1911 / 266 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 10 Nov 1911 18:00:01 GMT) scan diff

nicht beeinträchtigen.

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. singt Frräaͤulein Ober (Herodias),

Farben auf und wird oft da, wo man etwas erwarten könnte, trivial. Die Sonate in H⸗Moll ist beispielsweise stark von Liszts gleinamiger beeinflußt, nur daß sie noch den Nachteil hat, motivische Armut in sich zu bergen. Fräulein Jansen konnte mit ihrem Gesang auch nicht besonders erwärmen, zumal ihre Stimme etwas kehlig und forciert klingt und auch tremoliert. Fein abgetönt erklang jedoch in der Kopfstimme das Piano. Eine mangel⸗ hafte Leistung bot die noch sehr jugendliche, an und für sich begabte Violinistin, deren Art zu musizieren für das Podium der Sing⸗ akademie noch nicht gereift genug erscheint. Eine gute Geige allein tut es nicht.

Alma Webster⸗Powell, die sich nach mehrjähriger Abwesen⸗ heit wieder hier hören ließ, hatte am Mittwoch im Blüthner⸗ saal eine zahlreiche Zuhörerschaft herangezogen. Sie fesselte wieder durch ihre feingeschliffene Gesangskunst und durch den Wohllaut ihrer Stimme; namentlich die rein und weich quellende Mittellage klang wunderschön; in der Fase und Tiefe erschien das Organ nicht immer ganz. schlackenfrei. on der besten Seite zeigte sich das Können der

ünstlerin im Ziergesang; besonders gut gelang das altenglische Lied „The lark“ von Büchog. Auch lernte man einige neue fesselnde Lied⸗ kompositionen von ihrem ebenfalls hier wohlbekannten, ausgezeich⸗ neten Begleiter am Klavier Eugenio di Pirani kennen. Die Sängerin Adrienne Ada erzielte um dieselbe Zeit im Klindworth⸗Scharwenkasaal mit einer Reihe internationaler Volkslieder freundliche Wirkungen. Der Sopran der Dame be⸗ sticht nicht gerade durch Wohllaut, die Stimme klingt sogar etwas scharf und dünn, dafür gingen von dem Vortrage um so stärkere Ein⸗ drücke aus. Er konnte erheitern und rühren und mit dramatischer Lebendigkeit gestalten; so hörte man trotz mangelnden sinnlichen Reizes der Stimme der Sängerin doch gern zu. Mit den Gesängen wechselten Klaviervorträge von Eugen Linz ab. Der Liederabend von Fräulein Eva Katharina Lißmann am Mittwoch im Beethovensaal bot ein kurzes, aber zusammengestelltes Programm, sodaß die Zuhörer den Darbietungen der Sängerin bis zum Sh mit Anteilnahme folgten und ihr reichen Beifall zollten. Die vornehme, innige Art des Vortrags, das musikalische Ver⸗ ständnis und die namentlich in der Mittellage volltönende Stimme verdienten dies auch vollauf. Daß ihr Organ in der Höhe bisweilen weniger anspricht, kann den günstigen Gesamteindruck Besonders ist die mustergültige Wiedergabe aber auch mehrere

Brahms ge⸗ 11“

einer Reihe von Volksliedern hervorzuheben, biblische Lieder von Dvokäk und „Zwieges räche von langen vortrefflich. v1“

Im Königlichen Opernhause findet morgen, Sonnabend, eine Aufführung von „Salome“ unter persönlicher musikalischer Leitung des Komponisten Dr. Richard Strauß statt. Die Titelrolle

räulein Rose. Neben ihr sind in den Hauptrollen beschäftigt: 1 Frau Goetze (Page), Herr Sommer (Herodes), Herr Bischoff (Jochanaan), Herr Schöffel (Narraboth). Die Vorstellung beginnt um 8 Uhr.

Frau Anna Schramm ist von ihrer Erkrankung noch nicht wieder⸗ hergestellt, sodaß im Königlichen Schauspielhause am Sonntag H. Lubliners Lustspiel „Die glückliche Hand' nicht in Szene gehen

kann; dafür wird H. Sudermanns neue Dichtung „Der Bettler von

Spyrakus“ aufgeführt.

über den Antrag der Stadtvv. 1 Aufbesserung der Gehälter und Löhne für verschiedene

Die an der Theaterkasse für „Die glückliche Hand“ gekauften Eintrittskarten behalten Gültigkeit für die neu⸗ angesetzte Vorstellung „Der Bettler von Syrakus“, sie können aber auch an der Vormittagskasse, am Tage der Vorstellung auch an der Abendkasse des Königlichen Schauspielhauses bis zum Beginn der Vorstellung gegen Erstattung auch der Vorverkaufsgebühr zurückgegeben werden. e Sonnabend, wird ebenfalls „Der Bettler von * wiederholt.

mann) veranstaltet ihr erstes Winterkonzert am Donnerstag, den 16. November, in der Philharmonie (Wiederholung am

November). Der Verein trägt neben mehreren Chören von Liszt größere Arbeiten von Heinrich Zöllner und Richard Heuberger zum ersten Male vor. Als Solistin wirkt die Königliche Sängerin

Hanuptgegenstand der Tagesordnung in der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten war der Bericht des vorberatenden Ausschusses Arons und Genossen, betreffend

8 C111“

Klassen von städtischen Beamten, für Hilfskräfte und Arbeiter infolge der Teuerung der Lebensmittel und Gewährung von vorüber⸗ gehenden Teuerungszulagen. Der Ausschuß hat die durch den Antrag aufgerollte Frage, wie man bei den minderbesoldeten städtischen Angestellten die Folgen der Teuerung überwinden könne, in zwei Sitzungen eingehend erörtert und empfahl einstimmig folgende Be⸗ schlußfassung: „Die Versammlung ersucht den Magistrat, den Kategorien der städtischen Angestellten und Arbeitern, welche bei den bestehenden Teuerun Pehensic mit ihren Gehältern bezw. Löhnen ohne Gefährdung ihres Unterhaltes für sich und ihre Familie nicht auskommen können, eine angemessene Teuerungszulage zu gewähren und der Versammlung eine entsprechende Vorlage innerhalb vier Wochen zu übermitteln. Der Antrag der Ausschüsse wurde nach kurzer Besprechung angenommen. Eine Vorlage betraf die Beschaffung von silbernen Medaillen zur Be⸗ nutzung als städtische Ehrenpreise. Bei der städtischen Kunst⸗ deputation ist angeregt worden, künstlerische Modelle zu Medaillen in edlem Gußmetall zu erlangen, die als Ausdruck der Anerkennung der Stadt für besondere Leistungen verliehen werden können. Die Deputation hat darauf unter den in Deutschland ansässigen Künstlern einen Wett⸗ bewerb ausgeschrieben, bei dem der Bildhauer Adolf Amberg den ersten Preis erhielt. Der Magistrat beantragte folgende Bescklußfassung: „Die Versammlung ist damit einverstanden, daß nach dem Entwurfe des Bildhauers Adolf Amberg 25 silberne Medaillen behufs Ver⸗ wendung als städtische Ehrenpreise angefertigt und die erforderlichen Mittel bis zur Höhe von 3600 bewilligt werden.“ Die Vorlage wurde angenommen. Auf die öffentliche folgte eine geheime Sitzung.

Amtlich wird gemeldet: Auf Bahnhof Bernstadt ist heute früh der Güterzug 6393 bei der Einfahrt auf Gleis drei auf einen Wagen und mit der Lokomotive sowie vier Wagen stark beschädigt und entgleist. Der Zugführer Biehl aus Breslau ist tot. Das zweite Hauptgleis und die westliche Bahn⸗ hofsausfahrt sind gesperrt und werden heute nachmittag frei. Di Züge erleiden durch Umsetzen und Fahren auf falschem Großzöllnig eine kleine Verspätung. 8

Stettin, 9. November. (W. T. B.) Die Stadt Stettin hat an Seine Königliche Hoheit den Prinzen Eitel⸗ Friedrich eine Adresse gerichtet, die von der Hand einer Künstlerin in kunstvoller Schrift auf Pergament geschrieben lautet:

„Euer Königliche Hoheit bitten die städtischen Körperschaften der FA Stettin ehrerbietigst als Statthalter von

ommern begrüßen zu dürfen, nachdem ihnen die amtliche Nachricht von der Ernennung Euer Königlichen Hoheit im Dienstwege zuge⸗ gangen und nachdem der gleichmäßige Gang der täglichen Arbeit wieder an die Stellen glänzender esttage getreten ist. Diese Festtage werden in der dankbaren Erinnerung der Stettiner Bürgerschaft um so dauerhafter fortleben, als sie durch die Wiederbesetzung des lange verwaisten Statthalterpostens die Provinz Pommern und ihre Hauptstadt mit einem neuen persönlichen Bande an das Herrscherhaus geknüpft haben. Die un⸗ mittelbaren Vorgänger Euer Königlichen Hoheit in der Statthalter⸗ schaft, Kaiser Wilhelm der Große als Prinz Wilhelm und Kaiser Friedrich als Kronprinz Friedrich Wilhelm, sind von warmem persön⸗ lichen Interesse für die Provinz Pommern und ihre Hauptstadt erfüllt gewesen und haben gern in Stettin geweilt. Vor allem hat Euer Königlichen Hoheit Hochseliger Herr Großvater vielfach anregend und fördernd zum Besten der Stadt gewirkt und zu manchen hervor⸗ ragenden Stettiner Bürgern persönliche Beziehungen unterhalten; die besondere Verehrung und Liebe, mit der daher sein Name noch heute in der Bürgerschaft genannt wird, ist in dem Vorhaben zum Ausdruck gekommen, ihm demnächst ein von Meisterhand entworfenes Standbild zu errichten, nachdem ein würdiger Platz dafür durch die Vollendung öffentlicher Bauten und Anlagen geschaffen worden ist. Wenn Stettin auch nicht zu denjenigen genisben Städten gehört, denen die Denkmäler der Vergangenheit oder der Reichtum der Gegen⸗ wart einen besonders glänzenden Hintergrund verleihen, so ist es doch eine Stadt, deren bedeutende Entwicklungsmöglichkeiten namentlich in ihrer Eigenschaft als erste preußische Seehandels⸗ stadt ihr Bild im Rahmen der Zukunft groß und reizvoll zu zu denken erlauben und das Schaffen der Gegenwart vor entsprechende Aufgaben stellen; für deren Entwicklung tätig zu sein sich daher wohl der Mühe verlohnt. In diesem Sinne bitten wir auch Euer König⸗ liche Hoheit, Anteil an den Geschicken der Stadt Stettin nehmen zu wollen. Wenn auch deren Bürgerschaft durch die geographische Lage und die Geschichte der Stadt gelehrt worden ist, in erster Linie eigener Kraft zu vertrauen, so kann sie doch angesichts der Pflicht und Notwendigkeit,

sich dem größeren Ganzen ein⸗ und unterzuordnen, oft einer ge⸗ rechten und wohlwollenden Würdigung ihres Strebens an höherer Stelle und eines Beistandes in der Ueberwindung von Hindernissen nicht entraten. Wenn in solchen Fällen auch Euer Königliche Hoheit ein Ohr und ein Herz für die Sorgen der Stadt haben wollen, dann wird auch künftig die Statthalterschaft mehr als eine Förmlichkeit sein. Durch die Gnade Seiner Majestät ist der Wunsch, ein Mitglied des Königlichen Hauses als Statthalter begrüßen zu können, über Er⸗ warten schnell erfüllt worden. Bestehen bleibt als Wunsch und Hoffnung der Gedanke, daß sich das alte Stettiner Greifenschloß einmal zu einer des Statthalters und seiner Hohen Gemahlin würdigen Residenz umgestalten lassen möchte! Wichtiger aber als eine äußere Verbindung, wie sie hierdurch geschaffen werden würde, bleibt ein inneres Verhältnis der Anteilnahme und des Vertrauens, zu dem wir das Ungeige beizutragen aufrichtig sind. Als einen Ausdruck dieser Gesinnung bitten wir Euer Königliche Hoheit, diese Zeilen huld⸗ vollst aufnehmen zu wollen.“

Posen, 10. November. (W. T., B.) Heute vormittag um 11 Uhr fand hier die feierliche Einweihung des mit einem Kostenaufwand von 2 ¼ Millionen Mark errichteten Diakonissen⸗ hauses statt. Als Vertreter Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin wohnte der Oberhofmeister Freiherr von Mirbach der Feier bei.

Nürnberg, 10. November. (W. T. B.) In der vergangenen Nacht gegen 10 ½ Uhr brach in den Siemens⸗Schuckert⸗Werken aus bisher unbekannter Ursuche eine Feuersbrunst aus, und zwar in dem Werkstattgebäude für Schaltapparate und Regulierwiderstände. Das Feuer griff schnell um sich, sodaß trotz des Eingreifens der städtischen und der Fabrikfeuerwehr mit ungefähr 18 Schlauchleitungen bald der ganze Dachstuhl in Flammen stand. Das Feuer konnte erst gegen 3 Uhr Morgens gelöscht werden. Der Schaden an Gebäuden und Material ist ziemlich beträchtlich. Das Dachgeschoß und das zweite Ober⸗ geschoß sind fast völlig zerstört, und der größte Teil der in den Gebäuden befindlichen Lagervorräte, Fabrikate und Maschinen ist teils durch Feuer, teils durch Wasser unbrauchbar geworden. Eine größere, lang andauernde Betriebsstörung tritt aber nicht ein, da die Fabri⸗ kation zum großen Teile in andere Räume verlegt werden kann.

„Essegg, 9. November. (W. T. B.) Die hiesige Union⸗ mühle ist vollständig niedergebrannt. Der Schaden beträgt zwei Millionen Kronen. u

Stanislau, 10. November. (W. T. B.) D Siczynski, der am 12. April 1908 den galizischen Statthalter Grafen Potocki ermordet hatte, ist in der vergangenen Nacht aus dem hiesigen Gefängnis entsprungen. Die Straflingskleidung des Entflohenen wurde in seiner Zelle gefunden. Siczynski war zuerst

zum Tode durch den Strang verurteilt und dann zu zwanzig Jahren

Kerker begnadigt worden.

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Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen. 8

Madrid, 10. November. 88 T. B.) Angesichts der Erregung, die in Tanger durch sanitäre Maßnahmen hervor⸗ gerufen worden ist, hat die spanische Regierung beschlossen, den Kreuzer „Cataluna“ nach Tanger zu entsenden.

Mukden, 10. November. (Meldung der „St. Peters⸗ burger Telegr.⸗Agentur“.) Die Zöglinge der Schulen richteten an den Vizekönig die Forderung, die Mandschurei für autonom zu erklären, was vom Vizekönig ab⸗ gelehnt wurde. Die Schulen wurden darauf von der Polizei besetzt und die japanische Polizei ersucht, die Ordnung in der Stadt aufrechtzuerhalten. Die Bevölkerung ist sehr 8 ö es werden 855 Unruhen be⸗ ürchtet. Mehrere Kaiserliche Prinzen sind inkognit ier ein⸗ ehg. lg Kasserlich zen sind i 8 o h

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in Zweiten Beilage.)

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Choralion⸗-Sanl. Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr:

lich sei.

knüpften wir auch

Handlungsfreiheit vorbshielten, sobald die französische Expedition den

angegebenen Zweck überschreite, und dies auch dann, wenn das Hinaus⸗

öäußeren Umstände sein sollte.

nahe, wobei wir natürlich Frankreich die Initiative zuschoben. in allgemeinen Umrissen deuteten wir unser Programm dahin an,

Theater. 8 Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗

haus. 240. Abonnementsvorstellung. Salome. Drama in einem Aufzuge nach Oskar Wildes gleichnamiger Dichtung in deutscher eberschung von Hedwig Lach⸗ mann. Musik von Richard Strauß. Unter persön⸗ licher Leitung des Komponisten. Herr Regisseur Bachmann. 8 8 Uhr.

Schauspielhaus. 250. Abonnementsvorstellung. Der Bettler von Syrakus. Tragödie in fünf Akten und einem Vorspiel von Hermann Sudermann. In Szene gesetzt von Herrn Regisseur Patry. An⸗ fang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 241. Abonnementsvor⸗ stellung. (Gewöhnliche Preise.) Dienst⸗ und Frei⸗ plätze sind aufgehoben. Carmen. Oper in vier Akten von Georges Bizet. Text von Henry Meilhac und Ludoviec I nach einer Novelle des Prosper Merimée. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 251. Abonnementsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Die

lückliche Hand. Lustspiel in drei Aufzügen von Hugo Lubliner. Anfang 7 ½ Uuhr.

Deutsches Theater. Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr:

Turandot. Sonntag und Montag: Turandot. 8 Kammerspiele. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Nathan der Weise. Sonntag: Nathanu der Weise. Montag: Frühlings Erwachen.

Regie:

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Berliner Theater. Sonnabend, Nachmittags 3 ½ Uhr: Ein Fallissement. Abends 8 Uhr: Coeur As. Komödie in vier Akten und einem Vorspiel von E. Orczy.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Einer von unsere Leut. Abends: Bummelstudenten.

Montag: Coeur As. 1 5

Theater in der Königgrätzer Straße. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Spielereien einer Kaiserin.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Ein Fallisse Abends: Spielereien einer Kaiserin.

Lessingtheater. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Glaube und Heimat. Die Tragödie eines Volkes. Drei Akte von Karl Schönherr.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Hedda Gabler. Abends: Das weite Land.

Montag: Glaube und Heimat.

Neues Schauspielhaus. Sonnabend, Nach⸗ mittags 3 ½ Uhr: Des Meeres und der Liebe Wellen. Trauerspiel in fünf Aufzügen von Grill⸗ parzer. Abends 8 Uhr: Hans Sonnenstößers .e big egich Ein heiteres Traumspiel von Paul

pel.

Sonntag: Haus Sonnenstößers Höllenfahrt.

Montag: Josephine. .“

Komische Oper. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Der Troubadour.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu kleinen Preisen: ü.e0⸗ Waffenschmied. Abends: Der Trouba⸗

our.

Schillertheater. 0. (Wallnertheater.) Sonnabend, Abends 8 Uhr: Zopf und Schwert. Lustspiel in fünf Aufzügen von Karl Gutzkow.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Das Urbild des Tartüff. Abends: Madame Sans⸗Gene.

Montag: Es lebe das Leben.

Charlottenburg. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Don Carlos. Ein dramatisches Gedicht von Friedrich Schiller.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Maria Stuart. Abends: Don Carlos.

Montag: Wilhelm Tell.

Theater des Westens. (Station: Zoologischer Garten. Kantstr. 12.) Sonnabend, Abends 8 Uhr: Die Dame in Rot. Operette in drei Akten von Julius Brammer und Alfred Grünwald. Musik von Robert Winterberg.

Sonntag, Nachmittags 3 ¼½ Uhr: Ein Walzer⸗ traum. Operette von Franz Lehar. Abends: Die Dame in Rot.

Montag und folgende Tage: Die Dame in Rot.

Lustspielhaus. (Friedrichstr. 236.) Bis auf

Residenztheater. (Direktion: Richard Alexander.) Sonnabend, Abends 8 Uhr: Ein Walzer von Chopin. Schwank in drei Akten von Kéroul und Barré. Für die deutsche Bühne bearbeitet von Bolten⸗Baeckers.

Sonntag und folgende Tage: Ein

Chopin. v“

Walzer von

Thaliatheater. (Direktion: Kren und Schönfeld.) Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Kindervorstellung: Sneewittchen. Abends: Polnische Wirtschaft. Schwank mit Gesang und Tanz in drei Akten von Kraatz und Okonkowsky, bearbeitet von J. Kren. Feasesteee von Alfred Schönfeld, Musik von J. Gilbert. Anfang 8 Uhr. a2rtag und folgende Tage: Polnische Wirt⸗

8 1—

““ Trianontheater. (Georgenstraße, nahe Bahnhof Friedrichstraße.) Sonnabend, Abends 8 Uhr: Mein Baby. Burleske in drei Akten von Margaret Mayo. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Francillon.

Abends: Mein Baby. Montag und folgende Tage: Mein Baby.

Konzertee.

Singakademie. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Zweiter Kammermusikabend des Wittenberg⸗ Quartetts. Mitw.: Helene Lachmanski⸗Schaul (Klavier). 1“

Saal Bechstein. Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: Liederabend von Nina Jaques⸗Dalcroze. Am Klavier: Prof. E. Jaques⸗Dalcroze.

Beethoven-Saal. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Konzert von Franz von Veesey mit dem Phil⸗ veee.eeens Orchester, Dirigent: O. Marien⸗

agen.

Alindworth-Scharwenka⸗-Saal. Sonn⸗ abend, Abends 8 Uhr: Konzert von Frida Halbe

(Gesang) und Gisela von Päszthory (Klavier).

Klavierabend von Jules Isserlis.

Birkus Schumann. Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: Grande Soirée high Life. Zum Schluß: 1000 Jahre auf dem Meeresgrund. Ent⸗ worfen und inszeniert vom Direktor Albert Schumann. Vorher: das auserwählte Pro⸗ gramm.

Sonntag, Nachmittags 3 ½ Uhr und Abends 7 ½ Uhr: 2 große Vorstellungen. In beiden Vor⸗ stellungen (ungekürzt): 1000 Jahre auf dem Meeresgrund.

Birkus Busch. Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: Große Galavorstellung. U. a.: „Max und

Moritz“ und „Pepi“, die drei Schimpansen (groß⸗

artige Dressurleistung). Zum

luß: U 20, Originalausstattungsstück des Zirkus Busch in fünf Bildern.

Sonntag, Nachmittags 3 ½ Uhr und Abends 7 Uhr:

2 Vorstellungen.

Familiennachrichten.

Gestorben: Hr. Geheimer Justizrat, Professor Dr. jur. Felix Bruck (Breslau). Hr. Professor Dr. med. Hans Ruge (Berlin. Hr. Ober⸗ bürgermeister Paul Bollmann (Guben). Hr. Rittergutsbesitzer und Rittmelster a. D. Arthur von Schaper (Falkenberg, Bez. Halle) Fr Else von Schack, geb. Ravené (Haus Raakow bei Drebkau N. L.). Diakonissin Josephine von Thümen (Berlin).

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg.

Verlag der Expedition (Heidrich) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Neun Beilagen

(einschließlich Börsenbeilage und Warenzeichen⸗ beilage Nr. 92).

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theoretischen Standpunkte aus wäre das richtig gewesen.

Erste Beila ge

ichsanzeiger und Königlich Preu

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Deutscher Reichstag.

01. Sitzung vom 9. November 1911, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht die Besprechung der deutsch⸗

französischen Abkommen vom 4. November 1911, be⸗ treffend Marokko und Aequatorialafrika.

Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg:

Meine Herren! Zur Beurteilung der Ihnen vorliegenden Ab⸗ machungen wird es zunächst von Wert sein, die letzte Entwicklung der marokkanischen Frage und einiges Wesentliche aus den getroffenen Abmachungen vorzutragen.

Die Akte von Algeciras war bestimmt, die Selbständig⸗ keit Marokkos aufrecht zu erhalten, um das Land zugunsten des Handels aller dabei beteiligten Mächte wirtschaftlich zu entwickeln. Es zeigte sich bald, daß eine wesentliche Voraussetzung hierzu fehlte: ein das Land tatsächlich beherrschender Sultan, imstande, die vor⸗ gesehenen Reformen durchzuführen. Auch der Sultan Mulay Hafid vermochte es trotz seiner persönlichen Eigenschaften nicht: er geriet immer mehr in fremde Abhängigkeit und wurde deshalb von den Stämmen seines eigenen Landes immer lebhafter befehdet.

Dies führte zu immer größerem Einfluß Frank⸗ reichs; denn von den vier Mächten, welche seit den 70er Jahren vertragsmäßig Militärmissionen am Hofe des Sultans unterhielten, hatte sich nur die französische Mission durchzusetzen ver⸗ mocht. Ebenso war Frankreich seit langem der Geldgeber Marokkos. Die Lage des von feindlichen Stämmen bedrängten und in Fez ein⸗ geschlossenen Sultans wunde schließlich so prekär, daß Frankreich den Mächten erklärte, es müsse für das Leben und Eigentum seiner am Hofe des Sultans befindlichen Offiziere und der europäischen Kolonie ernste Besorgnisse hegen. Frankreich erklärte deshalb, Truppen nach Fes schicken zu wollen, um die Europäer nach der Küste zurück⸗ zuführen.

Wir hatten keine so bedrohlichen Nachrichten aus Fez und er⸗ klärten deshalb, daß fremde Hilfe für unsere Kolonie nicht erforder⸗ Da wir aber natürlich keine Garantie für das Leben der anscheinend bedrohten Franzosen übernehmen konnten, erhoben wir keine Einwendungen gegen den Zug nach Fez zur Zurück⸗ führung der bedrohten Franzosen nach der Küste. Wir aber daran den ausdrücklichen Vorbehalt, den

öffentlich bekannt gaben, daß wir uns unsere

gehen lediglich eine Folge der sich aus der Expedition ergebenden (Hört, hört! rechts.)

Dies traf, wie vorauszusehen, zu. Frankreich schaltete vermöge

seines allmählich absolut gewordenen Einfsusses auf den geretteten Sultan ziemlich unbeschränkt als Herr int Lande. Voraussetzung der Algecirasakte Es ist zwar eingewendet worden, der Sultan habe ja die Franzosen selbst

Damit war die ein selbständiger Sultan hinfällig.

zur Hilfe gerufen; aber ein Herrscher, der fremde Truppen zur Hilfe ruft,

der sich nur auf fremde Bajonette stützt, ist nicht mehr der selb⸗ ständige Herrscher, den die Algecirasakte zur Voraussetzung hatte.

Wir gaben dies zu erkennen und legten Frankreich eine Verständigung Nur

veränderten französischen Stellung Rechnung zu tragen, daß wir aber

dafür genauere Garantien für die uns zugesicherte Gleichheit auf dem Gebiete des Handels und der Industrie, insonderheit bei öffentlichen

für diejenigen Rechte fordern müßten, die sich Frankreich ohne vor⸗ herige Verständigung mit uns über Buchstaben und Sinn der Algecirasakte hinaus zugelegt latte.

Wir erhielten zunächst keine positiven Vorschläge aus Paris, während sich die französische Militärmacht in Marokko immer mehr usbreitete und sich allmählich die Fiktion festzusetzen begann, nicht nur in Frankreich, sondern auch bei den anderen Mächten, als handele Frankreich infolge eines europäischen Mandats. Als daher deutsche Interessen infolge der Ereignisse in Marokko bedroht erschienen, ent⸗ sandten wir ein Kriegsschiff nach Agadir. Die Entsendung dieses Schiffes hatte zunächst den Zweck, Leben und Eigentum unserer Untertanen zu schützen. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Es gibt keine Untertanen!) Sie war aber gleichzeitig eine deutliche Kund⸗

gebung unserer Berechtigung und unseres Willens, unsere Unter⸗

tanen in Marokko ebenso gut selbständig zu schützen wie Frankreich ie seinigen, solange letzteres sich nicht anderweitig mit uns ver⸗ ständigt haben würde. Dieser Zweck der Entsendung unseres Schiffes und ihre Beschränkung auf diesen Zweck ist unmittelbar vor Ein⸗ treffen des Schiffes den Mächten durch unsere bei ihnen beglaubigten Botschafter und Gesandten kundgegeben worden. Es ist also eine unwahre Behauptung, wenn in der Presse, in der fremden Presse, die Schiffsendung nach Agadir als eine Provokation und als eine Drohung argestellt wurde. Wir provozieren und bedrohen niemanden (Ge⸗

lächter bei den Nationalliberalen), aber wir wahren unsere Rechte,

neine Herren, und wir werden uns darin durch niemand beirren oder

ehindern lassen. (Sehr gut!)

Danach kam es zur Aussprache mit Frankreich. Vom rein formellen Standpunkte aus konnten wir die Wiederherstellung des Status quo ante, d. h. des Status von 1906, fordern. Vom Praktisch war es unmöglich. Es war kaum möglich, ohne innere Wirren be⸗ fürchten zu müssen, Marokko wieder ganz von fremden Truppen zu entblößen. Außerdem wäre die restitutio in integrum nur eine höchst unvollständige gewesen, weil der nachhaltige Eindruck, den das Vorgehen Frankreichs hervorgerufen hatte, auch nach Zurückziehung der Truppen bestehen geblieben wäre. Schließlich wären wir auch nur, und zwar unter für uns ungünstigen Umständen, zu einem Punkt urückgelangt, der der Ausgang jahrelanger Reibereien gewesen war,

Berlin, Freitag, den 10. November

deren Beseitigung von beiden Regierungen gleichmäßig gewünscht wurde. Die Behauptung, daß die Entsendung des „Panther“ nach Agadir Landerwerb in Marokko bezweckt hätte, ist unrichtig. Schon durch das Februarabkommen von 1909 war Landerwerbung in Marokko ausgeschlossen. Unser bereits lange vor Entsendung des Kriegsschiffes festgelegtes Programm bewegte sich auf derselben Linie. Die Un⸗ richtigkeit der Behauptung wird auch durch die Erklärungen dargetan, welche wir den fremden Mächten unmittelbar vor Eintreffen des Schiffes in Agadir gegeben haben; sie folgt endlich auch aus den Er⸗ klärungen, die wir beim Eintreffen des Schiffes durch die Organe der Presse in die Oeffentlichkeit haben gelangen lassen. Es ist in hohem Grade beklagenswert, daß diese unrichtige Behauptung auch bei uns dazu benutzt worden ist, um in unpatriotischer Weise ein Zurückweichen der Kaiserlichen Regierung und eine Demütigung des Landes zu konstruieren. (Bravoy! rechts. Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Bei den Verhandlungen mit Frankreich war der leitende Gedanke der, daß sich die Unmöglichkeit ergeben hatte, daß die Marokkaner aus eigener Kraft die Ordnung in ihrem Lande herstellten und aufrecht erhielten, daß es dazu des Ein⸗ greifens einer fremden Macht bedürfe. Diese konnte für den überwiegenden Teil Marokkos nur Frankreich sein. Je größer die Freiheit war, die Frankreich hierin erlangte, desto mehr kam es in die Lage, die Bürgschaft und Verantwortung für die Ordnung zu über⸗ nehmen. Dagegen haben wir weitgehende und detaillierte Garantien für die Gleichberechtigung des nichtfranzösischen Handels, der nicht⸗ französischen Industrie, für die Rechte der in Marokko lebenden nicht⸗ französischen Staatsangehörigen erhalten. Die Einzelheiten ersehen Sie aus dem Ihnen vorliegenden Vertrag.

Wir haben es uns insbesondere angelegen sein lassen, der Ein⸗ und Ausfuhr die Gleichberechtigung zu sichern, besondere Bürgschaften für die Gleichberechtigung bei Begebung der öffentlichen Arbeiten zu erhalten, unserer Fischerei die marokkanischen Gewässer zu sichern, unserem Handel die gleichberechtigte Benutzung aller Verkehrsmittel zu Wasser und zu Lande zu gewährleisten. Die Konsulargerichts⸗ barkeit und das Recht des Schutzes von Eingeborenen sind uns so lange gesichert, als die Zustände dies gebieten.

Ein besonderes Augenmerk haben wir der sehr wichtigen Frage der Erzgewinnung gewidmet. Ob das Land alle Hoffnungen erfüllen wird, ie darauf von verschiedenen Seiten gesetzt werden, vermag ich nicht zu entscheiden. Wir haben aber die Möglich⸗ keit großer Erzfunde bei den Verhandlungen nicht aus dem Auge ver⸗ loren. Wir haben den Deutschen die freie Konkurrenz beim Bergbau gesichert. Wir haben uns nach Anhörung von Sachverständigen über Bestimmungen geeinigt, die der Belegung von Terrain ohne Abbau entgegenwirken, und dafür gesorgt, daß das geförderte Erz frei und unbehindert und nur mit bestimmten, vertraglich begrenzten Abgaben belastet in den freien Markt gelangt. Für die verkehrspolitische Erschließung der wahrscheinlich hauptsächlich in Betracht kommenden Minengebiete und für die Beförderung des Pro⸗ duktes von den Minen nach den staatlichen Eisenbahnen oder nach den nächsten Hafenplätzen sind vertragliche Bestimmungen getroffen. Ich glaube, daß mit allen diesen Bestimmungen unseren wirtschaftlichen Interessen in Marokko ein guter Dienst geleistet worden ist.

Ich komme zu der Frage der Kompensationen. Dabei will ich zunächst über den Rücktritt des Herrn von Lindequist sprechen. Der Herr Staatssekretär des Reichskolonialamts widerstrebte von Anfang an dem Erwerb eines größeren Kolonialbesitzes, wie er uns jetzt zu⸗ gefallen ist. (Hört, hört! links.) Er richtete vielmehr seine Wünsche auf kleinere, aber in der Kultur vorgeschrittene und deshalb leichter und billiger zu verwaltende Gebiete. (Lebhafte Rufe: Sehr richtig! und Hört, hört! links und bei der Wirtschaftlichen Vereinigung.) Da sich die Erreichung dieses Zieles als nicht möglich erwies, so redete er bloßen Abrundungen unseres Kolonialbesitzes und Grenz⸗ berichtigungen das Wort. Ich konnte auf diesen Gedanken nicht ein⸗ gehen, da ich die Erwerbung eines größeren Kolonialgebietes für unsere Betätigung für notwendig hielt. Bezüglich des Kongo, von dem bei früheren, wenn auch unverbindlichen Besprechungen mit Frankreich schon vor Jahren die Rede gewesen war, lag auch keine res integra mehr vor.

Diese Meinungsverschiedenheiten und die Anschauung, daß dem Kolonialamt kein genügender Einfluß auf die Richtlinien der Ver⸗ handlung gegeben werde, hat Herrn von Lindequist bereits im Sommer dieses Jahres bestimmt, um seinen Abschied zu bitten. Das Ab⸗ schiedsgesuch ist von Seiner Majestät auf meinen Antrag während des Schwebens der Verhandlungen abgelehnt worden. Die Wünsche des Kolonialamtes sind in dem Ihnen vorliegenden Abkommen in⸗ sofern erfüllt worden, als sich in dem uns zugefallenen Gebiet die⸗ jenigen Teile an der Süd⸗ und Ostgrenze von Kamerun befinden, welche mir vom Kolonialamt als erstrebenswert bezeichnet worden waren. (Hört, hört! in der Mitte.)

Gegen die Abtretung deutschen Landes hegte Herr von Lindequist prinzipielle Bedenken (Stürmische Zurufe links: Hört, hört! Bravo!), erklärte mir aber, wenn ohne solche Abtretung nicht zum Abschluß zu kommen wäre, die Abtretung des jetzt an Frankreich zedierten Gebietsteiles für erträglich.

Am 28. Oktober tauchte in der Presse das Gerücht von der be⸗ vorstehenden Demission des Herrn von Lindequist auf. Es ist mit Zu⸗ stimmung des Herrn von Lindequist dementiert worden. Der Wortlaut des Dementi hat ihm vorgelegen. Um aber anderweitigen Ausstreuungen in der Presse entgegenzutreten, bemerke ich dabei, daß mir Herr von Lindequist die Wahrscheinlichkeit seines Rücktrittes im nächsten Früh⸗ jahr erklärt hat, aber gleichzeitig erklärte, nach Abschluß der Reichstags⸗ verhandlungen eine Inspektionsreise nach Suͤdwestafrika antreten zu wollen. Wenige Tage darauf wiederholte Herr von Lindequist sein Abschiedsgesuch.

Er hatte vorher in einem schriftlichen Votum scharfe Einwendungen gegen den ihm vorgelegten Text des projektierten Vertrages erhoben (Lebhafte Rufe links: Hört, hört!) und war dabei zu dem Er⸗

gebnis gekommen, daß durch die von uns zu erwerbenden 275 000 qkm

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unzeiger

auch nicht im entfernten der Schaden aufgewogen werden würde, der unserem Kolonialgebiete durch die Abtretung der 12 000 qkm und die Nebenabreden des Vertrages zugefügt werden würde. (Hört hört! bei den Nationalliberalen, links und bei der Wirtschaftlichen Vereinigung.) Einige der Nebenabreden konnten nach den Vorschlägen des Staatssekretärs des Kolonialamts durch Verhandlungen mit Frankreich berücksichtigt werden. Immerhin nötigte mich die in dem Votum eingenommene Stellung des Staatssekretärs, ihm die Frage vorzulegen, welche Haltung er bei der Verhandlung der Angelegenheit im Reichstag einzunehmen gedenke. Dabei ergab sich, daß Herr von Lindequist zur ressortmäßigen Vertretung der Abkommen im Reichs

tage nicht bereit war. (Hört, hört! und Bravo! bei den National⸗ liberalen und links. Unruhe.) Darin lag, meine Herren, bei aller persönlichen Hochschätzung muß ich das sagen eine Verkennung der Sachlage. Es war Herrn von Lindequist nicht zugemutet worden, die Verantwortung für das Kongoabkommen mi

seiner Person zu decken. Das Kongoabkommen ist nur ein Teil de

gesamten politischen Abkommens über Marokko; dafür trage ich die

Verantwortung. Es war auch Herrn von Lindequist nicht zugemute

worden, das Kongoabkommen nach allen Richtungen hin zu verteidige

oder gar zu loben. (Heiterkeit links.) Ich habe von ihm nur er wartet eine objektive Prüfung vom Kolonialstandpunkt aus, wobe auch auf die Schattenseiten des Vertrages, die Abtretung des Logone gebietes, die Schlafkrankheit, die großen Konzessionsgesellschaften, di

teilweise ungünstige Konfiguration ausdrücklich hinzuweisen, nu

aber die Möglichkeit, die Hoffnung einer zukünftigen Entwicklung nicht zu bestreiten sei. (Zurufe von den Nationalliberalen.) Herr von Lindequist verweigerte aber auch ein so zurückhaltendes Eintreten für meine Politik (Bravo! und Sehr richtig! links) und erneuerte, wie ich schon erwähnte, deshalb sein Abschiedsgesuch. (Bravo! links, bei den Nationalliberalen und der Wirtschaftlichen Vereinigung.)

Noch peinlicher als das Abschiedsgesuch dieses in langjährigem Kolonialdienst bewährten Beamten (Sehr richtig! links) war die Tatsache, daß ungefähr gleichzeitig mit mir die Presse von der ablehnenden Haltung des Herrn von Lindequist in dem erwähnten Votum Kenntnis erhielt. War dies auch zweifellos ohne Zutun und gegen den Willen des Herrn von Lindequist gescheben, so blieb mir doch nunmehr nichts weiter übrig, als durch eine schleunige Erledigung des Rücktrittsgesuches für eine Weiter⸗ führung der Geschäfte des Reichskolonialamts Sorge zu tragen, die der erforderlichen Einheitlichkeit und Geschlossenheit der Reichs⸗ regierung nicht im Wege stand. (Lebhafte Zurufe links.)

Meine Herren, damit komme ich zu dem sachlichen Gegenstande zurück. Ich habe soeben ausgeführt, daß und weshalb sich unsere Kompensationsansprüche auf eine kompakte Vergrößerung Kameruns richteten; ich habe weiter ausgeführt, daß sich in dem uns zu⸗ gefallenen Teile diejenigen Landstriche befinden, die uns von den Kennern unserer Kolonien als erstrebenswert bezeichnet worden sind. Ihr Erwerb ist für die Gegenwart wertvoll und rundet zugleich Kamerun in erwünschter Weise ab. (Zurufe und Heiterkeit links.) Wir mußten aber auch Wert darauf legen, an den größten Strom Afrikas, an den Kongo, und an seinen Nebenfluß Ubangi heranzu⸗ kommen. Auch das ist uns gelungen. Ich bestreite nicht, daß wir dabei auch Länder in den Kauf nehmen mußten, die zunächst von geringerem Werte sind, und deren Verwaltung und Bewirt⸗ schaftung uns noch manche Sorgen bereiten wird. (Hört, hört! links. Zuruf von den Sozialdemokraten: Auch Geld kosten!) Daß mir die Abtretung von Logone zum mindesten ebenso un⸗ angenehm gewesen ist wie dem Kolonialamt, brauche ich nicht bervor⸗ zuheben. Aber ohne eine Art Länderaustausch war es unmöglich, das zu erreichen, was wir erreichen wollten. Die neugeschaffenen Grenzen sind das gebe ich zu zum Teil unbequem und für die Ver⸗ waltung schwierig. Aehnliche Schwierigkeiten haben aber auch schon an der bisherigen Kameruner Südgrenze und am Entenschnabel be⸗ standen.

Um diese Schwierigkeiten zu mildern, ist der Grenz⸗ kommission zur Absteckung der Grenze ein weiter Spielraum gelassen. Sie soll insbesondere auf die natürlichen Grenzen und auf die Zusammengehörigkeit der Eingeborenen Rücksicht nehmen. Sie soll zu diesem Zweck das Recht haben, bald zugunsten des einen, bald zugunsten des anderen Teils von der in großen Zügen vertraglich festgelegten Grenze abzuweichen. Sie hat nur darauf zu achten, daß im Gesamtergebnis die Abweichungen sich wieder ausgleichen.

Für den gegenseitigen Durchzugsverkehr sind weit⸗ gehende Bestimmungen getroffen. Wir haben uns gegenseitig Fort⸗ führung und Anschluß an Eisenbahnen zugesichert und kommen dadurch nötigenfalls in die Lage, mit unse en Bahnen an die großen Ströme heranzukommen. Wir gewähren den Franzosen für ihr nord⸗ östliches Kongogebiet eine Etappenstraße nach dem Kongo nach Analogie der ihnen von England am Nigerdecken zugestandenen Etappenstraße, die auf beiden Seiten zu keinerlei Schwierigkeiten geführt hat.

Der Schlußartikel des Vertrages hat keine aktuelle Bedeutung, kann eine solche aber erlangen, wenn im Kongobdecken territoriale Veränderungen vor sich gehen sollten, bei denen wir dann mitzusprechen hätten.

Meine Herren, gegen diese Kongoerwerbung hat sich nun in einem grosen Teile der Oeffentlichkeit ein Sturm der Entrüstung erhoben. (Sehr wahr! links.) Man dat bhein Wort gefunden, das scharf genug war, um die Ardeit der Negierung zu ver⸗ urteilen und vor dem Auslande zu diskreditieren. (Juruse Uhabn.) Meine Herren, man wird zu einem richtigen Urteile unr bemmem, wenn man nicht die schlechten, ader auch nicht die guten Seciten ver⸗ schweigt. Gewiß, ich wiederhole, es befinden sich unter demm Po⸗ worbenen minder wertvolle, dielleicht sogar schlechte Stüche, genan wie dies in allen Kolonien, die sich gegenwärtig in unserem Besie be⸗ finden, der Fall ist. (Hört, hört! bei den Saztaldemekvaten⸗)

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