1911 / 128 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 Jun 1911 18:00:01 GMT) scan diff

1I

u charakterisieren: als Gen. Lt. den Gen. Major à la suite der Armee Frhrn. v. Speidel, Königl. Gen. Intend. der Hoftheater und der Hofmusik, als Major den Hauptm. a. D. Heimberger; bei den Sanitätsoffizieren: am 25. d. M. den Gen. Arzt Dr. Burgl, Korpsarzt des II. Armeekorps, unter Verleihung des Ranges als Gen. Major mit der gesetzlichen Pension zur Disp. zu stellen; b zu ernennen: zum Korpsarzt des II. Armeekorps den Gen. Arzt Dr. Eyerich, Div. Arzt der 6. Div., zum Div. Arzt der 6. Div. den Gen. Oberarzt Dr. Webersberger, Regts. Arzt des 1. Chev. Regts. Kaiser Nikolaus von Rußland, unter Verleihung eines Patents seines Dienstgrades, zum Regts. Arzt des 1. Chev. Regts. Kaiser Nikolaus von den Oberstabsarzt Caudinus der Sanitäts⸗ insp., zum Bats. Arzt im 15. Inf. Regt. König Friedrich August von Sachsen den Stabsarzt Dr. Peters dieses Regts.; 1 zu versetzen: die Stabs⸗ und Bats. Aerzte Dr. Landgraf vom 1. Inf. Regt. König zum 3. Pion. Bat., diesen in gleicher Eigen⸗ schaft, und Dr. Tüshaus vom 3. Pion. Bat. zur Sanitätsinsp., den Oberarzt Dr. Meyer vom 5. Inf. Regt. Großherzog Ernst Ludwig von Hessen zum 14. Inf. Regt. Harmmann. .“

11114“

Königreich Preußen. 8 Seine Majestät der König haben Allergnädigs⸗ geruht:

das Mitglied des Königlichen Statistischen Landesamts in Berlin, Oberregierungsrat Evert vom 1. Juni 1911 ab zum Fräsidenten dieser Behörde zu ernennen und

infolge der von der Stadtverordnetenversammlung zu Siegburg getroffenen Wahlen den unbesoldeten Beigeordneten, Kommerzienrat Alfred Keller daselbst in gleicher Amtseigen⸗ schaft auf fernere sechs Jahre und 1d den Metalldreher Wilhelm Gehlen daselbst als un⸗ besoldeten Beigeordneten der Stadt Siegburg auf die gesetzliche Amtsdauer von sechs Jahren zu bestätigen.

n 8 8 2 2 8 1 Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

e den ständigen Hilfsarbeiter der Generaldirektion der König⸗ ichen Seehandlung (Preußischen Staatsbank), Seehandlungsrat Schneider zum Geheimen Seehandlungsrat und Mitglied der genannten Generaldirektion sowie 8 den Seehandlungsassessor Thieme zum Seehandlungsrat zu ernennen und dem Eisenbahnobersekretär Ludwig Schimpf in Essen (Ruhr), dem Eisenbahnoberbahnhofsvorsteher Preßler in Reinickendorf⸗Ost und dem Regierungssekretär Kahmann in den beiden letztgenannten bei hrem Ausscheiden aus dem Staatsdienst den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen.

der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten. Der Komponist, Professor Dr. Engelbert Humperdinck ist zum Vorsteher und vollbeschäftigten ordentlichen Lehrer der Abteilung für Komposition an der Akademischen Hochschule für Musik in Charlottenburg ernannt worden. Den Privatdozenten in der theologischen Fakultät der Iniversität zu Marburg Lic. Walter Bauer und Lic. Horst Stephan ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Seine Durchlaucht der Oberpräsident Dr. Carl Prinz Ratibor und Corvey Prinz zu Hohenlohe⸗Schil⸗ lingsfürst zu Münster i. W. ist durch Allerhöchste Order vom 26. April d. J. für die Dauer seines dortigen Hauptamts Kommissar bei der Landschaft der Provinz

Dem Oberförster von Kotze in Neumühl ist die Ober⸗ försterstelle Neuhof, Regierungsbezirk Cassel, übertragen worden. Versetzt worden sind: Abesser, Forstmeister in Neuhof, Regierungsbezirk Cassel, nach Lichtefleck, Regierungsbezirk Frankfurt, Müller⸗Hillebrand, Oberförster in Philippsthal, Re⸗ gierungsbezirk Cassel, nach Oldendorf, Forstverwaltungsbezirk Ministerium des Innern.

Die Stelle des Kreisarztes und Vorstehers des dizinaluntersuchungsamts in Stade ist zu besetzen. 1 Finanzministerium. 8 Der als Vorstand bei dem Stempel⸗ und Erbschafts⸗ steueramte in Frankfurt a. M. angestellte Regierungsrat Dr. Hecker ist in die Stelle eines Mitgliedes der Königlichen 8b Udirektion in Berlin versetzt worden. 8 setzt sind: die Katasterkontrolleure, Steuerinspektor Walstab von Osterburg nach Arnsberg, Johannes Leh mann von Ke Osterburg und Hartung in Neumarkt als Bestellt sind: die Katasterlandmesser Goldberg, Hemprich und Sprunck zu Katasterkontrolleuren in Lebach bezw. Kelberg und Neumarkt.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 1. Juni.

Heute vormittag nahm Seine Majestät der Kaiser und König die Frühjahrsparade über die Truppen der Garnijon rün und der umliegenden Ortschaften auf dem Tempelhafer Felde ab. Der Truppenschau wohnten, „W. T. B.“ 29 Ieg Kaiserin und Königin, Ihre Kaiser⸗ iche und it die 85 Hoheiten rinzessinnen itel Friedrich,

j Leuwold, Viktoria Luif Viktoria Margarete, der

5 geö

brasilianische

che Oberhãauptling

8

Tamasese, der Gorverreur von Samoa Dr. Solf u. A. bei. Nach der Parade hielt Seine Majestät der Kaiser Kritik ab und ritt dann an de. Spitze der Fahnenkompagnie und der Standarteneskadron er stürmischen Kundgebungen des Publikums nach den niglichen Schlosse, wo der Gouverneur Dr. Solf Seiner wajestät den Oberhäuptling Tamasese vorstellte.

Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗

sitzung; vorher hielt de vereinigte Ausschuß für Handel und Verkehr eine Sitzung

1 Im Monat Apri! 911 haben 4478 Schiffe (gegen 3565 Schiffe im Arril 1910) mit einem Nettoraumgehalt von 611 620 Registertens 1910: 537 815 Registertons) den Kaiser Wilhelm⸗Kana; henutzt und, nach Abzug des auf die Kanalabgabe in Amechnung zu bringenden Elblotsgeldes, an Gebühren 273 566 1910: 250 089 ℳ) entrichtet.

8

Lanut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M. S. „Tiger“ gestern in Kobe und 6. S. „Panther“ vorgestern in Forcados eingetroffen.

Abgegangen sind gesern S. M. S. „Otter“ von Schanghai, S. M. S „ormoran“ von Brisbane und S. M. S. „Panther“ von Vorcados.

Potsdam, 1. Jun Goseen vormittag hat im Lust⸗ garten in Gegenwart Sei. Majestät des Kaisers und Königs und Ihrer NMeslst der Kaiserin und Königin die Parade ler de Garnison Pots dam stattgefunden, der, „W. 2. zufolge, außer einer zahlreichen Generalität, den rsminister, den Militär⸗ bevollmächtigten und den wemoyerrlichen Offizieren u. a. Seine Königliche Hoheit der Prinz Leopold von Bayern, der frühere Präsident von Argentinien Dr. Insé Figueira Alcorta, der frühere Kriegsminister von Argentinien, General Rafael Aguirre, der argentinische Gesandte und in Be⸗ gleitung der argentinischen Gäste der Gesandte von Waldhausen beiwohnten. Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kron⸗ prinz und Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Eitel Friedrich, August Wilhelm, Georg von Griechenland und die Söhne des Prinzen Friedrich Leopold waren bei ihren Regimentern ein⸗ getreten. Nach der Parade fand im Marmorsaale des Stadt schlosses Frühstückstafel statt. 8

Lippe. Seine Durchlaucht der Fürst hat vorgestern sein

40. Lebensjahr vollendet. Der Geburtstag des Landesherrn wurde in Stadt und Land festlich begangen. 11“

Oesterreich⸗Ungarn.

Gödöllö den Ministerpräsidenten Grafen Khuen Hedervary in Audienz empfangen. Der König, dessen Befinden, „W. T. B.“ zufolge, ausgezeichnet ist, wird heute nachmittag nach Wien abreisen.

8 Italien.

Iyn der gestrigen Sitzung der Deputiertenkammer stellte der Abgeordnete Galli die Anfrage, ob Italien sich der Note Rußlands an die Türkei bezüglich Monte⸗ negros angeschlossen habe.

Wie „W. T. B.“ meldet, erklärte der Unterstaatssekretär des Aeußern Fürst di Scalea in Beantwortung der Anfrage, die Note sei durch Gefühle der Humanität und den aufrichtigen Wunsch, den Frieden aufrecht zu erhalten, hervorgerufen worden. Es handle sich um einen Zwischenfall, der ausschließlich auf die beiden interessierten Mächte beschränkt sei, zwischen denen ein freundschaftlicher Meinungs⸗ austausch im Gange sei. .

Portugal.

. Durch einen amtlichen Erlaß wird als gesetzliche Zeit für Portugal vom 1. Januar 1912 ab die nach dem Meridian von Greenwich berechnete Zeit von Westeuropa eingeführt. 1““ Belgien.

der Deputiertenkammer kam es gestern laut Be⸗ richt des „W. T. B.“ bei Fortsetzung der Beratung über die Zulassung des Schulgesetzentwurfs wiederum zu großen Tumulten, die fast eine halbe Stunde andauerten und die Ver⸗ handlung unmöglich machten. 8

xartei.ʒ

Die Deputiertenkammer hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern mit 77 gegen 63 Stimmen den Antrag auf sofortige Lösung der Tabakregiefrage abgelehnt, nach⸗ dem der Großwesir sich gegen die Verlängerung der Tabak⸗ regie ausgesprochen und der Kammer die Entscheidung über Banderolensteuer oder Staatsmonopol freigestellt hatte. Die Abstimmung vollzog sich unter großem Lärm, wobei es zwischen zwei Abgeordneten zu Tätlichkeiten kam. Das Abstimmungs⸗ ergebnis entspricht dem Standpunkt der Reginrung. 8

Um die Zwischenfälle an der montenegrinisch⸗ türkischen Grenze zu untersuchen und um Maßnahmen zur Vorbeugung ähnlicher Fälle zu vereinbaren, sind, „W. T. B“ zufolge, der montenegrinische Brigadegeneral Duschewitsch und der frühere Verweser der Gesandtschaft in Konstantinopel Dretzun mit sechs Offizieren und acht Beamten in Gusinje eingetroffen. Amerika. 8

In den chilenischen Kammern wurde heute eine Botschaft verlesen, in der den Mächten, die aus Anlaß der Jahrhundertjahrfeier Gesandtschaften geschickt haben, der Dank ausgesprochen wird. Die Botschaft stellt, wie „W. T. B.“ meldet, die herzlichsten Beziehungen zu allen Nationen, aus⸗ genommen Peru, fest und empfiehlt den Kammern die An⸗

nahme der Handelsverträge mit England und Italien.

Der König Franz Joseph hat gestern nachmittag in

Montenegro. 8

Die Abschiedsgesuche der Gouverneure von Zizikar und Kirin sind, wie die „St. Petersburger Tele⸗ graphenagentur“ meldet, auf Betreiben des Generalgouverneurs der Mandschurei Chao Er⸗hsün bewilligt worden. Der Generalgouverneur schlägt vor, ihm zur Probe die alleinige Verwaltung der Mandschurei zu übertragen unter der Mit⸗ wirkung der Taotais in den einzelnen Provinzen für die Zivil⸗ verwaltung. 8

Heute ist in Tokio, „W. T. B.“ zufolge, der zwischen Rußland und Japan abgeschlossene Auslieferungs⸗ vertrag unterzeichnet worden. Der Vertrag findet auf e Verbrecher keine Anwendung, wohl aber auf Personen,

ie Verbrechen gegen die Person des Monarchen begangen haben.

Afrika.

Der Sultan Mulay Hafid hat den Großwesir El Glaui seines Amtes enthoben. Wie die „Agence Havas“ meldet, hat dieser seit zwei Jahren seine Stellung als Groß⸗ wesir in maßloser Weise dazu mißbraucht, um alle möglichen Erpressungen und Bedrückungen an den Stämmen auszuüben. Dadurch hat er auch die gegenwärtige Erhebung hervor⸗ gerufen. Mulay Hafid fühlte sich nicht stark genug, um nach Belieben zu handeln, aber seit der Ankunft des Generals Moinier fühlt sich der Sultan sicherer und zeigt sich von außer⸗ ordentlicher Strenge gegen El Glaui. Ganz unvermittelt be⸗ deutete der Sultan dem Großwesir, er möge Rechnung über die Riesensummen ablegen, die er von allen Stämmen erhalten, aber dem Staatsschatz niemals abgeliefert habe. El Glaui weigerte sich, und der Sultan entschloß sich, ihn abzuberufen. El Glaui, der an Tuberkulose schwer krank ist, wird seine Frei⸗ heit behalten, ohne jedoch Fes verlassen zu können. Ebenso werden ihm seine persönlichen Güter erhalten bleiben, die Güter aber, die ihm Mulay Hafid gegeben hat, wird der Machsen wieder einziehen. Ein Nachfolger El Glauis wird nicht ernannt werden. Er wird von dem Sekretär Arbi el Hasnaui vertreten werden. Die Abberufung El Glauis wird möglicherwesse eine Bewegung unter den Stämmen herbeiführen, und Mulay Zin kann diese Tatsache als Einmischung der Christen in die Angelegenheiten Marokkos ausbeuten. Der Fremdenhaß wächst. Die Mahalla Omrani hat am 29. Mai den Marsch von Uessa gegen Fes angetreten. Wie „W. T. B.“ meldet, bleiben in Fes vorläufig fünf Kompagnien Infanterie, eine Batterie Artillerie, eine Schwadron Kavallerie und ein Feldlazarett. 15 000 Mann sollen zur Anlegung von Etappenstationen zwischen Rabat und der Hauptstadt sowie zur Beruhigung des Gebiets verwendet werden.

Einer Meldung des „W. T. B.“ aus Las Palmas zufolge ist es am 29. v. M. wieder zu Unruhen gekommen. Die Menge versuchte mehrere öffentliche Gebäude anzugreifen. Die Zivilgarde mußte von den Waffen Gebrauch machen, um die Menge zu zerstreuen, aus deren Reihen einige Schüsse fielen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ tags befindet sich in der Ersten Beilage.

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Säuglingssterblichkeit in Deutschland und Preußen gilt viel⸗ sach als ungewöhnlich hoch, und es werden daraus Rückschlüsse auf die verhältnismäßig ungünstige wirtschaftliche Lage der Bevölkerung oder auch auf mangelhafte Hygiene gezogen. In Wirklichkeit sind solche Urteile oft sehr voreilig. Vor allem muß neben der Säug⸗ lingssterblichkeit die Höhe der Geburtenziffer mit in Betrackt gezogen werden. Wo die Frauen durch die Häufigkeit der Geburten stark be⸗ lastet sind, können sie der Kinderpflege weniger Sorgfalt zuwenden als dort, wo die Kinderzahl an sich gering ist. Sieht man sich nach Vergleichsziffern bezüglich der Geburtenhäufigkeit und Säuglingesterb⸗ lichkeit in den wichtigsten Staaten um und betrachtet man zugleich die Sterbeziffern mit und ohne Säuglingssterblichkeit, so findet man für die jüngste Zeit das Folgende: 8

Gestorbene Auf 1000 der Bevölkerung unter 1 Jahr entfallen 11 auf 100 Lebend⸗ Gestorbene Gestorbene Lebend⸗ 18 eend⸗ ohne Tot⸗ abzüglich geborene geborene geborene Säuglinge Deutsches Reich 1908 17,8 32,0 18,0 123 Oesterreich. . . 1906 6 ZZ11.1“ Ungam 18908 9, I““ 24,8 Rußland . . . 1901 28 47,9 32,1 Tö11“ 20,7 Spanien 1904 34,4 25,8 Frankreich. . 1906 5 20,5 19,9 England u. Wales 1908 ¹ 26,5 14,7 Niederlande . . 1908 5 29,7 15,0 Belgien 1907 25,3 15,8 Schweden. . 1907 14,6 Dänemark. . . 1907 811u““ 3 Norwegen . . . 1907 6,7 25,9 14,0 12,2.

Säuglingssterblichkeit an sich keineswegs eine 8 Stellung einnimmt, sondern daß Oesterreich, Ungarn und Rußland ungünstiger dastehen, auch Sponien nahezu die gleiche Säuglingssterblichkeit aufweist. Eine Reihe von anderen Staaten sche int allerdings auf den ersten Blick günstiger dazustehen; es ist jedoch für sie stets eine gesonderte Betrachtung notwendig. Italien hat eine geringere

Sierbeziffer ist um fast ein Sechstel und die Ziffer der Gestorbenen unter Ausschluß der Säuglinge ist sogar um ein volles Viertel höher. Frankreich hat eine ganz geringe Geburtenziffer, dabei eine erheblich höhere Sterbeziffer, die sich allerdings daselbst zum Teil aus dem starken Verhältnissatz der Greise erklärt. Bei England ist in Betracht zu ziehen, daß die Anmeldungen der verstorbenen Säuglinge infolge der sechswöchigen Frist daselbst unvollständig sind. Die Niederlande und die skandinavischen Länder haben allerdings eine nicht unerheblich geringere Säuglingssterblichkeit, aber die allgemeine Sterblichkeit nach Ausschluß der Säuglingssterblichkeit ist nur wenig geringer, und auch Preußen weist in der Provinz Hannover, Westfalen, Hessen⸗Nassau und Schleswig⸗Holstein Gebiete auf, in denen die Säuglingssterblich⸗ keit auf 10 bis 15 v. H. der Lebendgeborenen herabsinkt. So betrug Säuglingssterblichkeit in 1909 1968

. 13,2 14, 99 111mm“ 13,1 Westfalen.. 13,0

Hessen⸗Nassau 10,3 8

die folgende Uebersicht zeigt:

Säuglingssterblichkeit und Geburtenziffer.

Man sieht sofort, daß Deutschland in bezug auf die Höhe der

Säuglingssterblichkeit bei nahezu gleicher Geburtenziffer, aber die

Zum Schlusse ist noch zu bemerken, daß die Säͤuglingssterblichkeit im Laufe der Zeit sich auch in Preußen beträchtlich erniedrigt hat, wie 88 ist diese

Von 100 Lebend⸗

geborenen geborenen

starben im starben im 1. Lebensjahre 1. Lebensjahre 1875/1880 .. 20,6 11“ 19,4 1881/1885 ... 118 18,5 1886/1890 —.. 8 19,8 138 17,7 896/1900 .. .. 16,8 5 m. . 16,4. (Stat. Korr.)

Zur Arbeiterbewegung.

Zwischen dem Zentralverband der Zimmerer und der Ver⸗ einigung der Zimmermeister in Neuß ist nach einer Mitteilung der „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ ein Tarifvertrag abgeschlossen worden, der bis zum 31. März 1913 Gültigkeit hat und innerhalb dieses Zeitraums eine Erhöhung der Stundenlöhne von 55 bis zu 62 vorsieht. Für Ueberstunden, Nacht⸗ und Sonntagsarbeit ist der allgemein übliche Zuschlag festgesetzt worden. 1

Die Arbeiter der Sammetfabriken in Süchteln haben, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, in einer Versammlung beschlossen, mit den Fabrikanten betreffs Einführung der Crefelder Lohnliste in Unterhandlung zu treten.

Aus Greven in Westfalen wird dem „W. T. B.“ zur Aus⸗ sperrung der Textilarbeiter (s. Nr. 119 d. Bl.) gemeldet, daß, nachdem die Arbeiter der Firma Colk u. Co. in Coesfeld sich bereit erklärt haben, heute die Arbeit wieder aufzunehmen, die am 19. Mai verhängte Aussperrung aufgehoben worden ist. Die Wiederaufnahme der Arbeit erfolgt unter den Bedingungen, die den Arbeitern am 16. Februar von der Firma angeboten worden waren (Erhöhung von 15 für das Stück für „alte Unterschläge“ eine Sorte von Webstühlen unter Ablehnung der weitergehenden Lohnforderung).

Nach einer Mitteilung der „Köln. Ztg.“ aus Braunschweig hatten auf acht Gruben des Reviers von Helmstedt, Völpke und Oschersleben von 2655 Mann Belegschaft 1200 gekündigt. Eine Anzahl der Leute hat die Kündigung schon zurückgenommen. Auf den anderen Gruben des erwähnten Reviers sind Massenkündi⸗ gungen unterblieben.

In Fiume haben, wie „W. T. B. meldet, die Vertreter sämt⸗ licher Arbeiterorganisationen in einer gestern abgehaltenen Ponferenz beschlossen, zum Zeichen der Solidarität mit den streikenden An⸗ gestellten der Ungarisch⸗kroatischen Schiffahrtsgesellschaft den allge⸗ meinen Ausstand zu verkünden. Infolge dieses Beschlusses feiern heute etwa 20 000 Arbeiter.

Aus Rotterdam wird der „Köln. Ztg.“ vom 31. Mai berichtet, daß eine Konferenz zwischen dem Bund der Besitzer von Rhein⸗ schleppdampfern und dem Maschinisten⸗ und Heizerbund ergebnislos verlief. Beide Parteien behaupteten ihren Standpunkt. Der Arbeiterbund fordert kollettiven Arbeitsvertrag und Lohnerhöhung, wodurch die früher von den Arbeitgebern festgesetzten Mindestlöhne für 1911 um einen und für das folgende Jahr um einen weiteren Gulden wöchentlich erhöht werden sollen.

Kunst und Wissenschaft. Dr. H. Hassinger hat in der „Deutschen Rundschau für Geographie“ einen Aufsatz über die geographische Verteilung der Großstädte auf der Erde veröffentlicht. Die „Köln. Ztg.“ entnimmt ihm folgende Angaben: Unter einer Großstadt versteht er jede Siedlung von über 100 000 Einwohnern und unterscheidet 1) Millionenstädte, 2) Halbmillionenstädte und 3) Wohnplätze mit 100⸗ bis 500 000 Einwohnern. Im ganzen gibt es nach Hassinger 341 Wohnplätze auf der Erde, die über 100 000 Be⸗ wohner zählen, und von diesen liegen 171 (50 %) in Europa, 98 (28 %) in Asien, 14 % in Amerika. Asien und noch mehr Nordamerika weisen aber einen größeren Prozentsatz großer Städte auf, als ihnen gemäß ihrer Bevölkerung im Vergleich zu Europa zukäme. Dies rührt daher, daß in jenen beiden Erdteilen die mit Großstädten besetzten Länderräume im Verhältnis zu den riesigen, fast menschenleeren arktischen und Trockengebieten stark zurücktreten und sich im Osten Nordamerikas eine beträchtliche Anzahl Großstädte auf engem Raum zusammendrängt. In Europa ist dagegen infolge der starken Gliederung des Landes in kleinere natürliche Landschaften und künstliche politische Gebilde auch die Anzahl der Mittelstädte außerordentlich groß und beherbergt einen wesentlichen Teil der Be⸗ völkerung. Die Großstädte treten vorwiegend haufenweise oder linien⸗ artig angeordnet auf. Die erstere Anordnung ist vorherrschend in Bergwerksgebieten und Industrierevieren, die letztere an Wasserrändern. Haufenweise angeordnete Großstädte gehören vorwiegend in die Klasse der großindustriellen Produktionsstätten, die meist durch Bodenschätze bedingt sind. Linienhaft angeordnete Großstädte gehören vorwiegend in die Klasse der Verkehrs⸗ und Handelsplätze. Wo beide Haupt⸗ ursachen der Großstadtbildung zusammentreffen, z. B. in einem strom⸗ durchflossenen Bergbaurevier mit bodenständiger Industrie, das zugleich ö und Küste mit guter Verkehrslage bildet, dort wird die roßstadtanhäufung am stärksten. Eine dritte Art der Großstadt⸗ anhäufung bilden die losen Gruppen von Marktplätzen und gewerb⸗ lichen Produktionsstätten der fruchtbaren tropischen und subtropischen Stromtiefländer mit sehr dichter agrarischer Bevölkerung. Im Gegensatz zu den beiden ersten Gruppen sind diese Städte geschichtliche Zeugen einer uralten Kulturentwicklung; sie sind vertreten in Hindustan, im Pendschab und in China. Indessen ist die Großstadtanhäufung in den Agrar⸗ ländern Indien und China doch relativ nicht bedeutend im Verhältnis zu der ungeheuer zahlreichen Bevölkerung und im Vergleich zu den westeuropäischen Verhältnissen. Beziehungen zwischen Klima und Groß⸗ stadtverbreitung faßt Hassinger in folgende Sätze zusammen: Der weit⸗ aus größte Teil der Großstädte liegt in der nördlichen gemäßigten Zone. Nur sehr wenige liegen innerhalb der Wendekreise, und diese sind überwiegend an die Kuste gebunden. Die Binnenstädte liegen aber fast alle in Hochländern, wo die Lage das tropische Klima mildert. Die südliche gemäßigte Zone ist ebenfalls arm an Groß⸗ städten, was auf die geringe Bodenentwicklung und die relativ große Verbreitung von Trockengebieten zurückzuführen ist. Die polare Grenze der Großstädte verläuft ziemlich parallel der polaren Grenze des menschlichen Lebens auf der Erde, liegt also in Europa mehr pol⸗ wärts als in Asien und Amerika. Die nördlichste Großstadt ist Helsingfors (60 ° n. Br.), die südlichste Melbourne (38 ° s. Br.).

8 Das Wort „Pfingsten“ ist nicht weniger bemerkenswert als Weihnachten und Ostern. Freilich ein großer Unterschied ist auf den ersten Blick erkennbar: während in jenen Namen sich Erinnerungen an heidnische Feste fortpflanzten, ist der Name Pfingsten rein christlichen Ursprungs. Er geht zurück auf das griechische errnyzoorh usoa = der fünszigfte Tag, nämlich nach Ostern, und scheint mit Wörtern wie Kirche (aus 0a.ν) und Pfaffe (aus anxac) durch Vermitt⸗ lung des Gotischen vor der althochdeutschen Zeit in die deutschen Mundarten eingedrungen zu sein. Denn die außergermanischen Völker Westeuropas haben mit der römischen Bekehrung später die in der lateinischen Kirche üblichen Wörter ecclesia (Kirche) und clericus (Pfaffe) eingeführt; zu der Zeit aber hätte das anlautende p. von lat. pentecosta (pgl. französ. la Pentecte) im Hochdeutschen nicht mehr zu pf verschoben werden können. So ist das Wort ein Rest der früheren griechisch⸗arianischen Bekehrung unter den deutschen Stämmen. Allerdings hat aus pentecoste nicht ohne weiteres Pfingsten werden können. Im Althochdeutschen muß es vielmehr (ohne n am Ende) geheißen haben, doch

orm zufällig nicht belegt; aber sie wird durch

solche neuhochdeutschen Zusammensetzungen wie Pfingstsonntag, Pfingst⸗ rose usw. bezeugt, und ein vüolebeutscher Schriftsteller, Notker, der das Wort seinen Lesern verständlich machen will, gebraucht die Form finfchusti, indem er wenigstens den ersten Bestandteil übersetzt und den zweiten an kust (zu kiosan, wählen) anlehnt. Das mittel⸗ hochdeutsche pfing(e)sten aber, das auf die nicht nachweisbare alt⸗ hochdeutsche Fore zurückgehen muß, erklärt sich (wie „Weihnachten“) als Wemfall (Dativ) der Mehrzahl in Anlehnung an Fälle, in denen das Wort als reine Zeitbestimmung mit einem Ver⸗ hältniswort gebraucht wurde (auf, nach, von, vor, zu Pfingsten). Daraus wurde dann ein neuer Werfall (Nominativ) der Mehrzahl und sogar der Einzahl gebildet. So haben wir noch heute in der Mehrzahl „die Pfingsten“: „Fröbliche Pfingsten“, „Nasse Pfingsten, fette Weihnachten!“ (Sprichwort); in der Einzahl „das Pfingsten“ (d. h. Pfingstfest): „Pfingsten, das liebliche Fest, war ge⸗ kommen“ (Goethe). „Ein Pfingsten, wie ich's beschreiben will“ (Jean Paul). Daneben auck „die Pfingsten“”: „So wird euch rie Pfingsten zum Pfingstbier laden“ (Fischart). Das Fehlen eines eidnischen Wortes für das Pfingstfest läßt übrigens darauf schließen, daß es in dieser Zeit ein entsprechendes gemeingermanisches 8 nicht gegeben hat; denn selbst hier und da noch verbreitete Ge⸗ bräuche wie das Schlachten des bekränzten Pfingstochsen, die Pfingstreckenzüge u. a. sind dafür kaum als beweiskräftig anzusehen und deuten wohl nur auf Einzelfeste hin. Sonst würde sich zweifellos ein gemeingermanisches Wort dafür erhalten haben. So hat sich ja gegenüber dem in manchen mittel⸗ und niederdeutschen Gegenden ge⸗ bräuchlichen Päsch (vgl. franz. Paques) das deutsche Wort Ostern überall durchgesetzt. Und anderseits hat das Englische auch für das Pfingstfest zwar eine einheimische Form „Whitsuntide, Whitsunday“, aber auch sie ist nur in 1 an den christlichen Brauch zu erklären, zu Pfingsten vorzugsweise die Taufen abzuhalten und den Neugetauften dazu eine Woche lang weiße Kleider anzuziehen. 1

Das kürzlich in Stuttgart eröffnete Linden⸗Museum für Völkerkunde ist aus dem dem Württeembergischen Verein für Handels⸗ geographie gehörigen Museum für Länder⸗ und Völkerkunde hervor⸗ gegangen und nach dem langjährigen Vorsitzenden dieses Vereins, dem Königlichen Oberkammerherrn und Hofmarschall des Prinzen Hermann zu Sachsen⸗Weimar, Graf Linden, genannt, der sich um die Vervoll⸗ ständigung der Sammlungen in ethnographischer Hinsicht große Verdienste erworben hat. Als mit der Erwerbung von Kolonien das Interesse für Völkerkunde in Deutschland allgemeiner wurde, wandte auch der Stuttgarter Verein, der bis dahin mehr handelswissenschaftliche Zwecke verfolgt hatte, sein Interesse und seine Sammeltatigkeit der Völkerkunde zu. Als Privatverein steckte er sich in weiser Beschr inkung von vornherein bestimmte, engere Grenzen, schloß das Vorgeschichtliche aus und legte das Hauptgewicht auf die Ethnographie der gegenwärtigen afrikanischen und ozeanischen Naturvölker unter besonderer Berüͤcksichtigung der die deutschen Kolonien bewohnenden. Daneben wurden auch wertvolle Sammlungen von Gegenständen der Eingeborenen Amerikas zusammengebracht. Das neue, im Mittel⸗ punkt der Stadt, am Hegelplatz gelegene Museum ist allein aus Mitteln, die der Verein privatim aufgebracht hat, erbaut worden. Es umfaßt in vier Stockwerken je einen außerordentlich günstig be⸗ leuchteten Riesensaal, in denen das Publikum schon jetzt den größten Teil der übersichtlich geordneten Sammlungen betrachten kann, während sie bisher zum Teil in Kisten verpackt, der weiteren Oeffent⸗ lichkeit nur in beschränktem Maße zugänglich gemacht werden konnten.

Die Wiener Akademie der Wissenschaften hat, nachdem

ihr bisheriger Präsident, der Geologe Professor Eduard Sueß sein

Amt wegen seines hohen Alters niedergelegt hat, ihren bisherigen Vizepräsidenten, den Professor Dr. Eugen von Boehm⸗Bawerk zum Präsidenten gewählt. Der neue Präsident, der im Kabinett von Koerber wiederholt das Finanzministerium leitete, ist einer der bedeutendsten Volkswirtschaftler und Finanztheoretiker Oesterreichs. Der Wiener Universität gehört er als ordentlicher Professor der politischen Oekonomie an. Er schrieb u. a. eine „Geschichte und Kritik der Kapitalzinstheorie“ und eine „Positive Theorie des Kapitals“. Zum Vizepräsidenten der Akademie wurde der frühere der Physik an der Wiener Universität, Hofrat Dr. von ang gewählt, der sich als Mitbegründer der modernen Kristall⸗

physik große Verdienst um seine Wissen chaft erworben hak

Literatur.

Einführung in die Sozialpolitik. Von Dr. Leopold von Wiese, Professor der Volkswirtschaftslehre an der Königlichen Technischen Hochschule Hannover. IV und 208 Seiten. Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig. Geb. 4,50 ℳ. Die vorliegende „Ein⸗ führung in die Sozialpolitik“ erklärt zunächst die Natur der Sozial⸗ politik als des „Kompromißgebietes von Politik und Erhik“, sondert von ihr die Volkswohlfahrtspflege ab und gibt eine klare Terminologie. Das zweite Kapitel befaßt sich mit dem Wesen der Klassenbildung und der historischen Entstehung der sozialen Klassen. Hieran schließt sich dann die materielle Behandlung der Sozialpolitik auf der Grundlage der öffentlichen Hilfe und der Selbsthilfe. Der Verfasser ist hierbei be⸗ strebt gewesen, die gegenwärtigen Probleme der Sozialpolitik in an⸗ nähernder Vollständigkeit kurz darzustellen, von der Fülle und Kom⸗ pliziertheit „sozialer Fragen“ eine Vorstellung zu geben und dabei so anschaulich wie möglich zu sein, neben die sozialethischen die politischen Gesichtspunkte zu stellen und besonders auf die Fragen, die von der jüngsten Gegenwart aufgeworfen worden sind, näher einzugehen. Setzt das Buch mit methodologischen, anscheinend nur die theoretisch⸗wissenschaftliche Behandlung angehenden Darlegungen ein, so wird in den Einzeluntersuchungen das Interesse des werk⸗ tätigen Lebens an den sozialen Problemen der ausschlaggebende Gesichts⸗ punkt für ihre Behandlung. Besonders ist dem Umstande Rechnung getragen, daß die moderne Sozialpolitik es nicht nur mit den hand⸗ arbeitenden Schichten der Bevölkerung zu tun hat. Die hier be⸗ handelte Materie wird in weiten Kreisen Interesse finden.

„Hans Gregors Komische Oper 1905 1911“ von Fritz Jacobsohn. Verlag von Oesterheld u. Co., Berlin. Preis 3 ℳ. Fritz Jacobsohn, der in seiner Eigenschaft als Kritiker mit den hiesigen Musik⸗ und Theaterverhältnissen völlig vertraut ist, hat es unternommen. das Wirken Hans Gregors, des Begründers und Leiters der Komischen Oper, bei seinem Scheiden von Berlin ein⸗ gehend zu beurteilen und seinem Werte nach einzuschätzen. „Ich wollte keinen Panegyricus auf den Mann schreiben“, bemerkt der Verfasser in den einleitenden Zeilen seines Buchs, „sondern einen sachlichen Beitrag zur Geschichte der modernen Inszenierungskunst und der modernen Oper liefern“. Zunächst erteilt Jacobsohn Gregor selbst zu einem kurzen Aufsatz das Wort, in dem der jetzige Wiener Hofoperndirektor die künstlerischen Grundsätze entwickelt, nach denen er verfuhr. Eine kritische Würdigung des Erreichten gibt dann Jacobsohn in dem „Das Reformwerk Gregors“ überschriebenen Hauptkapitel des Buchs. Aus diesem mögen folgende Zeilen hierher⸗ gesetzt sein: „Die Bedeutung der Berliner Jahre Gregors wird für eine spätere Zeit sicherlich gerade darin zu suchen sein, daß er abseits von Wagner und ohne .w—n Werke seine Aufmerksamkeit allen Gattungsarten der Oper gewidmet hat. Daß er durch den Zwang, bis 1913 ohne Wagner auszukommen, gewissermaßen nach vor⸗ und nach rückwärts Umschau halten mußte. Durch die Notwendigkeit, Neues zu bringen, Neues aufzustöbern, Neues zu versuchen, war sein Spielplan ungemein abwechslungsreich, war seine Bühne die fleißigste Novitätenbühne. Die Opernproduktion der drei wichtigsten Opernländer hat er entsprechend ihrer Bedeutung berücksichtigt. Eine Zusammen⸗ stellung seiner Autoren nach der Nationalität straft die oft gehörte daß er Italien und Frankreich gegenüber Deutschland bevorzugt habe, Lügen. Deutsche Autoren sind mit achtzehn, italienische mit zehn, französische mit dreizehn Werken vertreten, wozu noch ein englischer und ein holländischer Komponist kommen.“ Der zweite Teil des vom Verlag geschmackvoll ausgestatteten und mit

einem Bildnis Gregors sowie mehreren Szenenbildern geschmückten 1

Buchs enthält in zeitlicher Folge eine Würdigung der einzelnen Auf⸗ führungen mit ihren Fehlern und Vorzügen sowie eine Aufzählung der Künstler, die in der Komischen Oper seit deren Bestehen gewirkt haben, und der von ihnen gesungenen Partien.

neu erschienener Schriften, deren Besprechung vorbehalten bleibt. Einsendungen sind nur an die Redaktion, Wilhelmstraße 32, zu richten. Rücksendung findet in keinem Falle statt.

Kürschners Bücherschatz Nr. 774: Dorfgeschichten. Von Wilbh. v. Polenz. 20 ₰. Nr. 775/6: Frau Liesa. Roman von Georg Wasner. 40 ₰. Berlin W. 9, Potsdamer Str. 124. Herm. Hillger Verlag.

Postfranzösisch. Ein Handbuch für den Selbstunterricht und ein Hilfsbuch für Beamtenschulen. Von P. Franz. 1,25 ℳ. Berlin W. 10, Lützow⸗Ufer 5, Gerstmanns Verlag.

Vögel fremder Länder. Von Dr. K. Floericke. 1 ℳ, gebunden 1,80 ℳ. Stuttgart, Franckh'sche Verlagshandlung.

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Saatenstand in Italien während des ersten Drittels des Monats Mai 1911.

Die Ende Avpril ersehnten Niederschläge sind eingetreten und kamen namentlich den Feldfrüchten in Latium und in Apulien zu statten. Die Olivenblüte vollzieht sich unter günstigen Witterungs⸗ verhältnissen. Die Weingärten zeigen eine üppige Vegetation. Strich⸗ weise ist die Heuernte im Gange. (Bericht des Kaiserlichen General⸗ konsulats in Genua vom 26. Mai 1911.)

Saäaatenstand und Getreidehandel in Serbien. Der Kaiserliche Konsul in Belgrad berichtet unterm 23. Mai d. J. Amtlichen Berichten zufolge befriedigt im allgemeinen die Entwickelung der Saaten in Serbien und zwar sowohl der Winter⸗ als auch der Sommergetreidearten, obgleich infolge der häufigen starken Regen ein gewisser Stillstand auf den fetteren und tiefergelegenen Fluren beobachtet wird.

Der Maisanbau ist mit wenigen Ausnahmen als beendet zu betrachten; die Kulturen entwickeln sich bei der feuchten Witterung sehr gut. Stellenweise haben Wolkenbrüche, Ueberschwemmungen und Hagelwetter sowie auch Feldmäuse den Saatfeldern, Raupen den Pflaumen und anderen Obstsorten Schaden zugefügt. Im allgemeinen werden die Aussichten hinsichtlich der Pflaumenernte bisber als gut bis mittelmäßig bezeichnet; dasselbe gilt bezüglich des Standes der Weingärten.

Die Ausfuhr in Mais und Weizen war in den letzten vier Wochen anhaltend lebbaft, sie richtete sich wie im Monat zuvor hauptsächlich donauaufwärts nach Süddeutschland und weniger donau⸗ abwärts über Sulina nach Belgien und Norddeutschland. Die Ge⸗ treidepreise sind etwas gestiegen.

Die Aussichten landwirtschaftlicher Siedelungen

in Canada.

Die gesamte Fläche Canadas ist fünfzehnmal so groß wie die des Deutschen Reichs; von landwirtschaftlichem Werte aber ist vor⸗ läufig nur ein Drittel dieses Gebiets, und zwar das südliche Drittel. Aber auch in dieser Kulturzone sind aus natürlichen oder wirtschaft⸗ lichen Gründen noch große Flächen für die Bewirtschaftung ver schlossen. Im nördlichen Teile ist die Bevölkerung noch zu schwach, die Besiedelung der Ackerflächen noch zu neu und deren Kultur noch zu sehr in ihren Anfängen, als daß bereits jetzt mit einer vollen landwirtschaftlichen Ausnutzung gerechnet werden könnte. Doch ist man verhältnismäßig schnell damit vorwärts gekommen. Die seit den 70 er Jahren des vorigen Jahrhunderts, besonders aber im letzten Jahrzehnt kräftig in die Wege geleitete Landvergebungs⸗ und Einwanderungspolirik mit entsprechenden Kleinbesitzverhältnissen, die weitgehende Ausgestaltung des Verkehrswesens, die vielseitige direkte und indirekte staatliche Beihilfe, auch in der Belehrung der Farmer, und nicht minder die eigenen Bemühungen der Landwirte und ihrer Vereini⸗ gungen in wirtschaftspolitscher und technischer Hinsicht haben wie der landwirtschaftliche Sachverständige beim Kaiserlichen Konsulat in Montreal, Dr. H. Hucho, in einem Aufsatz in den „Mitteilungen der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft“ ausführt bewirkt, daß der im Jahre 1901 auf etwa 1500 Millionen Mark ge⸗ schätzte Wert landwirtschaftlicher Erzeugnisse sich bis heute beinahe ver⸗ dretfacht hat. Im Jahre 1909 betrug er nämlich schon 4116 Millionen Mark, wovon 2226 Millionen Mark auf Vieherzeugnisse entfallen. Als Vergleichszahlen seien die Werte der jährlichen landwirtschaftlichen Erzeugnisse für 1909 in den Vereinigten Staaten von Amerika mit 37 000 Millionen Mark, für Deutschland mit 15 000 Millionen Mark angegeben. b

So überaus günstig und billig wie noch vor wenigen Jahren sind die Ankaufs⸗ und Wirtschaftsbedingungen jetzt nicht mehr. Denn mit der Zeit wird die Erwerbung guten Landes natürlich immer schwieriger, und die Bodenpreise steigen dementsprechend; die Arbeits⸗ kräfte sind teurer, die Bodenerträge teilweise geringer geworden; dem⸗ nach muß der Acker intensiver bearbeitet und künstlich gedüngt werden, und schließlich wird der Absatz durch vermehrte Konkurrenz erschwert. Weiter nimmt das an sich nötige, Arbeit sparende Maschinenkapital in den verhältnismäßig kleinen Wirtschaften oft einen bedenklich großen Raum ein. Auch die bisher geringen Abgaben mehren sich, wie über⸗ haupt das ganze wirtschaftliche und persönliche Leben nach und nach mehr Anforderungen an den einzelnen stellt.

Freilich lebt und wirkt ein nicht unbeträchtlicher Teil der Land⸗ wirte noch unter den einfachsten Verhältnissen, und es rechtfertigt sich ihre teilweise weitgehende Bevormundung durch den Staat bezw. der Ruf nach staatlicher Hilfe. Dies bezieht sich besonders auf die zahl⸗ reichen landaufnehmenden Einwanderer des Westens. Mit geringsten Geldmitteln und landwirtschaftlichen Kenntnissen, wenigstens für canadische Verhältnisse, beginnen sie, mehr oder weniger abgelegenes Neuland zu bearbeiten und sich das Notwendigste zur Bewirtschaftung anzuschaffen. Voller Entbehrung ringt man sich anfangs durch, baut nach Gutdünken oder nach Nachbars Art etwas Getreide, hält wenig oder kein Vieh und kümmert sich im übrigen wenig weiter darum bis zur Ernte bezw. zum Verkauf der Erzeugnisse. Eigene Erfahrungen erst, verbunden mit amtlichen Eingebungen aller Art, bessern ihre Lage und schaffen nach und nach einen etwas mehr fachmännischen Betrieb. Im Westen sind Wirtschaftshöfe in unserem Sinne nicht anzutreffen. An sich schon weit verteilt, also nicht in Dörfern, sind die Farmsitze gewöhnlich ohne größere und festere Stallungen, Scheuern, Schuppen u. dgl. und zeigen außer bescheidenen Wohnhäusern (fast immer aus Holz) höchstens luftiggebaute Räume, die freilich wieder mit den erbärmlichsten Hütten und moderneren Ausführungen abwechseln. Ab⸗ geschlossene Gehöfte bilden sie nicht, wie sie auch nicht von Gärten, Umzäunungen u. dgl. umgeben sind.

Wesentlich anders ist das schon in den älteren laawi Distrikten des Ostens. Die Wirtschaftshöfe liegen im ganzen näher nebeneinander, die Gebäude sind in besserer Ordnung und häufiger von solider Bauart, durch Stallungen und Vorratsräume, selbst vereinzelte Gartenanlagen geschlossener; neuzeitliche Heiz⸗, Wasser⸗ und Abfall⸗ leitungsvorrichtungen, ebenso Beleuchtungs⸗, Telephonanlagen u. dgl. sind nicht selten. Viehhaltung und Obstbau werden neben Ackerbau betrieben, Milchviehhaltung und Futterbau sind allgemeiner, über⸗ haupt ist die gemischte Wirtschaftsart die Regel. Das Vieh wird mehr im Stalle gehalten. Molkereiwesen und andere nebengewerb⸗ liche Erzeugung sind häufiger. In den Betriebsweisen herrscht zwar ebenso wie im Westen noch nicht viel Methode, sondern man geht dabei ziemlich regellos und oberflächlich vor. Immerhin zeigt sich gegenüber dem Westen ein wesentlicher Fortschritt älterer Kultur, der teils eigenen Erfahrungen, teils der weitverzweigten Versuchs⸗ und Lehrtätigkeit bezw. dem gemeinsamen Vorgehen entsprungen ist. Die

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