11“ v11““
1“ 5 . 1g 16 85
Krone gegeben und von ihr angenommen worden im Hinblick auf die
Künste u. des Kunsthandwerks. — Schupmann: Formenlehre d. Fürnste 1 IV. — Dozenten: von Loehr: Ornamentik 1, II u. III. Innendekoration. — Streicher: Plastik. — Priv.⸗ Dozenten: Brinckmann: Baugeschichte d. Mittelalters u. d. Neu⸗ zeit. — Buchkremer: Künstler. Perspektive. Kunstgewerbe (christl. u. Profankunst). — Wildt: Raumbildung u. Raumausstattung mit
1 ü Moderne. 9 hö esen: Professoren: N N.: Eisen⸗ bahnbau. Tunnelbau. — Domke:
isenbahnbau f. Verkehrsing. m Statik d. den niones I u. III. Brücken in Stein u. Holz. Eisenbetonbau II. — Gast:
Prakt. Geometrie I. Geodätisches Prak⸗ tikum I. Geodätische Ausarbeitungen.
u äͤsie. — Hertwig: Statik d. Baukonstruktion. Eisenbau I u. II. ch: 1“ Verkehrswasserbau I. u. II. Uebungen i. Verkehrswasserbau II. — Holz: Wehrbau u. Falerckaban. asser⸗ versorgung. Wasserkraftgewinnung. — Quirll: Flußbau I u. Kultur⸗ vece I. Flußbau II, Seeuferbau u. Kulturtechnik II m. Uebgen. — Sleben: Baukonstruktionen I, Baukonstruktionen II. (Innerer Aus⸗
. Beaustofflehre. ban), ⸗ ftofl “ nieurwesen: Professoren: Grotrian: Physik. Grundlagen d. Elektrotechn. Theor. Elektrotechn. Elektrotechn. Praktikum. Junkers: Wärmetechnik, Masch.⸗ Lab. I. Masch.⸗Lab. II und Sprinklerlabor. Masch.⸗Lab. 11. — Köchy: Lokomotivbau. Eisenbahnbetr.⸗ u. Sicherungsanl. Langer: Dampfmasch. Rotierende Kraft⸗ u. Arbeitsmasch. Ver⸗ brennungsmasch. — Nieten: Baukonstr.⸗Lehre f. Masch.⸗Ing., dto. für Berg⸗ und Hüttenleute. — Rasch: Ausgew. Kap. d. prakt. Elektrotechn. Einl. i. d. Elektrotechn. Konstr. Lehre d. Elektrotechn. Elektr. Konstruktionsübgen. — Rötscher: Einl. i. d. Masch.⸗Bau. Mech. Technologie. Uebgen. im Lab. f. mech. Technologie. Maschinenel. einschl. Kinematik. Wallichs: Arbeitsmasch. Werkzeugmasch. Bergwerksmasch. — Dozenten: Finzi: Elektr. Zentralanl. u. Ltgen. Hamacher: Prakt. Telegraphie u. Telephonie. — N. N.: Heizung u. Lüftung. Abriß d. Masch.⸗Elem. —
riv.⸗Dozenten: Barth: Kinematik d. Maschinengetriebe. Per. n. Dampfkesselbau u. Kesselfeuerungen.
Abt. f. Bergbau u. Hüttenkunde, f. Chemie u. Elektro⸗ chemie: Professoren: öö Hüttenkunde d. Metalle außer Eisen u. Elektrometallurgie. Kleines metall. Praktikum umfassend Lötrohr⸗ u. Hüttenmänn. Probierkunst u. elektr. Schmelzverfahren. Großes metall. u. elektrometall. Praktikum. — Bredt: Organ. Experiment. Chemie II. Organ. Praktikum. Classen: Allgem. u. an⸗ organische Experimentalchemie. Experimentalchemie enc. Kurs. Anorg. Praktikum. Prakt f. qualit. u. quantit. Analyse. Spez. analyt. Methoden. Quant. Analyse durch Elektrolyse. Maß⸗, Gas⸗ u. Spektralanalyse. Darstllg. anorg. Präparate. Ausführg. selbständ. wissensch. Arb. auf d. Gebiet d. analyt. u. anorg. Chemie. Elektronalyt. u. elektrochem. Praktikum. Darstllg. von Chemi⸗ kalien mittels Elektrolyse. Galvanoplastik usw. Ausführg. selbständ. wissenschaftlicher Arbeiten auf dem Gebiete d. Elektrochemie. — Dannenberg: Allg. Geologie. El. d. Min. u. Geol. — Haußmann: Uebgen. im Markscheiden u. Feldmessen. Abriß d. Markscheide⸗ u. Feldmeßkunde. Ausgleichungsrechnung Sphärische Trigonometrie. Trigonometrische Uebgen. — Herbst: Aufbereitungskunde. Brikettierung. Kokerei. Entwerfen von Auf⸗ bereitungs⸗, Brikettierungs⸗ u. Kokereianlagen. Bergmännisches Seminar. — Klockmann: Mineralogie. Mineralogisches Praktikum. Kristallographie, verbunden mit Uebgen. Anleitung zu selbständigen Arbeiten auf dem Gebiete der Kristallographie, Mineralogie und Petrographie. Lagerstättenlehre. — Mayer: Energiegewinnung und verteilung. Hüttenmaschinenkunde. Verarbeitung d. schmiedbaren Eisens. — Rau: Chem. Technologie I (Allgem. Feuerungskde.). Chem. Technologie III. Entwerfen p. chem. Apparaten u.
abrikanl. Chem.⸗techn. Praktik. — Ruer: Phys. Chemie I. ssebaite i. physik. Chemie f. Hüttenleute, Chemiker u. f. Fortge⸗ chrittene. — Schwemann: Bergbaukunde I. Entw. bergmänn. u. Tief⸗ schtütten Bergrecht u. Bergverwaltg. Bergmänn. Seminar. — Wüst: Eisen⸗, Stahl⸗ u. Metallgießerei. Kleines eisenhüttenmänn. Praktikum.
Großes eisenhüttenmänn. Praktikum. — Honorarprofessor Stege⸗ mann: Grubenbrände u. Schlagwetterexplosionen. — Dozenten: CECloeren: Analyt. Chemie. Goerens: Eisenhüttenkunde. Materialkunde. — von Kapff: Chem. Technologie d. Gespinstfasern Färberei, Bleicherei usw.). — Levin: Eisenprobierkunde. — Quase⸗ art: Hüttenmänn. Konstruktionen. — Wandhoff: Markscheiden u. Feldmessen I. Marksch. Zeichen⸗ u. Rechenübgen. — Wieler: Allg. Botanik. Rohstofflehre d. Pflanzenreichs I. u. II. Mikrosk. bot. Uebgen. 1I. Anleitg. zu selbst. botan. Arbeiten a. d. Geb. d. reinen u⸗ techn. Botanik. — Privatdozenten: Bornemann: Anmwdg. d. Lehre vp. eterogenen Gleichgewicht auf d. Metallhüttenkde. — Doerinckel: etallographische Untersuchungsmethoden. Fischer: Elektro⸗ emie. — Levy: Terzene und Kampher. — Semper: Ver⸗ stennahhghe Uebgen. i. Versteinerungskrde. — Sommerfeldt: Mlikrochemische Analyse. . — acher sche allgem. Wissenschaften, insbes. f. Mathemat. u. Naturwissenschaften: Professoren: Blumenthal: Höh. Mathe⸗
natik II. Ausgew. Kap. d. Mathematik (Hydrodynam. Theorien d.
Flugproblems. — Kähler: Nationalökonomie. Soz. Gesetzgebung. Senehn. Politik. Nationalökon. Uebgen. Kötter: DPDHarst. Geometrie. Graph. Statik. Ausgew. Kap. aus d. graph. Statik. — Kutta: Hoh. Mathematik I. — Passow: Wirtsch. Organ. u. Geschäftsbetrieb ind. u. kommerz. Unternehmungen. Ein⸗ führung i. d. Verständnis geschäftl. Bilanzen m. bes. Beruͤcksichtigung ind. u. bergbaulicher Unternehmungen. Besprechung d. Handelsteils roßer Tageszeitungen. Privatwirtsch. Uebgen. — Reißner: Mechanik 1 u. 1I. Flugtechn. Aerodynamik. Stark: Experimentalphvs. I. Uebgen. i. phvsik. Labor. Dozenten:
Cgert. Länderkunde v. Afrika, Australien u. Asien m.
bes. Berücksichtigung der wirtsch. Verhältnisse. Allgem.
Verkehrsgeographie. Die deutschen Kolonien (m. Projektionsbildern).
Geograp ⸗Praktikum. Geogr. Uebungen u. Exkursionen. — Gemünd:
Allg. Hovgiene. Bau⸗ u. Wohnungshygiene. Hygiene u. Bakteriologie
d. Wassers. — Henne: Feuerversicherungstechnik. Feuerversicherungs⸗
techn. Besprechungen. — Kayser: Rechtsenzyklopädie nebst Grundzügen des Zivilrechts. Wechselrecht. Lehmann:
Unternehmer⸗ u. Arbeitgeberverbände. — Schatz Buch⸗
führungssysteme. Seitz: Mech. Wärmetheorie. Theoret. hysik. Experimentalphysik ene. Kurs. — Storp: Gewerbehyg.
u. Unfallverhütun verbunden m. Fabrikbesichtigungen.
Wilden: Grundz. 8. Zivilprozeßrechts. — Privatdozenten: Meyer: Die neueren Fortschritte i. d. expertmentellen u. theor. Physik. Physik.
andfertigkeitspraktikum. — Polis: Allg. Meteorologie. Ausgew.
9 29 d. Meteorol. Meteorol. Technik verb. m. Uebgen. im meteorol.
Observatorium. — Steubing: Photographie 1. u. II. Spektroskopie.
— Timpe: Ausgew. Probleme d. Festigkeit v. Stäben u. Platten. —
Lektoren: Brussow: Russisch I. Rußland, Land und Leute. Russ.
Frechübungen. — Lombardo: Italienisch I. — Scharff: Fran⸗
zösisch 1. Franz. Korrespondenz. Frankreich, Land u. Leute. Franz.
brechübgen. — Ward: Englisch I. England, Land u. Leute.
Engl. Sprechübgen. Neuere engl. Literaturgesch. N. N.:
Spanisch I. — Marwedel: Unterrichtskursus über erste Hilse bei Unglücksfällen. — Quadflieg: Ueber die Gefahren im Bergbau u. Hüttenbetrieb und deren Verhütung. 1
(Das Programm wird nach Einsdg. v. 60 ₰ i. Inland, v. 80 ₰ nach d. Ausland vom Sekretariat versandt.)
1— Aachen, den 1. August 1911. 8 Der Rektor.
F. V. Hertwig.
—
—
hätten.
Preußen. Berlin, 8. August.
Seine Mt der Kaiser und König nahmen vorgestern und gestern auf Schloß Wilhelmshöhe die Vorträge des Vertreters des Auswärtigen Amts, Gesandten Freiherrn von Jenisch und heute den Vortrag des Chefs des Militär⸗ kabinetts, Generals der Infanterie Freiherrn von Lyncker entgegen. 8 8
Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Bodo von dem Feee 6 Exzellenz, ist nach kurzer, schwerer Krankheit aus seiner vielseitigen Tätigkeit durch den Tod abberufen worden. Seine Majestät der Kaiser und König und. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin beklagen den Verlust dieses ausgezeich⸗ neten Mannes und treuen Dieners aufs tiefste und werden ihm Ihre Dankbarkeit über das Grab hinaus bewahren. Der Königliche Hof betrauert einen seiner Besten. Seine edle, fein⸗ ühlige Natur, seine reichen Gaben und umfassenden Kenntnisse fachn seine großen Erfahrungen, welche er mit rastlosem Fleiß und nie fehlendem Takt im Dienst der Kaiserin Augusta und der jetzt regierenden Kaiserin 8 allen Gebieten der Nächstenliebe weit über die vaterländischen Grenzen hinaus viele Jahre hindurch umsichtig zu betätigen “ erwarben seinem Namen im In⸗ und Auslande die größte Verehrung und Dankbarkeit. Die Umgebungen der beiden Majestäten be⸗ trauern diese wahrhaft vornehme Persönlichkeit aufrichtig und werden dem Verewigten ein treues Andenken bewahren für alle Zeiten.
v 8 “ Eine Verfügung des Finanzministers vom 22. v. M. bringt in Erinnerung, daß der Bundesrat laut Bekanntmachung vom 18. Mai d. J. (R⸗G.⸗Bl. S. 250) die Bestimmung getroffen hat, daß die bei den Reichs⸗ und Landeskassen noch eingehenden Fünfzigpfennigstücke der älteren Geprägeformen mit der Wertangabe „50 Pfennig“ durch Zerschlagen oder Einschneiden für den Umlauf unbrau Zbar zu machen und alsdann dem Einzahler zurückzugeben sind.
Der Vizepräsident der Oberrechnungskammer, Wirkliche Geheime Oberregierungsrat von Francois, ist heute mit Urlaub von hier abgereist. “
Der Landrat von Brockhusen ist aus dem Kreise Grün⸗ berg, Regierungsbezirk Liegnitz, in gleicher Amtseigenschaft in den Kreis Kolberg⸗Körlin, Regierungsbezirk Köslin, versetzt worden. “ “
Dem Regierungsassessor Kothe in Berlin ist die kom⸗ missarische Verwaltung des Landratsamts im Kreise Kalbe a. S., Regierungsbezirk Magdédurg, übertragen woreen.
Der Regierungsassessor von Heyden aus Mülheim (Rhein) ist der Königlichen Regierung in Marienwerder zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen, der Regierungsassessor Dr. Steffen aus Stettin dem Landrat des Kreises Soest, der neu ernannte Regierungsassessor von Bonin dem Land⸗ rat des Kreises Mülheim (Rhein) und der neu ernannte Regierungsassessor Zwicker dem Landrat des Kreises Ragnit zur Hilfeleistung in den landrätlichen Geschäften zugeteilt worden.
Die Regierungsreferendare von Dziembowski aus Breslau, Dr. jur. Windeck und Knaus aus Cöln haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden.
i der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ werden im Kaiserlichen Statistischen Amt zusammengestellte Nachrichten über den Saatenstand im Deutschen Reich am Anfang des Monats August 1911 veröffentlicht. b
2 Großbritannien und Irland.
Im Unterhaus erklärte gestern der Premierminister Asquith in Erwiderung auf eine Anfrage Balfours, be⸗ treffend den Zeitpunkt, zu welchem an die Krone das Ersuchen gestellt worden sei, neue Peers zu ernennen, daß dieses Ersuchen gestellt und angenommen worden sei, nachdem die Lords ihre Amendements zu der Parlamentsbill eingebracht Es hätten vorläufige Verhandlungen vertraulichen Charakters zwischen dem König und den Ministern statt⸗ gefunden, und er werde im Laufe der Debatte über diese etwas mitteilen. Balfour heamnehige hierauf ein Tadelsvotum und erklärte, „W. T. B.“ zufolge: 1
Die Minister hätten ihre Rechte als Berater der Krone gröblich mißbraucht und durch den Mißbrauch dieser Rechte sich über die Konstitutton gestellt. Ihr Vorgehen sei ohne Beispiel, und sie hätten diesen Weg eingeschlagen nicht unter dem Zwang eines großen eüberwälligenden Hrucks der öffentlichen Meinung, sondern um eine parlamentarische Abmachung zwischen den sie unter⸗ stützenden Parteien durchzusetzen und zu dem Zweck, das Volk daran zu hindern, seine Meinung über Home⸗rule zu äußern. Im weiteren Verlauf seiner Rede berührte Balfour die Meinungsverschiedenheiten in der unionistischen Partei und erklärte, er stimme mit der Ansicht einiger Unionisten, daß sie gegen die Par⸗ lamentsbill Füur; kämpften, daß sie die Regierung zwängen, die Prärogative der Krone bis zur äußersten Grenze zu mißbrauchen, nicht überein. Dieser Mißbrauch sei in wesentlichen bereits vollendete Tatsache, und die englischen Staatseinrichtungen seien gänzlich aus den Fugen. Trotz dieser Meinungsverschiedenheiten unter den Unionisten dürften diejenigen, welche die veee unter⸗ stützen, nicht glauben, daß sie aus diesem Zwiespalt irgend einen großen Vorteil für sich einheimsen würden. Sobald diese in zweiter Linie stehenden Streitpunkte aus dem Wege geschafft seien, würde sich nicht nur jeder Unionist im Königreich, sondern weite Schichten des e“ die an den politischen Streitfragen bisher keinen großen Antell genommen hätten, vergegenwärtigen, daß auf Anraten von Asquith die Prärogative der Krone so se blic⸗ miß⸗ braucht worden sei, daß eine Fortsetzung des zurzeit bestehenden Zu⸗ standes unmöglich sei. Bel
Der Premierminister Asquith, 9 von lehessöpeßtegden.
fall der Ministeriellen empfangen erklärte, sei d
Der Vizeoberzeremonienmeister, diensttuende Kammerherr
egenwärtige Lage. Nachdem Asquith auseinandergesetzt hatte, daß 8b auf des Königs 14888 Wunsch die Mitteilungen, die bisher von dem König und den Ministern vertraulich behandelt worden seien, bekannt geben könne, führte er aus, daß das Kabinett nach dem Scheitern der Konferenz sich über die Auflösung des Parlaments schlüssig geworden sei. Gleichzeitig aber habe es den König benachrichngt, daß es nicht die Verantwortnng übernehmen könnte, eine Auflösung anzuraten, wenn es nicht müßta daß, im Fall die Regierungspolitik von einer angemessenen Mehrheit des Unter⸗ hauses gebilligt würde, der König bereit sei, seine Prärogative aus⸗ zuüben, um die Sicherheit zu gewähren, daß die Entscheidung über das Endergebnis dem Lande anheimgegeben werde. Die Minister hätten auch dem König mitgeteilt, daß sie sich völlig der Wichtigkeit bewußt seien, den Namen des Königs aus dem Parteistreit zu lassen, und die Zustimmung des Königs erbeten, im Staats⸗ interesse Mitteilungen über die Absichten der Krone erst zu veröffentlichen, sofern und sobald sich die Notwendigkeit zu einem solchen Rat ergebe. Der König sei nach sorgfältiger Erwägung aller Umstände zu dem Schlusse gekommen, daß er keine andere Wahl habe, als dem Rat des Kabinetts zuzustimmen, und demgemäß habe er, Asquith, am 18. November 1910 die Auflösung des Unterhauses verkündet. Asquith stellte weiter in Abrede, daß die bestehende ver⸗ trauliche Abmachung zwischen dem Souverän und den Mi⸗ nistern eine Unwahrhaftigkeit in⸗ die nachf lgende Diskussion der Bill hineingebracht hätte. „Die Bill“, erklärte der Premier⸗ minister, ist von uns immer behandelt worden und wird jetzt be⸗ handelt werden als eine Bill, die im Prinzip von der Wählerschaft gutgeheißen ist, und die deshalb mit jeder vernünftigen Aenderung, die ihrem Prinzip nicht verhängnisvoll ist, zum Gesetz erhoben werden soll. Erst als meine Hoffnung, daß das Oberhaus die Bill annehmen werde, vergeblich war, wurde der König gefragt und willigte ein, nötigenfalls seine Prärogative auszuüben. Ich habe nichts zu entschuldigen oder zu verteidigen. Wir schlugen nur den Weg ein, der mit den Erwägungen der Ehre und der wahren Rücksichtnahme auf die Würde der Krone überein⸗ stimmt. Der von uns elngeschlagene Weg war korrekt, überlegt und verfassungsgemäß, und das Kabinett ist, was ihn anbetrifft, willens, sich der Entscheidung des Hauses und unserer Landsleute zu unterwerfen. Die Bill hat, als sie aus dem Oberhaus zurückam, nur mehr eine oberflächliche Aehnlichkeit mit der ursprünglich beab⸗ sichtigten Maßnahme getragen, und unter der Voraussetzung, daß das Land die Bill guthieß, hat die Regierung keinen anderen Ausweg aus dieser Situation gehabt, als den von ihr gewählten.“ „Es ist mir vergönnt gewesen“, schloß der Minister seine Rede, „drei briti— schen Souveränen zu dienen, und dabei in nahen Be⸗ ziehungen zu ihnen zu stehen, und mein Gewissen sagt mir, daß ich in dieser Eigenschaft mich bemüht habe, die Würde und die berechtigten Privilegien der Krone zu wahren. Aber ich habe mein Amt nicht nur durch die Guͤnst der Krone, sondern durch das Vertrauen des Volkes, und ich würde mich des Verrats schuldig machen, wenn ich im entscheidenden Augenblick des großen Kampfes sein Vertrauen täuschen würde.“
Das Haus lehnte darauf das von Balfour beantragte Mißtrauensvotum gegen die Regierung mit 365 gegen 246 Stimmen ab.
“
Spanien.
In bezug auf die Meldung über die A ufstellung spani⸗ scher Militärposten am linken Lukkosufer erklärte der Ministerpräsident Canalejas „W. T. B.“ zufolge einem Berichterstatter, daß die unter dem Befehl des Obersten Syl⸗ vestre stehenden Truppen seit der Unterzeichnung des modus
vivendi in Elksar und Umgebung keinen Schritt unternommen
vorher ins Einvernehmen gesetzt hätten.
Portugal. .“
In der Nationalversammlung wies gestern bei der Beratung über die Subventionen für die Geistlichkeit aus Anlaß des Trennungsgesetzes der Abg. Abreu auf mögliche internationale Konflikte hin, da 23 Reklamationen wegen Vergehens gegen das Eigentum vorgebracht worden seien, die die Unterstützung auswärtiger Gesandtschaften ge⸗ unden hätten. Die Minister des Aeußern und der Justiz be⸗ Fnhen laut Bericht des „W. T. B.“ die Möglichkeit inter⸗ nationaler Konflikte, und die Versammlung billigte die Haltung der Regierung. Sodann nahm die Nationalversammlung die Vorlage, die die nparlamentarische Indemnität für die
“ 1““
Türkei.
Der Albanesenklub in Konstantinopel, in dem haup sächlich Mohammedaner vertreten sind, hat dem Großwesir ein Memorandum übergeben, in dem die Ausdehnung der den Malissoren gemachten Konzessionen auf die mohammedanischen Albanesen verlangt wird. Gestern “ beriet der Ministerrat über dieses Memorandum und beschloß ferner, laut Meldung über Skutari aufzuheben. 1“ Amerika.
Im amerikanischen Senat hat 895 der Senator Dillingham einen Gesetzentwurf einge racht, durch den die Einwanderungsgesetze erheblich verschärft und auch Analphabeten von der Einwanderung ausgeschlossen werden.
—Nach einer vom „W. T. B.“ verbreiteten Meldung des „New York Herald“ aus Port⸗au⸗Prince hat die Exekutivgewalt dem General Firmin, der von Portorico eingetroffen ist, eröffnet, daß es ihm nicht gestattet sei, an Land zu gehen. Dies wird dahin ausgelent, daß der General Leconte tatsächlich im Besitz der Präsidentschaft sei und daß, wenn er Maßnahmen zur Verhinderung des Eindringens seines Neben⸗ buhlers Lrüreise⸗ dies vielleicht die Einstellung der Feindseligkeiten zur Folge haben werde. 11“;
Asien. . 2 Einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphenagentur zufolge hat in vergangener Nacht na hartem Kampfe eine turkmenische Abteilung unter Führung Serdarar⸗Schads den sechs Tagemärsche von Teheran entfernten Damgane rstü h er von Regierungstruppen unter dem Befehl Masud u Mulks besetzt war. Angesichts der gleichen Kräfte beider Gegner und des Hüseereh der Regierungstruppen 1 sichtlich der Serweffrang edeutet der Sieg einen großen Erfolg der Truppen des früheren Schahs Mohammed Ali, durch den die Stimmung seiner Anhänger sehr gehoben ist.
r Meld des
Nach einer vom „W. T. B.“ verbreiteten Meldung de
Obersten Sylvestre hat dieser gestern mit 100 Mann eine neue Stellung am Lukkosflusse eingenommen. M
hätten, ohne daß sich die spanische und französische Regierung
Deputierten und Senatoren ausspricht, an. 8
des „W. T. B.“, den Belagerungszustand
wird, teilweise ausgesperrt worden.
8 S*
5
u cbh
Sonderburg ist, wie „W. T. B.“ meldet, beendet. wird morgen wieder aufgenommen. Forderungen nichts durchgesetzt.
Köhne, Grieser,
Vom Hafenbetrieb in Swakopmund (Deutsch⸗Südwestafrika).
Infolge des Umbaues der Eisenbahnstrecke Karibibͤ—-Windhuk in Kapspur und des Neubaues der Eisenbahn Windhuk-Keet⸗ manshoop müssen über Swakopmund Betriebsmittel befördert werden, die das bisher für die Verschiffung über die dortige Landungsbrücke zugelassene Höchstgewicht von 4 ½ Tonnen erheblich überschreiten. Um diese Güter sicher löschen zu können, ist die Aufstellung eines Krans größerer Tragkraft auf der Landungsbrücke in Swakopmund nötig geworden. Gewählt wurde ein Kran von 20 Tonnen Tragkraft, da bei der Ausnutzung der in der Nähe von Swakopmund und Karibib liegenden Marmorlager Blöcke bis zu diesem Gewichte verschifft werden sollen. Der Kran wurde durch Vermittlung des Bau⸗ und Betriebskonsortiums Bachstein⸗Koppel in Berlin von der Feras Schenk u. Lieber⸗Harkort, G. m. b. H., in Düsseldorf⸗ Ober⸗ kassel geliefert und in Swakopmund betriebsfertig aufgestellt. Für die Benutzung des Krans ist ein Zuschlag zu den Hafenabgaben nach dem Vertrage, betreffend das Landungswe
sen in Swakopmund, vom 10 ,0. Mai 19 1 zu zahln à⸗
Nr. 28 des „Eisenbahnverordnungsblatts“ E. im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 31. Juli, hat folgenden Inhalt: Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 10. Juli 1911, betr. Abänderung der Bestimmungen über die Befähigung von Eisenbahnbetriebs⸗ und Polizeibeamten. — Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: 24. vom 29. Juni 1911, V. K. 15. 513/10, betr. Kosten in Enteignungssachen der Staatsverwaltung; 25. vom 13. Juli 1911, 1IV A 5. 114, betr. Verlängerung der hn für den Erwerb, den Ausbau und die Inbetriebnahme der Roll⸗ und Seil⸗ bahn von Heckholzhausen nach Obertiefenbach; 26. vom 14. Juli 1911, IV B 2. 43 tr. enderung der Prüfungsordnung. — Nach⸗
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Sowohl die freigewerkschaftlich als auch die christlich organisierten Spengler und Installateure von Frankfurt a. M., ins⸗ gesamt über 500 Mann, haben, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, den Ausstand beschlossen. Es arbeiten von diesen nur noch die, welche eine Kündigungsfrist einzuhalten haben. Die Spengler und In⸗ stallateure von Offenbach, etwa 150 Mann, werden am Montag die Arbeit niederlegen. Die Ursache ist in beiden Fällen das Ver⸗ langen der Arbeiter, einen korporativen Arbeitsvertrag für das Ge⸗ werbe zu erhalten.
Die Metallarbeiterbewegung im Bezirk Düsseldorf (vgl. Nr. 180 d. Bl.) geht dem Anschein nach einer friedlichen Lösung entgegen. In einer großen Anzahl von Betrieben haben, der „Köln. Ztg.“ zufolge, die Verhandlungen zu einer Verständigung geführt. Die Forderungen der Arbeiter wurden dabei zum größten Teil be⸗ willigt. In etwa einem Drittel von den in Frage kommenden 60 Betrieben ist eine Einigung zustande gekommen, bei den anderen Betrieben schweben noch Verhandlungen. In Elberfeld⸗ Barmen ist nur in einigen kleineren Betrieben eine Einigung erzielt. Der Streit nimmt dort an Ausdehnung zu, sodaß jetzt etwa 2000 Arbeiter sich im Ausstand befinden.
Die christlich organisierten Zigarrenarbeiter des Nieder⸗ rheins sind, wie der „Voss. Zig.“ aus Duisburg telegraphiert Kommt bis nächsten Sonn⸗ abend keine Einigung zustande, so werden alle christlich organisierten
Zigarrenarbeiter am Niederrhein ausgesperrt werden.
Der seit dem 1. Mai dauernde Hafenarbeiterstreik in Die Arbeit Die Arbeiter haben von ihren
In Hamburg haben, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, die Arbeiter der Palminwerke, die vor acht Tagen in den Ausstand eingetreten waren, die Arbeit wieder aufgenommen.
Aus Leipzig meldet die „Lpzg. Ztg.“: Die Gesamtzahl der am Streik beteiligten und von der Aussperrung betroffenen Metall⸗ arbeiter (vgl. Nr. 183 d. Bl.) beträgt gegenwärtig ungefähr 12 000, nachdem die sämtlichen Mitglieder des Verbandes der Metallindustriellen im Bezirk Leipzig beschlußgemäß vorgestern 60 % ihrer Arbeiter ausgesperrt haben. Dazu werden später, falls die streikenden Arbeiter bezw. der sozialdemokratische Metallarbeiter⸗ verband auf den unerfüllharen Forderungen beharren, noch die von den Bezirken Chemnitz und Dresden sowie vom Thüringer Bezirksverein auszusperrenden Arbeiter kommen.
Der Ausstand der Eisenbahnangestellten breitet sich, wie „W. T. B.“ meldet, in Liverpool (vgl. Nr. 184 d. Bl.) mit be⸗ unruhigender Schnelligkeit aus. Es haben sich bei der London and Northwestern Railway, wie von Angestellten dieser Bahn erklärt wird, bereits 2000 bis 3000 Mann dem Streik angeschlossen. Es wurde gesern vormittag ein Umzug von einer Station zur anderen veranstaltet. Die Angestellten aller Stationen mit Ausnahme einer legten die Arbeit nieder. Die Angestellten verlangen eine Arbeitszeit BEenebs Srunden wöchentlich und eine Lohnerhöhung von zwei
ing.
Am Sonntag war New York nach einer telegraphischen Mel⸗ dung der „Post“ der Schauplatz eines unvermutet ausbrechenden Straßenbahnerausstands. Ohne die geringste vorherige Warnung stellten die Führer und Schaffner der Wagen, die den Verkehr zwischen Brooklyn und Coney Island vermitteln, Forderungen auf höhere Lohne und kürzere Arbeitszeit. Die Er⸗ üllung ihrer Forderung wurde abgelehnt und die Leute legten sofort die Arbeit nieder. 8 3
Wohlfahrtspflege. “
Vom internationalen Jugendgerichtstag in Paris.
Auf die zwei deutschen Jugendgerichtstage (in Berlin 1909 und in München 1910) ist im Juli 1911 in Paris ein erster inter⸗ nationaler Jugendgerichtstag gefolgt. Manche Fachleute haben einen solchen Kongreß angesichts der Neuheit der Bewegung für ver⸗ früht gehalten; es kann jedoch vielleicht zur Förderung der guten Sache etwas beitragen, grundlegende Richrlinien für die Jugend⸗ Prichttgesetzgebung Sund ⸗praxis rechtzeitig einer internationalen
rüfung zu unterbreiten. Die in Frankreich, Oesterreich Ungarn, Deutschland, der Schweiz und anderen Ländern in Vorbereitung be⸗ ndlichen bezw. schon ausgearbeiteten einschlägigen Gesetzentwürfe ollten durch den Pariser Kongreß nach Tunlichkeit in fortschrittlichem Sinne beeinflußt werden. Die Pariser Tagung bot jedenfalls eine Fülle von Anregungen. ie Tagesordnung umfaßte in drei Abteilungen beinahe alle wichtigen Punkte der ugendgerichtsfrage, entsprechend dem Zwecke des Kongresses, der dazu beitragen wollte, „im Interesse der Jugend wie in dem der Menschbeit die besten Grund⸗ sätze für eine im Kampfe gegen das jugendliche Ver⸗ brechertum wirksame Feeehene. erauszuschälen“. Eine beträcht⸗ liche Anzahl von Fachleuten Europas und Amerikas war erschienen. Es war z. B. Deutschland vertreten durch Rupprecht, Dürbig, 8 Kühlewein und Elsa von Liszt, die Schweiz dur Silbernagel, die Vereinigten Staaten von Amerika durch Henderson, ugarn durch Vaͤmbéry. Der Kongreß beschäͤftigte sich mit folgenden
sammensetzung der Jugendgerichte; Zahl der Richter. Oeffentlichkeit oder Nichtöffentlichkeit der Verhandlungen. Rolle der Anwälte. Zu⸗ ständigkeitskreis des Gerichts. Alter der Kinder und Jugendlichen. Fälle, in denen neben Minderjährigen Erwachsene in Frage kommen. Die Urteilsfällung. 8
2) Die Rolle der privaten Fürnsarge im Jugendgerichtswesen. Das Recht, die angeschuldigten Jugendlichen vor der Verhandlung im
Gefängnis zu besuchen. Das Recht, bei der Verhandlung das Wort zu ergreifen. Notwendigkeit oder Ueberflüssigkeit einer staatlichen Ge⸗ nehmigung der Uebergabe der Kinder seitens des Gerichts an die private Fürsorge. Soll die private Fürsorge in der Verfügung über die ihr anvertrauten Kinder unbehindert sein oder vom Gericht oder von der Polizei überwacht werden? Soll sie ihre Barauslagen für den Unterhalt der Schützlinge aus eigenen Mitteln bestreiten, oder hat sie Anspruch auf Ersatz durch die Familie oder den Staat? Darf sie Rückfällige wieder dem Gericht übergeben?
3) Die Rolle des Jugendgerichts nach der Urteilsfällung: Frei⸗ lassung bei Ueberwachung. Collen Schutzaufsichtsbeamte bezahlt werden? Ihre Rolle gegenüber dem Kinde und dessen Familie. Sollen sie dem öffentlichen oder dem privaten Fürsorgedienst ent⸗ nommen werden? Dauer der Schutzaufsicht.
Die Verhandlungen nahmen einen würdigen Verlauf. Besonders zutreffend erschienen zwei Ausführungen eines Pariser Jugendrichters und einer Pariser Advokatin, die hervorhoben: 1) Alles Theoretisieren habe wenig Wert, wenn man nicht als Richter oder Advokat mit den angeklagten Jugendlichen näher verkehrt. Man müsse mit ihnen ein⸗ gehend sprechen, wenn man ermitteln will, welche Besserungsmaßregeln jeweilig am Platze seien, man müsse erforschen, welche Gedanken ihr Hirn vor und nach der Verhandlung bewegen. 2) Der Ausschluß der Oeffentlichkeit der Verhandlungen sei nicht nur wegen der Kinder, sondern auch wegen der Eltern unerläßlich, damit man diesen Dinge sagen könne, die man vor einer fremden Zuhörerschaft nicht vorbringen dürfe. Die Nichtöffentlichkeit verhüte aber auch eine allzu große Beschämung der jugendlichen Missetäter, sowie deren nicht seltene Genugtuung darüber, daß sie nachher „in die Zeitung kommen“. In diesem TPöö sei erwähnt, daß im Kongreß eine Petition an das Parlament verteilt wurde, die sich gegen die verwerfliche Tendenz eines großen Teiles der Presse wendet, über die Verbrechen — leider auch der jugendlicher Personen — lang und breit zu berichten, was oft geradezu einer Ver⸗
gleichkommt und mittelbar geeignet ist, zu Verbrechen an⸗ zuspornen.
„Die Verhandlungen des Kongresses atmeten, bis auf ganz ver⸗ einzelte Ausnahmen, einen Geist entschiedenen Fortschritts. Dieser Geist Pheg sich in den folgenden, durchweg einstimmig oder mit großer Mehrheit gefaßten Beschlüssen wieder:
1. Gruppe. Unterhalb eines bestimmten, von jedem Lande gesetzlich festzulegenden Alters sollte ein Kind nicht ordentlich gerichtlich verfolgt werden. Vielmehr solle es einem eigenen Jugendgericht unterstehen, das aus einem einzigen Richter besteht. Dieser ist vorzugs⸗ weise dem ordentlichen Richterstande zu entnehmen und hat die aus⸗ schließliche Aufgabe, sich mit den Angelegenheiten der jugendlichen Angeschuldigten zu beschäftigen. Er 88. besondere Fähigkeiten und Fachkenntnisse haben. Seine Maßregeln können nicht strafender eätn sün⸗ sie haben sich auf Schutz, Hilfe und Vorbeugung zu
eschränken.
Minderjährige von 16 bis 18 Jahren sollen ebenfalls einer Sondergerichtsbarkeit unterstehen, deren Untersuchungsrichter zu ein⸗ gehender Erforschung der persönlichen Verhältnisse verpflichtet ist. Er muß den Angeklagten ärztlich untersuchen lassen. Er kann ihn vor⸗ läufig seiner Familie zurückgeben, falls diese eine ernste Gewähr für sein sittliches Gedeihen bietet; andernfalls darf er ihn der Fürsorge einer geeigneten Person oder Vereinigung anvertrauen; nötigenfalls muß er ihn einer Anstalt überweisen, in der er von älteren Jugend⸗ lichen und von Erwachsenen streng getrennt bleiben muß. Während der Untersuchung unterstehen die provisorisch in Freiheit gesetzten Jugendlichen der Ueberwachung durch den Richter. Sofort bei Beginn der Untersuchung werden ihnen Verteidiger beigegeben; diese können Rechtsanwälte oder auch Angehörige eines vom Sondergericht zugelassenen Fürsorgevereins sein. Bei den Verhandlungen dürfen G die vom Gesetz zu bestimmenden beteiligten Personen anwesend sein. Die Veröffentlichung der Verhandlungen wie der Untersuchungs⸗ ergebnisse in Wort und Bild ist untersagt. Oeffentlichkeit in denjenigen Fällen herrschen, Minderjährigen auch Erwachsene verwickelt sind.
Das Gericht ist berechtigt, den jugendlichen Uebeltäter seiner Familie zurückzugeben oder auf bestimmte Zeit unter Schutzaufsicht zu stellen oder einer geeigneten Besserungsanstalt zu überweisen oder einer Jugendfürsorgevereinigung anzuvertrauen. Sollten die Umstände es als angemessen erscheinen lassen, so kann das Gericht seine ursprüng⸗ lichen Verfügungen jederzeit beliebig abändern. Auch kann es Freiheits⸗ oder Geldstrafen verhängen über Eltern, die durch Vernachlässigung oder andere Verfehlungen das schlechte Betragen ihrer Kinder ver⸗ schuldet haben. Solche Eltern können auch zum Ersatz der Anstalts⸗ unterhaltskosten ihrer Kinder angehalten werden.
2. Gruppe. Die Justiz⸗ und die Verwaltungsbehörden sollen Hand in Hand gehen behufs Erleichterung der Mitwirkung der gemein⸗ nützigen oder erziehlichen Vereine bei der Tätigkeit der Jugendgerichte. Demgemäß sollten die Vertreter jener Einrichtungen, die sein könnten, jugendliche Gesetzesverletzer endgültig aufzunehmen, in die Lage du werden, sie an den provisorischen Unterbringungsorten —
Dagegen soll volle in welche neben
Gefängnissen oder Zufluchtsstätten — vor der Verhandlung zu be⸗ suchen. Die beglaubigten Vertreter dieser Einrichtungen düͤrfen den Verhandlungen beiwohnen und nötigenfalls im Interesse des Kindes sprechen. Die gerichtlich mit dem Rechte der Erziehung eines Kindes betraute Einrichtung hat bei Erfüllung ihrer Aufgabe freie Hand, untersteht jedoch der gerichtlichen und der staatlichen Aufsicht; sie kann sich ihre Auslagen teils vom Staat, teils von den Ver⸗ tretern des Kindes ersetzen lassen; sie kann beim Jugendrichter ange⸗ messene Abänderungen seiner ursprünglichen Entscheidung bean⸗ tragen.
3. Gruppe. Eine ganz vorzügliche Maßregel ist, wenn der Charakter und das Vorleben des Kindes es gestatten, dessen Frei⸗ lassung bei Zurückgabe an die Familie und Stellung unter Schutzaufsicht; doch darf diese Maßregel nur dann angewendet werden, wenn die Familie die voraussichtliche Gewähr bietet, daß das Kind nicht rückfällig werde. Die Aufsicht wird ausgeübt — unter Ueberwachung des Jugend⸗ gerichts — von sorgfältig ausgewählten Männern oder Frauen, die das Gericht im Hinblick auf ihre Befähigung bestimmt, die Besserun
des jungen Uebeltäters herbeizuführen. Die Aufsichtsperson vn den jungen Uebeltäter in der Familie, in der Schule oder in seiner Lehrstelle berwachen und sein Vertrauen zu gewinnen suchen. Sie kann den Reihen der öffentlichen oder der privaten Fürsorger ent⸗ nommen werden und Bezahlung erhalten. Die Ueberwachung dauert EIvG bis zur Volljährigkeit; doch kann auf einen Bericht des Fürsorgers hin der Jugendrichter die Schutzaussicht früher einstellen, aber auch durch eine strengere Maßregel ersetzen. Die Ueberwachungs⸗ fürsorger sollten für ihre Tätigkeit durch entsprechende fachliche Aus⸗ bildung vorbereitet werden.
Ungemein erfreulich, weil für das Verständnis der guten Sache sehr förderlich, ist der Umstand, daß an die Teilnehmer des Kongresses — auf dem, nebenbei bemerkt, die deutschen Vertreter gebührend zu Worte kamen — etwa dreißig neue Bücher und Broschüren, eigens für den Kongreß geschrieben, in französischer Sprache zur Verteilung kamen. (Sozialkorrespondenz.) “ .
“
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
Dem Kaiserlichen Gesundheitsamt ist das Erlöschen de Maul⸗ und Klauenseuche vom Schlachtviehhofe zu Magde⸗ burg am 6. August 1911 gemeldet worden.
emen:
1.“ 8. 11““ 886 1) Spezialisierung einer Gerichtsbarkeit für Minderjährige: Zu⸗
Paris, 7. August. (W. T. B.) Das Institut Pasteur hat eine Quantität Choleraserum nach Marseille gesandt, wo mehrere Fälle von Cholera gemeldet worden sind. Der Erfinder des Serums, Dr. Salembini, wird persönlich die Anwendung des Serums überwachen.
Triest, 7. August. (W. T. B.) Heute sind hier drei neue Cholerafälle festgestellt worden.
Saloniki, 7. August. (W. T. B.) In Ipek sind 47 neue Cholerafälle vorgekommen, von denen 30 tödlich verliefen. In Djakova sind acht Erkrankungen gemeldet, von denen zwei tödlich waren; aus Monastir werden zwei Cholerafälle gemeldet. „Konstantinopel, 7. August. (W. T. B.) Heute sind 30 Er⸗ krankungen an Cholera vorgekommen, von denen 14 tödlich ver⸗ laufen sind.
Haag, 7. August. (W. T. B.) In der Woche vom 26. Juli bis 1. August sind auf Java 38 Pestfälle aufgetreten, von denen 32 tödlich verliefen.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Getreideausfuhr aus Rußland in der Kampagne 1910/11.
Die russische Getreideausfuhr wies in der letzten, soeben be⸗ endeten Ausfuhrkampagne (vom 1. Juli 1910 bis 1. Juli 1911) in bezug auf die Menge eine Rekordziffer auf. In den letzten vier
3 urden aus Rußland exportiert: Vom 1. Juli bis:
27. Juni 26. Juni 1908/09 1909/10 Tausend Pud 152 969 366 046 16 299 36 682 195 973 222 875 50 417 72 041 37 499 29 125
453 157 726 769
Vom 1. Januar bis: 4. Juli 3. Juli 1909 1910 Tausend Pud 94 117 155 463 10 829 14 483 87 992 93 450 31 031 30 107 ais. 22 155 25 786 14 949 46 025
Insgesamt 122 472 249 755 308 452 402 399.
Aus der vorstehenden Tabelle ergibt sich, daß die gesamte Aus⸗ fuhr der fünf Getreidearten im Jahre 1910/11 um fast 19 % größer war als die entsprechende der vorhergehenden Kampagne. Die ge⸗ ringste Steigerung des Exports zeigte sich bei Weizen (etwa 4 %) und bei Gerste (etwa 13 %), während die Haferausfuhr um 36 %, die Roggenausfuhr um 77 % und die Maisausfuhr um 98 % zuge⸗ nommen hat. “ (Nach der Torg. Prom. Gazeta.)
28. Juni 1907/08
—. 106 059 43 171 138 780 25 545 44 476
358 031
2. Juli 1910/11
380 649 65 055 262 030 98 042 57 813 863 589.
eizen. Roggen.. ““ 1“*“
Maih. Insgesamt. .
4. £
5. Juli 1908
27 548 17 530 47 260
7 979
2. Juli 1911
161 200 39 393 110 824 44 957
Weizen... Roggen .
Gerste .
St. Petersburg, 7. August. (W. T. B.) Die „Petersburger Telegraphen⸗Agentur“ ist ermächtigt, bekanntzugeben, daß die Mel⸗ dung einiger Blätter, das Handelsministerium habe die Getreide⸗ ausfuhr verboten, den Tatsachen nicht entspreche;z ein der⸗ artiges Verbot sei weder erfolgt noch geplant. In einem von dem Börsenkomitee versandten Rundschreiben sei lediglich Vorsicht empfohlen worden bei Realisation der vorhandenen reichen Getreide⸗ vorräte, damit sie nicht zu Preisen ausgeführt würden, die der Kon⸗ junktur des Getreidemarktes nicht entsprächen.
1 6 Verkehrswesen.
Der Reichspostdampfer „Scharnhorst“ des Norddeutschen Lloyd wird auf der Ausreise 341 nach Australien Neapel noch an⸗ laufen. Die für die Post der Reichspostdampfer auf der Ausreise nach Ostasien und Australien getroffenen Maßnahmen werden daher erstmalig mit der Reise 483 nach Ostasien (ab Genua 24. August) in Wirksamkeit treten.
Verdingungen. v11“
(Die näheren Angaben über Verdingungen, die beim „Reichs⸗ und Staats⸗ anzeiger“ ausliegen, können in den Wochentagen in dessen Expedition während der Dienststunden von 9 bis 3 Uhr eingesehen werden.)
Oesterreich⸗Ungarn.
Luängstens 17. August 1911, 12 Uhr. K. K. Staatsbahndirektion in Linz: Lieferung und Aufstellung der Eisenkonstruktion für den Uebergangssteg in der Station Zartlesdorf. Näheres bei der K. K. Staatsbahndirektion (Abteilung III, Gruppe für Brückenbau) in Linz, bei der K. K. Nordbahndirektion in Wien (Abteilung IX) und beim „Reichsanzeiger“.
Spanien.
5. September 1911, 12 Uhr. Generaldirektion für öffentliche Arbeiten im Fomentoministerium in Madrid: Verdingung der Arbeiten des ersten Teils des Hafens in Adra (Provinz Almeria). Voranschlag: 1 936 918,12 Pesetas. Vorläufige Sicher⸗ heitsleistung: 19 369,18 Pesetas. Angebote können bis zum 31. August d. J. während der Amtsstunden beim Fomento⸗ ministerium in Madrid und allen Zivilgouvernements der Halbinsel eingereicht werden. Näheres bei genanntem Ministerium und im Zivilgouvernement in Almeria sowie — in spanischer Sprache — beim „Reichsanzeiger“ und in der Redaktion der „Nachrichten für Handel und Industrie“.
Belgien.
16. August 1911, 1 Uhr. Börse in Brüssel: Bedarf der Staatsbahnen. Lieferung von Messing, Kupfer, Zink in 6 Losen. Cahier des charges spécial Nr. 664.
5. September 1911, 12 Uhr (anstatt 8. August). Stadthaus in Ostende: Lieferung des Gases für den Bedarf der Gemeinde. Demnächst. Service de l'Electricité in Ixelles b. Brüssel, Chaussée d'Irelles 170: Aufstellung der Pumpen zur Keselspeisung; eines Apparats zum Komprimieren von Luft, eines Ventilators und einer Anzahl von Umschaltern in der entstehenden neuen Elektrizitäts⸗ zentrale. Die „cahiers des charges“ sind im „Bureau des ad- judications“ in Brüssel, Rue des Augustins 15, zu haben.
Türkei. 81
Marineministerium in Konstantinopel: Vergebung der Kon⸗ struktion von 2 Booten für den Skutarisee. Angebote unter Sicherheitsleistung von 10 % an die Abteilung für Lieferungen des 4. Kreises an dem genannten Ministerium. Vorläufiger Zuschlags⸗ termin am 15. August, eee am 21. August 1911. General⸗ direktion der Militärfabriken in Tophane (Konstantinopel). Ver⸗ gebung der Lieferung von 100 000 m baumwollener und 300 000 m geteerter Zündschnur für Minen. Angebote baldmöglichst an die Kom⸗ mission der genannten Fabriken. .“ “
Serbienn Direktion der Königlich serbischen Staatsbahnen in Belgrad: 22. August/4. September 1911. Schriftliche Verdingung behufs Lieferung von acht Stück Schnellzugslokomotiven nebst besonderen Tendern. Zeichnungen und Bedingungshefte zum Preise von 15 Fr. bei obiger Direktion. Kaution 65 000 Fr. General⸗Post⸗ und Telegraphendirektion des Königreichs Serbien in Belgrad: 16./29. August 1911. Schriftliche Verdingung behufs
Lieferung von verschiedenen Sorten Kabel für den Telegraphen⸗ und
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