1911 / 123 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 26 May 1911 18:00:01 GMT) scan diff

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Qualität

Berichte von deutschen Fruchtmärkten.

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n unabgerundeten Zahlen berechnet. daß entsprechender

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daß dieses Alter schon im Koran vorkommt. Der Zufall will es nun,

chen Reichsanzeiger und Königlich Preußi

Berlin, Freitag, den 26. Mai

Deutscher Reichstag.

183. Sitzung vom 24. Mai 1911, Mittags 12 Uhr.

(Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Fortsetzung der zweiten Beratung der Entwürfe eines Gesetzes über die Ver⸗ fassung Elsaß⸗Lothringens und eines Gesetzes über die Wahlen zur zweiten Kammer des Landtags für Elsaß⸗ Lothringen.

Ueber den Anfang der Sitzung ist in der vorgestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Abg. Emmel (Soz.): Das Wahlgesetz für die Zweite Kammer stellt für uns die Hauptsache des ganzen Gesetzes dar; von seiner Gestaltung hängt auch unsere Stellung zu dem e.; ab. Das Wahlgesetz entspricht allerdings nicht ganz diesen Wünschen, es ist aber immerhin besser als die Regierungsvorlage. Wir hatten auf die Einführung des Proporzes gerechnet, der von 50 Mitgliedern des Landesausschusses für Elsaß⸗Lothringen beantragt worden war, darunter befinden sich auch elsässische Mitglieder dieses Hauses. Sie traten für das allgemeine Wahlrecht und für den Proporz ein, bevor die Verfassungsfrage in Betracht kam. Eine Wandlung trat aber ein bei dem sogenannten Delbrück⸗Diner. Es konnte bei dieser Gelegen⸗ beit die eigentliche Stimmung des elsässischen Volkes nicht zum Ausdruck kommen. Der Abg. Dr. Ricklin und seine Freunde schwenkten um, als sie für sich eine Verschlechterung ihrer Wahlaussichten be⸗ fürchteten. Es hieß, Wahlfragen seien Machtfragen, das elsässische Volk sei noch nicht reif für den Proporz. Merkwürdig: Im Jahre 1910 war es doch reif! Ist etwa das elsässische Volk in einem Jahre eine ganze Portion dümmer geworden? Die Herren waren überhaupt von vornherein keine überzeugten Anhänger des allgemeinen Wahlrechts und des Proporzes. Die Herren haben sich für eine Verkürzung des Wahlrechts im eigenen Interesse entschieden. Das Proportional⸗ und Plural⸗Wahlrecht soll das kleine Volk mundtot machen. Bei den elsässi⸗ schen Herren um Ricklin herrscht eine Doppelzüngigkeit, wie sie schlimmer nicht gedacht werden kann. (Vizepräsident Dr. Spahn bittet den Redner, sich nicht allgemein über das ganze Wahlrecht zu verbreiten.) Es stehen doch die §§ 1 bis 4 zur Debatte. Der Abg. Wetterlé dachte sich die Zusammensetzung des Landtags so, daß ¼ des Landtags aus sogenannten Seßhaften, den Beamten, ½ aus Gewerbetreibenden bestehen, und nur das letzte Drittel aus den Wahlen hervorgehen sollte. (Widerspruch und Zuruf des Abg. Wetterlé; Vizepräsident Dr. Spahn ersucht den Abg. Wetterlé, den Redner nicht zu unterbrechen.) Die Herren wollen ihre Position im Landesausschuß nicht verlieren und treten für weitergehende Forderungen nur zum Schein ein. Die Regierung kannte dies Doppelspiel sehr wohl, sie wußte, daß Herr v. Köller mit ihnen hinter den Kulissen verhandelte. Die Regierung müßte aber einsehen, daß es unmöglich wäre, mit jenen Herren eine moderne, vernünftige Politik zu machen, daß die Steuer⸗ drückerei der reichen Leute nicht weiter gehen könne. Sie sah ein, daß sie ein anderes Parlament haben müsse. Das Wahlgesetz gefällt natürlich dem Abg. Ricklin und Genossen nicht. Sie wollen z. B. der Stadt Colmar mit 48 000 Einwohnern nur einen Abgeordneten und der Landbevölkerung mit 47 000 zwei gewähren. Da sieht man, daß die Herren solche Anträge nur in ihrem eigenen politischen Interesse stellen. Dann wollen sie die Listen⸗ wahl einführen, die das gerade Gegenteil des Proporzes ist. Man will dann ein Ueberwiegen der rückständigen Be⸗ völkerung herbeiführen und nationalistische Zwecke verfolgen. Durch die Listenwahl wird der Zustand geschaffen, daß weite Kreise des Landes ohne Vertretung sind. Zu § 2 beantragen wir zunächst des Frauenwahlrecht. Dieses sollte man überall dort, wo man neue Wahlgesetze macht, einführen. Von den 988 000 Erwerbstätigen heiderlei Geschlechts von Elsaß⸗Lothringen sind 325 000 weiblich. Diese sind politisch genau so interessiert wie die Männer: dazu kommen noch diejenigen Frauen, die ihren Haushalt besorgen. Die weiter von uns beantragte Herabsetzung des Wahlalters vom 25. auf das 20. Lebensjahr bedarf ebenfalls keiner langen Begründung. Was die Bestimmung des Landeswohnsitzes betrifft, so geben wir wohl zu, daß er statt des Staatsbürgerrechtes hier notwendig ist. Aber wenn jemand ein Jahr im Lande ansässig ist, so genügt dies. Die Ge⸗ meindewohnsitzklausel hat gar kein Recht in dem Gesetz, das ein Landtagswahlgesetz ist und die politische Vertretung des Landes regelt. Sie ist eine schikanöse Bestimmung, die sachlich mit dem Wahlrecht gar nichts zu tun hat. Es ist selbstverständlich, daß sie den größten Anstoß bei uns erregt. Wenn Sie auf unsere Mitwirkung Gewicht legen, so nehmen Sie unsere Anträge an.

Abg. Haußmann ffortschr. Volkep.): Die Aenderungen der Kom⸗ mission im Wahlgesetz haben gestern dem Verfassungsentwurf die große und rettende Mehrheit gebracht. Die Herren von der äußersten Rechten verwerfen das Wahlgesetz, weil es zuviel Freiheiten für Elsaß⸗Lothringen bringt, die aus dem Westen, weil es zu wenige bringt. Beide Argumente heben sich gegenseitig auf und bringen für jeden politisch Denkenden in Deutschland den Beweis, daß Frei⸗ heiten für Elsaß⸗Lothringen gebracht sind mit denjenigen Kautelen, die den Saß zur Wahrheit machen: Elsaß⸗Lothringen wird von Stufe zu Stufe mehr Autonomie erhalten, je mehr es selbst an den deutschen Dingen Anteil nimmt und nehmen will. Die Parggraphen, an denen wir jetzt stehen, haben eine Reihe von Verbesserungen in der Kommission erfahren. Die Wahlkreis⸗ geometrie ist ausgeschaltet, und es sind feste Gesetze für die Wahlbezirke geschaffen. Wahltaktische Vorteile stelle ich nicht so hoch, daß sie nicht von diesem Vorteil übertroffen würden.

ie Sonntagswahl ist eingeführt, ein dem geistlichen Stande an⸗ gehöriges Kommissionsmitglied hat uns mitgeteilt, daß diese in Bayern keinerlei Störungen hervorgerufen hat. Zudem haben wir, um jede Störung des Gottesdienstes zu vermeiden, den Be⸗ ginn von 8 Uhr auf 10 Uhr Vormittags hinausgeschoben. Es sind ehr⸗ liche Wahlurnen eingeführt, und hinsichtlich der Pluralstimmen haben sie Gegengründe so überwogen, daß zuletzt kein Antrag mehr auf Beibehaltung der Pluralstimmen gestellt wurde. Mit 44 Jahren sollte jemand zwei Stimmen, mit 46 drei Stimmen haben. Wo bleibt da die innere Berechtigung? Der Vorschlag, das 40. Lebensjahr in wählen, war immerhin eine Konzession an den Gedanken des Schwaben⸗ alters. Der Abg. Gröber hat uns darauf aufmerksam gemacht,

zaß in diesem Jahre auch das Reich 40 Jahre alt ist. Die Wirkung llcher Pluralstimmen wäre mithin die gewesen, daß jeder Elsässer, ier unter deutscher Herrschaft geboren ist, nur eine Stimme, jeder unter französischer Herrschaft Geborene zwei Stimmen er⸗ balten hätte, also den doppelten Einfluß des unter deutscher derrschaft Geborenen. Das wäre allerdings ein Schwabenstreich sewesen. Das allgemeine Stimmrecht hat seine innere Kraft wieder einmal erwiesen. Gerade hier hat die konservative eite mit ihrem Widerspruch eingesetzt, eine Taktik, die

in der Folge als schwerer Fehler erweisen wird. (Der Reichs⸗ kanzler Dr. von Bethmann Hollweg erscheint am Bundesratstische.) enn gerade hierfür hat sich eine große Mehrheit zusammen⸗ sefunden. Die Konservativen haben die Regierung förmlich auf die inke Seite herübergejagt; sie stellten sie vor die Alternative, as Gesetz entweder scheitern zu lassen, oder es in einer Cesettah

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ein. Wer von den Konservativen dafür gestimmt hat, hat es aus Motiven getan, die man nicht von der Tribüne öffentlich kundgibt, nämlich in der stillen Hoffnung, der Regierung das Gesetz dadurch zu verekeln. Der plötzliche Schluß des Landes⸗ ausschusses durch den Träger der Gewalt, der die Kaiserliche Standarte führt, ist nur der Ausdruck der unerträglichen Ver⸗ hältnisse in Elsaß⸗Lothringen. Was sollte denn nach Ansicht der Konservativen dort nun geschehen? Das verbreitetste Blatt der Konservativen, der „Reichsbote“, gibt Aufschluß über die Haltung der Konservativen. Am Schluß heißt es: Im deutschen Interesse sollten daher die Regierungskreise alle Reformexperimente bis zu dem Zeitpunkt verschieben, wo einmal ein Krieg neu über Elsaß⸗ Lothringen entschieden hat. Das ist der Bankerott der konservativen Staatskunst, wenn sie Elsaß⸗Lothringen nichts anderes zu bieten weiß, als die Aufrechterhaltung der unerfreulichen und unerquicklichen Zustände bis nach einem neuen Kriege. Ich habe selten ein unsinnigeres Programm aus kon⸗ servativem Munde gehört. Die Herren erklären, sich um die Kaiserliche Standarte zu scharen. Welches Argument! Der Träger der Kaiserlichen Standarte in Straßburg hat noch in der vorigen Woche den Elsässern versprochen, daß das Gesetz zustande kommen wird; er kann dieses Wort ohne die große Mehrheit des Reichstages von gestern nicht einlösen, und das Scheitern der Vorlage würde ein deutsches Fiasko vor Europa gewesen sein und Preußen als führender deutscher Staat wäre an erster Stelle darin verwickelt worden. Die Mehrheit von gestern war vielleicht eine Perspektive auf den künftigen Reichstag. Der Reichskanzler hat gestern selbst die Parole ausgegeben: Nicht Stillstand, sondern Vor⸗ wärtsschreiten! Und diese Parole wird für die ganze zukünftige Ent⸗ wicklung ein Segen sein.

Abg. von Oertzen (Rp.): Wir legen Protest ein gegen die Unter⸗ stellung, als ob auch wir gemäßigten Konservativen der Meinung wären, daß ein Krieg das Reichsland an Deutschland mehr angliedern würde. Auf die Proporzfrage gehe ich nicht ein, denn sie steht hier gar nicht zur Erörterung. Uns ist es nur unter Zurückstellung erheb⸗ licher Bedenken möglich gewesen, für die Vorlage zu stimmen. Wir halten die Einführung des allgemeinen Wahlrechts in den Einzelstaaten für sehr falsch; anders liegt es im Deutschen Reich, wo jeder mit taten muß, also auch mit raten soll. In den einzelnen Staaten hat nicht jeder persönliche Leistungen an den Staat abzu führen, da muß, wer direkte Steuern leistet, auch ein entsprechendes Wahlrecht haben. (Zwischenruf links; Vizepräsident Spahn ersucht den Redner, sich auf Zwischenrufe nicht einzulassen. Stürmische Zurufe von ver⸗ schiedenen Seiten.) Wir nehmen die Kommissionsvorschläge für das Reichsland an, aber ohne damit eine Präzedenz für unsere Stellung zu den Wahlrechten in den einzelnen Staaten zu schaffen. Den § 1 der Kommission halte ich für viel besser als die Vorlage, denn wir haben die Wahlkreise in Angliederung an die Verwaltungsbezirke gesetzlich festgelegt. Ich kann mich dem Antrage Ricklin nicht anschließen, mich auch nicht für das Listenwahlsystem aussprechen. Die Anträge Albrecht wollen auch das Wahlrecht für das weibliche Geschlecht; wir werden dagegen stimmen. Ebenso werden wir die Herabsetzung des Wahlalters auf 20 Jahre ablehnen; wer wählt, muß eine gewisse Reife haben. Wer über das Wohl und Wehe Elsaß⸗ Lothringens mitbeschließen soll, muß auch die Verhältnisse kennen, daher sind wir für den dreijährigen Wohnsitz. Die Härte, die in der Bedingung des einjährigen Wohnsitzes in der Gemeinde liegen soll, wird stark überschätzt. Wir stimmen durchweg für die Kom⸗ missionsfassung.

Abg. Beck⸗Heidelberg (nl.): Das Wahlgesetz wird eine brauch⸗ bare Grundlage bieten; wenn auch nicht alles nach unserem Wunsche darin gestaltet ist. Wir haben jedes Entgegenkommen bewiesen, das uns möglich war, um den Wünschen der Elsaß⸗Lothringer zu entsprechen. Daß die Wahlberechtigung aller Reichsangehörigen als Schikane gegen die Elsaß⸗Lothringer aufgefaßt werden kann, glauben wir nicht. Wir haben weiter verzichtet auf das Pluralstimmrecht, wie es die Vorlage vorschlug. Dies Wahlrecht ist an sich gewiß erwägenswert, aber die Abstufung nach dem Alter könnte die gewünschte Wirkung kaum ausüben, sie wäre vorwiegend denjenigen zu gute gekommen, die französische Anschauungen haben. Wenn wir auf die Ver⸗

ältniswahl verzichtet haben, so geschah es, weil die Durchführung

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3 Syftems nicht durchzusetzen war. Schikanös aber würde gerade

enwahl wirken, wie sie jetzt vorgeschlagen wird. Das Frauen⸗ ür Elsaß⸗Lothringen wäre ein Experiment, das gerade hier gt ist. Wir werden gegen diesen Antrag stimmen. Ich dem Wahlgesetz so zuzustimmen, wie es die Kommission vorgeschlagen hat. Es wird Elsaß⸗Lothringen und dem Interesse des Reichs förderlich sein.

Abg. Hauß (Els., Zentr.): Sollte unser Antrag fallen, so würden wir trotzdem für das Wahlgesetz stimmen, wenn eine Gesamt abstimmung stattfindet; denn die Wahlrechtsvorlage bietet gegenüber dem heutigen Zustande erbebliche Vorzüge. Der Abg. Emmel hat behauptet, ich hätte einen Antrag unterschrieben, wonach der Kaiser die Landesherrschaft in Elsaß⸗Lothringen üben solle. Das ist ebenso falsch wie die Behauptung, daß ich gegen das Prinzip des Pro⸗ porzes Stellung genommen habe. Ich erwarte auch den Beweis dafür, daß irgend jemand von meinen Freunden sich gegen das all⸗ gemeine Wahlrecht ausgesprochen hat. Ich erkläre auch das für eine Unwahrheit. Wann bat die sozialdemokratische Partei hier im Reichstage den Proporz beantragt? Das ist niemals geschehen. Trotzdem hat die Sozialdemokratie die Kühnheit, zu behaupten, sie allein habe den Proporz vorgeschlagen.

Damit schließt die Diskussion.

Nach persönlichen Bemerkungen der Abgg. Wetterlé (Els.) und Emmel (Soz.) wird zur Abstimmung geschritten. Sämtliche Abänderungsanträge werden abgelehnt.

Ueber § 3 der Kommissionsvorschläge (jeder Wahl⸗ berechtigte hat eine Stimme) wird auf Antrag Müller⸗ Meiningen (fortschr. Volksp.) namentlich abgestimmt. § 3 wird in dieser Fassung, die das von der Regierung vor⸗ geschlagene Pluralwahlrecht beseitigt, mit 262 gegen 47 Stimmen angenommen.

Der Rest des Wahlgesetzes, in welches die Kommission auch die Bestimmung eingesetzt hat, daß der Wahltag ein Sonntag sein muß, wird ohne weitere Debatte nach den Kom⸗ missionsbeschlüssen angenommen. b

Es folgen Rechnungsvorlagen.

In dritter Beratung werden durchweg nach den Beschlüssen zweiter Lesung erledigt die Uebersicht der Reichsausgaben und Einnahmen für 1907, die allgemeinen Rechnungen für 1905 und 1900, die Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben der Schutzgebiete für 1906 und des Schutzgebiets Kiautschou für 1907 und 1908 und die Rechnungen über den Haushalt der Schutzgebiete für 1901, 1902 und 1903.

Hierauf tritt das Haus in die erste Lesung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die vorläufige Regelung der beziehungen mit Japan ein. Der bestehende Vertrag tri mit dem Ablauf des 16. Juli außer Kraft. Die

den Wünschen der Mehrheit anzunehmen. Es zeigt si neuem: Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hin⸗

Kraft zu setzen.

Staatsminister Dr. Delbrück:

Meine Herren! Dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf ist ein kurze schriftliche Begründung beigegeben. Ich habe dieser Begrün dung nichts hinzuzufügen, möchte wenigstens mit Rücksicht auf di

der Lage sein werden, weitere Aufschlüsse über den Stand der Ver handlungen zu geben. Ich beschränke mich auf diese npaar Worte. (Bravo!) 8 Abg. Dr. Roesicke (dkons.): Es ist bedauerlich, daß diese Vorlag dem Reichstage in einem Moment vorgelegt wird, in der e überlastet ist und kaum Zeit hat, sie gründlich und sachgemäß zu prüfen. Es ist etwas ganz Ungewöhnliches daß diese Art vo

sehr schwer fallen, Zugeständnisse zu erreichen, wenn er das Recht hat auf eigene Hand einen Handelsvertrag abzuschließen, denn darau kommt es hinaus. tage vorzulegen, aber er könnte erst Ende 1912 wieder außer Kraf

Lage ist.

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schwedischen Handelsvertrag berät.

Staatsminister Dr. Delbrück: Meine Herren! Der Herr Abg. Dr. Roesicke hat eine Reihe von

darauf zu antworten. Bei dieser Gelegenheit werden wir auch in der Lage sein, zu begründen, warum die Vorlage so aussieht, wie sie aussieht, und warum wir die Frage ist eingehend erwogen nicht die Form gewählt haben, die Herr Dr. Roesicke glaubt vorz'ehen zu sollen.

Abg. Speck (Zentr.): Dem Antrag auf Ueberweisung an die 23. Kommission schließen wir uns an. Auch uns scheint die Voll⸗ macht, die dem Bundesrat gegeben werden soll, außerordentlich weit⸗ gehend zu sein, und auch im Kreise meiner politischen Freunde be⸗ stehen Bedenken, sie ohne weiteres zu erteilen. Wir behalten uns vor, in der Kommission einen Antrag auf Einfügung einer ein⸗ schränkenden Bestimmung zu stellen, die der Resolution des Reichs⸗ tags vom 26. Mai 1906 Rechnung trägt. Nach dieser sollte der Reichskanzler bei neuen Handelsverträgen nicht unter die anderen Staaten bereits gewährten Konzessionen heruntergehen. Dieser Wunsch scheint uns hier um so mehr begründet, als leider Schweden bereits weitergehende Konzessionen eingeräumt sind.

Abg. Kämpf (fortschr. Volksp.): Der Kommissionsberatung stimmen wir zu. Die erwähnte Resolution hat keine generelle Bedeutung. Es handelt sich um Notwendigkeiten angesichts des Systems, daß jeder Staat sich einen neuen hohen Zolltarif macht, von dem, wenn überhaupt etwas erreicht werden soll, abgehandelt werden muß. Des⸗ halb kann man sehr wohl einmal unter die anderen Staaten be⸗ willigten Sätze heruntergehen. Nach meinen Erfahrungen haben unsere Unterhändler in vorzüglicher Weise ihrer Pflicht obgelegen. (Widerspruch.) Wenn Sie den Verhandlungen im Wirtschaftlichen Ausschuß beigewohnt hätten, würden Sie mit mir darin überein⸗ stimmen, daß wohl selten eine so große Sachkenntnis bei den Unter⸗ händlern und Vertretern der verbündeten Regierungen bestanden hat, wie gerade bei dem Handelsvertrag mit Schweden, und auch hier mit Japan. Unsere Unterhändler befinden sich aber einer Mauer gegen⸗ über, gegen die sie mit ihrem Kopf nicht anrennen können, und für die ihr Kopf zu schade wäre. Die Sachtenntnis geht so weit, daß sie häufig diejenige der Sachverständigen übertroffen hat.

Es folgt die erste Beratung des am 13. November 1909 in Bern unterzeichneten Niederlassungsvertrages zwischen dem Deutschen Reiche und der Schweize⸗ rischen Eidgenossenschaft und des am 31. Oktober 1910 in Bern unterzeichneten Vertrages zwischen dem Deutschen Reiche und der Schweizerischen Eidgenossenschaft, betreffend Regelung von Rechtsverhältnissen der beiderseitigen Staatsangehörigen im Gebiete des anderen vertragschließenden Teiles.

Abg. Dr. Müller⸗Meiningen (fortschr. Volksp.) bedauert, daß die beiden vertragschließenden Nationen sich nicht in weiterem Umfange vom Polizeigeiste befreit haben. Wäre es nicht möglich, die Polizei⸗ verordnung, deren Uebertretung über das Recht auf Niederlassung entscheiden soll, in einer entsprechenden Abmachung zu bestimmen? Es ist doch grausam, daß dieses Recht soll abhängig gematt werden können von der Uebertretung irgend einer Straßenpolizeiverordnung oder einer ähnlichen Lappalie. Es ist weiter von „Gründen der inneren und äußeren Sicherheit des Staates“ für die Versagung der Aufenthaltserlaubnis die Rede; läßt sich nicht auch hier eine Sonderabmachung schaffen, um diese Kautschukbestimmungen zu beseitigen? Wozu ist denn ein Vertrag überhaupt notwendig, wenn solche Bestimmungen in Kraft treten sollen? Der Wegfall des Leumundszeugnisses bedeutet ja anderseits einen Fortschritt. Wir können nur wünschen, daß auch auf postalischem Gebi te die inter nationale Annäherung zwischen der Schweiz und Deutschland möglichst beschleunigt werde.

Die Vorlage wird an die 23. Kommission für den schwedischen Handelsvertrag überwiesen.

Abg. Stadthagen (Soz.): Einige Bestimmungen des vor⸗ gelegten Vertrages verstoßen nach meiner Meinung gegen das Inter⸗ esse der Deutschen wie der Schweizer. Zum Artikel 2 soll eine Unter⸗ sagung des Aufenthals auch erfolgen tönnen „aus sonstigen polizei⸗ lichen Güünden“. Irgendeine Begründung ist dafür nicht gegeben. Es werden ferner Bestimmungen außer Kaft gesetzt, die in dem be⸗ stehenden Niederlassungsvertrage enthalten sind; womit eine Ver⸗ schlechterung des besteh nden Zustandes gegeben ist. Im Jahre 1909 hat der Reichstag den Reichskanzler ersucht, auf Aufhebung derjenigen Bestimmungen hinzuwirken, die ausländischen Arbeitern die

schwebenden Verhandlungen über den Abschluß eines neuen

Beschaffung von Legitimationskarten gegen Entgelt auferlegt;

tic zu erhalten, so ist seine Situation natürlich viel günstiger, als wenn er um jede Position des Konventionaltarifes kämpfen muß. Ich beantrage Ueberweisung an die Kommission, die den

Vertrags haben bisher zu einem Ergebnis nicht geführt. Um einen vertragslosen Zustand zu vermeiden, soll der Bundesrat ermächtigt werden, für den Fall des Zustandekommens eines neuen Handels⸗ und Schiffahrtsvertrags diesen vorläufig in

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Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern,

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Lage der Sache hier im Plenum nichts hinzufügen. Ich hoffe, daß es möglich sein wird, trotz der kurzen Ihnen noch zur Verfügung stehenden Zeit die Sache einer Kommission zu überweisen, wo wir in

Vollmacht dem Bundesrat eingeräumt werden soll. Ohne Kautelen könnten wir der Vorlage nicht zustimmen. Es wird dem Bundesrat

Allerdings ist der Vertrag nachher dem Reichs⸗ treten, und schon die jetzigen Erfahrungen zeigen, daß der Reichstag

hinsichtlich der Genehmigung von Handelsverträgen in einer üblen Ich hoffe, daß die deutschen Unterhändler bei diesen Ver⸗

handlungen nicht von vornherein den großen Fehler gemacht haben, dem Gegner sofort die Meistbegünstigung entgegenzubringen; wenn ein Gegner weiß daß er ohne weiteres damit rechnen kann, den Kon⸗

Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern,

Fragen an die verbündeten Regierungen gerichtet, von denen er selbst annimmt, daß ich erst in der Kommission in der Lage bin,

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