Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
dem Metzgermeister Friedrich Schreiner zu Gießen das Prädikat eines Königlichen Hoflieferanten,
der Witwe des Kommissionsrats Schlemming, Anna geb. Leister, Inhaberin der Firma Wilhelm Schlemming, zu Cassel das Prädikat einer Königlichen Hoflieferantin und
dem Malermeister Ernst Beyersdorf zu Groß⸗Schöne⸗ beck in der Mark das Prädikat eines Königlichen Hofmaler⸗ meisters zu verleihen.
Auf den Bericht vom 22. September d. J. will Ich der Stadt Saarlouis im Regierungsbezirk Trier auf Grund des Gesetzes vom 11. Juni 1874 (Gesetzsamml. S. 221) das Recht verleihen, zum Neubau eines Artilleriekasernements das auf der zurückfolgenden Handzeichnung mit roter Farbe an⸗ gelegte Grundeigentum in der Gemarkung der Gemeinde Lisdorf im Wege der Enteignung zu erwerben.
Jagdhaus Rominten, den 2. Oktober 1911.
Wilhelm R.
Ministerium der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten.
Der bisherige etatsmäßige Professor an der Forstakademie zu Münden Dr. Paul Ehrenberg ist zum außerordentlichen Professor in der philosophischen Fakultät der Universität zu Göttingen ernannt worden.
Kriegsministerium.
Der Oberlehrer Dr. Freiherr von Danckelman von der deutschen Schule in Genua ist zum Oberlehrer des Kadetten⸗ korps ernannt worden. “
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen
und Forsten.
Der Regierungsbaumeister des Wasser⸗ und Straßenbau⸗ faches Ernst Starcke, bisher beim Meliorationsbauamt I in Münster, ist aus dem Dienste bei der landwirtschaftlichen Ver⸗ waltung ausgeschieden. vX“
Ministerium des Innern. Die Kreisarztstelle des Kreises Goldap, Regierungs⸗ bezirk Gumbinnen, mit dem Amtssitz in Goldap, die Stelle des Kreisassistenzarztes und Assistenten bei dem Medizinaluntersuchungsamt in Stettin und
die Stelle des Kreisassistenzarztes und Assistenten bei
dem Medizinaluntersuchungsamt in Magdeburg sind zu be⸗
“
Finanzministerium. “ Die Katasterämter Insterburg im Regierungsbezirk umbinnen und Görlitz im Regierungsbezirk Liegnitz sind zu besetzen.
98
128, 8 lwuatliches. Deutsches Reich.
8 Preußen. Berlin, 16. Oktobe
Der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg ist estern zum Vortrag bei Seiner Majestät dem Kaiser und önig in Hubertusstock eingetroffen. X“ 1
Der siamesische Gesandte Phya Sridhamasasana hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit führt der Sekretär Luang Bhinich Virajkich die Geschäfte der Ge⸗ sandtschaft.
Laut Meldung des „W. T. B.“ hat S. M. S. „Leipzig“, zurzeit in Schanghai, Befehl erhalten, nach Hankau zu gehen. Das Kanonenboot „Iltis“ geht nach Nanking und der Kreuzer „Nürnberg“ von Tsingtau nach Schanghai.
Bayern.
Bei Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz⸗ Regenten ist, wie, „W. T. B.“ zufolge, die Leibärzte aus Berchtesgaden mitteilen, seit gestern ein Bronchialkatarrh aufgetreten. Die vergangene Nacht verlief indessen ruhig; die Morgentemperatur ist normal. Das Allgemeinbefinden ist nicht wesentlich gestört.
Rußland.
Auf die befriedigende Antwort der Pforte auf die russische Note ist, wie „W. T. B.“ meldet, den Abteilungen der Reichs⸗ bank die Erlaubnis erteilt worden, wieder Darlehen auf Seefrachtbriefe zu gewähren.
— Das Exposé des Finanzministers zum Staats⸗ budget für 1912 weist, „W. T. B.“ zufolge, darauf hin, daß im Vergleich mit dem Budget des Jahres 1911 für ordentliche und außerordentliche Ausgaben ein Mehr von 255,1 Millionen Rubel eingestellt sei, und zwar speziell für das Ressort des Krieges und der Marine ein Mehr von 89 Millionen Rubel, von denen 56 Millionen auf die Flotte entfallen. In Aussicht genommen sind für Bildungszwecke 18,8 Millionen Rubel mehr als im Jahre 1911, für landwirtschaftliche Zwecke 12 Millionen mehr als im Vorjahre. Insgesamt sind für produktive und kulturelle Zwecke 75,8 Millionen mehr als im Vorjahre eingestellt. Die
etroffenen Kreditmaßnahmen für die Landwirte zum Zwecke 25 Zurückhaltung des Kornes im Lande sind für die bevor⸗ stehende Getreidekampagne um so wichtiger, als sie die Ver⸗ pflegung der vom Mißwachs heimgesuchten Gouvernements er⸗
leichtern müssen. Das Exposé erklärt ferner, es sei anzu⸗ nehmen, daß der Export von Weizen und Roggen nicht groß, die Ausfuhr von anderem Getreide, besonders von Gerste, dagegen bedeutend sein werde.
Zum Schlusse seiner Darlegungen führte der Finanz⸗ minister aus:
Die allgemeine Wirtschaftslage Rußlands weise eine entschiedene Wendung zum Bessern und eine Abnahme der wirtschaftlichen Ab⸗ hängigkeit von den Auslandsmärkten auf. Die Aufnahme neuer An⸗ leihen sei unnötig; ein Teil der früheren könne sogar vorzeitig getilat werden. Zu diesem Zwechke seien 1910 und 1911 etwa 50 Millionen, 1912 aber 100 Millionen in das Budget eingestellt worden. Gleichzeitig vollziehe sich ein Rückfluß russischer Werte aus dem Auslande. Der Mißernte im östlichen Landesteile, in einigen Zentralgouvernements und in einem Teile West⸗ sibiriens sei nur lokale Bedeutung beizumessen. Vorauessichtlich werde sie ohne bedeutende Einwirkung auf die allgemeine Lage bleiben, deren bisher günstiger Charakter der Regierung gestatten werde, die vor⸗ bereiteten Maßnahmen zur Vermehrung der Geldmittel und zur Ein⸗ richtung der Semstwos in den Städten durchzuführe
Die italienische Regierung hat, wie die „Tribuna“ mit⸗ teilt, den Mächten ein Rundschreiben zugehen lassen, in dem sie erklärt, daß sie die Insel Samos ebenfalls als neutrales Territorium betrachte. 8
Spanien.
Wie amtlich bekannt gegeben wird, wird die Regierung Ergänzungskredite zu dem laufenden Budget in Anspruch nehmen. Davon sind, „W. T. B.“ zufolge, 24 942 169 Pesetas zur Deckung der Kosten des Feldzuges bei Melilla und 1 919 600 Pesetas für Marinezwecke bestimmt. X“
Portugal.
Der Senat wird laut Meldung des „W. T. B.“ heute seine Ferien unterbrechen, um über den Entwurf des Justiz⸗ ministers zu beraten, der die persönlichen Garantien aufhebt, um das Gerichtsverfahren gegen die politischen Ge⸗
fangenen abzukürzen. 75. 8 v“
Unter dem üblichen Zeremoniell hat vorgestern nachmittag in Konstantinopel in Gegenwart des Sultans, des Thronfolgers und der Hofwürdenträger die feierliche Eröffnung der außerordentlichen Parlamentssession stattgefunden. In der vom Großwesir Said Pascha verlesenen Thronrede wird, „W. T. B.“ zufolge, ausgeführt:
Zu einer Zeit, da die Regierung unter Anwendung der in der letzten Session genehmigten Gesetze an die Verwirklichung der Maß⸗ nahmen zur fortschreitenden Entwicklung des Landes heranging, um so nach und nach die unzähligen Irrtümer und Versäumnisse der Ver⸗ gangenheit wieder gut zu machen, erhielt sie das Ultimatum Italiens, durch das Italien sich bemühte, unter dem Schein der Gesetzmäßigkeit seine aggressiven Absichten auf Tripolis zu verbergen. Die Pforte ant⸗ wortete innerhalb der festgesetzten Frist, indem sie ihre Bereit⸗ willigkeit versicherte, zu unterhandeln und die wirtschaftlichen Wünsche Italiens in Erwägung zu ziehen, soweit diese mit den gelten⸗ den Verträgen, den Rechten und der Würde des Reichs vereinbar seien, und indem sie Italien bat, seine Forderungen genau anzugeben, damit man unverzüglich in Unterhandlungen eintreten könne, ohne einen Krieg in Betracht zu ziehen. Vor Ablauf der von ihm selbst
esetzten 24stündigen Frist eröffnete Italien die Feindseligkeiten. a hrend es Tripolig angriff, eröffneten seine Schiffe unter Verletzung der internechte alen Wezn unvermutet das Feuer auf die im Adriatischen Meere ihnen begegnenden tünkischen Torpedoboote, die, ohne zu wissen, daß Feindfiligkeiten bestanden, sich beeilten, die italienischen Schiffe gemäß dem unter Schiffen befreundeter Nationen herrschenden Brauche zu grüßen. Infolge der fortwährenden Angriffe gegen gewisse türkische Plätze oan der Atria, in Tripolitanien und in Cyrenaica und gegen Kri gsschiffe nnd Handelsfahrzeuge, die vom Ausbruch des Krieges nichts wußten, hat sich die Notwendigkeit er⸗ geben, das Parlament vor der gewöhnlichen Zeit einzuberufen. Die Pforte hat sich al bald an die befreundeten Mächte mit der Bitte um Ver⸗ mittlung gewandt, um unter Bedingungen, die mit den gesetzlichen und geheiligten Rechten der Türkei und ihrer nationalen Würde ver⸗ einbar sind, dem Krieg ein Ende zu machen, der so sehr im Wider⸗ spruch steht mit allen Grundsatzen des internationalen Rechts und der Billigkeit, wie auch mit dem von allen Seiten einmütig zum Ausdruck gekommenen Streben nach Aufrecht⸗ erhaltung des Wellfriedens. In Erwartung des Ergebnisses der Vermittlungsversuche und infolge der Antworten der Mächte fährt die Pforte nichtsdestoweniger fort, die notwendigen Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Rechte und gesetzlichen Inter⸗ essen zu ergreifen. Der unerwartete Angriff Italiens, der alle zivilisierten Völker in Staunen setzte und erregte, hat die Kiedlichen und fortschrittlichen Bemühungen der Türkei gelähmt, die, die fried⸗ liche, Bestrebungen der Mächte teilend, sich der ihr obliegenden Kulturaufgabe gewidmet hat. Parlament und Nation haben sich im Bereich der menschlichen Kräfte bemüht, ihre Pflicht gegenüber den gesetzlichen Rechten und Interessen des Landes zu erfüllen.
Die Thronrede betont sodann die Notwendigkeit der brüderlichen Einigung der Ottomanen für die Größe der Nation und zur Verteidigung gegen derartige Angriffe, erwähnt, daß der Sultan während seiner Reise mit Stolz die loyale Gesinnung in Rumelien bemerkt habe, und stellt schließlich mit Genugtuung fest, daß die Beziehungen zu den übrigen Mächten und den benachbarten Staaten freundschaftliche und aufrichtige seien. Die Thronrede schließt: „Halten wir an unserer Politik fest, die darin besteht, dem Rechte anderer keinerlei Eintrag zu tun und unsere eigenen Rechte zu schützen.“
Nachdem der Scheich⸗ul⸗Jslam die üblichen Gebete ver⸗ richtet hatte, wobei auch die Vernichtung Italiens, das die Türkei verräterisch angegriffen habe, erfleht wurde, verließ der Hof das Parlament, während die Kammer zur Wahl des Präsidiums schritt und mit 86 gegen 55 Stimmen Ahmed Riza wählte.
Ein Communiqué, des Kriegsministeriums gibt bekannt, daß italienische Marinetruppen die Befestigungen bei Tripolis und das dazwischenliegende Gebiet besetzt und eine Stellung an der Küste bei Kirkkarisch bezogen haben, die durch Schiffskanonen geschützt ist. ““
Das jungtürkische Komitee in Saloniki ist, wie „W. T. B.“ meldet, von Konstantinopel dahin verständigt worden, daß die Regierung entschieden ihre Zustimmung zur Anwendung von Gewaltmitteln gegen die Italiener perweigere. Mit⸗ hin sei auch die Ausweisung nicht durchzuführen. Man solle danach trachten, die mohammedanischen Elemente nicht weiter aufzuregen, sondern kaltes Blut bewahren und Geduld zeigen. Dagegen wird anempfohlen, alle Geschäftsverbindungen mit Italienern abzubrechen sowie italienische Angestellte und Arbeiter zu ent⸗ lassen. Der Kriegsminister hat befohlen, während der Dauer des Krieges mit Italien den Reservisten nicht mehr zu erlauben, sich vom Militärdienst loszukaufen. 1
Das Korpskommando hat die Verfügung getroffen, daß die Staaten, deren Kriegsschiffe Saloniki anzulaufen gedenken, dies vier Tage vorher anzuzeigen haben, damit die
Pforte Kara⸗Burun benachrichtigen könne, wo alle Vorkehrungen getroffen sind, um die Einfahrt feindlicher Schiffe durch Minen zu verhindern.
Asien.
Einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗Agentur⸗ zufolge haben dreihundert persische Kosaken unter Führung zweier russischer Offiziere nach einem Bombardement Ka schan besetzt. Naib Hussein ist entflohen.
— Die revolutionäre Bewegung in China greiß immer weiter um sich. Das Organ der Konstitutionskamme „Gomingubao“ bezeichnet die jetzige Erhebung als größer und gefährlicher als den Taipingaufstand und sagt, daß nur durch Abkehr von den früheren Fehlern die Regierung der Aus⸗ breitung der Meuterei auf das ganze Reich vorbeugen könne. Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, gibt der revolutionäre Genera. Liyuanhung die Zahl seiner Truppen auf 25 660 größtenteile ausgebildete Soldaten an und erklärt, er habe Geldmittel i Hülle und Fülle. Agenten seien nach Hunan gesandt worden, um Reis für die Armee der Aufständischen zu kaufen, die der Kaiserlichen Armee entgegenziehe. Der revolutionäre Vizekönig Tanghualing erklärte dem Korrespondenten des „Reuterschen Bureaus“, das Fie der Revolution sei, China in eine Republik umzuwandeln. Wenn die gegenwärtigen Steuern rechtschaffen verwaltet würden, wären sie ausreichend, um das Land in den Stand zu setzen, die Last seiner Verpflichtungen zu tragen und die Ausgaben für die öffentlichen Arbeiten zu bestreiten. Man könne die Eisenbahnen vielleicht ohne die Unter⸗ stützung durch fremde Anleihen bauen, doch könne man auch Geld durch Anleihen beschaffen, wenn es notwendig sein sollte. Auf alle Fälle sei man entschlossen, mit den Ausländem in Freundschaft zu leben. Den Konsuln wurde mitgeteilt, daß die revolutionäre Regierung an die Stelle der früheren Re⸗ gierung getreten sei. Der „St. Petersburger Telegraphen⸗ Agentur“ zufolge beabsichtigen die Revolutionäre, die beiden durch Kaiserliches Edikt entsandten Divisionen in der Provim⸗ Honan zu erwarten. 1
Die fremden Konsuln in Hankau haben das diplomatische Korps in Peking ersucht, bei der chinesischen Regierung wegen des angedrohten Bombardements von Wutschang durch die chinesischen Kreuzer Vorstellungen zu machen und darum zu ersuchen, daß der das Geschwader kommandierende Ad⸗ miral Sachengping angewiesen werde, die Operationen so zu leiten, daß Hankau und die fremden Niederlassungen durch die Beschießung nicht gefährdet würden. Als Alternatire wird vorgeschlagen, es solle eine hinlänglich frühzeitige Ar⸗ kündigung des Bombardements erfolgen und die Regierung die Verpflichtung des Schadensersatzes für jede Beschädigung fremden Eigentums übernehmen.
Nach Meldungen des „Reuterschen Bureaus“ ist der ver⸗ bannte Muanschikai durch Kaiserliches Edikt zurückberufen und zum Vizekönig von Hukuang, das die Provinzen Hupeh und Hunan umfaßt, ernannt worden. Er soll sich unverzüglich nach Wutschang begeben, um dort die Staatsautorität wiederherzustellen. Der Admiral Sachengping und der General Yinchang sind ihm zu diesem Zwecke unterstellt worden. Tsengchunhsuan soll Chaerhfeng ersetzen und die Ordnung in Szechuan wiederherstellen. .
Infolge der über die chinesische Presse verhängten Zensur ist die Oeffentlichkeit ohne alle Nachricht über die Lage; aber die beständigen Truppenbewegungen rufen große Erregung her⸗ vor. Die chinesischen Banken, darunter auch die Staatsbank und die Sparkasse in Peking, sind von Klienten, die ihre Ein⸗ lagen zurückfordern, überfüllt. Viele Privatbanken stellen ihre Tätigkeit ein. Hupeh⸗ und Hunan⸗Papiere sind stark gefallen. Der telegraphische und der Eisenbahnverkehr von Peking nach den Provinzen Hupeh, Hunan, Kiangsi, Szetschuan, Kwaitschou und Junnan ist eingestellt worden. Fünf Züge mit Truppen sind gestern nach dem Süden abgegangen.
Afrika.
die „Agenzia Stefani“ meldet, hat der Oberst kommandierende der italienischen Truppen in Tripolis, General Caneva, am Freitag die höchsten Zivil⸗ und Militärfunktionen übernommen und die Konsuln, die Vertreter der italienischen Kolonie und die Führer der arabischen Notabeln empfangen.
In der Nacht vom Freitag zum Sonnabend hat zwischen türkischen Truppen und italienischen Vorposten ein Schar mützel stattgefunden. Ungefähr 200 Mann türkischer In⸗ fanterie griffen die italienischen Vorposten westlich vom Posten bei Bumeliana mit lebhaftem Feuer an. Die Italiener er widerten mit Infanteriefeuer und einigen Schüssen aus den Schiffsgeschützen. Nach ungefähr einer Stunde zogen sich die Türken unter Verlust von fünf Toten und einigen Ver⸗ wundeten sowie einem Maschinengewehr zurück. Auf italieni⸗ scher Seite wurden vier Soldaten verwundet; nach Meldungen aus türkischer Quelle hatten die Italiener große Verluste. Dem „Messagero“ zufolge scheinen die Türken nicht die Absicht ge⸗ habt zu haben, sich des Brunnens bei Bumeliana zu bemächtigen, sondern hatten eine Proviantkolonne decken wollen, die sich in der Richtung auf Suni Ben Adia bewegte, wo eine türkische Abteilung steht, die an Proviantmangel leidet.
Nach einer Meldung des „Giornale d'Italia“ vom gestrigen Tage haben Araber des Dschebel Ghurian gegen zer⸗ streute türkische Trupps, die sich ihres Viehs und ihrer Gerste bemächtigen wollten, die Waffen ergriffen. In dem sich entspinnenden Kampfe hatten die Türken und Araber mehrere Tote und Verwundete. Die Türken ergriffen unter Zurücklassung von 10 Toten die Flucht.
Die Mobilisierung in Erythraea ist, der „Agenzia Stefani“ zufolge, ohne Schwierigkeiten vor sich gegangen. Die Gesamtzahl der Streitkräfte in der Kolonie, die am 27. Sep⸗ tember nur 3700 Mann betrug, belief sich schon am 10. Oktober auf über 10 000.
Wie „W. T. B.“ meldet, entbehren nach amtlicher Feststellung die von der „Agence Havas“ verbreiteten Nach⸗ richten aus Oran, wonach die spanischen Truppen bei Seluan überrascht und zerstreut worden seien, jeder Grund⸗ lage. Ebenso unrichtig sei die Meldung, daß die Sebdana kabylen den Muluja überschreiten wollten, um nicht weiter unter spanischem Einfluß zu leben.
Am Freitag haben, der „Agence Havas“ zufolge, die Marokkaner die spanischen Stellungen bei Phafen angegriffen. In dem sich entspinnenden Gefecht wurde der spanische Befehls⸗ haber Ordonez tödlich verwundet. Mit Einbruch der Nacht zog sich der Feind mit zahlreichen Toten und Verwundeten zurück.
Wie
mittelten.
Betrag von 415 ℳ, also
Statistik und Volkswirtschaft.
Die Fideikommisse in Preußen im Jahre 1910.
Nach vorläufigen Fesistellungen sind im Jahre 1910 17 Fidei⸗ kommisse mit einer Gesamtfläche von 22 323 ha und einem Grund⸗ steuerreinertrage von insgesamt 219 028 ℳ errichtet worden; ein⸗ schließlich von 74 Erweiterungen bestehender Fideikommisse beläuft sich der Gesamtzugang auf 24 977 ha mit 236 521 ℳ Erundsteuer⸗ reinertrag. Aufgelöst wurden 2 Fideikommisse mit zusammen 1128 ha und 9237 ℳ Grundsteuerreinertrag; rechnet man 88 Verkleinerungen von Fideikommissen hinzu, so ergibt sich ein Gesamtabgang von 2798 ha mit 40 844 ℳ Grundsteuerreinertrag.
Hiernach beträgt für das Jahr 1910 der Mehrzugang an Fideikommissen 15, an Fideikommißfläche 22 179 ha mit 195 677 ℳ Grundsteuerreinertrag.
Im ganzen stieg damit in Preußen bis Ende 1910 die Zahl der Fideikommisse auf 1251, ihr Gesamtumfang auf 2 401 743 ha, d. s. 6,89 v. H. der Staatsfläche (gegen 6,82 v. H. Ende 1909), und ihr Grundsteuerreinertrag auf 29 054 250 ℳ, d. s. 6,54 (Ende 19. 9 6,49) v. H. des für den gesamten Staat er⸗ (Stat. Korr.)
8
Zur Arbheiterbewegung.
Der Ausstand der Berliner Former, Kernmacher und Hilfsarbeiter in den Eisengießereien (vgl. Nr. 238 d. Bl.) at, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, an Ausdehnung und Schärfe zu⸗ enommen. Nur einige Betriebe, die dem erband Berliner Metall⸗ industrieller nicht angehören, sind bisher von dem Ausstand verschont geblieben. In 23 größeren Betrieben sind 3041 Arbeiter ausständig. Dazu kommen bereits andere Arbeiter, die in diesen Tagen wegen Mangels an Guß entlassen worden sind und noch entlassen werden müssen, weil nicht weiter gearbeitet werden kann. Sollten die eingeleiteten Verhandlungen zur Beilegung des Ausstands zu keinem Ergebnis führen, dann sind die Betriebe, in denen es an Guß fehlt (dazu gehören A. Borsig Tegel, Keyling u. Thomas, Röße⸗ mann u. Kühnemann, Butzke, Anhaltische Maschinenfabrik, Vulkan, Flohr, Argus, Fesca u. Co., Germania, Schoening, Prometheus und andere) zweifellos gezwungen, Tausende von Metallarbeitern zu ent⸗ lassen. Es werden in den bestreikten Betrieben rund 10 000 Zentner gebraucht, sodaß also die Entscheidung über die Entlassung von anderen Arbeltern schon in kurzer Zeit fallen muß.
(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.)
Wohlfahrtspflege.
Der Hänelsche Sparautomat. Dem Pfarrer Senckel in Hohenwalde, dem Geschäftsführer des
Deutschen Vereins für Jugendsparkassen, ist es in seinem 75. Lebens⸗
jahre vergönnt, eine Saat, die er vor dreißig Jahren gesät hat, und um deren Aufkommen er ununterbrochen treulich bemüht war, zur vollen Frucht sich entwickeln zu sehen. Im Jahre 1880 forderte er in einer Denkschrift, der 1882 eine zweite folgte, zur Gründung von Schul⸗ sparkassen auf, und seine Anregung hat eine kaum geahnte Entwicklung ge⸗ nommen. Seit jener Zeit ist die Literatur über Jugend⸗ und Schulspar⸗ kassen erheblich angeschwollen, allein wir haben es hier weniger mit einer polemischen als mit einer technischen Literatur zu tun. Eine eigentliche Gegnerschaft gegen das Sparen im Kindesalter und für die schulentlassene Jugend besteht kaum, dagegen gibt es vielseitige Neuerungen bezüglich der zweckmäßigen Form des Schulsparens, damit alle berechtigten Erwägungen zu ihrem Rechte kommen. Neuerdings hat nun Pfarrer Senckel seine vielfachen Erfahrungen zur Sichtung un
Klärung der vorliegenden Materialien dieses Gebietes benutzt und die ihm bekannt gewordenen 46 Systeme in einer Neuausgabe seiner Schrift: „Die Einrichtungen der deutschen Schul⸗ und Jugendsparkassen“ (195 Seiten; Selbstverlag des oben ge⸗ nannten Vereins. Frankfurt a. O., 1911) verarbeitet. In dieser Schrift sind die Rechtsverhältnisse, Statuten, Buchführung und For⸗ mulare für Schul⸗ und Jugendsparkassen an 34 Beispielen dargestellt, und es braucht kaum gesagt zu werden, daß dort, wo die Schulspar⸗ kassenfrage erwogen wird, das Senckelsche Buch nicht unbeachtet bleiben darf.
In der Praxis hat neuerdings die Schulsparkassenbewegung einen
Helfer gefunden, den Senckel auch würdigt, nämlich in dem Hänelschen Sparautomaten. Als Pionter für die Einführung dieses Apparats ist die Sparkasse der Stadt Deutsch⸗Wilmers⸗ dorf zu betrachten, die im September 1908 in ihrer 4. Gemeinde schule den ersten Sparautomaten aufstellte. Es sind sodann im Jahre 1910 in der 5. und 6. Gemeindeschule auch solche Apparate aufgestellt worden. Die Einnahmen dieser 3 Sparautomaten stellten sich seit ihrer Inbetriebnahme bis zum 31. März 1911, wie folgt: 4. Gemeindeschule (1528 Kinder) seit 11. Septbr. 1908 10 780,70 ℳ 5. 3 (889 „) 1. Jannar 1910 29088,90 6. „ (112 EIIEeböö9ö'0 256880 Bemerkenswert ist bei dem Wilmersdorfer System der Umstand, daß, obgleich der Schule die enorme Arbeitslast der Sammlung und Ver⸗ buchung der Gelder abgenommen worden ist, diese doch eine gewisse Mitarbeit an der Sache insofern leistet, als die Klassenlehrer den Kindern Sammelkarten aushändigen, an einem bestimmten Tage im Monat die bis dahin gefüllten Sammelkarten entgegennehmen und sie an den Rektor der Schule abliefern, von dem sie die Sparkasse durch ihren Boten abholen läßt. Die Lehrer verteilen dann wieder die zurückgehenden Karten und Sparbücher und weisen schließlich auch im Unterricht bei sich bietender Gelegenheit auf die Einrichtung und auf den Wert und den Segen des Sparens im allgemeinen hin. Dies alles ist aber nur ein geringer Bruchteil der Mühe, die ihnen nach dem früheren System zufallen würde, und wird daher von den Lehrern gern geleistet. Für den Erfolg des Sparens ist diese Beteiligung indessen von großer Wichtigkeit. Sie hält das Interesse an der Ein⸗ richtung wach und belebt den Sparverkehr. — Ebenso günstige Nachrichten, wie aus Deutsch⸗Wilmersdorf, liegen aus anderen Orten über die Anwendung der Hänelschen Sparautomaten vor. Die Stadt Charlottenburg hat zunächst mit der Aufstellung von fünf Apparaten in Gemeindeschulen den Anfang gemacht; sie beabsichtigt, die Einrichtung weiter auszubauen, um moglichst allen Gemeindeschülern diese bequeme Spargelegenheit zu bieten. In Schöneberg wurde, gleich nach der Einführung in Deutsch⸗ Wilmersdorf, in der Knabenabteilung einer Gemeindeschule ein Automat aufgestellt. Der Automat hat in knapp drei Jahren 50 6905 Sparkarten zu 10 ₰ verabfolgt, also einen Betrag von 5069,50 ℳ gesammelt. In Köslin verein⸗ nahmte ein in dem Knabenschulhause aufgestellter Automat hinnen Jahresfrist 2023,60 ℳ. In Altona trat das bekannte Unter⸗ stützungsinstitut für die Aufstellung der Hänelschen Apparate ein und übertrug der Firma die Lieferung von 22 Apparaten. Im Mai d. J. wurden diese in Betrieb gesetzt und zwar gleichzeitig mit dem Inkraft⸗ treten eines Beschlusses der städtischen Sparkasse, in den mit Spar⸗ automaten ausgerüsteten Volksschulen jedem neu eintretenden Kinde ein bis zu seiner Konfirmation gesperrtes Sparkassenbuch über 1 ℳ zu schenken. “ 8
Einen wirklichen Sparbetrieb hat die städtische Sparkasse in Stettin im Anschluß an das Wirken von 35 Hänelschen Spar⸗ automaten eingeleitet. Sie will demnächst zwei Automobile in Dienst stellen, denen neben der Besorgung der Geschäfte des Boten⸗ amtes die Leerung der Schulautomaten obliegt. Aus der der Stadt⸗ verordnetenversammlung unterbreiteten Vorlage geht hervor, daß die in den städtischen Schulen Ende Juni 1910 aufgestellten 35 Spar⸗ automaten von Schülern und Schülerinnen fortgesetzt in erfreulichster Weise benutzt werden und bereits bis zum März d. J. Spareinlagen in Gesamthöhe von 72 000 ℳ vereinnahmt hatten. Es sammelt sich in diesen automatischen Sparbüchsen durchschnittlich täglich ein 3 n 4 50 Groschen an, der elngeholt
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ezählt werden muß. Hier dürften also die beiden Automobile erheb⸗ iche Vorteile und Ersparnisse mit sich bringen und einen modernen Fortschritt hedeuten. Außerdem hat die regsame Verwaltung der städtischen Sparkasse zu Stettin neuerdings eine Geldzählmaschine zum Zählen der ungeheuren Mengen von 10 Stücken beschafft. Diese Geldzählmaschine ist auch mit Vorrichtung zum Zählen anderer Geldstücke ausgerüstet, sodaß sie eine allgemeine Verwendung in dem umfangreichen Betriebe der sich stetig ausdehnenden Stettiner 8Pe e “
Eingehender unterrichtet über die Einrichtung der Sparautomaten die Zeitschrift „Der Sparautomat“, der auch die vorstehenden An⸗ gaben über die Verbreitung der Schulautomaten entnommen sind. Es bedarf nicht des Hinweises darauf, daß die Hänelschen Spar⸗ automaten nicht nur sür Schulen, sondern auch für Vereinslokale, Fabriken usw. sich eignen und zur allgemeinen Förderung des Spar⸗ sinns dienen können. Die Siemens⸗Schuckert⸗Werke in Charlotten⸗ burg haben für ihre ausgedehnten Fabrikanlagen bereits Hänelsch Sparautomaten eingeführt. “
Kunst und Wissenschaft.
Was bedeutet das Wort „Religion“2
Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes ‚Religion“ ist seit langem ein Gegenstand des Nachdenkens unserer Sprachforscher ge⸗ wesen, ohne daß es indessen bis jetzt möglich gewesen wäre, zu einer vollkommen befriedigenden Deutung des Wortes zu gelangen. Viel⸗ fach hat man namentlich eine Deutung des Lactantivs für die richtige gehalten, die „Religion“ von lateinisch „religare“ d. h. verbinden, verpflichten, ableitete und das Wort also als eine Bindung oder ehr⸗ fürchtige Hemmung gegenüber den Göttern und den von ihnen be⸗ wohnten oder ihnen geweihten Oertern und Dingen verstanden wissen wollte. Im „Archiv für Religionswissenschaft“ hat nun unlängst der Münchener Privatdozent Dr. W. F. Otto im Anschluß an eine schon von Cicero angegebene Ableitung des lateinischen Wortes religio von relegere eine andere Deutung des Wortes aufgestellt, die wohl die endgültige Klärung dieser Frage bedeuten und darum auch für weitere Kreise von Interesse sein dürfte. Nach seiner Auf⸗ fassung steht relegere als Stammwort zu religio im Gegensatz zu neg — legere, was „außer acht lassen, vernachlässigen“ bedeutet, relegere und religio bedeutet also „treues Beobachten, gewissenhaftes Erfuüllen“, weiterhin überhaupt „Sorgsamkeit, Gewissenhaftigkeit“. Diese
von D
Bedeutung des Wortes und seine Ableitungen läßt sich durch die ganze lateinische Literatur verfolgen; religiosus ist das Beiwort für den sorgsamen Richter, der nach bestem Wissen und Gewissen urteilt, religio — also Gewissenhaftigkeit — verlangte man demgemäß auch von dem Arzt, zu dem man Vertrauen haben sollte. Von dieser Grundbedeutung des Wortes ist also auch für unser Wort „Reliaion“ auszugehen, und zwar ist es offenbar die Gewissenhaftigkeit, Scheu und Aengstlichkeit in der Erfüllung der auf die Götter und ihre Verehrung bezüglichen Vorschriften, die schon in alter Zeit von den Römern als religio schlechtweg bezeichnet wurden und so zweifellbs der Grund für die Weiterentwicklung dieses Sinnes zum heutigen Begriff „Religion“ geschaffen worden. Ob man dabei, wie Otto tut, den letzten Sinn des Wortes als den seelischen Zustand oder das Gefühl auffassen will, das zu solcher Gewissenhaftigkeit und Treue gegenüber den genannten Vor⸗ schriften führt, oder die treue Befolgung dieser Vorschriften selbst als den ursprünglichsten Inhalt des Worts genügen läßt, ist eine untergeordnete Frage, deren Beantwortung in einem oder anderem Sinne nichts daran ändert, daß in dem von Otto gegebenen Hinweis auf religio „Gewissenhaftigkeit, gewissenhaftes Erfüllen“ wohl die abschließende Deutung des Worts „Religion“ enthalten ist.
In Aarhus wurde gestern ein neues Observatorium ein⸗ geweiht und nach dem dort im Jahre 1644 geborenen Astronomen Ole Römer benannt. Der Feier wohnten, „W. T. B.“ zufolge, u. A. der Professor Förster⸗Berlin, der Professor Bigourdam Paris und die Aarhuser Behörden bei. Direktor des Observatoriums ist der Astronom F. Krüger aus Sachsen⸗Altenburg. Der Professor Förster hielt einen Vortrag über Astronomie und Kultur. 1““
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Die Hauptversammlung der deutschen Gesellschaft für Züchtungskunde findet in der landwirtschaftlichen Woche am 26. d. M., Vormittags 9 ½ Uhr, in Berlin, Bellevpuestr. 3, im großen Saale des Künstlerhauses statt. Mitglieder, Freunde und Gönner der Gesellschaft, Landwirte, Tierzüchter, Tierärzte, Naturforscher werden um ihr Erscheinen gebeten. Aus dem Gebiete der Züchtungskunde und Vererbungslehre sind zwei bedeutsame Vorträge auf die Tagesordnung gesetzt worden. Ueber „Funktionelle Anpassung im Tierreiche und ihre Beziehungen zur Vererbung“ wird der Professor für Zoologie an der Berliner Landwirtschaftlichen Hochschule, Professor Dr. Hesse sprechen. Dieses Thema gehört zu dem wichtigsten, von Landwirten, Züchtern, Zoologen früher und jetzt lebhaft umstrittenen Forschungsgebiete. Von der gleichen Bedeutung ist das 2. Vortragsthema: „Kritische Zusammenfassung der neueren Arbeiten über die Knochenbeschaffenheit bei Lauf⸗ und Schrittpferden“ von Professor Dr. S. von Nathusius⸗ Halle. In den Kreisen der Pferdezüchter gehen die Meinungen über die Beurteilung der Knochenstärke und ⸗beschaffenheit, über die Fragen der Beeinflussung und Vererbung des Knochenbaues immer noch sehr auseinander, obwohl gerade diese Fragen bei der Auswahl der Zucht⸗ und Gebrauckspferde, bei der Züchtung, Prämiierung, Körung, Klassen⸗ einteilung auf Schauen, beim Fohlen⸗, Remonte⸗ und Hengsteverkauf eine so große Rolle spielen. Deshalb dürfte es von großem Interesse sein, eine Autorität über den Stand dieser Forschungen und ihre Be⸗ reutung für die züchterische Praxis zu hören. Zur Erläuterung werden Lichtbilder benutzt werden. Der deutschen Gesellschaft für Züchtungs⸗ kunde sind seit der Tagung im Frühjahr etwa 300 neue Mitglieder beigetreten, und die Gesellschaft zählt jetzt nahezu 1600 Mitglieder, damtt ist sie wohl die größte wissenschaftliche züchterische Oeganisation in allen Kulturstaaten geworden. Weitere Interessenten wollen sich an die Geschäftsttelle Berlin⸗Halensee, Halberstädter Straße 3, wenden.
—
Getreidemarkt in Italien während des Monats September 1911.
Weichweizen. In der zweiten Hälfte des Monats Sep⸗ tember machten Verkäufer russischer Waren zahlreiche Offerten und zeigten sich zu Preiskonzessionen geneigt. Diese erschienen jedoch ungenügend und um so weniger geeignet, Geschäfte herbeizuführen, als die angebotene Ware von außerordentlich leichtem Naturalgewicht war. Tie Käufer zogen deshalb im allgemeinen die etwas billiger gewordenen und qualitativ ausgezeichneten Donauweizen der russischen Ware vor. Abschlüsse kommen jedoch auch in Donauweizen nur in geringer Anzahl zustande und wohl hauptsächlich deshalb, weil eine weitere Preissteigerung für Inlandware erwartet wird. Der Ausbruch des türkischeitaltenischen Krieges wird fürs erste hemmend auf den Abschluß neuer eif Geschäfte wirken.
Hartweizen. Die hohen Preise für russische Ware, die im vorigen Monat bis auf 24 Frs. gestiegen waren, hatten ein stärkeres Angebot zur Folge. Das Geschaft entwickelte sich ziemlich lebhaft, und die Preise gingen langsam, und zwar für Taganrog⸗Hartweizen bis auf 23 Frs. für je 10 Pud, zurück. Auch Hartweizen anderen Ursprungs zeigten eine ruhigere Tendenz.
Der Ausbruch des türkisch⸗ italienischen Krieges ist auf das italienische Getreidegeschäft nicht ohne Einfluß gewesen. Die italienischen Müller hatten sich in ihren Mehl⸗ und Hartweizengries⸗ verträgen das Recht vorbehalten, diese Verträge im Kriegsfalle für nichtig zu erklären. Die meisten haben denn auch von diesem Recht Ge⸗ brauch gemacht, um die früheren billigen Verkäufe ihrer Waren rückgängig zu machen. Aber auch auf die Beziehungen zwischen Verkäufer und Käufer von Getrelde wirkt der Krieg sehr störend. So haben die Verlader
nauweizen beschlossen, vorerst die September⸗ und Altseptemb
kontrakte unter Berufung auf die Kriegsklausel für ungültig zu er⸗ klären und sich für spätere Termine eine Entscheidung vorbehalten. Italienische Verkäufer haben hiervon sofort Gebrauch gemacht und billige Vorverkäufe auch für spätere Termine für ungültig erklärt.
Rußland bat bis jetzt noch keine Entscheidung getroffen, weil dort fast nur Hartweizen in Frage kommt, der meistens zu guten b verkauft worden war. Da Getreide als Kriegskonterbande
etrachtet wird, kann die Verladung mit Damfern neutraler Flagge
gefährlich werden, wenn die Ladung für italienische Häfen bestimmt ist. Man rechnet aber damit, daß neutrale Dampfer dann nicht beteiligt werden können, wenn sie nicht nach Italien bestimmt sind, sondern nur später dorthin von irgendeinem wesentlichen neutralen Hafen zurückkehren. Der Krieg wird somit keine Unterbrechung, sondern nur eine Erschwerung der Getreidezufuhr aus Rußland und von der Donau zur Folge haben. Immerhin ist das Geschäft mit einem gewissen Risiko und größeren Spesen verbungen, sodaß z. B. deutsche Weich⸗ 892 8. und nordamerikanische Hartweizen ein erhöhtes Interesse finden werden.
In deutschem Weizen ist denn auch schen Anfang Oktober ein erstes Geschäft in Neapel gemacht worden (79/80 — Oktober à 20 ¼ Fr. cif). Dagegen findet man den Preis für nordamerikanische Makkaroni (Durum Wheate Nr. 1) mit 22 ¾ Fr. noch etwas zu hoch, da die Ware in diesem Jahre qualitativ nicht so schön sein soll wie im vergangenen Jahre.
Mais: Die Inlandware ist etwas im Preise gestiegen. Neue cif-Geschäfte sind fast gar nicht zustande gekommen. Die in Aus⸗ führung früherer Kontrakte ankommende Ware findet im Detailgeschäft langsamen Absatz.
Hafer: Verfügbare Ware ist im Preise stark gestiegen, die Vor⸗ räte sind jedoch ohne Belang.
Die Getreidevorräte in Genua betrugen schätzungzweise am
31. 8. 11.
8 dz
Weichweizen 39 000 Hartweizen 21 000 Mais.. 66 000 Hafer. 10 000 Roggen “ —
Die Getreidepreise stellten sich am 29 — 30. September d. J⸗ auf Genua für 100 kg wie folgt: Ghirca Ulka Nicolaieff 21 — 20 ¾ Fr., Ulka Taganrog prompte Verschiffung 20 8 — 20 ¼ Fr., Donauweizen⸗ 78/79 kg, 20 — 19 ¾ Fr., Plataweizen 79 kg, Januar⸗Februarverschiffung 21 — 20 ⅞ Fr., italienischer Landweizen 27,15 — 27,40 Lire franko Mai⸗ land, Mehl, weiß la, 34 — 33 ½ franko Genua, Novorossisk Hartweizen, November⸗Dezemberverschiffung 23 ½ — 23 ½ Fr., Taganrog⸗Hartweizen, Oktoberverschiffung 23,— Fr., sizilianischer Hartweizen 31 ½ Lire, Marocco⸗ Hartweizen 21 ¾— — 22 ½ Fr., Mais, Foxan coloré, November⸗Dezember⸗ verschiffung 16 Fr., rumänischer Mais, rot, 17,— Fr., italienischer Mais 17 ¼ —- 18 ¼ Lire franko Mailand, Donauhafer 44—45 kg, prompte Verschiffung 15 ¾ — 16 Fr., Platahafer 45 — 46 kg, Januar⸗ Februarverschiffung 15 ¾ Fr., italienischer Hafer 20 ¼ — 20 ¾ Lire franko Mailand.
Nach Savona wurden im Monat September 585 t Weizen ein⸗ geführt, wovon nichts auf Lager blieb.
Nachrichten aus Bankkreisen zufolge wurden in der Zeit vom 1. Juli bis 20. Seprember d. J. nach Italien 208 844 t Weizen
eingeführt gegen 287 714 t im gleichen Zeitraum des Vorjahres. des Kaiserlichen Generalkonsulats zu Genua
(Bericht 10. Oktober 18
vom
Verkehrswesen.
Schiffsliste für billige Briefe nach den Vereinigten Staaten von Amerika (10 ₰ für je 20 g). „Kaiser Wilhelm II.“ ab Bremen 17. Oktober, „Kaiserin Auguste Victoria“ ab Hamburg 19. Oktober, „Prinz Friedrich Wilhelm“ ab Bremen 21. Oktober, Kronprinz Wilhelm“ ab Bremen 24. Oktober,
Kronprinzessin Cecilie“ ab Bremen 31. Oktober,
„Amerika“ ab Hamburg 2. November,
„George Washington“ ab Bremen 4. November.
„Kaiser Wilhelm der Große“ ab Bremen 14. November, Postschluß nach Ankunft der Frühzüge.
Alle diese Schiffe sind Schnelldampfer oder solche, die für eine bestimmte Zeit vor dem Abgang die schnellste Beförderungsgelegenheit bieten. Es empfiehlt sich, die Briefe mit einem Leitvermerk wie „direkter Weg“ oder „über Bremen oder Hamburg“ zu versehen. Die Portoermäßigung erstreckt sich nur auf Briefe, nicht auch auf Postkarten, Drucksachen usw., und gilt nur für Briefe nach den Ver einigten Staaten von Amerika, nicht auch nach anderen Gebieten Amerikas, 3. B. Canada.
In Tsumis in Deutsch⸗Südwestafrika ist am 5. Oktober eine Telegraphenanstalt für den internationalen Verkehr eröffnet worden. Tsumis liegt bei km 137 der im Bau begriffenen Bahn Windhuk — Keetmanshoop, zwischen Rehoboth und Kub. Die Wort⸗ gebühr für Telegramme nach Tsumis ist dieselbe wie nach Windhuk. Sie beträgt gegenwärtig 2 ℳ 75 ℳ. G““
Theater und Musik. Lessingtheater.
Arthur Schnitzlers Tragikomödie „Das weite Land“ die am Sonnabend im Lessingtheater ihre Erstaufführung erfuhr, brachte es nur vermöge des feingeschliffenen Dialogs, der ihr Haupt⸗ vorzug ist, zu einem Erfolge. den eine vortreffliche Dar⸗ stellung miterringen half. Im übrigen hätte sich der In⸗ halt des Stückes, der, wie siets bei Schnitzler, einseitig nur die erotische Frage im Gesellschaftsverkehr der Geschlechter aufrollt, weit besser für die erzählende Form geeignet, und die pspchologischen Absonderlichkeiten, wie sie hier geschildert werden, ausführlicher, verständlicher und glaubhafter sich behandeln lassen. Mit dem von einer der vielen Personen des Stücks aufgestellten Satze, daß die Seele einem weiten Lande gleiche, in der das Wider⸗ spruchsvollste nebeneinander wohnen könne, sichert sich der Ver fasser einen weiten Spielraum und schafft sich die Möglich⸗ keit, sprunghaft vorzugehen, ohne sich um die Folgerichtigkeit des Geschehens viel zu kümmern; aber Ueberzeugungskraft hat das nicht. Ein moderner Don Juan, der seine Frau fortgesetzt in der gewissenlosesten Weise mit anderen betrügt und sie gleich⸗ zeitig eifersüchtig bewacht, frohlockt, als sie, die von ihm sonst Vernachlässigte, sich in einer schwachen Stunde einen Febltritt zuschulden kommen läßt, weil er nun nicht mehr der Allein⸗ schuldige im Hause ist; dann aber geht er hin und schießt den Verführer im Duell kaltblütig über den Haufen. Daß seine wahre Liebe trotz allem allein dieser Frau gehörte, kann man unmöglich glauben. Es ist und bleiht ein konstruterter Fall, der keine Teilnahme zu erwecken vermag. Fesselnd war nur das Drum und Dran, der ungezwungene und witzige Plauderton der vielen zum Teil vor- trefflich beobachteten Nebenpersonen und im dritten Akt als lebensvolles Bühnenbild das Getriebe im Flur eines Alpenbotels. Die Darstellung war, wie schon gesagt, des Lessingtheaters windig. Herrn Monnard gelang es fast, dem komplizierten Charakter des Helden wirkliches Leben einzuhauchen, und auch Frau Triesch batte als dessen Gattin trotz aller Unwahrscheinlichkeiten ihrer Rolle starke Momente. Unter den Vertretern der wichtigsten Nebenrollen seien die Damen Sussin, Grüning und Herterich, die Herren Marr, Stieler, Reicher genannt.
Die für Montag, den 23. Oktober, im Koͤniglichen Opern⸗ hause angekündigte Aufführung der „Weißen Dame“ muß ein. getretener Hindernisse wegen auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden.
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An ihrer Stelle wird am nächsten Montag „Der Waffen⸗ schmied“ gegeben. Die für die 226. Abonnementsv