Qualität
gering
Gezahlter Preis fü
mittel
½ 1 Doppelzentner
gut
4⁴.—
ℳ
ℳ
ℳ
niedrigster höchster niedrigster höchster niedrigster höchster
ℳ ℳ
Verkaufte Menge
Doppelzentner
Außerdem wurden am Markttage (Spalte 1) nach überschläglicher Schätzung verkauft Doppelzentner (Preis unbekannt)
Am vorigen Markttage
Durch⸗ schnitts⸗ preis
Verkaufs⸗
wert
zentner dem
ℳ ℳ
13,71
17,00 13,00 17,50
16,80 16,00
Allenstein.. Eeeö“ Schneidemühl. Breslau.. Glaz. Glogau. Neustadt O.⸗S. Hannover. Hagen i. W.. Memmingen . Waldsee. Pfullendorf..
eubrandenburg Saargemünd .
aanAinini—agmggmgmgN a
Allenstein Theorn— Schneidemüh GPresst. Z11““ ““; Neustadt O.⸗S. Hannover. Emden. Hagen i. W. ö6 EE11“” “ Memmingen . Schwabmünchen Waldsee.. Pfullendorf.. ͤüNIV“ Schwerin i. Mecklb. Neubrandenburg Saargemünd.
Die verkaufte
Bemerkungen.
in liegender Strich (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung,
1 Berlin, den 25. Oktober 1911.
8
13,71
17,00 13,40 17,50
17,20 16,60
15,40
16,75 16,90 15,50
15,80 19,00 18,50
daß d
14,86 17,30 17,50 13,50 18,00 19,20 17,60 16,60 16,00 20,60 20,60 19,80
16,10 17,40 17,25 17,00 16,00
16,00 19,60.
19,00
17,00 18,80 19,10 18,00 18,86 18,00
18,00
Gerste.
14,86 17,50 17,50 14,20 18,00 19,60 18,00 17,60 16,00 20,80 20,80 20,60
16,10 17,60 17,25 17,20 16,10 16,60 19,80 19,00
17,00 19,20 19,30 18,30 19,10 19,20
18,00
16,00 17,60 18,00 14,80 18,50 19,80 18,40 19,00 16,50 21,00
19,00 19,00 a fer. 16,80 17,80 17,75 17,30 16,50 18,00 16,70 20,00 17,80 19,50 18,00 18,00 19,40 19,50 18,60
19,00 18,20 19,00 19,00
van der Borght.
Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswert auf volle Mark abgerundet mitgeteilt. er betreffende Preis nicht vorgekommen ist,
ein Punkt (.) in den Kaiserliches Statistisches Amt. 3
8
1 500
100
15 184 214 107 197
14
600
20. 10. 20. 10.
20. 10. 17. 10.
17. 10. 17.10. 17. 10. 17. 10. 17. 10.
438 350
2 246
11 880 863
5 956
3 697
20. 10. 20. 10.
20. 10. 17. 10.
20. 10.
17. 10. 23. 10.
17. 10. 17. 10. 17. 10. 17. 10. 18. 10.
17. 10 4 000 I
18,25 17,50
19,30 18,30 18,88 18,70 19,00
18,80 19,00
19,06 18,70 19,00
19,00 19,00
11 40
Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.
letzten sechs Bericht fehlt.
“ 8
Spalten, daß entsprechender
Großhandelspreise von Getreide an deutschen und fremden Börsenplätzen
für die Woche vom 16. bis 21. Oktober 1911 nebst entsprechenden Angaben für die Vorwoche. 1000 kg in Mark.
(Preise für greifbare Ware, soweit nicht etwas anderes bemerkt.)
Woche
16./21.
Oktober 1911
Da⸗
gegen Vor⸗ woche 181,44 203,46 181,73
Roggen, guter, gesunder, mindestens 712 g das 1. 184,94 her. 8 1 g 8 „ 755 g das 1. 206,82 Hafer, . 450 g das 1. 185,02
Mannheim. Roggen, Pfälzer, russischer, mitttel. .. Weizen, Pfälzer, russischer, amerik., rumän., mittel Hafer, badischer, russischer, mittel. Gerst badische, Pfälzer, mittel.
e rustssche Futter⸗, mittel. MWM Wien. Roggen, Pester Boden.. ööFö Hefe, vngarichee. 1. .. Gerste, slovakische.. *“
Budapest. Mittelware..
193,75 227,43
194,38 227,50 191,67] 191,67 207,50 207,50 158,75 157,50 175,00 175,63
184,04 220,51 172,16 181,49 171,32
185,69 220,45 172,12 176,36
170,43
171,99 204,48 167,50 155,80 163,34
Roggen, Weizen, erste, Futter⸗ “ 8 Odessa.
Roggen, 71 bis 72 kg das hll.. 1 Weizen, Ulka, 75 bis 76 kg das hl. 12
7,3
Roggen Weizen
Hafer Gerste
1
Weizen
Mais -
Riga.
Roggen, 71 bis 72 kg das hll . Weizen, 78 bis 79 kg das ll .
Paris. lieferbare Ware des laufen
1u“
Antwerpen.
Donau⸗, mittel ... roter Winter⸗ Nr. 2
La Plata.
Kurrachee.. Kalkutta Nr. 2.
Amsterdam.
Asow..
5 95 o
St. Petersburger
Odessa.
amerikanischer W er, bunt
amerikanis
inter⸗
EE1“
London.
Qlark Ine).
engl. weiß 1
englisches Getreide, Mittelpreis aus 196 Marktorten (Gazette averages)
Liverpool. usI roter Winter⸗ Nr. 2 öö
Kurrachee. Australier
Odessa. amerikan.,
bunt .
Hafer, englischer, weißer. Gerste, Futter⸗.
Schwarze Kurrachee.
140,08 177,73
168,09 203,70
159,67 163,48 171,57 163,07 164,13
9
170,75 169,81 174,52 163,22 169,57
138,46 177,73
167,01 203,51
157,43 158,64 169,97 161,88 162,93
140,15 153,04 158,58 171,26
157,00 154,25 143,72 175,21
170,98 168,62 174,05 162,50 168,15 158,59 143,65 142,87 141,78 140,95
11“ “ Chicago.
Weizen, Lieferungsware
Dezember. ö. BEEEE Dezember.
KNeu Pokk.
roter Winter⸗ Nr. 2..
Lieferungsware ee
8 Dezember
154,89
Weizen 160,04
“ Weizen, Durchschnittsware.. ¹) Angaben liegen nicht vor.
Bemerkungen.
1 Imperial Quarter ist für die Weizennotiz an der Londoner Produktenbörse 504 Pfund engl. gerechnet; für die aus den Um⸗ sätzen an 196 Merktorten des Königreichs ermittelten Durchschnitts⸗ für einheimisches Getreide (Gazette averages) ist 1 Imperial
uarter Weizen = 480, Hafer = 312, Gerste = 400 Pfund engl. angesetzt; 1 Bushel Weizen = 60, 1 Bushel Mais = 56 Pfund englisch, 1 Pfund englisch = 453,6 g; 1 Last Roggen = 2100, Weizen = 2400, Mais = 2000 kg.
Bei der Umrechnung der Preife in Reichswährung sind die aus den einzelnen Tagesangaben im „Reichsanzeiger“ ermittelten wöchent⸗ lichen Durrfsehntsewe e nhes an der Berliner Börse zugrunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, für London und Liverpool die Kurse auf London, für Chicago und Keu York die Kurse auf Neu York, für Odessa und Riga die Kurse auf St. Peters⸗ burg, für Paris, Antwerpen und Amsterdam die Kurse auf diese Pläte. Preise in Buenos Aires unter Berücksichtigung der Goldprämie.
Berlin, den 25. Oktober 1911. saaiserliches Statistisches Amt.
—
van der Borght.
Deutscher Reichstag. 196. Sitzung vom 24. Oktober 1911, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.) Das Haus setzt die Besprechung der Interpellationen, be⸗
treffkend Teuerung der Lebens⸗ und Futtermittel, fort.
Ueber den Anfang der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Abg. Fuhrmann (nl.) in seinen Ausführungen fortfahrend: Der baverische Staatsminister von Brettreich hat in der bavpe⸗ rischen Kammer eine Reihe lehrreicher Ziffern über die Aufmärts⸗ bewegung unserer Lebensmittelpreise in den letzten 30 Jahren gegeben. Danach sind im Preise gestiegen: Ochsenfleisch um 53,6 %, Kalb⸗ fleisch um 72,9 %, Schweinefleisch um 41,9 %, Fische um 9 —12 %, Milch um 12 ½ %, Butter um 28 ½ %, Schmalz um 36 ½ %; dem steht nicht ein gleiches Anzieben der Viehpreise gegenuüber. Das Roggenbrot ist um 6,7 % im Preise gestiegen; dem stebt aber gegen⸗ über, daß das Rohprodukt um 25,9 % in seinem Preise gefallen ist. Wenn jetzt auf die hohen Preise hingewiesen wird, so darf man doch
aran erinnern, daß wir in diesen 30 Jahren 17 mal höhere Preise gehabt haben als jetzt. Der Staatsminister von Brett⸗ eich hat auch der Ansicht widersprochen, daß diese Steigerung eine Folge der Schutzzollpolitik sei. Die freisinnige „Rostocker Zeitung“ gibt zu, daß eine langsame, aber stetige Tendenz aller Hauptarten der Lebensmittel, im Preise zu steigen, nicht nur in Deutschland vorhanden sei, sondern auch andere Länder nicht verschont habe, sogar England nicht, dessen Zustände mmer als Hauptargument für den Freihandel angeführt werden. (Der
geboten
der herrse
zu unterziehen.
würde. D Frühjahr zeigt, daß
Henden Teuerung
zur Agitation benutzt würde. steht, weiß, daß gerade auf dem Gebiete der Wirtschaftspol⸗ großer Mangel an Kenntnissen vorhanden ist. Der Osten ist durch die Aufhebung der Staffeltarife geschädigt worden, sodaß er mit Recht verlangen konnte, daß ihm durch die Einfuhrscheine ein Aequivalent Die Denkschrift der verbündeten Regierungen vom
beigetragen hat, so müssen wir doch auch fest⸗ stellen, daß einen erheblichen Anteil an den Teuerungspreisen unsere adikale Großstadtpresse trägt, die durch ihr Geschrei einen erheblichen Anreiz für die Teuerung der Lebensmittel herbeigeführt hat. Ich habe dem Reichskanzler zu danken, daß er durch seine verschiedenen Maßnahmen der Steigerung der Preise entgegengetreten ist. Ich möchte auch weiter wie der Abg. Spahn zur Erwägung geben, ob es nicht möglich wäre, die Frage der Exporttarife einer genauen Prüfung Der Reichskanzler hat mit Recht bemerkt, daß das System der Einfuhrscheine ein sehr schweres Problem sei und darum leicht
Ein jeder, der im öffentlichen Leben
Vz
9
rtschaftspolitik ein
der Mehrausfuhr, die durch die Ausfuhrscheine
veranlaßt ist, eine Mehreinfuhr im Westen und in Süddeutschland gegenübersteht. Wir sehen daraus, daß das Einfuhrscheinsystem die Wirkung hat, die auch der Reichskanzler hervorgehoben hat, nämlich die ungleichen Bedingungen im Reich auf eine ge⸗ wisse Einheit zu bringen. Ich habe mich darüber gewundert, daß der Abg. Fegter gestern den Ausführungen des Abg. Oeser Beifall gezollt hat. Am 30. Januar 1909 hatte er ausgeführt, daß wegen der Ueberproduktion von Roggen in manchen Landesteilen die Einfuhrscheine allerdings nötig seien. Deshalb wollte der Abg. Fegter damals sogar dafür plädieren, daß die Ausfuhrscheine nicht nur für die Einführung von Roggen gelten sollten, sondern auf sämtliche Getreidearten ausgedehnt würden. Gestern hat aber der Abg. Fegter durch seinen Beifall bei der Rede des Abg. Oeser zu erkennen gegeben, daß er die Einfuhrscheine be⸗
Reichskanzler von Bethmann Hollweg erscheint am Bundesrats⸗ tisch.) Wenn wir auch anerkennen, daß die Dürre dieses Sommers zu
schränken will. Wenn heute die Herren auf der Linken be
haupten, daß durch die Einfuhrscheine der Reichskasse ein Schaden von vielen Millionen erwachse, so steht demgegenüber das Wort des Abg. Eugen Richter, daß ein vermehrter Ertrag der Einfuhrzölle die Kosten der Ausfuhrvergütung deckt. Wir haben schon 1909 durch einen Antrag die Einfuhrscheine auf Getreide beschränken und ihre Geltungsdauer von 6 auf 3 Monate herab⸗ setzen wollen. Ich bin dem Reichskanzler dankbar, daß er diesen Vorschlag für diskutabel, erklärt hat, bedauere aber, daß er nicht sogleich entschlossen damit vorgehen will⸗ Meine Freunde stehen auf dem Standpunkt, daß das Einfuhr⸗ scheinsystem seine Geltung auch für Kaffee und Petroleum nicht be⸗ halten darf. Ein Roggeneinfuhrschein sollte seine Geltung nur be der Einfuhr von Roggen oder Weizen, aber nicht auch von Hafer oder Futtergerste haben. Das würde auch den Interessen der Landwirt⸗ schaft und des Handels im Osten gerecht. Die Roggenausfuhr würde durch die dreimal so hohe Weizeneinfuhr Deckung finden. Die Land⸗ wirtschaft und der Handel des Ostens würden nicht erschwert werden. An unserem Zollschuͤtz wollen wir nicht rütteln lassen, aber die Aenderung des Einfuhrscheinsystems kann auch auf der Rechten Bedenken nicht er⸗ regen; hat doch ein hervorragendes Mitglied der Konservativen, der Oberbürgermeister Beutler in Dresden, die volle Abschaffung des Ein⸗ fuhrscheinsystems verlangt; auch die „Deutsche Tageszeitung“ erklärt diese Frage für keine Parteifrage, sondern eine Zweckmäßigkeitsfrage. Was die noch zu erwartende Viehpreissteigerung anlangt, so sind unsere Grenzen zum guten Teil für das ausländische Vieh offen, und die Grenzsperren bestehen aus sanitären Rücksichten. Der Abg. Spahn empfiehlt für die im Winter zu erwartende Preissteigerung die Zulassung des argentinischen Fleisches, und der, Deutsche Städtetag hat in seiner Eingabe darauf hingewiesen, daß in England Mißstände dadurch nicht eingetreten seien. Ich habe namens meiner
Freunde den Reichskanzler zu fragen, ob nicht durch die Entsendung deutscher beamteter Tierärzte nach Argentinten die Gewähr gegeben
werden könnte, daß das zu importierende allen Ansprüchen der Hvygiene genügt. wir dazu unsere Stellung nehmen. Der Reichskanzler möge aber bedenken, daß wir den Zollschutz für die Landwirtschaft auf die Dauer nur aufrecht erhalten können, wenn er mit dem Zu⸗ geständnis verknüpft ist, daß die notwendigen Lebensmittel den aärmsten Schichten nicht vorenthalten werden, und daß der Schutz der Land⸗ wirtschaft im Parlament nur dann eine Mehrheit finden wird, wenn für die landwirtschaftlichen Interessen in den übrigen Bepölkerungs⸗ keeisen wohlwollende Sympathie vorhanden ist. Man verlangt die Ermäßigung der Futtermittelpreise. Die Tatsache, daß der größte Teil der Futtermittel zollfrei eingeht, wird zu leicht vergessen. Der Reichskanzler sollte aber zusammen mit den großen Organisationen der Landwirtschaft, dem Bauernbund, dem Bund der Landwirte usw. er⸗ wägen, ob nicht bei der notwendigen Einfuhr von Mais und Futtergerste der Zoll vergütet werden kann. Wir befassen uns in der Ostmark mit der inneren Kolonisation, und wir wollen an unserer Ostmarkenpolitik fest⸗ halten. An der Anbaufläche für Brotgetreide ist die bäuerliche Bevölkerung mit 75 % der Gesamtfläche beteiligt, bei der Rindviehzucht mit 88 % und bei der Schweinezucht mit 93 % des Gesamtbestandes, das ist Ursache genug für die Regierung, der inneren Kolonisation erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Von der linken Seite erwartet man nur durch radikale Aenderung des Wirtschaftssystems eine Be⸗ seitigung der Teuerung, und der Abg. Oeser will das Wirtschaftssystem lediglich allmählich abbröckeln, weil nur durch Beseitigung des lückenlosen Zolltarifs die lückenlose Teuerung beseitigt werden könne. Es ist aber dem Hunde ganz gleich, ob man ihm den Schwanz mit einem Male oder in Stücken abschneidet, es wird sogar noch schmerzlicher sein, wenn man ihn in einzelnen Stücken abschneidet. Unsere Gründe für die Erhaltung des Zollschutzes sind vorwiegend notionaler Art, denn die Entwicklung in anderen Staaten zeigt, daß eine einmal verschwundene Landwirtschaft sich nicht wieder her⸗ stellen läßt. Wenn wir zu 95 % unseren Bedarf aus der eigenen Lundwirtschaft decken können, und wenn wir in London sehen, daß Streiks von einigen Tagen die Gefahr der Hungersnot greifbar näherrücken, so haben wir alle Veranlassung, unsere Landwirtschaft zu schonen. Wir haben dazu auch Veranlassung aus Gründen der all⸗ gemeinen Wehrpflicht, denn Berlin liefert nur ein Drittel Militär⸗ taugliche, während in den landwirtschaftlichen Teilen der Prozentsatz auf das Dreifache steigt. Unsere Wirtschaftspolitik macht uns vom Ausland unabhängig; seit deren Einführung 1878 ist die Bevölkerung um 40 % gestiegen, die Roggenproduktion aber um 47 %, die Weizenproduktion um 42 %, die Landwirtschaft kann unseren Bedarf an Brotgetreide decken. Ebenso ist unsere Viehproduktion bedeutend gestiegen. Das Freihandelsland England itt nicht so in der Lage, den heimischen Bedarf zu decken, wie wir. Denselben glänzenden Aufschwung sehen wir in der deutschen Industrie, in der Steigerung der Robeisen⸗ wie der Steinkohlenproduktion, denselben Aufschwung in den Ziffern unserer Ein⸗ und Ausfuhr. Die Ausfuhr der Fertigfabrikate, die nach der Argumentierung der Gegner der Schutzzollpolitik unter diesem System schwer hätte leiden müssen, weist den gleichen glänzenden Aufschwung auf. Die Statistik, die die Generalkommission der Gewerkschaften, also doch ein unverdächtiger Zeuge, aufgemacht hat, ergibt eine Zahl von Arbeitslosen, die hinter den gleichen Zahlen des freihändlerischen England weit zurückbleibt; es ist uns also unter diesem System gelungen, in ganz anderem Maße wie England der Bevölkerung Erwerbsgelegenheit zu verschaffen. Wenn wir beim Reichskanzler die Wärme des Tones vermißt haben, so müssen wir auch noch besonders bemängeln, daß er der Schwierigkeit, in welche die festbesoldeten Beamten, zumal die Unterbeamten, geraten sind, gar nicht gedacht hat. Hier muß je nach den lokalen Verhältnissen durch Teuerungszulagen geholfen werden, ebenso muß den von den Arbeitern in Staats⸗ betrieben gemachten Eingaben entgegengekommen werden, desgleichen den Altpensionären. Die Bezüge einer Reihe von Beamtenkategorien müssen aufgebessert werden. Das Steigen der Kultur bringt auch eine weitere Steigerung der Preise der Bedarfsgegenstände mit sich; nach der einmütigen Auffassung meiner politischen Freunde muß den Arbeitern das Recht der Koalition zur Erlangung besserer Löhne in vollem Umfange gewährleistet sein. Ja es ist vielleicht den Hin⸗ weisen auf angebliche Scharfmacherei gegenüber angezeigt, dies von der Tribüne aus zu betonen. Der Kanzler hat eine Wahl⸗ rede gehalten, das ist die allgemeine Auffassung seiner Rede. Wir werden in den Wahlkampf ziehen und unseren Mann stehen: wir geben aber zu erwägen, ob die Regierung sich nicht die Frage vorlegen sol.te, ob wirklich auch fernerhin unser Volk lediglich von einer bestimmten Klasse und deren politischen und religtösen An⸗ schauungen regiert werden soll. Der größte Feind unserer jetzigen Schutzzollpolitik ist der Bund der Landwirte, das Ueberagrariertum mit seinen übertriebenen Forderungen. Kommt ein Reichstag, der nicht nach dem Sinn der Agrarier ist, dann mögen sie an ihre Brust schlagen: mea culpa, mea maxima culpa! Bei den kommenden Wahlen wird es sich nicht handeln um die Entscheidung zwischen Freihandel oder Schutzzoll, sondern es wird über die gesamte deutsche Politik das Urteil abgegeben werden! Abg. Dr. Hoeffel (Rp.): Die Dürre des letzten Sommers und die dadurch hervorgerufenen Teuerungsverhältnisse sind in der Tat in der Presse ganz bedeutend nach der Richtung des politischen Geschäfte⸗ machens ausgenützt worden. Ohne jede Uebertreibung kann man sagen, daß diese Aktion auf die Teuerung selbst nicht zurückgeführt werden konnte. Bei nüchterner Prüfung kommt man zu dem Er⸗ sebnis, daß die verhältnismäßig geringe Beeinflussung der Preise durch die große Dürre nur die große Leistungs⸗ fähigkeit der deutschen Landwirtschaft dokumentiert bat. Wir bestreiten ja die momentane Teuerung gar nicht! Die Fleisch⸗ teuerung erkennen wir an und bedauern sie; namentlich die rtleinen Leute und die festbesoldeten Beamten werden davon be⸗ b troffen, und den letzteren muß irgendwie entgegengekommen werden. Aber wir müssen doch zu der Erkenntnis kommen, daß es sich bei der Teuerung um ein internationales Symptom handelt. In Oesterreich, Rußland und Belgien herrscht Teuerung, und doch ist gerade Belgien ein Freihandelsland. Nicht unsere Politik ist schuld an der Teuerung, sondern es sind dies ganz andere Umstände. Die Sozial⸗ demokraten verlangen Aufhebung der Zölle, Beseitigung der Einfuhr⸗ cheine und Oeffnung der Grenzen. Die Preise des Getreides waren unter dem Freihandelssystem höher als jetzt. In bezug auf Fleisch ist allerdings eine namhafte Erhöhung der Preise eingetreten, wenigstens bei Rind⸗, Kalb⸗ und Hammelfleisch. Die größte Preis⸗ keigerung von 1820 bis 1909 fiel aber auch in die Freihandels⸗ periode. Die Zollpolitik kann also nicht für die Preissteigerung ver⸗ antwortlich gemacht werden. Eine gleichmäßige Notierung der Fleisch⸗ preise in ganz Deutschland, wäre erwünscht. Unsere Zölle sind übrigens weit niedriger als die französischen, denen die dortigen ozialisten zugestimmt haben. Was hat die Oeffnung der Grenzen in Elsaß⸗Lothringen gegen Frankreich genützt? Gar nichts; die Folge war, daß das Fleisch in Frankreich teurer wurde. Die Frage der Aufbebung der Einfuhrscheine hat der Vorredner schon besprochen. aine Folge der Einführung der Eiafuhrscheine war jedenfalls, daß ie Getreideproduktion im Osten sich erheblich vermehrt hat. Der jetreideanbau und Export, der Ostseehandel, haben sich gehoben. licht nur die Anbauflächen haben sich in Deutschland vermehrt, andern auch die Erträge für das Hektar, in Ostpreußen sogar für Weizen We 9 8 18,6 %; bei den anderen Getreidcarten ist es ähnlich. 18 der Beurteilung der Teuerung ist nicht zu übersehen, mit llchen Verlusten die deutschen Landwirte bei den Viehseuchen 2* rechnen haben. Die Milchproduzenten haben sich aber trotz EE gegen eine Erhöhung der Milchpreise erklärt. Dabei 8 ve Kosten der Produktion auf dem Lande stets zu. hdden. etzten 20 Jahren haben die Löͤhne sich um das Dol pelte er⸗ Preije Da wäre es ein unbilliges Verlangen, daß ds vnefheble die sich 9 berniesiigen sollen. Der Fleischkonsum in Deutschland hat inem Kil letzten Jahren bedeutend erhöht; I nut mft baben Kilo hinter England zurück. Die allgemeinen LEEI1I c in Deutschland gesteigert, und da ist es kein Wunder,
argentinische Fleisch Je nach der Antwort werden
sich Faß . Gegenst5 16stoj 3 8 918 9 aß alle Gegenstände eine Preissteigerung von 10 bis 20 %
„
erfahren haben. Eine allgemeine Herabdrückung zu erreichen, wird sehr schwer sein. Gegen Naturereignisse, Dürre, Ueberschwemmungen, Leutenot läßt sich sehr wenig machen. Die Teuerung besteht nicht nur in Deutschland, sie ist international. Man darf auch nicht, übersehen, daß wir einen erweiterten Arbeitsmarkt haben. Die Ausfuhr hat gegen das Vorjahr bedeutend zugenommen. Bei uns im Süden haben wir keine großen Besitzungen, und doch halten die Bauern an der Aufrechterhaltung der Zölle fest. Der Abg. Scheidemann hat sich gestern den Kleinbauern gegenüber als vielen Gelegenheiten gezeigt, daß sie den Bauernstand beschimpft. Ich erinnere an den Parteitag 1894, wo nach dem offiziellen Parteitagsbericht die Bauern als rückständige Elemente bezeichnet worden sind, deren Unwissenheit die Sozialdemokratie nicht veranlassen könne, von ihren Prinzipien nachzulassen. Bei den letzten Wahlen ist die Aeußerung gefallen, daß die Konservativen noch einmal den Sieg davongetragen haben durch die Dummheit der ländlichen Bevölkerung. Die Kleinbauern würden bei der Durch⸗ führung der sozialdemokratischen Maßregeln ruiniert werden. Das zähe Festhalten der Kleinbauern an ihrem Eigentum ist eine Schranke, die Ihnen (zu den Sozialdemokraten) einen gewissen Widerstand entgegengesetzt hat. Sollte der Bauer einmal Ihren Grundsätzen zustimmen, so würde er den Ast absägen, auf dem er sitzt. Wir sind es auch dem kleinen Landwirte, sowohl im Westen wie im Süden des Reichs schuldig, daß wir trotz momentaner Teuerung nicht Maßregeln ergreifen, die seine Zukunft in irgendeiner Weise gefährden würden, und das würde durch die Aufhebung der Zölle geschehen. Es liegt im Interesse der Allgemeinheit, liegt aber auch im Interesse der kleinen und mittleren Bauern, daß wir nicht an unserem Wittschaftssystem rütteln. r sis Roar Nin17. . Fiir jrtschaf 8 5
8 Preußischer Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:
Meine Herren! Der Herr Abg. Scheidemann hat im Eingang seiner gestrigen Rede auch auf die bevorstehende Hungersnot hin⸗ gewiesen, und er hat sich in diesen Ausführungen in Uebereinstimmung befunden mit dem weitaus größten Teil der sozialdemokratischen Presse, die schon seit einer Reihe von Wochen immer wieder nicht allein von der Teuerung, sondern auch von dem Hungergespenst gesprochen und Verwahrung dagegen erhoben hat, daß seitens der Staatsregierung zur Abhilfe dieses außergewöhnlichen Notstandes nicht das geringste geschehen ist. Gegenüber dieser — ich will mich parlamentarisch aus⸗ drücken — Verkennung der tatsächlichen Verhältnisse (Heiterkeit. Zuruf von den Sozialdemokraten) — und das möchte ich gegenüber dem Herrn Abg. Fuhrmann betonen — hält es einigermaßen schwer, den warmen Ton zu finden, der bisher in den Aeußerungen der Vertreter der Bundesregierungen vermißt worden ist. Ich glaube, es ist not⸗ wendig — nicht gegenüber diesem hohen Hause, aber gegenüber der Oeffentlichkeit —, doch noch einmal in aller Klarheit und mit mög⸗ lichster Kürze darauf hinzuweisen, wie eigentlich die Dinge liegen, und ob sie wirklich derartige Klagen und Uebertreibungen, wie sie vielfach in der Presse vorgekommen sind, rechtfertigen.
Meine Herren, was ist passiert? Wir haben eine außergewöhnlich lang anhaltende Dürre gehabt, wie sie seit dem Jahre 1811, soweit bekannt, nicht wieder vorgekommen ist. Aber diese Dürre hat so spät eingesetzt, daß in den weitaus meisten Bezirken der erste Schnitt des Grases ein durchaus günstiger gewesen ist, so günstig, daß vielfach der Ausfall an Grummet durch das Mehrresultat der ersten Ernte ersetzt worden ist. Trotzdem ist durch das Austrocknen
der Wiesen und Weiden ein großer Futtermangel eingetreten. Es ist
vor allem nicht möglich gewesen, in vielen Bezirken das Vieh so lange auf der Weide zu halten, wie es unter normalen Verhältnissen im Sommer der Fall ist. Das hat wiederum zu einer vorzeitigen In⸗ anspruchnahme der Winterfuttermittel geführt und infolge dessen allerdings zu einer Futtermittelknappheit, die in vielen Gegenden recht bedenklich geworden ist, und die es auch notwendig gemacht hat, für eine bessere und billigere Schaffung der Futtermittel Sorge zu tragen. Abgesehen von dieser Futtermittelknappheit haben wir eine eigentliche Mißernte nur zu verzeichnen bei den Zuckerrüben und auch da nicht in sämtlichen Bezirken. Wir haben dagegen bei den Kartoffeln im Schlußresultat einen nicht unerheblich besseren Ertrag, als wir anfangs vorausgesehen haben, wenn wir auch hinter den Er⸗ gebnissen der früheren Jahre immerhin noch bedeutend zurückbleiben⸗ Aber die gegenwärtigen Preise zeigen gerade bei den Kartoffeln, wie die Notlage übertrieben worden ist. Das Geschrei wegen des angeb⸗ lichen Mangels ist mit schuld daran gewesen, daß der Handel sofort höhere Preise verlangt hat; wie es zugegangen ist, können Sie daraus ersehen, daß in derselben Zeit, wo man in Berlin 8 ℳ und im kleinen Detailhandel sogar bis zu 12 ℳ für den Zentner Kartoffeln gefordert hat, in Pommern und Ostpreußen die Kartoffeln mit 2,60 ℳ nicht zu verkaufen waren. Es muß offen und ehrlich gesagt werden, daß sich leider der Handel des Teuerungsgeschreis allzufrüh bemächtigt hat; auch gestern ist es schon hervorgehoben worden: gerade die Herren von der Linken, vor allem ihre Presse, haben nicht wenig dazu beigetragen, die vorhandenen Mißstände noch weiter zu verschärfen. (Zuruf links.) Nun komme ich zu dem Brotgetreide. Wir haben bei dem Roggen eine Ernte so gut, wie wir sie nur selten gehabt haben. Wir haben allein in Preußen nach der Ernteschätzung des statistischen Amtes gegen das Vorjahr ein Plus von 410 845 Tonnen und im Weizen gegen das Vorjahr nur eine Minderernte von 57 640 Tonnen.
Das ist ein verhältnismäßig günstiges Ergebnis, das im Ver⸗ gleiche zu dem vorigen Jahre durchaus nicht den Schluß rechtfertigt, daß wir im kommenden Winter und im kommenden Sommer einen besonderen Mangel an Brotgetreide haben müßten.
Zugeben will ich gerne, daß in Folge der Dürre die Ernte an Gemüse eine verhältnismäßig sehr geringe und schlechte gewesen ist. Das ist aber ein Zustand, der nicht allein in Deutschland,⸗ sondern beinahe in ganz Europa eingetreten ist, dem abzuhelfen ninmand in der Lage ist. Es ist deshalb auch ausgeschlossen, die Ge müse von auswärts billiger einzuführen, zumal, wie der Zolltarif nach⸗ weist, nahezu 93 % der sämtlichen Gemüse zollfrei bei uns eingehen. Also auf diesem Gebiete Wandel zu schaffen, liegt nicht in der Macht der Staatsregierung und auch nicht in der Macht der die gegenwärtige Wirtschaftspolitik stützenden Parteien.
Im übrigen muß aber noch darauf hingewiesen werden, daß in den letzten Monaten sich die Beurteilung der ganzen Lage des Ackerbaus erheblich verbessert hat. Ich hahe vor einigen Tagen einen Bericht aus Schlesien bekommen, der darauf hinweist, daß infolge der rechtzeitigen Niederschläge die Ackerbestellung überall möglich geworden, die Wintersaat gut aufgegangen ist. (Sehr richtig! rechts.) Ich habe bei einer kürzlichen Bereisung in der Rheinprovinz dieselben Mitteilungen erhalten und dieselben Wahrnehmungen gemacht, und ich glaube, in dem größten Teil der Monarchie, ja viellelicht für den größten Teil des deutschen Vaterlandes ist es zu
treffend, daß aus der Dürre des letzten Sommers dauernder Nachteil für die Winterbestellung und den nächsten Sommer vorläufig wenigstens nicht zu befürchten ist. (Sehr wahr! rechts.)
Trotzdem, meine Herren, hat die preußische Staatsregierung, und mit ihr und nach ihr die größere Zahl der Bundesregierungen, wenn nicht alle, dem Mangel an Futtermitteln durch erhebliche Fracht⸗ ermäßigungen nachzuhelfen gesucht, Frachtermäßigungen, die für die betreffenden Staatskassen eine ganz erhebliche Zubuße bedeuten, die sich nicht auf Heller und Pfennig abschätzen läßt, aber zweifellos z. B. für die preußische Staatsverwaltung einen Betrag von wenigstens 15 Millionen erreichen wird. (Hört! hört! rechts.)
Wir haben mit diesen sehr erheblichen Frachtermäßigungen, die in einem späteren Beschlusse noch weiter ausgedehnt worden sind, in erster Linie der Landwirtschaft zu Hilfe kommen und vor allen Dingen die Erhaltung und Ernährung unserer Viehbestände sichern wollen.
Der Erfolg hat leider nicht überall den Erwartungen entsprochen. Zunächst hat die Tatsache, daß auch die Staatsregierung durch die Ermäßigung der Frachtsätze eine Art Notstand anerkennt, ohne vweiteres dazu geführt, daß die Preise der meisten Futtermittel ent⸗ sprechend erhöht wurden, und zweitens — das muß auch hier offen ausgesprochen werden — hat ein großer Teil des Handels den Vor⸗ teil der Ausnahmetarife nicht den damit Bedachten, den Landwirten zugeführt, sondern für sich in Anspruch genommen. (Sehr wahr! rechts und bei den Nationalliberalen.)
Ich habe des Interesses wegen eine mir eingesandte Rechnung mitgebracht, die von Brakel, den 29. September 1911 datiert ist, über einen Betrag von Gerstenfuttermehl in Höhe von 1256 ℳ lautet und in der ausdrücklich der Vermerk enthalten ist: „Notstands⸗ tarif zu meinen Gunsten“. (Hört! hört! und Heiterkeit rechts.)
Meine Herren, so ist es nach Auskunft der Genossen⸗ schaftsvorstände und zahlreicher Landwirte an vielen Orten gemacht worden, und es ist wirklich sehr bedauerlich, daß der Handel in dieser Weise nicht den erforderlichen Rücksichten Rechnung getragen und auch diese Gelegenheit nicht unbenutzt hat vorübergehen lassen, seinerseits auf eine Erhöhung der Preise hinzuwirken. (Sehr wahr! rechts.) Es lag gewiß nahe, daß bei diesem Erfolge der Weg der Frachtermäßigungen, der außerdem ungefähr bis zum äußersten be⸗ schritten war, nicht weiter ausgedehnt werden konnte.
Was nun die übrigen Vorschläge angeht, die im Laufe der letzten Monate in der Presse und in Versammlungen und auch gestern und heute in diesem hohen Hause gemacht worden sind, so darf ich kurz nochmals darauf hinweisen, daß der Aufhebung oder auch nur zeit⸗ weisen Beseitigung der Zölle doch vor allen Dingen die 8 großen grundsätzlichen Bedenken entgegenstehen, die gestern der Herr Reichskanzler in ausreichender Weise hervorgehoben hat. (Sehr wahr! rechts.)
Was speziell die Zölle auf Futtermittel angeht, mit denen in der Presse so vielfach operiert worden ist, so hieße es eigentlich Eulen nach Athen tragen, wenn sch nochmals darauf hinweise, daß eigentlich alle Futtermittel zollfrei eingehen (sehr richtig! rechts), und daß es sich bei der Ermäßigung und Aufhebung dieser Zölle doch eigentlich nur noch handeln kann um den Maiszoll und den Zoll auf Futtergerste.
Was nun den Maiszoll angeht, so habe ich vom Standpunkt meines Ressorts jedenfalls die Einwendung zu erheben, daß bei der Knappheit der Maisernte in den übrigen in Betracht kommenden Ländern es voraussichtlich gar keine Wirkung haben würde, wenn der Zoll von 3 ℳ ermäßigt oder aufgehoben würde; denn es würde ohne weiteres der Preis für Mais um diesen Betrag erhöht (sehr richtig! rechts), und derjenige, der den Vorteil von der Aufhebung des Mais⸗ zolls haben sollte, würde jedenfalls wieder leer ausgehen.
Die Futtergerste trägt überhaupt nur einen Zoll von 1,30 ℳ. ie Einfuhr an Futtergerste, die in der ersten Dekade des Oktober, also vom 1. bis 10. Oktober, 1 213 623 Doppelzentner betrug, ist wohl am besten der Beweis dafür, daß dieser geringe Gerstenzoll der Einfuhr und dem Verbrauch der Futtergerste nicht den geringsten Ab⸗ bruch getan hat.
Nun ist gestern auch noch die Rede gewesen von der Beseitigung der Ausfuhrtarife. Vielleicht wird der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten noch Gelegenheit nehmen, darauf zurückzukommen. Ich möchte meinerseits nur bemerken, daß zu diesen Ausfuhrtarifen so geringe Quantitäten befördert worden sind, daß auch eine Be⸗ seitigung dieser Tarife auf die Preisverhältnisse nicht den geringsten Einfluß ausüben würde und schon deshalb grundsätzlichen Bedenken kaum begegnen kann!
Bezüglich des Brotgetreides ist nicht zu leugnen, daß die Preise des Roggens und des Weizens hoch sind. Sie sind aber im Jahre 1909 und 1907, wo von einer Hungersnot doch auch nicht die Rede gewesen ist, erheblich höher gewesen. (Sehr wahr! rechts.)
Einen breiten Raum in der bisherigen Diskussion hat die Be⸗ seitigung des Einfuhrscheinsystems eingenommen. Ich will im einzelnen nicht auf diese Frage eingehen; sie ist in der Presse so aus⸗ reichend behandelt worden und sie hat andererseits so schwierige Seiten, daß ich wohl mit Recht behaupten kann, daß eine Menge Menschen über die Beseitigung der Einfuhrscheine reden, ohne das System und seine Bedeutung überhaupt ergriffen zu haben. (Sehr richtig! und Heiterkeit rechts. Lachen links.) Vergegenwärtigen wir uns doch die tatsächliche Lage. Das Einfuhr⸗ scheinsystem ist, wie die Denkschrift des Jahres 1910 Ihnen aus⸗ führlich nachweist, nach langwierigen und schwierigen Verhandlungen zustande gekommen: es ist nicht etwa eine Erfindung und ein Erfolg agrarischer und konservativer Bestrebungen, sondern es verdankt seinen Ursprung den Anträgen von freisinniger Seite (sehr richtig! rechts) und der energischen und zielbewußten Befürwortung des Abg. Rickert. Das möchte ich den Herren von der freisinnigen Partei entgegen⸗ halten, wenn sie gerade in diesem Augenblick gegen das Einfuhr⸗ scheinsystem Sturm laufen. (Sehr richtig! rechts.)
Die geographische Lage Preußens ist nun einmal nicht wie die anderer Länder, Frankreich und Belgien; der Osten mit seiner lang⸗ gestreckten Küste und der weit entfernte Westen schaffen ganz ver⸗ schiedene und niemals einander gleich werdende Verhältnisse. Wir haben immer mit dem einen Ueberschuß an Getreide produzierenden Osten und mit dem nicht so viel Getreide produzierenden, aber stark konsumierenden Westen zu rechnen, die Einfuhrscheine schaffen dem Osten die Möglichkeit auszuführen und dem Westen die Möglichkeit, wieder entsprechend einzuführen. (Sehr richtig! rechts.) Nun haben wir in diesem Jahre eine vermehrte Roggenausfuhr — und die kommt allein in diesem Jahre in Frage —, zweifellos nicht wenig begünstigt
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