Justizministerium.
Dem Amtsgerichtsrat, Geheimen Justizrat Dr. Rohde in Rotenburg a. F., dem Landgerichtsrat Götze in Erfurt sowie den Amtsgerichtsräten Stringe in Memel, Schuster in Neuhaldensleben und Werner in Schwetz ist die nachgesuchte
Dienstentlassung mit Pension erteilt.
Dem Amtsrichter Dr. Prym in Essen ist die nachgesuchte
Entlassung aus dem Justizdienst erteilt. Versetzt sind: der Amtsgerichtsrat Kölle in Zellerfeld nach Euskirchen, der Landrichter Fischer in Oppeln nach Stettin, der Amtsrichter Lendzian in Wischwill nach Hannover. In der Liste der Rechtsanwälte sind gelöscht: die Rechts⸗ anwälte Brinck bei dem Landgericht in Magdeburg, Schwartze bei dem Landgericht in Halle, Dr. Bartsch bei dem Amts⸗ gericht in Ziegenhals, Manzke bei dem Amtsgericht in Bublitz. In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: die Notare Mügel in Castellaun bei dem Amtsgericht in Castellaun nd Dumoulin in Wassenberg bei dem Amtsgericht in Heins⸗ erg mit dem Wohnsitz in Wassenberg, beide unter Belassung ndem Amte als Notar, die Gerichtsassessoren Julius Grau und Manfred Goldberger bei dem Landgericht III mit dem Wohnsitz in Berlin, Maxrx Mebes bei dem Landgericht I, Dr. Wilhelm Hilgemann bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Bochum, Dr. Bensberg bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Cöln, Dr. Walter Schwarz bei dem Amtsgericht in Duisburg⸗Ruhrort mit dem Wohnsitz in Marrloh, Friedrich Haase bei dem Amtsgericht in Altona, Dr. Josef Kluth bei dem Amtsgericht in Mülheim a. Rh.
Der Gerichtsassessor Dr. Benno Scholz ist infolge seiner Ernennung zum etatmäßigen Bezirksamtmann bei dem Kaiser⸗ lichen Gouvernement in Neu⸗Guinea aus dem Justizdienste geschieden.
Den Gerichtsassessoren Dr. Pinthus und charakterisiertem Vizekonsul Bünz ist die nachgesuchte Entlassung aus dem Justiz⸗ dienst erteilt.
Der Amtsgerichtsrat, Geheime Justizrat Kirsch in Düssel⸗ dorf ist gestorben.
Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
Der Regierungs⸗ und Baurat Max Meyer bei der Eisen⸗ bahndirektion Berlin ist zum Mitgliede des Technischen Ober⸗ prüfungsamts in Berlin ernannt worden.
Den Regierungsbaumeistern des Hochbaufachs Mahlberg in Dillenburg, Bohnsack in der Hochbauabteilung des Mini⸗ steriums der öffentlichen Arbeiten in Berlin und Hille in Ragnit sind etatmäßige Stellen als Regierungsbaumeister ver⸗ liehen worden.
Dem Regierungsbaumeister Loebell in Minden i. Westf. sind die Geschäfte des Vorstehers des Kanalbauamts daselbst übertragen worden.
Versetzt sind die Regierungs⸗ und Bauräte Dohrmann von Schleswig nach Königsberg i. Pr., Kohlenberg von Allenstein nach Schleswig und Flebbe von Minden i. Westf. nach Allenstein, Baurat Horstmann von Saarbrücken als Vorstand des Polizeibauamts in Cassel und Regierungs⸗ baumeister Schlochhauer von Znin als Vorstand des Polizei⸗ bauamts in Saarbrücken.
Versetzt sind ferner: die Regierungsbaumeister des Eisen⸗ vahnbaufachs Rewald, bisher in Posen, als Vorstand (auftrw.) des Betriebsamts 3 nach Kottbus und Gold⸗ schmidt, bisher in Cöln, zur Eisenbahndirektion nach Posen.
—
Ministerium für Handel und Gewerbe.
Der Regierungsrat Braun in Koblenz ist zum stell⸗ vertretenden Vorsitzenden des Schiedsgerichts für Arbeiter⸗ versicherung Regierungsbezirk Koblenz ernannt und der Re⸗ gierungsrat Keßler daselbst von diesem Amte entbunden worden.
Der Regierungsassessor Dr. Fritzschen in Merseburg ist zum stellvertretenden Vorsitzenden des Schiedsgerichts für Arbeiterversicherung Regierungsbezirk Merseburg ernannt worden.
Ministerium der geistlichen und Unterrichts angelegenheiten.
Dem Gymnasialdirektor Dr. Hoffmann ist die Direktion des Pädagogiums in Putbus übertragen worden.
Ministerium des Innern.
1 Dem Landrat Dr. von Martius ist das Landratsamt im Kreise Darkehmen übertragen worden.
ö114*““ L“ Der dem Arbeiter Jakob Knott in Nidrum unterm 6. Mai 1910 ausgestellte und am 8. Mai 1911 bis 1. No⸗ vember 1911 verlängerte Dynamiterlaubnisschein wird hiermit für ungültig erklärt. den 13. Juni 1911. Der Landrat. Freiherr von Korff.
Angekommen: Seine Erzellenz der Staatsminister und Minister der geist⸗ lichen und Unterrichtsangelegenheiten D. von Trott zu Solz, aus der Provinz Ostpreußen.
Nichtamlliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 17. Juni. 1
Vor dem Technischen Oberprüfungsamt in Berlin haben in der Zeit vom 1. April 1910 bis dahin 1911 im ganzen 328 preußische Regierungsbauführer die Staats⸗ prüfung im Baufache nach den Vorschriften vom 1. Juli 1900 bezw. 1. April 1906 abgelegt, und zwar 103 für das Hochbaufach, 108 für das Wasser⸗ und Straßenbaufach, 72 für das Eisenbahnbaufach und 45 für das Maschinenbaufach. Von
32 Prüflingen zuerkannt.
fache 150 und dem Maschinenbaufache 137 an. gestellt worden: 105 bahnbaufach 24 und im Maschinenbaufach 21.
faches und 3 Regierungsbaumeister des Eisenbahnbaufaches. rungsbaumeister. Davon gehörten dem Hochbaufache 47, dem
und dem Maschinenbaufache 3 an. “
für Mai 1911 betrugen nach der im Reichseisenbahnamt aufgestellten Uebersicht:
gegen das Vorjahr (mehr, weniger)
im ganzen auf 1 km ℳ ℳ ℳ ℳ %
Personenverkehr 66 752 574] 1 308 — 9 970 602 — 215 — 14,12
Güterverkehr 152 979 044] 2 926 + 20 243 404 + 352 + 13,68.
Bei der Beurteilung des Ergebnisses ist die Lage des in Betracht zu ziehen (1910 im Mai, 1911 im Juni).
im ganzen [1 km
Hannover, 17. Juni. Seine Majestät der Kaiser und König ist, „W. T. B.“ zufolge, gestern kurz vor 3 Uhr hier eingetroffen und auf dem Bahnhof vom Polizeipräsidenten von Beckerath und dem Geheimen Intendanzrat Barnay empfangen worden. Vom Bahnhof fuhr Seine Majestät der Kaiser unter den Hochrufen des zahlreich versammelten Publikums nach dem Rennplatz auf der Großen Bult, wo er dem Kaiserrennen beiwohnte, und besuchte Abends das König⸗ liche Schauspielhaus, wo auf Allerhöchsten Befehl die Posse „Robert und Bertram“ gegeben wurde. Heute morgen wohnte der Kaiser einer Uebung des Königsulanenregiments (1. Han⸗ noversches) Nr. 13 bei. 8
Bayern.
Seine Durchlaucht der Prinz Moritz zu Schaum⸗ burg⸗Lippe ist, „W. T. B.“ zufolge, heute vormittag in München eingetroffen, um Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz⸗Regenten offiziell Anzeige von dem Regierungs⸗ antritte Seiner Durchlaucht des Fürsten Adolf zu Schaumburg⸗Lippe zu machen.
Württemberg.
des „W. T. B.“ die neue Gehaltsordnung der Staats⸗ diener im engeren Sinne mit 81 Stimmen bei 2 Stimm⸗ enthaltungen angenommen.
8 Großbritannien und Irland.
Die in London tagende Reichskonferenz hat gestern, „W. T. B.“ zufolge, einen Antrag des Premierministers von Canada Sir Wilfrid Laurier angenommen, es möge eine Kom⸗ mission für das ganze Reich zur Untersuchung der Handelsbeziehungen für das Reich ernannt werden. Laurier beantragte ferner, die Regierung zu ersuchen, sie möge Verhandlungen mit denjenigen fremden Regierungen, die Handelsverträge haben, die sich auch auf die Uebersee⸗ dominien beziehen, einleiten mit dem Ziele, jedem dieser Dominien die Freiheit zu schaffen, sich von dem Vertrag zurück⸗ zuziehen, ohne diesen für das übrige Reich zu verschlechtern. Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts Sir E. Grey er⸗ klärte sich im Namen der heimatlichen Regierung mit dem An⸗ trag einverstanden, worauf er angenommen wurde.
Frankreich.
Das Ministerium des Aeußern hat von der spanischen Regierung eine Mitteilung erhalten, in der sich diese, „W. T. B.“ zufolge, darauf beschränkt, die von ihr in Larrasch und Elksar getroffenen Maßnahmen zu rechtfertigen.
— Die Deputiertenkammer verhandelte gestern über die Marokkointerpellationen.
Niach dem Bericht des „W. T. B.“ sprach der Abg. Jaur ds seine Genugtuung darüber aus, daß die Lage zwischen Frankreich und Spanien, die eine Zeitlang gespannt schien, sich gebessert habe, und forderte sodann nähere Erklärungen über den Stand der Beziehungen zwischen den beiden Ländern, die durch die Algecirasakte und den Geheimvertrag geregelt seꝛen. — Der Abg. Benoist erklärte, der frühere spanische Ministerpräsident Maura hätte 1904 diesen Vertrag allen Parteiführern mitgeteilt. — Jaurès forderte sodann die Regierung auf, in Verhandlungen wegen Veröffentlichung des Geheimvertrages einzutreten, um den Mißverständnissen ein Ende zu setzen und zur Befolgung der Algecirasakte zurückzukehren. Frankreich wollte, fuhr Jaurès fort, nach Fes gehen, weil seine Agenten die Lage als ver⸗ zweifelt dargestellt hätten. Nun erklärten die spanischen und heute auch die französischen Agenten, daß das Land vollkommen ruhig sei. Der Ruf des Sultans nach dem Protektorat sei nur der Einspruch des entwaffneten und vertriebenen Herrschers gewesen. Die spanische Kolonialpartei schicke sich an, Spanien zu ver⸗ anlassen, dem Bcispiel Frankreichs zu folgen. Es werde somit not⸗ wendig sein, entweder mit Spanien zu teilen, oder mit dem sprach⸗ verwandten Lancde in einen Zwist zu geraten, in dem Deutschland, gegenwärtig ein einfacher Zuschauer, Richter werden könnte. Jauroès verlangte schließlich, daß Frankreich und Spanien gemeinsam Marokko räumen sollten. Der Abg. Déchanel wies darauf hin, daß das Einvernehmen zwischen Deutschland und Frankreich die deutschen Handels⸗ interessen sicherstelle. Die Ereignisse hätten das Bündnis mit Rußland trotz der Entreoue in Sanees und die Entente mit England trotz des Todes König Ekuards hewiesen. Dechanel schloß, Frankreich könne die Ruhe und das kalte Blut eines großen Volkes bewahren. — Der Minister des Aeußern Cruppi wies auf die Notwendigkeit der Ent⸗ sendung der Hilfskolonne nach Fes hin, dessen kritische Lage von den Konsuln Frankreichs und Englands gemeldet worden war. Der Minister rühmte den Heldenmut Boissets und Brémonds und er⸗
diesen Bauführern haben 284 die Prüfung bestanden, und zwar 96 im Hochbaufach, 86 Wasser⸗ und Straßenbaufach,
64 im Eisenbahnbaufach und 38 im Maschinenbaufach. Das Prädikat „mit 1“ wurde 12, das Prädikat „gut“
Die Bauführer, welche die Prüfung bestanden haben, sind sämtlich zu Regierungsbaumeistern ernannt worden. Von 701 Regierungsbaumeistern, die am 1. April 1910 im Staatsdienst beschäftigt waren, gehörten dem Hochbaufache 256, dem Wasser⸗ und Straßenbaufache 158, dem Eisenbahnbau⸗
Im Laufe des “ 1910 sind etatsmäßig an⸗ — Regierungsbaumeister, und zwar im Hochbaufach 34, im Wasser⸗ und Straßenbaufach 26, im Eisen⸗
Verstorben sind: 1 Regierungsbaumeister des Hochbau⸗
Aus dem Staatsdienste entlassen sind 107 Regie⸗
Wasser⸗ und Straßenbaufache 47, dem Eisenbahnbaufache 10
Die Verkehrseinnahmen deutscher Eisenbahnen
. . 8 8 „ “ Die Zweite Kammer hat gestern nach einer Meldung
rüppessch hätte, um sie zu beglückwünschen. Die Fra nach Fes gezogen, weil es der Sultan gewünscht hätte.
den Weg durch die Schauja genommen, weil es der S
falls gefordert hätte. Die in Taurirt vereinigten Truppen hätt
nicht nach Fes zu marschieren brauchen, aber sie hätten ein nützlichet und dauerndes Werk geschaffen. Es würde weder Schwierigkeit
noch Einwände gegeben haben, wenn der Marsch über Tazza wendig gewesen wäre. Cruppi verlas sodann die Berichte ea spanischen Agenten, die in erster Linie die Ausschiffung der spanisches Truppen rechtfertigen. Das kluge Vorgehen Frankreichs entzchen keine Verletzung der Algecirasakte. Frankreich werde mit Spanien eine Politik der Entente, des usammengehent verfolgen. Der gleiche Geist einer stets beobachteten Freund⸗ schaft, die gleiche Politik leite — es könne nicht daran ge⸗ zweifelt werden — Spanien, eine Politik, die völlig der Deklaration vom 3. Oktober 1904 entspreche, die Frankreich und Spanien, gebunden an die Integrität Marokkos, geschlossen hätten. Die Peklaration machten sie gleich den anderen Mächten zur Grundlage ihrer Politik. Man habe von einem geheimen Abkommen zwischen Frankreich und Spanien gesprochen. Wenn es bestünde könnte ein Geheimnis, das zwei Ländern angehöre, von einem von ihnen verletzt werden? Cruppi versicherte erneut daß Spanien wie Frankreich von drei Prinzipien geleitet würde, nämlich dem der Aufrechterhaltung der Souveränität und Unabhängigkeit des Sultans, dem der Integrität seiner Staaten und dem der wirtschaftlichen Freiheit in Marokko ohne irgendwelche Ungleichheit. Der Minister erklärte weiter, die Ereignisse in Elksar würden keine Aenderung der leitenden Grundsätze zur Folge haben. Er verlas sodann die Note, die Frank⸗ reich an die Mächte gerichtet hat, in der es erklärt, daß nach der Entsetzung von Fes noch übrig bleibe, die Unter⸗ werfung einiger Stämme zu erreichen; die Operationen zur Er⸗ reichung dieses Zieles würden auf das unbedingt Notwendige be⸗ schränkt werden. Man werde sie nicht auf die Berber des Atlas. ausdehnen. Der Minister fügte hinzu, die Regierung sei estrebt, unter Beobachtung der Algecirasakte die Autorität des Sultans und die Handelsfreiheit wiederherzustellen. Die Truppen würden nicht länger als unbedingt notwendig in der Gegend von Fes bleiben. Sobald das Werk gesichert und die scherifische Armee reorganisiert sei, müsse man mit der herrschenden Unordnung auf⸗ räumen, die Hafenpolizei organisieren und den Machsen reformieren, Ddie Kammer lehnte hierauf mit 471 gegen 112 Stimmen die Priorität der Tagesordnung Jauréès ab, die die gefährlich Politik der Geheimverträge verurteilt und die Regierung arn⸗
fordert, zur genauen Einhaltung der Algecirasakte zurückzukehm und von einer militärischen Besetzung Marokkos und allem, wes die notwendige Freundschaft felschen Frankreich und Spanien in Frage stellen könnte, abzusehen. Dagegen nahm die Kammer eine Tagesordnung Ferry an, die die Erklärungen der Regierung billigt und ihr das Vertrauen ausdrückt, daß sie eine Politik befolge, die den besonderen Interessen Frankreichs in Marokko und der Algecirasakte entspricht. Der Passus, der das Vertrauensvotum enthält, wurde mit 434 gegen 77 Stimmen angenommen. Darauf wurde die Sitzung geschlossen. 8
Rußland. 8
Petersburg nach London abgereist.
— Der Ministerrat hat, wie „W. T. B.“ meldet, gestern beschlossen, in der Reichsduma die Vorlage einer Wehrsteuer einzubringen mit der Bestimmung, daß alle von der Wehrpflicht Befreiten vier Jahre lang eine gleichmäßige Steuer von 6 Rubel jährlich zahlen. Die Steuer soll 16 bis 17 Millionen Einnahmen jährlich ergeben. Der Ministerrat hat ferner folgende Maßnahmen zur Regelung des Hochschulwesens genehmigt: die Begrenzung der Zahl der Zuhörer der technischen Hochschulen, das Verbot, länger als sieben Jahre an einer Hochschule zu bleiben, die Abhaltung obligatorischer Prüfungen zu bestimmten Zeiten während des ganzen Lehrkurses und die strenge Einhaltung der Bestimmung daß nur solchen Studenten eine materielle Unterstützung gewährt werden soll, die die Prüfungen gut bestanden haben.
Spanien.
Die Hafenbehörden in Vigo haben den deutschen Dampfer „Puto“, der gestern von Villa Garcia dort ein⸗ getroffen ist, „W. T. B.“ zufolge, mit Beschlag belegt. Der Dampfer soll Kolli mit Waffen und Konterbande, die auf dem Bahnhof von Orense beschlagnahmt wurden, in Villa Garcia gelandet haben.
— Der Dampfer „Ywiranga“ mit dem früheren Präst⸗ denten von Mexiko Porfirio Diaz an Bord ist gestern in der Bucht von Vigo vor Anker gegangen.
Türkei.
Der Sultan hat gestern in Prischtina in Anwesenheit von über 100 000 Albanesen ein Selamlik abgehalten, das, wie „W. T. B.“ meldet, auf die Albanesen einen alle Erwar⸗ tung übersteigenden Eindruck ausübte. Der Sultan spendete 30 000 Pfund zur Befreiung von Albanesen aus der Schuld⸗ haft und zum Ausgleich schwebender Blutrache., Alle wegen politischer Vergehen verhafteten oder verbannten Albanesen sowie 127 Bulgaren wurden begnadigt. Die nach dem Selamlik vom Großwesir verlesene Proklamation des Sultans lautete in ihrem Hauptteil folgendermaßen:
Ich war vor einem Jahr tief betrübt, daß hier unter den Brüdern Blut vergossen wurde, da ich aber von ihrer Treue überzeugt war, so habe ich die Ereignisse den Einflüsterungen einiger Agitatoren zu⸗ geschrieben. Die Kundgebungen der Treue, die ich bei meiner Reise wahrgenommen habe, haben erwiesen, daß ich mich nicht; ire Daher habe ich gemäß den Bestimmungen des Gesetzes die) Be⸗ gnadigung aller wegen der letzteren Ereignisse verurteilten ade. r. geklagten Personen verkündet und das Gesetz unterschrieben onan die Plutfehden beendet werden. Die zur Schlichtung der Blutre nötigen Geldmittel habe ich gewährt. Ich hoffe, die Alheance werden anerkennen, daß das Heil auf dem Gehorsam gegenühher der Gesetz beruht, und daß sie denjenigen, die sie gegen das Geschetz anf⸗ wiegeln sollten, kein Gehör schenken werden, daß sie die Bflutrace aufgeben und ihr Recht innerhalb des Rahmens des Scheriatqh somes der Gesetze suchen und meinen Willen befolgen werden. 1 — Der montenegrinische Geschäftsträgger m Konstantinopel hat, obiger Quelle zufolge, bei der
wegen der von türkischer Seite Wiederbesetzlung der Anhöhe von Jesero, die seit dem vorigen Jahzre als montenegrinisches Gebiet anerkannt ist, sowie wegohn Errichtung zweier Redouten auf montenegrinischem Ge und wegen des Inbrandsetzens zweier montenegrinischer Wäl
die von den Türken aus strategischen Gründen niedergebre worden waren, Vorstellungen erhoben und die Räumung Jesero sowie die Beseitigung der Redouten verlangt. Die reise der türkischen Militärkommission zur Abgrenzung strittigen Punkte an der türkisch⸗montenegrinischen Grenz
bis zur Ernennung von montenegrinischen Delegierten
innerte daran, daß der deutsche Konsul die französischen Offiziere
schoben worden.
v1A“ 8 v4“ 1““ 8 Der siamesische Thronfolger ist gestern von St.
Griechenland.
mänische Gesandte ist gestern zur Ueberreichung
— Detzrumnnsche ceetbens vom König „in Audienz sein famngen worden und hat dabei, „W. T. B.“ zufolge, der 88 de seines Souveräns Ausdruck gegeben, daß die freund⸗ Feftlichen Beziehungen zwischen Rumänien und Griechenland
b.g hergestellt seien. Der König erwiderte in gleicher Weise.
86 —
8 Meldungen der „Agence Havas“ erhebt der Sultan ee ne die Besetzung von Larrasch durch die Spanier Einspruch und erklärt, daß er wegen dieser Verletzung der Verträge an die Algecirasmächte appellieren würde. Inzwischen würde er es, solange die Besetzung dauere, ablehnen, eine einzige Klausel des 1910 in Madrid ab⸗ eschlossenen spanisch⸗marokkanischen Abkommens anzuwenden. g Wie aus Mazagan gemeldet wird, hat sich der Stamm der Rahamna, der zu El Glaui hält, empört und die Ab⸗ setzung Mulay Hafids erklärt. Bis zum 8. d. M. herrschte in
Marakesch Ruhe.
auptverhandlungsgegenstand auf der Tagung der Kolonial⸗ UIPer r Stullgart die Fortführung der Deutsch⸗ostafrikanischen b bis an den Tanganykasee, wird in der „Kolonialen u“ (Verlag von Dietrich Reimer [Ernst Vohsen)] in Berlin) unter dem Titel „Die Entwicklung einer ostafrikanischen Kolonie“ näher beleuchtet. Und zwar wird auf das Beispiel Ugandas und der Ugandabahn hingewiesen. Uganda habe seit seiner Erschließung zurch die Bahn einen überraschenden Aufschwung genommen, besonders die Baumwollkultur habe wahrhaft großartige Erfolge erzielt, obwohl se dislang fast ausschließlich von Eingeborenen betrieben werde. Uiganda habe 1910 fast dreimal soviel Baumwolle ausgeführt, als die gesamten deutschen Kolonien. Aehnliche Erfolge könnten in den deutschen Landschaften Ruanda und Urundi, die zu den bevölkertsten Gebieten Afrikas gehören, erzielt werden; rechne man dazu eine entsprechende Einfuhr analog der Ent⸗ wicklung Ugandas, so könnten allein die beiden genannten Landschaften in absehbarer Zeit einen Gesamthandel von 20 Mill. Mark haben. Voraussetzung dazu sei aber eben eine Bahnverbindung mit der Küste. — Der Ethnologe Neuhauß bespricht in demselben Heft die wirt⸗ schaftlichen Möglichkeiten Neuguineas; nach des Verfassers Meinung haben kaum andere Kulturen Aussicht auf Erfolg als der Anbau von Kckospalmen und etwa von Zuckerrohr. — Ueber die beabsichtigte Gründung einer Kreditanstalt für Südwestafrika schreibt Dr. Külz: Ein bekannter Kolonialpolitiker Portugals, Graf von Penha Garcia bringt einen Bericht über die portugiesische Kolonialpolitik unter der Republik; es wird in ihm hervorgehoben, daß die neue Regierung nicht durch überstürzte Reformen, sondern durch langsame Umgestaltung schädlicher Zustände die Besitzungen Portugals dem Mutterlande nützlich machen wolle.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Herren⸗ hauses und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.
— Das Haus der Abgeordneten verhandelte in seiner heutigen (89.) Sitzung, welcher der Minister des Innern von Dallwitz beiwohnte, zunächst in zweiter Beratung den Gesetzentwurf, betreffend Abänderung der Ge⸗ meindeordnung für die Rheinprovinz, auf Grund des Berichts der 20. Kommission. Die Novelle, die bereits das Herrenhaus passiert hat, ändert hauptsächlich das Institut der „Meistbegüterten“ in der Gemeinde⸗ und Bürgermeisterei⸗ vertretung.
Von den Abgg. Dr. Bell⸗Essen (Zentrum), Aronsohn fortschr. Volksp.) und Dr. Gottschalk⸗Solingen (nl.) sind zahlreiche Abänderungen und Zusätze zu den Kom⸗ missionsbeschlüssen beantragt worden. 8
Die Abgg. Dr. Bell⸗Essen (Zentr.) und Genossen be⸗ antragen zunächst die Einfügung eines Artikels 1 a, wonach § 6 der Gemeindeordnung so gefaßt werden soll, daß die gegen⸗ wärtig vorhandenen Landgemeinden in ihrer bisherigen Be⸗ grenzung bestehen bleiben sollen, jedoch die Einverleibung von einzelnen Grundstücken in eine Stadtgemeinde oder Land⸗ gemeinde, die Zusammenlegung von Landgemeinden sowie die Abgrenzung einzelner Gemeindeteile und deren Vereinigung mit einer anderen Landgemeinde oder Stadtgemeinde, zugelassen werden sollen. Der Antrag enthält eine große Reihe von Vor⸗ schriften über das Verfahren unter Mitwirkung des Kreis⸗ ausschusses, des Bezirksausschusses, des Kreistages und des Provinzialrats und sieht die Königliche Genehmigung vor.
Nach Artikel 2 wird der § 46 über das Meistbegüterten⸗ recht geändert. 3 1 V1 “
Nach der Kommissionsfassung gehören in denjenigen Ge⸗ meinden, welche durch gewählte Verordnete vertreten werden, zum Gemeinderate außer diesen Verordneten auch A. die meistbegüterten Grundeigentümer, welche 1) im Gemeinde⸗ bezirke mit einem Wohnhaufe angesessen sind, 2) zur
Staatseinkommensteuer sowie 3) von ihrem im Ge⸗ meindebezirke gelegenen Grundbesitze zu mindestens 150 ℳ Grund⸗ und Gebäudesteuer, darunter zu mindestens 100 ℳ Regierungsvorlage und Herrenhausbeschluß 75 ℳ) Grund⸗ steuer, staatlich veranlagt sind, auch 4) die für Meist beerbte vorgeschriebenen persönlichen Eigenschaften be⸗ siten. Die außerhalb wohnenden meistbegüterten Grund⸗ eigentimer können Vertreter bestellen, welche die für Meistbeerbte vorgeschriebenen persönlichen Eigenschaften haben und zur Staatseinkommensteuer veranlagt sind. Weibliche oder unter Vormundschaft stehende Personen sowie solche unter 24 Jahren können ihre Rechte nur durch Ver⸗ treter ausüben. Miteigentümer haben ebenfalls das Recht eines meistbegüterten Grundeigentümers. B. die⸗ jenigen juristischen Personen, Aktiengesellschaften, Kommandit⸗ gesellschaften auf Aktien, Berggewerkschaften, eingetragene Ge⸗ nossenschaften, Gesellschaften m. b. H., welche mehr als der höchst⸗ esteuerte Gemeindeangehörige sowohl an direkten Staatssteuern als an direkten Gemeindesteuern entrichten; dem Staatsfiskus steht dasselbe Recht zu, wenn er zu den direkten Gemeindesteuern mit einem höheren Betrage herangezogen wird, als der höchstbesteuerte Gemeindeangehörige an direkten Staats⸗ und Gemeindesteuern, beide zusammengerechnet, entrichtet. Die Zahl der meist⸗ begüterten Grundeigentümer (A) darf die Pälfte, diejenige der juristischen Personen und der übrigen unter B bezeichneten werechtigten ein Viertel der gewählten Verordneten nicht über⸗
en.
Aba Der Abg. Bell⸗Essen beantragt hierzu eine Reihe von bänderungen, wonach die außerhalb wohnenden meist⸗
begüterten Grundeigentümer sich durch Pächter, Verwalter oder Söhne vertreten lassen können, die in der Gemeinde selbst Grundbesitz verwalten. Unter B läßt ferner der Antrag die juristischen Personen ganz fort und fügt neu hinzu: diejenigen Haus⸗ und Grundbesitzer, die seit 10 Jahren in der Gemeinde ihren steuerlichen Wohnsitz haben, seit 5 Jahren zu 150 ℳ Grund⸗ und Gebäudesteuer staatlich ver⸗ anlagt sind und die für Meistbeerbte vorgeschriebenen persön⸗ lichen Eigenschaften besitzen. Die Zahl der unter A und B bezeichneten Berechtigten darf zusammen die Hälfte und die Zahl der unter B bezeichneten Berechtigten darf für sich allein ein Sechstel der Zahl der gewählten Verordneten nicht überschreiten. Die Abgg. Aronsohn (Vp.) u. Gen. beantragen die Aenderung, daß hinter A gesagt wird: „Die meistbegüterten Grundeigentümer ohne Unterschied des Geschlechts“, sodaß die weiblichen Personen selbst zum Gemeinderate gehören und sich nicht vertreten lassen brauchen. 4 Der Abg. Bell⸗Essen beantragt ferner dem § 35 der geltenden Gemeindeordnung einen Zusatz zu geben, wonach den juristischen Personen und dem Staatsfiskus das Gemeinderecht zusteht, sofern sie seit zwei Jahren im Gemeindebezirke ein be⸗ bautes Grundstück besitzen und mit mindestens 32 ℳ zur Grundsteuer veranlagt sind, welcher Betrag unter Umständen bis auf die Hälfte ermäßigt werden kann. 6 Die Abgg. Dr. Gottschalk⸗Solingen und Genossen beantragen die Wiederherstellung der Regierungsvorlage inso⸗ fern, als mindestens 75 ℳ auf die Grundsteuer entfallen sollen. Die zu dem übrigen Inhalt des Entwurfs vorliegenden Anträge beziehen sich namentlich auf die geheime Wahl der Gemeinderatsmitglieder, auf die Anstellung von besoldeten Landbürgermeistern, die von der Bürgermeistereiversammlung gewählt werden, auf die Oeffentlichkeit der Gemeinderats⸗ sitzungen und auf die Kontingentierung der Mitgliederzahl der
Bürgermeistereiversammlung.
Bei Art. 1, der lediglich die Aufhebung des § 41 der geltenden Gemeindeordnung bestimmt, findet zunächst eine all⸗ gemeine Debatte statt. “
Abg. Fleuster (Zentr.): Die Staatsregierung hat die Reform⸗ bedürftigkeit der Gemeindeordnung für die Rheinprovinz durch Ein⸗ bringung dieser Vorlage anerkannt. Leider hat sie jedoch nur einen Teil der berechtigten Wünsche der Rheinprovinz berücksichtigt und damit eine Enttäuschung hervorgerufen. Auf der anderen Seite ent⸗ hält die Vorlage der Regierung eine Bevorzugung der Industrie. Es werden durch sie eine Menge der Meistbeguterten ihres Rechts be⸗ raubt und neue Meistbegüterte geschaffen. Wir haben uns nun in der Kommission bemüht, die Vorlage durch eine Reihe von Anträgen nach Kräften zu verbessern. Es handelt sich dabei um Wüänsche, die in zahlreichen Eingaben aus den rheinischen Landgemeinden laut ge⸗ worden sind. Diese Wünsche beziehen sich namentlich auf die Wahl der Bürgermeister, auf die geheime 11; bei den Gemeinde⸗ ratswahlen. Alles Punkte, die tatsächlich der Erwägung wert sind. Die Verhandlungen der Kommission gestalteten sich aber für unsere Anträge ungünstig. Allerdings wurden sie weniger rundsätzlich als mit Rücksicht auf die Geschäftslage bekämpft.
Nan wies darauf hin, daß man sich auf die wenigen Punkte be⸗ schränken müsse, welche die Regierung als reformbedürftig hingestellt hat. Man nahm Rücksicht auf die uͤberaus wichtige Zweckverbands⸗ vorlage und darauf, daß man sich beeilen müsse, wenn man die Novelle zur rheinischen Gemeindeordnung überhaupt noch in dieser Session verabschieden wollte. An der Verzögerung der Kommissions⸗ verhandlungen haben wir aber keine Schuld. Nun ist anzuerkennen, daß die Kommission kleine Verbesserungen vorgenommen hat. Dazu gehört namentlich das von ihr aufgestellte Erfordernis, daß zum Gemeinderate die meistbegüterten Grundeigentümer gehören sollen, die mindestens 100 ℳ Grundsteuer zu zahlen haben. Ein weiterer Fortschritt ist die Einführung der Fristwahl. Weniger erfreulich ist, daß die Oeffentlichkeit in den Gemeinderats⸗ sitzungen nur in beschränktem Umfange zugelassen wird. Diese Einschränkung ist unzweckmäßig und unbegründet. Immerhin enthalten die betreffenden Bestimmungen eine Verbesserung egen den bisherigen Zustand. Wir unsererseits glauben, daß schon in diesem Gesetz noch andere Punkte der rheinischen Gemeinde⸗ ordnung revidiert werden könnten. Dazu gehört vor allem eine Besserstellung der Befugnisse der Gemeindevorsteher und der Be⸗ stimmungen über die Zusammensetzung der Bürgermeistereiversammlung. Wir beantragen, daß die Bürgermeistereiversammlung aus mindestens 12 gewählten Mitgliedern bestehen muß. Auf jeden Fall hat jede Gemeinde mindestens einen Abgeordneten zu entsenden. In bezug auf das Meistbegütertenrecht können wir der Staatsregierung auf ihrem Wege nicht folgen. Ebenso wie die Freisinnigen beantragen auch wir die geheime 8* zum Gemeinderat. Wir glauben, diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen zu sollen, ohne die weitergehenden Wünsche der rheinischen Bevölkerung zur Geltung zu bringen; wir bitten Sie, unsere Gründe für die von uns deshalb gestellten Anträge anzuhören und in wohlwollende Erwägung zu nehmen.
Unterstaatssekretär Holtz: Die Begrenzung, in der die Vor⸗ lage sich hält, erklärt sich teilweise auch aus der von dem hohen Hens gefaßten Resolution, welche die Regierung aufforderte, in
krwägung einzutreten, inwieweit eine Abänderung einzelner Be⸗ stimmungen der rheinischen Landgemeindeordnung sebohn sei. Auf Grund dieser Resolution sind die Grundzüge der Novelle aufgestellt und ist der Provinziallandtag gehört worden. Dieser hat mit großer Mehrheit sich zu diesen Grundzügen bekannt und sie nur in dem einen Punkte erweitert, daß analog den Rechtsverhältnissen in anderen Landesteilen eine anderweite Regelung für die juristischen Personen erfolgen solle. Dadurch ist naturgemäß im wesentlichen der Umfang der Vorlage bestimmt worden. Ich möchte dringend raten, schon mit Rücksicht auf die parlamentarische Lage, eine Erweiterung der Vorlage nicht zu versuchen; das möchte das Schicksal des Ent⸗ wurfs gefährden. Unter den gestellten Anträgen gehen viele soweit über den Rahmen der Novelle hinaus, daß es keinem Zweifel unter⸗ liegt, daß so weitgehende Abänderungen bei dieser Gelegenheit nicht vorgenommen werden können.
(Schluß des Blattes.)
In der gestrigen Landtagsersatzwahl im Wahl⸗ kreise Eschwege⸗Schmalkalden für die ungültig erklärte Wahl des Abgeordneten Dr. Wendlandt (natlib.) ist dieser, laut Meldung des „W. T. B.“ mit 166 gegen 131 Stimmen, die auf den konservativen Kandidaten, Landrat von Keudell, entfielen, wiedergewählt worden. “
Nr. 48 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, heraus⸗ egeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 14. Juni, hat 5 enden Inhalt: Zur Fenstergröße unserer Schulklassen. — Ver⸗ mischtes: Werttbewerb für Entwürfe zur städtebaulichen Ausgestaltung der Frankfurter Wiesen in Leipzig. — Zuschauerraum für Theater oder ähnliche Bauwerke mit senkrechter äußerer Abschlußwand. — Vorrichtung zur selbsttätigen Entlastung der Drehzapfen bei Klapp⸗ brücken. — Bücherschau.
Statistik und Bolkswirtschaft.
1911 und in dem gleichen Zeitraume des Vorjahrs.
Es wurden befördert deutsche Auswanderer im Monat Mai über 1911 1910 dvgbFööqXXp“ 1 405 e ee1“ 609 deutsche Häfen zusammen . . 1 956 2 014 fremde Häfen (soweit ermittelt) 179 379 überhaupt 7135 2 393. Aus deutschen Häfen wurden im Monat Mai 1911 neben den 1956 deutschen Auswanderern noch 21 148 Angehörige fremder Staaten befördert, davon gingen über Bremen 11 975, über Ham⸗
burg 9173 8 1 8 Kaiserliches Statistisches Amt. van der Borght.
Der Wert des deutschen Spezialhandels im reinen Warenverkehr belief sich im Mai d. J. auf 806,0 Millionen Mark in der Einfuhr und auf 652,8 Millionen Mark in der Ausfuhr, im abgelaufenen Jahresteil auf 3866,7 Millionen Mark in der Einfuhr gegen 3669,0 Millionen Mark, in der Ese auf 3197,8 Millionen Mark gegen 2937,8 Millionen Mark im Vorjahre. Außerdem erreichte die Einfuhr von Gold und Silber im Mai d. J. einen Wert von 6,3 Millionen Mark Gold und 7,2 Millionen Mark Silber, im abgelaufenen Jahresteil einen solchen von 67,7 gegen 155,7 Millionen Mark Gold im Vor⸗ jahr, ferner von 25,7 gegen 23,7 Millionen Mark Silber, die gleich⸗ zeitige Ausfuhr von Gold⸗ und Silberwerte von 18,9 gegen 73,7 Millionen Mark Gold und von 13,2 gegen 12,3 Millionen Mark Silber im Vorjahr. 8
8 Zur Arbeiterbewegung.
Wegen Arbeitsniederlegung der Zeitungsrotations⸗ maschinenmeister der Firma August Scherl G. m. b. H. konnten gestern abend und heute früh der „Berliner Lokal⸗Anzeiger“, „Der Tag“ und die „Berliner Abend⸗Zeitung“ nicht erscheinen. Die Arbeitsniederlegung ist nicht durch Lohndifferenzen entstanden, sondern wegen der Entlassung von zwei Maschinenmeistern, die infolge eines Urteils des von Gehilfen und Prinzipalen paritätisch besetzten Tarif⸗ amtes der Deutschen Buchdrucker geschehen ist. Die Betriebe von Rudolf Mosse und Ullstein u. Co. hatten auf Grund gegenseitiger Abmachungen Aushilfe zu leisten sich bereit erklärt, jedoch haben die “ trotz wiederholter Aufforderung seitens ihrer eigenen
rganisationsvorstände diese Arbeit verweigert. Infolgedessen konnten auch die Zeitungen der genannten Firmen nicht erscheinen. Die in Frage kommenden Organisationen, das Tarifamt der Deutschen Buch⸗ drucker, der Vorstand des Verbandes der Deutschen Buchdrucker und der Vorstand des Verbandes der Buchdruckereihilfsarbeiter, haben aus diesem Anlaß eine Erklärung veröffentlicht, in der sie den außer⸗ ordentlich groben Tarifbruch und die groben gewerkschaftlichen Disziplinlosigkeiten der in Betracht kommenden Maschinenmeister be⸗ dauern und mitteilen, daß diese aus dem Verbande der Deutschen Buchdrucker ausgeschlossen seien. 1 3
Die Belegschaft der Zeche Glückauf⸗Segen üeer. i. Westf.), die seit länger als zwei Monaten im Ausstand verharrte, hat gestern, „W. T. B.¹ zufolge, fast einstimmig beschlossen, die Arbeit wieder aufzunehmen. Die Forderungen der Belegschaft sind nicht bewilligt worden. 8 1
In mehreren Ortsbezirken des Verbandes Münsterländischer Textilindustrieller weigern sich, der „Kölnischen Zeitung“ zufolge, die organisierten Arbeiter in ihrer Gesamtheit noch immer, die Arbeit wieder aufzunehmen. Dies hat den genannten Arbeitgeberverband veranlaßt, in einer am 14. d. abgehaltenen Generalversammlung eine erneute Kündigung aller den Arbeiterverbänden angehörenden Leute für den 24. d. zu beschließen, falls bis dahin nicht eine allgemeine Wieder⸗ aufnahme der Arbeit, so weit sie möglich ist, erfolgt sein sollte.
In Mannheim haben die Bäckergehilfen in einer stark be⸗ suchten Versammlung mit 290 gegen 4 Stimmen beschlossen, in allen Betrieben, in denen ihre Forderungen nicht bewilligt worden sind, die Arbeit einzustellen. Wie die „Kölnische Zeitung“ meldet, dreht sich der Kampf in der Hauptsache um die Abschaffung des Zwanges, beim Arbeitgeber zu wohnen. Der von dem als Einigungsamt an⸗ gerufenen Gewerbegericht abgegebene und von den Gehilfen an⸗
enommene Schiedsspruch war dahin ergangen, daß Gehilfen 5 den ersten zwei Jahren nach der Lehre im Hause des Arbeit⸗ gebers wohnen und allen übrigen das Wohnungsgeld ausbezahlt werden sollte. Die Bäckerinnungsversammlung hat die An⸗ nahme dieses Schiedsspruchs abgelehnt und ein Rundschreiben an ihre Mitglieder erlassen, keine Einzelverträge abzuschließen. Doch hat eine ganze Reihe von Betrieben die Forderungen anerkannt, darunter auch die Brotfabriken. Ueber die die Forderungen nicht bewilligenden Bäckereien wurde von sozialdemokratischer Seite der Boykott verhängt. Der Allgemeine Arbeitgeberverband Mannheim⸗Ludwigshafen erklärt dazu, die Bäckerinnung babe die geforderten Lohn⸗ und Arbeits⸗ bedingungen der Gehilfen bewilligt, nur lehne sie es mit Rücksicht auf einen ordnungsmäßigen Geschäftsbetrieb ab, alle über 19 Jahre alten Gesellen außerhalb wohnen zu lassen; sie wolle dies wie bisher nur den älteren und verheirateten Gesellen zugestehen. —
Das Syndikat der Seeleute in Brüssel gibt, „W. T. B. zufolge, bekannt, daß der Streik sich im Laufe des gestrigen Tages wesentlich ausgedehnt habe. Auf dem Dampfer „Devonshire“ streikt die gesamte Besatzung mit Ausnahme zweier Heizer. Ferner ver⸗ weigerten den Dienst die Mannschaften der Dampfer „Ocean’, „Tunise“ und „Adolphe Deppe“. Mehrere andere Dampfer mußten mit unvollständiger Besatzung in See gehen, andere mußten außerhalb des Hafens vor Anker gehen, um Arbeitswillige aufzunehmen. Das Syndikat der Handwerker von Antwerpen hat einstimmig beschlossen, die streikenden Seeleute mit Geldmitteln zu unterstützen, dagegen verhalten sich die Dockarbeiter nach wie vor ablehnend gegen den Streik.
Die Lage des Ausstandes der Seeleute in Holland zeigt kaum eine Aenderung. Die Frachtschiffahrt hat unter dem Aus⸗ stand weniger zu leiden als die Passagierdampfer. Wie „W. T. B. meldet, hat sich die Bemannung von drei Dampfern, die gestern in den Hafen von Amsterdam eingelaufen sind, dem Ausstand ange⸗ schlossen. Eine Schar alter Matrosen des Königlichen Lloyd, die mit der Arbeit an Stelle der Streikenden betraut waren, sind gleichfalls in den Ausstand getreten. Gegenwärtig beträgt die Zahl der Streikenden 300. Der Dampfer „Rotterdam“ der American Petroleum Company, der gestern früh auslaufen sollte, konnte keine Mannschaft anwerben. Am Abend sind die Dampfer „Tellus“ und „Flora“ von Amsterdam und „Beyerland“ von Amuiden in See ge⸗ gangen. Diese drei sind die ersten Schiffe, die die Häfen mit einer Bemannung verlassen, die nach Verkündigung des Aus⸗ standes ist. In einer Versammlung der Ver⸗ einigung der Seeleute in Amsterdam teilte der Vorsitzende mit, 9. die Dockarbeiter beschlossen hätten, keine Waren, an die die Arbeitswilligen Hand angelegt hätten, zu befördern. Die Aussichten der Ausständigen seien vortrefflich. Wenn notwendig, würden sich die Arbeiter der Transportgesellschaften ihnen an⸗ schließen. Weiter kündigte der Sekretär des nationalen sozialistischen Arbeitersyndikats an, daß alle dem Syndikat angeschlossenen Organi⸗ sationen bereit seien, die Seeleute in ihrem Kampf zu unterstützen.
Nach den Berichten aus den verschiedenen englischen Schiffahrts⸗ zentren konnten sich die Dampfer in vielen Fällen ihre Mannschaften nur unter Gewährung erhöhter Löhne beschaffen, während einige Mannschaften sich überhaupt weigerten, sich anmustern zu lassen, und andere gekündigt haben. Alle Schiffe auf dem Tyne konnten sich
estern morgen wie gewöhnlich Mannschaften verschaffen, am Nach⸗ dagegen verweigerten in Newcastle die Mannschaften den
Die deutsche überseeische Auswanderung im Monat Mai
—
—— —ö—y. — — —yy ——— —