Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
den vortragenden Rat im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, Geheimen Regierungsrat Dr. Gerla ch zum
Oberregierungsrat und
den ordentlichen Professor an der Universität in Berlin, Geheimen Oberregierungsrat Dr. Engler zum ordentlichen Professor an der Kaiser Wilhelms⸗Akademie für das militär⸗
ärztliche Bildungswesen zu ernennen.
Ministerium der geistlichen und Unterrichts⸗
angelegenheiten.
Zum Rektor der Technischen Hochschule in Hannover für die Amtszeit vom 1. Juli 1911 68 icha 1913 a der eicser mäßige Professor, Geheime Baurat Mohrmann,
zum Rektor der Technischen Hochschule in Aachen für die Amtszeit vom 1. Juli 1911 bis dahin 1913 der etatsmäßige Professor, Geheime Baurat Hirsch ernannt worden.
1
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen 8
und Forsten.
Der Kreistierarzt Bauermeister zu Schlochau ist in die Klrreistierarztstelle zu Friedeberg N.⸗M. versetzt worden.
Die Oberförsterstelle Hombressen im Regierungs⸗ bezirk Cassel ist zum 1. Oktober 1911 zu besetzen. Bewerbungen
müssen bis zum 10. Juli eingehen.
Für die Oberförsterei Schkeuditz soll baldigst mit dem Amtssitz in Halle a. S. eine vollamtliche Bewerbungen müssen
eingerichtet werden. d. J. eingehen.
“ neu i
Ministerium des Innern.
Bei dem Ministerium des Innern ist der Regierungs⸗ sekretär Klempin aus Arnsberg zum Geheimen expedierenden
eheimen Sekretär und Kalkulator ernannt worden.
Preußen. Berlin, 20. Juni.
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Justizwesen, die — schüsse für 88. und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuer⸗ wesen und für Handel und Verkehr, die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und “ und für Rechnungswesen sowie der Ausschuß für Zoll⸗ und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.
bG1“ Präsident des Bezirksausschusses und Leiter der Ministerial⸗ Milütär⸗ und Baukommission Siber hat Berlin mit längerem Urlaub verlassen.
Der Königlich sächsische Gesandte Freiherr von Salza und Lichtenau hat Berlin verlassen. Während seiner Ab⸗ wesenheit führt der Legationssekretär Freiherr von mann die Geschäfte der Gesandtschaft. 8
Laut Meldung des „W. T. B.“ sin am 16. Juni in Nalta und S. M. S. Wanshien angekommen.
d s zum 1. Juli
Buckinghampalast, empfangen wurden.
— In einer in London abgehaltenen Ver ammli Lord Beresford den Vorsitz führte und ber 2* beiwohnten, wurde, obiger Quelle Resolution angenommen, in der die London S deklaration verworfen wird. er Seerechts
Frankreich.
In der gestrigen Sitzung des Senats gedachte
de Villaine und Waddington der “ Flieger und forderten, „W. T. B.“ zufolge, minister auf, den Offizieren die Teilnahme an Flugveranstaltungen zu verbieten. Der sprach b . an dem all aus, erklärte aber, die Flugoffiziere lern⸗ b der Veranstaltung von 1ö“ hätten nicht an privaten Flugveranstaltungen teilgenommen und würden auch in Fukunst an solchen nicht teilnehmen. Damit war dS all erledigt, und der Senat setzte die Beratung 8 Budgets des Kriegsministeriums fort. „Der Senator Préöveneuc ersuchte den Minister, er möge si
über das Oberkommando äußern. Das Heer bedürfe eines e instruktors, der Theorie und Praxis in sich vereinige. Der Kriegg⸗ minister Goiran erklärte, man könne die Armee nicht in die Häns⸗ eines Mannes legen; es sei nicht möglich, in Frankreich dieselber Auffassungen von dem Kommando zuzulassen, wie in Deutschland h die beiden Länder nicht dasselbe politische Regime hätten. 88-
Rußland. 8
Der Kaiser und die Kaiserin von Rußlan „W. T. B.“ zufolge, gestern an Bord des ve hrchab sa Wiborg eingetroffen. Der Kaiser hat dem Chan von Chiwa die Dshiga verliehen, d. h. eine Brillantfeder für den Kopfschmuck, die in Chiwa als Emblem der dem Ch russischen Kaiser verliehenen Gewalt betrachtet wird.
achtzehn
Unglücks⸗
Uebersicht der Einnahmen an Zöllen, Steuern und Gebühren für die Zeit vom 1. April 1911
8 bis zum Schlusse des Monats Mai 1911.
Bezeichnung
“
er Einnahmen
Laufende Nummer
Die Solleinnahme nach Abzug
Die Isteinnahme
öetat ist die Einnahme für das Rechnungsjahr 1911
veranschlagt auf
der Ausfuhrvergütungen usw.
vom Beginne des 5gechnunggjahre bis zum usse bis zum Schlusse
des Monats des Phache 1
vom Beginne des inr Rechnungsjahrs Monat Mai
im Monat Mai
ℳ ℳ ℳ ℳ
—
V V Mai 1911 Mai 1911
3 4 5 7
5 1““ abaksteuer igarettensteuer 11“M“ ““ Salzsteuer. v“ Verbrauchsabgabe für Branntwein Essigsäureverbrauchsabgabe . Schaumweinsteuer 4 Leuchtmittelsteuer. “ ö rausteuer und Uebergangsabgabe von Spielkartenstempel Wechselstempelsteuer. Reichsstempelabgaben: EEb.“ B. 8 Gewinnanteilschein⸗ und Zins⸗ “ C. von Kauf⸗ und sonstigen Anschaffungs⸗ 14“ D. von Lotterielosen: a. für Staatslotterien b. für Privatlotterien E. von Frachturkunden. F. von Personenfahrkarten... G. von Erlaubniskarten für Kraftfahr⸗ H. von Vergütungen an Mitglieder von Aufsichtsräten ...... ö24“* K. von Grundstücksübertragungen Erbschaftssteuer.....
Statistische Gebühr.
* “
In der Ersten Beilag und Staatsanzeigers“ wird die vom Reichs
eutscher
8 8
Brunsbüttelkoog, 20. Juni. Die „Hohenzollern“ mit Seiner Majestät dem Kaiser an Bord lief, von Hamburg mit kommend, gestern gegen 7 Uhr Abends in die Schleuse ein. Seine Majestät der Kaiser begab sich, „W. T. B.“ zufolge, alsbald an Land und besichtigte das neue See aeie
die Erweiterungsbauten. 8 Deutsche Kolonien.
Aus Deutsch⸗Südwestafrika meldet, „W. T. B.“ zufolge, ein Telegramm des Gouverneurs, daß in Bethanien durch Urteil des Eingeborenengerichts am 6. Juni fünf Bethanier⸗ Hottentotten zum Tode verurteilt und am 12. Juni hingerichtet worden sind, weil sie eine Bande zum Zwecke der Anstiftung von Aufruhr und der Ermordung von Weißen gebildet hatten.
Oesterreich⸗Ungarn.
Heute finden die engeren Wahlen für den Reichsrat . k In der Stichwahl stehen: soziale, 69 Deutschfreiheitliche, 60 deutsche Sozial⸗ 39 tschechische Sozialdemokraten, Agrarier, 23 Tschechischklerikale, 13 Jungtschechen, 5 Tschechisch⸗
statt, und 72. in 168 Bezirken. 44 Christlich demokraten,
nationale, 8 Italiener und 4 Südslawen.
Bei den Reichsratswahlen in Lemberg kam es, wie die wiederholt zu Tumulten und 8—
„Neue Freie Presse“ meldet,
zur heutigen Nummer des „Reichs⸗
ig 1 eisenbahnamt auf⸗
3 S tabellarische Uebersicht der Betriebsergebnisse
Eisenbahnen (ausschließlich Bayerns) für den
Monat Mai 1911 veröffentlicht, auf die am Sonnabend v. W. an dieser St lle auszüglich hingewiesen worden ist.
63 385 603 844 292
3 003 012 12 680 779 4 323 407 15 274 821 62 603 952 490 640 008
1 475 691
9 470 094 133 249 1 623 738
5 315 183
637 752 2 023 621 1 081 667 1 612 045
1 580 326 1 919 234
383 437
895 860 260 319 3 275 128 3 031 318 163 591
115 024 324 1 637 173
5 281 048 23 180 166 8 214 218 29 857 702 119 806
1 866 441
1 059 889
2 578 350 10 320 965 270 171
3 238 588
9 865 481
58 916 112 784 854
2 404 606 16 666 155 4 574 330 15 960 858 63 347 627 472 853 089
1 431 466
9 681 160 173 596 1 591 263
5 208 879
187 638 291 000 165 14 549 000 14 7628 25 814 000 33 624 891 151 919 000 9 476 887 58 250 000 33 133 360 163 476 000 126 499 641 000
1 240 189 10 876 000 1 598 780 8 963 000 2 845 409 15 776 000
17 093 399 123 462 000 357 678 1 852 450
3 173 816 17 190 000 9 668 171 2 064 757 3 896 501 1 081 667 2 371 075 2 693 783 2 772 190 635 540
2 152 568 484 613
49 000 000
1 982 718
1 081 667 1 579 804 1 548 720 1 880 849
375 768
15 430 000
36 605 500
8 330 000 14 994 000 19 600 000
2 352 000
4 410 000 3 724 000 6 113 639 43 700 000 5 761 655 39 000 000 306 019 1 536 950. 8 — “
2 196 498
14494 503
6 238 955
5 761 655 3 031 318 306 019 163 59
3 209 279
4“ “ ““
zu Schlägereien, sodaß die Polizei mehrmals einschreiten mußte. In Drohobicz wurde, Büünsehr zu⸗ folge, auf das Gerücht, daß für den polnischen Kandidaten Löwenstein eine große Anzahl gefälschter Stimmzettel abgegeben worden seien, von zionistischer Seite ein Sturm auf dessen Agitationslokal unternommen. Polizei, Gendarmerie und Kavallerie waren ohnmächtig gegen die auf⸗ 1111““ geregte Menge, die Steine, Stühle, Biergläser und andere Gegenstände auf sie schleuderten. Ein im Laufschritt gefälttem Bajonett herbeieilender Trupp Infanterie wurde ebenfalls mit einem Hagel von Steinen empfangen. Als die Menge trotz der Aufforderung des befehlenden und Offiziers, sich zu zerstreuen, weiterhin mit Stein⸗ 8 würfen antwortete, wurden fünf Salven abgegeben. Den Blättern zufolge wurden 18 Personen getötet und 37 schwerverletzt, darunter mehrere Feee Nach der Flucht der Exzedenten wurde der Platz militärisch abgesperrt. Der Zustand vieler Verletzten ist besorgniserregend; zwei Personen sind im Hospital ihren Verletzungen erlegen. Da die meisten der Verletzten an der Brust und am Oberarm verwundet sind, 8 85n daß die Salven nicht auf Fliehende abgegeben
rden.
8 Großbritannien und Irland.
Der Deutsche Kronprinz und, die Kronprinzessin sind gestern mittag auf dem Victoriabahnhof in London einge⸗ troffen und, „W. T. B.“ zufolge, von dem Herzog und der Herzogin von Connaught, der Prinzessin Victoria Patricia von Connaught, dem Prinzen Christian zu Schleswig⸗Holstein, dem Großfürsten Michael von Rußland, dem Herzog von Teck, dem Personal der Botschaft und des Generalkonsulats empfangen worden. Der Botschafter Graf Wolff⸗Metternich und der Marineattache Widenmann waren den hohen Herr chaften ent⸗ gegengefahren. Nach der Begrüßung und der Vorstellung der An⸗
36 tschechische
Portugal.
Gesstern ist in Lissabon die konstituierende Versamn⸗ lung zusammengetreten. Wie „W. T. B.“ meldet, verlaz der Präsident Braamcamp das Dekret, durch das die Monarchee für immer abgeschafft, die Dynastie Braganza des Landes ver⸗ wiesen ist und die Republik proklamiert wird. Diejenigen, die für den Sturz der Monarchie heldenhaft gekämpft haben werden als Wohltäter des Vaterlandes betrachtet. Ab⸗ dann traten der Präsident und die Sekretäre auf den Balkon, um vor dem Volke die Proklamation zu verlesen, das die Verlesung mit begeisterten Kund gebungen entgegennahm. Nachdem der Präsident den Saal wieder betreten hatte, legte Theophil Braga im Namen der provisorischen. Regierung die Regierungsgewalt vor der Ver⸗ sammlung nieder und kündigte an, daß die Regierung einen zusammenfassenden Bericht über ihre Tätigkeit vorlegen werde. Der Präsident schlug darauf vor, daß die provisorische Regierung ihre Funktionen behalten möge. Der Vorschlag wurde mit Beifall angenommen und darauf die Sitzung auf heute vertagt.
Nach dem Schluß der Sitzung der konstituierenden Ver⸗ sammlung machte der amerikanische Geschäftsträger den Minister des Aeußern Mitteilung von der Anerkennung der portugiesischen Republik durch die Vereinigten
Staagten. 8 8 Bulgarien.
Gestern haben die Wahlen zur großen Sobranse stattgefunden. Wie „W. T. B.“ meldet, sind 355 Vertretl der Regierungspartei, 42 Agrarier, 6 Sozialisten, 5 Liberale, 4 Radikale, 4 Stambulowisten und 2 Demokraten gewählt worden. Acht Wahlresultate sind noch nicht endgültig bekannt. Der große Erfolg der Koalitionsregierung hat allgemein über⸗ rascht. Die Demokraten, die in der letzten Kammer 176 Man date innehatten, erhielten diesmal nur acht. Sechs Mandate gewinnen die Sozialisten, die in der letzten Sobranje keinen Sitz hatttha “ 8
116“6“X“ “
Der Präsident Taft erhielt gestern, „W. T.
8 “ .“ zufolge, aus Anlaß seiner silbernen Hochzeit vom Deutschen Kaiser und anderen Staatsoberhäuptern aus allen Weltteilen Glück⸗ wunschtelegramme. Im Weißen Hause in Washington fand ein Empfang statt, dem auch der deutsche Botschafter und das diplomatische Korps beiwohnten. ““ 8 .
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ ist der Protest des Sultans Mulay Hafid gegen die Landung der Spanier in
Larrasch dem spanischen Gesandten übergeben worden. Wie ferner gemeldet wird, ist der Bruder des Sultans, Mulan Zin, mit dem General Moinier in Fes eingetroffen Fiaccc “ “ 8
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Her ren⸗ hauses und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Zweiten Beilage.
— Das H errenhaus beriet in seiner heutigen (14.) Sitzun welcher der Justizminister Dr. Beseler und der Minister de von Dallwitz beiwohnten, das Feuerbestattungs⸗ gesetz.
Berichterstatter Herr Dr. Rive empfahl namens der Justi⸗ kom mission die Annahme der Vorlage in der von dem Abgeordneten⸗ hause beschlossenen Fassung. Er faßte noch einmal die Gründe zu⸗ sammen, welche die Regierung für ihre Vorlage und die Mehrheit des Abgeordneten hauses sür ihre abändernden Beschlüsse ins Feld ge⸗ führt haben. Näher ging er auf die Geschichte des Hagener Krematoriumsbaues und das in dieser Angelegenheit er⸗ gangene oberverwaltungsgerichtliche Urteil ein. Daß die Re⸗ gierung den Weg der Gesetzgebung beschritten habe, könne ihr die Volksvertretung nur Dank wissen. Sodann gab der Redner die grund⸗ sätzliche Auffassung der Anhänger und der Gegner der Feuerbestattung wieder. Die aus medizinisch⸗juristischen Erwägungen abgeleiteten Be⸗ denken könnten nach der Ansicht der Staatsregierung und der Kom⸗ mission nicht mehr als ausschlaggebend angesehen werden; ebenso sei die Kommission überzeugt gewesen, daß die Feuerbestattung in gesund⸗ heitlicher Beziehung sogar den Vorzug vor der Erdbestattung verdiene. In ethischer Beziehung wirke die Feuerbestattung auch durchaus nicht verletzend. Die Anschauung, daß es ästhetisch unschön sei, wenn nach der Verbrennung die Aschenreste zusammengefegt würden,
wesenden fuhren der ronprinz und die Kronprinzessin nach dem “ 8
8
—
könne nur jemand hegen, der einer Feuerbestattung noch nicht bei⸗ gewohnt habe. Auch den Widerstrebenden müßten schließlich die
wo sie von dem König und der Königin
g, in der ehn andere zufolge, eine
audi n glückten den Kriegs⸗
an privaten Kriegsminister
gen, die das dheeteabeas 1 5 Bestimmung 8 be, daß zur Errichtung eines Krematoriums eine sichaffn babhtheit betreffenden Gemeindevertretung erforderlich 2 In bezug auf das religiöse Moment seien die Meinungen der bünmission geteilt gewesen, doch habe auch hier die große Mehrheit der Anschauung gehuldigt, daß durch die fakultative Feuerbestattung dem Auferstehungsglauben nicht das mindeste genommen werde. Der Auferstehungsgedanke habe mit der Frage, ob Feuerbestattung oder Erdbestattung, eigentlich nicht das gerinste zu tun.
Heerr Graf von Haeseler: Die Zahl derjenigen, die der Feuer⸗ bestattung das Wort reden, soll in Preußen eine Steigerung erfahren haben, und das Herrenhaus soll seine frühere Stellung zu der Frage verändert haben. Wenn es eine Petition mit der farblosen Zensur
als Material“ der Regierung überwiesen hat, so hat es damit noch jeine bestimmte Stellung genommen. Ich sehe in der Feuer⸗ bestattung eine Bewegung, die rückwärts geht bis über die christliche Zeitrechnung inaus. Meines Erachtens liegt die große Gefahr vor, daß in einer Zeit, wo die Zugeständnisse eine große Rolle spielen, mit der Zeit aus der Freiheit ein Zwang wird, oder daß doch aus der Ausnahme ein Brauch wird, und damit gehen meiner Meinung nach die idealen Güter verloren. Zu den idealen Gütern der Volksgenossen gehören die Kirchhöfe. Auf dem Lande vergeht kein Sterbetag der Verwandten, ohne daß die
urückgebliebenen zum Kirchhof wandern; täglich sehen wir Frauen und Männer auf den Kirchhöfen beschäftigt, die Gräber der Ihrigen zu pflegen. Daß die Urnen mit der Asche der Verstorbenen einen ge⸗ nügenden Ersatz für die Gräber bieten werden, kann ich nicht zu⸗ geben. Ich fürchte, daß die Bewegung für die Feuerbestattung auch auf das platte Land übergreifen, daß sich auch dort Gesellschaften bilden werden, die den Leuten die Leichenverbrennung plausibel machen werden. Und wie wird es in Zukunft mit der Pflege der Begräbnis⸗ stätten der im Felde gefallenen Krieger beschaffen sei? Bisher sind die Geäber der im letzten Kriege Gefallenen dank der Für⸗ sorge des Kaisers und von Korporationen erhalten und geschmückt worden. Wenn erst die allgemeine Feuerbestattung obligatorisch ge⸗ worden sein wird, dann wird man auf dem Schlachtfelde einen ge⸗ waltigen Scheiterhaufen errichten und man wird später einen
Gedenkstein oder Kreuz an der Stelle stehen sehen, auf dem zu lesen ist: Hier wurden die für die Ehre des Vaterlandes Gefallenen verbrannt!
Hierauf ergriff der Minister des Innern von Dallwitz das Wort, dessen Rede morgen im Wortlaut mitgeteilt werden wird.
(Schluß des Blattes.)
Kautelen beruhi
— Auf der Tagesordnung der heutigen (91.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Freiherr von Schor⸗ lemer beiwohnte, stand zunächst die zweite Beratung des Ausführungsgesetzes zum Reichsviehseuchengesetze.
Der Berichterstatter der 21. Kommission Abg. von Stockhausen beantragt, in gemeinsamer Besprechung die 1—4, 5— 23 und dann den Rest des Gesetzes zu behandeln. Die §§ 1-4 betreffen das Verfahren und die Behörden. § 1 bestimmt: Die Anordnung und Durchführung der Bekämpfungsmaßregeln liegen dem Landwirtschaäftsminister, den Regierungspräsidenten, den Landräten und den Ortspolizeibehörden ob. Die Obliegenheiten der Landes⸗
regierung (des Ministers) können mit Ermächtigung des Ministers auch von den Regierungspräsidenten, im Landes⸗ polizeibezirk Berlin von dem Polizeipräsidenten, die Ob⸗ liegenheiten der höheren Polizeibehörden (Regierungspräsidenten) mit Ermächtigung des Regierungspräsidenten auch von den Landräten (das letztere ist Zusatz der Kommission) wahr⸗ genommen werden. Die Landräte sind befugt, die Amts⸗ verrichtungen der Ortspolizeibehörden zu übernehmen. Der Regierungspräsident kann auch b der Zuständigkeit der Ortspolizeibehörden Anordnungen treffen (nach der Regierungs⸗ vorlage konnte auch der Minister Anordnungen erlassen). Mit der Leitung und Ueberwachung (Regierungsvorlage: Anordnung und Durchführung) der Bekämpfungsmaßregeln kann der Minister besondere Beamte beauftragen, ebenso der Regierungs⸗ präsident. Polizeiliche Befugnisse dürfen solchen Kommissaren jedoch nur übertragen werden, wenn der Auftrag der zuständigen Verwaltungsbehörde für Gebiete erteilt wird, die ihrem Ver⸗ waltungsbezirke benachbart sind oder in dessen Nähe liegen.
Die Abgg. Aronsohn (Fortschr. Volksp.) u. Gen. be⸗ antragen die Bestimmung zu streichen, daß die Obliegenheiten der höheren Polizeibehörden auch von den Landräten wahr⸗ genommen werden können; die Worte „Anordnung und Durch⸗
führung“ nach der Regierungsvorlage wieder herzustellen und den letzten Satz des Paragraphen zu streichen.
Die Abgg. Dippe (nl.) u. Gen. beantragen die Einfügung
eines § 1 a, wonach für jeden Kreis alle drei Jahre von dem Kreisausschusse sachverständige Personen zu bezeichnen sind, die während dieser Zeit wegen der Anordnung und Durchführung der Bekämpfungsmaßregeln tunlichst zu hören sind.
Nach § 2 sind die Anordnungen auf Grund des § 7 des Viehseuchengesetzes vom Minister oder mit dessen Genehmigung von den Regierungspräsidenten der Grenzbezirke bezw. dem Landrat eines Grenzkreises zu erlassen.
Nach § 3 sind die Anordnungen auf Grund des Viehseuchen⸗ gesetzes öffentlich bekannt zu machen, und zwar vom Minister im Reichs⸗ und Staatsanzeiger, von den Regierungspräfiädenten und dem Polizeipräsidenten von Berlin in den betr. Amtsblättern. Die Kommission hat hinzugefügt: „Für Anordnungen an eine be⸗ stimmte Person genügt mündliche Bekanntgabe. Schriftliche Mitteilung muß jedoch, wenn sie von den Beteiligten binnen einer Woche verlangt wird, innerhalb dreier Tage erfolgen. schriftlichen Mitteilung steht die Eröffnung zu Protokoll gleich.“
1 Der Abg. Aronsohn ffortschr. Volksp.) beantragt, daß die Veröffentlichung außer im „Reichs⸗ und Staatsanzeiger“ auch in den Kreisblättern und Amtsblättern erfolgen kann.
Die Abgg. Rehren⸗Hamelspringe (freikons.) und Dr. Rewoldt (freikons.) beantragen, den Kommissionszusatz fol⸗ gendermaßen zu fassen: „Für Anordnungen an eine bestimmte
zerson genügt mündliche Mitteilung. Die mündliche Mit⸗ teilung ist unverzüglich schriftlich zu bestätigen“.
Nach § 4 findet gegen Anordnungen auf Grund des Ge setzes mit Ausschluß der Klage im Verwaltungsstreitverfahren lediglich das Rechtsmittel der Beschwerde bei den vorgesetzten
Polizeibehörden und an letzter Stelle bei dem Minister statt. 1G Abg. von der Osten (kons.): Je mehr im Interesse unserer daiehwirtschaft der Seuchenschutz vermehrt wird, desto mehr muß für die schnelle Arbeiten der Verwaltung gesorgt werden, damit limn Härten möglichst gemildert werden. Es ist deshalb die Be⸗ Obliaung zu begrüßen, die die Kommission eingefügt hat, daß die 9 egenheiten der höheren Polizeibehörden mit Ermächtigung werdene igrungspräsidenten, auch von den Landräten „wahrgenommen eee 8] „Wir müssen deshalb dem Antrag Aronsohn wider⸗ üde er diese Bestimmung wieder beseitigen will. Ebenso nt wir erhebliche Bedenken gegen den weiteren freisinnigen rag, der die Regierungevorlage insofern nieder herstellen
will, daß mit der „Anordnung und Durchführung“ der Bekämpfungs⸗
8
maßregeln besondere Beamte beauftragt werden können. Die Kom⸗ missionsfassung, die nur von Leitung und Ueberwachung spricht, kommt doch eigentlich dem liberalen Grundsatz der Selbstverwaltung viel näher. Den nationalliberalen Antrag über die Sachverständigen halten wir für unnötig, ebenso den freisinnigen Antrag über die Ke⸗ kanntmachung in anderen als Amts⸗ und Kreisblättern; der Regie⸗ rungspräsident wird schon von selbst dafür sorgen, daß die am weitesten verbreiteten Blätter gewählt werden.
Abg. Brors (Zentr.): Wir haben den Gesetzentwurf lebhaft begrüßt, haben es aber doch für nötig gehalten, in der Kommission die bessernde Hand an die Fassung der Regierungsvorlage anzulegen. Mit der Uebertragung der Obliegenheiten der höheren Polizeibehörden an die Landräte haben wir uns einverstanden erklärt, weil wir in ihr eine Beschleunigung in der Durchführung dieses Gesetzes sehen. Die freisinnigen Anträge werden wir ablehnen.
Abg. Meyer⸗Diepholz (nl.): Für den freisinnigen Antrag, der den beauftragten Kommissaren nicht nur die Leitung und Ueber⸗ wachung, sondern auch die Anordnung und Durchführung der Be⸗ kämpfungsmaßregeln übertragen will, können wir uns aussprechen. Wir bitten aber auch um Annahme des Antrags Dippe, der die Er⸗ nennung von sachverständigen Personen wünscht, die wegen der An⸗ ordnung und Durchführung der Bekämpfungsmaßregeln zu hören sind.
Abg. Viereck (freikons.): Es mußt; erreicht werden, daß die Tätigkeit der Behörden möglichst einheitlich organisiert wird, da⸗ mit eine schnelle Durchführung des Gesetzes gewährleistet ist. Daß die Funktionen der höheren Polizeibehörden mit Ermächtigung des Regierungspräsidenten auch von den Landräten wahrgenommen werden können, ist deshalb lebhaft zu begrüßen, weil die Landräte viel mehr in der Lage sind, die örtlichen Verhältnisse zu berück⸗ sichtigen. Dem nationalliberalen Antrage über die Ernennung von Sachverständigen können wir nicht zustimmen. Der Landrat wird schon ohne weiteres, wenn es nötig ist, Sachverständige hinzuziehen. Aber auf 3 Jahre die Sachverständigen im voraus zu ernennen, geht nicht an; man weiß ja gar nicht, ob die Sachverständigen dann in den betreffenden Fällen auch das Interesse an der Sache haben. Eine Direktive, wie sie der freisinnige Antrag bezüglich der Ver⸗ öffentlichung der Anordnungen in den amtlichen Blättern will, ist unnötig, da ja der Regierungspräsident bestimmt, welche Blätter als Veröffentlichungsblätker dienen sollen. Daß Anordnungen, die eine einzelne Person betreffen, mündlich gegeben werden können, muß selbstverständlich sein. Wir bitten aber trotzdem, unseren Antrag anzunehmen, daß die mündliche Mitteilung unverzüglich schriftlich zu bestätigen ist. Ich kann nur wünschen, daß das neue Gessetz sich in der Praxis vollkommen bewährt.
Abg. Gyßling (fortschr. Volksp.): Die Kommission hat die Be⸗ fugnisse des Landrats, die schon die Regierungsvorlage erweitert hatte, noch mehr erweitert. Unsere Anträge verfolgen den Zweck, diese Vermehrung der landrätlichen Macht wieder rückgängig zu machen, weil wir eine einheitliche Durchführung der Seuchenbekämpfung für nötig halten. Liegt die Macht in den Händen der Landräte, so werden die verschiedensten Anordnungen erlassen werden. Unsere Anträge stellen die Regierungsvorlage in dieser Beziehung wieder her. Der national⸗ liberale Antrag ist zu begrüßen, denn die Anordnungen werden sicher zweckmäßig sein, wenn zuvor Sachverständige gehört worden sind. Die Schnelligkeit der Anordnung wird dadurch nicht unterbunden, denn es heißt in dem Antrage ausdrücklich, daß die Sachverständigen „tunlichst“ gehört werden sollen, also dann, wenn es die Zeit erlaubt. Durch die Anordnungen werden auch nicht nur die Interessen der Landwirte, sondern auch die der Händler, der Flrischer usw., ja, der ganzen übrigen Bevölkerung berührt werden. Unser Antrag, daß auch andere als Regierungs⸗ und Amtsblätter für die Veröffentlichungen vorgesehen werden mässen, ist zwar schon in der Kommission bekämpft worden, aber ich sehe nicht ein, weshalb nicht eine solche Bestimmung aufgenommen werden soll. Ich halte es für sicherer, wenn man nicht dem Regierungspräsidenten die Auswahl überläßt, sondern schon in dem Gesetz selbst eine nähere Bestim⸗ mung aufnimmt. Unseren Antrag in der Kommission, ür. gegen An⸗ ordnungen auf Grund des Viehseuchengesetzes nicht das Rechtsmittel der Beschwerde bei den vorgesetzten eltzetbehätde und an letzter Stelle beim Minister stattfinden, sondern daß das ordentliche Ver⸗ waltungsstreitverfahren maßgebend sein soll, haben wir, weil doch aussichtslos, jetzt nicht wiederholt. Wir werden für die Vorlage stimmen, wenn wir auch nicht alle unsere Wünsche erreicht sehen.
Hierauf ergriff der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Freiherr von Schorlemer das Wort, dessen Rede morgen im Wortlaut mitgeteilt werden wird.
(Schluß des Blattes.)
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Der Ausstand im Berliner Zeitungsgewerbe ist be⸗ endet. Wie die Blätter melden, hatten die Firmen Scherl, Ullstein und Mosse gestern einen Einigungsvorschlag gemacht, demzufolge das ausständige Hilfsarbeiterpersonal und die Falzer ohne Ausnahme wiedereingestellt werden sollten. Von den vor dem Streik tätigen 37 Rotationsmaschinenmeistern sollten 30 wieder eintreten; ihre Ein⸗ stellung sollte nach Bedarf erfolgen und die Wahl unter den einzu⸗ stellenden Personen dem freien Ermessen der Firma überlassen sein. In der Verhandlung mit der Kommission des Personals der Firma August Scherl erklärte dessen Obmann, daß die Kommission erwartet hatte, daß sämtliche 37 Maschinenmeister wieder zur Einstellung kommen würden. Wenn dies aber nicht möglich sei, so bitte die Kommission darum, dem Personal zu überlassen, über die sieben ausscheidenden Maschinenmeister selbst die Wahl zu treffen; auch bitte die Kommission, daß die Firma erwägen möge, ob nicht später eine Berücksichtigung der übrig bleibenden Maschinenmeister er⸗ folgen könne. Nach weiteren Verhandlungen und nachdem ein Ma⸗ schinenmeister die Erklnung abgegeben, daß er freiwillig von einer Wiedereinstellung zurücktrete, gaben die Vertreter der Firma Scherl ihrer Bereitwilligkeit darüber Ausdruck, dem Personal zu eeeen. drei Maschinenmeister zu bezeichnen, die freiwillig zurücktreten wollen, während die Firma drei weitere Maschinenmeister selbst nennen wird. Mit dieser Aenderung wurde der Einigungsvorschlag von der Kom⸗ mission namens des Personals angenommen.
Wie „W. T. B.“ meldet, stellt der Verband der Seeleute in London fest, daß infolge des Ausstandes über 180 einheimische Schiffe in den Häfen Großbritanniens festliegen. In den Häfen des Firth of Forth hat sich die Lage dadurch zugespitzt, daß über 600 Mann von den in verschiedenen Häfen liegenden Dampfern gestern abend die Arbeit niedergelegt haben. Weitere Schwierig⸗ keiten sind dadurch hervorgerufen, daß nunmehr auch die Hafenarbeiter sich dem Ausstand angeschlossen haben und ein Laden und Löschen der Schiffe nicht mehr möglich ist. In Southampton ist der Streik gestern nachmittag in ein neues Stadium ein⸗ getreten, indem gegen 1000 Stauer die Arbeit verweigerten. Eine Abteilung Stauer ging an Bord des Dampfers „Royston Grange“, der vom La Plata mit geschlachteten Schafen angekommen war, um im Hafen zu löschen. Nach Oeffnung der Luken erklärten die Leute, nur bei einer Lohnerhöhung arbeiten zu wollen. Unter diesen Um⸗ ständen entschlossen sich die Reeder, das Schiff zum Löschen nach London zu senden. Dies war das Signal zu einem fast allgemeinen Ausstand der Stauer, die den Dockarbeiterverband beauftragten, in ihrem Namen Verhandlungen zu führen. In Glasgow haben die Hafenarbeiter gestern ebenfalls zu streiken begonnen. Das Löschen und Laden der Schiffe geschieht soweit als möglich durch Bureau⸗ personal der Schiffsgesellschaften. Die Fuhrleute drohen, ebenfalls in den Ausstand zu treten.
Einer Meldung des „W. T. B.“ aus Amsterdam zufolge hat sich die Mehrzahl der Seeleute, soweit sie sich nicht in einem Ver⸗ tragsverhältnis befinden, dem Ausstand angeschlossen. 8
A. F. Ueber das „Siemens⸗Schuckert⸗Luftschiff und seine Halle“ sprach in der 307. Versammlung des „Berliner Vereins für Luftschiffahrt“ der Direktor Krell unter Be⸗ leitung zahlreicher Lichtbilder. Aus dem vortrefflichen, dem Ver⸗ ständnis der Hörer unter Vermeidung fachmännischer Einzelheiten bestens angepaßten Vortrage lernte man verstehen, weshalb das in allen Teilen wohldurchdachte Luftschiff so lange mit seinem Er⸗ scheinen gezögert hat; denn es ist bei seiner Herstellung mit einer Unsicht und Gründlichkeit verfahren worden, die man wohl ohne Ueberhebung als deutsche Eigenart bei großem Vollbringen bezeichnen darf, und die auch jüngst wieder bei der Eröffnung der Turiner Welt⸗ ausstellung von Ausländern warm anerkannt worden ist. Die Siemens⸗Schuckert⸗Werke sind absichtlich nicht eher mit ihrem Luft⸗ schiff an die Oeffentlichkeit getreten, bevor sie nicht in allen Stücken die volle Gewißheit erlangt hatten, das zuverlässigst Beste und Zweck⸗ dienlichste erreicht zu haben. Noch im Juli vorigen Jahres ent⸗ leerten sie den Ballon vom Gase und nahmen diesen Verlust und mehrmonatige Verzögerung in den Kauf, um neue ver⸗ besserte Motoren in die Gondeln einzusetzen, die ihnen von den Daimler Werken als erhebliche Verbesserungen gepriesen und gegen die schon montierten ausgetauscht wurden. Aehnlich wurde mit der drehbar hergestellten Ballonhalle verfahren. Sie dreht sich auf zwei konzentrischen Schienenkreisbahnen; aber man hatte anfangs vielleicht nicht genügend überlegt, — wohl noch keiner eisernen Schiene das Tragen so enormer Lasten zuge⸗ mutet worden war. Diese Last rief die Wirkung eines Walzwerkes auf die Schienen hervor, die sich, länger geworden, an den Schienen⸗ stößen hoben. Die Schienen mußten durch solche aus Nickelstahl ersetzt werden. Doch nun trat die gleiche Walzwirkung an den Radringen ein, bis auch diese aus bestem Nickelstahl hergestellt waren. Welche ins Große ehenden Verhältnisse hier vorliegen, erhellt aus einigen Zahlen: 36000 ℳ wurden verausgabt, allein um in zahlreichen Versuchen die geeignetste Konstruktion der Trieb⸗ schrauben zu ermitteln. Das aus 3 Abteilungen (Schotten) mit je einem Luftsack (Ballonett) bestehende Prellschiff (unstarr ohne Hüllen⸗ versteifung) faßt 13 000 cbm Gas, seine Länge ist 120 m, die Ballonhülle — 3 Stoff⸗ und 3 Gummihüllen, also 6fach — wiegt allein 4600 kg. Die drei Gondeln enthalten Triebwerke (Motoren) von zusammen über 500 Pferdestärken, die Gondeln hängen aber nicht an Stahldrahttrossen, sondern an zwei Stoffbahnen (er⸗ probte Festigkeit 1900 kg auf das Quadratmeter), welche durch Naht in der Mitte verbunden über die ganze Länge des Ballons gebreitet sind, unterhalb desselben somit einen Kanal von dreieckigem Querschnitt bilden, in dem ein Verbindungssteg zwischen den Gondeln, die zylinderförmigen Benzinbehälter, die Ventilatoren zur Bedienung der drei Luftsäcke usw. liegen. Es ist außer dem fünffachen Seitensteuer trotz der mittels der Luftsäcke ohnedies gegebenen Beweglichkeit in der Vertikalen noch ein starkes, das Aufsteigen und Absteigen erleichterndes Höhensteuer vorhanden. Eine horizontal gestellte „Hubschraube“ unter der Mittelgondel ist ein noch ganz neuer, der Erprobung harrender Teil. Die Befehls⸗ erteilung erfolgt aus der Mittelgondel auf telegraphischem oder optischem Wege. Sprachrohr oder Fernsprecher sind unanwendbar, ersteres wegen des Lärms der Triebschrauben, letzteres wegen der Erschütterungen, denen die Mikrophone nicht ge⸗ wachsen sind. Das Siemens⸗Schuckert⸗Luftschiff hatte bis Ende April 16 durchweg glücklich gelungene Fahrten ausgeführt. Sein ver⸗ antwortlicher Führer ist Hauptmann von Krogh, als erfahrener Luft⸗ schiffer bekannt. Noch sei eines besonders interessanten Zuges an diesem Luftschiff Erwähnung getan, das ist die Anbringung eines Luft⸗ kompressors in der Mittelgondel zwischen den beiden hier angeordneten 24 pferdigen Gaggenauer Benzinmotoren, die zu verschiedener Ver⸗ wendung (u. a. der über der Gondel angebrachten Ventilatoren und der Hubschraube) bereit stehen. Mittels jenes Apparats kann Luft zuf 4 bis 5 Atmosphären zusammengepreßt werden, und diese Preß⸗ luft findet Verwendung zur Betätigung sämtlicher Ventile und Klappen, weil deren Bedienung durch Zugorgane bei der Länge des Luftschiffes nicht sicher und übersichtlich genug erschien. Diese pneumatische Betätigung hat bisher bei allen Fahrten sich tadellos verhalten. In der Mittelgondel sind außerdem alle Apparate und Instrumente vereinigt, deren man zur Führung des Luftschiffes bedarf. Im vordersten Teil befindet sich der Stand für den Steuermann, der einen Fluidkompaß vor sich hat, in dessen Nähe Eisen⸗ und Stahlteile vermieden sind. Hinter dem Steuerstand ist der Kommandoraum angeordnet. Sehr bemerkenswert ist an dem Luftschiff die Schnelligkeit und genaue Kontrollierbarkeit seiner Be⸗ wegung aufwärts und abwärts, wesentlich bewirkt durch wechselweises Einpumpen von Luft mittels der Ventilatoren in den vorderen oder hinteren Luftsack, wodurch dem Ballon nach Belieben eine Schräg⸗ stellung gegeben wird, die bei vorhandener aufwärts oder abwärts ge⸗ richteter Luftströmung es auch ermöglicht, in einer gewollten Fahrhöhe zu bleiben. In der 308. Versammlung des Vereins am 12. Juni wurde nach Aufnahme von 21 neuen Mitgliedern zunächst ein Stabsarztes Dr. Flemming zum Beschluß erhoben, wonach die Mit⸗ nahme von Verbandzeug im Ballonkorb für alle Ballonaufstiege ver⸗ pflichtend gemacht werden soll. Eine Kommission aus drei Mit⸗ gliedern wird den Gegenstand in Form eines Zusatzes zum Reglement ordnen. Dann erhielt Ingenieur Hans Grade das Wort, um über „Die Gefahren bei Ueberland⸗ und Höhenflügen Öund ihre Vermeidung“ zu sprechen. Der Vortragende begann mit einem Rückblick auf die Entwicklung der Flugtechnik im Jahre 1910, die überaus lebhaft war und erkennen läßt, das das ge⸗ samte Flugwesen doch nicht, wie noch immer viele glauben, sich auf den Sport beschränke, sondern zu einem Verkehrsmittel heranwachsen wird, befähigt, praktisch für jeden erlernbar zu sein und schnelle, gefahrlose „Ueberlandflüge“ auszuführen. Dies Ziel, dieser einstige Hauptzweck, rechtfertigt es, wenn vorübergehend vielleicht dem Sport eine zu große Rolle zuerteilt erscheint. Diese Wett⸗ und Kunst⸗, Höhen⸗ und Geschwindflüge sind als Vorbereitung, als gute Vorbildung für den Ueberlandflug unentbehrlich. Von dieser Erwägung ausgehend, muß der Unterricht in der Fliegekunst darauf gerichtet sein, dem Schüler bei genauer, ihm zu vermittelnder Kenntnis des Apparates und gehöriger Uebung in der Technik des Fliegens die Fähigkeit anzuerziehen, aller Lagen Herr zu werden und die Gefahren des Vertikal⸗, wie des Horizontalfluges kennen und vermeiden zu lernen. Die Lehrzeit des Anfängers ist deshalb, nach Erledigung der theoretischen Unter⸗ weisung, derart einzurichten, daß ihm zunächst Gelegenheit zum Aus⸗ führen kleiner Sprünge, dann mäßig hoher Flüge gegeben wird, vor allem aber, daß er das Anfahren und Landen gehörig übe und erlerne. Wer gut aufsteigt und gut landet, kann auch gut fliegen. Im weiteren werden die Anforderungen an den Schüler dann allmählich esteigert. Er wird angehalten, zu größeren Höhen aufzusteigen, leine Hindernisse, wie Baumgruppen und Hügel, zu überwinden, volle Sicherheit in der Führung des Flugzeuges zu gewinnen. Die Be⸗ dingungen der Pilotenprüfung verlangen eine Normalausbildung, sind im übrigen aber nicht schwer, weil mit Recht angenommen wird, daß die völlige Ausbildung, die mit Gewährung des Führerzeugnisses keineswegs bescheinigt werden soll, erst erreicht wird in selbständiger Weiterentwicklung des Fliegers, der sich selbst auf die Probe stellen muß, inwieweit er seiner Beobachtung, schnellen Auffassung und Geistesgegenwart vertrauen kann. Es ist in diesem Stadium geraten, selbst leichte Gefahren hervorzurufen, beim liegen alle Möglichkeiten herbeizuziehen, um ihrer Herr zu werden, Hveim Landen z. B. ebenso mit außer Betrieb gesetztem wie mit weiterlaufendem Motor zur Erde zu kommen. Die Ueberwindung von allerlei Gefahren zu lernen, ist unter allen Umständen eine Haupt⸗ sache bei der Ausbildung. Vor dem Aufsteigen in größere Höhen ist es unbedingt notwendig, den Gleitflug mit abgestelltem Motor gründ⸗ lich zu üben. Eine wichtige Regel für den Flieger ist es ferner, daß er vor jedem Aufstieg sich „persönlich“ davon überzeuge, ob an seinem Flugzeug alles in bester Ordnung ist. So zutreffend es ist, daß jeder Appaürat Fehler hat, der beste Motor versagen kann und es keine ab⸗