Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den im Ministerium der öffentlichen Arbeiten angestellten Beamten, und zwar dem Rechnungsrat Friedrich Fischer den Charakter als Geheimer Rechnungsrat und dem Geheimen expedierenden Sekretär und Kalkulator braß Haged Charakter als Rechnungsrat zu ver⸗ e
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
den Hauptpastor Möding in Lütjenburg zum Propst der Propstei Plön, Regierungsbezirk Schleswig, zu ernennen,
dem etatsmäßigen Seb an der Lechnischen Hochschule zu Berlin Emil Josse den Charakter als Geheimer Regierungs⸗ rat zu verleihen und
der Wahl des Oberlehrers Dr. Bruno Hiller an der öffentlichen Höheren Mädchenschule in Zehlendorf (Wannsee⸗ 2 zum Direktor der städtischen Höheren Mädchenschule in
Eilenburg die Allerhöchste Bestätigung zu erteilen.
111““
14“ wegen Einberufung der beiden Häuser des Landtags.
Vom 11. Dezember 1911.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen usw., verordnen gemäß Artikel 51 der Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 auf den Antrag des Staatsministeriums, was folgt:
8 beiden Häuser des Landtags der Monarchie, das Herrenhaus und das Haus der Abgeordneten, werden auf den 15. Januar 1912 in Unsere Haupt⸗ und Residenzstadt Berlin zusammenberufen. 1
Das Staatsministerium wird mit der Ausführung dieser Verordnung beauftragt. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben Neues Palais, den 11. Dezember 1911. (Siegel.) Wilhelm R.
von Bethmann Hollweg. von Tirpitz. Delbrück. Beseler. von Breitenbach. SydowW.
von Trott zu Solz. von Heeringen. 8 Freiherr von Schorlemer. von Dallwitz. Lentze.
Ministerium des Innern.
Bekanntmachung.
Mit Bezug auf die Allerhöchste Verordnung vom 11. De⸗ zember d. J., durch welche die beiden Häuser des Land⸗ tags der Monarchie auf den 15. Januar 1912 in die Haupt⸗ und Residenzstadt Berlin zusammenberufen worden sind, mache ich hierdurch bekannt, daß die besondere Benachrichtigung über den Ort und die Zeit der Eröffnungssitzung in dem Bureau des Herrenhauses, hier, Leipziger Straße Nr. 3, und in dem Bureau des Hauses der Abgeordneten, hier, Prinz Albrecht⸗ straße Nr. 5/6, am 14. Januar 1912 in den Stunden von 9 Uhr früh bis 1 Uhr Nachmittags und am 15. Januar 1912 in den Morgenstunden von 9 Uhr früh ab offen liegen wird.
In diesen Bureaus werden auch die Legitimationskarten 8 der Eröffnungssitzung ausgegeben und alle sonst erforder⸗ ichen Mitteilungen in bezug auf diese gemacht werden.
Berlin, den 16. Dezember 1911. 11
Der Minister des Innern. 8nI von Dallwitz.
Finanzministeriumm.
Die Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskasse in Pillkallen, Regierungsbezirk Gumbinnen, ist zu besetzen. —
8 Bekanntmachung.
Die verstärkten Ersatzkommissionen werden zur Entscheidung über Gesuche um zeitweise Fiir eer hn bei not⸗ wendigen Verstärkungen oder Mobilmachungen bezw. bei Bil⸗ dung von Ersatztruppenteilen Mitte April 1912 ihre nächste Sitzung halten.
Diejenigen in Berlin wohnenden Mannschaften der Reserve, Landwehr, Seewehr, Ersatzreserve und Marineersatzreserve, welche auf Zurückstellung Anspruch machen, werden aufgefordert, 8 Gesuche unter Angabe ihrer Militärverhältnisse und der
ummern, unter denen sie in den Listen der Königlichen Be⸗ irkskommandos I—-IV Berlin geführt werden, im Laufe es Monats Januar 1912 beim Militärbureau des hiesigen Magistrats anzubringen.
Ebenso werden die auf Zurückstellung Anspruch machenden und sich hier aufhaltenden ausgebildeten Landsturmpflichtigen des II. Aufgebots aufgefordert, ihre Gesuche unter Angabe ihrer bisherigen Militärverhältnisse in der angegebenen Zeit bei dem bezeichneten Bureau einzureichen.
Die bereits früher berücksichtigten Mannschaften ihre Anträge auf weitere vüehc gallane im
edarfsfalle zu erneuern; die nach dem 31. Januar 1912 eingehenden Gesuche können nicht berück⸗ sichtigt werden. E1“ I1“
Berlin, den 16. Dezember 1911.
Die Königlichen Ersatzkommissionen
56 der Aushebungsbezirke Berlin.
8 Frommel.
66
Deutsches Reich.
2 1“ Preußen. Berlin, 19. Dezember.
eine Majestät der Kaiser und König nahmen
vormittag im Neuen Palais bei Potsdam die Vorträge lstabsarztes der Armee, Professors Dr. von 8 hefs des Militärkabinetts, Generals der Infanterie In Lyncker entgegen.
Die gestern ausgegebene Nummer des Amtsblattes des Reichspostamts veröffentlicht folgenden, an den Reichskanzler gerichteten Allerhöchsten Erlaß:
Aus dem Mir vorgelegten Bericht über die Entwicklung des Reichspost⸗ und Telegraphenwesens in dem Zeitabschnitt von 1906 bis 1910 habe Ich mit Befriedigung ersehen, daß innerhalb dieser weitverzweigten Verwaltung wiederum unverkennbare Fortschritte erzielt worden sind. In besonderem Maße gilt dies von der Ausgestaltung des
ernsprechwesens und der Funkentelegraphie. Letztere hat in kurzer Zeit eine beachtenswerte Stufe der Vollkommenheit erreicht, nachdem es gelungen war, die ihren Fortschritt hemmenden, vornehmlich aus der Verschiedenheit der Systeme herrührenden Beschränkungen auf dem Wege internationaler Vereinbarungen sowie durch Gründung der Deutschen Betriebsgesellschaft für drahtlose Telegraphie zu beseitigen und dem freien Wettbewerb die Wege zu öffnen. Nicht minder er⸗ freulich sind die Ergebnisse des in der Berichtszeit zur Einführung elangten Postüberweisungs⸗ und Scheckverkehrs, die Fortschritte im Ausbau der Verkehrseinrichtungen innerhalb der Deutschen Schutz⸗ gebiete, die Verbesserung der Fahrpläne und des Schiffsmaterials auf den Reichspostdampferlinien und die Erweiterung des Deutschen Unterseekabelnetzes durch Herstellung einer direkten Verbindung mit Südamerika.
Mit lebhafter Genugtuung erfüllt Mich ferner die in der Berichts⸗ periode durchgeführte Aufbesserung der Besoldungen, und Ich erachte es für eine besonders anerkennenswerte Leistung der Verwalkung, daß trotz der durch jene Maßnahme bedingten erheblichen Steigerung der Ausgaben eine nachhaltige Schmälerung der dem Reiche zufließenden Reineinnahmen vermieden und im letzten Jahre der Berichts⸗ zeit sogar ein Ueberschuß von zuvor nicht erreichter Höhe erzielt worden ist.
Ich ermächtige Sie, dem Staatssekretär des Reichspostamts und den Beamten seiner Verwaltung für ihre treue und erfolgreiche Pflicht⸗ erfüllung Meinen Dank auszusprechen.
Neues Palais, den 11. Dezember 1911. —
16“ Wilhelm, I. R.
In der am 18. d. M. unter dem Vorsitz des Staats⸗ ministers, Staatssekretärs des Innern Dr. Delbrück ab⸗ gehaltenen Plenarsitzung des Bundesrats wurde den Etats für die Marineverwaltung, für Kiautschou, für das Reichs⸗ schatzamt und für die Reichsschuld sowie dem Etat der Allge⸗ meinen Finanzverwaltung nach den Anträgen der Ausschüsse die Zustimmung erteilt. Ebenso wurde dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Reichshaushaltsetats für das Rechnungsjahr 1912, und dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Haushaltsetats für die Schutz⸗ gebiete auf das Rechnungsjahr 1912, zugestimmt. Demnächst gelangte der Entwurf von Bestimmungen, betreffend die Auf⸗ rechnung der Matrikularbeiträge gegen die Ueberweisungen aus der Branntweinsteuer, zur Annahme. Schließlich wurde zu Be⸗ schlüssen des Reichstags zu einer Reihe von Petitionen seitens der Versammlung Stellung genommen. 8
8
8
Die Verkehrseinnahmen deutscher Eisenbahnen für November 1911 betrugen nach der im Reichseisenbahn⸗ amt aufgestellten Uebersicht:
—
gegen das Vorjahr auf (mehr, weniger) 1 km im ganzen auf 1 km ℳ ℳ ℳ 1.2 —70
755 417 871 198 2751 384 + 41 + 3,96 287 9,49.
1 173 454 133
Personenverkehr Güterverkehr .
⸗ en
Nr. 4 des zehnten Jahrganges der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Aufsichtsamts für Privatversiche⸗ rung“ bringt ein an mehrere Lebensversicherungsunter⸗ nehmungen erlassenes Rundschreiben über die Notwendigkeit der Verbindung der Allgemeinen Versicherungs⸗ bedingungen mit den Versicherungsscheinen und ein gleiches an die größeren Unfall⸗ und Haftpflichtversiche⸗ rungsgesellschaften über die Kollektivunfallversiche⸗ rung von Schülern. Hieran schließen sich Mit⸗ teilungen über die inzwischen erfolgten Zulassungen und Genehmigungen von Aenderungen des Ge⸗ schäftsplans und von Bestandsveränderungen in⸗ und ausländischer Unternehmungen. Von den darauf zum Abdruck gebrachten vier Beschlüssen behandelt der erste die Frage, ob die kostenpflichtige Mahnung gemäß § 39 des Versicherungsvertragsgesetzes (vgl. auch Art. 4 Nr. 4 des Einführungsgesetzes) schon innerhalb oder erst nach dem Ablauf einer in älteren Verträgen bedungenen soge⸗ nannten Respektfrist erfolgen könne. Diese Frage wird in dem letzteren Sinne beantwortet. In dem zweiten Be⸗ schlusse wird es in Uebereinstimmung mit der Literatur und der Stellungnahme zahlreicher Registergexichte für zulässig erachtet, daß Beträge, die gelegentlich einer Grund⸗ kapitalserhöhung von den Aktionären neben dem Entgelt für die Aktien zur Erreichung besonderer Zwecke zur Verfügung gestellt werden, nicht dem gesetzlichen Reservefonds zugeführt werden. Der folgende Beschluß bringt den Standpunkt zur Geltung, daß die in der Feuer⸗ erfich⸗rung gachandt 1ö6 für Fabriken und gewerbliche Anlagen als Allge⸗ meine Versicherungsbedingungen und als ö pflichtiger Teil des Geschäftsplans zu behandeln seien. In dem letzten Beschlusse hat das Amt bei der Versicherung remden Eigentums mit der Klausel: „Die Versicherung ür fremde Rechnung gilt nur insoweit, als die betreffenden
bjekte von den Eigentümern oder in deren Auftrag nicht anderweit versichert sind“ die Auffassung vertreten, daß im Schadenfalle der Mangel anderweiter Versicherung von dem Versicherungsnehmer nachzuweisen sei. .
Es folgen drei Senatsentscheidungen, von denen die erste die Gebietserweiterung eines Feuerversicherungsunter⸗ nehmens wegen unzureichender Mittel ablehnt. Die zweite Ent⸗ scheidung behanden die Allgemeinen Versicherungs⸗ bedingungen für die Versicherung gegen Schäden durch Betriebsunterbrechung infolge von Brand, Blitzschlag oder Explosion und die dritte die Bean⸗ sga süng einer von einer Vieh versicherungsgesell⸗ chaft im Wettbewerbe verwendeten Drucksache.
Im Anhange werden 25 auf dem Gebiete des Ver⸗ sicherungsrechts ergangene gerichtliche Entscheidungen auszugs⸗
iedergegeben.
Die amtliche Ausgabe der „Jahresberichte der König.] lich preußischen Regierungs⸗ und Gewerberäte 8 Bergbehörden für 1911“ wird Ende März 1912 in
R. von Deckerschen Verlage, Berlin SW. 19,
straße 56, erscheinen. Die bis spätestens zum 29. Fe⸗
Berlin SW. 68, Oranienstraße 91, bestellten Exemplare des
Werkes werden zu einem Vorzugspreise abgelassen werden
der auf 2,75 ℳ für ein broschiertes Exemplar und auf 3,5
für ein in Ganzleinen gebundenes 2 Hi ns⸗ festgesetzt ist. De
nach dem 29. Februar 1912 bei der Reichsdruckerei eingehenden
Bestellungen werden von dieser dem genannten Verlage üͤber
wiesen werden. Für die Ausführung solcher Bestellungen wie
für alle Lieferungen im Wege des Buchhandels ist der Laden⸗ preis zu zahlen, der 5,25 ℳ für ein broschiertes und 5,75 % für ein gebundenes Exemplar beträgt. C111“
5 “
11““ 1 8 1“ “ E11“ “
Dem Regierungsassessor de Roberti⸗Jessen in Posa ist die kommissarische Verwaltung des Landratsamtes im Kreif Witkowo, Regierungsbezirk Bromberg, übertragen worden.
Der Regierungsrat Fleischer in Gumbinnen ist der Königlichen Regierung in Stettin, der Regierungsrat Freihen von Houwald in Frankfurt a. O. dem Königlichen Polizes⸗ präsidium in Posen, der Regierungsrat Dr. Siller in Wies baden der Königlichen Regierung in Merseburg, der Regierungs⸗ assessor Bothe in Rheinbach der Königlichen Regierung i Liegnitz, der Regierungsassessor Dr. Ercklentz aus Berlin der Königlichen Regierung in Marienwerder zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen, der Regierungs⸗ assessor Dr. von Seydlitz und Ludwigsdorf in Dinslaken ist dem Landrat des Mansfelder Seekreises, der neuernannt Regierungsassessor Niemeyer aus Hannover dem Landrat des Kreises Reichenbach, der neuernannte Regierungsassessor Fre⸗ herr von Löhneysen aus Cassel dem Landrat des Kreisetz Randow und der neuernannte Regierungsassessor Kreich aus Stettin dem Landrat des Kreises Euskirchen zur Hilfeleistung in den landrätlichen Geschäften zugeteilt worden.
Die Regierungsreferendare Dr. jur. Reichardt aus Han⸗ nover, von Friedrich⸗Schroeter aus Oppeln und Wölfing aus Frankfurt a. O. haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden.
5
Laut Meldung des „W. T. B.“ i am 16. d. M. in Poros und S. M in Nanking angekommen.
M. S. . „Luchs“
Oesterreich⸗Ungarn.
In der gestrigen Sitzung des Budgetausschusses des österreichischen Abgeordnetenhauses führte der Unterrichtsminister Hussarek laut Meldung des „W. T. B.“ bezäüglich der italienischen Fakultätsfrage aus:
Die italienische Fakultät sei ein Kulturproblem, das gelöst werden müsse. Die Regierung enthalte sich der Verheißung, eine italienische Fakultät innerhalb des ie eg. des italienischen Völksstammes in Oesterreich zu errichten. Das Provisorium bezüglich des Standortes sei aus unterrichtstechnischen und didaktischen Gründen notwendig. Er Falne Triest und dessen Bannmeile für die provisorische italienische
akultät nicht für geeignet.
— Die Wahlen zum kroatischen Landtage find außer in sechs Bezirken beendet. Die unionistische Regierungs⸗ partei verfügt, obiger Quelle zufolge, nur über 22 unter 88 Mandaten. Die übrigen Mandate verteilen sich auf die fünf Fraktionen der Opposition. Die Regierungspartei besaß im vorigen Landtage nur vierzehn Mandate.
11““ Frankreich. Die Deputiertenkammer setzte in der gestrigen Sitzung die Beratung des deutsch⸗französischen Abkommens fort Nach dem Bericht des „W. T. B.“ über den Verlauf der Sitzung untersuchte der Berichterstatter der Kommission Long die Ergebnisse des Abkommens und bemerkte, die Männer, die sich im Congo aus⸗ gezeichnet hätten, hätten zu dem Erfolg der französischen Politik in Nordafrika beigetragen. Das Protektorat Frankreichs sei zwar nicht mit ausdrücklichen Worten in dem Abkommen angekündigt, doch be⸗ stehe es in Wirklichkeit. Das Wort selbst finde sich übrigens in der erläuternden Briefen. Das durch die Algecirasakte eingeführte Regime sei zum Vorteil Frankreichs verändert. Die marokkanische Bank, die ein Privatunternehmen sei, werde nicht, wie verschiedentlich behauptet wird, eine Art internationales Ministerium darstellen Frank eich habe übrigens immer noch das Uebergewicht in dieser Bank mit einer Mehrheit von acht Stimmen. Die marokkanische Stimme werde rankreich eine Mehrheit von neun Stimmen verschaffen. Das Zoll⸗ ystem Marokkos hindere eine wirkliche Kolonisation nicht. Be⸗ züglich der öffentlichen Arbeiten bestehe ein unbestrett⸗ barer Fortschritt von der Algecirasakte zu dem gegen⸗ wärtigen Abkommen. Hinsichtlich der klärte Long, die marokkanische Zollverwältung bewahre eine ausreichende Unabhängigkeit. Der Berichterstatter sagte, das diplomatische Korps werde abberufen werden, sobald das französische Protek orat in Mmwokko errichtet sei. In bezug auf die Berxg⸗ werde Marokko volle Freiheit haben mit der einzigen inschränkung, daß auf Eisenerze kein Ausfuhrzoll gelegt werden dürfe. Uebrigens sei .. selbst ein Eisenerz ausführendes Land und rechne nicht auf marokkanische Eisenerze. Im Gegensatz dam habe Deutschland ein Bedürfnis nach ausländischen Eisenerzen. Redner wies sodann darauf hin, daß die Wahrung der wirtschaft⸗ lichen Gleichberechtigung mit Bezug auf die Eisenbahnen den Vorteil habe, daß sie den Staat an der Verleihung von Vorrechten an die Gesellschaften hindere. Was die Linie Tanger- Fes anbelange, die nicht von irgend einer anderen Bahnlinie überholt werden dürfe (primée), so bedeute diess Wort nicht, daß die Bahn vor den anderen gebaut werden werde, sondern einfach, daß sie auf dem ersten Programm erscheinen müsse, das aber auch andere Linien umfassen könne. (Auf einen Zwischenruf des Abg. Berthod (Jura), ob es richtig sei, daß die französische Regierung besondere Ver⸗ pflichtungen für den Bau von Eisenbahnen im Susgebiet über⸗ nommen habe, antwortete der Ministerpräsident Cailla daß in dieser Beziehung keinerlei Verpflichtungen Pütten — Long kam dann auf die Schutzgenossen zu sprechen. r führte aus, es werde Frankreich zukommen, Gerechtigkeit, Ordnung und Sicherheit einzuführen. Erst wenn diese durch Frankreich gesichert, werde es berechtigt sein, von den Mächten die Aufhebung des Systems der Schutzgenossen zu verlangen. Gegenüber gewissen Befürchtungen erklärte Long, die Ausbreitung des französischen Handels werde durch das politische Uebergewicht F Algecirasakte sei die Losung eines diplomatischen Konflikis gewesen, aber eine unausführbare Lösung, die Marokko in einen vollständigen Stillstand versetzt habe. Jetzt werde Marokko, dank dem Vorgeben Frankreichs, sich entwickeln. Dieses werde das Werk, das Millerant
und Deschanel vorgezeichnet, auszuführen haben. Es werde von Frank reich abhängen, ob der Vertrag zu großen Ergebnissen führe. 8
erusalemer†
bruar 1912 unmittelbar bei der Direktion der Reichsdruckerz;
8 angemessene praktische Politik, die
Abkommen von Ausdrücken 1 be kö Handeln präzisiert und habe Deutschland wittschaftliche Vorrechte ein⸗
Verpflichtung, Fes wieder zu räumen. 1 ohne das Recht der französischen Intervention in den Augen der
wear sicher. f mußten uns mit diesen uns unmöglich, bahnen
hätte, war von gewissen Seiten die Zu
Haben wir genug erhalten?
Zollkommission er
rankreichs un erstützt werden. Die
Hierauf ergriff der Ministerpräsident Caillaux das Wort und erklärte im Namen aller Mitglieder der Regierung, diese nehme die Verantwortung für das Abkommen auf sich. Die Regierung habe keinen anderen Plan gehabt, als den, das bald hundertjährige Werk der Errit tung eines großen französischen Reichs in Nordafrika weiter zu verfolgen und vielleicht zu vollenden, indem sie endgültig Marokko für Frankreich erschließe. Im vollen Bewußtsein der Folgerichtigkeit ihrer auswärtigen Politik habe die Regierung sich vorgenommen, geleitet von den Ereignissen, ein Glied mehr an die Kette der Verwirklichungen dieses Planes zu fügen. Jules Ferry habe
esagt, daß Tunis der chlüssel zu Frankreichs Stellung 8 Algier sei: das gelte ebenso von Marokko. Algier, Tunis und Marokko bildeten wirtschaftlich, ethnologisch und für den Handel ein Ganzes. Die Abkommen von 1900 und 1904 seien zuerst günstig auf⸗ senommen worden. Jetzt, da die Schwierigkeiten verschwunden seien, ritisiere man sie zu leicht. Sie hätten den Zweck gehabt, für Frank⸗ reich freies Feld in Marokko zu schaffen. Im Jahre 1900 hätten Uhes und Rom sich verständigt. Caillaux erinnerte sodann an die bkommen mit England und Spanien und bemerkte, Frankreich habe
sich demgemäß die Freiheit in Marokko erkauft gehabt, als die Er⸗
eignisse von 1905 eingetreten wären. Der deutsche Reichskanzler habe vor einigen Tagen die deutschen Beschwerden nochmals wiederholt. Er, Caillaux, beabsichtige nicht, sich in einen nutzlosen Streit über diesen Gegenstand einzulassen. Er wolle sich nicht vorwerfen lassen, daß er die Polemik von neuem belebe. Das Einschreiten Deutsch⸗ lands habe Frankreich für einen Augenblick von seiner nationalen Aktion in Marokko abgedrängt und es veranlaßt, sie einer inter⸗ nationalen Verwirklichung zuzuführen. Die Algecirasakte habe das besondere Interesse Frankreichs anerkannt, ihm aber nicht die Mittel
rankreich die Pflicht zum Handeln auferlegt, aber es sei für Frankreich
. Pedeben⸗ es zu verteidigen oder die Ordnung zu sichern. Sie habe eine Unmöglichkeit gewesen, zu handeln. Auch das diplomatische Korps habe
nicht handeln können. Der Machsen habe nur unbedeutende Ein⸗ nahmen gehabt. Die Anarchie sei unvermeidlich gewesen. Von 1907 ab habe man feststellen müssen, daß die Algecirasakte Frankreich ver⸗ hindere, auf der Höhe seiner Aufgabe zu stehen, und so habe man die
Rückkehr zu dem nationalen Programm von 1904 ins Auge gefaßt.
rankreich habe versucht, die Bestimmungen der Algecirasakte mit 2 Entschluß in Einklang zu bringen, die einzige seinen Interessen Politik wieder aufzunehmen, die einzige eines großen Landes wie Frankreich würdig sei. Versuch in dieser Richtung habe zu dem 1909 geführt, aber dies in allgemeinen gehaltene Abkommen habe kein Mittel zum
er erste
eräumt. Aus diesem Abkommen hätten mit Notwendigkeit Schwierig⸗ eeiten entstehen müssen. Es sei wirklich schwer gewesen, eine Scheide⸗
wand zwischen politischen und wirtschaftlichen Interessen aufzurichten, insbesondere die deutschen Pläne mit Bezug auf die marokkanischen Eisenbahnen seien unter politischem Gesichtspunkt eine Gefahr gewesen. Es habe sich gezeigt, daß das Abkommen von 1909 zu keinem brauch⸗
baren Ergebnis führen würde. So sei die Frage gewesen, als die Re⸗ gierung ihre Entschlüsse habe fassen müssen. „Wir haben Rabat, Mekines und Fes besetzt“, fuhr der Ministerpräsident fort, „wir hatten die Aber konnten wir das tun,
Marokkaner bloßzustellen? Der Erfolg des Aufstandes, die Anarchie, Die Hilfsquellen Marokkos waren erschöpft. Wir klaren Tatsachen abfinden. Es war zuzugeben, daß die Verwaltung der Eisen⸗ nicht Marokko gehörte. Was sollte man tun? Eine Konferenz einberufen? Abgesehen davon, daß die Lösung durch eine Konferenz vielleicht nicht unseren ganzen Wünschen entsprochen
Fftag rsa zu einer Konferenz an unannehmbare Bedingungen geknüpft. Warum hätten wir uns also weigern sollen, in direkte Verhandlungen einzutreten? In
äbbrigen war das Prinzip solcher Verhandlungen schon im Jahre 119 8 EE1“ Wir mußten die politische Hypothek von Algeciras un
die wirtschaftliche Hypothek des Abkommens von 1909 beseitigen.
Dazu gab es nur ein Mittel: zu bezahlen, wie wir es 1904 getan hatten. (Murren auf der Rechten.)
Ich weiß wohl, man hat gesagt, wir hätten von Deutschland ein Marokko gekauft, das ihm nicht gehörte. Ge⸗ hörte es aber etwa den andern Mächten mehr, deren Desinteressement wir im Jahre 1904 erkauft haben?“ Caillaux führte dann aus, wie
schmerzlich das gebrachte Opfer sei, es gäbe aber in der Geschichte
zahlreiche Vorgänge dafür. Er zitierte diese Vorgänge und fügte dann hizu: „Ich erkläre andererseits, was schon der Minister der Auswärtigen Angelegenheiten gesagt hat, daß wir nicht die ersten gewesen sind, die vom Congo gesprochen haben. Man hat mit uns am 10. Juli d. J davon gesprochen, und seit 1905 hat Deutschland zuerst mit Delcassé darüber gesprochen, wie der deutsche Staatssekretär im Reichstag erklärt hat. (Jaurds: Wovon war denn in Kissingen die Rede? — Von wirtschaftlichen Fragen.) Die jetzt zur Beantwortung stehenden Fragen sind folgende: Was hat uns das Abkommen gekostet? Sind wir von den Zwei⸗ deutigkeiten der Vergangenheit befreit? Haben wir zu teuer bezahlt?
Ich üe nicht versuchen, die ab⸗ getretenen Gebiete schlecht zu machen. enn man uns vorwirft, daß wir nicht genug Vorteil aus diesen Gebieten gezogen hätten, so ant⸗
worte ich: Die Republik, die die Fehler früherer Regierungen gutzu⸗
machen hatte, hat nicht in wenigen Jahren überall gleichmäßig diese gewaltigen Gebiete nutzbar machen können. Gewiß, es ist grausam, diese Gebiete aufgeben zu sollen, wo das friedliche Heldentum de Brazzas und seiner Nachfolger sich betätigt hat. Aber es liegt ein Trost in dem Gedanken, daß sie uns die Möglichkeit gegeben haben, unserem afrikanischen Reiche eine prachtvolle Fassade zu geben. Man hat gesagt, wir würden nichts
. als ein gefesseltes verstümmeltes Marokko erhalten, das Trugbild
eines Protektorats, Deutschland habe uns mit der einen Hand ge⸗ nommen, was es uns mit der anderen gegeben hätte. Darauf ant⸗ worte ich: Unter wirtschaftlichem Gesichtspunkte erhalten wir mehr, als wir unter anderen Umständen erhalten haben. Wir erhalten eine Lage, besser, als sie andere Länder in ihren eigenen Kolonien haben. Unter politischem Gesichtspunkte erhalten wir mehr, als wir durch den Vertrag von Bardo erhalten haben.’“ Caillaux führte dann aus, daß er den Rechtsgelehrten Louis Rénault für die Redaktion des Vertragsentwurfs befragt habe, um den Text der Algecirasakte nicht fortbestehen zu lassen. Sodann verglich er die Lage Englands in Aegvpten mit der Frank⸗ reichs in Marokko und sagte, Frankreich könne sich aus vielen Gründen beglückwünschen, daß England allein in Aegypten sei. Aber er dürfe sagen, daß Frankreich in Marokko ein Regime habe, das dem Eng⸗ lands in Aegypten weit überlegen wäre. Caillaux ging sodann auf die wirtschaftlichen Fragen ein, und führte aus, daß das Bergwerks⸗ regime normal sei, da man keine Ausfuhrzölle habe. Ueber die Berg⸗ werkssteuer werde Frankreich allein zu verfügen haben. Was die Veranlagung anbelange, so sei Frankreich bezüglich der Taxen in keiner Weise gebunden. (Der Finanzminister Klotz bestätigte diese siskalischen Ausführungen.) Was die Fisene betreffe, so werde die Schutzmacht die Freiheit haben, die Verwaltung zu organisieren. Frankreich sei nur in dem einen Punkte gebunden, das Verlangen nach privaten Frehhahaf⸗ nach den französischen Be⸗ stimmungen ebhrlich zu prüfen. Allerdings sei die wirtschaftliche Aus⸗ dehnung Frankreichs an drei Beschränkungen gebunden; an die Existenz der Staatsbank, den Grundsatz der wirtschaftlichen Freiheit und das Prinzip der offenen Tür. Es sei unmöglich gewesen, die Organisation der Staatsbank zu ändern. Andererseits bestehe ein Vorrecht für die französische Finanz; der Direktor und die Mehrzahl der Beamten eien Franzosen. Gewiß maff sich Frankreich bei den 5 öffent⸗ ichen Arbeiten dem Submissionsverfahren fügen, aber es sei unmög⸗ lich gewesen, den ganzen Inhalt der Algecirasakte zu beseitigen. Die offene Tür sei ein großes Zugeständnis, aber sie sei auch schon an der
fenbeinküste und in Dahomey zugestanden worden. Der Minister⸗
El 2 legte dann dar, daß der französische Handel in Marokko sich
ern werde, wenn die politische Aktion zu der wirtse haftlichen hinzu⸗
hat,
gegen den Abg. Haidar und die “ 8
8 trete. Die offene Tür sei der Grundsatz, dem man sich für neue Länder nicht mehr werde entziehen können. Er faßte dann den Inhalt des Marokkovertrags kurz zusammen und fügte hinzu, er glaube nicht, daß es möglich gewesen wäre, die Rechte Frank⸗ reichs besser zu wahren. Sodann kam der Miiisterpräsident auf die Verhandlungen mit Spanien zu sprechen und sagte, er sei überzeugt, daß sie keinen ernsteren Schwierigkeiten begegnen würden; sie seien aber darum nicht minder delikat. Frankreich habe das lebhafteste Verlangen nach Verständigung, ein tiefes Gefühl für das Recht und die Wuͤrde Spaniens, aber dieses doppelte Gefühl schließe die Klarheit und hftihfett des französischen Standpunktes nicht aus. „Wir halten es für billig,“ fuhr Caillaux fort, „in aller Freundschaft eine entsprechende Entschädigung für die Vorteile zu verlangen, die die Anstrengungen unserer Diplomatie und die von uns gebrachten Opfer errungen haben. Wir halten außerdem noch gewisse Garantien für notwendig und gewisse Bestimmungen, die geeignet sind, der Verantwortlichkeit und den Interessen Frank⸗ reichs voll Rechnung zu tragen. Auch ich begrüße die Be⸗ stimmung über den Haager Schiedsgerichtshof lebhaft. Vielleicht wird diese wertvolle Klausel nicht genügen, um jede Gefahr zu ver⸗ meiden; aber worauf es in Wahrbeit ankommt, ist die Art der An⸗ wendung der Konvention. Viel Umsicht und Intelligenz! Marokko ist für die Zukunft eine große Vorratskammer von Dingen und Menschen. Unsere Freunde, unsere Verbündeten und die mit Frank⸗ reich weniger nah verbundenen Mächte erkennen an, daß der Vertrag beiden Teilen zum Vorteil gereicht.’ Der Ministerpräsident sagte weiter, er würde sich mit einer Stimmenthaltung über den Vertrag nicht zufrieden geben können. Jeder habe seinen Teil Unruhe gehabt, jeder müsse seine Verantwortlichkeit auf sich nehmen. Caillaux verwies sodann auf den Wert des Abkommens für die Kontinuität der französischen Mittelmeerpolitik und auf die Bedeutung einer Verständigung zwischen zwei großen Völkern, die sich achten und im Interesse der Zivilisation verständigen könnten. Das Abkommen bringe eine lange Auseinandersetzung zum Ende. Frankreich habe seine Aktionsfreiheit für die auswärtige Politik wiedergewonnen, von der es an der Seite seiner Freunde und Verbündeten, von denen Frankreich in keinem Punkte sich zu trennen beabsichtige, einen fruchtbaren Gebrauch machen könne ohne Hinter⸗ gedanken im Dienste des Weltfriedens. Caillaux schloß: „Das andauernde Festhalten Frankreichs an seiner Friedenepolitik er⸗ leichtert mir zu erklären, wie man es anderweit zu wieder⸗ holten Malen getan hat, daß die beste und dauerhafteste Friedens⸗ garantie in der starken Militärmacht liegt, gestützt auf unsere Freundschaften und auf unser Bündnis und besonders in der moralischen Stärke. Ohne Ehre gibt es weder große Pölker noch große Siege. Wenn Meinungsverschiedenheiten und Parteikämpfe unvermeidlich und für unsere innere Politik heilsam sind, müssen wir in freiwilliger Selbstzucht alle unsere Kräfte für de auswärtige Politik und für die nationale Selbsterhaltung zusammenfassen. Im übrigen ist uns das Land in seiner mustergültigen Haltung die festeste Stütze und der sicherste Führer gewesen.
Der Abg. Louis Dupois (Seine) stellte von neuem die beiden Fragen: Was für ein Protektorat, was für ein Marokko? Was man Frankreich biete, sei ein enthauptetes Marokko. England und Spanien hätten viel mehr gewonnen als Frankreich, sowohl mit Bezug auf die Gebietsfläche als in bezug auf die Lage. Er bestreite, daß Frank⸗ reich ein wirkliches Protektorat über Marokko erhalte. Was man Frankreich zugestehe, habe nichts gemein mit dem Protektorat in Tunis. Die Staatsbank werde die französische Verwaltung in Marokko lähmen; der Bau der Eisenbahnen insbesondere werde zu Schwierigkeiten führen. Marokko sei aller Welt geöffnet unter der Verantwortlichkeit Frank⸗ reichs. Frankreich habe das Vorrecht der Lasten und die französischen Steuerzahler würden die Kosten zahlen müssen. Unabhängig von dem, was Deutschland in Marokko erstrebt habe, habe ihm Frank⸗ reich eine Vergrößerung seines Kolonialreichs verschafft.
Nachdem der Redner noch in ausführlicher Weise auf die Schwierigkeiten hingewiesen hatte, die aus dem Abkommen ent⸗ stehen könnten, wurde die Sitzung auf heute vertagt. 1“
Rußland.
Der Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika wie „W. T. B.“ meldet, dem Minister des Aeußern eine Note mit der Kündigung des Vertrags vom Jahre 1832 überreicht. Gleichzeitig schlägt Amerika vor, sofort in Verhandlungen über den Abschluß eines neuen, den gegen⸗ wärtigen Interessen der beiden Staaten mehr entsprechenden Handels⸗ und Schiffahrtsvertrags einzutreten. Der alte Ver⸗ trag bleibt bis zum 19. Dezember 1912 in Kraft.
— Der Finanzminister Kokowtzow hat im Ministerrat die Beschlüsse der Brüsseler Zuckerkommission eingebracht, betreffend die Befreiung des dänischen Zuckers von einer speziellen Folla abe und die Einführung einer speziellen Zollabgabe für sanischen Zucker im Betrage von 121 Kopeken für das Pud Rohzucker und von 120 Kopeken für das Pud Raffinadezucker.
— In der Reichsduma haben die Sozialdemokraten eine Ih . betreffend die Ermordung des Dumamitglieds arawaew, eingebracht, in der mehrere Mitglieder der gegen⸗ wärtigen Duma beschuldigt werden, an der Ermordung be⸗ teiligt gewesen zu sein. Nach einem Hinweis des Regierungs⸗ vertreters, daß der Prozeß über den vor drei Jahren geschehenen Mord endgültig abgeschlossen worden sei, führten, obiger Quelle zufolge, einige Mit⸗ glieder der Rechten aus, daß die Interpellation jeder tatsäch⸗ lichen Unterlage entbehre. Die Interpellation wurde daraufhin abgelehnt. Die Duma nahm dann einige Gesetzvorlagen an, betreffend die Zahlungen aus der finnischen Staatskasse zum Ersatz für die Befreiung von der Wehrpflicht, und betreffend
die rechtliche Gleichstellung der Reichsrussen in Finnland. Die Deputiertenkammer laut Be⸗ richt des „W. T. B.“ über den Antrag des Abg. Ferid, daß mit Rücksicht auf den Regierungsentwurf, betreffend eine Ab⸗ änderung der Pheeaun den die Kammer aller Wahr⸗ scheinlichkeit nach ablehnen würde, der Senat jetzt aufgefordert werde, den Artikel 35 der Verfassung zu interpretieren, um fest⸗ zustellen, ob ein Kabinett, das seine Entlassung gegeben hat, wieder ernannt werden könnte. Obwohl die Mehrheit diesen Antrag bekämpfte, wurde er doch mit 90 gegen 78 Stimmen auf die Tagesordnung gesetzt. Die Kammer setzte ferner den Antrag der Albanesen, in dem die Lage in Albanien auseinander⸗ gesetzt und die Durchführung der versprochenen Reform ver⸗ langt wird, auf die Tagesordnung. In dem Antrag wird erklärt, daß im Falle der Auflösung der Kammer die Verant⸗ wortung für die etwa eintretenden Ereignisse abgelehnt werde. Der Abg. Basri (liberale Entente) brachte einen Antrag ein, aus dem hervorgehen soll, daß der Großwesir gegen das konstitutionelle Regime sei. Als der Präsident und die Jung⸗ türken die Verlesung des Antrags nicht zulassen wollten, entstand großer Lärm. Der Abg. Haidar (Jungtürke) hob einen Stuhl auf, um den Abg. Zeinelabeddin (Liberale Entente), der sich auf ihn gestützt hatte, damit zu treffen. Es entstand eine allgemeine Verwirrung. Sämtliche Abgeordnete erhoben sich von ihren Sitzen und erörterten den Der Präsident ob die Sitzung auf. Die Partei der Liberalen Entente be⸗ chloß, vom Präsidenten die Anwendung der Geschäftsordnung 3 88— der Verlesung des
F
Antrags Basri zu verlangen. Der Präsident verweigerte die Zulassung der Verlesung. Da die Jungtürken beschlossen, der Sitzung fernzubleiben, war die Fortsetzung der Sitzung un⸗ möglich.
Griechenland.
In der Deputiertenkammer wurde gestern ein Brief der revolutionären Versammlung von Kreta verlesen, in dem nach einer Meldung des „W. T. B.“ der Entschluß, Vertreter nach Athen zu mitgeteilt und dieser mit den wiederholten wohlwollenden Erklärungen der Schutzmächte, besonders vom Oktober 1908, und mit der Notwendigkeit, der einmütig als gefährlich anerkannten Lage ein Ende zu machen, begründet wird. Die Versammlung hoffe, die Kammer werde
nicht zögern, sich mit diesem Entschluß einverstanden zu er⸗
klären. Die Kammer vertagte die Debatte hierüber bis zum Donnerstag. Amerika.
In einem Brief an den Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten und in einer Botschaft an den Senat erklärte der Präsident Taft, er habe Rußland am 15. De⸗ zember von der Aufhebung des Vertrages von 1832 in Kenntnis gesetzt. Mit der Initiative zu diesem Schritt hat Taft das Repräsentantenhaus von der Teilnahme an diesem Gegenstand ausgeschlossen; er wird also seine Maßnahme nur dem Senat zur Billigung zu unterbreiten haben.
Die Botschaft stellt laut Meldung des „W. T. B.“ fest, daß die Ankündigung der Absicht, den Vertrag zum 1. Januar 1913 zu kündigen, dem russischen Minister des Aeußern durch den amerikanischen Botschafter in St. Petersburg in einer in den höflichsten Ausdrücken abgefaßten Note mitgeteilt worden sei. In der Note werde erklärt, daß der Vertrag nicht länger vollkommen den politischen und materiellen Be⸗ dürfnissen der beiden Völker entspreche. Zu gleicher Zeit hebe die Note den großen Wert hervor, den die Regierung der Ver⸗ einigten Staaten den historischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern beimesse, und schlage vor, sofort Verhandlungen zum Abschluß eines modernen Handels⸗ und Freundschafts⸗ vertrags zu beginnen auf einer Grundlage, die den Interessen beider Länder vollkommener entspreche.
— Eine Botschaft des Präsidenten Taft an den Kongreß befürwortet nachdrücklich den Vorschlag des Kabinettssekretärs des Ackerbaudepartements, die Einöden des Westens in Dung⸗ mittel liefernde Gebiete umzuwandeln. Der Bericht des Kabinettssekretärs des Ackerbaudepartements besagt, obiger Quelle zufolge, der Ersatz von Kali könne auf unbestimmte Zeit hinaus gesichert werden, wenn naheliegende Methoden der Kontrolle der Ausbeutung angenommen werden. Er erklärt, die jährliche Produktion der Vereinigten Staaten an Ammoniak⸗ sulphat sollte 640 000 t anstatt 104 000 t betragen.
— Der Bericht des Schatzsekretärs über den Etat weist, wie „W. T. B.“ meldet, an Ausgaben für das Nahr 1913 mit Ausschluß des Panamakanals 637 921 000 Dollars und an Einnahmen 667 Millionen Dollars auf. Die Aus⸗ gaben für den Bau des Panamakanals betragen 47 264 000 Dollars. In seinem Bericht betont der Schatzsekretär die Wichtigkeit der Annahme der Währungsgesetze in den Grundzügen, wie sie von der Aldrich⸗Kommission nieder⸗ gelegt werden sollen, deren Probeentwurf die allgemeine Unterstützung der Geschäftsleute hat. Der . erörtert dann den allen Parteien genehmen Charakter der Be⸗ wegung und versichert, daß die Regierung sich fern von dem Felde der Parteipolitik halten werde. Die neuen vorge⸗ schlagenen Maßnahmen sollen eine Sicherheit gegen ernste Paniken schaffen, wie sie bereits bei anderen führenden Finanz⸗ nationen vorhanden sei. Die gewohnheitsmäßig wiederkehrende Knappheit des Geldmarktes soll dadurch beseitigt, die Fehler der heimischen Währung ausgemerzt und der ausländische Wechsel⸗ verkehr erleichtert werden. Insbesondere will der Entwurf den Diskontierungsmarkt fördern und die Regulierung der Frachtraten heilsam unterstützen, um sie im ganzen Lande gleich⸗ mäßiger zu gestalten. Den Bankspekulationen soll ein Damm entgegengesetzt werden. Weitgehende Fürsorge sollen die Banken erfahren bei der Förderung des auswärtigen Handels der Ver⸗ einigten Staaten, der mit der geeigneten Ermutigung seitens der Regierung ein die Welt umfassender sein werde. Die Nationalbanken sollen die gleiche Behandlung erfahren hin⸗ sichtlich der Formen der ihnen erlaubten Geschäfte unter den von den Einzelstaaten gewährten Konzessionen. Keiner Bank soll es gestattet sein, das Kapital anderer Banken zu besitzen. Was die Tarifrevision betrifft, empfiehlt der Schatzsekretär Spezialzölle an Stelle der Wertzölle, wo immer dies möglich sei, da die Wertzölle Gelegenheit zu den meisten Betrügereien gegenüber den Staatseinkünften geben.
Asien.
Das persische Medschlis hat nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ die von dem Kabinett vorgeschlagene Lösung der russischen Krisis verworfen. Die Russen sollen nun ihren Vormarsch für Donnerstag vorbereiten. Die Haupt⸗ stadt bleibt gleichgültig, nur die Frauen setzen den Boykott der Russen aktiv fort.
— Die Friedenskonferenz zwischen Tangschaoyi und den Republikanern hat gestern in Schanghai begonnen. Bevor über irgend welche Bedingungen für der Streitig⸗ keiten verhandelt wurde, wurden Telegramme an Manschikai und Liyuanheng gerichtet, in denen darauf gedrungen wird, daß allen militärischen Befehlshabern der beiden Parteien die strengsten Weisungen gegeben werden, den Waffenstillstand zu beobachten.
Wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, entbehren die in der japanischen Presse umgehenden Gerüchte von einer beab: sichtigten Intervention Englands und Japans in China jeder Begründung. Die Lage ist die, daß die aus⸗ wärtigen Vertreter in Peking von ihren Regierungen die Voll⸗ macht erhalten haben, sich an Verhandlungen zum Zwecke einer Vermittlung zu beteiligen, wenn sich für die beiden streitenden Parteien in China eine günstige Gelegenheit bieten sollte, ihre Dienste zu benutzen.
Afrika.
Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ hat die ägyptische Regierung infolge einstweiliger Abtretung des Gebietes von Solum seitens der Türkei an Aegypten eine Truppenmacht zur Besetzung dieses Gebietes abgesandt und den diplomatischen Vertreter Italiens von ihrem Schritt in Kenntnis gesetzt.
— Entgegen dem Dementi, daß die italienischen Truppen in Tripolis Explosivstoffe nicht verwendet hätten, läßt das türkische Kriegsministerium „W. T. B.“ zufolge erklären, daß es sich im Besitze von Dumdumgeschossen befinde, die die Marke der italienischen Staatsfabrik tragen
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