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treffen sein werden.
ernannt. Nach der Einverleibung der Schleswig⸗ Holstein in die preußische Monarchie erfolgte seine Ernennung zum Regierungsassessor unter Ueberweisung an die Regierung in Frankfurt a. O., wo er bis 1871, dem Jahre seiner Berufung in die Etats⸗ und Kassenabteilung des Finanz⸗ ministeriums, verblieb. Im uaaef 1874 wurde er zum Re⸗ gierungsrat befördert, im Dezember desselben Jahres zum Geheimen Finanzrat und vortragenden Rat im Finanz⸗ ministerium, 1879 zum Geheimen Oberfinanzrat, 1897 zum Wirklichen Geheimen Oberfinanzrat mit dem Range der Räte erster Klasse und 1901 zum Ministerialdirektor ernannt. Wie in allen früheren Dienststellungen widmete er sich auch in diesem verantwortungsvollen Amte mit vorbildlicher rastloser Hingabe und dank seiner reichen Gabenund Erfahrungen mitgroßem Erfolge dem Dienste des Staates, bis ihn im Jahre 1906 seine ge⸗ schwächte Gesundheit zum Uebertritt in den Ruhestand nötigte. Als er nach 35jähriger Wirksamkeit im Finanzministerium unter allseitigem Bedauern aus dem Kreise der Mitarbeiter schied, fanden seine hervorragenden Leistungen die wohlverdiente Allerhöchste Anerkennung durch die Verleihung des Charakters als Wirklicher Geheimer Rat mit dem Prädikat Erzellenz. Das Andenken des Heimgegangenen wird im Finanz⸗ ministerium allezeit in Ehren gehalten werden.
Die Strafrechtskommission beriet in den letzten Sitzungen über das Strafensystem (Abschnitt 2 des Vorent⸗ wurfs: „Strafen. Sichernde Maßnahmen. Schadensersatz.“). Die Todesstrafe ist grundsätzlich beibehalten, dabei aber für die Beratung des Besonderen Teils die Prüfung der Frage vorbehalten worden, inwieweit etwa das Anwendungsgebiet der Todesstrafe einzuschränken sein möchte. Die Vorschläge des Vorentwurfs hinsichtlich der Freiheitsstrafen (§§ 14, 16, 19) sind im wesentlichen gutgeheißen worden. Bezüglich der Haft, deren Anwendungsgebiet noch nicht feststeht, hat sich die Kom⸗ mission dahin schlüssig gemacht, daß sie mehr als nach dem Vorentwurfe den Charakter einer custodia honesta tragen müsse. Die Mindest⸗ und Höchstdauer der Zuchthaus⸗ und Gefängnisstrafe ist in gleicher Weise wie im geltenden Rechte und im Vorentwurfe geregelt, sodaß Zuchthaus entweder lebenslang oder zeitig — von einem bis zu fünfzehn Jahren —, Gefängnis von einem Tage bis zu fünf Jahren erkannt werden kann. Die Haftstrafe ist nach einem vorläufigen Beschluß entweder leberslang oder zeitig, die zeitige Haftstrefe geht von einem Tage bis zu fünfzehn Jahren. Die Beseitigung der kurzzeitigen Freiheitsstrafen hat die Kommission demnach ebenso wie der Vorentwurf abgelehnt.
Die Beschlüsse über den Vollzug der Freiheits⸗ strafen (§§ 15, 17, 20) entsprechen gleichfalls im wesentlichen dem Vorentwurf. An Aenderungen ist hervorzuheben, daß die im § 18 des Vorentwurfs für gewisse Fälle vorgesehenen Schärfungen der Zuchthaus⸗ und Gefängnisstrafe dem Anwendungsgebiet und der Dauer nach enger begrenzt worden sind und daß die Dauer der Einzelhaft, mit der Zuchthaus⸗ und Gefängnisstrafe beginnen müssen, für beide Arten von Gefangenen gleichmäßig auf mindestens drei Monate festgesetzt worden ist.
Hinsichtlich der notwendigen Ausführungsbestimmungen über den Strafvollzug ist die Kommission bei der Beschluß⸗ fassung über den⸗§ 23 des Vorentwurfs davon ausgegangen, daß sie in erster Linie in einem Strafvollzugsgesetz zu H
Es wird beabsichtigt, im Laufe des kommenden Sommers die im Dienstbetriebe der Bauabteilung des Mini⸗ steriums der öffentlichen Arbeiten und des Tech⸗ nischen Oberprüfungsamtes entbehrlichen Personal⸗ und Prüfungsakten zu vernichten.
Für die Vernichtung kommen in Frage die Akten von höheren Baubeamten, die verstorben oder pensioniert und jetzt älter als 80 Jahre sind, ferner die Prüfungsakten von früheren Bauführern, die inzwischen das 50. Lebensjahr überschritten haben und in der Staatsverwaltung eine höhere Baubeamten⸗ stelle nicht bekleiden, endlich die Prüfungsakten derjenigen bis zum Jahre 1881 (ausschließlich) geborenen Bauführer, die die Baumeisterprüfung nicht abgelegt haben.
Die in diesen Akten befindlichen Originalzeugnisse (Tauf⸗, Schul⸗, Studien⸗, Beschäftigungszeugnisse) und Erläuterungs⸗ berichte zu den häuslichen Prüfungsarbeiten werden auf Wunsch den noch lebenden Baubeamten und Prüflingen oder deren nächsten Angehörigen zurückgegeben werden.
Anträge sind bis zum 1. Juni d. J. an das Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Berlin, Wilhelmstraße 79, zu richten. Sie müssen den Vornamen, Geburtsort und Datum des Baubeamten oder Prüflings enthalten. 8
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. vorgestern in Duala (Kamerun) eingetroffen.
S. M. S. „Luchs“ is gestern in Tschinkiang ein⸗ getroffen.
Vorgestern sind S. M. S. „Gneisenau“ von Tsingtau und S. M. S. „Iltis“ von Swatau in See gegangen.
S. M. Flußkbt. „Otter“ ist gestern von Hankau ab⸗ gegangen. 1“
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Großbritannien und Irland.
Der Deutsche Kaiser und die Kaiserin Auguste Viktoria trafen gestern mittag mit der Prinzessin
Viktoria Luise auf der Victoriastation in London ein und
wurden, „W. T. B.“ zufolge, auf dem prächtig geschmückten Bahnhof von dem König, der Königin und anderen Mit⸗ gliedern der Königlichen Familie empfangen. Nach herzlicher Be⸗ grüßung und Vorstellung der beiderseitigen Gefolge fuhren die Majestäten, von der Menge mit lauten Zurufen begrüßt, nach dem Buckinghampalast. Nachmittags machte das Kaiserpaar
mit der Prinzessin Viktoria Luise der Königin⸗Mutter Alexandra
und den Mitgliedern der Königlichen Familie Besuche.
Das Oberhaus verhandelte gestern in zweiter Lesung über den Reformgesetzentwurf des Lord Lansdowne. Wie „W. T. B.“ meldet, wurde die Vorlage vom Viscount Morley einer scharfen Kritik unterzogen. Mit be⸗ sonderem Interesse wird die Haltung derjenigen Peers beobachtet, die nach den Bestimmungen der Vorlage in das reformierte Oberhaus vielleicht nicht wählbar sein werden.
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des E Vertrages.
Mehrere unionistische Peers sprachen gegen die Vorlage. An⸗ dere erklärten sich bereit, sie unterstützen zu wollen, mit der Begründung, daß eine Aenderung der Zusammensetzung des Oberhauses notwendig sei.
— Das Unterhaus hat gestern in dritter Lesung die Parlamentsbill mit 362 gegen 241 Stimmen ange⸗ nommen. 8
Frankreich.
In dem Bericht des Rechnungshofes für 1908 wird an der Geldgebarung verschiedener Ministerien eine überaus scharfe Kritik geübt. Wie „W. T. B.“ meldet, wird u. a. der Mißbrauch lebhaft gerügt, den einzelne Ministerien dadurch begingen, daß sie ihren Beamten sogenannte Missionen im Auslande anvertrauten, um ihre Bezüge dadurch zu erhöhen. Als Beispiel dafür wird angeführt, daß ein Angestellter des Arbeitsamts eine Mission zum Studium der Spielwarenerzeugung in Südamerika veranstaltet habe, die 14 000 Fr. verschlungen hätte. Ferner wird hervorgehoben, daß von mehreren Kolonien gleichzeitig zwei, ja drei Gouverneure bezahlt würden; einer, der das Amt versähe, einer, der sich in Frankreich auf Urlaub befände, und ein dritter,“dessen Erg bevorstände.
1 Rußland.
Der Oberprokureur des Heiligsten Synods Lukianow ist infolge seines Abschiedsgesuchs des Amtes enthoben worden. Wie „W. T. B.“ meldet, tritt an seine Stelle das Reichsrats⸗ mitglied Sabler, der ehemalige Gehilfe des Oberprokureurs.
— Die Reichsduma hat gestern die Generaldiskussion über das Arbeiterversicherungsgesetz beendet und be⸗ schlossen, die Beratung der einzelnen Paragraphen erst während
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der Herbsttagung vorzunehmen.
Italien. 8 Die Großfürstin Wladimir und der Großfürst Boris von Rußland sind gestern nach herzlicher Verab⸗ schiedung von dem König und der Königin nach Florenz abgereist. 1 Spanien. Der Minister des Auswärtigen und der japanische Gesandte haben, „W. T. B.“ zufolge, gestern einen spanisch⸗japa⸗ nischen Freundschaftsvertrag unterzeichnet. “
Türkei.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ hat sich das Be⸗ finden des ehemaligen Sultans verschlimmert. Es scheint eine Nervenkrise eingetreten zu sein.
— Die Antwort der Kretaschutzmächte auf die Schritte der Pforte wegen Entsendung von Kadis nach Kreta ist am vergangenen Sonnabend den türkischen Botschaftern mündlich mitgeteilt worden. Wie das „Wiener Telegraphen⸗Korrespondenz⸗ bureau“ meldet, haben die Mächte nach Informationen der Pforte erwidert, daß die Entsendung von Kadis vorläufig auf⸗ geschoben werden müsse, um die Ordnung auf der Insel nicht zu gefährden.
— Die Regierung hat in der Kammer einen Vertrag ein⸗ gebracht, durch den die Chestergruppe mit Studien 8 eine zweitausend Kilometer lange Eisenbahn Siwas — Wan — Diarbekr⸗Charput mit einer Zweiglinie nach Jumurtalik am Golf von Alexandrette betraut wird.
— Meldungen des „W. T. B.“ zufolge, versuchte gestern eine auf 400 Mann geschätzte Abteilung Aufständischer auf den Höhen von Schale türkische Militärabteilungen anzugreifen, wurde jedoch unter starken Verlusten durch Artilleriefeuer ver⸗ trieben. Die Türken verloren 15 Mann, ein Offizier wurde tödlich verwundet. Auch bei Puka mußte Artillerie eingreifen, um die Rebellen zurückzuwerfen. 1.“
Schweden. 8
Die Reichstagskommission für den isch⸗ deutschen Handelsvertrag hat gestern ihren Bericht er⸗ stattet, in dem es, „W. T. B.“ zufolge, heißt:
Die schwedischen Zugeständnisse seien bedeutend. Es sei offenbar, daß sie geeignet seien, in der Hauptsache Deutschland die Bei⸗ behaltung des schwedischen Marktes zu garantieren, wie sie auch vollkommen die Opfer aufwiegen, die von deutscher Seite für die Aufrechterhaltung ungestörter Handelsbeziehungen zwischen beiden Vertragsmächten gebracht worden seien. In⸗ dessen sei auch für Schweden die Erhaltung ungestörter Handelsbeziehungen von so wichtigem Interesse, daß mit Rücksicht darauf von dem Umstande abgesehen werden könne, daß berechtigte schwedische Forderungen in dem neuen Vertrag nicht in voller Aus⸗ dehnung beachtet worden seien.
Die Kommission empfahl dem Reichstag die Genehmigung
8 Amerika.
Wie dem „Reuterschen Bureau“ aus El Paso gemeldet wird, hat der Unterhändler der mexikanischen Regierung Cara⸗ bajal den Auftrag erhalten, die Friedensverhandlungen wieder aufzunehmen.
Nach einem Telegramm, das die „Associated Preß“ aus Hermosillo (Provinz Sonora) erhalten hat, haben die merxikanischen Bundestruppen diese Stadt geräumt und sind nach Guaymas abgegangen.
Asien.
Der neue Vizekönig der Mandschurei spricht sich nach einer Meldung des „W. T. B.“ in einer Eingabe an die Zentralregierung gegen die Einführung der Miliz in der Mandschurei aus und schlägt vor, die zu diesem Zweck ge⸗ sammelten Gelder zur Verstärkung der regulären Truppen in der Mandschurei zu benutzen. Der Vizekönig spricht der Miliz den Kriegswert ab und ist der Meinung, daß sie bei gewissen Verhältnissen für die Ruhe des Landes und die Dynastie eine ernste Gefahr bieten könnte. “
Afrika.
Aus Fes wird unterm 9. d. M. gemeldet, die Ulemas seien von der fremdenfeindlichen Partei aufgefordert worden, bei dem Sultan Mulay Hafid gegen die Ankunft der französischen Truppen Einspruch zu erheben. Der Sultan habe die Ulemas barsch abgewiesen, und ihnen ge⸗ droht, er werde sie ins Gefängnis werfen, falls sie sich nicht ruhig verhielten.
Wie der „Agence Havas“ unter dem 14. aus Mehedia gemeldet wird, haben die Zemmur und Beni Hassen in der Nacht vom 13. zum 14. in das Lager der Kolonnen Brulard und Gouraud in Lalla Ito einzudringen versucht. Der Feind wurde zurückgeschlagen und ließ mehrere Tote auf dem Platze. Auf französischer Seite wurde ein Tirailleur getötet.
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KGKoloniales.
Die Verkehrsstraße Matadi — Daressalam.
Nachdem das belgische Parlament jüngst de Schienenweges zugestimmt hat, der unter Benutzung des en⸗ des tales den Tanganjikasee mit dem Lualaba verbinden ga⸗ wird unter der Voraussetzung, daß die deutsch⸗ostafrikani oll, Zentralbahn demnächst bis an den Tanganjikasee fortan wird, in einigen Jahren das erste Verkehrsband vom Arggeführt bis zum Indischen Ozean über den afrikanischen Komnsest. 8 pannt sein. Es ist ein glücklicher Zufall, daß das in der kolo Uahs
E““ ö vständig gewesene DBeufschland 86 vn ersten großen Querverbindung Afrikas einen bedeu . . tenden Antel
er Reisende wird später den Weg von Ma
Lopoldville, Stanleyville, Ponthierville, hütübe Kongolo, Kabalo, Lukuga⸗Auskritt und Kigoma nou⸗ Daressalam ungefähr in 32 Tagen und den gleichen Weg in 8 gekehrter Richtung ungefähr in 22 Tagen zuzüglich der nötigen Rafe⸗ tage zurücklegen können. An jedem der genannten Zwischenpunke findet Uebergang von Bahn auf Schiff oder umgekehrk statt. gutte von dem Gesamtwege, der 4537 km mißt, sind vier Teilstrecken an insgesamt 2145 km Wasserweg und fünf Teilstücke mit insgesant 2392 km Schienenweg. Die Zusammensetzung im einzelnen ist 8 der folgenden Tabelle ersichtlich. st aus
weg
Reisedauer
Gesamr⸗
Schienen⸗
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8 5 sa
1) Matadi — Léopoldville . . .. “ 400 2) Léopoldville —Stanleyville. 1600 3) Stanleyville — Ponthierville. 8 8 127 4) Ponthierville - Kindu... . . 1 320 5) Kindu — Kongolo.... G 355 6) Kongolo-— Kabalo 1 75 7) Kabalo — Lukuga⸗Austritt .. 260 8) Lukuga⸗Austritt — Kigoma.. . 150 9) Kigoma — Daressalam 1250 . 1250 —+
Matadi — Daressalam. .J2392 2145 4537 32
Daressalam — Matadi.. . ⸗ . . .
Zurzeit fehlen an der Verbindung noch die Lu kugädeh (Strecke 7 der Tabelle) und ungefähr die Hälfte der deutstz⸗ Zentralbahn (Strecke 9 der Tabelle).
Die Gleisspitze der deutsch⸗ostafrikanischen Zentralbal hat nach einer telegraphischen Meldung der Bauleitung Ende Prl Kilometer 438 hinter Morogoro, d. h. Kilometer üg hinter Daressalam erreicht. Damit ist sie etwa bei der Sn Kitaraka angelangt. Im April sind 17,8 km Gleis vorgeste worden. (Deutsches Kolonialblatt.)
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Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs tags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich i der Ersten und Zweiten Beilage.
— Der Reichstag setzte in seiner heutigen (176.) Sizug welcher der Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück beimohnt, die Spezialdiskussion des Entwurfs einer Reichsversice rungsordnung auf Grund der Vorschläge der XVI Fn⸗ mission im zweiten Buch Krankenversicherung“ Gefereu Abg. Horn⸗Reuß) beim neunten Abschnitt „Knappscet⸗ kassen“ (§§ 521 — 527) fort. 8 § 521 lautet nach dem Kommissionsantrag:
Die knappschaftlichen Krankenkassen müssen ihren Mitglidde durch die Satzung mindestens die Regelleistungen der Oitskvke kassen zubilligen. Das Krankengeld können sie mit Genehmigu der Aufsichtsbehörde anders als wöchentlich, längstens jedoch kalr⸗ monatlich zahlen.
Verbunden in der Besprechung wurde hiermit § 527, der in der Vorlage lautet:
Im übrigen bleiben, soweit dieses Gesetz nichts anderes ver schreibt, landesgesetzliche Vorschriften über die Knappschaftsver⸗ und die Knappschaftskassen unberührt.
Die Kommission hat diesem Wortlaut einen Passus voran⸗ gestellt, wonach die Bestimmungen der §§ 378 —386 (8. hältnis zu Aerzten, Krankenhäusern und Apotheken) auch f die knappschaftlichen Krankenkassen gelten sollen.
Abg. Hue (Soz.): Die Knappschaftskrankenkassen und Knar schaftsvereine sollen nach den Kommissionsbeschlüssen nach wie dor im großen und ganzen der Regierung oder Landesgesetzgebung unter, stellt bleiben. Wie das Zentrum dies vor seinen genossens ftl organisierten Arbeitern verantworten will, weiß ich nie Wir haben eine Anzahl von Anträgen gestellt, um iie Bestimmungen möglichst zu verbessern. Sie werden ja dich Anträge ablehnen, wie alles, was von der Reformseite komm aber wir müssen der Oeffentlichkeit zeigen, was sie von der Rei⸗ versicherungsordnung zu erwarten hat. Das Mißtrauen gegen dn preußische Berggesetzgebung hat seinerzeit das Zentrum veranlabt eine einheitliche gesetzliche Regelung des Knappschaftemesen zu fordern. Heute tut es alles, was die Konserotir⸗ und Graf Westarp ihm vorschreiben. In unserem Knapysche wesen herrscht eine Parität, die ein Hohn auf eine Paritit e⸗ Es genügt eine einzige Stimme in der Vertretung, um einm zn schluß zu verhindern, der den Arbeitern günstig sein könnt⸗ vl⸗ Vorstand der Knappschaftsvereine ist der Einfluß der Arbeingt nee. ständig zurückgedrängt durch die Werkmeister und Werkaeiger Man hat die Selbstverwaltung der Knappschaften vernichtet, d Arbeiter entrechtet und diese zur Wut getrieben. Er. die Knappschaftskassen und ⸗vereine für sie zum Fluch — Es gibt Kassen, wo jahrelang auch nicht ein Arbeiter im gapier gewesen ist. Die Klagen der Bergarbeiter sind einfach in den Verg⸗ korb geworfen worden. Man hat die Selbstverwaltung dei. Ver⸗ arbeiter aufgehoben, nicht plötzlich, aber nach und tach rch 8 waltungsmaßregeln. Die Erfahrungen in Westfalen mäo sicht nationalliberalen Bergherren hätten das Zentrum zur Wiltkir mahnen sollen. Es weiß ja, wie sehr die Arbeiter der Münde der Bergherren auch heute noch preisgegeben sind. Was Partet Fusangel sagen, wenn er noch lebte und sähe, wie jetzt seine 2 und genossen vom Zentrum ruhig mit ansehen, wie die katholi auch evangelischen Bergarbeiter von den nationalliberalen rai vergewaltigt und ihre Rechte mit Füßen getreten werden! C glaublich, was man jetzt den Knappschaftsvereinen 1 Was würden Sie dazu sagen, wenn der Präsident nen; zumutete, den Etat ohne Debatte en bloc anzursggerli Das würden sogar die Herren von der Re⸗ 28 fasse ve finden. Diese Zumutung ist aber in einer Knaxpschaft edrunga einem Oberbergrat im Ruhrrevier gestellt worden und dur er bergro Das Oberbergamt stellte sich auf den Standpunkt des klärte alse und lehnte die Beschwerde der Knappschaftsältesten ab, erverwaltn damit den Einfluß der Arbeiter in der Knappschaftskassen vchen, abc für null. Das Oberschiedsgericht hat zwar noch nicht gerr weifelhaf seine Entscheidung ist nach den bisherigen Erfahrungen nich 4 jeher se Diese Praxis in der Knappschaftskassenwirtschaft war vec neh, df
9
8 Bergarbeiter, der bei solcher Behandlung noch einem
himmelschreiend, daß Fusangel in der Zentrumspreste, salliberila
8 “
zane gebe, verdiene in den südwestafrikanischen Berg⸗ eine “ de, tseße Kapitalismus auszubeuten sich anschicke, werken, hten nachdem er unter den Geißelhieben der Sklaven⸗ zu verschm achneng esunken sei. Das war die Zentrumspresse — halter 5 Welche Klagen erheben nicht selbst die Zechenbeamten von den Behandlung, über diese 1e. Welche Entrüstung darüber über dien us dem Organ des Steigerverbandes. Und welche Künste spricht ees den Unternehmern angewendet, um die Wahlen zum Kassen⸗ werden, in ihrem Sinne zu dirigieren! Wir haben deshalb beantragt, vorstan Stimmzettel im Kuvert abgegeben werden müssen. Wir ver⸗ daß die ferner, daß auch die Knappschaftsinvaliden wählbar sein langen Der Antrag Schultz und Genossen, wonach in die General⸗ sollen. mlung, und den Vorstand einer Knappschaftskrankenkasse mit eee 3 Verwaltung auch Knappschaftsinvaliden gewählt werden beson wenn sie als Mitglieder Beiträge zur Krankenkasse zahlen, u. der Abg. Trimborn unterschrieben hat, ist nur eine Kulisse, 65 die Arbeiter über die Tragweite des ihnen zustehenden Rechtes zu snrf hen. Stimmt das Zentrum unserem Antrage zu, für den auch die täu finnigen und Polen stimmen wollen, so wird er angenommen und damit Fe hwerxes Unrecht gegen die Berginvaliden endlich wieder gut gemacht. mef aber der Antrag Schultz angenommen werden, so muß er en stens dahin geändert werden, daß es heißt: können vmogpschaftsinvaliden gewählt werden, auch wenn sie als freiwillige Füglieder Beiträge zur Krankenkasse zahlen.“ Nur so wird die Nöglichkeit der Wahl wirklicher Berginvaliden gewährleistet; die eas dem unveränderten Antrag Schultz Wählbaren sind keine eigent⸗ lchen Invaliden, sondern noch auf den Gruben oder Zechen be⸗ schfticke Leute. Jedenfalls können wir mit dem § 525 a der dommissionsvorschläge: „die Vertreter der Versicherten in der Generalversammlung (Knappschaftsälteste), in dem Vorstand der knappschaftlichen Krankenkassen, Knappschaftsvereine und Knapp⸗ schaftskassen müssen in geheimer Wahl gewählt werden. Die Wahl ach den Grundsätzen der Verhältniswahl ist zulässig“, absolut nicht uftieden sein. Wenn das Zentrum sich immer auf den sozialdemo⸗
ischen Terror beruft, hat es denn ganz vergessen, wie die hatscen, seiner Partei in dem überwiegend katholischen Saar⸗ revier behandelt werden? Hat man je gehört, daß ein dem
nicht mehr des prächtigen Worts des ergrats Hilger von den schwarzen Mist⸗
8 9 es
rinnert. nationalliberalen V isem und den roten Blutläusen? Hat das alles für das
gentrum keine Bedeutung mehr? Tun Sie, was Sie nicht lassen fönnen; die Bergarbeiter werden wissen, woran sie mit Ihnen sind.
(Schluß des Blattes.)
vnse dae h. Arzt als Kassenarzt gewählt worden wäre?
— Auf der Tagesordnung für die heutige (76.) Sitzung des Hauses der Ab geordneten, welcher der Minister des Innern von Dallwitz beiwohnte, stand zunächst die dritte Beratung des Entwurfs eines Zweckverbandsgesetzes für Groß⸗Berlin.
In der allgemeinen Besprechung bemerrtkt—
Abg. Cassel (fortschr. Volksp.): Die gegen uns gerichteten
sozjaldemokratischen Angriffe muß ich zurückweisen. Wir treten sehr wohl für das gleiche, geheime und direkte Wahlrecht auch in den Kommunen ein, halten es aber bei diesem Zweckverbandsgesetze nicht füt angebracht, diese Frage besonders in den Vordergrund zu stellen. Sie kann nur bei einer Reform des gesamten Kommunalwahlrechts gelist werden. Wir mußten uns bei diesem Gesetz hauptsächlich darauf beschränken, das durchzusetzen, was für die Schaffung eines Verbandes Groß⸗Berlin dringend erforderlich ist, und uns damit begnügen, darauf zu achten, daß in dem Gesetze überall die Grundsätze der Selbstverwaltung beachtet, und daß ferner nicht durh die Hineinfügung der entferntesten Ortschaften in den Verhand Groß⸗Berlin die Interessen des Verbandes zersplittert würden. Gerade durch diese Hinzuziehung der ganzen Kreise hat man versucht, die Einmischung der Bureaukratie in die freie Selbst⸗ verwaltung zu erreichen. In einem so ausgestalteten Verbande kann kein Gefühl einer Gemeinsamkeit herrschen, zumal da die Wahl der Ver⸗ treter nicht durch direkte Wahl, sondern durch Delegation der Gemeindekörperschaften erfolgt. Durch die Beschränkung der Vertreterzahl Berlins ist Berlin im Verhältnis zu der Einwohner⸗ jahl der übrigen Vororte ein zu geringer Einfluß eingeräumt worden. Diese Bestimmungen des Gesetzes machen es meinen Freunden un⸗ möglich, dem Gesetze zuzustimmen. Wir werden uns zwar bemühen, auch mit diesem Gesetze ein Gedeihen des Verbandes herbeizuführen; wir hoffen aber, daß in kurzer Zeit die Ueberzeugung allgemein werden wird, daß eine Aenderung des Gesetzes im Sinne unserer Anträge erforderlich sein wird, um dem Verbande zur Blüte zu verhelfen.
Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (freikons.): Die Freisinigen mögen von ihrem Standpunkte aus mit Recht einige Ausstellungen an dem Gesetz machen, mit dem guten Willen der Be⸗ teiligten werden aber doch die Ziele erreicht werden, die durch das Gesetz dem Zweckverbande Groß⸗Berlin gesteckt sind. Mit der Zeit wird es sich allerings als notwendig herausstellen, daß ein einheitliches Verwaltungsgebiet aus Groß⸗Berlin gemacht wird. Wir werden ja in kurzer Zeit sehen, wie der Zweckverband Groß⸗Berlin arbeitet, und werden dann eventuell einen einheitlichen Verwaltungskörper Groß⸗ Berlin schaffen können. Aber das ist eine Frage der Zukunft.
Abg. Hoffmann (Soz.): Der eigentliche Sinn der Ausführungen des Vorredners ist der, daß er uns den Spreepräfekten ankündigt. Von einer wirklichen Selbstverwaltung wird er nichts wissen wollen.
ir haben es unterlassen, bei der dritten Beratung irgend
welche Anträge zu stellen, weil es doch zwecklos ist. Annageln müssen wir aber noch einmal das Zentrum, das die Rechte des Königs noch mehr erweitern will. Das war doch der Sinn des Antrags des Grafen Spee. Hat denn in Berlin der König noch nicht genug zu sagen? Ich erinnere an die Friedhofstorgeschichte. Es war nicht die Furcht vor dem Geiste der Toten, die auf dem Märzfriedhof liegen, sondern die Furcht, daß dieser Geist wieder auferstehen könnte. Auch die Haltung der Freisinnigen ist schwächlich gewesen. Sie wollen gar nicht das allgemeine, gleiche und geheime Wahlrecht ein⸗ gführt wissen, sondern treten für das Hausbesitzerprivileg ein. Sie lehen eben auf einem Klassenstandpunkt. Aber dann soll dies der Freisinn doch auch klipp und klar sagen. 1 Abg. Gyßling (fortschr. Volksp.): Wir sind stets für Abschaffung des Hausbesitzerprivilegs eingetreten. Zwischen dem kommunalen Wahlrecht und dem Wahlrecht im Staate besteht aber ein Unterschied. Im Staate werden die Minister vom Könige ernannt, die Magistrate dher von den Stadtverordnetenversammlungen gewählt. Deshalb ist ine differenzielle Behandlung des allgemeinen Wahlrechts für den Staat und des Wahlrechts für die Kommunen gerechtfertigt.
Abg. Ströbel (Soz.): Wenn der Freisinn auch gegen das dausbesitzerprivileg ist, so ist er doch tatsächlich für ein Privilegium Besitzes. Er will ein Klassenwahlrecht, ein Geldsackwahlrecht giderspruch links). Sie wollen nicht das allgemeine und gleiche Lahlrecht eingeführt wissen. Das ist von Vertretern Ihrer Partei sederholt gesagt worden. Liberale sind dafür eingetreten, daß der ahlzensus erhöht wird (Abg. Hoffmann: Rirdorf!) Auch die
dorfer Wahlentrechtung haben die Freisinnigen mitgemacht.
„Abg. Cassel (fortschr. Volksp.): Der Abg. Rosenow ist gestern mit für irgend ein Klassenwahlrecht eingetreten, sondern für das Vlihe, geheime und direkte Wahlrecht. Es ist nicht wahr, daß wir b irgendwo gegen das gleiche Wahlrecht erklärt hätten; ebenso ist unwahr, daß jemand von uns sich für das Hausbesitzerprivileg ellärt habe.
8 Abg. Dr. Liebknecht (Soz.) (mit Heiterkeit auf der rechten mette empfangen): Bei diesem Streit ist die Rechte des Hauses nicht sih lachende Dritte, sondern die lachende Zweite. Wagen Sie (links) US nicht auf dieses Gebiet. Da schneiden Sie doch ungünstig ab. b it Ihrer Beschränkung des Wahlrechts stehen Sie grundsätzlich auf emselben Boden wie die Rechte.
1 Abg. Fischbeck (fortschr. Volksp.): Hier handelt es sich um ganz bestimmte Aufgaben, die dem Zweckverband gestellt sind, und das
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sind rein wirtschaftliche Fragen. Es gehört eine gewisse Seßhaftig⸗ keit in der Gemeinde dazu, um in wirtschaftlichen Fragen mitsprechen zu können. Die Gemeinde darf nicht von Beschlüssen der Leute abhängen, die vielleicht nur zwei Monate in der Gemeinde ansässig gewesen sind. Im staatlichen Leben ist es etwas anders. Die öö in Rix⸗ dorf, die für ein Klassenwahlrecht gestimmt haben, sind aus dem Freisinnigen Verein ausgetreten. Mehr kann man doch nicht tun. Die Sozialdemokraten können uns durch diese Debatte nicht aufregen. Wir hätten stimmen können, wie wir wollten, sie hätten doch etwas herausgefunden, um sagen zu können, daß sie die einzigen, wahren Vertreter des Volkes sind. Wir haben die Debatte so geführt, daß wir die liberalen Interessen und die Interessen der Groß adt ver⸗ treten haben; ob die Art, wie Sie die Debatte geführt haben, an⸗ gebracht ist, lasse ich dahingestellt.
Von dem Abg. von Pappenheim (kons.) wird die Schließung dieser Debatte beantragt; auf der Rednerliste stehen noch die Abgg. Dr. Liebknecht, Waldstein (fortschr. Volksp.) und Ströbel. Die Abstimmung bleibt zweifelhaft und muß durch Auszählung erfolgen; dabei stimmen 170 Mitglieder, das Haus ist also nicht beschlußfähig.
*. Der Präsident von Kröcher beraumt die nächste Sitzung auf 12 Uhr Mittags an.
Schluß 11 Uhr 55 Minuten.
Statistik und Volkswirtschaft.
Preußisches Staatsschuldbuch. 8
Im Monat Aprild. J. sind in das Preußische Staatsschuldbuch im ganzen 20,6 Millionen Mark gegen 55,4 Millionen Mark im März d. J. eingetragen worden. Durch Bareinzahlung bei der See⸗ handlung (Preußischen Staatsbank), also Umwandlung schon vor⸗ handener Stücke, wurden im April für rund 15 Millionen Mark neue Schuldbuchforderungen begründet gegen rund 11 Millionen Mark im März. Die Gesamteintragungen haben sich danach gegen den Vor⸗ monat erheblich vermindert, die Bareinzahlungen behufs Neu⸗ begründung von Schuldbuchforderungen, die für die Entlastung des E.“ besonders von Bedeutung sind, haben sich dagegen vermehrt.
Im Etatsjahr 1910 (1. April 1910 bis 31. März 1911) wurden Eintragungen in das Preußische Staatsschuldbuch allein durch die Seehandlung (Preußische Staatsbank) für rund 95,5 Millionen Mark gegen 24,2 Millionen Mark im Etatsjahr 1909 und 29,9 Millionen Mark im Etatsjahr 1908 vermittelt, wobei die Schuldbucheintragungen gelegentlich der Neuemission von Anleihen gleichmäßig außer Betracht gelassen sind. Eine ähnlich starke Steigerung wie die eingetragenen Summen weist die Zahl der bei der Seehandlung eingegangenen Staatsschuldbuchanträge auf. Diese betrug im Etatsjahre 1910 6685 gegen 1800 im Etatsjahre 1909 und 1677 im Etatsjahre 1908. Die starke Steigerung der Anträge im letzten Jahre setzte mit dem Inkrafttreten der Novelle zum Staats⸗ schuldbuchgesetz am 15. Juni 1910 ein, und es kann nicht zweifelhaft sein, daß sie in der Hauptsache durch die Erleichterungen, die dieses Gesetz brachte, und durch die Aufklärungsarbeit, die sich an seine Durchführung anschloß, hervorgerufen worden ist. Bei der großen Bedeutung der vermehrten Schuldbucheintragungen für die Förderung des Absatzes und der Klassierung der Staatsanleihen wird daher die weitere Popularisierung der Schuldbucheinrichtung fortgesetzt zu betreiben sein, zumal da, wie vielfache Anfragen bei den Behörden erkennen lassen, Wesen und Vorteile des Staats⸗ schuldbuchs selbst in den Kreisen des gebildeten, besseren Mittel⸗ standes noch recht wenig bekannt sind. Es sei darum auch hier kurz darauf hingewiesen, daß die Eintragungen in das Staatsschuldbuch dem Besitzer die Gefahren, Kosten und Mühen der Aufbewahrung von Wertpapieren ersparen, daß sie eine mündelsichere, von allen laufenden Verwaltungskosten freie Anlage bilden mit der nämlichen Verzinsung wie die Konsols, und daß die Zinsen an den Fälligkeits⸗ terminen je nach Wunsch portofrei durch die Post oder durch die Königlichen Kassen oder durch die Reichsbankstellen gezahlt werden. Die Begründung einer Staatsschuldbuchforderung kann in ein⸗ facher Weise durch Einzahlung eines entsprechenden Geldbetrags (nicht unter 100 ℳ) bei jedem Postamt auf das Postscheckkonto der See⸗ handlung (Preußischen Staatsbank) Berlin Nr. 100 erfolgen unter Ausfüllung eines an jedem Postschalter vorrätigen formularmäßigen Antrags oder auch durch Vermittlung aller Banken und Bankiers, der Regierungshauptkassen, der meisten Kreiskassen und der Reichs⸗ bankanstalten. Zur näheren Orientierung über das Schuldbuch über⸗ übersendet die Seehandlung (Preußische Staatsbank), die als Zentral⸗ stelle für die Annahme von Barzahlungen zum Zwecke der Staats⸗ schuldbucheintragung bestellt ist, auf Wunsch kostenfrei ein Flugblatt sowie die amtlichen Nachrichten über das Preußische Staatsschuldbuch.
Zur Arbeiterbewegung.
Aus Waldenburg meldet „W. T. B.“, daß der Ausstand bei der Niederschlesischen elektrischen Kleinbahngesellschaft (vgl. Nr. 108 d. Bl.) gestern beendet worden ist. Die Direktion hat ausgebildete Hamburger Führer und Schaffner herangezogen, die unter polizeilichem Schutze den Fahrdienst versehen, da mit den Streikenden keine Einigung erzielt wurde. Sämtliche Ausständigen wurden von der Direktion entlassen.
In Lugau abgehaltene Massenversammlungen der Berg⸗ arbeiter des Lugau⸗Oelsnitzer Kohlenreviers beschlossen, wie die Snr) 8tg. erfährt, die Lohnbewegung zu vertagen (vgl. Nr. 111
In Hamburg hat laut Meldung der „Frkf. Ztg.“ der Verband der Bäcker⸗ und Konditorgehilfen gestern beschlossen, den all⸗ Feneinen Streik für beendet zu erklären, da in den meisten Mittel⸗ und Kleinbäckereien die Forderungen des Verbandes erfüllt worden seien. Dagegen soll die Sperre über einige Brotfabriken aufrecht erhalten werden (vgl. Nr. 111 d. Bl.).
In einer Konferenz zwischen den Vertretern der Vereinigugg der “ von Südwales und des Berz⸗ arbeiterverbandes wurde gestern, wie „W. T. B.“ aus London meldet, ein Abkommen in dem Cambrian⸗Kohlengrubenstreik getroffen, 8 8 Wochen dauerte und 12 000 Mann in Mitleiden⸗
aft zog.
Aus Kopenhagen wird dem „W. T. B.“ telegraphiert: Die seit langer Zeit geführten Vergleichsverhandlungen mit dem Klempnerverband wurden gestern ohne Ergebnis abgebrochen. Infolgedessen tritt heute die vom Arbeitgeberverband angekündigte Ausdehnung der Aussperrung von 14 000 auf 40 000 Arbeiter in Kraft (vgl. Nr. 109 d. Bl.).
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(Weitere „Statistische Nachrichten⸗ s. t.d. Zweiten Beilage.
Kunst und Wissenschaft.
Dem Verwaltungsbericht der Universitätsbibliothek in Berlin für 1910 ist zu entnehmen, daß nach der Uebersiedelung der Bücherei in den Bibliotheksneubau, in dem ihr zwar erst vor⸗ läufige, aber erheblich größere Räume zugewiesen wurden, in der Leih⸗ stelle eine Sonderbücherei der gelesensten Bücher aufgestellt werden konnte, die z. Z. nur 6000 Bände umfaßt, die aber bedeutend vergrößert werden soll. Schon im letzten Palbjahr konnten etwa 100 tägliche Bestellungen dort kurzer Hand erledigt werden. Ferner
konnten in dem geräͤäumigen Lesesaal in Glasschränken die Ansichts⸗
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sendungen der Buchhändler, die auch an Ort und Stelle benutzt werden dürfen, neben den Pflichtexemplaren und Geschenken ausgestellt werden — eine Einrichtung, die sich lebhaften Zuspruchs erfreute und auch die Benutzer zur Mitwirkung bei den Anschaffungen und zur Aeußerung von Wünschen anregte. Die Erhebung von Bibliotheksgebühren hat den Fonds für Büchererwerbungen und Einbände ungefähr verdoppelt und sich bereits gut öö“ Aus Anlaß der Jahrhundertfeier der Universität hat die Bibliothek eine Reihe namhafter Geschenke erhalten; von ihnen sei die Stiftung der Firma B. G. Teubner in Leipzig genannt, bestehend in einem großen Teil ihres wert⸗ vollen Verlages, und die Ueberweisung von je 5000 ℳ seitens der Berliner Firmen Georg Reiner, Dietrich Reiner und Weidmann. Die Benutzung ist im Winterhalbjahr 1910 gegen das Vorjahr nicht unerheblich gestiegen. Das Sommerhalbjahr kann zur Ver⸗ gleichung diesmal nicht herangezogen werden, weil in ihm wegen des Umzugs die Bibliothek zeitweilig geschlossen war. Im Jahre 1910 wurden 111 292 Bestellzettel abgegeben, auf die 72 877 Bücher verabfolgt wurden. Der Lesesaal wurde an 294 Benutzungstagen von 89 673 Benutzern besucht, von denen 4535 Damen waren. Im Lesesaal 6G jetzt eine Bibliothek von 16 000 Bänden aufgestellt; die Handbibliothek umfaßt nur noch 6775 Bände. Ausgeliehen wurden am Ort an 7100 Entleiher 53 136 Werke. Die Mehrzahl der Entleiher waren an der Universität Studierende. Nach auswärts wurden ausnahmsweise 43 Werke ver⸗ liehen. Im Sprechzimmer der Universität wurden die neuesten Hefte von 105 Zeitschriften regelmäßig ausgelegt. — Von dem Auskunfts⸗ bureau der deutschen Bibliotheken wurden an die Universitäts⸗ bibliothek im Berichtsjahr 3018 Anfragen gerichtet. Die Auskunfts⸗ stelle der Bibliothek wurde an 294 Tagen 1080 mal in Anspruch genommen. Vermehrt wurde die Bibliothek um 9718 Nummern mit 22 324 bibliographischen Bänden; von ihnen entfielen 8137 Bände auf Universitätsschriften und 1424 Bände auf Schulschriften. Als Geschenke gingen ein 2913 Bände, 164 Universitätsschriften und 93 Schulschriften. Der Bestand der Bibliothek am 31. März 1911 umfaßte 237 841 Buchbinderbände, 228 924 Universitätsschriften und 42 266 Schulschriften. Für Bücher⸗ ankäufe wurden rund 40 740, für Einbände 13 136 ℳ, zusammen rund 53 877 ℳ ausgegeben. Diesen Ausgaben standen an Einnahmen der etatsmäßige Anschaffungsfonds von 29 000 ℳ und Bibliotheks⸗ gebühren von 28 892 ℳ gegenüber; zu diesen Summen kamen noch kleine Beträge aus dem Lesezirkel, Zinsen u. a. m. — Die Arbeiten an den systematischen Katalogen wurden fortgesetzt.
Wohlfahrtspflege. G
Dem Schutzmanns⸗Erholungsheim E. V. zu Berlin sind bisher insgesamt Spenden im Betrage ven rund 170 000 ℳ überwiesen worden.
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1X*“ Forstwirtschaft. Saatenstand im Königreich Bayern um die Mitte des Monats Mai 1911.
Einer Meldung von „W. T. B.“ zufolge berichtet das König⸗ liche Statistische Landesamt zu München: und Spet⸗ zeigen eine Besserung, Winterroggen hat sich nur teilweise erholt; die Sommersaaten, besonders Gerste, sind gut aufgelaufen, doch macht sich Unkraut bemerkbar. Klee und Luzerne sind in der Entwicklung zurück, Wiesen schön. Der Anbau von Kartoffeln ist fast beendet. Mänuse sind immer noch sehr zahlreich. Erhebliche Umpflügungen haben bei Roggen und Klee stattgefunden. Die Durchschnittsnoten sind: Winterweizen 2,3 (gegen 2,0 im Vorjahre), Sommerweizen 2,2 (2,1), Winterspelz 2,2 (2,0), Winterroggen 2,8 (1,7), Sommerroggen 2,0 (2,1), Sommergerste 1,9 (1,9), Hafer 2,1 (2,1), Raps 2,1 (1,9), Kartoffeln 2,1 (2,2), Klee 2,4 (2,1), Luzerne 2,5 (2,1), Bewässerungs⸗ wiesen 1,8 (1,9), andere Wiesen 1,8 (2,1).
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Saatenstand in Ungarn.
Nach dem Saatenstandsbericht des ungarischen Ackerbau⸗ ministeriums vom 9. Mai ist gegen Ende des Monats April fast im ganzen Lande Regen eingetreten, der eine Höhe bis 100 mm, in ein⸗ zelnen Gegenden sogar eine solche von 130 bis 170 mm erreichte. Ausgiebige Niederschläge sind auch im kleinen Alföld, in der Gegend zwischen der Donau und Theiß, in den Komitaten Bihar und Szaboles und in den nordwestlichen Gebirgsgegenden zu verzeichnen. Nur im Nordosten, im Osten und im Sudosten wären Nieder⸗ schläge noch erwünscht. Unter dem Eindruck des milden Wetters konnten sich die Saaten seit Veröffentlichugg des letzten amtlichen Berichts gut entwickeln und überall bessern, insbesondere ist dies bei Winterweizen zu verzeichnen. Die Besserung verteilt sich jedoch ungleichmäßig; denn während in einzelnen Gegenden die Saaten ausgezeichnet stehen, wird in anderen Gegenden über verhältnismäßig schwache, schüttere, fleckige und mit Unkraut be wucherte Weizensaaten geklagt. Diese Fehler bestehen zumeist dort, wo die Frühlingsfröste und Mäuse Schaden anrichteten, weswegen ver⸗ einzelt die Wintersaaten ausgeackert und mit Frühjahrssaaten ergänzt wurden. Nichtsdestoweniger sind im Landesdurchschnitt die Schäden nicht so groß, daß die Aussichten auf eine Gutmittelernte beein⸗ trächtigt werden würden, um so weniger, weil die zurückgebliebener Weizensaaten noch immer entwicktungsfähig sind, und wenn das günstige Wetter weiter vorwärtsschreitet, sich auch um vieles verbessern können. Sehr schöne und sogar ausgezeichnet zu beurteilende Saate sind zu verzeichnen in den Komitaten Bacs⸗Bodrog, Csongrad, Csanad, Jasz⸗Nagy⸗Kun⸗Szolnok, Pest und Békés, ferner in einzelnen Teile des linksseitigen Donauufers; befriedigend stehen die Saaten jenseits der Donau und am Theiß⸗Maros⸗Eck, ungünstiger jedoch in den östlichen, insbesondere den gebirgigen Gegenden, wo wenig Regen siel. In einzelnen Gegenden ist die Weizensaat derart üppig, daß man be⸗ fürchtet, die Saaten würden sich legen.
Die Roggensaaten stehen schwächer als die Weizensaaten weil beim Eintreten der regnerischen Witterung die Saat bereits Stengel warf und sich nicht mehr gut bebuschen konnte. Die jetzige günstige Witterung besserte jedoch auch die Roggensaat. In den Alfölder Gegenden sind die Roggensaaten schön und groß und schießen bereits in den Halm, in südlichen Gegenden beginnt der Roggen bereits zu blühen. Wintergerste schießt bereits in den Halm; in einzelnen Gegenden, namentlich zwischen der Donau und der Theiß und am rechtsseitigen Donauufer, ist die Saat dicht und gut entwickelt. In den sonstigen Landes⸗ teilen jedoch ist die Wintergerste schütter und mit Unkraut bewuchert. „Die Sommergerste entwickelt sich sehr günstig und bebuscht sich tadellos. In den nördlichen Gegenden wird die Gerste erst jetzt aus⸗ gesät, zum Teil keimt sie schon und ihr Stand befriedigt die Land- wirte. Die Hafersaaten entwickeln sich infolge des ausgiebigen Regens und der milden Witterung gut. Die Saat ist üppig, kräftig und dicht, Spätsaaten keimen jedoch erst. Die Rapssaaten über⸗ winterten im Landesdurchschnitt gut, und wiewohl die Feldmäuse und Winterfröste Ausackerungen von vielen Bodenflächen verlangten, verblieben doch immerhin Rapssaaten in genügendem Maße. Die Saaten entwickeln sich nun vorteilhaft, befinden sich schon in der Blüte und versprechen gute Erträgnisse. Die Maispflanze wird noch immer angebaut. Der Frühanbau keimte gut und entwickelt sich infolge des ausgiebigen Regens und der warmen Witterung überaus günstig. Die Kar⸗ toffeln wurden bereits überall angepflanzt. Die Frühsaaten keimten gut. Gartengewächse, B ohnen und sonstige Hülsen⸗ früchte wurden ebenfalls schon gepflanzt und keimen gut. Die nasse Witterung beeinflußte allerdings die günstige Entwicklung. Hirse wird bereits angebaut. Auch Hanf und Flachs, besonders die Frühanpflanzungen, entwickeln sich gut. Tabak, Hopfen und die Zuckerrüben keimten gut und
entwickeln sich unter der Einwirkung des ausgezeichneten Wetters sehr 8
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