1911 / 233 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 03 Oct 1911 18:00:01 GMT) scan diff

1“ 8

Frankreich. v

gestrigen Ministerrat erklärte, W. T. B.“ zufolge,

der Nmiser des Aeußern de Selves, daß die französisch⸗ deutschen Verhandlungen befriedigende Fortschritte machten..

Der Finanzminister hat in der Reichsduma eine Gesetz⸗ vorlage eingebracht, die die Vereinfachung und Beschleu⸗ nigung der Zollformalitäten für ausländische Waren anstrebt. Wie „W. T. B.“ meldet, schaffen die neuen Zollabfertigungsmaßnahmen das obligatorische Vorzeigen der Deklarationen über eingeführte Waren ab und gewähren den Schiffskapitänen das fakultative Recht, entweder das Verzeichnis der Schiffsvorräte vorzulegen oder alle Räumlichkeiten, in denen die Vorräte sich befinden, anzugeben. Sie gewähren statt obligatorischer Besichtigung der Schiffs⸗ räume durch Zollbeamte nach dem Einlaufen der Schiffe in den Hafen das fakultative Recht der Besichtigung, 8 diese notwendig sein sollte. Sie ersetzen ferner die obligatorische Plombierung durch die fakultative; nur wird die obligatorische Plombierung für Schiffsvorräte beibehalten.

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en. Sie schaffen endlich die abermalige Besichtigung des Schiffes nach der Aus⸗ ladung ab und lassen das gleichzeitige Ausladen und Beladen Schiffe zu. 2. Handelsminister hat in der Reichsduma einen Gesetzentwurf, betreffend die Bestimmungen über die Zwangs⸗ enteignung von Privilegien für Erfindung und Vervollkommnung von Kriegsmaterial und Ver⸗ teidigungsmitteln, eingebrachtt6V. 8 Der Präsident des Hofgerichts in Abo (Finnland) Akerman ist obiger Quelle zufolge gestern durch einen Revolverschuß getötet worden. Der Täter verübte Selbst⸗

mord. . 8 Italien.

Die vorgestern verbreitete Nachricht, daß eine Landung italienischer Truppen in Prevesa stattgefunden habe, wird nach etner Meldung des „W. T. B.“ von der italienischen Botschaft in Berlin offiziell in der entschiedensten Weise für unrichtig erklärt. Es sei auch nicht ein einziger Mann ausgeschifft worden. Da damit hätte gerechnet werden müssen, daß türkische Torpedoboote, die in der Adria kreuzten, die italienischen Handelsschiffe bedrohen würden, habe die Königliche Marine Maßregeln ergreifen müssen, sie außer Stand zu setzen, die Sicherheit der Schiffahrt im Adriatischen Meere zu gefährden. Es sei möglich, daß, um zu diesem Ziele zu gelangen, einige Kanonenschüsse in der Nähe der Küste ab⸗ gegeben worden seien, aber zu Lande sei keine Operation vor⸗ genommen worden. 1s Die „Agenzia Stefani“ bezeichnet auch die aus türkischer Quelle stammende Meldung über ein Bombardement der albanischen Häfen Reschadie Sund Murtoy als voll⸗ ständig unzutreffend. Italien sei nach wie vor fest entschlossen, den status quo auf der Balkan⸗ halbinsel in keiner Weise zu ändern. Die italienische

Flotte habe sich darauf beschränkt, gegen die türkischen Kriegs⸗ shiffe zu kämpfen, die sich gegen die italienischen Küsten wandten, um die Städte zu bedrohen und den Handel zu stören, oder sich anschickten, die gegen Tripolis gerichteten militärischen Erxpeditionen Italiens anzugreifen.

Der türkische Dampfer „Sabab“, der türkische, für Tripolis bestimmte Truppen an Bord hatte und von italienischeen Kriegsschiffen aufgebracht worden war, ist gestern in Brinbisi angekommen. 1

ESpanien. 111616“ Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Santiago de

Compostela (Provinz Coruna) ist der Kapitän Paiva Conceiro,

das Haupt der portugiesischen monarchistischen Verschwörer am

1. Oktober, 2 Uhr Morgens, mit 4000 Bewaffneten, mehreren

Geschützen und Mitrailleusen sowie 120 Mauleseln in Portugal eingefallen. Türkei.

Der englische Botschafter hat dem Großwesir nach Meldungen des „W. T. B.“ gestern die Antwort des Königs auf den Appell des Sultans mitgeteilt. In der Antwort wird die Unmöglichkeit hervorgehoben, eine Ver⸗ mittlung zu übernehmen, und der Pforte angeraten, mit allen Mitteln eine Verständigung mit Italien zu suchen. Der französische Geschäftsträger hat dem Großwesir eine ähnliche Mitteilung gemacht. 8

Der Marineminister hat seine Entlassung ge⸗ nommen. In seinem Demissionsschreiben erwähnt er die Zerstörung der türkischen Torpedoboote durch die italienische Flotte und erklärt, da die Flottille, obwohl er rechtzeitig die Rückkehr der Flotte in die Dardanellen und die Flucht der im Adriatischen Meere befindlichen Flottille in die Dalmatinischen Gewässer angeordnet habe, der italienischen Flotte nicht ent⸗ kommen konnte, finde er es unmöglich, auch nur interimistisch die Geschäfte des Ministeriums zu führen. 8 48

Nach einer Meldung von „Lloyds Agentur“ befindet sich die türkische Flotte auf der Reede von Nagara⸗(Dardanellen).

Der frühere Gesandte in Belgrad, General Fethi⸗ Pascha ist, „W. T. B.“ zufolge, zum Kommandeur der Truppen ernannt worden, die zur Verteidigung der Küste der Adria mobilisiert worden sind.

hat 1 n N. ohammedanern an den Unterstaatssekretär des Innern

in Simla eine Depesche gesandt, in der das Auswärtige Amt in London gebeten wird, Großbritannien möge, Mohammedanermacht, aufhalten. D Ehre des Islam zu verteidigen.

ordnung mit einem Gesuch gefandt worden, in dem, wie die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ die Verstaatlichung der Kanton —-Hankau⸗Eisenbahn rückgängig zu machen. 9 1

gierung den. aufmerksam gemacht, daß wegen der Eisenbahn⸗ frage Unruhen in Kwantung

wegen des

„Derna“ vor dem Hafen von Tripolis von den Italienern zum

dem ist, daß der

auf dies geschehen, als ein Haufe von Mohammedanern erschien, das

Konsulat umzingelte und unter wilden Drohungen und Rache⸗ schwüren in das Konsulatsgebäude einzudringen versuchte. Italiener hißten darauf die deutsche Flagge. ten an den türkischen Pascha eine Botschaft mit der Bitte um Hilfe zu senden, worauf fünfzig bewaffnete türkische Soldaten auf dem Schauplatz erschienen. 5 8 denh 8 entfalteten, nach dem Landungsplatz zu geleiten, wo sie zunächst an Bord der „Castl rth“ S fanden. Später wurden die Italiener auf einen italienischen

„Reuterschen Bureaus“

einer Meldung des Versammlung von

Nach in Kalkutta abgehaltene

eine

als die größte den Gang des italienischen Angriffs Eine andere Depesche bittet den Großwesir, die ist nach Peking eine Ab⸗

Aus der Provinz Kwantung

meldet, gebeten wird,

Der Generalgouverneur hat die Re⸗ bevorstehen. ““ in der Provinz Kiangsu sind

Im Bezirk Tschengsien 8 1 19 Mohn Unruhen aus⸗

Verbots der Aussaat von

111“

n“ u“X“ Wie die „Tribuna“ meldet, ist der türkische Dampfer

Sinken gebracht worden. .“ Ein n des britischen Konsulats in Tripolis, der auf

Dampfer „Castle Garth“ gestern auf Malta eingetroffen berichtet laut Meldung des „Reuterschen Bureaus“, der Rest von Italienern, etwa 150 mit Einschluß Journalisten, sich genötigt gesehen habe, Zuflucht dem italienischen Konsulat zu suchen. Kaum war

Die Es gelang ihnen,

Diesen gelang es, die Italiener, „Castle Garth“ Schutz

Torpedobootszerstörer gebracht und nach Syrakus geschafft.

Nr. des „Zentralblatts für das Deutsche Reich', herausgegeben im Rihann⸗ des Innern, vom 29. September 1911 bat folgenden Inhalt: 1) Konsulatwesen: Ernennungen; Exequatur- erteilungen; Entlassungen. 2) Medizinal⸗ und Veterinärwesen: Veränderungen in dem Verzeichnis der in den Anlagen zum Vieh⸗ seuchenübereinkommen zwischen dem Deutschen Reiche und Oesterreich⸗ Ungarn aufgeführten Sperrgebiete. 3) Pest⸗ und Telegraphen⸗ wesen: Ausdehnung des Geltungsbereichs der Ortstaxe auf Nachbar⸗ postorte. 4) Versicherungswesen: Beaufsichtigung privater Ver⸗ sicherungsunternehmungen durch die Landesbehörde. Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiert. .

Statistik und Volkswirtschaft.

Die beutfte Lebensversicherung im Jahre 1910.

Wenn auch in Deutschland die Erkenntnis von der Wichtigkeit der Lebensversicherung, insbesondere für den Grundbesitz, noch lange nicht die Verbrestung erreicht hat wie in Großbritannien, wo man es als einen selbstderständlichen Akt weiser Fursorge betrachtet, die Lebensversicherung zur Sicherstellung der Familie und des Familien⸗ besitzes zu benutzen, so ist erfreulicherweise die Beteiligung, neuer⸗ dings auch die der Landwirtschaft, an dieser segensreichen Ein⸗ richtung doch in stetem Wachsen begriffen. Man hat diese Bewegung zum großen Teil auf die sich immer mebhr verbreitende Erkenntnis von dem hohen sozialen Werte der Lebensversicherung, nicht zuletzt aber auch auf unfere veränderten Lebensverhältnisse zurück⸗ zuführen. Das Leben ist heute teurer als früher. Die Anforderungen, die an den wirtschaftlich Arbeitenden jetzt gestellt werden, sind ganz andere als zu Zeiten dr Eltern und Voreltern. Es ist dies ein sozialer Vorgang, der noch lange nicht abgeschlossen ist, und der jedem rechtlich denkenden Familienvater die Pflicht auferlegt, durch Abschluß einer Versicherung für seine Hinterbliebenen die mannigfachen Ver⸗ luste und Nachteile auszugleichen, die mit seinem Tode unausbleiblich bunden sind. . 8

g Welche hobe Bedeutung der Lebensversicherung für die Hebung des deutschen Volkswohlstandes zukommt, zeigen ganz besonders die im dritten Heft vom Jahrgang 1911 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Aufsichtsamts für Privatversicherung“(Berlin, J Guttentag, Verlagsbuchhandlung) mitgeteilten Ergebmisse des Jahres 1910. Der wichtigste Geschäftszweig der deutschen Lebensversicherungsgesellschaften ist die große Todesfallversicherung. Der Bruttozugang an Versicherungen dieser Art betrug bei den 42 deutschen Gesell⸗ schaften 1221,7 Millionen Mark, womit der des Vorjahres um 125,6 Millionen Mark übertroffen wurde. In Abgang kamen on fälligen Versiche ungesummen durch Tod und Ablauf bei sämtlichen Gesellschaften 198,2 Millionen Mark. Die durch Rückkauf, Umwandlung und Aufgabe der Versicherung vorzeitig ab⸗ gegangenen Versicherungen sind gegen das Vorjahr prozentual zurück⸗ gegangen: von 2,40 % der im Laufe des Jahres versichert gewesenen Summen im Jahre 1909 auf 2,31 % im Jahre 1910. Wie sich der vorzeitige Abgang, dessen mehr oder minder großer Prozentsatz als ein Beweis nicht nur für das Vertrauen des Publikums zu der be⸗ treffenden Gesellschaft, sondern besonders aach für die Güte der ge⸗ botenen Leistungen anzusehen ist, bei den vier größten deutschen Gegenseitigkeits⸗ und den vier größten deutschen Aktiengesellschaften in den letzten zwei Jahren stellte, zeigt die folgende Uebersicht:

Vorzeitiger Abgang in % der im Laufe des Jahres versichert

Wie die „Agenzia Stefani meldet, hat die Verwaltung der türkischen Leuchttürme auf Befehl der türkischen Admiralität ihren Beamten auf Kreta die telegraphische Weisung gesandt, die Feuer aller Leuchttürme auf der Insel zu löschen. Die Konsuln Frankreichs, Englands, Rußlands und Italiens haben jedoch in ihrer Eigenschaft als Vertreter der Kreta⸗ schutzmächte auf ihre Verantwortung Maßnahmen angeordnet, um die Ausführung des Befehls zu verhindern, und haben zugleich ihre Regierungen um weitere Weisungen gebeten.

Schweden. Der König hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ den Führer der liberalen Partei Staaff mit der Bildung eines neuen Kabinetts beauftragt. 8

Dänemark. Der Reichstag ist gestern eröffnet worden. Sowohl vom Folkething als vom Landsthing sind die Präsidien wieder⸗ gewählt worden. 5 Amerika. Einer Depesche des „W. T. B.“ zufolge ist Präsidenten von Meriko gewählt worden.

Madero zum

gewesenen Summen: 1910

0,89 0,71 1,12 1,06 2,15 vn.

Gthaoekk“ Alte Stuttgarter 1 Leipziger.. isbasbbruhbarer.. Pietnria

Germania (Stettin). 0 MNordstern. 1,97 18 Nach Abzug aller in Abgang gekommenen Versicherungen ver⸗ blieb in der großen Todesfallversicherung am Schlusse des Jahres 1910 ein Gesamtversicherungsbestand von 11,2 Milliarden Mark. Davon entfallen etwa auf die sogenannte abgekürzte alternative Form. Diese Versicherungsart, bei der das Kapital sofort beim Tode, spätestens nach Erreichung eines bestimmten Lebensjahres ausgezahlt wird, wird jetzt ganz besonders bevorzugt, da sie den Interessen und Bedürfnissen des versicherungsuchenden Publikums am meisten ent⸗ spricht und sich für die Versicherten auf die Dauer am rentabelsten taltet. 8 Nimmt man zur großen Todesfallversicherung noch die Aus⸗ steuer⸗ (Erlebensfall⸗) und die Sterbekassenversicherung hinzu, so erhält man in der regulären Kapitalversicherung für Ende 1910

sdurch Abla ffür Abgangsentschädigungen.

Nichts kann uns die gewaltige Bedeutung der Lebensversicherung in unserem Erwerbsleben besser vor Augen führen als

. diese Zahl. Für die oben genannten acht Gesellschaften betrug in der regulären

Kapitalversicherung Ende 1910 der

Versicherungsbestand Reinzuwachs Millionen Millionen 1 050,6 415 957,6 937,1 706,1 1 181,8 856,9 549,6

Alte Stuttgarter Alte Leipziger Karlsruher.

Victoria Germania (Stettin) . Nordstern. Concordia.. 352,7 8 8

5 8 4 85 Den geschäftlichen Ergebnissen der deutschen Lebensversicherungs.

esellschaften entsprechen die finanziellen. Die gesamten Ein⸗ an Prämien, Zinsen usw. stiegen von 625,9 Millionen Mark im Jahre 1909 auf 667,8 Millionen Mark im Jahre 1910. Von den Ausgaben stehen an erster Stelle die Zahlungen an Versicherte im

Betrage von 267,4 Millionen Mark, die sich zusammensetzen aus den od oder Ablauf fälligen Versicherungen und den Zahlungen EEö der von großem Einfluß auf die Erzielung des Ueberschusses ist, war, wie im 8252 günstig. Es waren im Jahre 1910 39,4 (i. Vorj. 34.2) Millionen Mark veg.⸗ auszuzahlen, als sich nach den Rechnungs⸗ rundlagen erwarten ließ. 8

1 Die Verwaltungskosten haben gegenüber dem Jahre 1909 eine Erhöhung um 6 Millionen Mark und im Verhältnis zur Jahreseinnabme eine solche um 0,31 % erfahren. Sie beliefen sich im Jahre 1910 bei den 8 8

15 Gegenseitigkeitsanstalten zusammen auf 7,40 %,

27 Aktiengesellschaften 1 12,06 % der Jahreseinnahme. Bei den oben genannten acht Gesellschaften betrugen sie in dem gleichen Verhältnis:

Gothaer 5,5 % Viktoria . . . . 8,9 % Alte Stuttgarter 5,5 % Germania (Stettin) . 7,6 % Alte Leipziger 5,6 % Nordstern. . . . . 11,7 % Karlsruher 1 6,4 % Concordia . 11,1 %. Nach Abzug aller Ausgaben verblieb ein Jahresüberschuf von 1882 Millionen Mark⸗ d. s 8,8 Millionen mehr als im Jahre 1909. Vom Jahresüberschuß wurden 110,5 (im Vorjahre 101⁄,]) Millionen Mark zur Dividendenverteilung an die Versicherten über⸗ wiesen. Von den zur Dividendenverteilung an die Versicherten über⸗ wiesenen Beträgen hängt bei den einzelnen Gesellschaften die Billigkeit der Versicherung ab. Nicht die Versicherung mit den niedrigsten Tarifprämien ist die billigste, sondern diejenige, be⸗ der dem Versicherten im Verhältnis zur dividendenberechtigten Prämieneinnabme die höchsten Ueberschüsse zufließen. Bei der größten deutschen Gegenseitigkeits⸗ und Aktiengesellschaften stellen sich die den Versicherten im Jahre 1910 zur Dividendenverteilung überwiesenen Beträge einschließlich vorweg an Dividendenfonds „über⸗ wiesener Zinsen in Prozenten der dividendenberechtigten Prämien

wie folgt: 8 h. Alte Stuttgarter. 33,7 % Victoria . .. ,0 % Gothaer. . .. 31,9, Germania (Stettin) . 28.8. Alte Leipziger. . Concordia]) X“ Karlsruher. 29,9 Nordstern¹) 11“ Das Gesamtbarvermögen der deutschen Lebenversicherungs⸗ gesellschaften, mit dem sie für die pünktliche Erfüllung der über⸗ nommenen Verpflichtungen einstehen, belief sich am Schlusse des Jahres 1910 auf über 5 Milliarden Mark. Im Interesse ihrer Versicherten bevorzugen die deutschen Gesellschaften bei der Anlegung ihrer Vermögensbestände die Hypotheken, da diese im Vergleich mit sicheren Wertpavpieren einen bedeutend höheren Zins abwerfen und bei vorsichtiger Auswahl die solidesten und sichersten Kapitalanlagen sind. Welchen Teil des Gesamtvermögens bei den genannten acht Anstalten die Hypothekar⸗ anlagen ausmachen, und wieviel von den Verpflichtungen durch tar⸗ sächlich vorhandenes Vermögen gedeckt wird, d. h. welche Sicherbet die einzelnen Gesellschaften in außergewöhnlichen Zeiten, z. B. während eines Krieges, bei Epidemien usw., bieten, zeigt die letze Uebersicht: 8

Von dem Gesamt. Auf je 100 rechnungs vermögen²) sind mäßige Verpflichtungen Ende 1910 in Hypo⸗ treffen tatsächlich vor⸗ theken angelegt handenes Vermögen ²]

Gothaer... Alte Stuttgarter. Alte Leipziger. Karlsruher. Ze1““ Germania (Stettin). Nordstern 1 Concordia..

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—boSbenen

588SSES

2 8 . 2 *. 8 .

——— —-— O

8 32 ““ 8 z) Für Versicherungen ohne Vorbehalt. *) Bei den Aktien⸗ gesellschaften einschließlich des bar eingezahlten Aktienkapitals. ³) In der regulären Kapitalversicherung. Hierunter 7.396 110 4 (bares Aktienkapital, Aktienwechseltilg.⸗Reserve, Kapitalreserve und Kursreserve), die zugleich für das hohe Risiko der Volks⸗, Renten⸗ Unfall⸗, Haftpflicht: und Transportversicherung haften. ⁴) Ein⸗ schließlich von Unfall⸗, Haftpflicht⸗ und Rentenversicherung. 8

8

Zur Arbeiterbewegung. 8

Die im Zentralverband organisierten Töpfer Groß⸗Berlin! nahmen, wie die „Voss. Zig“ berichtet, gestern abend in außerordent⸗ licher Mitgliederversammlung zur Fensterfrage Stellung. t beschlossen, überall auf den Bauten die Arbeit niederzulegen, wo die Fenster nicht oder nur ungenügend verglast sind. Wegen Tarix⸗ greitigkeiten haben gestern, demselben Blatte zufolge, in der biesigen Kontobücherfabrik von Ferdinand Ashelm 150 Buch⸗ bindereiarbeiterinnen und 50 Buchbinder die Arbet niedergelegt. 8 15

Der Ausstand der Straßenbahnangestellten in Saar brücken (vgl. Nr. 231 d. Bl.) scheint, wie die „Köln. Ztg.“ mitteilt ergebnislos zu verlaufen. Die Direktion hat jetzt von, auswärtigen Plätzen in genügender Anzahl Fahrer herangezegen, sodaß der Verkeht wieder regelmäßig ist. Die Direkrion beharrt auf ihrem Standpunkt daß die Angestellten, die nicht bedingungslos zur Arbeit zurückgekebrt sind, entlassen sind. Ein weiteres Verhandeln mit der christlichen Gewerkschaftsorganisation wirdd abgelehnt. Damit ist die Lage der Ausständigen aussichtsles. 6 b

Ueber eine weitere Verschärfung des Lohnkampfes in Leipziger Steindruckgewerbe (vgl. Nr. 231 d. Bl.) berichten die „Lpz. Zta.“, daß auch die in den dortigen Steindruckereien be schäftigten Hilfsarbeiter beiderlei Geschlechts sich der Lohnbe wegung der Lithographen⸗ und Steindruckergehilfen angeschlossen haben Sie haben den Arbeitgebern neue Forderungen unterbreitet. Sie wollen wenn bis heute keine zustimmende bezw. entgegenkommende Antwor erfolgen sollte, die Arbeit einstellen. Inzwischen haben sich auch die Zeichner dem Lohnkampfe angeschlossen. Ferner haben die Noten⸗ stecher in einer Versammlung nach längerer Aussprache einstimmig beschlossen, in eine Tarifbewegung einzutreten und insbesondere eine allgemeine prozentuale Erhöhung der Tariflohnsätze zu fordern sowie eine Verkürzung der Arbeitszeit vnd eine Verminderung der Ueber⸗ stundenarbeit. Die Organisationsleitung erhielt den Auftrag, „iner entsprechenden Tarifvertragsentwurf auszuarbeiten und der Gehilfen⸗

einen Reinzuwachs von 747,5 Millionen Mark und einen Ge⸗

amtversicherungsbestand von 12,2 1e

schaft zur Beschlußfassung vorzulegen. ““

Es wurde

Wohlfahrtspflege.

Die Firma van der Zypen u. Charlier G. m. b. H. in Cöln hat, „W. T. B.“ zufolge, aus Anlaß der Fertigstellun des

100 000. Wagens für Beamten⸗ und Arbeiterwohlfabhrts⸗

zwecke im ganzen 500 000 gestiftet. Max Charlier stiftete

ferner 150 000 für eine Volksbibliothek. Eine Anzahl

Arbeiter mit längerer Dienstzeit erhielten außerdem Zuwendungen.

F Kunst und Wissenschaft.

Um die archäologischen Studien zu beleben und die an⸗ schauliche Kenntnis des klassischen Altertums möglichst zu verweiten, insbesondere um für das archäologische Institut leitende Kräfte und für die vaterländischen Universitäten und Museen Vertreter der Archäologie heranzubilden, werden mit dem genannten Institut fünf

Reisestipendien, ein jedes im Belauf von viertausend ark, verbunden, die den nachstehenden Bestimmungen gemäß vergeben

werden sollen.

Zur Bewerbung um vier der gedachten Stipendien wird der Nachweis erfordert, daß der Bewerber entweder an ei er Universität des Deutschen Reichs, beziehentlich an der Akademie zu Münster die

philosophische Doktorwürde erlangt oder das Examen pro facultate

docendi bestanden und in ihm für den Unterricht in den alten

Sprachen in der obersten Gymnasialklasse die Befähigung nachgewiesen hat. Der Bewerber hat ferner nachzuweisen, daß zwischen dem Tage, an dem er promoviert worden oder das Oberlehrerexamen bestanden hat, bezw. wo beides stattgefunden hat, dem späteren von beiden, und dem Tage, an dem das nachgesuchte Stipendium für ihn fällig werden würde, höchstens ein dreijahriger Zwischenraum liegt.

Für das fünfte der jährlich zu vergebenden Stipendien, das in erster Reihe bestimmt ist, die Erforschung der christlichen Alter⸗ tümer der römischen Kaiserzeit zu fördern, wird erfordert, daß der Bewerber an der theologischen Fakultät einer Universität des Deutschen Reichs den Kursus der protestantischen oder der katholischen Theologie absolviert, das heißt nach Ablauf mindestens des akademischen Trienniums in ordnungsmäßiger Weise die Exmatrikulation bewirkt hat, und daß er an dem Tage, wo das Stipendium fällig wird, das dreißigste Lebensjahr noch nicht überschritten hat

Der Bewerber hat ferner die gutachtliche Aeußerung der philo⸗ sophischen, bezw. theologischen Fakultät einer Universität des Deutschen Reiches, oder der Akademie zu Münster, oder auch einzelner bei einer solchen Fakultät angestellter Professoren der einschlagenden wissen⸗ schattlichen Fächer über seine bisherigen Leistungen und seine Be⸗ fähigung zu erwirken und seinem Gesuch beizufügen, auch, falls er schon literarische Leistungen aufzuweisen hat, wo möglich diese mit einzusenden. Ferner sind in dem Gesuche die besonderen Reise⸗ zwecke kurz zu bezeichnen. Daß unter den Reisezielen in der Regel Rom mit einbegriffen sei, liegt im Geiste der Stiftung.

Bei Gesuchen um Verlängerung des Stipendiums finden diese Bestimmungen keine Anwendung. Dagegen ist hier eine übersichtliche Darstellung der bisherigen Reiseergebnisse in das Gesuch aufzunehmen, und wird. falls der Stipendiat bereits in Rom oder Athen sich auf⸗ gehalten hat oder noch aufhält, über seine Leistungen und seine Be⸗ fähigung das Gutachten des Sekretariats des Instiruts erfordert.

Die Gesuche um Erteilung des Stipendiums sind in jedem Jahre vor dem 1. Februar an die Zentraldirektion des archäologischen Instituts nach Berlin einzusenden, welche die Wahl nach vorgenommener Prüfung der Tüchtigkeit des Bewerbers in der Gesamtsitzung vor⸗ nimmt usw. Bei gleicher wissenschaftlicher Tüchtigkeit wird die Zentraldirektion denjenigen Bewerbern den Vorzug geben, die neben der unerläßlichen philologischen Bildung sich bereits einen gewissen Grad kunstgeschichtlicher Kenntnisse und monumentaler Anschauungen zu eigen gemacht haben und welche dem archäologischen Institute oder den deutschen Lehranstalten oder Museen dereinst nützlich zu werden versprechen.

Die Stipendien können nicht kumuliert, noch für einen längeren Zeitraum als ein Jahr vergeben werden; zulässig ist jedoch die Wieder⸗ gewährung eines Stipendiums für ein zweites Jahr. Die Wieder⸗ gewährung des im § 20 bezeichneten fünften Stipendiums auf ein zweites Jahr kann auch erfolgen, wenn der Stipendiat bei eintretender eeken des zweiten Stipendiums das 30. Lebensjahr bereits über⸗

ritten haben sollte.

Dispensation von den aufgestellten Vorschriften erteilt in be⸗ 28 Fällen das Auswärtige Amt nach Anhörung der Zentral⸗ direktion.

Bis auf weiteres kann jährlich eines der vier Reisestipendien für klassische Archäologie mit Wegfall der gesetzten Präklusivpfrist an Gymnasiallehrer vergeben werden, die an einem öffentlichen Gym⸗ nasium innerhalb des Deutschen Reiches festangestellt und in Lehre und Wissenschaft besonders bewährt sind. Das Stipendium kann zu diesem Zwecke in zwei halbjährige jedes zu 1500 zerlegt werden behufs einer im Winterhalbjahr spätestens am 1. Dezember anzutretenden halbjährigen Studienreise. Anstatt der geforderten Zeugnisse von Universitaten oder Professoren hat der Bewerber ein Zeugnis seiner vorgesetzten Behörde, sowohl über seine bisberige Amtswirksamkeit, als auch darüber beizubringen, daß im Falle der Stipendienverleihung auf die Erteilung des erforderlichen Urlaubs gerechnet werden könne. Ein derartiges Stipendium kann an ein und dieselbe Person nur einmal verliehen werden.

Die schließliche Entscheidung wird in der Regel vor Ablauf des Julimonats den Empfängern mitgeteilt, deren Namen in dem „Reichs⸗ mach 89 veröffentlicht werden.

as Stipendium wird jährlich am 1. Oktober fällig, und der ganze Betrag auf einmal dem Bewerber oder seinem gehörig legitimierten Bevollmächtigten durch die Kasse der Zentraldirektion

gegen Quittung ausgezahlt. G

Der Stipendiat ist verpflichtet, so lange er in Rom oder Athen verweilt, an den Sitzungen des Instituts regelmäßigen Anteil zu nehmen. Er hat überdies während seiner Reise die Zwecke des Instituts nach Möglichkeit zu fördern und nach Beendigung derselben über deren Ergebnis einen summarischen Bericht an die Zentral⸗ direktion einzusenden.

Es ist erwünscht, daß jedem Gesuche um ein Stipendium wenigstens 6 Exemplare der Doktordissertation des Bewerbers bei⸗ gelegt werden, soweit diese den außerhalb Berlins ansässigen Mit⸗ been der Zentraldirektion nicht schon mitgeteilt ist. Die Gesuche

nd an die Zentraldirektion des Kaiserlichen Archäologischen Instituts, erlin W. 50, Ansbacherstr. 46, einzusenden.

Tie in München vom 2. bis 4. Oktober unter dem Ehren⸗ vorsitz Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Therese von Bayern tagende 12. Allgemeine Versammlung der deutschen meteorologischen Gesellschaft hielt gestern vormittag in der Aula der technischen Hochschule eine öffentliche Festsitzung ab. An⸗ wesend waren, „W. T. B.“ zufolge, außer Ihren Königlichen Hoheiten der Prinzessin Therese und dem Prinzen Alfons von Bayern u. a. die Ministerialräte Freiherr von Pracher und Dr. Zahn, die Rektoren der Universität und der technischen Hochschule sowie eine große Anzahl von Mitgliedern der meteorolegischen Ge⸗ sellschft. Der Vorsitzende, Professor Hellmann, Direktor des Königlichen Meteorologischen Instituts in Berlin, hieß die Anwesenden berzlich willkommen. Es folgten Begrüßungs⸗ ansprachen der Regierungsvertreter, der Rektoren der technischen Hoch⸗ schule und der Universität sowie des Präsidenten der Akademie der Wissenschaften. Sodann hielt der Vorsitzende, Professor Hellmann, einen wissenschaftlichen Vortrag über die Beobachtungsgrundlage der modernen Meteorologie; hierauf sprach der Professor Günther⸗ München über die Entwicklung der Geschichte der Meteorologie in Bayern. Am Schluß der Sitzung gab der Vorsitzende bekannt, daß die Gesellschaft folgende Gelehrte zu korrespondierenden Mitgliedern ernannt habe: von Everdingen, Direktor des meteorologischen Instituts in Brüssel, Roma⸗Ungarn, Klossosky und Sresnewsky⸗Rußland, Ward von der Harvard⸗Univeisität in Cambridge und Abbot⸗

Die Lebensdauer der Bakterien. Daß Bakterien Fusser ordentlich lebensfähig sind, geht wieder aus einem kürzlich von Busson veröffentlichten Versuch bervor, über den die bekannte Zeitschrift für praktische Arbeit auf dem Gebiet der Naturwissenschaften „Mikro⸗ kosmos“ (Stuttnart, Franckh'sche Verlagshandlung) berichtet. Busson nahm vor 6 ¾ Jahren ein kleines Glasröhrchen mit destilliertem Husser und übertrug hernach mit der Platinöse Bactérium cöli, den bekannten Darmbewohner, aus einer Kultur auf Agar, unter möglichster Vermeidung einer Uebertragung von Nährboden. Destilliertes Wasser wirkt auf die meisten Bakterien entwicklungshemmend bezw. abtötend, da ihm jede Spur von Nährwert abgeht. Bei Bussons Versuch waren aber die Bakterien nach 6 ¾ Jahren noch lebendig. Sie hatten sich in dem Glasröhrchen sogar erheblich vermehrt, obwohl ihnen nicht die geringste he zugeführt wurde. Wie ist dies zu erklären? Es ist dabei auf Versuche Fickers hinzuweisen, daß das destillierte Wasser, sobald von der Glaswand Alkali darin übergeht, die bakterientötenden Eigenschaften verliert. Dazu kommt u. E. noch der Umstand, daß die Bakterienleichen selbst den überlebenden Stammesgenossen eine Nahrungsquelle darbieten. Busson hatte auch Gelegenheit, die bekannten Milzbrandsporen auf ihre Lebens⸗ fähigkeit zu untersuchen. Vor 17 Jahren hatte Hammerl Milzbrand⸗ sporen an Seidenfäden angetrocknet. Die Seidenfäden wurden jetzt in Bouillon übertragen, und es zeigte sich, daß die Milzbrandsporen, trotzdem sie 17 Jahre lang im Sporenzustand verblieben waren, nicht allein ihre Lebensfähigkeit, sondern auch die Virulenz, d. h. die Fähig⸗ keit, Milzbrand zu erzeugen, bewahrt hatten. b“

Literatur.

Das Beuterecht im Land⸗ und Seekriege, dargestellt unter besonderer Berücksichtigung der modernen Entwicklung des inter⸗ nationalen Handels von Dr. Hans Wehberg in Düsseldorf. Verlog von J. C. B. Mohr, Tühingen. Preis 3,60 ℳ. Die praktische Handhabung des Völkerrechts hinsichtlich des Beuterechts ist zusehends schonender geworden. Der Aneignung unterliegen zunächst alle Gegenstände, die zur Kriegführung notwendig sind und daher eine unmittelbare Unterstützung darstellen (Munition, Waffen usw.). Das Privateigentum der Angehörigen der feindlichen Macht gilt für den Landkrieg grundsätzlich als unverletzlich, im Seekrieg ist die Entwicklung besonders infolge des Verhaltens Groß⸗ britanniens noch nicht so weit gediehen, das jeder solchen Bindung abgeneigt ist, weil sie geeignet sein soll, die Suprematie Englands zur See zu erschüttern und zu beeinträchtigen. Viele Fragen sind auch für den Landkrieg noch ungelöst. Die gut 97 und Sachkenntnis atmende Darstellung von Wehberg behandelt alle wesentlichen Fragen des Beuterechts unter besonderer Berücksichtigung der heutigen Entwicklung des internationalen Handels. Der Verfasser tritt für die Beseitiaung des Seebeuterechts ein, und seine Aus⸗ führungen bierüber erscheinen als beachtenswert.

Das Seekriegsrecht. Von Dr. Karl H. Bernsten, Gerichtsassessor. XV und 255 Seiten. Berlin, Verlag von Franz Vahlen. Geh. 5,40 ℳ. Die Rechtsgrundsätze des Seekriegsrechts, von denen die des Seebeute⸗ bezw. Prisenrechts, des Blockaderechts und des Durchsuchungsrechts die wichtigsten sind, haben sich seit dem Ende des vergangenen Jahrhunderts durch Verträge zu einem wohl⸗ geordneten Rechtsgebilde entwickelt, wobei freilich zu berücksichtigen ist, daß papierne Verträge im Kriegsfalle häufig durch die Macht der Verbältnisse außer Geltung gesetzt worden sind. nsbesondere ist durch die erste S Friedenskonferenz von 1899, die neue Genfer Konvention von 1906, die zweite Haager Konferenz von 1907 und die Londoner Seekriegsrechtskonferenz von 1908/09 eine umfassende Neuschöpfung seekriegsrechtlicher Grundsätze erfolgt. Bei der zweiten Haager Friedenskonferenz wurde die Einsetzung eines internationalen Oberprisengerichts, das im Kriegsfalle zu bilden ist und über die Be⸗ rechtigung des Fortnehmens einer Prise in letzter Instanz zu ent⸗ scheiden hat, beschlossen, ferner das Verbot der Beschießung offener, unverteidigter Küstenpunkte und Seestädte ausgesprochen und wurden Bestimmungen über Seeminen getroffen. Bei der auf Anregung Groß⸗ britanniens im Anschluß an diese Friedenskonferenz in der Zeit vom 4. De⸗ zember 1908 bis 26. Februar 1909 in London abgehaltenen Seekriegs⸗ rechtskonferenz wurde eine fast vollständige Kodifikation der Grundsätze über die Rechte und Pflichten der Kriegführenden in Ansehung des neutralen Seehandels und der neutralen Schiffahrt erreicht, wurden die Fragen der Blockade, der Konterbande, der neutralitätswidrigen Unterstützung, der Zerstörung neutraler Prisen, des Flaggenwechsels im Kriegsfalle, der feindlichen oder neutralen Eigenschaft des Schiffes und teilweise auch der Ware, des Geleites durch neutrale Kriegsschiffe und des Schadenersatzes bei ungerechtfertigter Beschlagnahme geregelt. In⸗ dessen ist das Abkommen über die Einsetzung eines internationalen Oberprisengerichts wie die ganze Londoner Deklaration vom Deutschen Reich und von Großbritannien noch nicht ratifiziert worden. Bernsten gibt im ersten Teile seines hier angezeigten Buches über das See⸗ kriegsrecht einen Ueberblick über die geschichtliche Entwicklung und sodann im umfangreicheren zweiten Teile eine übersichtliche systematische Darstellung des geltenden Rechts, der zum Teil in noch unverbindlichem Entwurf vorliegenden seekriegerechtlichen Ergeb⸗ nisse der zweiten Haager Konferenz und des Inhalts der bisher nicht ralifizierten Londoner Deklaration. Erschöpfend ist die Darstellung des geltenden Rechtes nicht; so hätte 3 B., was das deutsche Recht anbelangt, in dem Abschnitt über „das Prisenverfahren des Seekriegs⸗ rechts“ auf das Reichsgesetz vom 3. Mai 1884, betreffend die Prisen⸗ gerichtsbarkeit, als einzige Quelle des heutigen deutschen formellen Prisenrechts und auf die in Ausführung jenes Gesetzes ergangene Kaiserliche Verordnung vom 15. Februar 1889, betreffend die Ausübung der Prisengerichtsbarkeit aus Anlaß der ostafrikanischen Blockade, durch die damals ein Prisengericht in Zanzibar und ein Ober⸗ prisengericht in Berlin eingesetzt wurde, näher eingegangen werden mössen. Aber schon das im vorliegenden Werke Gebokene zeigt, wie umfassend und feingegliedert das durch Gebrauch und Verträge geregelte Seekriegsrecht und wie außerordentlich wichtig seine Kenntnis namentlich für jeden Befehlshaber zur See ist.

Deutsche Prisengerichtsbarkeit, ihre Reform durch das Haager Abkommen vom 18. Oktober 1907. Von Dr. jur. Heinrich Pohl. Gerichtsassessor, Privatdozent an der Universität Bonn. 233 Seiten Tübingen, Verlag von von J. C. B. Mohr (Paul Stebeck). Geh. 6 ℳ. In dieser einige der wichtigsten Spezialfragen des Seekriegsrechts behandelnden Schrift wird zunächst der Grundgedanke der Prisengerichtskarkeit, deren ursprüngliche Auf⸗ gabe die Kontrolle der Kaperschiffe war, einer Erörterung mit geschicht⸗ lichen Rückblicken unterzogen. Dann folgt eine erschöpfende Darstellung des zurzeit geltenden deutschen formellen Prisen⸗ rechts. Der Verfasser unterrichtet über die Entstehungs⸗ geschichte des Reichsgesetzes vom 3. März 1884, das diese Materie ordnet, behandelt darauf ausführlich dessen Inhalt und geht auch auf die Verordnung vom 15. Februar 1889, welche die Ausübung der Prisengerichtsbarkeit aus Anlaß der ostafrikanischen Blockade regelte, näher ein, da sie als Beispiel einer für den Kriegsfall auf Grund jenes Reichsgesetzes zu erlassenden Kaiserlichen Verordnung dienen kann. Von dem deutschen Rechte als fester Grundlage ausgehend, gelangt der Verfasser dann zu dem Hauptteil seiner Schrift⸗ in dem er sich mit der „Internationalisierung; der Prisengerichtsbarkeit beschäftigt. Nach einem Ueberblick über die geschichtliche Ent⸗ wicklung des Gedankens einer internationalen Prisengerichtsbarkeit schildert er den Gang der Verhandlungen der zweiten Haager Friedenskonferenz, die zu dem vom Deutschen Reiche wie auch von Großbritannien noch nicht ratifizierten Abkommen über die Errichtung eines internationalen Oberprisengerichts vom 18. Oktober 1907 ge⸗ führt haben, und schließt daran eine gründliche systematische Darstellung des rechtlichen Inhalts dieses Abkommens an, dessen Text nicht leicht verständlich ist. Er behandelt zunächst den Geltungsbereich und die Geltungszeit des Abkommens, dann die Zuständigkeit 89 für den Kriegsfall in Aussicht genommenen Oberprisengerichts, die die seine Entscheidung anzurufen berechtigt sind, die Verfassung und Besetzung des Gerichts, das Verfahren vor diesem, das Urteil des

shington. j

Oberprisengerichts und

Eine kritische Würdigung der Rechtsnatur des Oberprisengerichts, der rechts⸗ wie der allgemeinpolitischen Bedeutung des Abkommens überhaupt bildet den Schluß der Ausführungen des Verfassers, die deutlich erkennen lassen, daß er sich mit der „Internationalisierung“ der Prisengerichtsbarkeit in der vorgeschlagenen Form nicht befreunden kann, jedenfalls die Wichtigkeit der Neuerung nicht überschätzt. Im Begeasc zur herrschenden Meinung vertritt der Verfasser die Rechts⸗ ansicht, daß ein zuverlässiges System des Völkerrechts nur durch Ver⸗ gleichung der in den einzelnen Staaten geltenden internationalen Rechtssätze gewonnen werden könne. Hierfür sollen seine Unter⸗ suchungen über das Prisenrecht eine Vorarbeit sein. Auch diejenigen, die seine wissenschaftlichen Ueberzeugungen nicht in allen Punkten teilen, werden seinen Ausführungen mit Interesse folgen und das Werk als eine wertvolle Bereicherung der dölkerrechllichen Literatur anerkennen.

Die völkerrechtliche Garantie. Von Dr. Georg Quabbe. (Abhandlungen aus dem Staats⸗ und Verwaltungsrecht mit Einschluß des Kolonialrechts und des Völkerrechts, herausgegeben von D. Dr. Siegfried Brie, ord. Professor an der Universität Breslau, und Dr. Max Fleischmann, Universitätsprofessor in Halle, 24. Heft.) X und 174 Seiten. Breslau, Verlag von M. u. H. Marcus. Preis 5,60 ℳ. Unter den in der Rechtsübung unserer Tage verwendeten Mitteln zur Sicherung völkerrechtlicher Ver⸗ pflichtungen spielt der Garantievertrag mit oder zwischen dritten Mächten ein völkerrechtlicher Vertrag, durch den ein Staat sich verpflichtet, entweder für die Erfüllung der völker⸗ rechtlichen Verpflichtungen eines anderen Staates oder aber dafür einzustehen, daß dieser von seiten eines anderen Staates in seinen völkerrechtlichen Rechten nicht beeinträchtigt werde eine wichtige Rolle. Die verschiedenartigsten Rechtsverhältnisse, die nicht notwendig dem Völkerrecht anzugehören brauchen, können den Gegenstand eines Garantievertrages bilden. Ir der Schrift von Quabbe ist zunächst die völkerrechtliche Garantie im allgemeinen Sinne, das System der historischen und praktischen Garantiemittel und sodann eingehend die völkerrechtliche Garantie im engeren Sinne, der eigentliche Garantie⸗ vertrag, behandelt und dabei eine Fülle von geschichtlichem Material verarbeitet. Der Verfasser gibt der Ueberzeugung Ausdruck, daß die schon heute beträchtliche praktische Bedeutung des Instituts der Ga⸗ rantie noch größer werden dürfte, wenn erst die Zukunft gewisse dem Institute noch anhaftende Mängel beseitigt haben wird. Die klare Darstellung ist für alle, die sich für diese Spezialfragen des Völker⸗ rechts interessieren, sehr lesenswert.

. Jagd. Die erste der diesjährigen Königlichen Parforce⸗ jagden findet Freitag, den 6. d. M. statt. Stelldichein: 1 Uhr am Gasthof „zum Gardestern“ am Döberitzer ager

8 Theater und Musik.

Neues Theater.

„Hansi Niese erschien am Sonnabend im weiteren Verlauf ibres Gastspiels im Neuen Theater, nach einem kleinen Ausflug auf das literarische Gebiet, wieder in einer Gesangsposse. Sie gab die Rolle der Lotti Grießmaver in der Posse „Die Näherin“ von Ludwig Held. Ueber den Inhalt des Stückes etwas zu berichten, wäre vergebene Mühe, denn es besteht nur aus lose zusammen⸗ hängenden Szenen. In der Hauptrolle eines Wiener Mädchens aus dem Volke ist Hansi Niese ganz in ihrem Element. Hier löst sie durch ihre derbe Komik herzliches Lachen aus, hier kann sie durch ihr eigenartiges Organ, ihre drollige Be⸗ weglichkeit die besten Wirkungen erzielen. Von den übrigen Mit⸗ spielenden sei Kurt von Lessen als Schreiber Stephan Hoch genannt, der ihr bei den Gesangseinlagen besten Beistand leistete. Die Musik, die aus der ersten, aber noch nicht der besten Zeit Millöckers her⸗ stammt, zeigt den herkömmlichen Wiener Volkston und ist im ganzen ziemlich unbedeutend. Das Publtkum unterhielt sich offenbar vo trefflich und spendete der beliebten Künstlerin reichsten Beifall.

Konzerte.

Im großen Saal der Philharmonie fand aus Anlaß des 10jährigen Bestehens des Berliner Sängerbundes am Mittwoch v. W. ein Festkonzert unter der Leitung von Professor Felix Schmidt statt. Als Mitwirkender betätigte sich außerdem de Pianist Waldemar Lütschg. Die Darbietungen des gewaltigen Chores standen wie immer auf der Höhe, und man mußte die Präzision in der Ausführung, die Klangschönheit und den Stimmenausgleich bewundern. Gesungen wurden einige Lieder aus dem auf Ver anlassung Seiner Majestät des Kaisers herausgegebenen „Volkslieder buche für Männerchöre“, so u. a. das feinsinnige Madrigal „Ich fahr dahin“, „Aus der Jugendzeit“ von Radecke, „Das Herz“ und „Ober schwäbisches Tanzliedchen“ von Silcher; ferner die gewaltigen Chör „Warnung vor dem Rhein“ von Neumann und „Der Trierer Nacht wache“ von Heuberger: Beides überaus schwierige und packend Chöre, deren Klippen mit Leichtigkeit genommen wurden. Der rühmlichst bekannte Klaviervirtuose glänzte wie selten durch seinen Vortrag von Kompositionen von Chopin, Liszt und Mendelssohn. Die begeisterte Anteilnahme des Auditoriums erhöhte noch den Eindruck der festlichen Veranstaltung. Interessante Daten über die Tätigkeit des Sängerbundes im ersten Jahrzehnt seines Bestehens gibt eine aus 8 Anlaß der Feier herausgegebene Festschrift.

Am Donnerstag veranstaltete Herr Edwin Witt im Blüthnersaal ein Konzert mit ausschließlich schwedischen Kompo⸗ sitionen. Das Interessanteste an diesem Abend waren unstreitbar die Orgelvorträge des ausgezeichneten Orgelkünstlers Bernhard Irrgang. Er spielte Stücke von Otto Olsson und Emil Sjögren; besonders dessen letzte „Zwei Legenden“ waren ungewöhnlich fein empfundene kleine Stimmungsbilder, die in einer wundervollen, spinnwebartig durch⸗ sichtigen Registrierung dargeboten, den Zuhörern Augenblicke des reinsten Genusses gewährten. Mit Herrn Hoffzimmer am Klavier spielte Herr Witt zwei hier wohl noch unbekannte Violin⸗ sonaten: eine in Es⸗Dur von Munktell und eine in G⸗Dur von Peterson⸗Berger. Die beiden Sonaten paßten insofern ganz gut hintereinander, als der Fehler der einen ein etwas formloses Durch⸗ einander von Gedanken und Einfällen gerade der Vorzug der anderen war. Peterson⸗Bergers Form ist kurz und klar, sein Inhalt aber oft be⸗ denklich das Banale streifend. Die Ausführung war im ganzen lobenswert, nur hätten die beiden Instrumente an manchen Stellen wohl besser gegeneinander abgestimmt sein können. Auch müßte sich Herr Witt, der in den Pianostellen über einen weichen, vollen Ton verfügt, das Kratzen abgewöhnen, das jetzt noch manchmal die Ge⸗ samtwirkung beeinträchtigt. Das Publikum war zahlreich zugegen und lohnte den Auftretenden durchweg mit freundlichem Beifall. Auch in der Philharmonie fand gleichzeitig ein Komponistenabend statt. Das verstärkte Philharmonische Orchester führte hier unter Dr. Ernst Kunwalds bewährter Leitung „einer Faust⸗ symphonie ersten Teil“ (in 5 Sätzen) von Siegmund auf. Es ist ein Chaos von Tönen, bei denen es kein Ruhen, kein Genießen gibt und es nicht verwundern konnte, daß sich die Reihen der Zuhörer nach jedem Satze zusehends lichteten. Die Einstudierung seitens des ausgezeichneten Tonkörpers verriet großen Fleiß und Hingebung, und es kann nur bedauert werden, daß soviel Kraft ohne nennens⸗ werten Erfolg aufgewandt war. In angenehmem Gegensatz zu dieser Komposition standen die von Fräulein Elisabeth Ohlhoff im ersten Teil des Programms vorgetragenen Lieder desselben Tondichters, deren innige, schlichte Art von ihr eindrucks⸗ und seelenvoll wieder⸗ gegeben wurde. Alle weifen eine gewisse Gleichartigkeit auf und zeigen einen getragenen, fast choralartigen Charakter. Von ihnen fanden „Soldatenbraut“ und „Wiegenlied“ den größten Beifall. Das Ehepaar Romeo Frick (Bariton) und Karola Frick⸗ eö“ trug, gleichfalls am Donnerstag, im Beethoven⸗

aal eine stattliche Anzahl von Liedern und Duetten vor. Beide Sänger erwarben sich die ungeteilte Sympathie der Zuhörer, wenn

das von ihm anzuwendende materielle Recht.

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auch die Gesangstechnik der Sängerin und die Aussprache des