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dabei, daß Elsaß⸗Lothringen seit der französischen R
freiheitliche Entwicklung genommen hat. Die
Kammer ist ein fremdes Gebilde, welches entbehrt und
zu stande käme. Wir wollen die Verantwortung für ein Scheitern
des Gesetzes nicht tragen. Wir hoffen, mit diesem Gesetz die äußere Zugehörigkeit Elsaß⸗Lothringens auch zu einer inneren zu gestalten.
Abg. Schultz (Rp.): Ich spreche im Namen derjenigen meiner Freunde, die für die Vorlage nicht stimmen werden. Zu den Gründen dieser Ablehnung gehört die Gewährung der Bundesratsstimmen. Es liegt darin eine tiefe Verletzung vieler preußischer Staatsbürger, eine Abbröckelung der Vormachtsstellung des führenden Stagates. Wiederholt ist die Kaiserliche Macht im heeiligen römischen Reiche abgebröckelt worden; wir befürchten, daß das auch in Zukunft der Fall bei uns sein wird. Bezüglich des Wahlrechts haben wir ebenfalls Besorgnisse. Man sagt mir, die Elsässer hätten schon ein solches Wahl⸗ recht. Das ist aber nicht der Fall, wie der Abg. Bebel bei der Debatte über den Diktaturparagraphen ausdrücklich hier hervorgehoben hat. Der Reichskanzler hat sich auch mit Unrecht auf den Fürsten Bismarck berufen. Wie wird die Konzession auf Elsaß⸗Lothringen einwirken? Da muß man sich der Zeit nach der Aufhebung des Diktatur⸗ paragraphen erinnern. Fürst Bülow sprach damals die Hoffnung aus, daß sie versöhnend wirken würde, und daß der Landesausschuß von Elsaß⸗Lothringen in immer ruhigere Bahnen einlenken würde. Und nun haben wir ja gesehen, was darauf gefolgt ist. Wo ist der Dank geblieben? Was ist aus dem „besten Parlament der Welt“ geworden? Nach Hause mußte es geschickt werden, es kann niemand mehr mit ihm regieren! Der Ruf nach neuen Männern schallt aus dem Lande. Soll man da nicht in Sorge sein, daß man hier schwere neue Konzessionen hingibt, ohne etwas in der Hand zu behalten? Diese Verantwortung kann ich nicht tragen. Man muß zu dem Schluß kommen: Der Landes⸗ ausschuß und was da passiert ist, war nur ein Kinderspiel gegen das, was in dem späteren Parlament kommen wird, und ich sehe keinen Reichstag, der der Regierung die Mittel zur Verfügung stellt, den Zuständen, wie sie dann eintreten können, ein Ende zu machen. Es hat sich in der Kommission keine Stimme gerührt, als mein Freund von Dirksen diese Frage aufwarf. Zu unserem Bedauern können wir daher dem Gesetzentwurf unsere Zu⸗ stimmung nicht geben. Im deutschen Osten ist die Haltung der Re⸗ gierung in der elsaß⸗lothringischen Frage ein Barometer für die Haltung, die die Regierung in allen übrigen politischen und nationalen Fragen einnimmt. Sie mag einen Standpunkt einnehmen, welchen sie will, aber sie soll doch einen festen, unverrückbaren Stand⸗ punkt einnehmen. Einem amovibelen Statthalter kann man doch die Befugnis nicht geben, die elsässischen Bundesratsstimmen selbständig zu instruieren, eventuell gegen den König von Preußen. Gewisse Dinge sollten politisch unmöglich sein. Die Grenze ist nach dieser Richtung überschritten. Das Vertrauen auf das „Unannehmbar“ der Regierung ist in der letzten Zeit in weiten Kreisen des Volkes tat⸗ sächlich erschüttert worden.
Abg. Graf Mielzynski (Pole): Wenn wir heute die Sozial⸗ demokraten für die Vorlage und für den Sptachenparagraphen stimmen sehen, so ist das wirklich verdächtig; ebenso erscheint mir ver⸗ dächtig die Zustimmung der Freisinnigen, kurz, es ist mir hier so ziemlich alles verdächtig. Wir unsererseits haben uns die größte Mühe gegeben, den Wünschen der Elsaß⸗Lothringer entgegenzukommen, gegen seinen Willen kann man freilich niemand glücklich machen. Mit den Vertretern von Elsaß⸗Lothringen haben wir gewünscht, eine Autonomie zu stande zu bringen, die nicht beschränkt wird durch Kautelen und durch wahlgesetzliche Be stimmungen, die die Autonomie wieder illusorisch machen. Wir mußten aufs bestimmteste protestieren gegen den Sprachen⸗ paragraphen, der ist eine Prinzipienfrage; die Muttersprache darf durch keine Kautelen eingeschränkt werden. Steht die Bestimmung in dem Reichsgesetz, so kann dies durch Landesgesetz nicht mehr ge⸗ ändert werden. Schon aus diesem Grunde können wir nicht für die Gesetze stimmen. Möge die neue Verfassung keine Unruhe im Lande stiften, möge sie nicht die Unzufriedenheit weiter schüren.
Abg. Dr. Höffel (Rp.): Die große Mehrzahl meiner engeren Fraktionsgenossen kann nur der Freude Ausdruck geben, daß der Fort⸗ schritt, der in den gegenwärtigen Vorlagen liegt, endlich gemacht werden kann. Den schweren Bedenken, die gegen die Bundesrats⸗ stimmen vorgetragen worden sind, können wir absolut nicht Folge geben. Ebensowenig können wir einräumen, daß das Wahlgesetz eine Gefahr für das Land bedeutet. Es wird uns Partikularismus vor⸗ geworfen. Aber ein gewisser Partikularismus ist berechtigt, und er besteht in allen deutschen Landen, in Preußen, Bavyern, Sachsen, Baden und auch in Elsaß⸗Lothringen. Die Voraussetzung für die Berechtigung ist allerdings, daß dieser Partikularismus getränkt ist von dem Gedanken der gemeinsamen Zugehörigkeit zum Deutschen Reiche. Die Vorlage wird — davon bin ich fest überzeugt — wirt⸗ schaftlich und politisch zu einer weiteren Verschmelzung Elsaß⸗ Lothringens mit dem Reiche führen. Wir werden bald in unserem engeren Vaterlande eine großere Zufriedenheit feststellen können, denn ein großer Teil der Forderungen, die seit 20 Jahren erhoben und von Fabr zu Jahr hier im Reichstage geltend gemacht sind, hat seine Erfüllung gefunden. Wir dürfen auch nicht vergessen, daß alle der⸗ artigen Reformen nur allmählich gelingen. Wir nehmen in Elsaß⸗ Lothringen das jetzt Gebotene an und werden das weitere Ziel der völligen Selbständigkeit im Auge behalten. 3
Abg. Dr. Ricklin (Els.): Die Stellung meiner Freunde ist bereits hinreichend zum Ausdruck gekommen. Wir stehen nach wie vor der Verfassungsvorlage, wie sie nun gestaltet ist, ablehnend gegenüber. Ein Teil meiner Freunde sieht darin sogar ein Hemmnis für die Erreichung der vollen Autonomie. Sie können das Gefühl, als Staatsbürger zweiter Klasse behandelt zu werden, auch jetzt nicht los werden. Ich habe auf einen Antrag verzichtet, kann aber nicht auf eine Darlegung verzichten, welchen großen Fehler Sie begangen haben, und welche Folgen das haben wird, damit Sie nicht die Verantwortung von sich abwälzen können mit der Behauptung, daß wir Sie darauf nicht aufmerksam gemacht hätten. (Der Redner verbreitet sich darauf unter großer Unruhe des Hauses über die Tätigkeit des Landesausschusses.) In keinem deutschen Parlamente säßen so viele Mitglieder, die kaiserliche Orden trügen zum Zeichen ihrer Verdienste um das Land. Es werde sich zeigen, wie die Be⸗ völkerung zu denjenigen stände, die so schnode nach Hause geschickt seien. Es falle ihm nicht ein, alles zu verteidigen, was sich im Landes⸗ ausschuß ereignet habe, aber auch hier gelte der Satz: Tout com- prendre ciest tout pardonner. (Vizepräsident Dr. Spahn ersucht den Redner zu wiederholten Malen, nicht allzusehr auf die Tätigkeit des Landesausschusses einzugehen und Vorwürfe zurückzuweisen, die von den Vorrednern gar nicht erhoben seien. Der Redner wird wieder⸗ holt durch Zurufe von der Linken unterbrochen.) Er könne nur sagen, daß der Reichstag nicht berufen sei, dem Landesausschuß Vorhaltungen zu machen. Durch die Gestaltung des Wahlrechts solle dem elsaß⸗ lothringischen Parlament eine Zusammensetzung gegeben werden, die der Unabbängigkeit ein Ende mache. Er begruße das, denn ein Parlament ohne politische Fraktionen sei einflußlos. 8
Abg. Preiß (Els.): Nachdem die Vorlage in der Fassung der Kommission unverändert angenommen worden ist, ist es nicht lohnend, sich auf weitere Details einzulassen. Wir lehnen die Vorlage ab. Wir befinden uns dabei in Uebereinstimmung mit dem viel be⸗ sprochenen Landesausschuß und dem klaren Willen der überwiegenden Mehrbeit des elsaß⸗lothringischen Volkes. Was will sie? Sie er⸗ hebt den Anspruch auf unbedingte und vollständige Gleichstellung und Gleichberechtigung mit den übrigen Bundesstaaten. Das Reich schuldet
uns die Erbebung zum Bundesstaat, eine unabhängige Landesregierung
und Landesgesetzgebung. Das ist eine Forderung einfacher Gerechtig⸗
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keit. Satt der Gleichberechtigung legt man uns eine Verfassung auf,
die statt der Autonomie dem Reichslande im Deutschen Reiche eine
untergeordnete Ausnahmestellung dietet. Weder Regierung noch
Volksvertretung ist vollkommen unabhängig gestellt. Man vergißt
1d dlage . li Ein Fortschritt liegt nar im veiecz Kammer. Der Fortschritt wird aber illuson
emacht durch die Konstruktion der im wesentlichen gleichberechtigten ersten Kammer. Die Beruhigung der Gemüter wird durch die Vorlage nicht eintreten, sondern es werden die politischen Leiden⸗ schaften erst recht entfesselt werden. Den Schaden davon werden die gemäßigten und friedfertigen Elemente des Landes haben. Endlich wird die moralische Eroberung des Landes, die Assimilation des Landes mit dem Reich, nahezu unmöglich gemacht. Es handelt sich hier um eine Machtfrage. Das Deutsche Reich hat die Macht, uns eine Verfassung auch gegen unseren Willen aufzuzwingen. Wenn wir nach Hause zurückkehren, so wird man uns sagen: Ihr habt 8 was zu tun war. Aber es gilt auch hier: Macht geht vor Recht! Abg. Vonderscheer (Zentr.): Ich werde für die Vorlage stimmen, da sie im Durchschnitt einen wesentlichen Fortschritt im Staats⸗ leben Elsaß⸗Lothringens bedeutet, und da sie das Ziel weit über⸗ ragt, das die früheren elsaß⸗lothringischen Verfassungs⸗ vorschläge sich gesteckt haben. Ich halte den von der Mehrheit des Zentrums betretenen Weg für den richtigen, und ich kann mich davon durch Reden, wie wir sie eben gehört haben, nicht abbringen lassen. Die Zukunft Elsaß⸗Lothringens wird über diese Bedenken zur Tages⸗ ordnung übergehen. Wenn einzelne meiner Kollegen ge⸗ meint haben, sie müßten dem Zentrum wegen seiner Haltung zu diesem Entwurf grollen oder sich von ihm abwenden, so erkläre ich, daß ich mich dadurch nicht abbringen lasse, unentwegt unter der Fahne der Zentrumsfraktion zu stehen.
Abg. Grégoire (Els., b. k. F.): Die elsaß⸗lothringischen Interessen liegen mir gerade so am Herzen wie nur irgendeinem Elsässer, und doch stehe ich auf einem ganz anderen Standpunkt als der Abg. Preiß und seine Freunde. Ich gehöre nicht zu jenen Elsaß⸗Lothringern, die dem klerikalen Nationalis⸗ mus Gefolgschaft geleistet haben durch dick und dünn, nicht zu denen, die die Vorlage um jeden Preis zum Scheitern bringen wollten. Die Bevölkerung wünscht sehnlichst eine Verbesserung des bestehenden politischen Zustandes; wir könnten also nicht dieser Verbesserung systematisch entgegenarbeiten. Die elsaß⸗lothringische Bevölkerung steht nicht auf der Seite der absoluten Negation. Ein richtiges Bild von der Bedeutung und Wirkung der Vorlage wird nur gewonnen, wenn man vergleicht, was Elsaß⸗Lothringen bisher hatte, was es im Landesausschuß verlangte und was jetzt die Vor⸗ lagen bringen. Es würde geradezu unverantwortlich sein, wollten wir die fundamentalen Zugeständnisse, die sie bringen, damit von der Hand weisen, daß wir jetzt nicht die volle Autonomie erhielten. (Zuruf des Abg. Wetterlé.) Der lebenslängliche Statthalter hätte auch noch lange nicht die volle Autonomie bedeutet. Lebhaft begrüße ich, daß uns das Stimmrecht im Bundesrat gewährt worden ist. Bemerkenswert ist als Konsequenz, daß die Reichslande nunmehr auch in dem Bundesratsausschuß ein Stimmrecht haben werden. Ein weiterer wesentlicher Fortschritt ist die Instruktion der Bundesrats⸗ stimmen durch den Statthalter, desgleichen die Gewährung der Landes⸗ gesetzgebung, die Ausschaltung des Bundesrats und des Reichstags als gesetzgebende⸗Faktoren für Elsaß⸗Lothringen. Alle diese Zugeständnisse sind große Verbesserungen unserer politischen Zustände, und sie gehen erheblich weiter als das, was wir selbst vor noch nicht langer Zeit im Landesausschuß verlangt haben. Zu einer Beunruhigung der Bevölkerung liegt nicht der geringste Anlaß vor, auch nicht wegen des Sprachenparagraphen, der freilich auch nach meiner Meinung nicht in das Gesetz hineingehört, von dessen Annahme aber schließlich das Schicksal der Vorlagen abhängig zu sein schien. Es ist geradezu ein Verbrechen, diese Vorlagen als eine Verschlechterung des be⸗ stehenden Zustandes zu bezeichnen, wenn sie auch kein Ideal darstellen.
Damit schließt die Generaldiskussion. In der Spezial⸗ diskussion über das Verfassungsgesetz erhebt sich eine Debatte
nicht.
Abg. Winckler (dkons.) zieht seinen Antrag auf namentliche Abstimmung über dieses Gesetz zurück, nachdem er mitgeteilt hat, daß die Deutschkonservativen Abgg. Hufnagel, Niederlöhner und Rupp zwar mit den übrigen Mitgliedern der Fraktion gegen das Ver⸗ fassungsgesetz, aber für das Wahlgesetz stimmen wollen; diese 3 Mit⸗ glieder würden bei der von anderer Seite beantragten namentlichen Gesamtabstimmung über beide Gesetze nunmehr den Mittelweg gehen und blaue Zettel abgeben, also sich der Abstimmung enthalten.
Auch über das Wahlgesetz entsteht keine Spezialdebatte mehr. In namentlicher Abstimmung werden die beiden elsaß⸗lothringischen Verfassungsvorlagen mit 211 gegen 93 Stimmen endgültig genehmigt; 7 Mitglieder enthalten sich der Abstimmung.
Das Haus geht über zur dritten Beratung des Entwurfs einer Reichsversicherungsordnung. 3
Von den Sozialdemokraten und der fortschritt lichen Volkspartei ist eine Reihe der in zweiter Lesung ab gelehnten Anträge wieder eingebracht worden. Von dem Abg. Noske liegt wiederum der Antrag vor, die Festlegung des Maßstabes für die Umlegung der Beiträge bei den landwirt⸗ schaftlichen Berufsgenossenschaften aus der Satzung und aus dem Gesetz entfernen. Außerdem liegt eine Anzahl Anträge von den Kompromißparteien (Schultz und Genossen) vor.
Abg. Trimborn (Zentr.): Bei dem umfangreichen Werke der Reichs⸗ versicherungsordnung handelt es sich um eine Fülle von Einzelheiten. Deswegen wird meine Darlegung eine äußerst nüchterne sein, für die nur der genaue Kenner des Gesetzes volles Interesse haben wird. Das Haus hat aber bei der zweiten Lesung so viel Nachsicht geübt, daß ich jetzt auch darum bitten darf. Im Interesse des Zustande⸗ kommens des Gesetzes werde ich mich bei Einzelheiten nicht lange aufhalten. Diese Rücksicht hat auch meine und eine Reihe anderer Fraktionen veranlaßt, sich bei der zweiten Lesnng große Beschränkung im Reden aufzuerlegen, die uns bei den unberechtigten Angriffen und Vorwürfen nicht leicht geworden ist. Aber wenn außer der Sozialdemokratie auch die anderen Parteien im gleichen Verhältnis ihrer Zahl so ausgiebig von der Redefreiheit Gebrauch gemacht hätten und noch Gegenreden erfolgt wären, so wäre jede Aussicht auf das Zustandekommen des Gesetzes geschwunden. Im übrigen wollen wir uns keine Illusionen darüber machen: der Kampf der Parteien um die R.⸗V.⸗O. wird fortdauern und wird schließlich ausgefochten werden bei den Wahlen. Dann aber werden wir unseren vollen Mann stehen. Der Hauptwert der R.⸗V.⸗O. liegt in der Aus⸗ dehnung der Krankenversicherung und in der Errichtung der Hinter⸗ bliebenenversicherung, die sich auf 15 Millionen Personen erstreckt und eine Mehrbelastung herbeiführt um 66 Millionen, wobei der Reichszuschuß auf 27,4 Millionen berechnet ist. Diese Summen stellen noch nicht den Beharrungszustand dar. Neben der außer⸗ ordentlichen Erweiterung des Kreises der versicherungspflichtigen Personen steht der harmonische Aufbau der gesamten Organi⸗ sation. Die paritätische Verteilung der Rechte und Pflichten auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist durchgeführt. Ei größere Obiektivität, Sachkunde und Stetigkeit in der Durch⸗ führung der ng ist gewährleistet. Hinsichtlich der Kosten der Versicherungsämter und der Oberversicherungsämter tritt eine Entlastung der Versicherungsträger zu Lasten des Staates ein. Es ist der neue Grundsaß aufgestellt, daß die Versicherungspflicht nicht mehr an die Beschäftigung in Betrieben bestimmter ü ist, sondern lediglich an die Beschäfti i ei
überhaupt. Dadurch ist die Einbeziehung von Pers⸗ die nach der technischen Seite fast u ich erschien. Es sind Probleme gelöst, die Jahre ge und bisher allen Lõ versuchen widerstanden haben. Für die dritte Lesung wird i i e. Naxe für die Ver⸗ dlungsgehilfen und erhaltenswerten en erhalten. Dem Zus chluß verschiedener Kassen ist 2 Bahn gelassen, auf der anderen Seite können große Kassen j bilden. Was die
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ursprünglich beabsichtigte Halbierung der Beiträge und des Stimnt.
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rechts betrifft, so bleibt nach den Beschlüssen des Reichstags den Versicherten die Mehrheit, wo es sich um Beiträge und Leistungen handelt, die Arbeitgeber bekommen aber auch die Mitentscheidung in für sie besonders wichtigen Fragen: der Wahl des Vorsitzenden Anstellung der Kassenangestellten, Aufstellung der Dienstordnung und Aenderung der Satzungen. In der Angestelltenfrage haben wir, soviel Staub sie auch aufgewirbelt hat, das Richtige getroffen Es ist nicht eine Entrechtung der Angestellten erreicht, sondern eine Neutralisierung ihrer Stellung und ihres Amts. Das trägt zur Hebung ihrer Stellung und des Vertrauens bei. Hinsichtlich der Organisation der Landkassen ist mir die Zustimmung schwer geworden. Immerhin hat die Kommission hier wesentliche Ver⸗ besserungen eingeführt, und auch auf dem Gebiete der Kassenleistungen ist eine Reihe nicht ganz unnesentlicher Fortschritte erzielt. Die Dauer der Wochenhilfe ist von sechs auf acht Wochen ver⸗ längert worden. Ueber die Regelung bei den landwirtschaftlichen Arbeitern werden wir uns wohl noch bei der Spezialdiskussion zu unterhalten haben. Die Gewährung von Stillgeldern ist ermöglicht. An Stelle des Wochengeldes kann freie Kur und Pflege in einem Wöchnerinnenheim treten. Die Streitigkeiten, die sich aus dem Uebertritt von einer Kasse in die andere ergeben, sollen möglichst ver⸗ mieden werden. Bei den knappschaftlichen Krankenkassen sind eben⸗ falls einige Verbesserungen geschaffen worden, namentlich in bezug auf das allgemeine Wahlrecht. Hinsichtlich der Regelung der Arztfrage ist es leider zu einer befriedigenden und endgültigen Regelung nicht ge kommen. Die Kommission wollte in die wirtschaftlichen Kämpf nicht regelnd eingreifen, sondern die Frage der Entwicklung über lassen. Den Weg der Vorlage hielt sie nicht für gangbar. Hoffent lich führen die ferneren Kämpfe zu der Einsicht, daß eine friedliche Verständigung sowohl im Interesse der Versicherten wie der Aerzte notwendig ist. Das ist ein schwacher Trost, aber immerhin ein Trost. Der Monopolisierung einiger weniger Apotheken ist vorgebeugt Ein Fortschritt ist es auch, daß der Versicherte die freie Wahl des Krankenhauses hat. Der Kreis der Unfallversicherten ist erweitert, namentlich in bezug auf die im Handelsgewerbe Beschäftigten. Auch zugunsten der Unternehmer sind Verbesserungen vorgesehen ohne Schädigung der Arbeiter. Kleine Unternehmer kann der Vorstand der Berufsgenossenschaft mangels besonderer Unfall⸗ gefahr für versicherungsfrei erklären. Auch die Stellung der An gestellten der Berufsgenossenschaften ist durch Ausgestaltung der Dienst ordnung eine bessere geworden. Die Aenderungen in der Invaliden⸗ versicherung sind nicht sehr groß. In der Hinterbliebenenversicherung speziell ist die Kinderzusatzrente ein erheblicher Fortschritt. Besonders wesentlich sind die Vorteile der Vorlage auf dem Gebiete des Verfahrens. Es ist eine einheitliche und übersichtliche Gestaltung für das gesamte Gebiet der Arbeiterversicherung erreicht und dem Wirrwarr auf diesem Gebiete ein Ende gemacht worden. Bei Feststellung der Entschädszungen bei der Unfallversicherung ist den Versicherten eine größere Mitwirkung gewährleistet. Namentlich bietet das Einspruchsverfahren wesentliche Vorteile. Sehr wertvoll ist auch die Entlastung des Reichsversicherungsamtes. Das endlose Warten auf dessen Entscheidungen war wirkeich eine Kalamität. Was die Mehrkoösten der Reichsversicherungsordnung auf Grund der Vorlage betrifft, so sind diese auf 126 853 000 ℳ berechnet worden. Durch die Beschlüsse der Kommission erhöht sich die Summe allein schon um 9 Millionen für die Zusatzkinderrente. Dazu treten aber noch andere Erhöhungen, die sich aus den Kommissionsbeschlüssen ergeber Die Gesamtaufwendungen auf Grund der neuen Reichsversicherun dürften sich im ganzen bis auf eine Million jährlich steigern, umsoe mehr, als die Angaben der Vorlage betreffs der bisherigen Auf wendung sich auf 1907 beziehen. Wir hätten ja gern die Kinder zuschußrente erhöht und zu den bereits vorhandenen Invalidenrenten auch diese Rente gewährt; ebenso hätten wir gern den Witwen, d seit dem 1. Januar 1910 ihren Ernahrer verloren haben, die Witwen rente gesichert; aber alles dies scheiterte an dem „Unannehmbar“ der Regierung. Ebenso bedauern wir, daß wir nicht dem An trage Kuno zustimmen können, das Einführungsgesetz so zu ändern daß die ersten Waisenrenten höher bemessen werden; aber auch hie müssen wir mit der harten Tatsache rechnen, daß daran eventuell da ganze Gesetzgebungswerk scheitert. Im Laufe der Jahre werden je auch schließlich die Hinterbliebenenrenten wachsen. Trotz dieser Meng unerfüllt gebliebener Wünsche bringt die Vorlage doch eine so groß Zahl 18 Fortschritte, daß wir ihre Ablehnung nicht verank worten zu können glauben. Mit einiger Befriedigung dürfen wi immerhin auf das Erreichte zurückblicken; möge es die Grundlage für weitere Fortschritte auf dem Gebiet der Arbeiterversicherung ser und möge es dem deutschen Volke zum Segen gereichen!
Abg. Schickert (dkons.): Der Vorredner hat dem Embryvo, dessen Vaterschaft er sich nun schon seit 8½ Jahren bekennt, das sich inzwischen zu einem wahren Monstrum entwickelt hat, und das sie nun endlich dem mütterlichen Schoße entwinden zu wollen scheim als durchaus gewandter gesetzgeberischer Geburtshelfer neot einige Wünsche auf den Lebensweg mitgegeben. Den Vätern da sozialen Gesetzgebung schwebte als Ziel vor die Sicherung de wirtschaftlich Schwachen und die Anbahnung einer Verständigu des sozialen Friedens zwischen den verschiedenen Bevölkerungsklasser In Wirklichkeit sind diejenigen, die letzterem Ziele nachstreben, durs den Gang der Dinge gründlich getäuscht worden. Die Sozial demokratie, die fruher die Versicherungesetze ablehnte, zar es durch stete Verkleinerung und Herabwürdigung unsern Sozialpolitik, durch Anregung unerfüllbarer Hoffnungen ferng gebrocht, an die Stelle der Versöhnung eine gesteigere Unzufriedenheit zu setzen. Wir unsererseits haben uns diesen Illusiemen nicht hingegeben; wir arbeiten an dem Werke des Gebäudes der Sozialpolitik mit von dem Gesichtspunkte sozialer Gerechtigkeit aus und um den wirtschaftlich Schwachen zu schützen. Es ist oft ber⸗ gewiesen worden darauf, daß die Zwangsversicherung die Simulatten, die Rentensucht fördert, und ein Geschlecht heranwachsen last. dem das Gefühl der Selbstverantwortlichkeit fehlt. Die Sezul⸗ demokratie bestreitet hartnäckig das Anwachsen der Simulation. sie verschließt sich damit durchaus den tatsächlichen Ver⸗ hältnissen. Nichts kann geeigneter sein, der Simulation Vorschus m
uindlohn.
leisten, als die Erhöhung des Krankengeldes auf den vollen Grund
Die Sozialdemokratie hält ja auch nichts vom Sparsinn, den sie in unserem modernen Leben nur noch als einen Ueberrest veralteter Anschauung bei zurückgebliebenen geistigen Krüppeln ansiedt. Von diesem Standpunkt aus sind ihre Antröge vielfach zu be⸗ urteilen; auch der, die Unfallrente auf den vollen Betrag des Arbeits⸗ verdienstes festzusetzen. Der Antrag würde, abgesehen von allen anderen Bedenken, eine große Mehrbelastung zur Folge haben. Dasselbe gilt auch von anderen sozialdemokratischen Anträgen in bezug auf die Krankenversicherung. Ihre Anträge würden in allen drei Versicherungszweigen eine ehrbelastung von 520 Millionen bei der Krankenversicherung, von etwa 90 Millionen bei der Unfal⸗ versicherung und von 1384 Millionen bei der Invalidenversicheärurg zur Folge haben, also zusammen etwa 2 Milliarden 2 Was bezweckt die Sozialdemokratie mit ihren Anträgen? odes sie die Begehrlichkeit erwecken und hintertreiben, daß die Idee 5 sozialen Friedens Fortschritte macht, oder Merksteine für 8 bvö. aufstellen, um später, wenn die eine oder andere Fe den⸗ . üllt —,* nach 20, 30 Jahren sagen zu können: Seht,
oder jenes haben wir selber seinerzeit gef Sonst pflegt man
s fñ ünf ff Projekte⸗
solche Menschen, die unerfüllbare Wünsche aufstellen, s 8 m parlamentarischen Leben
macher und Phantasten zu nennen. J Feteesocne aung
sceint es anders zu sein. Aber auch hier bricht sich die agitatoris
mehr Bahn, daß positive Arbeit desser ist al
Unentwegtheit. Ich möchte die Sozialdemokraten fragen, moocon den
denn die Mittel kommen? Der Abg. Hoch meinte, man brau
4 Milliarden Ersparnis nur eine Milliarde zu nehmen, um die Fsessh. zu decken. Das ist ein Scherz. Bei einem Niedergang der 2 do die den Unternehmer nötigt, den Betrieb einzuschränken, wird es
din nternehmer sehr schwer sein, die höheren Beiträge zu tragen⸗
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
Zweite Beilage
hen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeige
8 8 8. 8
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
e .7* EI ö8 2. 5 8 E 88 5 Den kleineren Arbeitgebern und Unternehmern wäre die An ziehung
der Beitragsschraube noch viel drückender und würde ihnen bald völlig unerträglich werden. Gegenüber der Gesamtheit der Wünsche und Anträge, mögen sie auch im einzelnen etwas für sich haben, müssen wir uns mit dem Erreichbaren bescheiden. Daß die Verhältnisse in der Landwirtschaft anders liegen als in den Fabriken, wollen die Sozialdemokraten bei ihren Zwangsvorstellungen über die Agrarier nicht gelten lassen. Früher kannte man keine Zwangsversicherung der landwirtschaftlichen Arbeiter; jetzt, wo sie eingeführt werden soll, nennt man sie eine Verschlechterung, spricht man von einer Entrechtung der Landarbeiter. In der Landkrankenkasse werden die Leistungen ungefähr dieselben sein wie bei den Ortskrankenkassen. Wir wollen gern an der Fortentwicklung unserer sozialpolitischen Gesetzgebung mitarbeiten, aber maßvoll und ohne Ueber⸗ 1. um unsere Zustände nicht geführlichen Erschütterungen aus⸗ zusetzen. — 8
8 Abg. Dr. Mugdan (fortschr. Volksp.): Nach der Unsumme von Licht, das der Abg. Trimborn auf das Gesetz hat fallen lassen wird es Ihnen vielleicht sogar angenehm sein, wenn ich den dazu gehörigen Schatten liefere. Zu viel Licht ist dem menschlichen Auge ohnehin schädlich. Wo viel Licht, da viel Schatten. Das Gesetz hat also eine solche Fülle von Vorzügen; dennoch haben beide Vorredner nicht von einer „großen“ Reform gesprochen. Schon daraus, daß der Abg. Trimborn so oft betonte, es sei ihm schwer geworden, dieser oder jener Bestimmung zuzustimmen, konnte man ersehen, daß auch viele Nachteile vorhanden sind. Bei der Krankenfürsorge ist tatsächlich der Vorteil nicht so groß, wie ihn neulich der Abg. Becker und heute der Abg. Trimborn darstellten. Sie haben vergessen, daß, wenn auch nur ein Teil der Leistungen erhöht werden soll, auch die Beiträge erhöht werden müssen, und zwar, wenn sie über 4 ½ % des Grundlohns hinausgehen, durch getrennte Ab⸗ stimmung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Ich komme da⸗ mit auf den für meine politischen Freunde unangenehmsten Punkt, nämlich auf die Ordnung der inneren Verfassung der Kassen. Ich leugne keinen Augenblick, und es wäre von mir außer⸗ ordentlich töricht, zu bestreiten, daß Mißstände in der Ver⸗ waltung der Krankenkassen sich geltend machen, und auch die Sozialdemokraten erinnern sich des Sprichwortes: wo Rauch ist, ist auch Feuer. Deswegen hat die Gesetzgebung die Berechtigung und sogar die Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß diese Mißstände ver⸗ schwinden. Es wäre aber durchaus genügend gewesen: die Bestimmung die für die Anstellung der Beamten eine Dienstordnung vorschreibt, mit genauen Festsetzungen über Gehalt, Aufrücken, Befäaͤhigung nsw. und ferner die Bestimmung, daß diese Dienstordnung sowohl die Zu⸗ stimmung der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer gefunden haben muß. Damit wäre alles geschehen, um einen politischen Mißbrauch zu ver⸗ büten. Die Reichsversicherungsordnung aber geht zu weit, sie lat tatsächlich die Verwaltung den Arbeitern genommen. Der Abg. Becker erwähnte, ein Wortführer der fortschrittlichen Volks⸗ vartei habe gesagt, die Halbierung sei ihm lieber gewesen. Ich weiß nicht, wer das gesagt haben soll, unterschreibe es aber noch heute. Bei 4 Arbeitgebern und 8 Arbeitnehmern im Vorstand genügen bei getrennter Abstimmung 2 Arbeitnehmer, um eine Bestimmung ab⸗ zulehnen. Bei 6 Arbeitgebern und 6 Arbeitnehmern aber müssen es immer 3 sein. Es ist nun einmal ein starker politischer Gegensatz zwischen beiden Gruppen vorhanden, und dieser wird in Zukunft noch verstärkt werden; der politische Kampf wird noch weiter in die Kassen hineingetragen. Es wird eine gewisse Lethargie in den Krankenkassen eintreten. Bisher hat sich doch der größte Teil der Arbeitgeber um das Kassenwesen gar nicht gekümmert. Ob es in Zukunft anders sein wird, weiß ich nicht. Aber nach der Neuregelung werden auch die Arbeitnehmer keine große Lust mehr spüren, sich an der Verwaltung der Kassen zu beteiligen, weil sie eben an der Erfüllung der von ihnen für notwendig gehaltenen Maßnahmen gehindert werden. Je mehr aber die Arbeiterschaft es lernt, politisch mitzuarbeiten, und je deutlicher sie sieht, daß auf dem Boden unserer heutigen Wirtschaftsordnung für die Arbeiter große Vorteile errungen werden können, desto schwieriger wird es den Sozialdemokraten sein, ihre Uebertreibungen, die wir auch bei der Reichsversicherungsordnung wieder gehört haben, glaubhaft zu machen. Es ist ein großer Vorteil, daß die gegenwärtige Zersplitte⸗ rung bei der Krankenversicherung durch die Einführung der Versiche⸗ rungsämter und Oberversicherungsämter aus der Welt geschafft wird. Aber auch diesem Vorteil stehen Nachteile gegenüber. Die landwirt⸗ schaftlichen Arbeitervertreter können gar nicht als Arbeitervertreter
angesprochen werden, sie werden sogenannte gelbe Vertreter
sein, die nicht gegen den Stachel zu löken wagen. Als Fortschritt der Reform wird auch gepriesen, daß die Vor⸗ sitzenden des Oberversicherunggamts und des Versicherungsamts im Dienste ergraute Beamte seien, die den Arbeitern als Freunde zur Seite ständen. Ich habe es verfolgt, welche Personen zu Vor⸗ sitzenden der Schiedsgerichte ernannt sind, Regierungsassessoren und Regierungsräte, die bei den Versicherungs⸗ und Oberversicherungs⸗ aͤmtern in den meisten Fällen den Wunsch haben werden, sobald als möglich wieder auszuscheiden. Ich halte es nicht für zweck⸗ mäßig, Personen mit juristischer und verwaltungstechnischer Bildung mit dem gewiß interessanten, aber beschränkten Gebiet der Arbeiter⸗ versicherung zu befassen. Sie werden allmählich einseitig und geraten in den Glauben, daß die Sache nur so gemacht werden kann, wie sie es machen. Als ein weiterer Hauptvorteil wurde das Verfahren hervorgehoben. Ich habe immer die Ansicht vertreten, daß wir zuviele Instanzen haben, und hätte es ohne weiteres zugelassen, wenn das Reichsversicherungsamt Revisionsinstanz geworden wäre. Die erste Instanz der Rechtsprechung muß mit größeren Garantien umgeben werden als bisher, und deshalb kann ich die be⸗ schlossene Regelung nur unter dem Gesichtspunkt beurteilen: ist das Einspruchsverfahren tatsächlich ein Ausgleich dafür, daß in bis zu 65 % der Fälle der Rekurs nunmehr ausgeschlossen und dafür das Oberversicherungsamt als letzte Instanz eingeführt ist? Aber beim Einspruchsverfahren hat der Versicherte Garantien eigentlich gar nicht mehr, und wie die Reform hier versagt hat, hat sie auch versagt hinsichtlich der Zentralisation. Die Sozial⸗ demokratie geht eigentlich unlogisch vor, wenn sie auf der einen Seite die Selbstverwaltung so hoch stellt und auf der anderen die möglichste Zentralisation der Krankenkassen ver⸗ langt. Je größer die Kasse, desto geringer der Einfluß des einzelnen Versicherten. Aber diesen Nachteil kann man gern in Lauf nehmen gegenüber den großen Vorteilen der Zentralisation. Die Kommission hatte in ihrer ersten Lesung die Landkrankenkassen zu vollwertigen Krankenkassen gemacht; dieser große Forschritt und noch vieles andere, was wir in der ersten Lesung erreicht hatten, ist in der zweiten Lefung wieder preisgegeben worden, und dafür kann man die Konserbativen allein nicht verantwortlich machen, einen großen Teil der Schuld trägt auch das Zentrum, das nicht nach⸗ lugeben brauchte. Die Landkrankenkassen hatten auch als vollwertige eamkenkassen eine sichere Mehrheit im Hause; das Zentrum hat Eenc ich aus Liebe zu selnen konservativen Freunden alle diese ein ungenschaften wieder über Hord geworfen. Damals hat auch nacht Zentrumsvertreter in der Kommission erklärt, er mache das 8. mit, aber der Workführer des Zentrums in landwirtschaftlichen ragen, der in vder ersten Lesung noch sur den (Schuy der ndwirtschaftlichen Arbeiter so lebhaft eingetreten war, ver⸗
leugnete wenige Monate nachher diesen Standpunkt nur zu gründlich! Ist denn eine Reform eine Konservierung jeden Unrechts? Muß sie nicht im Gegenteil vorhandene offenbare Mißstände be⸗ seitigen? Man hat doch auch auf anderen Gebieten Verbesserungen durchzusetzen versucht und durchgesetzt. Diese Form der landwirtschaft⸗ lichen Krankenversicherung ist ein großer Fehler des Gesetzes, das doch für Jahrzehnte gelten soll. Es handelt sich da ja auch nicht bloß um die Rechte der landwirtschaftlichen Arbeiter, sondern auch die Rechte der landwirtschaftlichen Unternehmer werden dadurch aufs schwerste geschädigt. Landwirtschaft und, ostpreußischer Großgrund⸗ besitz darf nicht gleich gesetzt werden; diese Konstruktion nützt aber lediglich dem ostpreußischen Großgrundbesitz. Man will die sozial⸗ demokratische Agitation vom Lande fernhalten. Ein paar Sozial⸗ demokraten in den Krankenkassenvorständen auf dem Lande würden das Kraut nicht fett machen. Aber der landwirtschaftliche Kleinunternehmer wird quasi für unmündig erklärt und unter den Kreistag gestellt. Deswegen werden diese Bestimmungen gerade auf dem Lande zur größten Unzufriedenheit führen. Sie haben selbst Vorschriften der Regierungsvorlage zum Schutze der landwirtschaftlichen Arbeiter ge⸗ strichen. Das Zentrum trägt die Mitverantwortung dafür, daß die Unfallverhütung in unzureichender Weise geregelt wird. Dieser Vorwurf wird Jahrzehnte an Ihnen kleben bleiben und vielleicht nie verschwinden. Ihre landwirtschaftliche Politik ist darum auch so mittelstands⸗ feindlich. Die Zahl der Unfälle wird größer werden und damit auch die Höhe der Umlagen. Die schwersten Unfälle kommen beim Großgrund⸗ besitz vor, und wenn Sie die Unfallverhütungsvorschriften verschlechtern, dann belasten Sie den kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Besitz zu Gunsten des Großarundbesitzes. Das sind sehr schwere Mängel des Gesetzes. Ein Vorteil des Gesetzes ist gewiß die Kinderschutz⸗ rente schon vom ärztlichen Standpunkte aus. Der größte Teil der Personen, die hier in Betracht kommen, wird durch chronische Krankheiten invalide. Es handelt sich besonders um die Tuberkulose. Durch die Heraufsetzung der Rente um ein Zehntel wird erreicht werden, daß die Unterernährung etwas geringer ist, als es sonst der Fall wäre. Aber wie können es denn die Herren vom Zentrum und die Konservativen verantworten, daß man die vorbeugende Tätigkeit der Landesversicherungsanstalten so eingeschränkt hat? Gerade die Vorbeugungsmaßregeln der Landesversicherungsanstalten haben erst den Ruhm unserer Krankenfürsorge im Auslande so verbreitet. Ich denke mit Schrecken daran, wenn die Mutter bei der ersten Auszahlung der Kinderrente erfährt, was diese beträgt. Dann wird man erkennen, daß das deutsche Volk acht Jahre lang irregeführt worden ist. Ich begreife den Fatalismus des Abg. Trimborn nicht, daß hier nichts zu ändern ist; er trinkt ein Glas Wermuth und er ist bekehrt. Die Herren sollten doch mehr Rückgrat zeigen. 1902 ist dem deutschen Volke eine Witwen⸗ und Waisenversicherung in feierlicher Form versprochen worden. Als nun die Reichsversicherung eingefüͤhrt werden sollte und die Sätze der Renten bekannt wurden, sagte man, die vorgeschlagenen Sätze wären nur ein Zuschuß zur Armenunterstützung. Jetzt, nachdem das Gesetz vorliegt, wird es klar, daß diese winzige Rente erst 18 Jahre später in Kraft treten wird. Das kann man nur eine große Irreführung des deutschen Volkes nennen. Auch die verbündeten Regierungen dürfen den Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen, daß sie sich an dieser Irreführung beteiligt haben. Die Wirkung des in Frage stehenden Paragraphen 59 ist mir erst in den letzten Wochen recht klar geworden. Ich muß entschieden darauf dringen, daß diese grobe Ungerechtigkeit noch im letzten Moment beseitigt wird. Man sage uns nicht, wie bei der Herabsetzung der Altersgrenze von 70 auf 65 Jahre, es sei dafür kein Geld da. Die Einführung einer vollständigen Arbeiterversicherung ist ein Ruhmestitel des deutschen Volkes. Vor einigen Jahren erhob sich allerdings der Zweifel, ob die jetzige Art der Arbeiterversicherung die richtige wäre, ob nicht an ihre Stelle eine Arbeiterversorgung treten müsse. Nun ist die englische Krankenversicherung gekommen; gewiß hat sie ihre Mängel, aber diese Arbeiterversicherung wird gewährleistet nicht nur durch die Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sondern auch durch einen Staatszuschuß. In kurzem wird das britische Reich mehr als 100 Millionen Staats⸗ zuschuß zur Krankenversicherung geleistet haben. Dabei bringt Eng land die gröͤßere Hälste seines Bedarfs durch Steuern auf, die die Wohlhabenden treffen; von dem Zuschuß wird also ohne weiteres der größere Teil nicht von den Undemittelten aufgebracht, während bei uns gerade die Unbemittelten den größeren Teil aller Kosten auf⸗ bringen müssen. Das wird dem Ruhm der deutschen Versicherung sehr schaden. Das englische Gesetz nimmt sich auch in großzugiger Weise vor, gewisse chronische Krankheiten zu heilen, wahrend s Regierung einen solchen Anspruch starr ablehnt. Ein Tei Freunde kann wegen der Konstruktion der Landkrankenkassen Gesetz im ganzen nicht zustimmen; ich persönlich stimme troßz der schwersten Bedenken dafür, um wichtige Fortschritte, die das Gesetz enthält, nicht zu verlieren. Ich hoffe aber, daß es uns in der dritten Lesung noch gelingen wird, einige Verbesserungen durchzusetzen. Ich kann das Gesetz nicht schön finden; aber ich hoffe, aus diesem schlechten Anfang wird in Zukunft ein besseres Gesetz hervorgehen.
Hierauf wird um 5 ¾ Uhr die Fortsetzung der Beratung auf Sonnabend 11 Uhr vertagggt.
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Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 84. Sitzung vom 26. Mai 1911, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Nummer Bl. berichtet worden.
Auf der Tagesordnung steht als zweiter Gegenstand die zweite Beratung des Entwurfs eines Ausführungs⸗ gesetzes zum Reichszuwachssteuergesetz vom 14. Fe⸗ bruar 1911 auf Grund des Berichts der 14. Kommission.
Nach § 1 in der Kommissionsfassung wird die Zuwachs⸗ steuer in den Stadt⸗- und Landgemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern (Regierungsvorlage: 3000 Einwohnern) durch den Gemeindevorstand, in den Landgemeinden mit nicht mehr als 5000 Einwohnern und in den Gutsbezirken durch den Kreis⸗ ausschuß veranlagt. In den Landgemeinden der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen liegt die Veranlagung dem Land bürgermeister bezw. dem Amtmann ob. Die Kommission hat den Zusatz gemacht:
„Denjenigen Landgemeinden mit nicht mehr als 5000 Ein⸗ wohnern, in denen eine Zuwachssteuer schon vor dem 1. Januar 1911 in Kraft war, kann auf ihren Antrag die Veranlagung durch Beschluß des Kreisausschusses überwiesen werden.“
Nach § 2 finden auf die Rechtsmittel gegen die Veran⸗ lagung zur Zuwachssteuer die Vorschriften des Kommumal⸗ abgabengesetzes bezw. des Kreis und Pevinzialabgabengesetzes mit der Maßgabe Anwendung, datz in Arster Juanz steis der Bezirksausschuß zustände b. (de Bestehmung der N. gierungsvorlage, daß das Oberxverwalt Mh anf Ndöbdn
seine Entscheidung in nicht öffentlicher Sitzung, in der Regel ohne vorherige mündliche Anhörung der Parteien, erläßt, jedoch den Parteien Gelegenheit zur persönlichen Verhandlung ge⸗ währen kann, hat die Kommission gestrichen.) 1 Abg. Graf von Carme Ceee (kons.) beantragt, hinter den Worten „zur Zuwachssteuer“ einzuschalten: „und zu den etwa erhobenen Zuschlägen“, sowie den Passus der Regierungsvorlage über das Oberverwaltungsgericht statt des Bezirksausschusses wieder herzustellen. 8 § 3 betrifft die Abführung der Zuwachssteuer an die Gemeindekasse bezw. Kreiskommunalkasse sowie die des Reichs⸗ anteils an das Reich. Die Kommission hat den Zusatz ge macht, daß von dem nach dem Reichsgesetz dem Staate zu stehenden Anteil von 10 Proz. des Steuerertrages der Kreis, bezw. die Gemeinde die Hälfte für die Verwaltung
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und Erhebung der Steuer erhält. § 4 bestimmt: 1u Von dem Anteil an der Zuwachssteuer, der nach dem Reichs gesetz den Gemeinden verbleibt, erhält die kreisangehörige Gemeinde bei nicht mehr als 15 000 Einwohnern zwei Drittel, bei mehr als
15 000 Einwohnern drei Viertel; den Rest erhält der Kreig. Aus
den Gutsbezirken erhält der Kreis den vollen Steueranteil. Die Kreise haben ihren Anteil für ihre eigenen Aufgaben oder zum Tei auch für diejenigen einzelner Gemeinden und Gutsbezirke zu ver wenden.
Die Abgg. Westermann (nl.) und Genossen beantragen zu § 4 die Aenderung, daß die Grenze bei 10 000 Einwohnern gezogen wird. Zum § 1 beantragen die Abgg. Marx (Zentr.) und Genossen die folgende Fassung:
Die Zuwachssteuer wird 1) in den Stadtgemeinden mit Bürger⸗ meistereiverfassung durch den Gemeindevorstand und vier von der Stadtverordnetenversammlung zu wählende Beisitzer, in den übrigen Stadtgemeinden durch den Gemeindevorstand sowie zwei vom 8 Magistrat und zwel von der Stadtverordnetenversammlung zu wählende Beisitzer, 2) in den Landgemeinden mit mehr als 10 000 Ein⸗ wohnern durch den Gemeindevorstand und vier von der Gemeinde⸗ vertretung zu wählende Beisitzer, 3) in den anderen Landgemeinden und in den Gutsbezirken durch den Kreisausschuß veranlagt. Für den Fall der Ablehnung dieses Antrags beantragen
dieselben Abgeordneten die Streichung der Bestimmung im § 1, nach der in der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen die Veranlagung dem Landbürgermeister bezw. Amtmann obliegt.
Abg. Graf von Carmer⸗FZieserwitz (kons.): Die Heraufsetzung der Grenze auf 5000 Einwohner im § 1 ist jedenfalls gegenüber der Regierungsvorlage ein Fortschritt. Die Regierungsvorlage hatt vor⸗ gesehen, daß das Oberverwaltungsgericht die Revisionsentscheidung hat die Kommission hat dafür in erster Instanz den Bezirksausschuß eingesetzt. Wir halten die Fassung der Regierungsvorlage f bessere, denn sie ist analog dem Einkommensteuerveranlagungsgef bildet. Die Tätigkeit des Oberverwaltungsgerichts in dieser Bezi ist überall anerkannt worden. Wir werden deshalb die Wiederherstell der Regierungsvorlage beantragen, da wir es für nötig halten, sich möglichst schnell durch die Entscheidungen des Oberverwaltungs⸗ gerichts eine konstante Praxis herausbildet. Mit der von der Kom⸗ mission vorgenommenen Verteilung der 10 % von dem Ertrage sind wir einverstanden. Die Gemeinden haben die Erhebung der Zuwachssteuer be⸗ schlossen, darum gebührt ihnen auch in erster Linie die Entschädigung dasselbe gilt von den Gemeindeverbänden, also den Kreisen. Zu be⸗ grüßen ist auch, daß die Kreise den auf sie entfallenden Steueranteil nicht nur für ihre eigenen Aufgaben, sondern auch für diejenigen ein⸗ zelner Gemeinden und Gutsbezirke zu verwenden haben.
Abg. Marx (Zentr.): Die Regierungsvorlage ist mit ihrem § 1 in
der Kommission auf lebhafte Bedenken gestoßen. Auch der Kommissionsbeschluß stellt keine volllommene Lösung dar. Es muß,
wo es irgend möglich ist, darauf gedrungen werden, daß ein Kollegium als Veranlagungsbehörde vorhanden ist. Deshalb haben wir unseren Antrag gestellt, daß in den Stadtgemeinden und in den Landgemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern eine besondere Kom⸗ mission die Veranlagung vomimmt, und daß nur in den kleineren Landgemeinden und in den Gutsbezirken der Kreisansschaß eimtritt- Durch diesen Antrag würde auch Aus estelumg dem Rhein⸗ land und Westfalen beseitigt werden. Wir müssem mit aller Energic dafür eintreten, daß der Unterschied zwischen dem verschürdenen Pro⸗ vinzen verschwindet. Sollte unser Antrag mid nn dann beantragen wir, den Absatz der Vorlage macd der Kummiffacms. fassung: „In den Landgemeinden der Rücimnprerdinz und der Prrmein Westfalen liegt die Veranlagung dem Landbüngermeistten berüedumge⸗ weise Amtmann ob“ zu streichen. Wir denmtmagen demistur ememee liche Abstimmung. Wenn die Ausnahmestellung dem Müernünmd und Westfalen bleiben sollte, werden wir gogen das gera See eimemee Ministerialdirektor Dr. Freund: Dure ausmmemest Br. handlung der beiden Provinzen Rbeinland urd Wecfelen t düeee die Tatsache gerechtfertigt, daß dort cint bafenden Seomoemdre
organisation besteht. Wir müssen darsen femnderem Werchäldnäficn
die seit beinahe hundert Jahren verhanden fird, Nachnung dragen.
Es liegt absolut keine schlechteie Betendlung der Nhornemde der, sondern eher eine bessere.
Abg. von Pappenheim (kons.) zur Grschftberdnung Da sich besondere Schwierigkeiten deransgestellt daben, ftollr ich den Artrag die Vorlage an die Kommissien furückenermeisen.
Die Abgg. Westermann (nl.) OHerold (Zumtt.), (frkons.). Waldstein (fortscht. Volker.) und Dr. Liebkm schließen sich dem Vorschlage an. .
Die Vorlage wird an die Koramiffiom Furückvermärsean.
Es folgt die Beratung des Antrags des Adg. Dr. Gott⸗ schalk⸗Solingen (nl.); b
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