1911 / 296 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 16 Dec 1911 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium des Königlichen Hauses.

Dem Gutsadministrator Reinhold in Sternalitz (Kreis Rosenberg O. S.) ist der Charakter als königlicher Ober⸗ amtmann beigelegt worden. 8

Justizministerium.

Dem Senatspräsidenten, Geheimen Oberjustizrat Lossen bei dem Oberlandesgericht in Frankfurt a. M. und dem Amts⸗

gerichtsrat, Geheimen Justizrat Amelung in Rauschenberg ist die nachgesuchte Dienstentlassung mit Pension, dem Landrichter Dr. Sieskind in Essen die nachgesuchte Entlassung aus dem Justizdienst erteilt. 1 28 b

Der Rechtsanwalt Cronheim in Schrimm ist zum Notar ernannt.

In der Liste der Rechtsanwälte sind gelöscht: die Rechts⸗ anwälte Justizrat Dr. Waetcke bei dem Landgericht in Altona, von Wysocki in Dt. Wilmersdorf bei dem Amtsgericht in Charlottenburg und Bartlau bei dem Amtsgericht in Pinne.

Mit der Löschung des Rechtsanwalts, Justizrats Dr. Waetcke in Altona in der Rechtsanwaltsliste ist zugleich sein Amt als Notar erloschen. 8 1

In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: die Rechtsanwälte Bartlau aus Pinne bei dem Amtsgericht in Königshütte, Dr. Hein aus Berlin bei dem Amtsgericht in Barby, die Gerichtsassessoren Dr. 282f Isay bei dem Kammergericht, Dr. Paech bei dem Oberlandesgericht in Königsberg i. Pr., Dr. Konrad Rudolph bei dem Landgericht I in Berlin, Dr. Erich Pollack bei dem Landgericht III in Berlin, Dr. Leo Nast außer bei dem Amtsgericht in Char⸗ lottenburg, zugleich bei dem Landgericht III in Berlin, Dr. Karl Bauer bei dem Landgericht in Dortmund, Rosenthal bei dem Amtsgericht in Ahlen und der frühere Gerichtsassessor Dr. 29 bei dem Landgericht I in Berlin.

Der Landgerichtsdirektor Dr. Kirsten in Gleiwitz ist gestorben.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.

Der Hegemeistertitel wurde folgenden Förstern verliehen: Butter in Vinnenberg, Oberförsterei Münster, Forstver⸗ waltungsbezirk Minden; Fiege in Dalheim, Oberförsterei Dalheim, Regierungs⸗ bezirk Minden: 3 Pagendarm in Atteln, Oberförsterei Dalheim, Re⸗ gierungsbezirk Minden; 8 Thönies in Hardehausen, Oberförsterei Hardehaufen, Regierungsbezirk Minden. J““

In der Dritten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ wird eine Genehmigungsurkunde, betreffend eine Anleihe der Carl Zeiß⸗Stiftung in Jena, veröffentlicht.

Deutsches Reich. 8 WIn Preußen. Berlin, 16. Dezember.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute vormittag im Neuen Palais bei Potsdam die Vorträge des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, Großadmirals von Tirpitz, des Chefs des Admiralstabs der Marine, Vizeadmirals von Heeringen und des Chefs des Marinekabinetts, Admirals von Müller entgegen. 8*

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Rechnungs⸗ wesen und für Zoll⸗ und Steuerwesen sowie der Ausschuß für Rechnungswesen hielten heute Sitzung.

Der Königlich dänische Gesandte von Hegermann⸗ Lindencrone hat Berlin verlassen. Während seiner Ab⸗ wesenheit führt der Legationssekretär Kruse die Geschäfte der Gesandtschaft.

Der Regierungsassessor Freiherr Löw von und zu Steinfurt in Hadersleben ist der Königlichen Regierung in Frankfurt a. O. zur weiteren dienstlichen Verwendung über⸗ wiesen worden. 8

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M. S. „Scharn⸗ horst“ mit dem Chef des Kreuzergeschwaders und S. M. Tpdbt. „S 90“ am 12. d. M. auf Wusung⸗Reede und S. M. S. „Tiger“ am 15. d. M. in Tsingtau eingetroffn.

Oesterreich⸗Ungarn.

DSDas österreichische Abgeordnetenhaus hat gestern laut Meldung des „W. T. B.“ das von der Regierung vor⸗ gelegte sechsmonatliche Budgetprovisorium mit 276 gegen 180 Stimmen angenommen. Ein Antrag, das Pro⸗ visorium auf vier Monate zu bewilligen, wurde abgelehnt. In dem Budgetprovisorium wird die Regierung zur Auf⸗ nahme einer Anleihe im Betrage von 177 Millionen Kronen ermächtigt; davon sind rund 130 Millionen für Eisen⸗ bahnanlagen und 20 Millionen für die Ausgestaltung des Telephonwesens eingestellt. Ein Resolutionsantrag des all⸗ deutschen Abg. Malik, in dem die Regierung aufgefordert wird, unverzüglich einen Gesetzentwurf einzubringen, Len den das bisher bestehende Verbot der Wiederverehelichung katholischer Geschiedener aufgehoben wird, wurde in eereriah Abstimmung mit 198 gegen 167 Stimmen ab⸗ gelehnt.

Hierauf beantwortete der Ministerpräsident Graf Stürgkh die Interpellationen über den Rücktritt des früheren Generalstabschefs Freiherrn Conrad von Hötzen⸗ dorf und die daran geknüpften Fragen der auswärtigen Politik.

Der Ministerpräsident⸗stellte zunächst fest, daß der Träger der Krone ein durch die Verfassung ihm ausschließlich vorbehaltenes Recht

habe, als oberster Kriegsherr die Person des Chefs des Generalstabes, ebenso wie alle anderen arde ee Funktionäre nach seinem Er⸗ messen auszuwählen. Der Rücktritt des Freiherrn Conrad von Hötzendorf sei übrigens keineswegs auf Ursachen zurückzuführen, wie sie in verschiedentlichen, insbesondere auch auf Fragen der auswärtigen Politik anspielenden publizistischen Erörterungen angenommen worden seien. Die Regierung ist“, so fuhr Graf Stürgkh fort, in der Lage zu erklären, da die Grundlagen der äußeren Politik der Monarchie, wie sie seit ahren wiederholt durch den Minister des Aeußern vor den Delegationen sowie durch meine Amtsvorgänger vor den beiden Häusern des Reichsrats unter der Zustimmung dieser Körperschaften dargelegt wurden, auch heute unverändert fortbestehen. Ich muß es bei diesem Anlaß neuerlich mit allem Nachdruck zurückweisen, wenn in der Interpellation der Sozialdemokraten die Behauptung, als ob in ein⸗ flußreichen Kreisen angeblich gewisse gegen diese traditionelle Politi gerichtete Strömungen vorhanden wären, dazu benützt wird, ein Mit⸗ glied des Kaiserhauses auf höchst unparlamentarische Weise in die Debatte zu ziehen. Ich betone ferner nachdrücklich, daß die maß⸗ gebenden Faktoren, denen die Sorge für die Wehrfädigkeit der Monarchie anvertraut ist, über die in dieser Richtung zu treffenden Maßnahmen sich in vollkommenstem Einvernehmen befinden. Schließ⸗ lich möchte ich noch gegenüber einzelnen Ausführungen der Inter⸗ pellanten mit aller Bestimmtheit erklären, daß die auswärtige Lage gegenwärtig keinerlei Momente aufweist, die uns der Verpflichtung entheben würden, die auf die Erhaltung des Friedens gerichtete olitik der Monarchie mit ruhiger Festigkeit und mit gebotener Folgerichtigkeit des Handelns auch weiterhin zur Geltung zu bringen.“

Der Sozialdemokrat Seitz beantragte, über diese Inter⸗ pellationsbeantwortung die Besprechung zu eröffnen. Dieser Antrag wurde abgelehnt.

Dem Abgeordnetenhause ist ein Dringlichkeitsantrag der Polen zugegangen, in dem das Auswärtige Amt auf⸗ gefordert wird, bei den Signatarmächten der Wiener Kongreß⸗ akte von 1815 zur Wahrung der nunmehr durch die russische Regierung gefährdeten Unantastbarkeit der Grenzen von Kongreßpolen Schritte einzuleiten.

Frankreich.

Die Deputiertenkammer nahm in der gestrigen Sitzung die Verhandlung über das deutsch⸗französische Ab⸗ kommen wieder auf.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ erklärte der Abg. Vaillant (geeinigter Sozialist), das Abkommen bedeute das Ende des Alpdrucks eines Krieges. Frankreich müsse das Bindeglied zwischen England und Deutschland sein. Des weiteren trat er für die entente cordiale und die französisch⸗spanische Freundschaft ein und erhob gegen die kriegerischen Reden Einspruch, die im letzten Sommer von gewissen Mitgliedern der Regierung gehalten worden seien. Er tadelte Delcassé wegen der Rede, die er bei der

ttenschau in Toulon gehalten habe. Vaillant stellte ferner fest, daß Deutschland in der marokkanischen Frage eine sich gleichbleibende Politik getrieben habe, während die französische Politik widerspruchs⸗ voll gewesen sei und ein doppeltes Gesicht gezeigt habe. Der Redner verlas sodann Erklärungen von Rouvier, Léon Bourgois und Pichon, um festzustellen, daß die Haltung der französischen Regierung den Erklärungen ihrer Leiter nicht entsprochen habe. Er machte auf den Widerspruch aufmerksam, der zwischen der von der Kammer ange⸗ nommenen Tagesordnung und der in Marokko befolgten Politik be⸗ stehe, und schloß, indem er eine vollständigere Internationalisierung Marokkos empfahl. 1 8

Der Abg. Ferry, Mitglied der radikalen Linken, gab seinem

Zweifel daran Ausdruck, ob das Abkommen Marokko von allen politischen und wirtschaftlichen Dienstbarkeiten, mit denen es belastet gewesen sei, befreit habe. Er kritisterte die Klausel des Abkommens, die sich auf die Schuzbefotzlenen bezieht, und sagte, daß durch diese Klausel Deutschland wieder seinen Weg in die französische Politik in Marokko hineinfinden werde. Fn bedauerte, die französische (Diplomatie den Bau der Bahn von Tanger nach Fes nicht zu der von ihr gewünschten Zeit erreicht habe, da ja Frankreich doch das Geld dafür geben werde, und daß die französische Industrie nicht mehr erreicht habe. Darauf kritisierte er die Klausel, die sich auf die Eisenbahnen und die Berggerechtsame bezieht, und erklärte, daß der marokkanische Boden mit seinen Lasten Frankreich bliebe, die Bodenschätze aber mit ihrem Ertrage ihm ver⸗ loren gingen. Ferry schloß seine Rede mit der Befürchtung, daß das Abkommen nicht alle Gefahr einer Verwicklung für die Zukunft ver⸗ schwinden lasse. Gegenwärtig sei das beste Mittel, um dem Frieden zu v für jede Eventualität bereit zu halten.

Der Abg. Delahaye, Mitglied der Rechten, griff den Minister⸗ präsidenten Caillaux an, weil er zu viel Engegenkommen gegenüber Deutschland gezeigt habe, tadelte heftig die äußere Politit der Re⸗ gierung und wandte sich gegen Delcassé wegen seiner Geheimverträge. Zu wiederholten Malen bedauerte er die Abwesenheit des Minister⸗ präsidenten, der im Augenblick nicht im Sitzungssaale anwesend sei. Es gebe in Frankreich fast 40 Millionen chauvinistischer Reaktionäre, die die Aufgabe nationalen Grund und Bodens nicht so leicht hinnähmen wie die Finanzleute. Ohne den Funken in das Pulverfaß zu schleudern, hätte man auf die Entsendung eines Schiffes mit der Entsendung eines anderen Schiffes antworten können. Man hätte dann einer⸗ seits eine weniger herrische, andererseits eine weniger unterwürfige Haltung beobachtet. Delahave führte weiter aus, daß allen europäischen Zwistigkeiten in Marokko Tür und Tor geöffnet bleibe, und betonte den Wert der abgetretenen Gebiete am Congo. Für Spanien stände die Tür zu einem großen Reiche offen. Als der Redner Caillaux und Rouvier als Finanz⸗ und Geldleute hinstellte, ertönte auf der Linken der Zwischenruf: Respektieren Sie die Toten! Da Privatgespräche die Stimme des Redners zeitweise übertönten, verließ Delahaye die Tribüne mit der Bemerkung, er werde seine Rede am nächsten Tage fortsetzen.

Der Abg. Millerand, der nunmehr das Wort ergriff, sagte, eine Idee werde seine Worte leiten: die Haltung des Landes hei den jüngsten Ereignissen. Das Land habe, so führte er aus, im Verlauf der Spannung in diesem Sommer einmütig eine Haltung bewahrt, die für seine Vertreter eine Lehre und ein Beispiel sein sollte. Die Kammer schulde es ihm, mit der größten Kaltblütig⸗ keit zu verhandeln, ohne sich zu irgend einer Erregung fortreißen zu lassen und ohne auf andere Stimmen zu hören, als die der nationalen Ehre und der Interessen des Landes. Das Ausland müsse wissen, daß es in Frankreich gegenüber Fragen der auswärtigen Politik weder in der Kammer noch im Lande Parteien gebe. Der Redner erklärte sodann, daß er entschieden für die Annahme des Abkommens sei, und fuhr dann fort: Frankreich er⸗ halte das Protektorat über Marokko unter Bedingungen, die die Kammer prüfen werde. Sei das Protektorat zu teuer bezahlt worden? Habe man es vorschnell gekauft? Man könne darüber streiten, aber niemand würde zu behaupten wagen, daß dieses Protektorat für Frankreich nicht eine Notwendigkeit sei und nicht der Tradition seiner Politik entspreche. Die Politik Republik kenne wohl die Größe und Folgerichtigkeit ihrer Ziele. Niemand könnte dafür eintreten, daß Frankreich, nachdem es dieses Protektorat erlangt habe, es wieder aufgeben könnte, um zu versuchen, es morgen wieder zu erlangen. Der Entschluß der Kammer, das Abkommen anzunehmen, müsse sie dazu fübren, keine Unklarheit fortbestehen zu lassen, damit die Regierung morgen stark genug sei, um aus diesem diplomatischen Instrument den größtmöglichen Nutzen zu ziehen. Die Abtretung eines Teils des Congos sei für Frankreich eine erausame Ver⸗ stümmelung und ein empfindlicher Verlust. Man habe Befürchtungen über die Adsichten Deutschlands gehegt. Wozu diese belden Zipfel? habe man gefragt. Der Minister des Aeußern habe die Kammer

darüber beruhigt. Was die Zukunft des belgischen Conges betreffe, so sei es unbegreiflich gewesen, daß man über dieses Gebiet habe ver⸗

8

fügen können, ohne Belgien zu befragen. Die Achtung vor dem Recht der Neutralen müsse ein Hauptgrundsatz der französischen Politik bleiben. Frankreich bemesse die Verpflichtungen, die es gegenüber den anderen Mächten habe, nicht nach der Größe ihrer militärischen Macht. Nach dem großen Opfer, das Frankreich im Congo gebracht habe, könne es Deutschland in keiner Form eine weitere Entschädigung zugestehen. Deutschland könne nicht außer dem Congovertra noch obendrein in Marokko Sonderrechte verlangen. Durch den rag werde in Marokko die wirtschaftliche eingeführt. Die deutschen Staatsangehörigen würden dieselben Rechte genießen wie die aller anderen Nationen. Nicht weniger und nicht mehr. Die Marokkanische Staatsbank bleibe ohne Zweifel bestehen, aber Frank⸗ reich habe darin eine besondere Stellung. Man werde die Mithilfe der Zeit brauchen, um das Land von den fremden Einrichtungen zu befreien, die sich dort befänden. Das Abkommen werde sein, was Frankreich daraus mache. Seine Aktion in Marokko müsse klug sein und dürfe nicht einer Eroberung gleichen; es müsse sich hüten, eine furchtbare Revolte des Volks⸗ empfindens hervorzurufen. Das Verhältnis zu Spanien müsse auf

der Grundlage des geschlossenen Abkommens mit Rücksicht auf die

spätern Ereignisse in Wahrung französischer Interessen, aber ohne Preisgabe der herzlichen eeSie geregelt werden.

Spanien Herr in seiner Zone bleibe. Millerand erklärte weiter, es sei natürlich, daß England sich in die Verhandlungen gemischt habe. Er würdige die Freundschaft Englands, aber das eigene Interesse sei der gemeinsame Maßstab der Einzelnen wie der Staaten.

Es wäre eine schlechte Vorbereitung des Landes für furchthare Möglich⸗ 8

keiten, fuhr Millerand fort, wenn man es mit Hirngespinsten hinhalten wollte. Frankreich dürfe diejenigen, die in schweren Stunden an

seiner Seite gestanden hätten, nicht enttäuschen. Es müsse seinen Freundschaften und seinem Bündnis, die gegen niemand eine Spitze

hätten, treu bleiben. Millerand sprach sodann seine Befriedigung über die Vertragsbestimmung aus, die für den Fall von Streitigkeiten die Anrufung des Haager Schiedsgerichtshofes in Aussicht nehme. Das beweise, daß Frankreich keine Hintergedanken habe. Der Friede sei für Frankreich das siccherste wünschteste Mittel zur Entwicklung seiner Ideen. Aber es verstehe darunter nicht den Frieden ohne Ehre und werde ihn nie darunter verstehen. Im Vertrauen auf seine Stärke, sicher seiner

Freundschaften und seines Bündnisses, weil die Freunde und der Ver⸗ bündete wüßten, daß auch sie auf Frankreich zählen könnten, sei

Frankreich gleichermaßen entschlossen, die Rechte anderer zu achten und seinen eigenen Rechten Achtung zu verschaffen. Es werde diesen Vertrag halten mit dem sorglichen Bemühen, alle Konfliktsmöglich⸗ keiten zu vermeiden, aber mit dem Entschluß, aus dem Vertrage alle gegebenen und nützlichen Folgerungen zu ziehen. 8. 6

Die Beratung wird heute fortgesetzt. Rußland.

Die Reichsduma beriet gestern in geheimer Sitzung das

neue Gesetz zur Regelung der Wehrpflicht. Wie „W. T. B.“ meldet, bübas die Duma mit 150 gegen 70 Stimmen einen Oppositionsantrag ab, die Wehrpflichtvorlage an eine be⸗ sondere Kommission zu verweisen, und ging zur Beratung der einzelnen Artikel über. Die Abstimmung über eine Tages⸗ ordnung wurde auf die nächste Sitzung vertagt.

Spanien.

Der französische Botschafter Geoffray hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, abermals eine Unterredung mit dem Minister des Aeußern Prieto gehabt, der auch der englische Botschafter beiwohnte. Ses

Horiekl..

In der Deputiertenkammer hat gestern der Marine⸗ minister einen Gesetzentwurf, betreffend die Erneuerung de Flotte, eingebracht.

Serbien. Die Skupschtina hat in ihrer gestrigen Sitzung das Budget des Ministeriums des Aeußern angenommen.

Im Laufe der Debatte hatte der Ministerpräsident Milo⸗ wanowitsch auf die Ausführungen des Vorredners Novakowitsch,

des Führers der Fortschrittspartei, laut Bericht des „W. T. B.“ 1

erklärt, die allgemeine Lage sei derart ernst, daß niemand wissen könne, wie sie sich im Frühjahre gestalten werde. Deshalb müsse Serbien vorsichtig sein wie Bulgarien und Griechenland. Für die Balkanstaaten scheine es wünschenswert, daß die europäischen Mächte sich in die Balkanfragen nicht einmengten. Gegenüber der Behauptung des Fortschrittlers Marinkovitsch, der serbische König sei in Paris mehr als ehemaliger französischer

nant denn als Herrscher Serbiens begrüßt worden, was sicherlich in Deutschland ungern gesehen worden sei, erklärte der Ministerpräsident, daß der König Peter in Paris als Herrscher Serbiens empfangen worden sei. Daß hierbei auch die Dienstleistung des Königs im französischen Heere hervorgehoben worden wäre, könnte keinen Wider⸗ spruch in Serbien erregen. Auch in Deutschland, wo militärische Tugenden in hohem Maße geschätzt würden, sei man über die Ehrung des serbischen Königs nicht ungehalten gewesen.

4 5

1114X“

Der amerikanische Staatssekretär Knox hat an den Führer der demokratischen Partei im Repräsentantenhause Underwoord einen vom „New York Herald“ veröffentlichten Brief gerichtet, in dem er, „W. T. B.“ zufolge, eine Bevollmächtigung des Präsidenten Taft zu durchgreifenden Tarifmaßregeln fordert, um der unterschiedlichen Behandlung ein Ende zu machen, die gewisse fremde Länder der amerikanischen Einfuhr noch angedeihen ließen. Knox führt Beispiele einer solchen unterschiedlichen Behandlung seitens Belgiens, Deutschlands, Italiens, Oesterreich⸗Ungarns, Portugals und Bulgariens an und empfiehlt die Anwendung von Vergeltungszöllen, um ihr entgegenzutreten. In einigen Fällen werde es vielleicht not⸗ wendig sein, Zuschlagszö e von 5 bis zu 25 Prozent auf einige Artikel zu legen, oder man könne die gesamte Ausfuhr einer Nation nach den Vereinigten Staaten höheren Sätzen wie denen des ½ 2 Minimaltarifs unterwerfen. In Fällen schwererer Art könne sogar ein Einfuhrverbot notwendig sein.

Afrika. Wie „W. T. B.“ meldet, lagen gestern aus Tripolis,

Ainzara, Tadjura und Homs keine neuen Nachrichten vor.

Kundschafter und Flieger bestätigen, daß das Gebiet nördlich von Azizie fast völlig vom Feinde geräumt ist. Ein Teil der Türken soll sich in Garian, ein Teil in Azizie befinden.

Die „Agenzia Stefani“ teilt mit, daß der türkische Kriegs⸗ minister eine Depesche des Kommandanten der türkischen Truppen in Benghasi veröffentlicht habe, die besage, daß die Italiener Dumdumgeschosse und andere Explosivgeschosse verwendeten, die durch die internationalen Uebereinkommen verboten seien. Diese dnch. 828 türkischen Minister veröffentlichte Nachricht entbehre aber jeder

1 1 Nur werde eine Verständigung zwischen den Mächten unerläßlich sein, damit

und das er⸗

88 8 2 8

rnuensetättgten entwickelt;

Blutg 9996.

Koloniales.

Die neue ResseiangsKatton auf den Admiralitäts⸗ inseln (Deutsch Neuguinea). Die von der Schutzgebietsverwaltung schon lange angestrebte Er⸗ richtung einer Regierungsstation auf den Admiralitätsinseln ist, nach⸗ dem im Etat für 1911 die Mittel hierfür bewilligt waren, nunmehr verwirklicht worden. Durch Bekanntmachung des Gouverneurs von Deutsch Neuguinea vom 1. Oktober d. J. wurden die Admirali⸗ tätsinseln und die Westlichen Inseln, die bisher zu dem Bezirke des Bezirksamts Rabaul (Neu Pommern) gehörten, von diesem abgetrennt und zu einem neuen, selbständigen Stationsbezirk vereinigt. Die neue Station wurde am 25. Oktober d. J. am S afen, im Osten der Hauptinsel der Admirali⸗ tätsgruppe, errichtet; sie führt den Eingeborenennamen der Ad⸗ miralitätsinseln Manus als amtliche Bezeichnung. Das Personal der Station besteht aus einem Stationsleiter, einem Polizeimeister, einem Sanitätsgehilfen und fünfzig eingeborenen Polizeisoldaten. Die Station ist dem Gouvernement unmittelbar unterstellt. 8 Die Admiralitätsinseln sind etwa 2500 qkm groß; die eingeborene Bevölkerung wird auf etwa 30 000 Seelen geschätzt. Die Eingeborenen sind den übrigen Stämmen des Bismarck⸗Archipels an Feistiger sie sind jedoch noch Kannibalen und sehr kriegerisch. Blutige Stammesfehden sowie Uebergriffe auf die in ihrem Gebiete ansässigen Weißen und deren Arbeiter waren bis in die letzte Zeit hinein an der Tagesordnung. Diese Zustände bedingten zahlreiche Strafexpeditionen, die aber, da die Schuldigen sich stets in das undurchdringliche Innere der Inseln zurückzogen, einen nachhaltigen Erfolg nicht haben konnten. Der neuen Station, die auf den Inseln selbst festen Fuß fassen kann, wird es eher gelingen, den Landfrieden herbeizuführen. Daneben wird es die Hauptaufgabe der Station sein, die Eingeborenen noch mehr als bisher zur Arbeit auf den Pflanzungen der Weißen geneigt zu machen und ihre eigene Produktion zu heben. In den letzten Jahren hat sich auf den Admiralitätsinseln eine rege besonders die Firma Hernsheim u. o. in Matupi hat umfangreiche Kokospalmpflanzungen angelegt und unterhält mehrere mit je einem Europäer besetzte Stationen. Es ist anzunehmen, daß diese Entwicklung rasch fortschreiten wird. Die Westlichen Inseln, die bbensalle zum Gebiete der neuen Station gehören, liegen nordwestlich von den Admiraliätsinseln und umfassen mehrere kleine, auf einen weiten Flächenraum zerstreute Inselgruppen, die zusammen nur etwa 100 qkm groß sind und von einer schwachen, dem Aussterben verfallenen Eingeborenenbevölkerung bewohnt werden. Der größte Teil der Inseln ist Eigentum der Firma Heinrich Rudolph Wahlen und von dieser mit Kokospalmen flanzt. Der Sitz der Firma befindet sich auf Maron in der 1* (Deutsches Kolonialblatt.)

Statistik und Volkswirtschaft.

Die deutsche überseeische Auswanderung im November 1911 und in dem gleichen Zeitraume des Vorjahrs.

Es wurden befördert deutsche Auswanderer im Monat November

1 über 1911 1910 .

846 1 127 * 404 767 1 250 1 894 231 272 1 481 2 166.

Bremen. Hamburg

deutsche Häfen zusammen . .

fremde Häfen (soweit ermittelt)

8 überhaupt

Aus deutschen Häfen wurden im November 1911 neben den 1250 deutschen Auswanderern noch 20 696 vve. fremder Staaten befördert; davon gingen über Breme 0 700, über Ham⸗

8 Zur Arbeiterbewegung.

In der am 6. Dezember in Dresden unter dem Vorsitz des Landtagsabgeordneten Dr. Pphe Leweig abgehaltenen Vorstands⸗ sitzung des Deutschen Industrieschutzverbandes wurden 65 Streik⸗ und Aussperrungsfälle mit insgesamt 131 410 ausgefallenen Manntagen auf Grund des Berichts der mit der ein⸗

8 gehenden Prüfung beauftragten Kommission als entschädigungsberechtigt

mußte vertagt werden.

anerkannt. Die Beratung der . Gegenstände der Tagesordnung Dem eutschen Industrieschutzverbande

gehören zurzeit 52 industrielle Arbeitgeberverbände, darunter 12 Reichs⸗

und 20 Landes⸗ oder Bezirksverbände an. Die Mitgliede

erbände an. Der Anschluß mehrerer bedeutender Branchenverhände steht für die nächste Zeit in Aussicht. hl hat sich auf 2760 Betriebe mit einer Lohnsumme

8 rza von rund 230 Millionen Mark gehoben.

vSe

Föbnnichen Umständen zurückgelegt.

8 nach Jakutsk.

(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.)

8 8* 8 1 4 8 8 Kunst und Wissenschaft. Das Museum für Meereskunde ist während der Feiertage

am 2. Weihnachtstage und Sylvester von 12 bis 4 Uhr geöffnet, am

Heiligabend und am 1. Im übrigen gelten die a

Besuchszeit.

In der Deutsch⸗Asiatischen Gesellschaft sprach gestern Oscar Iden⸗Zeller über das Thema: „Meine Durchquerung von Ost⸗ und Nord⸗Sibirien“; ein Gebiet, von dem bisher wenig bekannt geworden ist. Der Vortragende behandelte vier Reise⸗ abschnitte: die Flußfahrt von Katschuga an der Lena bis Jakutsk; die Schlittenreise von Jakutsk über das Werchojanische Gebirge zum asiatischen Kältepol unter 67 ° 34 n. Br., 133 °9 51 ö. L.; die Fahrt von Werchosansk durch die Wildnis zu den Ufern der Kolyma und schließlich die Durchquerung der Tschuktschen Halbinsel von Nishny Kolymsk zur Beringstraße. Er hat die Reise unter ganz außer⸗ So war er nacheinander lößerknecht auf der Lena, Begleiter des Polizeichefs von Wer⸗ chojansk, Hilfspostillon, und bei Bewältigung der vierten Reise⸗ etappe arbeitete er als Knecht unter den heidnischen, nomadisierenden

. Es liegt auf der Hand, daß ein Reisender, indem er sich den jeweiligen Verhältnissen anpaßt und mit den Eingeborenen in engste Füuüͤhlung tritt, auch eine genaue Kenntnis von Land und Leuten sich zu eigen macht, und so bot denn auch der Vortrag viel neue Einzelheiten über das Leben in jenen fernen Gegenden. Der 3000 Werst lange Weg Irkutsk Jakutsk ist ohne Schwierigkeit zurück⸗ Plegen. davon etwa 300 Werst zwischen Irkutsk und Werchojansk im Postwagen; von dort fährt man auf dem Postdampfer über Wirinsk Während des Winters (Mitte Oktober bis Mitte April) wird die ganze Reise mit Pferdeschlitten auf dem Eise der Lena in etwa 10 Tagen zurückgelegt. Von Litimsk aus ist Gelegenheit, den Witim mit einem Dampfer Lög fahrend, die ostsibirische Goldgräberzentrale Bodaibo zu besuchen; die Gold⸗ gruben arbeiten dort mit den neuesten Maschinen und ihr Betrieb ist kohnend. Ein anschauliches Bild entwarf der Vortragende von akutsk, das unter dem 62° n. Br. liegt, als äußerster Vorposten der ivilisation zu betrachten und berühmt ist als Stapelplatz für alle aus Nord⸗Ost Sibirien kommenden wertvollen Felle. In Jakutsk

eiertage sowie am Neujahrstage geschlossen. emeinen Bestimmungen über die öffentliche

werden auch die Reriierkarawanen zusammengestellt, die während des

4 8 Winters in monatelangen Märschen über das werchosanische Gebirge

und unter Ueberwindung des 1600 m hohen Tukulanpasses bis . den Ufern der Jana, Indigirka und Kolyma vordringen und alle Niederlassungen jenseits des Polarkreises mit Nahrungsmitteln ver⸗

sorgen, denn über Jakutsk hinaus ist Ackerbau nicht mehr möglich.

Der Vortragende schilderte verschiedene Völkerfchaften, deren Gebiete

er durchquerk hatte, und entwarf ein recht günstiges Bild von den

16“ Jakuten, jenem großen ural⸗altaischen Stamme, von dem sich auch

4

8

““ 1“

die Tataren abzweigen. Wir finden sie zwischen Jakutsk und dem

nördlichen Eismeer; sind im wesentlichen Viehzüchter und verbts die von Fie eeee Pferde und Renntiere werden mit

orliebe gekauft. In der Nähe des Eismeeres treiben sie auch Fischerei und sind Hundezüchter. Der Vortragende ließ dann die Jakuten, Tungusen, Lamuten und Iukagiren an den Hörern vorüberziehen und diese in jener Hütten und Zelte eintreten. Er schilderte, wie er mit ihnen die Wildnis durchstreift und an ihrem schweren Kampfe ums Leben teilgenommen habe; er führte in Gebiete jenseits aller Kultur, wo die Bäume immer kleiner und kümmerlicher werden, bis in die Pschaunberge, wo selbst ein armseliger Strauch nicht mehr gedeihen kann, und wo er, vom Morgen bis zum Abend auf Renntierschlitten durch die Einsamkeit ziehend, sich mit Pomaden dem Ostende Sibiriens näherte. Eine große Zahl vorzüglicher Lichtbilder gab dem Vortrage eine willkommene Ergänzung.

Literatur.

Der kürzlich erschienene 149. Jahrgang des Gothaischen Genealogischen Hofkalenders nebst diplomatisch⸗statistischem Jahrbuch bringt die Bildnisse des spanischen Königspaares und des Prinz⸗Regenten Luitpold von Baypern sowie das des verstorbenen russischen Ministerpräsidenten Stolypin. Eine ganze Reihe fürstlicher Häuser wurde in die III. Abteilung des Hofkalenders neu aufgenommen: die neuen zsterreichischen Fürsten von Thun und Hohenstein und von Weikersheim, der ungarische Fürst Festeties von Tolna, die italienischen Castelcicala und Monteleone und endlich die polnischen Fürsten Puzehna (Kozielsk). Im Gebilde der Staaten Europas und der anderen Weltteile traten keine wesentlichen abgeschlossenen Aenderungen im ablaufenden Jahre ein, die im Kalender zu berücksichtigen gewesen wären. Die diplomatischen und statistischen Angaben konnten für alle Länder der Welt, mit Aus⸗ nahme von Chile und Spanien, von denen Angaben nicht rechtzeitig eingingen, ergänzt werden. Wohl noch nie konnten in einem Jahr⸗ gang des Hofkalenders die Ergebnisse so zahlreicher fast gleich⸗ zeitiger Volkszählungen vorgelegt werden wie in diesem Jahrgang. Mitgeteilt konnten werden die Ergebnisse der Zählungen im Deutschen Reiche, in den Vereinigten Staaten von Amerika, in Bulgarien, Dänemark, Großbritannien, Britisch Indien, Britisch Südafrika, Canada, Australien und einigen kleinen Kolonien, Luxemburg, Mexiko, Norwegen, Oesterreich⸗Ungarn, Schweden, in der Schweiz, in Spanien und Kreta. Von China lagen noch nicht die Er⸗ gebnisse aller Provinzen vor; von Italien und Serbien konnten erst die vorläufigen Ergebnisse für den ganzen Staat und für die Provinzialhauptstädte mitgeteilt werden. Noch nicht festgestellt waren die Ergebnisse der Zählungen in Belgien, in Frankreich und in den meisten seiner Kolonien. Brasilien hat die für 1911 geplante Zählung hinausgeschoben, während über die beabsichtigte Zählung in Argentinien nichts zu ermitteln war. Ueber die Finanzen, den Handel und Ver⸗ kehr der einzelnen Staaten konnte ein so umfangreiches Material neu verarbeitet werden, daß nur wenige der älteren Angaben stehen ge⸗ blieben sind.

Der 85. Jahrgang des Taschenbuchs der Gräflichen Siele; geschmückt mit dem Bilde des Generalfeldmarschalls Al

rrafen von Schlieffen, konnte durch Artikel über die Gräflichen 8 Horn, Hülsen (Hülsen⸗Haeseler), III. Linie, Krockow, Lönyay, C., Nani⸗Mocenigo und Podewils⸗Dürniz bereichert werden. Die Redaktion des Taschenbuchs weist darauf hin, daß Berichtigungen und Ergänzungen jederzeit entgegengenommen und ohne Fu einer Gebühr aufgenommen werden. Auch die Einstellung neuer Familien erfolgt vollständig kostenlos, sobald die den Grafentitel begründende Urkunde im Original oder in beglaubigter Abschrift vorgelegt wird, vorausgesetzt, daß die Erhebung in den Grafenstand oder seine Anerkennung bezw. Bestätigung durch einen deutschen Fürsten bezw. eine deutsche zuständige Behörde (Oester⸗

reich einbegriffen) erfolgte. In dem 62. Jahrgang des Taschenbuchs der Freiherr⸗ lichen Häuser, der mit dem Bildnisse des Generals der Infanterie eiherrn von Plettenberg geschmückt ist, wurden Artikel über folgende amilien neu aufgenommen: Beschwitz, II. Linie, Beust, I. Linie Wiederaufnahme), Müllenheim⸗Rechberg, A., c. Münchhausen, A. Weiße Linie, I., Schleinitz, II. Linie, Schwartzenberg und Hohenlandsberg, Thavonat, Ungern⸗Sternberg, A. Für Be⸗ richtigungen und die Aufnahme neuer Familien gelten dieselben Be⸗ stimmungen, die oben hinsichtlich des Taschenbuchs der Gräflichen Häuser mitgeteilt worden sind.

Der vorliegende 13. Jahrgang des Taschenbuchs der ur⸗ adeligen Häuser ist mit dem Bildnis des Admirals von Holtzen⸗ dorff geschmückt. Der Bestand wurde durch Artikel über sieben in ihrem Personalbestand zum Teil sehr umfangreiche Geschlechter ver⸗ mehrt. Es sind das die kurländischen Behr, die uckermärkischen Buch, die Gagern, Preen, Salisch, Unruh und Vietin hoff gen. Scheel. Zur Aufnahme in das Uradlige Paschenbuch ist erforderlich der Nachweis, daß ein sicheres Mitglied des Geschlechts in irgend einer Urkunde vor 1350 genannt worden ist, ferner die Beschreibung des Wappens, die Aufstellung der Stammreihe (von Vater auf Sohn) und die möglichst vollständige Angabe des Personalbestandes im 18., 19. und 20. Jahrhundert, auch der Zweige, die mittlerweile erloschen sind. Alle männlichen Geschlechtsmitglieder, die, ohne Nachkommen zu hinterlassen, verstorben sind, ebenso die Familientöchter werden nach ihrem Tode nur noch einmal im Taschenbuch erwähnt.

Dem 6. Band des Briefadeligen Taschenbuchs ist das Bild des Großherzoglich hessischen Ministers des Innern von Hombergk zu vorangestellt. Der in diesem Taschenbuch darzustellende Stoff ist derart angewachsen, daß er von diesem Jahre ab in zwei Bände hat zerlegt werden müssen. Aehnlich wie das schon bei dem freiherrlichen Taschenbuch durchgeführt wurde, wird vom Jahrgang 1912 an in die „geraden“ Jahrgänge der ältere Briefadel, in die „ungeraden“ der junge Briefadel aufge⸗ nommen werden. Als Grenze zwischen altem und jungem Briefadel ist der 6. August des Jahres 1806 angesetzt, an dem das alte Deutsche Reich römischer Nation aufgelöst worden ist. Nach dieser Zeit stand allen souveränen deutschen Fürsten das Recht zu nobilitieren zu, dies vorher nur einzelne (so Bayern und Preußen) erreicht

atten.

Es sei schließlich noch darauf aufmerksam gemacht, daß jedem Bande der genealogischen Taschenbücher für 1912 ein Verzeichnis aller derjenigen Häuser angeheftet ist, die im Hofkalender, in den Taschen⸗ büchern der Gräflichen, Freiherrlichen, Uradeligen und Briefadeligen Häuser bisher genealogisch dargestellt worden sind.

Mit dem 20. soeben erschienenen Bande der „Klassiker der Kunst“, der die Gemälde Hans Holbein des Jüngeren (9 ℳ) bringt, hat sich die Deutsche Verlagsanstalt in Stuttgart ein besonderes Verdienst erworben. Seit dem Erscheinen des eingehenden, zwei⸗ bändigen Werkes „Holbein und seine Zeit“ von Woltmann sind etwa 30 Jahre verflossen; die späteren Arbeiten über den Meister von Leithäuser, H. A. Schmid, Knackfuß Goette, Mantz und His befassen sich nicht mit der gesamten Kunst Holbeins. Da lag ein wirkliches Bedürfnis nach einer neuen ellung vor, die den in den letzten Jahrzehnten gemachten Fortschritten der Kunstgeschichte Rechnung trägt. Der Herausgeber des vorliegenden Holbein⸗Bandes ist der Direktor der Baseler Kunstsammlungen, Professor Ganz, einer der besten Holbein⸗Kenner der Gegenwart. Er gibt im Text des Buches neben einer Schilderung des Lebens Holbeins eine feinsinnige Charakteristik seiner Kunst als Maler, ihrer Entwi „Zusammenhänge und Wirkungen. Der Kunsthistoriker wird in der Darstellung eine Fülle wertvoller Erläuterungen, Zeitbestimmungen und Nachweise finden. In 252 Abbildungen werden dann die erhaltenen Gemälde des Meisters lückenlos vorgeführt; unter ihnen befindet sich eine Anzahl bisher nicht nachgebildeter, fast unbekannter Werke die, in privaten Sammlungen des Auslands, namentli Englands, zerstreut, der wissenschaftlichen Forschung ziemlich un⸗ zugänglich waren. Ferner sind die untergegangenen Monumental⸗ malereien nach alten Kopien und Stichen wiedergegeben; sämtliche

Häuser

Stiche des berühmten Kupferstechers Wenzel Hollar sind dazu heran⸗

9 3 L1“

Dr

W11“] * 8

gezogen, und ein Anhang gibt, wie auch in den früheren Bänden der

„Klassiker der Kunst“, die Hauptstücke unter den zweifelhaften oder

Holbein d. J. zu Unrecht zugeschriebenen Werken. Die Güte der in

diesen Sammlungen wiedergegebenen Bilder ist an dieser Stelle

wiederholt rühmend hervorgehoben, es sei daher nur betont, daß dieser

Band sich auch in dieser Beziehung den früheren würdig anschließt.

28 raphischen Arbeiten Holbeins sind einem besonderen Bande vor⸗ en.

Der 13. Jahrgang des von dem Kapitänleutnant a. D. B. Weyer herausgegebenen Taschenbuchs der Kriegsflotten für 1912 ist im Verlag von J. F., Lehmann in München erschienen. Die Flottenlisten sind in ihm bis Ende November d. J. auf dem Laufenden erhalten; der Bilderteil ist vielfach erneuert und vermehrt. Die wichtigsten marinepolitischen Ereignisse des Jahres sind wieder im 2. Teil besprochen worden. Das Kapitel „Marineartillerie“ wurde zum Teil umgearbeitet. Den Abschnitt „Seeinteressen“ hat der Direktor des staatswissenschaftlichen Instituts der Universität Kiel,

Harms übernommen. Das mit 925 Schiffsbildern, d Schattenri ausgestattete Taschenbuch kostet geb. 5 1 8

85 11“ Jagd. 8

Dienstag, den 19. d. M., findet Königliche Parforce⸗ jagd statt. Stelldichein: Nachmittags 1 Uhr, auf dem Wege von Staaken nach Döberitz am Sicherheitsstand 1. Der Zug, ab Berlin Lehrter Bahnhof 11 Uhr 10 Vormittags nach Dallgow⸗Döberitz und zurück, verkehrt nicht mehr.

8

Deutsches Theater. Man weiß nicht recht, war es ein Erfolg oder Mißerfolg, den

das Drama „Offiziere“ von Fritz von Unruh, das gestern zum

ersten Male auf der Bühne des Deutschen Theaters erschien, davon⸗ trug; Klatscher und Zischer waren ziemlich gleich verteilt. Indessen den kritischen Beurteiler des Stücks darf das wenig bekümmern, ihn geht nur das Werk als solches an und die Frage, ob es Hoffnungen zu erwecken geeignet ist oder nicht. Diese Frage ist trotz aller Fehler, die diese Erstlingsarbeit aufweist, entschieden zu 3 weil ihr Verfasser die Welt mit den Augen des Dichters ansieht. Ob freilich seine Lorbeeren auf dramatischem Felde wachsen werden, läßt sich heute noch nicht ermessen; das wird davon abhängen, ob er die Meisterschaft, die in der Beschränkung liegt, erlangen, ober das rein Handwerkliche der dramatischen Kunst sich zu eigen machen wird. Noch strebt er in die Breite, verliert sich in der Absicht, möglichst lebensgetreu zu schildern, in umständliche Einzelheiten, schwelgt zuweilen ganze Akte lang in Stimmungen, die sich, so tief sie auch empfunden sind, ihm unbewußt, auf der Bühne in lange, leere Strecken verwandeln und die Sehnsucht nach dem Rotstift wachrufen. Und doch muß man den offenbar sehr jungen Verfasser, der sich nach den Aktschlüssen dem Publikum zeigte, um seiner selbst willen lieb gewinnen und möchte wünschen, daß er Selbstkritik genug besäße, die seinem Drama an⸗ haftenden Mängel zu erkennen und aus seinen Fehlern zu lernen. Was besonders angenehm an ihm berührt, ist seine völlig tendenzfreie Art, Menschen und Dinge anzuschauen. Diese Offiziere, die er im rieden in der Garnison und als Kämpfer in Südwestafrika vorführt, ind nicht herkömmliche Typen und Schablonen, nicht mit der Absicht, irgend eine These zu verfechten oder gekünstelte patriotische Gefühle zu erwecken, konstruierte Gestalten, sondern Menschen von Fleisch und Blut, wenn sie auch freilich aus der Sphäre heraus zu ver stehen sind, in der sie leben und sich bewegen. Etwas vom Geiste Kleists spürt man in ihnen, an dessen „Prinzen von Homburg“ man unwillkürlich erinnert wird, nicht zum mindesten dadurch, daß zum Schluß der Held des Stücks, ohne den Befehl des Obersten abzuwarten, aus eigener Verantwortung das Leuchtkugelsignal zum Angriff auf die Hereros gibt und den Sieg entscheidet, den er selbst, von einem feindlichen Geschoß etroffen, nicht mehr erlebt. Der Konflikt zwischen Tatendrang und Pflicht⸗ der in der Brust dieses jungen Leutnants tobt, wird noch durch die Liebe zu seiner Braut, der Tochter des Obersten, die ihm als Krankenschwester ins Feld folgt, verschärft. Eine der bestgesehenen Figuren des Stücks ist ferner ein Oberleutnant, der sein Herz eben⸗- falls an die Oberstentochter verloren hat, sein Gefühl aber als entsagender vn. und getreuer Kamerad des Vorerwähnten sorgfältig verbirgt und den Tod im Gefecht sucht und findet. Auch unter den vielen anderen Offiziersgestalten, die in übergroßer Zahl durch das Stück gehen, ist manche gut beobachtet und mit sicheren Strichen hingestellt. Aber diese Vorzüge können die fehlerhafte Komposition des Gesamtwerks nicht wettmachen, von dessen sechs Bildern man einzelne, wie z. B. den langen, auf dem Schiffe spielenden Akt, glatt streichen könnte, ohne der Handlung irgend einen wesentlichen Bestandteil zu nehmen. Auch sonst ist in den einzelnen Szenen noch sehr viel Ueberflüssiges und Unklares, das den Gang der Handlung lähmt und das Verständnis nicht eben fördert. Selbst die beste e und sie war gestern durchaus gut könnte darüber nicht hinwegkommen. Die vornehmsten Kräfte der Reinhardtbühnen wurden ins Treffen geführt. Friedrich Kayßler gab die Hauptrolle des jungen tatendurstigen Leutnants von Schlichting anfangs vortrefflich, später vielleicht etwas zu wild und draufgängerisch. Ein Kabinettstück feiner Charakteristik bot Paul Biensfeldt als dessen entsagungsvoller Nebenbuhler. Schlicht und packend spielte Paul Wegener den Oberst, und die problematische Rolle eines leichtsinnigen, im Frieden seiner Spiel⸗ schulden wegen verabschiedeten Offiziers, der als Kriegsfreiwilliger den Feldzug mitmacht, fand in Herrn Bassermann einen interessanten Ver⸗ treter, wenn es ihm auch nicht gelang, die Widersprüche des Charakters zu lösen. In der Rolle der Oberstentochter führte sich Cornelie Gebühr als sympathische Künstlerin ein. Unter den anderen zahlreichen Mit⸗ wirkenden sind noch die Herren Diegelmann, Waßmann, Liedtke, von Winterstein, Ebert hervorzuheben. Von eigenartigem Stimmungs⸗ reiz waren die Dekorationen; besonders das Schiffsverdeck unter klarem Sternhimmel und die afrikanischen landschaftlichen Bilder. Der Aufführung wohnten Ihre Königlichen Hoheiten der Herzog von Coburg und der Prinz August Wilhelm mit ihren Gemahlinnen bei.

Im Königlichen Opernhause wird morgen, Sonntag, „Der Rosenkavalier“ wiederholt. Fräulein Ober singt zum ersten Male die Titelrolle. In den übrigen Hauptrollen sind die Damen Denera, Dux, Rothauser, von 8*8 sowie die Herren Knüpfer, Hoffmann, Henke und Sommer Alchaftigt Dirigent ist der General⸗ musikdirektor Dr. Muck. Weitere Wiederholungen des „Rosenkavaliers“ finden an den Tagen Mittwoch sowie Freitag der nächsten Woche statt. Außerdem bringt der Spielplan noch Wiederaufführungen von „Don Juan“, mit Frau d'Albert als Donna Anna, Herrn ge. als Teporello, sowie von „Tristan und Isolde“ mit Herrn Maclennan zum ersten Male als Tristan. Der am Sonntag, den 17. d. M., beginnende Vorverkauf umfaßt sämtliche im Spielplan angekündigten Vorstellungen bis einschließlich 28. d. M.

Im Königlichen Schauspielhause geht morgen, Sonntag, neueinstudiert, als 284. Abonnementsvorstellung die 1. und 2. Ab⸗ teilung von Friedrich Hebbels „Nibelungen“ in folgender Besetzung in Szene: „Der gehörnte Siegfried“, Vorspiel in einem Aufzuge: König Gunther: Herr Geisendörfer, Hagm Tronje: Herr Kraußneck, Dankwart, dessen Bruder: Herr Mannstädt, Giselher: Herr Boettcher, Gerenot: Herr Werrack, Volker, der Spielmann: Herr Keßler, Rumolt, der Küchenmeister: Herr Eichholz, Siegfried: Herr Staege⸗- mann, Ute: Frau Butze, Kriemhild, ihre Tochter: Frau Willig. Zu diesen Personen treten in Siegfrieds Tod“, Trauerspiel in fün Auf⸗ zügen, noch hinzu: Brunhild, Königin von Isenland: Frau Poppe, Frigga, ihre Amme: Fräulein von Arnauld, ein Kaplan: Herr Eggeling, ein Kämmerer: Herr Paris, Recken: die Herren Winter, Koch und Stange. Die Dichtung ist von Herrn Regisseur Patry in Szene geseßt. Am Montag werden die beiden Stücke H. von Kleists „Robert Guiskard“ und „Der zerbrochene Krug“, denen Goethes „Geschwister“ vorausgehen, aufgeführt. Der am Sonntag, den 17. d. M. beginnende