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Bemerkungen. Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner Ein liegender Strich (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.)
Berlin, den 23. Oktober 1911.
Noch: Gerste. 15,60 — 14,80
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14. 10. 14. 10. 14. 10. 14. 10. 14. 10. 14. 10. 14. 10. 14. 10. 14. 10.
17,80 17,78 18. 10. 17,80 17,71 18. 10.
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18,78 19,10 19,44 18,91 18,44 19,34 18,84 18,78 20,25
und der Verkaufswert auf volle Mark abgerundet mitgeteilt. Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.
Deutscher Reichstag. 194. Sitzung vom 21. Oktober 1911, Vormittags 11. Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.) 8
Auf der Tagesordnung steht zunächst die zweite Beratung
des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Kolonial⸗ und Konsulargerichtshofes.
Die Rede des Abg. Dr. Müller⸗Meiningen (fortschr. 23 ist in der vorgestrigen Nummer d. Bl. mitgeteilt worden.
Staatssekretär des Reichskolonialamts Dr. von Lindequist: Mieeiine Herren! Der Herr Abg. Müller (Meiningen) hat eben an dem Gesetzentwurf, wie er von der Kommission angenommen worden ist, ganz besonders beanstandet, daß er nicht in allen Punkten dieselben Garantien für den obersten Gerichtshof biete, wie das bei unseren heimischen obersten Gerichten der Fall ist, namentlich auch dadurch nicht, daß ein Sachverständiger, der ein Verwaltungsbeamter mit richter⸗ lichen Qualifikationen sein soll, binzugezogen wird. Gerade mit Rücksicht auf das, was der Herr Abg. Müller (Meiningen) eben angeführt hat glaube ich, daß es notwendig ist, etwas genauer und ausführlicher
auf die große Verschiedenartigkeit der Verhältnisse unserer Gerichts⸗ verfassung in den Kolonien und in der Heimat einzugehen.
Meine Herren, als es sich seinerzeit darum handelte, in den Schutzgebieten die Gerichtsverfassung zu organisieren, da sah sich der Reichs⸗ gesetzgeber gezwungen, von der Einführung der Vorschriften des deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes abzusehen. Es ließ sich nicht ver⸗ kennen, daß die Verschiedenartigkeit der Verhältnisse im Reich und in den Schutzgebieten eine so große war, daß eine Uebertragung der heimischen Vorschriften auf unsere Schutzgebiete sich verbot. Die Regelung der Gerichtsverfassung erfolgte infolgedessen in Anlehnung an diejenigen Bestimmungen, welche nach dem Konsulargerichtsbarkeitsgesetz für die Rechtsprechung in den Konsulargerichtsbezirken Geltung hatten. An die Stelle des Konsuls, wie er dort vorgesehen ist, tritt in den Kolonien der Bezirksrichter.
Die Gerichte sind nun in der Art organisiert, daß für die kleineren Straf⸗ und Gerichtssachen und für Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Bezirksrichter allein zuständig ist, während für größere Zivilsachen und die mittleren Strafsachen das Bezirks⸗ gericht, d. h. der Bezirksrichter unter Zuziehung von zwei Laien⸗ mitgliedern, entscheidet. Bei den schweren Strafsachen sind von dem Bezirksrichter zwei weitere, also im ganzen vier, Laienmitglieder
Diese Beisitzer haben im allgemeinen die recht⸗ unserer Schöffen. Als Gericht 2. Instanz wurde zunächst beim Reichsgericht ein Berufungs⸗ und Be⸗ schwerdegericht eingerichtet; es hat sich aber bald heraus⸗ gestellt, daß eine umfangreichere Prüfung der Tatsachen bei einem heimischen Gericht, dem außerdem die Kenntnis in den Kolonien fehlte, unzweckmäßig war; infolgedessen ist durch eine Novelle vom Jahre 1888 zu dem Schutzgebietsgesetz be⸗ stimmt worden, daß es Kaiserlicher Verordnung vorbehalten bleiben sollte, in den Schutzgebieten besondere Gerichte zweiter Instanz zu schaffen. Von dieser Kaiserlichen Ermächtigung ist für alle Scqutz⸗ gebiete Gebrauch gemacht worden, es sind dort Obergerichte ein⸗ gesetzt worden, welche in der Besetzung mit einem Oberrichter und vier Laienrichtern entscheiden.
Meine Herren — und hierauf möchte ich Sie ganz besonders hin⸗ weisen, gerade gegenüber dem, was vorhin von dem Herrn Abg. Müller ausgeführt ist —, die Organisation der Gerichtsverfassung in den Schutzgebieten ist, wie meine bisherigen Darlegungen Ihnen schon bewiesen haben dürften, gänzlich verschieden von derjenigen unserer heimischen Gerichte; insbesondere, fehlen diejenigen Bestimmungen, welche in dem Gerichtsverfassungsgesetz über die Unabhängigkeit der
hinzuzuziehen. liche Stellung
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Richter gegeben sind. Dafür sieht die Organisation der Schutzgebiets⸗ gerichte den besonderen Verhältnissen und Bedürfnissen der Kolonien angepaßte Maßnahmen vor.
Die endgültige Entscheidung in Zivil⸗ und Strafsachen durch die Obergerichte unter Mitwirkung nur eines gelehrten Richters führte dann aber mit der Zeit bei der weiteren Entwicklung unserer Schutz⸗ gebiete doch zu Bedenken, und aus den Kreisen der Bevölkerung selbst wurde der Wunsch laut nach einer obersten Instanz für die Nach⸗ prüfung der Rechtsfrage. Am lebhaftesten ist dieses Bedürfnis in dem mit Weißen am meisten besiedelten Schutzgebiete Deutsch⸗Südwestafrika hervorgetreten. Der Kaiserliche Ober⸗ richter in Deutsch⸗Südwestafrika hat aus eigenem Antrieb diesem Wunsche Rechnung getragen, indem er in einem Bericht vom 11. März 1909 auf diesen Punkt hinkommt. Ich möchte ein paar kurze Sätze aus diesem Bericht hier verlesen zu dürfen bitten; er sagt da:
Die Fälle, in denen hier Streitfragen von größter Wichtig⸗ keit und Tragweite zur Entscheidung gelangen, haben sich derart gemehrt, daß ich den Wunsch der Bevölkerung nach einer Revisions⸗ instanz, wie schon wiederholt, so jetzt erneut warm unterstützen möchte. So wichtige Entscheidungen sollten einem Kollegium von Berufsrichtern unterbreitet werden. Weiter würde mit der Errichtung eines heimischen Revisionsgerichts auch eine größere Stetigkeit in der Rechtsprechung erzielt werden als bisher. Hier haben wenigstens die Oberrichter so häufig gewechselt, daß eine endgültige Rechtsprechung besser einem solchen Wechsel nicht unterworfen würde.
Der Gouverneur hat sich in seinem Begleitbericht diesem Bericht des Oberrichters voll und ganz angeschlossen. Wenn nun auch das Bedürfnis nach einer weiteren dritten Instanz ganz besonders im deutsch⸗ südwestafrikanischen Schutz⸗ gebiet zu Tage getreten ist, so war es doch auch in den anderen Schutzgebieten vorhanden. Die wesentlichsten Gründe für die Not⸗ wendigkeit sind: die große rechtliche und wirtschaftliche Tragweite einer großen Anzahl von Rechtestreitigkeiten, die Unmöglichkeit, immer unbefangene Beisitzer zu finden, und die Gefahr, daß eine Zer⸗ splitterung der Rechtsprechung der verschiedenen Schutzgebiete eintritt, da die einzelnen Obergerichte dieselben Rechtsprinzipien ganz ver⸗ schieden auslegen konnten, ohne daß die Möglichkeit vorhanden war, einen Ausgleich durch ein oberstes Gericht zu schaffen. Meine Herren, die zur Beratung dieses Gesetzes eingesetzte Kom⸗ mission des hohen Reichstages hat die Bedürfnisfrage als solche für begründet erachtet. Die Frage, in welcher Form das vorhandene Be⸗ dürfnis nun zu befriedigen ist, beantwortet der Gesetzentwurf dahin, daß er die Errichtung eines obersten Gerichtshofes für Kolonial⸗ und Konsularsachen mit dem Sitz in Berlin vorschlägt. Gegen diesen Vorschlag ist geltend gemacht worden — und wenn auch der Herr Vorredner das gerade nicht besonders hervorgehoben hat, so glaube ich doch, noch einmal darauf eingehen zu müssen —, daß es einfacher sei, die Revision dem Reichsgericht zu übertragen. Dem ist ent⸗ gegenzuhalten, daß zwar die Geschäftslast des Reichsgerichts durch das Gesetz vom 22. Mai 1910 vermindert worden ist, daß es aber doch sehr bedenklich wäre, demselben nun neue, noch dazu besonders ge⸗ artete Geschäfte zu übertragen. Es gilt dies um so mehr, als gerade in der Begründung des Gesetzentwurfes darauf hingewiesen worden ist, daß dem Reichsgericht die Uebertragung der Konsularsachen künftig abgenommen werden und dafür ein besonderer Kolonial⸗ und Konsular⸗ gerichtshof begründet werden solle. Außerdem ist es in hohem Maße wahr⸗ scheinlich, daß infolge der raschen Entwicklung der Schutzgebiete das Be⸗ dürfnis nach einer Ausdehnung der Revision bald Platz greifen würde, und das wäre, soweit es sich übersehen läßt, nicht möglich, wenn das Reichsgericht als Revisionsinstanz bliebe. Bei den Beratungen hat dann eine große Rolle gespielt die Frage, wie groß die Geschäftslast des Gerichts sein würde. Auf Wunsch der Kommission ist eine Statistik beigefügt worden, welche Sie im Kommissionsbericht finden. Trotz dieses Materials ist es nicht möglich gewesen, die Geschäfte, die das neue Gericht voraussicht⸗ lich haben wird, auch nur einigermaßen zu übersehen. Diesem Umstande trägt nun der Entwurf Rechnung — und das ist ja auch ein Punkt, der in der Kommission vielfach erörtert und teilweise angegriffen ist —, indem er davon ausgeht, daß der Gerichts⸗ hof nur aus Richtern besteht, die ihre Tätigkeit im Nebenamt ausüben. Da nicht abzusehen ist, ob die Mitglieder des Gerichts voll be⸗ schäftigt sein werden, so mußte es schon im Interesse der Reichs⸗ finanzen, und um nicht ungenügend beschäftigte neue Beamtenstellen zu schaffen, ausgeschlossen erscheinen, Richter im Hauptamt anzustellen. Erst die Zukunft kann lehren, ob ein Bedürfnis zu einer Berufung von Richtern im Hauptamte notwendig sein wird. Im übrigen gewährt aber der Entwurf — und das möchte ich gerade gegenüber den Ausführungen des Herrn Vorredners hervorheben — alle Garantien für eine einwandfreie Rechtsprechung. Wie im Reichsgericht kann Mitglied dieses Gerichtshofes nur werden, wer die Befähigung in einem Bundesstaat erworben hat und das 35. Lebensjal r vollendet hat. Ferner finden die Bestimmungen des Reichsbeamtengesetzes über die Disziplinarstafen ebenso wie bei den Mitgliedern des Reichsgerichts keine Anwendung Für die Enthebung vom Amte und die Versetzung in den Ruhestand sind ebenfalls dieselben Garantien gegeben wie beim Reichsgericht, sodaß es sich also nur darum handelt, daß die Richter hier nicht im Hauptamte, sondern im Nebenamte beschäftigt werden. (Zuruf links: Verwaltungsbeamter!) — Auf den komme ich sofort. — Die Mitglieder des Gerichtshofs sollen nun nach § 5 des Entwurfs, wie er von der Kommission genehmigt worden ist, falls sie nicht gleichzeitig ein sonstiges Amt im Reiche oder in einem Bundesstaate bekleiden, auf Lebenszeit, anderenfalls auf die Dauer des von ihnen sonst bekleideten Amts ernannt
werden. Der Gerichtshof entscheidet dann nach § 7 in der Besetzung von fünf Mitgliedern mit Einschluß des Vor⸗ sitzenden.
Bei jeder Entscheidung müssen mindestens vier Mitglieder. mitwirken,
welche die vorher angegebene Qualifikation besitzen. Endlich ist in einem weiteren Abs. 3 des § 7 bestimmt, daß bei Rechtsstreitigkeiten, in welchen der Fiskus des Reichs oder eines Bundesstaats oder eines Schutzgebiets beteiligt ist, nur Mitglieder dieser Art mitwirken dürfen, — eine wesentliche Bestimmung, welche durch die Kommission bineingebracht worden ist, und mit welcher die verbündeten Regie⸗ rungen sich einverstanden erklärt haben. Ich werde auf diesen Punkt nachher noch besonders zurückkommen. “ 1
Die Regierung beabsichtigt nun — und das ist ja ein wesent⸗ licher Punkt der Meinungsdifferenz —, als fünftes Mitglied einen mit denkrechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Schutzgebiete besonders vertrauten Sachverständigen, voraussichtlich einen vortragenden Rat, der draußen in den Kolonien schon richterliche oder vielmehr oberrichterliche Befugnisse bekleidet hat, zu ernennen. Dem gegenüber ist nun soeben wieder darauf hingewiesen worden, es handle sich bei dem Gerichtshofe um ein in Deutschland domi⸗ ziliertes Gericht höherer Ordnung. Für die deutschen Gerichte gelte aber als eines der wichtigsten Prinzipe dasjenige der Trennung von Justiz und Verwaltung und der Unabsetz⸗ barkeit der Richter. (Sehr richtig! links.) Diese Bedenken können indessen für den Kolonial⸗ und Konsulargerichtshof als berechtigt nicht anerkannt werden. Bereits im Eingang habe ich ausdrücklich darauf hingewiesen, wie grundsätzlich verschieden die Organisation der Gerichte im Inlande und in den Schutzgebieten ist. Während für die ersteren die Garantien des Gerichtsverfassungsgesetzes geschaffen sind, gelten sie für die letzteren nicht. Unberechtigt ist es daher meines Erachtens, die Qualifikation des Gerichtsverfassungs⸗ gesetzes, welche der Reichsgesetzgeber selbst für die übrigen kolonialen Gerichte nicht als möglich angesehen hat, nun für den Kolonialrichter letzter Instanz aus dem Grunde zu fordern, weil der oberste Gerichtshof ein inländisches Gericht sei. Diese Eigen⸗ schaft würde ihm nur zukommen, wenn er Rechtsstreitig keiten des Inlandes zu entscheiden berufen wäre. Träfe dies zu, so würde es begreiflich sein, der inländischen Bevölkerung auch in diesem Falle die inländischen Garantien in der Eigenschaft eines Richters zu geben. Dieser oberste Gerichtshof, den wir jetzt zu schaffen versuchen, ist aber überhaupt nicht berufen, inländische Streitigkeiten zu entscheiden; das kommt gar nicht in Frage; seine Zuständigkeit beschränkt sich lediglich auf die Kolonial⸗ und Konsularsachen, also auf Prozesse außerhalb des Reichsgebietes. Der Gerichtshof würde in seiner Rechts⸗ natur in nichts umgestaltet sein, wenn er beispielsweise anstatt in Berlin in einem für die Verbindung mit den übrigen Kolonien bequem gelegenen Schutzgebiete errichtet würde.
Es handelt sich überhaupt nicht um einen Bruch mit einem inländischen Prinip; vielmehr handelt es sich darum, inwieweit es möglich ist, ein inländisches Prinzip auf ein nicht für das Inland tätiges Gericht auszudehnen.
Meine Herren, die verbündeten Regierungen sind dem in der Kommission dieses hohen Reichstags sich zeigenden Bestreben auf möglichste Annäherung an die heimischen Gesichtspunkte in weitem Umfange entgegenkommen. Sie haben sich damit einverstanden erklärt, daß anstatt zweier, wie es in dem Regierungsentwurf vorgeschlagen war, nur ein Sachverständigenmitglied an den Gerichtsentscheidungen teilnehmen darf. Ferner sollen alle Streitigkeiten, in welchem der Fiskus des Reiches, eines Bundesstaates oder eines Schutzgebies be⸗ teiligt ist, nur von denjenigen Mitgliedern, die ich kurzweg als die rein richterlichen bezeichnen möchte, entschieden werden. Damit zeigt die Regierung gerade, daß es ihr obsolut fern liegt, hier irgend etwas pro fisco zu wollen, sondern daß es ihr lediglich darauf ankommt, daß wenigstens ein Mitglied in dem Kollegium vorhanden ist, dem aus eigener Anschauung wirklich die Verhältnisse draußen bekannt sind. Daß nun dieses Mitglied einen so schweren Stand haben sollte, wie der Herr Abg. Müller es meint, kann ich in keiner Weise anerkennen. Es sind Fälle, in denen der Fiskus Partei ist, von vornherein bekannt, und bei ihnen wirkt er eben einfach nicht mit.
Die Kommission hat nun auch erfreulicherweise dieses Entgegen⸗ kommen der Regierungen anerkannt und sich vor einer Ueberspannung eines zwar im Inlande, keineswegs aber für die Kolonien geltenden Prinzips be⸗ wahrt. Die Erwägungen, welche die Regierung bestimmeen, an der Möglichkeit der Beiordnung eines kolonialen Sachverständigenfestzuhalten, sind für die Regierungen in solchem Maße zwingend, daß eine Ab⸗ änderung des Gesetzes in diesem Punkte — wie das schon in der Kommission zum Ausdruck gebracht worden ist — es zum Scheitern bringen wird. (Hört! Hört! links.)
Angesichts der Ausführlichkeit des Kommissionsberichts über die für die Notwendigkeit dieses Sachverständigen vorgetragenen Gründe kann ich mir hier ein weiteres Eingehen ersparen. Der wesentlichste Vorzug der Entscheidungen der Obergerichte draußen in den Kolonien, daß sie von Männern gefällt werden, bie mit den Verhältnissen vertraut sind, über welche sie zu entscheiden berufen sind, würde einem ohne kolonialen Sachverständigen zusammengesetzten Gerichte fehlen. Die Kenntnis der tatsächlichen und rechtlichen Ver⸗ hältnisse und Bedürfnisse der Schutzgebiete ist für das Gericht aber um so notwendiger, als die Beschlüsse der Kommission, denen die Regierung zugestimmt hat, seine Zuständigkeit über den Regierungs⸗ entwurf hinaus ausgedehnt haben. Es soll ihm danach eine gewisse Nachprüfung der Tatsachen gestattet sein. Da der Sachverständige — wie ich vorhin schon ausgeführt habe — nicht fiskalische In⸗ teressen wahrnehmen soll — das muß ich immer von neuem betonen —, sondern lediglich die Sicherheit dafür bieten soll, daß die erforderliche Kenntnis der kolonialen Verhältnisse im Richter⸗ kollegium vorhanden ist, kann der auch bei den Kommissionsberatungen vorgeschlagene Weg, den Sachverständigen in der mündlichen Ver⸗ handlung als Vertreter des Staates zur Wahrnehmung des öffent⸗ lichen Interesses — etwa der Stellung des Staatsanwalts bei Ehe⸗ scheidungen entsprechend — tätig werden zu lassen, wie das hier auch heute von neuem wieder von dem Herrn Vorredner beantragt worden ist, nicht betreten werden. Eine bloße Beteiligung an der mündlichen Verhandlung würde unseres Erachtens nicht verhindern können, daß bei der Beratung infolge mangelnden Vertrautseins mit den kolonialen Verhältnissen unrichtige Erwägungen Platz greifen. Außerdem muß es bedenklich er⸗ scheinen, eine Rechtseinrichtung zu schaffen, für die sich weder im Prozeßrecht des Reiches noch in der der Schutzgebiete ein Vor“⸗ gang findet.
Ein zweiter Punkt, welcher Befürwortung und Widerspruch ge⸗ funden hat, ist der Sitz des Gerichts gewesen. (Zuruf links: darüber soll später gesprochen werden!) — Gut, dann werde ich hierauf später zurückkommen und werde die Ausführungen, die ich noch über die Zuständigkeit des Gerichts zu machen habe, mir ebenfalls auf einen späteren Zeitpunkt versparen.
Die Schwierigkeiten, welche sich der Durchberatung des Ent⸗ wurfs in der Kommission entgegengestellt haben, sind große gewesen. Sie beruhen — wie ich das eben schon ausgeführt habe — im
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darauf, daß es sich bei der Schaffung dieses obersten Kolonial⸗ und Konsulargerichtshofs um eine oberste Instanz handelt, die zwar im Inlande ihren Sitz hat, die aber andererseits die besonderen kolonialen und über⸗ seeischen Bedürfnisse berücksichtigen muß; Gesichtspunkte, die unseres Erachtens geradezu entscheidend sein müssen. Es besteht die Gefahr, nicht die Bedürfnisse und die Verhältnisse der Kolonien zu berücksichtigen, sondern die Anschauungen über die Organisation und das Verfahren inländischer Gerichte zu Grunde zu legen.
Die verbündeten Regierungen sind im Interesse des Zustandekommens des dringend notwendigen Gerichtshofes in ibren Zugeständnissen an die Bestrebungen, inländische Prinzipien auf den obersten Kolonialgerichtshof zu übertragen, bis an die äußerste Grenze dessen gegangen, was sie mit Rücksicht auf die besonderen kolonialen Bedürfnisse vertreten zu können glauben. Es wird nun Sache des hohen Reichstags sein, in seinen Beschlüssen die Rücksichtnahme auf die Kolonien nicht vermissen zu lassen und nicht zum Schaden der notwendigen Reformen der kolonialen Rechtsprechung inländische Prinzipien in einem solchen Maße zu überspannen, daß sie einen, den überseeischen Bedürfnissen nicht entsprechenden Gerichtshof zeitigen würden.
Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Kiderlen⸗ Waechter:
Melne Herren! Indem ich mich den Worten des Herrn Staats⸗ sekretärs des Reichskolonialamts anschließe, möchte ich nur kurz einige Punkte hervorheben, welche den neu zu schaffenden Gerichtshof als Konsulargerichtshof betreffen.
Der Herr Abgeordnete Müller⸗Meiningen hat gesagt, bisher hätte die Uebertragung der Rechtsprechung in letzter Instanz über Konsular⸗ sachen an den Reichsgerichtshof zu keinen Anständen geführt; wenn man also auch einen besonderen Kolonialgerichtshof gründen wollte, sei es doch nicht nötig, einen besonderen Konsulargerichtshof zu gründen. Ich möchte dem entgegenhalten, daß wir ganz besonderen Wert darauf legen müssen, wenn ein Kolonialgerichtshof geschaffen wird, daß dem auch der Konsulargerichtshof angegliedert wird, und zwar im Interesse einer Einheitlichkeit der Rechtsprechung, und damit auch im Interesse des Ansehens unserer Recht⸗ sprechung und des Vertrauens auf unsere Rechtsprechung. Die Verhältnisse in den Konsularbezirken und in unserem Schutz⸗ gebiet sind so ineinandergreifend, so ähnlich, so gleich⸗ artig, daß da eine Uebertragung der obersten Rechtsprechung an ver⸗ schiedene Gerichtshöfe sehr bedenklich wäre. Ich will nur als Bei⸗ spiel die Gleichmäßigkeit der Verhältnisse in unserem chinesischen Schutzgebiet und in unseren chinesischen Konsularbezirken anführen.
Ein weiterer und für mich durchaus durchschlagender Grund, daß wir einen besonderen Konsulargerichtshof brauchen, liegt darin, daß wir die Tätigkeit dieses Gerichtshofs in einer Weise ausdehnen wollen, daß nach der Anschauung der Justizverwaltung es absolut ausgeschlossen ist, auch damit noch das Reichsgericht zu betrauen. Wir wollen nämlich die freiwillige Gerichtsbarkeit im Auslande an unsere Konsuln auch in denjenigen Konsularbezirken übertragen, wo wir eine streitige Konsulargerichtsbarkeit nicht haben. Wir haben die völkerrechtlichen Grundlagen für eine solche Ausdehnung der Tätigkeit unserer Konsuln geschaffen in Verträgen mit Rußland, Italien, Spanien, Schweden, Griechenland. Es sind weiter derartige Verträge in Vorbereitung, die dem Hause werden vorgelegt werden. Wir schaffen damit für unsere Deutschen draußen ein ungeheuer wichtiges Institut. Wir wollen dieser Einrichtung die staatsrechtliche Grundlage geben in einem neuen Konsulargesetz, das Ihnen vorgelegt werden wird, und dessen Entwurf bereits vollständig ausgearbeitet worden ist.
Wenn wir also die Notwendigkeit dieses Konsulargerichtshofes betonen müssen, so möchte ich noch einmal der pielbestrittenen Punkt der Teilnahme eines Rats des Auswärtigen Amts in diesem Gerichts⸗ hofe berühren. Wir brauchen absolut nicht nur einen großen theoretischen Kenner des Völkerrechts, sondern wir brauchen in dem Gerichtshofe einen Mann, der in täglicher Fühlung mit allen Er⸗ scheinungen auf dem Gebiete des internationalen Rechts steht. Das Völkerrecht ist kein geschriebenes und kodifiziertes Recht, es ist eine fluktuierende Materie, bei der oft neue Prinzipien aufgestellt werden, häufig Prinzipien, über die wir uns mit anderen Staaten geeinigt haben. Wir brauchen absolut den Beirat dieses Mannes bei den häufigen Konflikten, die gerade bei der Konsulargerichtsbarkeit ent⸗ stehen, zwischen den Entscheidungen der Konsulargerichte und der ein⸗ heimischen Gerichtsbarkeit, auch der Konsulargerichtsbarkeit der anderen Staaten.
Wir müssen deshalb den allergrößten Wert darauf legen, daß der Rat des Auswärtigen Amtes, der diese Kenntnisse hat und diese Kenntnisse sich täglich erhält und erweitert, in dem Kollegium ist undan den Beratungen in freier Diskussion teilnimmt. Das kann nicht dadurch geschehen, daß er als Sachverständiger gehört wird oder etwa als Staatsanwalt fungiert, er muß sich in freier Rede während der Be⸗ ratungen mit den anderen Herre aussprechen und sie auf die einzelnen Punkte aufmerksam machen können. Meine Herren, ich möchte gerade mit Rücksicht auf die von uns beabsichtigte Ausdehnung unsexer frei⸗ willigen Gerichtsbarkeit deshalb den allerwärmsten Appell an die Gefühle richten, die der Reichstag so oft für unsere Deutschen im Auslande geäußert hat. (Zuruf links: Die wollen den Verwaltungs⸗ beamten nicht!) — Es handelt sich da um die Schutzgebiete. Unsere Deutschen im Auslande werden ganz gewiß die freiwillige Gerichts⸗ barkeit haben wollen, sie legen den allergrößten Wert darauf, ihr Erbrecht nach heimischem Recht und von heimischen Beamten be⸗ handelt zu sehen. Ich bitte Sie einmal freundlichst, die Deutschen im Auslande zu fragen, ob das nicht der Fall ist, und eben im Inter⸗ esse dieser Deutschen, weil damit ein neues Band zwischen ihnen und ihrer Heimat geschlungen wird, gerade in deren Interesse bitte ich Sie, dem Gesetzentwurf in einer den verbündeten Regierungen an⸗ nehmbaren Form zuzustimmen. (Bravo! rechts.)
Abg. Dr. Wagner⸗Sachsen (dkons.) zur Geschäftsordnung: Die Vorlage ist so plötzlich auf die Tagesordnung gekommen, daß wir bei der kurzen Frist nicht in der Lage waren, uns über diesen Punkt zu verständigen
wesentlichen
§§ 3 bis 7 an die Kommission zurückzuverweisen.
Abg. Dr. Junck (nl.) zur Geschäftsordnung: Der Kommissions⸗ bericht stammt vom 17. Mai. Es war also Zeit genug, daß sich der Reichstag auf die Beratung des Entwurfs vorbereiten konnte. Das einzige wäre, die Beratung von der Tagesordnung abzusetzen. Ich
verspreche mir von der Zurückverweisung an die Kommission nichts
Gutes, und im übrigen: Timeo Dandos et dona ferentes.
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er⸗ Die große Zahl der vorliegenden Anträge macht es nötig, Kompromisse zu finden. Ich beantrage deshalb, die