1911 / 144 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 21 Jun 1911 18:00:01 GMT) scan diff

„Der Genehmigung der staatlichen Aufsichtsbehörde bedarf es, wenn das Grundstück, auf welchem die Anlage errichtet ist, ganz oder teilweise zu einem anderen Zwecke verwendet werden soll.“

Graf Oppersdorff empfiehlt folgende Fassung: .

Das Grundstück, auf welchem die Anlage errichtet ist, darf zu

keinem anderen Zwecke als für die Leichenverbrennung und für die Beisetzung von Aschenresten verwendet werden. Eine Veräußerung des Grundstücks ist ohne Genehmigung des Ministeriums des Innern nicht zulässig.“ Er verweist darauf, daß auch im sächsischen Gesetz eine analoge Bestimmung sich befindet, die er für sser hält als den Text der Vorlage.

Minister des Innern von Dallwitz:

Ich möchte Sie bitten, meine Herren, den Antrag des Herrn Grafen von Oppersdorff abzulehnen. Der Antrag würde seinem Wortlaute nach mit dem § 3 Nr. 4 des Gesetzes in Widerspruch stehen, wonach das Grundstück Räume auch zur Oeffnung von Leichen und zur Abhaltung von Trauerfeierlichkeiten enthalten soll. Mit diesem Wortlaut würde er tatsächlich schon nicht vereinbar und deshalb nicht annehmbar sein. Ich halte ihn im übrigen aber auch nicht für notwendig, wie ich wohl nicht weiter zu begründen brauche. Was die Veräußerung des Grundstücks anbetrifft, so unterliegt diese, soweit kommunale Grundstücke in Frage kommen, jetzt schon nach den gesetz⸗ lichen Bestimmungen der Genehmigung des Kreis⸗ oder Bezirks⸗ ausschusses, und wenn eine derartige Genehmigung erteilt wird im Gegensatz zum öffentlichen Interesse, so ist der Landrat oder der Regierungspräsident befugt, die Ossftzial⸗ beschwerde gegen einen derartigen Beschluß des Bezirks⸗ ausschusses bei der höheren Instanz einzulegen. Ich glaube, daß die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen vollkommen ausreichend sind, um zu verhüten, daß nach dieser Richtung irgend etwas geschieht, was die Interessen der Gemeinde oder der Allgemeinheit zu schädigen geeignet wäre.

Graf Oppersdorff: Meine Fassung widerspricht dem § 3 nicht. Ein wenig auf die Psyche der Umwohner des Krematoriums sollte man auch hier Rücksicht nehmen. 6

Minister des Innern von Dallwitz: 6

Ich möchte nur erwähnen, daß das sächsische Gesetz insofern keine ausreichende Analogien für unsere Gesetzgebung gibt, als dem Minister des Innern dort ganz allgemein dieselben Funktionen übertragen sind, die nach der Vorlage den Bezirksbehörden, vor allem den Regierungs⸗ präsidenten zustehen sollen.

„Der Antrag Graf Oppersdorff wird abgelehnt, § 5

verändert angenommen. S 8 § G lautet: 8 8

᷑— 7 g. 8 522

. „Die Aschenreste von verbrannten Leichen müssen in einem für jede Leiche besonderen, behördlich verschlossenen Behältnis ent⸗ weder in der Urnenhalle (Urnengrab) oder in einer anderen behörd⸗ lich genehmigten Bestattungsanlage beigesetzt werden.“

Herr Dr. von Burgsdorff: Nachdem die namentliche Ab⸗

stimmung eine überwiegende Mehrheit für das Gesetz ergeben hat, könnte ich mir weitere Auslassungen ersparen, aber ich muß Sie doch bitten, uns ein wenig entgegenzukommen. Ich beantrage, dem § 6 folgende Fassung zu geben: „Die Behörden haben darüber zu wachen, daß 1) die Verbrennung der Leichen vollständig durchgeführt,

2) jede Vermischung oder Verwechslung von Aschenresten vermieden werde, 3) die Aufbewahrung der verbrannten Leichenreste in einem für jede Leiche besonderen, behördlich verschlossenen Behältnisse ent⸗ weder in der Urnenhalle (Urnengrab) oder in einer anderen behörd⸗ lich genehmigten Bestattungsanlage erfolge.“ Sonst haben diejenigen, welche sich verbrennen lassen wollen, gar keine Garantie, daß die Ver brennung durchgeführt und die Vermischung von Leichenteilen oder Aschenresten vermieden wird. 8 8

Minister des Innern von Dallwitz:

Meine Herren! Ich bitte nochmals, den Antrag abzulehnen. Die wesentliche Bestimmung des Antrags ist unter Ziffer drei ent⸗ halten und entspricht, soweit ich übersehen kann, wörtlich der Be⸗ stimmung des § 6 des Gesetzentwurfs. Die beiden anderen Bestim⸗ mungen sind einerseits selbstverständlich, andererseits eignen sie sich nie und nimmermehr zur Aufnahme in ein Gesetz, sondern sind Sache der Ausführungsvorschriften. Ich bin gern bereit und ich würde das auch ohne weiteres getan haben —, in der Ausführungsanweisung ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß dafür gesorgt werden muß, daß bei der Verbrennung selbst ordnungsmäßig vorgegangen wird.

„Herr Loening erklärt den Antrog ebenfalls für durchaus über⸗ flüssig und sieht darin nur die gewiß nicht beabsichtigte Möglichkeit einer Erschwerung des Zustandekommens des Gesetzes.

Graf Oppersdorff tritt der letzteren Auffassung scharf ent⸗

Herr Dr. von Burgsdorff: Nach der Erklärung des Ministers ziehe ich meinen Antrag zurück und schließe mit der Erklärung, daß ich mich trotzdem nicht verbrennen lassen werde.

§ 6 wird unverändert angenommen.

Zu § 9 liegt ein Antrag des Grafen Strachwitz vor, daß die letzwillige Anordnung nur wirksam sein soll, wenn der Verstorbene sie nach vollendetem 21. (Beschluß des Abgeordneten⸗ hauses: 16.) Lebensjahre getroffen hatte. Der Referent spricht sich für die Ablehnung des Antrages aus, Gesetz u. a. schon dem 14 jährigen gestatte, über seine Kon⸗ zu bestimmen. Herr Graf Haeseler hält die Annahme des Antrages auch mit Rücksicht auf die militärische Dienstpflicht für geboten.

Justizminister Dr. Beseler: 1

Meine Herren! Auch ich bitte mit dem Herrn Berichterstatter, daß Sie den Antrag des Herrn Grafen Strachwitz ablehnen wollen⸗ Die Gründe, die, wie der Herr Berichterstatter angegeben hat, für das Gesetz in der vorgeschlagenen Fassung sprechen, sind meines Er⸗ achtens durchaus überzeugend. Denn, wenn jemand berechtigt ist, bereits mit vierzehn Jahren darüber Bestimmung zu treffen, in welcher Religion er erzogen sein will, so wird man ihm doch nicht verwehren dürfen, zwei Jahre später, wenn er sechzehn Jahre alt ge⸗ worden ist, auch die Verfügung zu treffen, welche das Gesetz ihm hier freistellen will. Meine Herren, es ist im Gesetz bestimmt, durch eine letztwillige Verfügung kann man seinen Willen dahin erklären, daß eine Einäscherung stattfinden soll. Und nach dem Bürgerlichen Gesetz⸗ buch ist für eine letztwillige Verfügung das sechzehnte Lebensjahr das maßgebende. Also wir müßten schon ganz inkonsequent sein, wenn wir hier einen anderen Zeitpunkt wählen wollten. Und wenn der Herr General⸗Feldmarschall soeben hervorgehoben hat, daß wegen des Militärdienstes wohl Bedenken entstehen könnten, so möchte ich be⸗ merken, daß, wenn der Mann einmal gestorben ist, doch sein Dienst⸗ verhältnis aufhört (Heiterkeit), daß nicht ersichtlich ist, warum er nicht während der Militärdienstzeit die ihm in diesem Gesetze anheim⸗ sollte treff 5 da er doch nach dem

gegebene Disposition

8.

Bürgerlichen Recht auch in anderen Dingen zu verfügen nicht ge⸗ hindert ist.

Graf Strachwitz zieht hierauf seinen Antrag zurück.

§ 9 gelangt unverändert zur Annahme.

§ 10 trifft Bestimmungen über die Frist zur Einlegung von Beschwerden gegen Verfügungen der Polizeibehörden auf Grund dieses Gesetzes. Dazu liegt ein Antrag des Grafen Strachwitz vor, denjenigen, der eine Leiche verbrennt, um ein Verbrechen zu verschleiern, mit Geldstrafe bis zu 10 000 oder mit Gefängnis zu bestrafen.

Der Referent tritt dem Antrage entgegen. Eine besondere Be⸗ strafung eines Verbrechers dafür, daß er die Spur des Verbrechens zu verschleiern suche, kenne das Strafgesetz nicht. Eine Geldstrafe von 10 000 stehe ganz außer Verhältnis zu dem, was hier ge⸗ troffen werden solle. 6 8

Justizminister Dr. Beseler:

Meine Herren! Ich glaube, es ist insofern ein kleines Miß⸗ verständnis untergelaufen, als die Strafbestimmungen nicht im § 10, sondern im § 11 behandelt werden. Ich möchte anfragen, ob die Verhandlung zu § 11 fortgesetzt werden soll. Ich bin bereit, mich auch dazu zu äußern.

(Präsident: Der Antrag ist zu § 10 gestellt.)

Ich will mich dann also darüber auslassen. Der von Herrn Grafen von Strachwitz gestellte Antrag hat sehr wesentliche rechtliche Bedenken gegen sich. Einmal ist es zweifelhaft, ob es nach dem Reichsgesetz für uns möglich ist, das durchzuführen. Denn im § 5 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch ist festgesetzt, welche Strafen in landesgesetzlichen Vorschriften angedroht werden dürfen. Da ist nicht von einer unbegrenzten Gefängnisstrafe die Rede, sondern nur von einer solchen bis zu 2 Jahren.

Das wäre indessen nur ein formeller Punkt. Nun kommt aber noch ein anderes Bedenken hinzu: Es fragt sich, ob die vorgeschlagene Bestimmung nicht eine Kollision mit dem § 257 des Strafgesetzbuchs enthält. Denn wenn ich den Antrag recht verstehe, so nehme ich an, daß der Herr Graf denjenigen mit Strafe treffen will, der dem Ver⸗ brecher, welcher eine Leichenverbrennung ausgeführt hat, um ein Ver⸗ brechen zu verschleiern, dabei geholfen und sich, um ihn der Bestrafung zu entziehen, über die Vorschriften des Gesetzes hinweggesetzt hat. Das wäre also wohl eine Beihilfe im Sinne des § 257, und dann wäre schon das Reichsstrafgesetz anwendbar und es bedürfte keiner be⸗ sonderen Gesetzgebung. § 257 des Strafgesetzbuchs lautet: „Wer nach Begehung eines Verbrechens oder Vergehens dem Täter oder Teilnehmer wissentlich Beistand leistet, um denselben der Bestrafung zu entziehen...“ wird so und so bestraft.

Also das ist das, was der Herr Graf im Auge hat. Wenn er das will, so möchte ich glauben, daß er schon durch die bisherige Gesetzgebung genügend gesichert ist, sodaß es jetzt nicht eines Zusatzes bedarf, der noch dazu auf durchaus zweifelhafter Grundlage steht.

Graf Strachwitz: Es handelt sich hier nicht um Beihilfe, sondern um eine selbstandige Tat. Die in § 11 angedrohten Strafen, Geldstrafe bis 150 oder Hast, sind entschieden zu wenig.

Justizminister Dr. Beseler:

Meine Herren! Wenn ein Verbrecher seine Tat verschleiern will, und er wird nacher als Verbrecher entdeckt, so wird er doch wegen des Verbrechens selbst bestraft und nicht wegen der Verschleie⸗ rung. Es würde nicht angängig sein, noch eine besondere Straf⸗ bestimmung festzusetzen, für den Versuch, sein Verbrechen zu ver⸗ schleiern. Es muß zunächst festgestellt werden, ob ein Verbrechen vor⸗ liegt, und wenn es vorliegt, dann haben wir den Täter und bestrafen ihn wegen des Verbrechens. Wenn beispielsweise ein Mord begangen ist, dann wird der Täter zum Tode verurteilt, aber nicht wegen Verschleierung nochmals bestraft. (Sehr richtig!)

Die Ordnungsvorschrift des § 11 stellt eine poltzeiliche Maß⸗ nahme dar. Eine Begünstigung in der Weise, daß ein Dritter einen Verbrecher unterstützt, fällt unter die Bestimmung des § 257 Str.⸗G.⸗B. und diese Bestimmung würde ausreichen, um dem Gedanken, den Herr Graf von Strachwitz angeregt hat, Rechnung zu tragen. Ich glaube daher nicht, daß irgend ein Grund vorliegt, um diesen Antrag anzunehmen.

Wenn der Herr Graf noch Bedenken in der Richtung hat, daß die im Gesetz vorgesehenen Kautelen nicht genügen, um die Ver⸗ dunkelung von Verbrechen, die etwa durch Vergiftung usw. verübt werden, zu verhüten, so kann gar kein Zweifel bestehen, daß diese Kautelen ausreichend sein werden. Irgend eine abweichende Meinung ist bisher in dieser Richtung nicht vorgebracht worden und ich glaube hier kurz noch einmal versichern zu können, daß nach meiner rechtlichen Ueberzeugung, die in Juristenkreisen durchaus geteilt wird, alles vorgesehen ist, daß dadurch, daß eine Leichenverbrennung vor⸗ genommen wird, die Verschleierung einer Mordtat oder eines anderen Verbrechens unmöglich gemacht wird. Denn gerade das, was im Gesetz vorgesehen ist, soll dazu dienen, alle Feststellungen vorsorglich zu treffen, die etwa angezeigt wären, wenn ein Verdacht bestehen würde. Wir gehen also in diesem Gesetz viel weiter als sonst, und ich glaube, daß dadurch eine vollständig ausreichende Sicherheit gegeben ist. Ich muß also aus diesen Gründen dem Antrag des Herrn Grafen entschieden widersprechen.

Graf Strachwitz zieht nach diesen Erklärungen des Ministers seinen Antrag zurück.

§§ 10 und 11 werden unverändert angenommen, ebenso Einleitung und Ueberschrift. Die Gesamtabstimmung über das Gesetz im ganzen erfolgt namentlich und ergibt die An⸗ nahme mit 90 gegen 84 Stimmen.

Das Haus geht sodann zur Entgegennahme des münd⸗ lichen Berichts der Kommunalkommission über den vom Ab⸗ geordnetenhause abgeänderten Entwurf eines Gesetzes über die Polizeiverwaltung in den Regierungs⸗ bezirken Düsseldorf, Arnsberg und Münster über.

Berichterstatter Fürst zu Salm⸗Horstmar empfiehlt, dem Gesetzentwurf in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Das Haus beschließt demgemäß.

Es folgen Petitionsberichte.

Petitionen deutscher Kanzleibeamten um anderweite Festsetzung s Besoldungsdienstalters der Kanzleibeamten der Oberlandes⸗, Land⸗ und Amtsgerichte sowie der Staatsanwaltschaften und land⸗ rätlichen Privatbeamten um Besserung ihrer Besoldungs⸗ und An⸗ stellungsverhältnisse werden der Staatsregierung als Material über⸗ wiesen.

Eine Reihe weiterer Petitionen um günstigere Besoldungs⸗ und Anstellungsverhältnisse für die Schutzmänner, um Verleihung des Ranges der mittleren Beamten an die E um Auf⸗ besserung der Gehaltsverhältnisse, der Biebricher Lehrer, um Ver⸗

des

setzung der Aufseher der Königlichen Museen in Berlin aus Klasse 4 nach Klasse 7 der Besoldungsordnung, um Einrechnung der Ober⸗ zollsekretäre bei den Rechnungsstellen der Stempel⸗ und Erbschafts⸗ steuerämter unter die Zahl der nach der Besoldungsordnung mit Zu⸗ lagen Bedachten in den Rechnungsstellen befindlichen Oberzollsekretäre um Maßnahmen zugunsten der durch die Katasteranweisung von 1909 in ihrer Existenz gefährdeten selbständigen Landmesser und um gesetzliche Regelung der Besoldungsverhältnisse der Leiter Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen mittleren Schulen werden durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt.

Mehrere Petitionen von Beamten und Lehrern und des Stettiner Haus⸗ und Grundbesitzervereins um Einrechnung der Hypotheken⸗

zinsen unter die von dem Rohertrag des Grundstücks und nicht von dem Gesamteinkommen abzuziehenden Werbungskosten werden, soweit sie eine Gesetzesänderung erstreben, der Regierung zur Berücksichti⸗ gung, im übrigen als Material überwiesen.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Nächste Sitzung Mittwoch 11 Uhr. (A Petitionen.)

Schluß 7 Uhr. gemeine Zweckverbandsvorlage; kleinere Vorlagen; 1“ 1“ Haus der Abgeordneten. 91. Sitzung vom 20. Juni 1911, Vormittags 11 Uh (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht zunächst die zweite Beratung des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zum Vieh⸗ seuchengesetze. Ueber den Beginn der Beratung ist in der gestrigen Ausgabe d. Bl. berichtet worden.

Minister für Landwirtschaft, Domänen Dr. Freiherr von Schorlemer:

Meine Herren! Nach den ausführlichen Verhandlungen in der Kommission dieses hohen Hauses und nach den Erklärungen, welche in dieser Kommission zu dem vorliegenden Gesetzentwurf und seinen einzelnen Paragraphen von den Regierungsvertretern bereits abgegeben worden sind, glaube ich mich heute auf wenige Bemerkungen be⸗ schränken zu können.

Wenn der Herr Abgeordnete von der Osten sich darüber beklagt hat, daß auch in diesem Gesetzentwurf dem Gesichtspunkt einer hin⸗ reichenden Dezentralisation nicht Rechnung getragen sei, so möchte ich ihm gegenüber bemerken, daß melnes Erachtens die Maßnahmen der landwirtschaftlichen Verwaltung bei der Bekämpfung der gegenwärtig herrschenden Maul⸗ und Klauenseuche offensichtlich das Bestreben zu erkennen gegeben haben, nach Möglichkeit zu dezentralisieren. Ich habe persönlich diese Absicht bei verschiedenen Gelegenheiten aus⸗ gesprochen, und ich glaube, sie kommt auch in der von der Staats⸗ regierung gemachten Vorlage genügend zum Ausdruck. Aber alle, die mit den Verhältnissen der Seuchenbekämpfung und mit den ländlichen Verhältnissen vertraut sind, werden mir darin zustimmen, daß auch die Dezentralisation ihre Grenze findet in dem zweifellos notwendigen Bestreben, auch für eine möglichste Einheitlichkeit der Bekämpfung und Uebereinstimmung der Maßnahmen in den Gebieten einzuwirken, welche benachbart sind und gleiche Verhältnisse aufweisen. Die land⸗ wirtschaftliche Verwaltung kann aus diesem Grunde nicht darauf ver⸗ zichten, die Leitung der Bekämpfungsmaßregeln in der Hand zu be⸗ halten, und sie wird auch unter besonderen Verhältnissen davon Ge⸗ brauch machen müssen, besondere Beamte in einzelne Bezirke zu ent⸗ senden, um den dort maßgebenden Behörden und Instanzen mit Rat⸗ schlägen unterstützend an die Hand zu gehen. Wir haben auch beim letzten Seuchenausbruch in dieser Beziehung gute Erfahrungen ge⸗ macht; es ist aber nicht die Rede davon gewesen, daß der von mir entsandte Kommissar eigenmächtig besondere, in die Befug⸗ nisse der Lokalbehörden fallende Anordnungen getroffen hat. Er hat sich in der Regel darauf beschränkt, die Lokalbehörden auf Grund der reichen Erfahrungen, die er anderwärts bereits ge⸗ sammelt hatte, zu beraten und auf den Erlaß der Anordnungen hin⸗ zuwirken, welche die landwirtschaftliche Verwaltung im vorliegenden Falle für nötig erachten mußte.

Unter diesen Gesichtspunkten war es auch der landwirtschaftlichen Verwaltung möglich, in der Kommission ihre Zustimmung zu den Aenderungen zu geben, welche in § 1 zur Annahme gelangt sind. Wenn auch vom Standpunkte meiner Verwaltung selbstredend gegen die Wiederherstellung der Regierungsvorlage ein Einspruch nicht erhoben werden würde, so kann ich auf der anderen Seite nur die Erklärung meiner Vertreter in der Kommission wiederholen, daß den von dieser vorgeschlagenen Abänderungen des § 1 zugestimmt wird! Mit dieser Zustimmung hat die landwirtschaftliche Verwaltung jedenfalls das Mißtrauen gegen die Herren Landräte nicht zu erkennen gegeben, welches augenscheinlich den Antrag auf Wiederherstellung der Regierungsvorlage herbei⸗ geführt hat.

Meine Herren, wenn ich den Herrn Abg. Brors richtig verstanden habe, so hat er in Aussicht gestellt, daß seine Partei den Anträgen Gyßling und Genossen zustimmen würde! Ich verstehe dann nicht recht, warum er gerade dafür plädiert hat, daß die Befugnisse der Re⸗ gierungspräsidenten in bezug auf die Viehausfuhr und ⸗einfuhr nach Möglichkeit den Landräten übertragen werden sollen. Ich kann ihn in dieser Beziehung, was seine tatsächlichen Ausführungen angeht, auch beruhigen. Die Genehmigung der Ausfuhr von Schlacht⸗ vieh ist neuerdings fast ohne Ausnahme dem Landrat über⸗ tragen. Auch bei der Ausfuhr von Zucht⸗ und Nutzvieh ist in einzelnen Fällen die Entscheidung dem Landrat übertragen worden. Im allgemeinen wird bei der Ausfuhr von Zucht⸗ und Nutz⸗ vieh, wo es sich um die Möglichkeit handelt, die Ansteckungsgefahr durch das versandte Vieh weiter zu verbreiten, die Genehmigung des Landrats nicht für genügend erachtet werden können. Es kommen da die Interessen anderer Bezirke und Kreise in Betracht. Es wird notwendig sein, in solchen Fällen in der Regel dem Regierungs⸗ präsidenten die erforderliche Anordnung zu überlassen.

Meine Herren, ich habe dann noch in Uebereinstimmung mit dem, was in der Kommission erklärt worden ist, die ausdrückliche Erklärung abzugeben, daß der Antrag Nr. 663, welcher von dem Herrn Abg. Meyer (Diepholz) begründet worden ist, die Zustimmung der Staats⸗ regierung nicht finden kann. Bereits der § 79 des Reichsviehseuchen⸗ gesetzes von 1909 schreibt ausdrücklich vor, daß vor dem Erlasse der die Schutzmaßregeln gegen Seuchengefahr betreffenden allgemeinen Vorschriften Vertretungen der beteiligten Berufsstände zu hören sind. Es ist auch in früheren Jahren bereits von einer solchen Anhörung der Berufsvertretung ausgiebig Gebrauch gemacht worden, und das wird in Zukunft auf Grund des Reichsgesetzes eben⸗

und Forsten

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Es kann aber nicht zugestanden werden, daß für jeden Kreis ein ständiger Ausschuß sachverständiger Personen zu bezeichnen ist, der in jedem einzelnen Falle seine Zustimmung zu den vom Landrat oder der betreffenden Ortspolizeibehörde zu treffenden Anordnungen zu geben hat. Jeder verständige Landrat und Vertreter der Ortspolizeibehörde wird in der Regel ohne Anhörung der in Betracht kommenden Interessentengruppen seine Maßregeln nicht treffen; aber im einzelnen Falle handelt es sich sehr oft um schleunige, binnen wenigen Stunden zu treffende Maßregeln, bei welchen eine rechtzeitige Anhörung von Sachverständigen doch nicht wird stattfinden können. Es kommt hinzu, daß die ngelmäßige Anhörung eines solchen Beirats Kosten verursachen würde,

von deren es noch nicht feststeht, von wem sie getragen werden müßten.

Schließlich kommt noch hinzu, daß die in Frage kommenden Sacverständigen zum Teil in der Angelegenheit selbst interessiert sein virden (sehr richtig!); es würde ihnen vielleicht in einzelnen Fällen nit ganz leicht fallen, Maßregeln zuzustimmen, die in ihrer Aus⸗ fütrung sie selbst hart betreffen könnten. Ich glaube also, meine benen, es bleibt besser bei den Kommissionsbeschlüssen; ich kann Fedenfalls nur nochmals betonen, daß diesem Antrage die Zustimmung der Staatsregierung nicht gegeben werden kann.

Was sodann den Antrag der Herren Abgg. Rehren und Dr. Rewoldt betrifft, der sich auf die Fassung des § 3 Abs. 2 bezieht, so nöchte ich auch hier bitten, es bei den Kommissionsbeschlüssen zu be⸗ lassen. Ich bin nicht in der Lage, die Zustimmung der Staatsregierung dazu zu erklären, daß eine mündliche Mitteilung in allen Fällen un⸗ verzüglich schriftlich zu bestätigen ist. Es wird vollständig genügen, wenn es bei dem Kommissionsvorschlag verbleibt, daß eine schriftliche Mitteilung nur dann zu erfolgen hat, wenn sie von den Beteiligten verlangt wird. Ich werde entsprechend der Anregung des Herrn Abg. von der Osten gern meinerseits darauf hinwirken, daß in den Aus⸗ führungsvorschriften eine Bestimmung Aufnahme findet, welche den in Betracht kommenden Behörden vorschreibt, bei der mündlichen Mit⸗ teilung die Beteiligten über ihr Recht, schriftliche Mitteilung nach⸗ träglich zu verlangen, zu belehren. (Sehr gut! rechts.) Ich glaube, damit kommen wir unter allen Umständen aus.

Den Ausführungen des Herrn Abg. Viereck kann ich in den recht⸗ lichen Deduktionen über die Befugnisse des Ministers in bezug auf den Erlaß von Vorschriften im allgemeinen nur beitreten.

Dem Herrn Abg. Gyßling möchte ich noch erwidern, daß die Zuziehung von Tierärzten bereits in der Kommission dieses hohen Hases eingehend erörtert worden ist. Ich darf ihn nochmals auf die Erklärung meines Vertreters bei dieser Gelegenheit verweisen, der audrücklich darauf aufmerksam gemacht hat, daß für die Zuziehung don Privattierärzten an Stelle beamteter Tierärzte in erster Linie den Vorschriften des Reichsviehseuchengesetzes maßgebend sind, daß aber im übrigen soweit als möglich und zulässig auch die Zuziehung nichtbeamteter Tierärzte bei der Seuchenbekämpfung in Aussicht ge⸗ nommen ist und auch bisher schon stattgefunden hat.

Was die Veröffentlichung der Anordnungen angeht, so glaube ich, daß auch hier die zu § 3 seitens der Kommission gemachten Vor⸗ hläge ausreichen. Ich halte es nicht für wünschenswert, dem An⸗ nage, der unter Nr. 662 gestellt worden ist, stattzugeben. Es ist hon seitens des Herrn Abg. Viereck mit Recht darauf hingewiesen worden, daß bezüglich der Bekanntmachungen der Landräte und auch der Regierungspräsidenten eine entsprechende Anordnung nach § 3 des Entwurfs ohne weiteres möglich ist.

Sodann ist noch die Frage gestellt worden, welche Inter⸗ sentenvertretungen über den Entwurf der Ausführungsbestimmungen es Bundesrats zum Reichsviehseuchengesetz gehört worden sind. Ich kann darauf erwidern, daß gehört worden sind: der Deutsche Landwirtschaftsrat, der Deutsche Milchwirtschaftliche Verein, der Deutsche Fleischerverband, der Bund der Viehhändler Deutschlands, der Zentralverein der Deutschen Lederindustrie und der Deutsche Veterinärrat. Es hat also eine sehr umfangreiche Vernehmung ver⸗ schiedener Interessentengruppen stattgefunden, und es ist ihnen Ge⸗ legenheit geboten worden, ihre Wünsche für die in Betracht kommenden Vorschriften zu äußern.

Zum Schluß möchte ich nochmals wiederholen, daß für die Staatsregierung unannehmbar sind die Anträge unter Nr. 663 und 665 der Drucksachen, daß der Antrag 661, der sich auf die Wieder⸗ herstellung der Regierungsvorlage bezieht, keinem Einspruch seitens de Staatsregierung unterliegen wird (Heiterkeit und Hört, hört! bei den Sozialdemokraten), daß ich aber nach den von meinen Kommissaren kexits abgegebenen Erklärungen anheimstelle, die Kommissions⸗ beschlüsse auch in diesen Punkten anzunehmen. (Beffall rechts.)

Abg. Leinert (Soz.): Nachdem der Minister erklärt hat, daß er

f die Wiederherstellung der Regierungsvorlage zu § 1 keinen Wert tt, ihm im Gegenteil die Anträge der Linken unangenehm sind, erden die Mehrheitsparteien wahrscheinlich die Anträge ablehnen. me durchgreifende Seuchenbekämpfung scheint überhaupt nicht beab⸗ htigt zu sein. Wir verlangen eine rücksichtslose Bekämpfung, dererseits aber allerdings volle Entschädigung der Tierbesitzer, zhalb halten wir es für zweckmäßig und richtig, wenn die nordnuung und die Durchführung der Seuchenbekämpfung von Zentralstelle aus geschieht. Bei dem Landrat werden sich inflüsse geltend machen, die die Bekämpfunoemofiregeln be tträͤchtigen, um so mehr, wenn darüber von einem Kollegium mit in Landrat beraten werden soll, und dabei werden gerade wieder die aunsgrundbesitzer ihre Interessen geltend machen. Auf die Groß undbesitzer wird viel mehr Rücksicht genommen als auf die kleinen. ur ist ein Fall aus der Provinz Hannover bekannt, wo ein Bahnhof einem Seuchenbezirk ausdrücklich ausgenommen wurde, damit die oßen Viehbesitzer ihr Vieh von diesem Bahnhof versenden konnten. Iie Kommission hat sich von der Furcht leiten lassen, daß die Seuche sohe jede Rücksicht wirksam unterdrückt werden könnte. Deshalb nerr 8 mit der Durchführung der Bekämpfungsmaßregeln be. düdas 8 Kommissare keine polizeilichen Befugnisse erhalten; aber hnelle Unt halten wir „für nötig. s sein, daf terdrückung der Seuchen obaben will, muß dafin eaß die Anordnungen unter allen Umständen, ja, wenn Ses, sogar rücksichtslos durchgeführt werden. Darum darf

8

Berlin, Mittwoch, den 21. Juni

man den Kommissaren nicht die polizeilichen Befugnisse nehmen. In dem nationalliberalen Antrage über die Sachverständigen sehen wir eine Abschwächung, werden ihm also nicht zustimmen. Den frei⸗ konservativen Antrag werden wir annehmen; denn die schriftliche Be⸗ stätigung einer polizeilichen Anordnung läßt sich unter allen Um⸗ ständen durchführen.

Abg. von Arnim⸗Züsedom (kons.): Ich möchte bitten, die §§ 1 bis 4 in der Kommissionsfassung anzunehmen, da in den Kommissions⸗ beschlüssen eine wesentliche Verbesserung der Regierungsvorlage zu er⸗ blicken ist. Wegen unserer ablehnenden Haltung gegen den national⸗ liberalen Antrag bezüglich der Sachverständigen ist uns der Vorwurf gemacht worden, daß wir nur die Interessen der Groß⸗ grundbesitzer wahrnähmen. Diesen Vorwurf muß ich zurückweisen. Denn wir sind nur deshalb gegen den Antrag, weil dadurch eine Verlangsamung herbeigeführt werden würde. Sachverständige werden so wie so schon, wenn es nötig sein sollte, hinzugezogen werden. Wenn der Abg. Leinert sich gegen die Landräte ausgesprochen hat, so ist das nicht zu verwundern. Denn wenn er die Landräte lobte, dann könnte man sicher sein, daß sie nicht ihre Schuldigkeit getan haben. Aber die Haltung des Abg. Gyßling gegen die Landräte hat mich einigermaßen gewundert. Die Publikationen sollen in den Blättern erscheinen, die von den Viehhaltern gelesen werden. Da wohl kaum Viehhalter Sozialdemokraten sind, so kommt die sozialdemokratische Presse für die Veröffentlichungen nicht in Betracht. Ich möchte den Minister übrigens bitten, dafuüͤr zu sorgen, daß der Berliner Mager⸗ viehhof dem Regierungspräsidenten von Potsdam unterstellt wird.

Inzwischen hat der Abg. Graf von Spee (Zentr.) noch den Antrag gestellt, im § 3 den Satz zu streichen: „Der schrift⸗ lichen Mitteilung steht die Eröffnung zu Protokoll gleich.“

Minister für Landwirtschaft ꝛc. Dr. Freiherr Schorlemer:

Ich möchte dem Herrn Vorredner sofort erwidern in bezug auf die Wünsche, welche er bezüglich einer anderweitigen Ueberwachung des Magerviehhofs in Berlin vorgebracht hat. Ich habe volles Verständnis sowohl für seine Wünsche wie für diejenigen der Landwirtschaftskammer für die Provinz Brandenburg; aber ich bedaure, aus den schon häufig angegebenen Gründen auch jetzt dem von ihm gemachten Vorschlag nicht näher treten zu können. Für die Haltung meiner Verwaltung ist in dieser Frage allein ausschlaggebend gewesen der praktische Gesichtspunkt, daß es unter allen Umständen besser sein wird, den Magerviehhof dem Polizeipräsidenten in Berlin zu unterstellen, dessen Departementstierarzt in kaum 20 Minuten, also mehr oder weniger jeden Augenblick, den Magerviehhof erreichen kann, während die Beamten der Potsdamer Regierung immer erst über den Umweg über Berlin dorthin gelangen können. Es fehlt dem Departementstierarzt in Berlin auch nicht an den nötigen Hilfskräften; es sind eine Reihe von Kreistierärzten und noch mehr sonstige Hilfsbeamte zu seiner Verfügung, sodaß eine ausreichende Ueberwachung des Magerviehhofs gerade durch die Zuständigkeit des Polizeipräsidenten nach jeder Richtung hin ge⸗ sichert wird.

Nun gebe ich gern zu, daß der Gesichtspunkt, daß es sich hier um eine Einrichtung handelt, die für weitere Bezirke von Bedeutung ist, dahin führen könnte, den Regierungspräsidenten zu Potsdam auch mit dieser Aufgabe zu betrauen, zumal ihm auch andere Märkte der Umgegend unterstellt sind. Aber Sie dürfen nicht vergessen, daß der Magerviehhof in Berlin sich zu einer Bedeutung entwickelt hat, die weit über die Grenzen der Provinz Brandenburg hinausgeht, und daß wir andererseits in Berlin eine Reihe von andern gleich⸗ artigen Einrichtungen haben ich darf an den Schlacht⸗ viehhof erinnern —, die ebenfalls der Berliner Behörde unter⸗ stellt sind, auf welche der Regierungspräsident in Potsdam auch keinen Einfluß ausüben kann. Ich möchte dringend bitten, weitere Anträge nach dieser Richtung fallen zu lassen; die landwirtschaftliche Verwaltung würde nicht in der Lage sein, ihnen stattzugeben.

Wenn noch auf die Schließung des Magerviehhofs in Fällen der Seuchengefahr aufmerksam gemacht worden ist, so möchte ich dem ent⸗ gegenhalten, daß auch jetzt schon daran festgehalten wird, daß der Polizeipräsident nicht ohne Zustimmung der landwirtschaftlichen Ver⸗ waltung diese Schließung vornimmt, weil sie für weite Kreise, vor allen Dingen auch für die Händler, von ganz weittragender Bedeutung ist. Ich habe vor einiger Zeit meine Zustimmung dazu gegeben, daß der Magerviehhof geschlossen wurde, und die Folge davon war, daß sich außerhalb des Viehhofs in Berlin und Vororten und un⸗ kontrollierbar ein großer Handel entwickelt hat. Nun sind noch weniger Garantien dafür geboten, daß nicht von diesen Stellen aus die Maul⸗ und Klauenseuche verschleppt wird. Also die Schließung des Magerviehhofs ist mindestens eine zweischneidige Waffe, über deren Anwendung von keiner anderen Stelle zutreffender entschieden werden kann als von der Zentralstelle, von der landwirtschaftlichen Verwaltung.

von

Abg. Meyer⸗Diepholz (nl.) tritt nochmals für den Antrag auf Hinzuziehung von Sachverständigen ein. 1

Ein Regierungskommissar erklärt, daß die Regierung eine solche Verpflichtung nicht übernehmen könne, da sie in die veterinär⸗ polizeilichen Befugnisse der Regierungsbehörde zu tief eingreife.

Abg. Rehren⸗Hamelspringe (freikonf.) zieht seinen Antrag zurück.

Abg. Zimmer (Zentr.) befürwortet den Antrag des Grafen Spee, der zum Schutze der Beteiligten gestellt sei, da eine Eröffnung zu Protokoll mißverstanden werden könne.

Der Regierungskommissar stellt die Annahme dieses An⸗ trages anheim.

In der Abstimmung werden die Anträge Aronsohn und Dippe abgelehnt, die §§ 1, 2 und 4 in der Kommissions fassung angenommen; § 3 wird unter Streichung der Worte „der schriftlichen Mitteilung steht die Eröffnung zu Protokoll gleich“, entsprechendd dem Antrage des Grafen Spee, an genommen.

Die §§ 5 bis 23 betreffen die Entschädigungen.

Nach § 5 ist Entschädigung außer in den Fällen des § 66 des Reichsgesetzes zu gewähren 1) für Esel, Maultiere und Maulesel, die an Milzbrand oder Rauschbrand, sowie für Rinder, Pferde, Esel, Maultiere und Maulesel, die an Wild und Rinderseuche gefallen sind oder an denen nach dem Tode eine dieser Krankheiten festgestellt worden ist; 2) für Rinder, Pferde, Esel, Maultiere und Maulesel, die an Tollwut ge fallen sind oder an denen nach dem Tode Tollwut festgestellt worden ist.

Der Abg. Dippe (nl.) beantragt hinzuzufügen: 3) für Schweine, die aus Anlaß der Schweinepest im Einverständnis der Eigentümer auf polizeiliche Anordnung getödtet oder nach der Anordnung an dieser Seuche gefallen sind.

Der Abg. Aronsohn (fortschr. Volksp.) beantragt, auch für die an Milzbrand oder Rauschbrand gefallenen Schweine und Schafe sowie für an Tollwut gefallene Schweine, Ziegen und Schafe und endlich für die an Maul⸗ und Klauenseuche gefallenen Tiere Entschädigungen zu gewähren.

Der Abg. Hirsch⸗Berlin (Soz.) beantragt, Entschädigung auch zu gewähren für die an Milz⸗ oder Rauschbrand gefallenen Schweine, Ziegen und Schafe, für die an Tollwut gefallenen Schweine, Ziegen, Schafe, Wach⸗ und Ziehhunde, ferner für Schweine, die an der Schweineseuche oder Schweinepest gefallen sind, und endlich für Geflügel, das an der Geflügelcholera oder Hühnerpest gefallen ist.

Nach § 6 beträgt in den Fällen des § 5 Nr. 1 und bei den mit Tollwut behafteten Tieren die Entschädigung vier Fünftel des gemeinen Werts. Zu gleichem Anteile findet in diesen Fällen die Anrechnung einer Versicherungssumme statt.

Der Abg. Dippe (nl.) beantragt in Konsequenz seines Antrages zu § 5, daß die Entschädigung für Schweine, die wegen der Schweinepest getötet oder gefallen sind, die volle Höhe des gemeinen Wertes beträgt.

Der Abg. Aronsohn (fortschr. Volksp.) beantragt in Konsequenz seines Antrages zu § 5, daß die Entschädigung für die an der Maul- und Klauenseuche gefallenen Tiere die Hälfte des gemeinen Werts beträgt, worauf die aus Privatverträgen zahlbare Versicherungssumme zum vollen Betrage angerechnet wird.

Der Abg. Hirsch⸗Berlin (Soz.) beantragt, daß in allen Entschädigungsfällen Personen mit einem Jahreseinkommen von weniger als 3000 der Schaden nach dem gemeinen Wert voll zu vergüten ist.

§ 8 bestimmt auf Grund des § 71 des Reichsgesetzes, wonach durch Landesrecht in gewissen Fällen die Entschädigung versagt werden kann, daß in den dort genannten Fällen keine Entschädigung gewährt wird, daß sie jedoch für Rinder, Pferde, Esel, Maultiere und Maulesel auch nicht zu versagen ist, wenn die Krankheit in Wild⸗ und Rinderseuche oder in Tollwut be⸗ standen hat.

Der Abg. Hirsch⸗Berlin (Soz.) beantragt, die letztere Be⸗ stimmung auf Schweine, Ziegen, Schafe, Wach⸗ und Zieh⸗ hunde auszudehnen.

§ 9 trifft Bestimmungen, wonach für die einzelnen Ent⸗ schädigungsfälle teils von den Provinzialverbänden allein, teils mit einem Teilbetrage von den Provinzialverbänden und im übrigen aus der Staatskasse die Entschädigung gewährt wird.

Der Abg. Aronsohn (fortschr. Volksp.) beantragt, daß für die an der Maul⸗ und Klauenseuche gefallenen Tiere die Entschädigung allein von den Provinzialverbänden getragen wird.

Der Abg. Hirsch⸗Berlin (Soz.) beantragt, daß bei Ent⸗ schädigungsfällen, die Personen mit einem Jahreseinkommen von weniger als 3000 betreffen, der volle Betrag der Entschädigung aus der Staatskasse gewährt wird.

Die §§ 11 und 12 enthalten Bestimmungen über die Erhebung von Beiträgen von den Tierbesitzern. Die Kom⸗ mission hat die Bestimmung hinzugefügt, daß die durch Beiträge der Besitzer von Einhufern angesammelten Rücklagen nur zu Entschädigungen für Einhufer und die von Rindviehbesitzern eingesammelten Rücklagen nur zu Entschädigungen für Rind⸗ vieh verwendet werden dürfen. G

Der Abg. Hirsch⸗Berlin (Soz.) beantragt, daß zu Beiträgen Personen von weniger als 3000 Einkommen nicht heran⸗ gezogen werden dürfen.

Die übrigen Paragraphen dieses Abschnitts stimmungen über die Feststellung des Wertes der Schätzung, über die Aufstellung von Satzungen und das schiedsgerichtliche Verfahren. Die Kommission hat in § 23 die neue Bestimmung beschlossen, daß, wenn die Provinzialverbänd

treffen Be

Beihilfen an Tierbesitzer gewähren, die durch die Bekäͤmpfungs⸗ Verbänden

maßregeln wirtschaftlich schwer geschädigt sind, den Zuschüsse dazu vom Staate gewährt werden im Betrage von etwa der Hälfte der gewährten Beihilfen.

Der Abg. Aronsohn (sortschr. Volksp.) beantragt, daß zu dem vom Schiedsamt ausgeschlossenen Personen auch die im Betriebe der Entschädigungsberechtigten

Tiere durch

angestellten Per⸗

sonen zu rechnen sind. 8 . Abg. Gyßling (fortschr. Volksp.) zieht von den Anträgen

Aronsohn diejenigen zu §§ 5, 6 und 9,

die sich auf die Ent⸗

schädigung für die an der Maul⸗ und Klauenseuche gefallenen

Tiere beziehen, zurück in der Erwartung, daß die Regierung auf die von der Kommission beschlossene Resolution eine be⸗ friedigende Erklärung abgeben wird.

Abg. Graf von Carmer⸗Zieserwitz (kons.): Dieses eine ganze Reihe von Vorteilen. Die Entschädigungen kleineren Viehbesitzer werden auf die Staatskasse übernommen, un die kleineren Besitzer haben daber keine Beitrage zu von den Pferdebesitzern angesammelten Beiträge dem Kommissionsbeschluß nicht mehr für andere Zwecke, als für Pferdezucht allein verwendet werden; das ist gerade bei dem gewaltigen Umfang der Maul⸗ und Klauenseuche von großem Werte. Die Kommission bat ferner beschlossen, daß die Schätzung des W des getöteten oder gefallenen Tieres durch den deamteten Tierarzt alein nur dann zu erfolgen hat, wenn der deteiligte Wehdesitzer zustimmt. Gegen den Antrag Dippe iu § 5 derufe ich macch auf die handlungen im Reichstag; dert dat man eine Entschädisung für Schweinepest nicht beschlossen, weil man sich sagte, daß., wenn die Schweinepest erst einmal ausgedrochen sei, Ke gar nicht mehr aufgebalten werden könne. Oesterreich bat auch keine Entschädigung für Schweinepest. Wir sind derhald gegen den Antraag Dippe. Einer Ausdebnung er Cntschsdiguggriücht für Schweine, Ziegen und Schafe nach den Anträgen Arenseden steben wir sympathisch gegenüder. Ader die Rogterung dat cd in der Kommission entschieden dagegen erklärt; Re snd Aho ansehbeloe. Der sczialdemokratische Antrag will die Personen mit wentger Ans 3000 Mark Einkommen devorzugen, ich macde ader darauf auaek. sam, daß für Ttungen und Anerdaungen der Perdei dene S schädigung gewährt wird. Wir können ader die Personen mit NRngevenn Einkemmen deoch nicht ganz ven den Beiträgen m den Prereeeht verbänden besreien, And dagegen Fem dereit wNvcha⸗ üd Mm Not geratenen Webdestbern nacd Manchken Bden e dt der § I. der de Moögkchkert den Mes

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