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Königreich Preußen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: die Bauräte von Manikowsky in Antwerpen, Mette⸗ ang in Mainz, Biecker in Cöln, Lang in Celle, Gold⸗ ach in Oppeln, Preiß in Münster (Westf.), Roeßler in Magdeburg, Gerhardt in Breslau, Strauß in Pillau und ritsch in Marienwerder, die Regierungsbaumeister Marutzky i Elberfeld, Hermann Sarrazin in Berlin, Otto Opper⸗ ann in Posen, Hermann Meyer in Cassel, Perkuhn in Kattowitz, Kraefft in Breslau, Karl Meyer in Hannover, S enst in Halle (Saale), Zander in Berlin, Klemens Marx in Erfurt, Nacke in Euskirchen, Rüppell in Schneidemühl, Gullmann in Görlitz, Kleitsch in Hamburg, Engelke in Nordhausen, Wilhelm Schmitz in Königsberg (Pr.), Kiehl in Harburg und Flume in Hagen zu Regierungs⸗ und Bauräten zu
ernennen, 1u“ dem Regierungs⸗ und Baurat Sannow, bisher Mitglied der Sigencgeeb s h in Erfurt, beim Uebertritt in den Ruhe⸗
stand den Charakter als Geheimer Baurat und— b dem Regierungsbaumeister Linow, zurzeit in Tsinanfu in China, den Charakter als Baurat mit dem persönlichen Range
der Räte vierter Klasse zu verleihen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Direktor des Volksschullehrerinnenseminars in Breslau Bernhard Stein zum Provinzialschulrat zu ernennen und dem Polizeisekretär Sumpf in Berlin den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen.
8 8 18 Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Rittergutsbesitzer Voigdt⸗Dombrowken die in
Gold ausgeprägte Medaille für erdienst um die Pferdezucht
zu verleihen.
Auf Ihren Bericht vom 12. April 1911 will Ich das
durch Meinen Erlaß vom 5. November 1906 der Halleschen Straßenbahn⸗Aktiengesellschaft zu Halle a. S. zum wecke der Anbringung von Wandhaken für die elektrische Straßenbahnoberleitung verliehene Recht zur dauernden Beschränkung des Grundeigentums unter denselben Bedingungen auf die Stadtgemeinde Halle a. S. ü— tragen. A16“ geAchilleion den . Arri 19121211 9 Wilhelm R. “ von Breitenbach. An den Minister der öffentlichen Arbeiten.
Auf den Bericht vom 12. April d. J. will Ich der Stadtgemeinde Herne für diejenigen Fälle, in denen aus polizeilichen Rücksichten auf den öffentlichen Wegen die Auf⸗ stellung von Masten zur Befestigung der Tragedrähte für die llektrische Oberleitung ihrer Staosenbahnrinss Herne (Kirch⸗ latz) — Gerthe nicht zugelassen werden kann, zur Erlangung 8 Befugnis, für diesen Zweck an den ZIö der Gebäude Wandhaken anbringen oder auf den Grundstücken Tragemaste errichten zu dürfen, das Recht zur dauernden Beschränkung des Grundeigentums verleihen. Die ein⸗ gereichte Karte erfolgt zurück. 8 “ Achilleion, den 22. April 1911. — Wilhelm R.
8 von Breitenbach.
An den Minister der öffentlichen Arbeiten.
Justizministerium.
Dem Amtsgerichtsrat, Geheimen Justizrat Münchmeyer in Hannover und dem Amtsgerichtsrat Luyken in Oberhausen ist die nachgesuchte Dienstentlassung mit Pension, dem Amts⸗ richter, Professor Dr. Fleischmann in Halle a. S. die nach⸗ gesuchte Entlassung aus dem Justizdienst erteilt.
Der Amtsrichter Fiebelkorn in Fraustadt ist als Land⸗ richter nach Hannover versetzt.
Zu Handelsrichtern sind ernannt: der Kommerzienrat Ferdinand Knops in Aachen bei dem Landgericht daselbst, wiederernannt: der Fabrikbesitzer Emil Streithof in Duis⸗ burg und der Kaufmann Hugo Feldmann in Mülheim a. d. Ruhr bei dem Landgericht in Duisburg.
Zu stellvertretenden Handelsrichtern sind ernannt: der Bankier Karl Ohligschlaeger in Aachen bei dem Land⸗ gericht daselbst, wiederernannt: der Fabrikbesitzer Georg Leh⸗ mann in Charlottenburg bei dem Landgericht III in Berlin, der Nadelfabrikant Karl Seyler in Aachen⸗Burtscheid bei dem
Landgericht in Aachen, der Kaufmann und Fabrikbesitzer Karl Roesch und der Kaufmann Karl. Itzenplitz in
Mülheim a. d. Ruhr bei dem Landgericht in Duisburg, der Kaufmann und Stadtrat Heinrich Pitcairn in Memel und der Kaufmann Edwin Appelhagen in Schmelz bei dem Landgericht in Memel, der Kaufmann Ernst Mix in Danzig bei dem Landgericht daselbst, der Kaufmann, Gärtnereibesitzer und Stadtverordnete John Benary in Erfurt bei dem Land⸗ gericht daselbst, der Kaufmann und russische Vizekonsul Albert Josef Friedrich Herold in Stralsund bei der Kammer für Handelssachen daselbst. 1
Dem Notar, Justizrat Pohl in Landsberg a. W. und dem Notar Eschweiler in Crefeld ist die nachgesuchte Ent⸗ lassung aus dem Amte, letzterem zum 1. Juli d. J., erteilt.
Zu Notaren sind ernannt: die Rechtsanwälte Dr. Beling aus Friedrichshagen in Köpenick und Dr. Heidemann in Köslin.
i der Liste der Rechtsanwälte sind gelöscht: die Rechts⸗
anwälte Max Hahn bei dem Landgericht II in Berlin, Arlt
bei dem Amtsgericht in Charlottenburg und dem Landgericht III
in Berlin, Kunze bei dem Amtsgericht in Harburg und Dufhus bei dem Amtsgericht in Werl.
In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: der Rechtsanwalt Anspach vom Landgericht I in Berlin bei dem Amtsgericht in Wendisch⸗Buchholz, die Gerichtsassessoren Friedrich Mayer bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Hannover, Dr. Wildt bei dem Amtsgericht und dem Land⸗ gericht in Aachen, Dr. Kaufmann bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Cöln, Dr. Engelmann bei dem Amts⸗ gericht in Wetzlar, Folkers bei dem Amtsgericht in Dorum, * bei dem Amtsgericht in Hohenlimburg, Höpker bei
dem Amtsgericht in Soest, die früheren Gerichtsassessoren Gemeinert bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Guben und Such bei dem Amtsgericht in Charlottenburg mit dem Wohnsitz in Deutsch⸗Wilmersdorf.
Der Staatsanwaltschaftsrat Dr. Rose von der Staats⸗ anwaltschaft des Landgerichts in Cöln ist gestorben.
Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
Zugeteilt sind: die Regierungs⸗ und Bauräte von Mani⸗ kowsky der Regierung in Düsseldorf, Mettegang der Eisen⸗ bahndirektion in Mainz, Biecker der Eisen 15- in Cöln, Lang der Regierung in Posen, Goldbach und Preiß der Regierung in Oppeln, Roeßler der Regierung in Stade, Gerhardt der Regierung in Breslau, Strauß der Regierung in Gumbinnen und Fritsch der Regierung in Marienwerder.
Versetzt sind: die Regierungs⸗ und Bauräte Butz von Wiesbaden zur Ministerialbaukommission in Berlin, de Bruyn von Wieshaden nach Düsseldorf, Hohenberg von Posen zum Polizeipräsidium in Berlin, Behrendt von Marienwerder nach Merseburg und Lange von Marienwerder nach Wiesbaden; ferner Baurat Mundorf von Dirschau nach Hildesheim als Vorstand des dortigen Wasserbauamts und Regierungsbau⸗ meister Witte von Oppeln nach Cassel zur Verwaltung des dortigen Wasserbauamts II.
Der Regierungs⸗ und Baurat Grund ist von Breslau nach Berlin vfrsett als Mitglied (auftrw.) des Eisenbahn⸗ zentralamts 2198 t.
Der Eisenbahnobersekretär, Rechnungsrat Franz Dauern⸗ heim in Berlin ist zum Eisenbahnhauptkassenrendanten bei der Eisenbahndirektion daselbst ernannt.
Ministerium der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten.
Der bisherige Privatdozent, Amtsrichter, Profess or Dr. Max Fleischmann zu Halle a. S. ist zum außerordentlichen Pro⸗ fessor 89 der juristischen Fakultät der Universität zu Königs⸗ berg un
der bisherige Seminardirektor Dr. Georg Rudenick aus e g angfuths zum Kreisschulinspektor in Allenstein ernannt worden.
Der Provinzialschulrat Stein ist dem Provinzialschul⸗ kollegium in Breslau überwiesen worden.
Aiichtamtliches. 86 Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 6. Mai.
Seine Majestät der Kaiser und König hörten gestern nachmittag im Residenzschloß in Karlsruhe die Vorträge des Chefs des Militärkabinetts, Generals der Infanterie Freiherrn von Lyncker und des Chefs des Zivilkabinetts, Wirk⸗ liche Rats von Valentini. 1
88
Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz vollendet heute sein 29. Lebensjahr. Anläßlich des Geburtstages hatten die öffentlichen und viele Privat⸗ gebäude Flaggenschmuck angelett.
ie vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Handel
und Verkehr und für Zoll⸗ und Steuerwesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr sowie der Ausschuß für Zoll⸗ und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.
“ * “ 8 Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Eber“ vorgestern in Kotonu (Dahome) angekommen. S. M. S. „Loreley“ ist vorgestern in Konstantinopel eingetrofferernrn. XX“
8
In der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ wird eine 5 usammenstellung der Berichte von deutschen Fruchtmärkten für den Monat
April 1911 veröffentlicht. 8 “
Potsdam, 6. Mai. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Viktoria Luise trafen heute vormittag von Karlsruhe auf der Fürstenstation Wildpark ein, wo sich, „W. T. B.“ zufolge, Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin, Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Eitel⸗Friedrich, die Prinzen Adalbert und August Wilhelm sowie die Söhne des Kron⸗ prinzenpaares Prinz Wilhelm und Prinz Louis Ferdinand zur Begrüßung eingefunden hatten.
. Schaumburg⸗Lippe.
Geestern vormittag fand im großen Saale des Residenz⸗ schlosses in Bückeburg, wo die Leiche Seiner Hochfürst⸗ lichen Durchlaucht des Fürsten Georg in geschlossenem Sarge inmitten einer prächtigen Trauerdekoration aufgebahrt war, „W. T. B.“ zufolge, eine Trauerfeier statt, an der neben der Fürstlichen Familie nur die zu der Beisetzungsfeier eingetroffenen Fürstlichkeiten teilnahmen. Nach dem Chorgesang „Christus, der ist mein Leben“ hielt der Hofprediger Müller eine kurze Trauerandacht und segnete die Leiche ein. Nach der Be⸗ endigung der Feier wurde der Sarg von den Söhnen des Ver⸗ storbenen zu dem sechsspännigen Leichenwagen getragen. Unter Glockengeläut und dem Trauersalut der Geschütze bewegte sich der Trauerzug durch die Stadt nach der Stadtkirche, wo Ihre Durchlaucht hie Fürstin⸗Mutter und die übrigen Fürstlichen Damen den Zug bereits erwarteten. Der Sarg wurde vor dem Altar aufgestellt. Nach dem Gemeindegesaug „Jesus, meine Zuversicht“ hielt der Landessuperintendent, Konsistorialrat Thürnau die Trauerrede über Johannis 8, Vers 5 „Ich bin das Licht der Welt“ und segnete dann die Leiche ein. Darauf
“ “
8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 “ Amerika. —
wurde der Sarg in die Sakristei getragen und dort vorläuf beigesetzt. Mit abermaligem Gesang, Gebet und Segen schloß die kirchliche Feier. “
8
Großbritannien und Irland.
Im Unterhause brachten gestern die Abgeordneten Kemp G1“ und Goulding (konservativ) den Antrag ein das Haus wolle in die zweite Lesung der Bill, betreffend die Ausdehnung des Wahlrechts auf alle Frauen, die einen selbständigen Haushalt führen, eintreten. Wie „W. T. B.“ meldet, wurde die zweite Lesung mit 255 gegen 88 Stimmen
beschlossen. Frankreich. “ Der Ministerpräsident Monis hatte gestern mit dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten der Nordbahnen eine Unterredung, die die entlassenen Eisenbahnarbeiter
betraf. Rußland.
Das Ministerium der Verkehrswege hat, „W. T. B.“ zu⸗ folge, beim Ministerrat den Vorschlag eingebracht, auf Kosten er Krone eine südsibirische Hauptbahnlinie mit dem Anschluß an die sibirische Bahn und die Taschkentbahn zu bauen. Ferner soll eine Eisenbahnstrecke Now onikolajewsk — Barnaul— Bijsk gebaut werden.
5 8
Nach einer von der „Associated Preß“ verbreiteten Mel ung des amerikanischen Botschafters in Mexiko an das Staats⸗ departement in Washington sind die Zustände in Mexiko unerträglich. Die größte Beunruhigung herrscht unter den Amerikanern in der Hauptstadt, die ein Scheitern der Friedens⸗ unterhandlungen und die Anarchie befürchten. Offizielle Mel⸗ dungen erklären, daß verschiedene Schlachten bevorstehen, so ein Angriff auf Saltillo.
Das amerikanische Kabinett hat gestern eingehend die Lage in Mexiko beraten und, „W. T. B.“ zufolge, beschlossen, daß die Vereinigten Staaten den status quo aufrecht erhalten sollen. Vorläufig sollen keine weiteren Truppen nach Texas und keine Kriegsschiffe nach den mexikanischen Gewässern gesandt werden, bis der Präsident Taft sich davon überzeugt hat, daß keine Möglichkeit zur Wiederherstellung des Friedens in Merxiko vorhanden sei.
Wie aus Douglas gemeldet wird, befindet sich Mazatlan noch in den Händen der Bundestruppen. Die mexikanischen Kanonenboote „Tampico“ und „Zaragossa“ haben das Lager der Aufständischen beschossen und dort große Verheerungen an gerichtet. Wie ferner aus San Antonio gemeldet wird, haben die Aufständischen Torreon und El⸗ Paso einge⸗
nommen. Asien. Im Hinblick auf die Bewegung, die sich für Einberufung
einer außerordentlichen Session der chinesischen National⸗ versammlung geltend macht, hauptsächlich, weil die inter⸗ nationale Anleihe der Nationalversammlung nicht vor⸗ gelegt worden ist, ist ein Edikt erlassen worden, ü
dem, „W. T. B.“ zufolge, erklärt wird, daß die inter G nationale und japanische Anleihe notwendig seien, um die industriellen Unternehmungen zu fördern. Das Edikt befiehlt den in Frage kommenden Verwaltungsbehörden, über ihre Ausgaben periodisch Bericht zu erstatten und sie lediglich für den angegebenen Zweck zu verwenden. v“
Afrika.
Nach Meldungen der „Agence Havas“ aus Fes vom 26. April waren die Streitkräfte des Machsen, um die Rück⸗ kehr der Mahalla Brémond zu erleichtern, am Vormittag nach Faradji ausgerückt. Die Mahalla brachte etwa 20 Gefangene und zahlreiches Vieh mit, das sie den Aufrührern, deren Dörfer niedergebrannt waren, abgenommen hatte. Kurze Zeit nach der Ankunft Brémonds kehrten die Truppen nach Fes zurück, nach⸗ dem sie noch ein Treffen zu bestehen gehabt hatten, das in⸗ folge des Verrats eines bisher dem Machsen treuen Stammes unentschieden blieb.
Koloniales.
Eine Ovambo⸗Siedlung im Hereroland in Deutsch⸗ Südwestafrika.
Im vergangenen Jahre wurde über die Bildung eines Ovambo⸗Reservats südlich von Outijo berichtet. Nach einem neueren Berichte des Kaiserlichen Gouvernements ist nun beabsichtigt, den Ovambo die Farmen Okaura und Otjeru mit einem Areal von zusammen 10 000 ha gegen einen jährlichen Pachtzins von 300 ℳ als Reservat zu überlassen. Den Pachtzins haben die Besitzer von Großvieh, für dessen Haltung Beschränkungen nicht veeshehtißt sind, anteilsmäßig aufzubringen. In das soll das bebaute Revier hineinfallen, zu dessen eiden Seiten die Ovambo angesiedelt sind. Auf diese Weise ist den Leuten auch Gelegenheit zum Feldbau gegeben. Der Vertrag wird auf unbestimmte Zeit abges bossen werden. Das Reservat soll von vornherein nicht zu klein bemessen werden, damit der Zeitpunkt einer vollen Bestockung und Ausnutzung des Areals nicht zu schnell eintritt. Doch ist, falls die bei dem vorliegenden Ver⸗ such zu machenden Erfahrungen die Zweckmäßigkeit einer derartigen Ansiedlung ergeben sollten, die Möglichkeit der Erweiterung servats offengehalten worden. 8 8 1 8 1 1““
Parlamentarische Nachrichten.
Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (168.) Sitzung des Reichsta 8, welcher der Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück bei⸗ wohnte, wurde die Spezialdiskussion des Entwurfs einer Reichsversicherungsordnung nach den Vorschlägen der XVI. Kommission fortgesezt. Die Beratung war gestern bis zum § 91 des ersten Buches „Allgemeine Vorschriften“ gelangt. Zur Diskussion stand heute zunächst § 92 (Deckung der Kosten der “ mit dem der gestern zurückgestellte § 69 (Kosten der Versicherungsämter) verbunden wurde.
Die Kosten soll prinzipielt für beide Kategorien der Staat tragen, doch ist in § 69 bestimmt, daß, wenn das Versicherungs⸗
amt bei einer gemeindlichen Behörde errichtet ist, der betreffende
Gemeindeverband die Kosten trägt. Die in Spruchsachen ent⸗
3 den Bezüge der Versicherungsvertreter und sonstigen Auslagen die Peesicherungsträger zu erstatten, bei den Oberver⸗ sicherungsämtern haben die Versicherungsträger für jede Spruch⸗ sache an der sie beteiligt sind, einen Pauschbetrag zu entrichten, den der Bundesrat festsetzt und der die tatsächlichen Kosten der Oberversicherungsämter zur Hälfte decken soll. Abg. Gyßling (fortschr. Volksp.) trat lebhaft für einen Antrag ein, der die Gemeinden von der Verpflichtung, die Kosten zu tragen, befreien will. Die Gemeinden dürften nicht stärker als bisher belastet werden, zumal sie die Armenlast schon schwer genug drücke. In ihrer Lesung habe die Kommission die sämtlichen Kosten dem Bundesstaate auferlegt, in dessen Interesse doch ganz vor⸗ nehmlich die Versicherung liege. Sachliche Gründe für die neue Belastung der Gemeinden wären nicht beigebracht worden, auch nicht von der Regierung. Den eben eingebrachten Antrag Schultz und Ge⸗ nossen, der wenigstens die Bezüge der Versicherungsvertreter aus⸗ 1 und deren Leistung den Staaten zuweisen will, würden seine Freunde natürlich eventuell annehmen. Daß die Belastung der ommunen eine sehr hohe set, ja, daß man bereits von einer zu hohen Belastung der Kommunen sprechen könne, habe der preußische inanzminister selbst zugegeben. Die Kommunen würden viel zu viel mit kostspieligen Arbeiten belastet, deren Erledigung eigentlich Auf⸗ gabe des Staats und nicht der Gemeinden sei; trotzdem wolle man den Kommunen immer neue Lasten auferlegen, während man ihnen leichzeitig andere Steuerquellen entziehe, wie es noch jüngst bei der ertzuwachssteuer geschehen sei. Direktor im Reichsamt des Innern Caspar: Ich bitte, den An⸗
. trag abzulehnen. Der Anschauung, als ob es sich hier um eine neue
tung handle, muß ich entgegentreten. Schon heute müssen die Städte die Kosten tragen. Auch bezüglich der Belastung selbst ist die Darstellung des Vorredners nicht ganz zutreffend. Den Städten fällt die Beschaffung des erforderlichen Personals viel leichter als es auf dem Lande der Fall ist; die Kosten dafür dürften relativ gering sein. Der Unterantrag Schultz würde eben⸗ falls zu sehr unerquicklichen Schwierigkeiten führen und stellt auch natuͤrlich eine Durchbrechuns des im § 69 der Kommissionsbeschlüsse aufgestellten Prinzips dar; er ist für den Staatssekretär des Innern unannehmbar. 8
Abg. Hildebrand (Soz.): In der ersten Lesung der Kommission hatte die Vernunft gesiegt; auch das Zentrum war für eine Entlastung der Gemeinden. Dann trat zwischen der ersten und zweiten Lesung auf Betreiben der Konservativen eine Wandlung ein, und es ist bedauerlich, daß auch die Bundesstaaten für den den Gemeinden so gefährlichen Kuhhandel eingetreten sind. Der. Beschluß zweiter Lesung ist schon sprachlich bedenklich, denn im ersten Satz ist prinzipiell gesagt, daß sämtliche Kosten des Versicherungsamts der Bundesstaat tragen soll. Auch dieser Satz wird im nächsten dadurch aufgehoben, daß der Gemeindeverband die Kosten tragen soll, wenn das Versicherungsamt bei einer gemeindlichen Behörde errichtet ist. Diese Bestimmung schafft auch verschiedenartige Ver⸗ sicherungsämter im Deutschen Reich, und das sollte vermieden werden. Die Konservativen haben es verstanden, ihre agrarischen Portemonnaieinteressen zu wahren. In Ostelbien wird man die Kosten den Städten, soweit es sich um die ländlichen Gemeinden handelt, dem Staat Preußen auferlegen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, den Beschluß der Kommission erster Lesung wiederherzustellen. Auch die sächsische Regierung sollte sich dieser Verpflichtung nicht entziehen. Der Bundesstaat ist doch der eigentliche Träger dieser Institution.
Abg. Trimborn (Zentr.): Der erste Satz des § 69 ist nur eine Kodifikation des heutigen Zustandes. Von irgend einer Ver⸗ schlechterung der Gemeinden oder Versicherungsträger kann keine Rede sein. Wir wären ja gerne bereit gewesen, eine Entlastung der kreis⸗ freien Städte eintreten zu lassen. Wir haben ja einen entsprechenden Beschluß gefaßt, wir sind dann davon abgegangen, aber nicht unter der Einwirkung der konservativen Partei, wie der Vorredner annimmt, sondern weil die Regierung entschieden und fün erklärte, daß sie sich auf eine Aenderung des bisherigen Zustandes nicht ein⸗ lassen würde; wir wollten die Vorlage nicht gefährden. Eine ge⸗ Pvißs Erleichterung will nun der Kompromißantrag Schultz und
enossen bringen, wonach die Kosten, die die Versicherungsvertreter beprsachen, der Staat tragen soll. Es handelt sich um Reise⸗ osten usw.
Abg. Dr. Gyßling (fortschr. Volksp.): Es handelt sich nicht allein um eine Kodifikation des bisherigen Zustandes, denn die Auf⸗ aben der Versicherungsämter werden gegenüber dem bisherigen Zu⸗ slande erheblich erweitert.
Abg. Horn⸗Reuß (nl.): Auch meine Freunde erfüllt die Belastung der Gemeinden mit Besorgnis. Es ist aber zu berücksichtigen, daß die Gemeinden durch die Reichsversicherung wesentlich entlastet sind. Ohne die neue Versicherung würden die Armenlasten zweifellos höher sein. Zunächst handelt es sich um Ab⸗ gaben, die die Gemeinden bisher schon getragen haben, und es werden in fs Hauptsache nur die großen leistungsfähigen Gemeinden betroffen werden. 2
(Schluß des Blattes.)
9 In der heutigen (68.) Sitzung des Hauses der
Abgeordneten, welcher der Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach beiwohnte, wurde zunächst das Andenken des am 5. d. M. verstorbenen Abg. Dr. Haarmann⸗Witten (nl.), Vertreters des Stadtkreises Witten und des Kreises Hattingen im Regierungsbezirk Arnsberg, in der üblichen Weise geehrt und dann die erste Beratung des Entwurfs eines Eisenbahn⸗ anleihegesetzes fortgesetzt.
I Feldmann (freikons.) wünscht eine Beschleunigung der Zugverbindungen in der Lüneburger Heide und größere Rücksichtnahme auf die Stadt Soltau in bezug auf das Halten der zwischen Münster und Bremen verkehrenden D⸗Züge.
Abg. Reiner⸗Rahden (kons.) wünscht eine Bahn von Stürlack oder Lötzen über Rhein, Nikolaiken, Passenheim und außerdem Ein⸗ stellung eines Zuges von Korschen über Lötzen.
Abg. Wenke sfortschr. Volksp.) befürwortet die Herstellung einer Längsbahn am Fuße des Riesengebirges von Hermsdorf u. K. nach Schmiedeberg, die für die Sommerfrischler im mittleren Teile des Riesengebirges ein großes Bedürfnis sei.
Abg. von Boehn (kons.) dankt dem Minister für den zwei⸗ gleisigen Ausbau der Strecke Stolp i. Pomm. —Stresow und bittet um bessere Anschlüsse der Linie Bütow—Schlawe an die zwischen
anzig und Berlin verkehrenden Züge.
Abg. von Flottwell (freikons.) wünscht den Aus bau der Strecke Marienburg -— Allenstein zur Vollbahn. Zurzeit sei die Eisenbahn⸗ verwaltung allerdings mit dringenderen Aufgaben beschäftigt, Pdaß dieser Wunsch noch zurückstehen werde; aber im Interesse der Stad Christburg müsse dringend etwas getan werden. Nötig sei sofort die
S. eines durchgehenden Zugverkehrs nach Danzig, und vor allem müsse ein später Abendzug eingelegt werden, damit man den
end in Fpannig zubringen könne und nicht schon um 7 Uhr ab⸗
e.
Abg. von Baumbach (kons.) tritt für den Bau der längst projektierten Linie Hersfeld —-Homberg— Wabern ein, bittet um baldige Fnangriffnahme der Vorarbeiten für die in der Vorlage enthaltene 1 e Walbur —Eichenberg und empfiehlt ferner eine Linie von
lsfeld nach Loshausen zur Bahn Hersfeld — Treysa. — Abg. Hirsch. Essen (nl.) bezeichnet es als Unstimmigkeit, daß in w- grändung für den Ausbau der Strecke Meinerzhagen—Olpe hon, .. Staatszuschuß von 40 000 ℳ für den Kreis Olpe die reich sei, während man den Kreis Altena einer solchen Wohltat nicht dülhaftig werden lasse, und bemerkt: Dem Kreise Altena ist ein Grund⸗ 8. ; 500 000 ℳ zugedacht, wovon der Kreis als solcher 100 000 ℳ
8 b „während auf die armen Gemeinden Valbert und Meinerz⸗
gen 250 000 bezw. 150 000 ℳ entfallen soll Das sind Summen,
die diese Gemeinden nicht tragen können. Daß die Strecke Meinerz⸗ hagen — Olpe in die Vorlage aufgenommen, ist sehr zu begrüßen; diese Strecke gehört zu denjenigen, die ausgebaut werden müssen, wenn dem Lebensinteresse des Sauerlandes und Siegerlandes Genüge ge⸗ schehen soll. Der rasche Ausbau von Eisenbahnstrecken im Sauer⸗ lande ist das einzige Mittel, um der Kleineisenindustrie und der Metallindustrie in ihrem schweren Konkurrenzkampfe zu helfen. Die Kleineisenindustrie hat mit der immer drohender werdenden Konkurrenz der N“ zu rechnen. Die Großeisen⸗ industrie entwickelt sich in der Richtung der Herstellung von immer mehr verfeinerten Produkten. Schon heute wird der uralte Besitz⸗ stand der Kleineisenindustrie nicht nur vom Niederrhein und von Westfalen, sondern sogar von Oberschlesien her bedroht. Die Ent⸗ wicklung der Großeisenindustrie vollzieht sich in der Weise, daß im Südwesten die Großeisenindustrie in der Herstellung von Fertigprodukten vorwärts drängt. Jeder Schritt vorwärts im Süd⸗ westen zwingt aber die nordwestliche Eisenindustrie zu ver⸗ doppelter Anstrengung. Diese Entwicklung droht die Klein⸗ eisenindustrie zugrunde zu richten. Will man ihr helfen, so kann dies nur auf dem Wege der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse, der Gewährung e Tarife und durch Herstellung von Anschlüssen geschehen, die die abgelegenen Gebiete des Sauerlandes mit den großen Strecken des Verkehrs in Verbindung bringen. Der Redner weist darauf hbir, 6 sowohl der jetzige Minister für Handel und Gewerbe, als auch sein Vorgänger anerkannt habe, daß die Sachlage so sei, wie er sie geschildert habe. 8
(Schluß des Blattes.)
Nr. 18 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts“ vom 3. Mai 1911 hat folgenden Inhalt: Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. — Zeitweilige Maßregeln gegen ansteckende Krankheiten. — Desgl. gegen Pest. — Desgl. gegen Cholera. — Medizinalstatistisches aus Norwegen, 1908. — Gesetzgebung usw. (Preußen.) Promotionsrecht der Tierärztlichen Hochschulen. — Trichinenschau. — Magerviehhof in Berlin. — Maul⸗ und Klauenseuche. — Impfgeschäft. — Medizinalwesen. — (Berlin.) Maulkorbzwang für Hunde. — (Reg.⸗Bez. Frankfurt.) Schlacht⸗ häuser. — C“ Promotionsrecht der Tierärzt⸗ lichen Hochschulec. — (Oesterreich.) Sodawassererzeugung. — (Schweiz.) Gefrierfleisch. — (China.) Kokain. — (Vereinigte Staaten von Anerika. Nahrungsmittel. — (Queensland.) Margarine. — Tierseuchen. Deutsche Viehquarantäneanstalten, 3. Vierteljahr 1910. — Tierseuchen im Auslande. — Maul⸗ und Klauenseuche in Dänemark. — Zeitweilige Maßregeln gegen Tier⸗ seuchen. (Preuß. Reg.⸗Bezirke Oppeln, Stade, Trier; Sachsen, Baden.) — Vermischtes. (Preußen, Baden, Hessen, “ Geheimmittel. — (Oesterreich.) Desgl. — (Schweden.) Veterinär⸗ wesen, 1908. — (Kapland.) Bevölkerungsbewegung, 1909. — Geschenkliste. — Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgleichen in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. — Desgleichen in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Witterung. — Beilage: Gerichtliche Entscheidungen, betr. den Verkehr mit Nahrungsmitteln (Getreide, Mehl aꝛc.) “
Statistik und Volkswirtschaft.
“ 8 Zur Arbeiterbewegung. Die Stickereiarbeiter und ⸗arbeiterinnen Berlins und der Vororte sind in eine Lohnbewegung eingetreten. Eine Ver⸗ sammlung beauftragte eine Kommission, den Arbeitgebern einen neuen Lohntarif zu unterbreiten, der, wie die „Voss. Ztg.“ mitteilt, folgende wesentliche Bestimmungen aufweist: „Neunstündige Arbeitszeit, Stundenlohn für Kurbelsticker und „stickerinnen 90 ₰, Hilfs⸗ arbeiter und Hilfsarbeiterinnen 40 bis 45 ₰, Singerstickerinnen und Einrichter 60 ₰, Ueberstundenzuschläge 15 bis 25. ℳ, Sonntagsarbeit 50 v. H. Zuschlag. Heimarbeit darf den tags⸗ über im Betriebe Beschäftigten nicht mitgegeben werden. An⸗ erkennung des Textilarbeiterverbandsnachweises oder Errichtung eines paritätischen Arbeitsnachweises“ — Die Tarifverhandlungen für das Bäckergewerbe Groß⸗Berlins (vgl. Nr. 98 d. Bl.) haben nach demselben Blatte gestern vor dem Einigungsamt des Ge⸗ werbegerichts ihr Ende erreicht. Gestern wurde über die Lehrlingsfrage und die Beschaffenheit der Arbeitsräume verhandelt. Die Gesellen forderten, daß in Betrieben mit einem oder ohne Gesellen höchstens ein Lehrling, in Betrieben mit zwei Gesellen höchstens zwei Lehrlinge, nirgends aber mehr als zwei Lehrlinge be⸗ schäftigt werden dürfen. Die Meister lehnten die Aufnahme einer Lehrlingsskala in den Tarifvertrag ab und betonten, daß im Berliner Bäckergewerbe geradezu ein Lehrlingsmangel herrsche. Sie lehnten ferner die auf die gesundheitlichen Einrichtungen der Arbeitsräume bezüglichen Forderungen ab mit der Begründung, daß diese An⸗ gelegenheit schon durch die polizeilichen Verordnungen geregelt sei. Damit waren die Verhandlungen, die in keinem Punkt zu einer Ver⸗ ständigung geführt hatten, beendet. Der Schiedsspruch wird nächsten Mittwoch in einer besonderen Sitzung verkündet werden. 4
In Hamburg hat, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, der Holz⸗ arbeiterverband am 4. d. M. in einer sehr stark besuchten Ver⸗ sammlung, in der auch der Berliner Hauptvorstand vertreten war, beschlossen, dem bisherigen Teilkampf eine entschiedene und scharfe Wendung zu geben. 68 Arbeitgeber mit zusammen etwa 700 Arbeitern haben die Forderungen der Holzarbeiter bewilligt. Bei vielen andern Unternehmern, die nicht bewilligt haben, ist bisher weitergearbeitet worden. Der jetzt gefaßte Beschluß geht nun dahin, überall ohne Ausnahme, wo die Forderungen nicht anerkannt werden, die Arbeit einzustellen.
Kunst und Wissenschaft.
Die diesjährige Generalversammlung der Goethe⸗ Gesellschaft findet am 3. Juni in Weimar statt. Den Fest⸗ vortrag hat der Geheime Regierungsrat, Professor Dr. Erich Marcks (Hamburg) übernommen; er spricht über „Goethe und Bismarck“. Der Festversammlung geht am Abend des 2. Juni im Hoftheater eine Aufführung von Goethes „Natürliche Tochter“ voraus. Für den Nachmittag des 3. Juni ist eine gemeinsame Eisenbahnfahrt nach Bad Berka, das mit Goethes amtlicher dichterischer Tätigkeit aufs engste verknüpft ist, in Aussicht genommen. 8
8
Von seiten der Geophysiker und Geologen sind zahlreiche Ver⸗ uche gemacht worden, das Alter der Erde zu bestimmen. Die erte wichen aber so stark voneinander ab, daß dadurch diese Forschungen in einigen Se. gerieten; ganz besonders beanspruchten die Geologen ein weit höheres Alter als die Physiker.
Die Physiker suchten hauptsächlich aus der Abkühlung der Erde das Alter zu ermitteln. Lord Kelvin scaßt die seit der Erstarrung der Erde verflossene Zeit auf 33 — 100 Millionen Jahre. Sehr sorgfältig⸗ Berechnungen, die auf die Ungleichheiten im Bau des Erd⸗ innern Rücksicht nehmen, z. B. aus seismischen Beobachtungen, er⸗ geben nach Becker 55 — 65 Millionen Jahre. Für die Zeit seit dem Beginne des Algonkiums, also dem Beginn organischen Lebens, er⸗ ühn sich aus der Abkühlungsformel eine Zeit von etwa 30 Millionen Jahren. Diese Zeit ist aber zweifellos zu kurz, denn während der vgerhe Khes anz beträchtliche Wärmemengen frei werden. Diese 30 Miklionen Habte stellen also nur ein Minimum der seit dem Beginne des Algonkiums verflossenen Zeit dar. Nathorst und Neumayer nehmen an, daß sich der Erdradius seit der Silurzeit um etwa fünf Kilometer verkürzt habe. Dem würde eine Temperatur⸗ erniedrigung von 30 Grad entsprechen, und daraus läßt sich ein Alter
von etwa 200 Millionen Jahren berechnen, und Rudzki hat auf ähnlichem Wege für die gleiche Zeit 500 Millionen Jahre errechnet. „Andere brauchbare Grundlagen würden sich ergeben, wenn wir für bestimmte Zeiten die Bodentemperatur aus dem organischen Leben ermittein könnten.
Ganz besonderes Interesse bieten die Altersbestimmungen aus radioaktiven Vorgängen, besonders aus dem Heliumgehalte der Mineralien, eine Methode, die, wie die Wochenschrift „Die Umschau“ (Frankfurt a. M., Herausgeber Professor Dr. Bechhold) mitteilt, Rutherford ausgebildet hat, der die seit dem Kambrium ver⸗ gangene Zeit, zu der bereits Tier und Pflanze auf der Erde e istierten, auf etwa 140 Millionen Jahre berechnete. Solche Unter uchungen hat besonders Strutt ausgeführt („Umschau“ 1911, Nr. 8). Vor⸗ züglich eignen sich dazu Zirkonkristalle in Eruptivgesteinen, die Strutt in den letzten Jahren untersucht hat.
Bei diesen Berechnungen hat die genannte Zeitschrift nach Koenigsberger mit einer Fehlergrenze von 50 % zu rechnen. Es ergibt sich nun aus dem Heliumgehalte der Zirkone als Alter für:
quartäre Gesteine der Somma . . 100 000 Jahre qnartäre Gesteine der Eifel . . . . . . . . 1 Mill. „ pliozäne Gesteine von Neuseeland.. 2 „ miozäne Gesteine der Auvergne . . . . . .. Spenit von Norwegen aus der Zeit zwischen Ober⸗ 55 paläozoischen Granit von Colorado . .140 unterdevonischen (oder älteren) Granit vom Ural 200 archäische (oder jüngere) Seifen von Ceylon . 200 archäische Gesteine von Canada 600 „ „ Diese Zahlen stimmen sehr gut zu den Schätzungen der Geologen für die Zeit des Jungtertiär und Quartär. Für die Zeit seit dem Beginn 4““ ergibt sich also als Wahrscheinlichkeitswert 200 Millionen ahre.
Die andern radioaktiven Methoden, die sich auf den Bleigehalt von uranhaltigen Mineralien stützen, sind bedeutend unsicherer: kommt doch Boltwood bis zu 11 (00 Millionen Jahre! Bemerkenswert ist aber noch die Feststellung von Soddy, daß sich aus der Halbwerts⸗ zeit des Urans ein oberer Grenzwert für das Alter der Erde er⸗ mitteln läßt. Er erhält dafür etwa 1000 Millionen Jahre.
Mit Sicherheit läßt sich sagen: Die seit dem Anfange des Algonkiums verstrichene Zeit ist, wie aus den Abkühlungsberechnungen folgt größer als 30 Millionen Jahre und, wie aus den Radio⸗ akt aüthtam ssungen folgt, kleiner als 600 Millionen Jahre. Am ve sten ist nach Koenigsberger die Erde 100 — 200 Millionen
abre alt.
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Literatur.
Die Rede, die Professor Dr. Adolf Harnack über Martin Luther in seiner Bedeutung für die Geschichte der Wissen⸗ schaft und der Bildung am vierhundertjährigen Geburtstag des Reformators gehalten hat, ist in einer vierten, durchgesehenen Auflage erschienen. (Verlag von A. Töppelmann in Gießen; 0,60 ℳ.)
— Zu dem vom Direktor bei dem Abgeordnetenhause A. Plate herausgegebenen Handbuch für das preußische Abgeordneten⸗ haus (21. Legislaturperiode 1908 bis 1913) ist der erste Nachtr 1911 im Verlage der Preußischen Verlagsanstalt in Berlin SW. 68 ö 50, erschienen. Er enthält die inzwischen in Kraft tretenen Aenderungen der Geschäftsordnung des hgeeee ss und der Wahlvorschriften, die Fraktionslisten für 1911, Aenderun en und Nachträge der Lebensbeschreibungen der Abgeordneten, die 82 sammensetzung des Präsidiums, der Abteilungen und ständigen Kom⸗ missionen sowie des Seniorenkonvents u. a. m.
Verkehrswesen.
In Gochaganas (Deutsch⸗Südwestafrika) ist die am 6. August 1909 aufgehobene Postanstalt am 10. März d. J wieder “ worden; ihre Tätigkeit erstreckt sich auf die Annahme und Ausgabe von gewöhnlichen und eingeschriebenen Brief⸗ sendungen. 8
Ueber den SIn der Volksunterschiede auf den 7 süeeh wird im „Archiv für Post und Telegraphie“ folgendes mitgeteilt:
Wie auf der ganzen Erde nur einzelne Gebiete zu Entwicklungs⸗ stätten und Ausgangsstellen einer höheren Kultur geworden sind, ohne daß die Wissenschaft bis jetzt in allen Fällen hinreichende Gründe dafür gefunden hätte, so läßt sich auch das Herausragen einzelner Länder in Europa aus einer durchschnittlichen Kultur durch die geo⸗ graphische Lage dieser Länder allein nicht erklären: es muß dabei noch die größere oder geringere geistige und wirtschaftliche Befähigung der Rassen und Völkergruppen als eine Hauptsache für ihre Kultur⸗ entwicklung in Betracht gezogen werden. Dabei stößt man auf Rassenunterschiede, die freilich meist erst im Lande der Niederlassung und unter dem Einflusse des Klimas entstanden sind. Solche Unter⸗ schiede, die sich sogar innerhalb einer Rasse als Völkergruppenmerkmale erkennen lassen, zeigen ihre Wirkung auch im Verkehrsleben.
Unter diesem Gesichtspunkt ist es von Belang, den Brief⸗ verkehr der einzelnen Völkergruppen Europas und 2 die sich daraus ergebende Stellung der slavischen Völkergruppen im Verkehrs⸗ leben zu betrachten.
Dr. Fr. Haaß (Die Geschichte des Postwesens) unterscheidet in ethnographischer Hinsicht drei Stufen des Postverkehrs: die höchste Stufe bei den germanischen Völkern, die zweite Stufe bei den romanischen Völkern, die dritte Stufe bei den slavischen Völkern.
Nach der Statistik der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung für 1907 entfallen aufgegebene Postsendungen auf den Kopf der Be⸗ völkerung in 8
Gruppe I. Gruppe II Gruppe II (germanische Völker): (romanische Völker): (slawische Völker): Deutschland 130,3 rankreich 80,7 Bosnien 94 Dänemark .107,5 Italien 30,3 Bulgarien Großbritannien 114,5 Portugal.. . . 17,1 (Bulgaren aus den Nieder⸗ Spanien 21,6, Ural-⸗Altaiern
landen 82,1 slavisiert). 11,7 Norwegen 60,7 ““ Montenegro 0,7 Schweden. 66,8 8 Nußland.. der Schweiz 160,3 8.
Belgien (61 v. H.
Germanen) 97,6, 8 8
Das Mischvolk der Rumänen, aus Thrakern, Römern und Sladen entstanden, ist keiner der vorstehenden Gruppen zugcteilt; die stark gemischten Bewohner Oesterreichs sind im folgenden besonders de⸗ handelt worden.
Die vorstehende Uebersicht läßt auf den ersten Blick eine Ver⸗ schiedenheit der einzelnen Völker in ihrem Verhältnißt zum Bricz⸗ verkehr erkennen, und wie die cinzelnen Länder sich nach iören Wölker⸗ gruppen abstufen, so haben auch die einzelnen Landesteile nach idrer ethnographischen Färbung ihre eigene Stellung im Verkebrsleben. Ein klassisches Beispiel dafür ist Oesterreich. Hier weisen alle slavischen Landesteile einen bei weitem geringeren Postverkehr auf als die deutschen. Nach der Statistik des österreichtschen Post⸗ und Telegraphenwesens für das Jahr 1907 entfallen im ganzen Staats⸗ gebiet auf je 1000 Einwohner 58 041 Briefe oder rund 58 Briefe auf den Kopf.
Im einzelnen ergibt sich nachstehendes Verhältnis: 8
Bei den deutschen Völkern entfallen auf den Kopf der Be⸗ völkerung in: Oesterreich u. d. Enns (Wien) 142, in Oesterreich ob. d. Enns 47, Salzburg 98, Steiermark (68 v. H. deutsch) 58, Kärnten 61, Tirol 101, Schlesten 53 Briefe, d. s. im Mittel 80 Briefe auf den Kopf; S
bei den slavischen Völkern: Krain (94 v. H. Slaven) 31, Küstenland (Triest) 70, Mähren (70 v. H. Slaven) 44, Galizien —
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Bukowina 27, Dalmatien (83 v. H. Slaven) 35 Briefe, im 38,3 Briefe auf den Kopf. 8 r