1911 / 285 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 04 Dec 1911 18:00:01 GMT) scan diff

mwmotchen.

schlägen in

haben, verhaftet worden.

Lebus und der neuernannte Regierungsassessor Dr. Eichhorn aus Cöln dem Landrat des Kreises Apenrade zur Hilfeleistung in den landrätlichen Geschäften zugeteilt worden.

Laut Meldung des „W. T. B. sind S. M. SS. „Berlin“ und „Eber“ vorgestern in Tanger und S. M. S. „Jaguar“ am 29. November in Pakhoi eingetroffen. .“

Görlitz, 2. Dezember. Der Kommunallandtag⸗-des Preußischen Markgraftums Oberlausitz ist heute nach Erledigung seiner Geschäfte von dem Landeshauptmann von Wiedebach und Nostitz⸗Jänkendorf mit einem Hoch auf Seine Majestät den König und Markgrafen, in das die Anwesenden begeistert einstimmten, geschlossen worden.

Hannover, 4. Dezember. Die achte ordentliche Landessynode der evangelisch⸗lutherischen Kirche der Provinz Hannover überwies, dem „Hannov. Courier“ zufolge, in ihrer zweiten Sitzung (am 29. November) den Ent⸗ wurf wegen Abänderung des Kirchengesetzes vom 7. Juni 1900, betreffend die Bildung von Gesamtverbänden, an eine sechsgliederige Kommission; zu der Vorlage, betreffend die Ver⸗ legung der Marienfeste im Osnabrücker Land, wurde ein Vermittlungsantrag angenommen, der die Wirksamkeit der Vorlage auf die Inspektionen Badbergen, Bramsche und Georgs⸗ Marienhütte beschränken will. In der Sitzung am 30. No⸗ vember wurde die Vorlage, betreffend die Feststellung der Wahlkreise zur Landessynode, einem Ausschuß über⸗ wiesen. In der Sitzung am 1. Dezember gab der Konsistorial⸗ rat Köhler⸗Hannover namens der Kirchenregierung folgende Erklärung, betreffend die Feuerbestattung: Das König⸗ liche Landeskonsistorium ist nach wie vor ernstlich be⸗ müht, die durch Tradition geheiligte, von hohen Gemüts⸗ werten umkleidete Sitte der Erdbestattung nach Möglich⸗ keit aufrecht zu erhalten. Das ist in dem Erlaß auch zum Ausdruck gebracht. Anderseits mußte den veränderten Verhältnissen Rechnung getragen werden. 1897 stand die Be⸗ fürchtung im Vordergrunde, daß die Bewegung für Feuerbestattung von antikirchlichen Tendenzen getragen sei. Diese Befürchtung ist inzwischen gegenstandslos geworden. Aber es ist zu be⸗ fürchten, daß antikirchliche Tendenzen sich jetzt einen starken Widerstand zunutze machen würden. Nachdem die Feuer⸗ bestattung Legalität erlangt hat, würde es verwirrend gewirkt haben, wenn wir den alten Standpunkt festgehalten hätten. Wir durften nicht versäumen, der neu auffkommenden und dem christlichen Glauben nach allseitigem Zugeständnis nicht wider⸗ streitenden Sitte eine kirchliche bezw. christliche Seele zu geben. Der Erlaß läßt Freiheit und schont die Gewissen.

Braunschweig.

Bei den vorgestern vollzogenen Stichwahlen zur Landesversammlung sind, wie „W. T. B.“ meldet, die bürgerlichen Kandidaten mit überwiegender Mehrheit gewählt

Oesterreich⸗Ungarn.

Der Kaiser Franz Joseph hat an den General der Infanterie Freisencn Conrad von Hötzendorf folgendes Handschreiben erlassen:

Indem ich es als wünschenswert erachte, Ihre hervorragenden

ührereigenschaften und Ihr reiches militärisches Wissen, gepaart mit seltenen Erfahrungen, auch auf anderen Dienstgebieten zum Wohle des Heeres zu verwerten, enthebe ich Sie vom Posten des Chefs des

Generalstabes meiner gesamten bewaffneten Macht und ernenne Sie

zum Armceinspektor. In dankbarster Anerkennung Ihres aus⸗ seseeen und überaus hingebungsvollen Wirkens in Ihrer bis⸗ erigen Stellung verleihe ich Ihnen das Großkreuz meines Leopold⸗ ordens mit Nachsicht der Taxe.

Das Armeeverordnungsblatt veröffentlicht das Kaiserliche

Handschreiben, durch das der Feldmarschalleutnant v. Schemua

zum Chef des Generalstabes ernannt wird.

Frankreich.

Igm gestrigen Ministerrat ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ der Generalsekretär des Gouvernements Algerien

arnier zum Ziviloberkommissar im algerisch⸗ marokkanischen Grenzgebiet mit den Befugnissen eines Gouverneurs in den Kolonien ernannt worden.

Von Pariser Blättern wird über die bevorstehenden französisch⸗spanischen Verhandlungen, obiger Quelle zufolge, anscheinend offiziös gemeldet, die französische Regierung habe in ihren dem Foreign Office unterbreiteten Vor⸗ erster Reihe die Revision des französisch⸗ spanischen Abkommens von 1904 sowie Bürgschaften für den freien Zugang nach Tanger verlangt, wo etwa nach dem Muster von Schanghai eine internationale Gemeindevertretung errichtet werden solle, die behufs Verwaltung der Küste über eine entsprechende Polizei verfügen würde. In der spa⸗ nischen Zone würde die Souveränität des Sultans dem Namen nach aufrecht erhalten bleiben, doch würde Spanien das Recht zur Ueberwachung der scherifischen Verwaltung erhalten, was notgedrungen das Recht militärischer Besetzung zur Folge haben würde. Spanien würde demnach in seiner Zone unter gewissen Bedingungen eine Art von Protektorat ausüben, sodaß in Marokko ein französisch⸗spanisches Kondominium eingeführt würde. Diese Vorschläge sollen in einigen Tagen dem Madrider Kabinett mitgeteilt werden.

Rußland. 1“

Die Reichsduma hat vorgestern die Generaldebatten über die Vorlage, betreffend die Beamtenverantwortlich⸗ keit, beendet und die Spezialdebatten begonnen. Wie „W. T. B.“ meldet, wurde mit 126 gegen 61 Stimmen die Bestimmung angenommen, Amtsverbrechen der Gerichtsbarkeit des Ge⸗ schworenengerichts zu unterwerfen. 8

Portugal. Das Parlament ist vorgestern zu einer neuen Session zusammengetreten, die, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, vier Monate dauern soll. Die bisherigen Präsidien wurden in Senat und Kammer emstimmig wiedergewählt. Der frühere Minister José Azevedo ist vorgestern bei Villa Real in Traz os Montes unter der Beschuldigung, an der Verschwörung gegen die Republik teilgenommen zu

8

Der Minister des Aeußern van Swinderen hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ eine Kommission eingesetzt, die die III. Haager Friedenskonferenz vorbereiten soll.

Amerika.

Der dominikanische Kongreß hat, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, vorgestern den Senator Ela dio Viktoria

um Präsidenten der Republik gewählt. Seine Wahl behält

is zur Bestätigung durch die Volkswahl provisorischen Charakker. Asien. Ddie persische Regierung hat auf das russische Ulti⸗ matum in ruhiger Sprache geantwortet und nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ die Gründe dargelegt, die es bewogen haben, die russischen Forderungen zurückzuweisen. In der Antwort wird die russische Regierung aufgefordert, die Tatsachen eingehender zu prüfen und alsdann ihre Forderungen von neuem zu formulieren. In Teheran herrscht große Erregung. Die Basare und Läden sind geschlossen. Russischer Tee und Zucger werden boykottiert. In den Straßen haben russen⸗ eindliche Kundgebungen stattgefunden. Der Straßenbahn⸗ verkehr, der von einer belgischen Gesellschast unter⸗ halten wird, ist von der Menge unterbrochen worden, da sie die Straßenbahn für ein russisches Unternehmen hält. Auf zwei politisch wenig bedeutende Personen sind Mord⸗ anschläge verübt worden. Ein Telegramm aus Kaswin be⸗ richtet, daß die russischen Truppen in Rescht die dortige persische Miliz entwaffnet und das Telegraphenamt besetzt haben. Aus allen Teilen der Provinz treffen Telegramme ein, die dem Medschlis Unterstützung anbieten.

Das in Bombay eingetroffene englische Königspaar ging vorgestern nachmittag an Land und wurde, „W. T. B.“ zufolge, von dem Vizekönige von Indien und dem Gouverneur von Bombay empfangen. Nach einer Rundfahrt durch die Stadt kehrten der König und die Königin, die von der Be⸗ begeistert begrüßt wurden, an Bord der „Medina“ zurück.

Nach Meldungen des „Reuterschen Bureaus“ ist die Tatarenstadt von Nanking mit Erlaubnis der Behörden geplündert und eingeäschert worden. Sonst vollzog sich die Besetzung von Nanking durch die Aufständischen ordnungs⸗ mäßig. Wie der „Daily Telegraph“ meldet, haben sich der Vizekönig Chang und der Tatarengeneral Tiehling nach der Einnahme von Nanking in das deutsche Konsulat geflüchtet.

In Urga ist von verabschiedeten chinesischen Beamten die Unabhängigkeit der Mongolei erklärt worden.

Von dem gegenwärtig vor Schanghai liegenden öster⸗ reichischen Kreuzer „Kaiser Franz Joseph I.“ sind, „W. T. B.“ zufolge, ein Schiffsleutnant mit 38 Mann zum Schutze der österreichischen Niederlassung in Tientsin sowie ein Fregattenleutnant, ein Schiffsarzt und 42 Mann zur Ver⸗ stärkung des Wachdetachements der österreichischen Gesandtschaft in Peking mit Dampfer nach Tientsin abgegangen.

Afrika. 8

Nach Meldungen der „Agenzia Stefani“ aus Tripolis gingen vorgestern vormittag ein Bataillon des 52. Infanterie⸗ regiments, ein Alpenjägerbataillon, das 15. und 33. Bataillon der Bersaglieri und die 2. Pionierkompagie vom rechten Flügel der italienischen Ostfront aus vor, um die Frontlinie in der Richtung auf das kleine Fort Messri vorzuschieben. Gegenüber standen beträchtliche Abteilungen türkischer Linientruppen und Araber. Nach längerer Beschießung der feind⸗ lichen Stellung durch Infanterie und Gebirgsbatterien rückten die Truppen zum Angriff vor und nahmen die bezeichnete Stellung mit dem Bajonett. Die Artillerie verfolgte den in Unordnung sich zurückziehenden Feind mit ihrem Feuer. Der Angriff wurde auch durch die bei Fort Messri aufgestellte Artillerie, die eine südlich stehende feindliche Feldbatterie niederkämpfte, sowie durch einen Vorstoß anderer von Henni aus gegen die Flanke der Gegner vorgehender Truppenteile unterstützt. Nach Besetzung der bezeichneten Stellung bei Messri begannen Infanterieabteilungen und Pioniere sofort, sie zu verstärken und das Schußfeld freizumachen. Am Nach⸗ mittag feuerte der „Carlo Alberto“ auf Zeichen des Drachen⸗ ballons gegen Fornaci. Nach wenigen wirkungsvollen Schüssen beobachtete man vom Drachenballon, wie sich zwei türkische Kolonnen in Hast nach dem Innern der Oase zurückzogen. Durch Flieger wurde festgestellt, daß die Gegend bei Zanzur fast und die Straße nach Azizie gänzlich frei vom Feinde war.

In Homs wurden am Freitag drei Kompagnien auf einem Erkundungszuge heftig beschossen, mit Hilfe von zwei weiteren Kompagnien und einigen Batterien wurde der Feind zurück⸗ geworfen und bis zu den Ruinen von Lebdah verfolgt. Die Italiener verloren zwei Tote und zehn Verwundete, der Feind erlitt beträchtliche Verluste. Wie die „Agence Havas“ aus Derna meldet, machten vorgestern ungefähr tausend Türken und Araber auf die Südfront der Italiener einen allgemeknen Angriff, wurden aber durch heftiges Artilleriefeuer zurückgetrieben. Der⸗ selben Quelle zufolge hat das Linienschiff „Ré Umberto“ die Beschießung Tagiuras begonnen, nachdem ein Torpedo⸗ boot in seiner Begleitung einen Drachenballon von Tripolis dorthin geschleppt hatte.

Das Anerbieten des Deutschen Zentralkomitees vom Roten Kreuz zur Hilfeleistung im Kriege hat die türkische Regierung mit wärmstem Dank angenommen; das italienische Rote Kreuz hat unter Hinweis auf die vaterländische Opfer⸗ willigkeit in Italien auswärtige Hilfe dankend abgelehnt.

Koloniales.

Die Zinnerzfunde in Deutsch Südwestafrika.

In den bergmännischen Kreisen von Johannesburg in Transvaal erregt zurzeit ein von dem Geologen Dr. Jorrisen aus Deutsch⸗ Südwestafrika eingeführtes und ausgestelltes, über 300 Pfund schweres Zinnerzstück berechtigtes Aufsehen. Dieses Stück ist nur ein Teil eines ursprünglich mehr als 500 Pfund wiegenden Klumpens und stammt von der Farm Dawib, 25 km nördlich von Usakos. In einem am 16. Oktober in der Geological Society of South Africa gehaltenen Vortrage berichtete Jorrisen dazu folgendes: war hat man über das Iinnvorkommen bisher noch keine tiefergehenden Untersuchungen angestellt, doch ist man auf Grund der gemachten Funde durchaus zu der Annahme berechtigt, daß wir es in dem besagten Gebiet mit ausgedehnten, abbauwürdigen Lager⸗ stätten zu tun haben. Die Fundorte liegen in einer welligen, aus Quarzglimmerschiefern und Quarzitschichten aufgebauten Ebene, aus der der Erongoberg als ein mächtiger intrusiver Granitblock her⸗ vorragt. ahlreiche Gänge von Felsit, feinkörnigem Granit und Granitporphyr durchziehen von hier aus vielfältig die geschichteten

Steine. Viele Kilometer weit lassen sich diese Ausläufer von der

Hauptgranitmasse aus verfolgen. Außerordentlich zahlreich sind auch die Pegmatiteinlagerungen. Man kann mehrere Phasen der Intrusion unterscheiden; die hauptsächlich in Betracht kommenden sind: 1) die Hauptintrusion mit den gleichzeitigen abgesonderten Pegmatitintrusionen, 2) die Granitporphyrphase, 3) Intrusionen greisenartiger Granite, 4) Intrusionen roten, nicht veränderten Granits. Das relative Alter der Felsitintrusionen ist noch unbestimmt. Jede einzelne Phase scheint von einer Zinnerzbildung begleitet zu sein, am meisten in der Umgebung der Granitporphyre. Das beste Zinn kommt in Intrusionen eines groben weißen Pegmatits vor, der aus Feldspat, Quarz und Glimmer be⸗ steht und hier und da einzelne Turmalinkristalle enthält. Das Zinnerz tritt meist an Stelle des Feldspats an den Spalten entlang auf. Jorrisen schloß seinen Bericht ungefähr mit folgenden Worten: Die außerordentliche Größe der Zinnerzkristalle, die verschiedenen Arten des Vorkommens, die mächtige Ausdehnung der Lagerstätten berechtigen in der Tat zu den weitestgehenden Hoffnungen. Dem Abbau n. keine unüberwindlichen Schwierigkeiten entgegen, im Gegenteil wird er durch die Nähe der Eisenbahn wesentlich begünstigt. (Nach den „Mitteilungen der Deutschen Kolonialgesellschaft“.)

11“

Deutscher Kolonialtabak.

Wenn man von Tabak aus den deutschen Schutzgebieten spricht, so erweckt dies nicht überall Wohlgefallen. Die in den ersten Jahren unserer kolonialen unternommenen Versuche, das duftende Kraut für den deutschen Raucher auch in eigenen Kolonien zu erzeugen, sind durchweg Mißerfolge gewesen. Die Aelteren erinnern sich der dürftigen Ergebnisse der Bibundi⸗Gesellschaft und wissen, daß auch die vorsichtig arbeitende und fest gegründete Neuguinea⸗Kompagnie die Kultur des Tabaks wieder aufgegeben hat. In den letzten Jahren hörten wir nur von südwestafrikanischem Tabak, wo⸗ bei stillschweigend angenommen wurde, daß es sich hierbei um ein für eingeborene farbige Arbeiter bestimmtes Erzeugnis zum Ersatz des amerikanischen Plattentabaks handle. Und doch sind die Böden unserer Kolonien nicht ungeeignet für diese Kultur; nur muß die richtige Auswahl getroffen und müssen die Vorbedingungen sorgsam studiert werden. Das beweist ein Erfolg, den der Kameruner Pflanzer Raethke aus Esosung erzielt hat. Dieser hat vor einigen Wochen 56 Ballen auf seiner genannten Pflanzung in Kamerun ge⸗ wachsenen Tabaks auf den Bremer Markt geliefert, der bei den Fach⸗ leuten und Kennern die größte Ueberraschung nach der erfreulichen Seite hervorgerufen hat. Es gehören diese fast 100 Zentner wiegenden Tabakballen zu den allerbesten Tabaksorten der ganzen Welt. Aroma und Geschmack sind sehr mild und sehr fein, sodaß selbst die dunkleren Blätter von den empfindlichsten Rauchern mit gleichem Genuß und gleicher Bekömmlichkeit geraucht werden können wie die hellfarbigen Blätter. Außerdem ist der Brand des Krautes sehr gut und nicht zu übertreffen. So hat denn diese Kameruner Ware auf dem Bremer Markt einen Preis erzielt, der die schon hoch gespannten Erwartungen noch erheblich übertroffen hat; sie wurde von einer süddeutschen Firma angekauft, und dabei wurde ein Durchschnittspreis von 4,50 für das Pfund erzielt. Einzelne Partien des Tabaks erbrachten sogar für das Pfund 12 bis 15 ℳ. Der genannte Pflanzer hat damit auch den Preis des Herrn E. A. Oldemeyer, Bremen, errungen. Der bekannte Kolonial⸗ freund der Hansastadt hat vor zwei Jahren für ein Mindestquantum von 100 Zentnern auf einer Pflanzung in den deutschen Schutzgebieten gewachsenen Tabaks, der in Bremen für brauchbares Deckmaterial anerkannt wird und am Bremer Markt einen ausreichenden Preis erzielt, um eine genügende Rentabilität für die dauernde Fortsetzung des Anbaues zu versprechen, einen Preis von 3000 ausgesetzt und in diesem Jahre anläßlich der Tagung der Deutschen Kolonialgesellschaft in Stuttgart die Summe verdoppelt. Sowohl die Bremer Handelskammer wie das Kolonialwirtschaftliche Komitee ist der Ansicht, daß die Be⸗ dingungen des Preisausschreibens erfüllt sind, obwohl ein ganz geringes Quantum an der oben erwähnten Menge fehlt. Das Ganze scheint ein Beispiel für die alte Erfahrung zu sein, daß in der Kolonial⸗ wirtschaft ein vorübergehender Mißerfolg in irgendeiner Kultur noch nicht zu bedeuten braucht, daß die fragliche Kultur für eine Kolonie ungeeignet ist. Die Mißerfolge früherer Jahre im kolonialen Tabak⸗ bau sind eben auf das Konto „Lehrgeld“ zu buchen. (Nach den „Mitteilungen der Deutschen Kolonialgesellschaft“.)

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung des Reichs⸗ tags befindet sich in der Ersten Beilage.

Der Reichstag nahm in der heutigen (216.) Sitzung, an welcher der Staatssekretär des Reichsschatzamts Wermut teilnahm, den Gesetzentwurf über die Verlängerung der Gültigkeitsbdauer des Gesetzes, betreffend die militärische Strafrechtspflege im Kiautschougebiet, vom 25. Juni 1900 in erster und in zweiter Beratung an.

„Es folgte der Bericht der Budgetkommission über Petitionen von Beamten der Reichspost⸗ und Telegraphenver⸗ waltung; die Petitionen beziehen sich auf die Rechtsverhältnisse der Oberpost⸗ und Telegraphenassistenten, auf die Gewährung von Zulagen, Rangerhöhungen usw.

Die Kommission (Berichterstatter Abg. Eickhoff ffortschr. Volksp.]) beantragt, sämtliche Petitionen durch die vom Reichs⸗ tage am 10. März 1911 mit 257 gegen 55 Stimmen an⸗ genommene Resolution der Budgetkommission für erledigt zu erklären.

Das Haus beschloß demgemäß.

Es folgten 23 Berichte der Petitions

(Schluß des Blattes.) v“

Zur Arbeiterbewegung. 11““

Infolge eines Formerstreiks, der am letzt stag i Uniongießerei, Fabrik für 88E“ i. Pr. wegen Meinungsverschiedenheiten im Arbeitsverhältnis ausbrach, verfügte am Sonnabend, wie „W. T. B.“ meldet, die Direktion die Aussperrung der Arbeiter für alle Betriebsabteilungen. Es üaes * 2eg Arbeiter in Frage. 8

Der französische Marineminister hat, „W. T. B.“ zuf dem Seepräfekten von Cherbourg den Befehl 4* Fanefolge⸗ dortigen Arsenalarbeiter nach dem Beispiel der Arsenalarbeiter von Lorient zum passiven Widerstand greifen sollten, unverzüglich sämtliche Streikhetzer aus dem Arsenal auszuweisen. Aus Lortent wird gemeldet: Das Syndikat der Arsenalarbeiter hat es ab⸗ gelehnt, den Ausstand sofort zu verkünden, jedoch soll die Bewegung 2 Budgets wieder aufgenommen werden, falls 1. Vernschen der Arsenalarbeiter nich Genüge leistet. (Vgl.

8 5

8 (Weitere „Statistische 2

v.“ 8

Wohlfahrtspflege.

Erleichterung der Beschaffung von Wohnungseinrich⸗ tungen und Haushaltungsgegenständen für Arbeiter durch Arbeitgeber.

Das Familienleben einer Arbeiterfamilie beginnt oft mit schweren wirtschaftlichen Sorgen. Diese verdanken ihre Entstehung vielfach den leichtfertig mit Abzahlungsgeschäften eingegangenen Verbindungen, um die Beschaffung des notwendigen Hausrats, der Betten, Wäsche usw. möglichst bequem zu erzielen. Gewöhnlich erfolgt erst nach der Ehe⸗ schließung der klare Ueberblick über die eingegangenen Verpflichtungen, und Mißmut und Verstimmung sind nun die unerwünschten Hochzeits⸗

aben. Meistens stellt sich auch heraus, daß die „gekauften“ Gegen⸗ tände in Güte und Aufmachung nicht dem erstgewonnenen Ein⸗ druck entsprechen und daher oft zu teuer erstanden sind. Es bietet sich hier eine lohnende Gelegenheit für wohlwollend gesinnte Arbeit⸗ geber, helfend und beratend einzugreifen. Große Firmen, die über

usstellungsräume, Kontrollpersonal, besondere Kasseneinrichtungen usw. verfügen, können durch Einrichtung von Musterwohnungen, durch Er⸗ läuterung und Vorführung praktischer Wirtschaftsgegenstände und schließlich durch Vermittlung des Ankaufs von Hausgerät unter erleichterten Zahlungsbedingungen viel für ihre Werksangehörigen tun im Sinne der Erlangung einer geschmackvollen, zweck⸗ mäßigen, billigen und soliden Wohnungseinrichtung. Aber auch die Inhaber von Arbeitsstätten mit weniger zahlreichem Personal können für die Förderung wirtschaftlicher Einsicht und namentlich für die Umgehung der Abzahlungsgeschäfte schon gute Dienste tun, wenn sie denjenigen ihrer Arbeiter, die eine Familie begründen wollen, Ge⸗ legenheit bieten, im Geschäftskontor Möbel⸗ und sonstige Aus⸗ stattungskataloge bewährter Firmen einsehen zu können, und wenn sie ihnen bei der Beschaffung der ausgewählten Gegenstände zur Hand gehen. Es ist bei Kundgebung solcher Absichten auch gewiß auf ein Entgegenkommen der Möbelfabrikanten zu rechnen. enn letztere wissen, daß ihnen die Firma eine Sicherheit für pünktliche Zahlung bietet, so werden sie auch die Preise ihrer Waren herabsetzen können und sich überhaupt bemühen, durch Lieferung bester Waren sich das Vertrauen der vermittelnden Firma zu erhalten.

Gute Anregungen für Erleichterungen von Hausratsbeschaffungen für Werksangehörige geben die kürzlich von den bekannten vorm. Baverschen Farbenfabriken in Elberfeld und Leverkusen erlassenen einschlägigen „Bestimmungen“, die im neuesten Heft der vom Zentralverein für das Wohl der arbeitenden Klassen heraus⸗ gegebenen Vierteljahrsschrift „Der Arbeiterfreund“ mitgeteilt werden. Um den oben berührten Mißständen zu begegnen und um von unbemittelten jungen Eheleuten und Familien, die genötigt sind, ihre Wohnungseinrichtung zu beschaffen oder zu ergänzen, oft jahrelange Bedrängnis fernzuhalten, hat die Firma mit soliden Geschäftsfirmen Verträge über die Lieferung preiswerter Moöͤbel und Haushaltungsgegenstände aller Art abgeschlossen, die sie zum Selbstkostenpreise an ihre Werksangehörigen abgibt. Die Direktion der Farbenfabriken ist nun freilich im Besitz eines neuerrichteten großartigen Kaufhauses und kann in deren Räumen Mustereinrichtungen entsprechender Art und alles, was zur sinnigen Ausschmückung von Arbeiterwohnungen dient, ausstellen und erläutern. Wo aber solche Orientierungseinrichtungen nicht zu Gebote stehen, können doch die sonstigen Vorkehrungen in dieser Wohlfahrtseinrichtung gut Nachahmung finden, insbesondere diejenigen, die sich auf die Zahlungsleistungen der Abnehmer beziehen. Diese Zahlungsbedingungen lauten, wie folgt: Der Erwerber muß mindestens 1 Jahr im Dienste der Farbenfabriken stehen und durch eine einwandfreie Führung die nötigen Garantien dafür bieten, daß er gewillt ist, die ein⸗ gegangenen Verpflichtungen gewissenhaft zu erfüllen. Die Möbel werden zunächst nur mietweise überlassen. An Miete sind jährlich 6 % des Anschaffungswerts zu zahlen. Die Miete ist in Wochen⸗ beträgen bei der Lohnzahlung bar zu entrichten. Bei einem An⸗ schaffunaswerte von 500 beträgt also die Miete jährlich 30 ℳ, die in 50 Wochenraten zu 60 eingezogen wird. Als Anzahlung auf den zukünftigen Kauf der Möbel hat der Mieter wenigstens 10 % des Kaufpreises zu leisten. Die Anzahlung wird auf den Namen des Mieters in der Sparkasse für Arbeiter der Farbenfabriken an⸗ gelegt und zu 5 % verzinst. Außerdem muß der Mieter sich verpflichten, sich wöchentlich 1 % des Anschaffungswerts (also bei einem Anschaffungswerte von 500 5 ℳ) von seinem Lohne ein⸗ halten zu lassen und diese Beträge ebenfalls der Sparkasse für Arbeiter der Farbenfabriken zu überweisen, die sie zu 5 % verzinst. Der Mieter muß sic ferner bereit erklären, die in die Sparkasse eingezahlten Gelder so lange stehen zu lassen, bis sie die Höhe des Anschaffungs⸗ werts abzüglich der bis dahin geleisteten Mietzinsen erreicht haben. Sobald das Guthaben des Mieters in der Sparkasse und die ge⸗ leisteten Mietbeträage zusammen die Höhe des Anschaffungs⸗ wertes erreicht haben, gehen die Möbel in das Eigentum des Er⸗ werbers über. Im ganzen muß also jemand, der für 500 Möbel kauft. 50 anzahlen und jede Woche 5,60 abzahlen. Es steht den Erwerbern natürlich frei, auch höhere als die genannten Ab⸗ zahlungen auf den zukünftigen Kauf zu leisten. Nimmt der Mieter seine Entlassung oder tritt er aus anderen Gründen von dem Miet⸗ vertrage zurück, so hat er entweder den Restbetrag in bar zu entrichten oder die Möbel wieder herauszugeben. Im letzteren Falle erhält er dann das angesammelte Sparkassenguthaben zurück nach Abzug des Betrages, der für etwa nötige Reparaturen an den Möbeln er⸗ forderlich ist. 11 ö

.. T“

Die Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung, Berlin NW. 52, die in den ersten 10 Monaten des laufenden Jahres wiederum an 6857 Bibliotheken 151 032 Bände abgegeben hat, darunter an 1843 Wanderbibliotheken 70 440 Bände, veröffentlicht ihren Katalog „Bücher für Volksbibliotheken“ in neuer, 13. Auflage. Die Gesellschaft stellt ihn allen Interessenten mit anderen Druck⸗ sachen, die über das volkstümliche Bibliothekswesen unterrichten, un⸗

entgeltlich zur Verfügung.

Kunst und Wissenschaft.

8 Im Ausstellungsraum der Bibliothek des Königlichen Kunst⸗ ewerbemuseums, Prinz Albrecht⸗Straße 7a, sind im Monat Dezember Drucke der englischen Künstlerpressen ausgestellt.

Im Verein für deutsches Kunstgewerbe sprach am Mittwoch der Regierungsrat im Kultusministerium Blunck als Stellvertreter des Konservators der Kunstdenkmäler über Wege und Ziele der Denkmalpflege in Preußen. Seine Ausführungen waren in Kürze folgende: Der Begriff der Denkmalpflege ist neueren Datums. Noch das Mittelalter kennt nur das Denkmal im eigent⸗ lichen Wortsinne. Erst im neunzehnten Jahrhundert entwickelt sich die Ueberzeugung, daß wir die Pflicht haben, alles das zu erhalten, was Zeugnis von geistigem oder künstlerischem Schaffen der Ver⸗ gangenheit ablegt. Soweit der Stoff, aus dem diese Denkmäler geschaffen sind, sich als vergänglich erweist, genügt der Denkmalschutz allein nicht, sondern dann muß auch die Pflege eintreten. ehen hat die Denkmalpflege seinem Kultusministerium unterstellt und 1843 von Quast zu seinem ersten Konservator ernannt. Heute ist der Geheime Oberregierungsrat Lutsch als Konservator tätig, dem seit 1907 ein Regierungsrat zur Seite steht. Nach dem Erlaß des Dotationsgesetzes im Jahre 1875 ist den Provinzen ein wesentlicher

geil der Denkmalpflege übertragen; sie haben dazu Kommissionen ge⸗ bildet, deren ausführende Organe die Provinzialkonservatoren sind. Diese üben ihre Konservatorentätigkeit zumeist im Nebenamte oder im Ehren⸗ amte aus, sie sind zugleich Delegierte des Konservators in Berlin, mit dem sie Hand in Hand arbeiten sollen. Die Tätigkeit der Konservatoren ist lediglich begutachtend, doch haben sie das Recht, die Fortführung von Arbeiten zu untersagen, die einem Denkmal Gefahr bringen. Ihre Pflicht ist, allen Behörden und Privaten jederzeit unentgeltlich Auskunft und Rat zu erteilen über die Erhaltung, die Pflege, den

88

Schutz von Denkmälern. Wünschenswert wäre es, wenn alle Provinzen selbständige Denkmälerarchive anlegen könnten. Die Auf⸗ gabe der Denkmalpflege gipfelt im Anlegen eines Verzeichnisses der Denkmäler, im Wecken des öffentlichen und privaten Interesses und in der Erhaltung der Denkmäler. Das erste Inventar erschien 1867 mit dem Regterungsbezirk Cassel und seitdem ist die Arbeit rüstig weitergeschritten. Sie wird von den 1S. geleistet, aber staatlich unterstützt durch die Tätigkeit der

öniglichen Meßbildanstalt, welche die wichtigsten Baudenkmäler ganz Preußens photographisch und zeichnerisch festlegt. Die Sicherung und oft unvermeidliche Wiederherstellung der Denkmäler bildet die Hauptaufgabe der Denkmalpflege. Man unterscheidet tote und lebende Denkmäler. Als tote Denkmäler bezeichnet man die Bauten und anderen Kunstwerke, die nicht mehr in Benutzung stehen. Soweit sich diese Werke haben in großen Museen unterbringen lassen, sind sie heute wohl sachgemäßer Behandlung sicher. Trotzdem ist aber vom Standpunkte der Denkmalpflege ein Anwachsen der Museen auf Kosten der freien Denkmäler im allgemeinen nicht erwünscht; nur weil letztere bei dem heutigen Stande der Denkmalpflegeeinrichtungen dauernd in Gefahr sind, ruft der Konservator vielfach nach den Museen, um wichtige Stücke überhaupt retten zu können. Bei toten Bauwerken muß man dafür sorgen, daß sie nicht eine Umgebung erhalten, durch die sie künstlerisch und wissenschaftlich eine Einbuße erleiden. Schwieriger gestaltet sich die Wirksamkeit den lebenden, noch in Benutzung stehenden Baudenkmälern gegenüber. Ihnen kann Schutz und Pflege nur soweit zuteil werden, als ihr Gebrauchszweck es zuläßt. Vorallen Dingen soll man sie nicht auf neu restaurieren, sondern ihnen ihre Patina, also ihre alte verblichene Farbe, ihre abgeschliffenen Kanten, ihre schiefen Wände und sonstigen im Laufe der Zeit entstandenen sogenannten Schönheits⸗ fehler belassen. Größte Sorgfalt muß man aufwenden, wenn der Gebrauchszweck es fordert, daß man zur alten Substanz des Denkmals neue fügen, also daß man es erweitern oder mit neuen Bauwerken in Verbindung bringen muß. Naive Zeiten, die den Begriff der Denk⸗ malpflege noch nicht kannten, haben diese Aufgaben zumeist künstlerisch gut gelöst, indem sie Altes und Neues zu einer Einheit zusammen⸗ schweißten, allerdings oft mit großer Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Altbestande. Als in der ersten Zeit der Denkmalpflege die Wissenschaftlich⸗ keit stark in den Vordergrund trat, also in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, führte der Purismus zu einem unkünstlerischen, trockenen Verfahren, dem aber wegen seiner Einheitlichkeit eine gewisse Größe nicht mangelt. In der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, als man auch für Neubauten alle alten Stile heranzog, gab man den Gedanken formaler Einheit auf und so kommt es, daß Erweiterungsbauten dieser Zeit oft mehr schlechten Museen als Kunstwerken gleichen. Heute neigt man wieder mehr der Auffassung der naiven Zeit zu und bemüht sich, Altes und Neues zu künstlerischer Einheit zusammenzuschließen, allerdings heute mit derjenigen Pietät, welche die Wissenschaft mit Recht fordert. Dabei ist die Formensprache, der man sich bedient, gleichgültig, denn jede wirkliche Kunst ist stets modern. Um das Interesse für die Denkmalpflege zu wecken und zu stärken, ist im Jahre 1899 eine Zeitschrift für Denkmalpflege begründet, und in gleicher Ab⸗ sicht wurde im Jahre 1908 eine Lehrstelle für Denkmalpflege an der Technischen Hochschule zu Berlin eingerichtet, deren Inhaber der Vor⸗ tragende ist. Der Belebung des Interesses dient auch im besonderen Maße die freie Tagung für Denkmalpflege, die alljährlich stattfindet. Sie bildet zugleich ein wertvolles Bindeglied zwischen den preu⸗ ßischen Konservatoren und denen des übrigen Deutschlands. An einer großen Reihe bemerkenswerter Lichtbilder erläuterte der Vortragende noch seine Ausführungen. Sie ließen erkennen, daß es der (jetzt aus Mangel an Mitteln zumeist ausgeschlossenen) Mitwirkung der besten wissenschaftlichen und künstlerischen Kräfte bedarf, wenn die gesteckten 8 erreicht werden sollen. Die Königliche Meßbildanstalt hatte eine

eihe von trefflichen Aufnahmen ausgestellt und der Leiter der Anstalt erläuterte, wie man verfährt, um die Aufnahmen herzustellen und aus ihnen risse, Aufrisse und Schnitte der Gebäu

A. F. Ueber „Tripolitanien, seine Dasen und sein Hinterland“ sprach letzten Sonnabend im Theatersaal der „Urania“ der durch seine weiten Reisen und seine fesselnde, mit Humor gewürzte Vortragsweise wohlbekannte Geheime Rat Ernst von Hesse⸗ Wartegg. Das Thema war, dem derzeitigen gesteigerten Interesse an diesem Teil Nordafrikas entsprechend, geschickt gewählt, und ebenso geschickt und die Zuhörerschaft von Anfang bis zum Ende gefesselt haltend und sie häufig zu Heiterkeit fort⸗ reißend, wurde es durchgeführt. Der Redner kennt Tripolis, das die Küstenebene von dem Innern trennende Dschebel⸗Gebirge und das zumeist wüstenähnliche, doch auch von fruchtbaren und wasser⸗ reichen Oasen unterbrochene Innere des Landes gründlich seit 25 Jahren. Er wußte zu erzählen von dem für eine orientalische Stadt bemerkenswert reinlichen Tripolis und von seinen Be⸗ wohnern, unter denen neben den Arabern die Juden eine bedeutende Rolle spielen, und zwar nicht aus Spanien eingewanderte, sondern von Suͤüdosten zugewanderte Juden, die in Aegypten vielleicht zurück⸗ geblleben waren, als Moses an der Spitze des größten Teils seines Volkes auswanderte. Der Redner ließ sich dann von seinen Zuhörern durch einen die Stadt südwärts umschließenden prächtigen Palmen⸗ gürtel, denselben, der jetzt von den Italienern zerstört wird, nach dem Gebirge begleiten, schilderte dessen Eigenart, seine Gärten und Landhäuser, doch auch seine Befestigungen, welche den Italienern voraussichtlich noch große Schwierigkeiten bereiten werden. Landeinwärts ist zunächst der Anblick einer ausgedehnten Wüste trostlos. Das Bild ändert sich aber, sobald man auf Oasen trifft, deren es eine beträchtliche Anzahl gibt. Hier gedeihen die Dattelpalmen prächtig; die Hütten der Eingeborenen sind häufig um den Stamm herum angelegt, der sich im Innenraum wie eine schlanke Säule ansieht; doch auch andere Nutzgewächse, Oliven, Pistazien, Feigenbäume bringen reichliche Frucht. Seltsam ist, wie man dem Feuchtigkeit liebenden Feigenbaum den Durst stillt. Um ihn dem Grundwasser genügend nahe zu bringen, pflanzt man ihn in eine tiefe Grube, was dann zur Folge hat, daß die Krone sich wenig über der Erdoberfläche entwickelt und die Früchte den Eingeborenen gewissermaßen in den Mund wachsen. Erdarbeiten ähnlicher Art lieben die Bewohner überhaupt; denn wo sie außerhalb der Oasen wohnen, graben sie sich tief in die Erde ein und führen von einem Luftschacht strahlenförmig, öfters in mehreren Stockwerken, Gänge in das Erdreich, darin sie im Sommer kühl, im Winter warm hausen. Diese Art des Wohnens hat zur Folge, daß man so beschaffene Dörfer nur an der ungewöhnlich großen Zahl über die „Dorfaue“ verteilter Löcher erkennt. Der Vor⸗ tragende machte die nähere Bekanntschaft eines solchen Dorfes, das im Bereich von 22 der geschilderten Luftschächte 600 Menschen be⸗ herbergte. Geheimrat von Hesse⸗Wartegg gab natürlich auch ein Bild der gegenwärtigen Lage des Landes, der er nur traurige Betrachtungen abzugewinnen vermochte. Der Redner wußte ebenso interessant über die kolonisatorische Tätigkeit der Italiener und Franzosen zu berichten. Während jene bald mit ihren Eisenbahnen aus den Küsten⸗ gebieten ins Innere Nordafrikas vordringen und die gegen⸗ wärtigen großen Karawanenzüge damit zu einer Erinnerung von ehedem machen werden Postverbindung haben sie bereits von Tri⸗ polis aus nach ihrer nächsten Station im Innern eingerichtet bringen die Franzosen alle größeren und kleineren Dasen der Wüste in Kultur, sichern auf diese Art ihre Verbindungen nach dem Sudan und nehmen der Sahara schrittweise ihren Wüstencharakter eine anzuerkennende Kulturtat, wenn auch die begleitenden Umstände nicht immer vor dem Richterstuhl einer strengen Gerechtigkeit bestehen. Der Redner wies zur Erläuterung dessen auf die Karte des westlichen Teiles von Tripolitanien hin. Vor den tripolitanischen Oasen Ghadames unterm 30. und Ghat unterm 25. Grade n. B., die türkische Befestigungen tragen, haben die tunesischen Nachbarn Halt gemacht, dafür aber vor der letzten Grenzberichtigung einen tiefen Keil in ehemaliges tripolitanisches Gebiet zwischen jenen befestigten Punkten nach Osten hineingetrieben. Die zahlreichen, den Vortrag begleitenden,

zu einem Teil von früheren Reisen herrührenden Bilder schauungen von Land und Leuten. Auch von der Familie ] die einst bis 1835 die Herrschaft in Tripolitanien hatte, sprach der Redner. Das gegenwärtige Familienhaupt war der von den Italienern ewonnene Gouverneur von Tripolis, gegen den der eigene Sohn

odesdrohungen ausgestoßen hatte. Lebhafter Beifall wurde dem Redner am Schluß seines Vortrags zuteil. 8

Literatur.

Dr. Hermann Thomsen aus Botzen und der Maler Ernst Vollbehr aus München haben im Jahre 1909 eine Reise durch die deutschen Kolonien in Afrika ausgeführt, deren Eindrücke sie jetzt in Wort und Bild in einem Buche: „Deutsches Land in Afrika“ schildern, das im Verlag der „Deutschen Alpenzeitung“ in München soeben erschienen ist. Wie der Verfasser des Textes Dr. Thomsen in der Einleitung hervorhebt, will die Schrift weder mit eingehenden Beschreibungen jener Länder noch mit wissenschaftlichen Arbeiten über sie in Wettbewerb treten, vielmehr die in rascher Folge an den Reisenden vorübergegangenen Tageseindrücke erzählen. Die Schilderungen Thomsens sind recht frisch und anschaulich. Einen besonderen Reiz und eine sehr wertvolle Bereicherung erhält das Buch durch 46 farbige Nachbildungen Voll⸗ behrscher Bilder und Skizzen, die die ganze Farbenpracht der afrikanischen Landschaft und die malerischen Reize des eigenartigen Volkslebens in unseren dortigen Kolonien wiedergeben. Das Buch ist sehr ansprechend ausgestattet und kostet geschmackvoll gebunden 16 ℳ. Es dürfte vielen Freunden unserer Kolonien ein willkommenes Weihnachtsgeschenk sein.

In Form eines Kalenders, der fortan alljährlich erscheinen soll, hat Dr. Elisabeth Altmann⸗Gottheiner im Auftrage des Bundes Deutscher Frauenvereine ein Jahrbuch der Frauenbewegung 1912 herausgegeben (Verlag von B. G. Teubner in Leipzig;

3 ℳ), das wertvolles Material und zuverlässige Informationen für die mannigfachen Arbeiten und Aufgaben enthält, die an die strebende Frau herantreten Der Inhalt des vorliegenden Jahr gangs, der künftig noch ausgebaut werden soll, ist schon recht reich Auf den Gebieten der Frauenbildung und Erziehung, der rechtlichen und beruflichen Stellung der Frau, ihres Wirkens im öffentlichen und kirchlichen Leben, ihrer sozialen und charitativen Tätigkeit kommen Frauen zu Wort, die zu einem ernsten und sachverständigen Urteil durch ihre Arbeit auf den betreffenden Gebieten befähigt sind. Das Jahrbuch enthält ferner Angaben über die Satzungen des Inter nationalen Frauenbundes, des Bundes Deutscher Frauenvereine und der ihm angeschlossenen Verbände und Frauenvereine sowie ük wichtige Frauenverbände, die außerhalb des Bundes stehen. Ueber di Frauenbewegung im Jahre 1910/11 unterrichtet eine besondere Chronik. Willkommen wird auch die Uebersicht über die Frauen literatur im abgelaufenen Jahre sein. Das Jahrbuch dürfte in der Frauenwelt bald festen Fuß fassen und ihr ein unentbehrlicher Rat⸗ geber und Wegweiser werden. 8

Von Dreßlers Kunstjahrbuch liegt der 6. Jahrgang f das Jahr 1912 vor. (Verlag von Stiller [H. Taubmann] in Rostock i. M.) Das Jahrbuch ist ein sorgfältig gearbeitetes und daber zu verlässiges und zugleich auch ein praktisch angeordnetes Nachschlagewerk Es erteilt Auskunft über sämtliche Hof⸗ und Staatsbehörden der Kunstverwaltung sowohl im Reich und seinen Bundesstaaten, wi in Oesterreich: ferner enthält es eingehende Mitteilungen über Bibliotheken und Lehrstätten für Kunst und Kunstgewerbe (Akademien, Technische Hochschulen, Universitäten, Kunst⸗, Kunstgewerbe⸗ und Hand⸗ werkerschulen), über Kunstsammlungen, Kirchenschätze und Interessen⸗ gemeinschaften der Künstler. Aufgenommen ist ferner eine Uebersicht über Kunstzeitschriften. Im zweiten Teil findet der Leser ein Ver⸗ zeichnis der deutschen bildenden Künstler und Künstlerinnen der Gegenwart, der Kunstgelehrten, Knunstschriftsteller und Schrift stellerinnen mit Angaben des Geburts⸗ und Wohnortes, des Studien ganges, der bedeutendsten Werke, der etwaigen Zugehörigkeit zu Künstlervereinigungen u. a. m. Der vorliegende Jahrgang ist nicht nur neu bearbeitet, sondern auch erheblich ergänzt worden; allein im biographischen Teil sind etwa 2000 Namen hinzugekommen. Neu auf⸗ genommen ist ferner die Abteilung: Hof⸗ und Staatsbehörden der Kunstverwaltung, zahlreiche Kunstinstitute und hinter den Städte⸗

namen ein Teil der leitenden Stadtbaubeamten für Hochbau.

Das erste Dezemberheft des „Kunstwart“ hat folgende Inhalt: Schenkfreude und Schenkunsinn. Von Margot Grupe. Lose Blätter: „Auf dem Berge der Versuchung“ von Joseph Vikto Widmann. Rundschau: Einige Geschenkwerke aus dem religiösen Lebensgebiete (Bonus); Zur religiösen Krisis (Bonus); Bücher als Geschenke; Vom Gesellschaftsroman; Dehmels „Michel Michael“ und Sohnreys „Düwels“ (Franck); Drei Einakter von Wassermann und Thoma, zwei Tragödien von Martin Langen und Heinrich Mann (Düsel)h; Dauthendeys „Grauli“ (von Gumppenberg); Kleists „Guiskard“, Fragment (Avenarius); Weihnachtsmusik (Batka); Julius Bittners „Bergfee“ (Batka); Die neue Hausgreuel⸗Sammlung (Avenarius); Vem Kinder⸗Weihnachtsbaum (Graef); Kasperle⸗ Figuren zu Bonus⸗Böcklin; Der nach der Spieldose segnende Christus⸗D. R. G. M.; Untertan; Werdendes Leben (Weber); Die Flugschrift vom Schenken; Der Literarische Jahresbericht für 1911 Kleine Ergänzungen und Berichtigungen; Schönheit (Goethe). Bilder und Noten: Hermann Graf, In der Bibliothek; M. A Stremel, Binnenraum; Joseph Kühn jun., Ahnensaal; Wilhelm Roegge, Atelierecke; im Text: 113 Abbildungen zu dem Beitrage Die neue Hausgreuel⸗Sammlung; fünf Abbildungen zu dem Beitrag e Vom Kinder⸗Weihnachtsbaum; Arcangelo Corelli, Pastorale.

Bauwesen. 8

Unzuverlässige Bauunternehmer.

Die Reinigung des Bauunternehmerstandes von ungeeigneten Elementen (Reichsgesetz vom 7. Januar 1907) soll nach einem neueren Erlasse der preußischen Ressortminister von den Polizeibehörder noch mit mehr Nachdruck betrieben werden, als es bisher gesche ist. Namentlich bei neuanziehenden Personen, die als Bauunter⸗ nehmer auftreten, sollen sich die Behörden darüber unterrichten, ob nicht etwa schon an deren 2. NIa. Wohnorten Tatsachen bekannt ge⸗ worden sind, die ein polizeiliches Eingreifen oder doch eine besonders sorgfältige Ueberwachung ihrer gewerblichen Tätigkeit notwendig machen.

Theater und Musik. Komische Oper.

In der Komischen Oper trat am Sonnabend Franz Egenieff als Gast zum ersten Male an der Stätte wieder auf, von der sein künst⸗ lerischer Ruf ausging. Er sang die Partie des älteren Germont in Verdis Oper „La Traviata“, und es gelang ihm, den kurzen Szenen, in denen er zu wirken hat, durch die Vornehmheit seiner gesanglichen und darstellerischen Kunst zu der Bedeutung zu verhelfen, die ihnen in dieser Oper zukommt. Gleiche Aner⸗ kennung verdient aber auch seine Partnerin Frau Révy, welche die Violetta gab. Es zeigte sich wiederum, daß sie als Gesangs⸗ künstlerin über ein ansehnliches Können verfügt, besonders da, wo Leichtigkeit und Beweglichkeit der Stimme erfordert werden: Eigenschaften, die in dieser Partie von Wert sind. Für starken dramatischen Ausdruck ist ihr Organ nicht geschaffen. Als dritter im Bunde ist Herr Reinhardt als Alfred zu nennen, dessen Leistung freilich durch starke Befangenbeit beeinträchtigt wurde. Die musikalische Leitung der höheren Ansprüchen allerdings nicht genügenden Gesamt⸗ aufführung lag in Händen des an der ehemaligen Volksoper bereits bewährten Kapellmeisters Schüller. 1166“

Theater des Westens.

Franz von Suppés Operette „Fatinitza“, die wie manche

ihrer gleichaltrigen Geschwister die neuzeitlichen Operetten weit über⸗

ragt, erlebte Sonnabend im Theater des Westens eine erfolgreiche