenden Pflichten Wele habe. 7Sg ie böebae beantragt, den Antrag betreffs Einstellung des Verfahrens für die Dauer der Session abzulehnen. Berichterstatter Abg. Peltasohn (fortschr. Volksp.): Soweit fest⸗ estellt werden konnte, ist es das erste Mal, daß dem Abgeordneten⸗ ause die Entscheidung unterbreitet wird, ob ein gegen ein Mitglied des Hauses auf Grund der Rechtsanwaltsordnung gerichtetes ehren⸗ gerichtliches Verfahren für die Dauer der Session aufzuheben ist. Die Kommission hat es deshalb als ihre besondere Aufgabe betrachtet, näher zu prüfen, ob auf dieses Verfahren die Bestimmungen des Art. 84 der preußischen Verfassung anwendbar sind. Die Kommission ist in Uebereinstimmung mit dem Vertreter des Justizministeriums der Meinung gewesen, daß die im Art. 84 gebrauchten Bezeichnungen „Untersuchung’ und „Strasverfahren“ im weitesten Sinne aus⸗ zulegen sind und darunter auch die disziplinarische Untersuchung und das disziplinarische Strafverfahren fallen. Demgemäß hat die Kommission den Antrag für zulässig erklärt. Gegenüber dem

inweis darauf, daß bisber derartige Anträge auf Einstellung des

trasverfahrens vom Hause angenommen worden seien, wurde in der Kommission darauf hingewiesen, daß diese Praxis nicht dem Sinne der Seee. entspreche. Die Einstellung dürfe nur geschehen, wenn die Wirksamkeit des Parlaments durch die Abwesenheit des be⸗ treffenden Abgeordneten eingeschränkt werde. Davon könne in dem vorliegenden Falle nicht die Rede sein. Der Berichterstatter bezieht sich im übrigen auf den schriftlichen Bericht und beantragt Annahme des Kommissionsvorschlages. b

Abg. Hirsch⸗Berlin (Soz.): Man will mit der bisherigen Proria nur brechen, weil es sich um einen Soztaldemokraten handelt. Für Sie (rechts) kommt es hier nicht auf die Wahrung des Ver⸗ fassungsrechts, sondern auf die Macht an. Der Abg. Liebknecht hat sich selbst gesagt, 8 er von diesem Klassenparlament nichts zu erwarten habe, wir haben aber den Antrag aus prinzipiellen Gründen gestellt. Zweifellos ist es nicht ein privates, sondern ein politisches Vergehen, wegen dessen das Verfahren gegen den Abg. Liebknecht eingeleitet worden ist, und auch die Justiz⸗ verwaltung hat anerkannt, daß Artikel 84 auf dieses Verfahren Anwendung findet. Der Abgeordnete darf auch nicht für einen Tag seines Rechtes verlustig gehen; dies erfordert nicht sein eigenes Interesse, sondern das Interesse der Wähler. So ist es auch bisher Rechtens bers sen, aber Sie wollen neues Recht, das heißt Unrecht schaffen. Man hat auf den Fall Brust hingewiesen, dessen Antrag auf Befreiung von der Verpflichtung zu einer Zeugen⸗ aussage außerhalb Berlins ebenfalls von der Kommission abgelehnt worden sei. Dieser Fall lag aber ganz anders als der Fall des Abg. Liebknecht. Ich bitte Sie, den Antrag Borgmann anzunehmen.

Abg. Roeren (Zentr.): Es ist bisher üblich gewesen, die Ein⸗ stellung eines Verfahrens gegen einen Abgeordneten nur dann abzu⸗ lehnen, wenn ganz besondere Gründe dafür sprechen, schwere rechtliche Nachteile sich ergeben oder der betreffende Abgeordnete selbst die Fort⸗ führung des Verfahrens wünscht. Durch ihren Beschluß hat die Kommission sich mit der Praxis dieses Hauses und auch mit der des Reichstags in Widerspruch gesetzt. Wir werden deshalb für Ein⸗ stellung des Verfahrens stimmen. ,

Abg. Mathis (nl.): Der eigentliche Zweck des Rechts des Hauses, die Einstellung eines Staasverfabrens zu beschließen, ist der, tendenziöse Verfolgungen der Abgeordneten zu verhüten. Ein Eingriff in die Rechtspflege liegt ja immer vor. In diesem Fall scheinen für den Beschluß der Kommission politische Gesichtspunkte nahsßehend ewesen zu sein. Es handelt sich hier um ein Disziplinarverfahren, das aber auch nach der Ansicht der einem anderen Strafverfahren gleichzustellen ist. Für eine derartige Abweichung von dem bisherigen Standpunkte des Haufes ist ein Grund nicht zu erkennen. Meine politischen Freunde

aben sich daher gesagt, daß der vorliegende Fall nicht dazu geeignet ist, von der Praxis abzuweichen. Wir werden gegen den Kommissions⸗ antrag stimmen. . b

Abg. Traeger scortsch Volksp.), auf der Berichterstattertribüne nicht verständlich, spricht sich geichfalls gegen den Kommissionsantrag aus, der nur auf politische Gründe zurückzuführen sei. Hier handle es sich um eine Frage der Gerechtigkeit. 8

(Schluß des Blattes.)

katalog ist beim

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Lohnbewegung der Putzer und Putzträger in Berlin zwecks Erhöhung der täglichen Abschlagszahlung von 8 auf 9 ist, wie der Verband der Baugeschäfte von Berlin der „Voss. Ztg. mitteilt, nur bei einzelnen dem Verband der Baugeschäfte fernstehende v von Erfol⸗ gewesen, welche die Forderung der Putzer vorübergehend bewilligt Ä” Der Verband der Baugeschäfte steht der Febchan des Abschlagslohnes nach wie vor ablehnend gegenüber.

Aus Halle wird dem „W. T. B.“ gemeldet: Nach Mitteilung des Deutschen Braunkohlenindustrievereins betragen di Kündigungen infolge der Tarifstreitigkeiten im Zeitz⸗Weißen⸗ felser Revier nach durchaus zuverlässigen Angaben 2500 gleich 48 %, in Sachsen⸗Altenburg 2713 gleich 54 % und im Halle⸗ schen Bezirk 416 gleich 21 % der gesamten Belegschaft.

Sämtliche Bergarbeiter der Grube „Stadt “M 8 haben, wie der „Köln. Ztg.“ aus Görlitz telegraphiert wird, be⸗ schlossen, ihre Kündigung einzureichen, da ihre Forderung nach Lohn erhöhung und Lohntarif ausweichend beantwortet worden sei.

In Fürth b. Nürnberg haben, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, die ausständigen Holzarbeiter beschlossen, den Vereinbarungen der beiderseitigen Zentralvorstände in Berlin zuzustimmen und die Arbeit wieder aufzunehmen.

In einer Dienstag abgehaltenen der freigewerk schaftlichen und der christlichen Verbände der Holzarbeiter und Bildhauer in Mainz wurde, der „Frts Ztg.“ zufolge, einstimmig beschlossen, Donnerstag (heute) in den Ausstand zu treten, wenn di Arbeitgeber den von den Arbeitern entworfenen neuen Tarif bi dahin nicht angenommen hätten. Dieser Tarifentwurf verlang eine Erhöhung der Löhne, Festsetzung eines Mindestlohnes von 48 die Stunde, Verkürzung der Arbeitszeit und Einsetzung einer Schlichtungskommission. Es wurde eine entsprechende Entschließun gefaßt, worin die Versammlung die Verantwortung für den Streik und seine Folgen ablehnt.

Die Hafenarbeiter von Oporto und Gaya haben, da ihr Forderungen nicht bewilligt wurden, wie „W. T. B.“ meldet, be schlossen, in den Ausstand zu treten.

J1“ Wissenschaft. 8

„Gegen die übertriebene Wertschätzung und die Nach⸗ äffung gewisser Richtungen der modernen ausländischen Malerei nimmt jetzt auch der Präsident der Berliner Sezession, Lovis Corinth in dem letzten Heft der Zeitschrift „Pan“ Stellung.

E sgengs spricht Corinth von der örtlichen Bedingtheit im Schaffen der Führer unserer Jüngsten. In unserer nordischen Heimat könne man diese scharfe Aneinandersetzung der Flächen und Ferher. wie Cézanne sie zeigt, in der Natur nicht erkennen. Diese

uffassung Cézannes ist, so fährt Corinth fort, darin begründet, daß er als Süd franzose geboren wurde, und daß er meistens im Süden Frankreichs gelebt und gearbeitet hat. Gauguins Art ist ebenfalls bedingt durch seinen Aufenthalt auf den Südseeinseln, wo er selbst gesteht, daß ihm hier seine Sehnsucht nach scharfen Farbenkontrasten erfüllt worden ist. Van Gogh, der jüngste von den dreien, war unstet und flüchtig und gelangte auch wohl erst zur Festigung seiner selbst als er aus dem dunstig⸗silbrigen Holland nach Südfrankreich zu Ceughn gezogen war.

Nachdem im 19. Jahrhundert die Kunst der Renaissance, der Gotik, Chinas, Japans, Persiens, Indiens bis zur Neige aus⸗ gekostet war und die Blasiertheit der überkultivierten Franzosen eine gewissermaßen konzentrierte Primitivität ersehnte, warf man sich auf die kindischen Stammeleien der Naturvölker. Die jetzigen Bilder der Neger und Malaien, die Malereien auf indiani⸗ schen Zeltdächern wurden das Ideal in Form und Farbe für diese Modernsten. In allen Arbeiten von Matisse und seinen Nächsten tritt dieses Quellmotiv deutlich zutage. Außerdem haben sie für ihre Rätselkunst, die nichts mehr mit der freien, edlen Kunst

emein hat, Lehren aufgestellt, die der Geometrie entnommen Man versucht, die Körperflächen aus Dreiecken, Vierecken und Fünfecken herauszukonstruieren, und es wird oft unmöglich, vor diesem automatischen Herumzirkeln das Dargestellte zu verstehen. Jede Einzwängung der Kunst in steinerne Lehren ist ein unwürdiges Unterfangen. Und Manier ist auch der Pointillismus oder Neo⸗ Impressionismus.

Die blinde Nachahmung dieser modernsten Art zu malen hat die fast selbständig gewordene deutsche Kunst arg gefährdet. Die perspektivisch falsch konstruierte spitze Tischecke Cézannes, ebenso wie die falsche Aufsicht seiner Krüge, das scharfe Grün seiner Aepfel und die mit blauer Farbe umrissenen Konturen sind getreulich nach⸗ geahmt und wiederzufinden, ebenso wie die karrierten und emaillierten Gefäße, die van Gogh zu malen pflegte. Nicht durch angestrengtes Ringen ewinnt die jüngste Generation ihre Freiheit und Großzügigkeit, durch leere und bequeme Vernachlässigung aller ernst⸗ haften künstlerischen Bemühungen, ohne jede Selbst⸗ überwindung und Selbsterkenntnis. Wie die Extreme sich berühren und das Ferne und Nahe in ewigem Kreislauf wieder einander trifft, so wird bald die Welt dieser falschen Genialität müde werden. Diese „Modemalerei“, nicht modernste Malerei, wird sich als das entpuppen, was sie in der Tat ist, als ein Uebergangsstadium. Aber bei uns sind die Nachahmer dieser französischen Neuerung immerhin in kleinerer Anzahl, während in Frankreich nach Abzug dieser Mo⸗ dernsten fast nichts Qualitatives übrig bleibt. Wir können mit Sicherheit darauf rechnen, daß den Deutschen nach Ueber⸗ windung dieser Epoche eine nationale Kunst zuge⸗ eignet sein wird, und dann werden wir die Gebenden werden, wo wir so lange die Empfangenden waren. Ich verstehe unter deutscher Kunst nicht diese Merkmale, welche gewöhnlich von Kunstliteraten als spezifisch national genannt werden, als da sind: deutsche Gemütlichkeit, Nondscheinandact mit Violinspielen oder Hundegebell, der krähende Hahn auf dem Misthaufen und anderes mehr, noch meine ich, daß die Maler, welche längs den Ufern des deutschen Rheins wohnen, befähigter wären, deutsch zu malen, als die, welche anderwärts ihr Atelier Krsgeschlage haben. Die deutsche Kunst wird da sein, ohne unser geringstes Zutun und unabhängig von der geographischen Lage, wo Maler arbeiten. SS dadurch, daß jeder sein Bestes tut, und zwar jeder aus seinem eigensten Wesen heraus.

In Florenz hat dieser Tage die jährliche Ausschußsitzung des „Vereins zur Frhaltung des Kunsthistorischen Instituts in Florenz, e. V.“ unter Vorsitz des Kaiserlichen Botschafters z. D. w. von Stumm und unter Teilnahme der Herren Geheimer

ommerzienrat Ed. Arnold, Wirklicher Geheimer Rat und General⸗ direktor der Königlichen Museen in Berlin Dr. Bode, Dr. Fritz Harck, Geheimrat Dr. Karl Graf Lanckoroüski, Prinz Franz von und zu Liechtenstein, F. v. Marcuard und des Direktors Professor H. Brockhaus stattgefunden. Als neueste Veröffentlichung des Instituts wurde der IV. Band der „IJtalienischen Fersebengen. vor⸗ gelegt, enthaltend „Archivalische Beiträge zur Geschichte der venezia⸗ aüschen Kunst, aus dem Nachlaß Gustav Ludwigs herausgegeben von Wil Bode, Georg Gronau, Detlev Frhr v. Hadeln.“ Land⸗ und Forstwirtschaftt.

Versteigerung von Schafzuchtböcken in Frankreich.

Die staatliche Landwirtschaftsschule in Grignon (Seine⸗et⸗Oise) hält am 9. Mai d. J., um 1 Uhr, eine öffentliche Versteigerung von Dishleymerino⸗, Dishley, und Southdownzuchtböcken aus ihrer be⸗ kannten Schäferei ab. Grignon liegt bei der Bahnstation Plaisir⸗ Grignon an der Staatsbahnlinie Paris —Granville, 33 km ungefähr 1 Stunde Eisenbahnfahrt) von Paris entfernt. Der Versteigerungs⸗

irektor der genannten Schule zu haben.