1912 / 13 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Jan 1912 18:00:01 GMT) scan diff

Seine Majestät der Koͤnig haben Allergnädigst geruht: . dem Prinzen Hermann zu Stolberg⸗Wernigerode, Durchlaucht zu Radenz die Erlaubnis zur Anlegung des von Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog von Sachsen ihm verliehenen Großkreuzes des Hausordens der Wachsamkeit oder vom weißen Falken zu erteilen.

Bei dem Gesundheitsamt ist der Privatdozent Dr. Otto Anselmino zum ständigen Mitarbeiter ernannt

Dem Konsul der Vereinigten Staaten von Amerika Robert Brent Mosher in Plauen i. V. ist namens des Reichs as Exequatur erteilt worden.

Der Kaiserliche Vizekonsul Jürgens in Kronstadt ist am 9. d. M. verstorben.

8 mannimachung.

Der Fernsprechverkehr ist eröffnet worden zwischen Zerlin und dem österreichischen Orte Baden in Nieder⸗ sterreich, dem belgischen Orte Hamois gewöhnliche Gesprächs⸗ ebühr je 3 sowie den deutschen Orten Faulenrost, Friedland Leine, Grabowhöfe, Groß Gievitz, Jabel, Klein Plasten, Langenselbold, Latzig Kreis Schlawe, Lichterfeld Niederlausitz, Oppelwitz, Rittermannshagen, Schmarse Kreis Züllichau, Wendischhagen und Wormlage je 1

Berlin C., den 13. Januar 1912.

Keaiserliche Oberpostdirektion. Vorbeck.

Bekanntmachung.

8

Gemäß § 1350 der Reichsversicherungsordnung vom 19. Juli 1911 wird hiermit bekannt gemacht, daß die auf Grund des Reichsgesetzes, betreffend die Invaliditäts⸗ und Altersversicherung, vom 22. Juni 1889 für den Bezirk der Provinz Westpreußen mit dem Sitz in Danzig errichtete Versicherungsanstalt vom 1. Januar 1912 ab Träger der Reichsversicherung für die Invaliden⸗ und Hinterbliebenen⸗ versicherung ist und auf Grund ihrer neuen Satzung den Namen „Landesversicherungsanstalt Westpreußen“ führt.

Vorsitzender des Vorstands ist der Landeshauptmann der Provinz Westpreußen Freiherr Senfft von Pilsach.

Danzig, den 10. Januar 1912.

Der Vorstand der Landesversicherungsanstalt Westpreußen. Freiherr Senfft von Pilsach.

8 Bekanntmachung.

Gemäß § 1350 der Reichsversicherungsordnung vom 19. Juli 1911 wird bekannt gemacht, daß die auf Grund des Reichsgesetzes, betreffend die Invaliditäts⸗ und Altersversicherung, vom 22. Juni 1889 für die Gebiete der freien und Hanse⸗ städte Hamburg, Lübeck und Bremen errichtete Versicherungs⸗ anstalt den Namen 8 Landesversicherungsanstalt der Hansestädte führt und ihren Sitz in Lübeck hat.

Vorsitzender des Vorstands ist Geheimer Regierungsrat

Direktor Bielefeldt in Lübeck. 8 1

Lübeck, den 11. Januar 1912. ““ Landesversicherungsanstalt der Hansestädte. Der Vorstand.

Bielefeldt.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den bisherigen ordentlichen Professor Dr. Friedrich Münzer Basel zum ordentlichen Professor in der philosophischen

ät der Universität zu Königsberg und den in die erste Pfarr⸗ und Ephoralstelle zu Hoyerswerda berufenen Oberpfarrer Dahlmann, bisher in Ruhland, zum Superintendenten der Diözese Hoyerswerda, Regierungsbezirk

8

Zufolge der Allerhöchst genehmigten Vorschriften, welche den hier vdrebitierten Botschaftern auswärtiger Mächte gegen⸗ über zu beobachten sind, haben sämtliche zum Allerhöchsten sof gehörigen oder daselbst vorgestellten Herren den Bot⸗ chaftern ade-.- Gemahlinnen, nachdem g . Kaiserlichen Königlichen Majestäten, von Ihren Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kron⸗ prinzessin und von Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen empfangen worden sind, sowie sämtliche zum sten Hofe gehörigen oder daselbst v Ilten Damen den fterinnen nach allge⸗ meinem H. men den ersten B E

machen. Diese Bestimmung tritt jetzt in ff des Bot⸗ See Vereinigten Staaten von Amerika und dessen

in Kraft. Berlin, den 12. Januar 1912. Der Oberzeremonienmeister. Graf A. Eulenburg.

sterium der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten. Königliche Akademie der Künst WDBettbewerb 8 tipendium der Dr. Paul Schultze⸗Stiftung für das Jahr 1912.

8

Künste oder der akademischen Meisterateliers) dem Studium der

Bildhauerkunst obliegen.

Als Preisaufgabe ist gestellt worden: Supraporte für ein Kranken⸗ haus in der Größe 1 % 1,30 m. Die Wahl der Darstellung wird freigestellt, es ist jedoch eine figürliche Darstellung zu wählen. Mitt dem Konkurrenzwerk sind gleichzeitig verschiedene von dem Konkurrenten während seiner bisherigen Studienzeit selbst gefertigte Arbeiten einzusenden. Indessen dürfen sämtliche Werke die Zahl zehn nicht überschreiten, auch wenn die Bewerbung auf mehrere Preise ausgedehnt wird. Frische Tonmodelle sind ausgeschlossen.

Die kostenfreie Ablieferung der für diesen Wertbemerb bestimmten Arbeiten nebst schriftlichem Bewerbungsgesuche an die Königliche Akademie der Künste, Berlin W. 8, Pariser Platz 4, muß bis zum 1. Juni 1912, Mittags 12 Uhr, erfolgt sein.

Der Bewerbung sind beizufügen:

1) ein von dem Bewerber verfaßter Lebenslauf, aus welchem auch der Gang seiner künstlerischen Ausbildung ersichtlich ist,

2) eine schriftliche Versicherung an Eidesstatt, daß der Bewerber die von ihm eingelieferte Konkurrenzarbeit selbst erfunden und ohne fremde Beihilfe ausgeführt hat,

3) Zeugnisse darüber, daß der Bewerber ein Deutscher ist und zur Zeit der Bewerbung als immatrikulierter Schüler einer der oben⸗ bezeichneten akademischen Unterrichtsanstalten dem Studium der Bild⸗ hauerkunst obliegt,

4) ein Verzeichnis der für die Konkurrenz bestimmten Arbeiten auf besonderem Bogen,

Gesuche, denen die vorbezeichneten Schriftstücke und Zeugnisse nicht vollständig beiliegen, werden nicht berücksichtigt. Die Einsendung der Gesuche hat getrennt von den Arbeiten zu erfolgen.

Die Zuerkennung des Preises erfolgt im Juni 1912. Eine Teilung an mehrere Bewerber ist ausgeschlossen. Das Stipendium steht vom 1. Oktober 1912 ab zur Verfügung. Die Auszahlung der ersten Rate im Betrage von 1500 erfolgt beim Antritt der Studienreise; die zweite Rate in gleicher Höhe wird gezahlt, wenn der Stipendiat vor Ablauf von sechs Monaten über den Fortgang seines Studiums an den Senat der Akademie der Künste einen für genügend erachteten schriftlichen Bericht erstattet hat.

Während der Dauer des Stipendienjahres wird dem Stipendiaten eins der von der Akademie im Interesse ihrer in Rom studierenden Stipendiaten gemieteten Ateliers kostenlos überlassen werden, wenn ältere Ansprüche auf solche nicht zu berücksichtigen sind.

Auf Bestimmung des unterzeichneten Senats kann eine öffentliche Ausstellung der Bewerbungsarbeiten stattfinden.

Die preisgekrönte Konkurrenzarbeit wird Eigentum der Akademie der Künste.

Berlin, den 5. Januar 1912. 8

Der Senat der Königlichen Akademie der Künste, Sektion für die bildenden Künste.

A. Kampf.

Aichtamtliches.

Denutsches Reich. Preußen. Berlin, 15. Januar.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten gestern mittag im hiesigen Königlichen Schlosse den Vortrag des Reichskanzlers Dr. von Bethmann Hollweg und heute vor⸗ mittag den des Chefs des Zivilkabinetts, Wirklichen Geheimen Rats von Valentini.

Zwischen Preußen und Braunschweig ist laut Meldung des L. T. B.“ vorgestern von den dazu bevollmächtigten Kom⸗

missaren ein Staatsvertrag über die Herstellung einer Eisen⸗ bahn von Celle nach Braunschweig abgeschlossen worden.

Der Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika und dessen Gemahlin werden, wie aus der be⸗ reits veröffentlichten Hofansage hervorgeht, nunmehr die zum Allerhöchsten Hofe gehörigen oder daselbst vorgestellten Herren und Damen empfangen.

Dieser Empfang wird am Donnerstag, den 18. d. M., Abends von 9 Uhr ab, in der Botschaft, Rauchstraße 16, statt⸗ finden.

Der Anzug ist für die Damen in ausgeschnittenen Kleidern, für die Herren vom Militär in kleiner Uniform (Gesellschafts⸗ anzug), für die Herren vom Zivil in Frack mit Ordensband über der Weste.

Der Königlich norwegische Gesandte von Ditten hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit führt der Legationsrat H die Geschäfte der Gesandtschaft.

2 Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Planet“ am 5. d. M. auf den Hermit⸗Inseln und am 1 M. i Yap (Westkarolinen) eingetroffen. 1

Zusammenstellung der Ergebnisse der Wahlen am 12. Januar 1912 nach den vorläufigen amtlichen Ermittelungen. Endgültig gewählt in 207 Wahlkreisen, Stichwahlen erforderlich in 190 Wahlkreisen.

Bis⸗ End⸗ dar⸗ V Ferne⸗ gültig P-8 Ver⸗ hartei⸗ ge’. Ge⸗ lust stärke wählt winn V 8

Parteien

Konservative.. 1 92 27 eö¹]; 5 Deutsche Reformpartei.. 8 Wirtschaftliche Vereinigung, und zwar: Deutsch sozial)) . Christlich⸗sozial.. Bund der Landwirte 4“ ttli 0 .

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Bei der Wahl 1912 abg Ermittlungen).

Es haben erhalten: 1912 1907

w1““”“ .. 1 149 916 1 060 209 111211515“ 471 863 Deutsche Reformpartei. ... ... 46 882 Wirtschaftliche Vereinigung, und zwar: Eöö.““; Christlich⸗sozial .. . Bund der Landwirte . ID*² Bayerischer Bauernbund . . . . . .. 11“ 11199 718 EE1111“ . 438 807 453 858 Mationalkiheral.. . ... . 1 671 297 1 637 048 Denttscher Pae bund.. .... 28 535 ö1 Volkspartei 1 556 549 1 233 935 emokratische Vereinigung ... 8 28 557 8 Soztaldemokraten .. . .. .. 4 238 919 3 259 020 F*“ S Lothringer v111A“; 6 . Welfen. Littauer Dänen, 6*“ 38 252 aͤ11A1X“ 19 2906 12 188 337 Die Anzahl der Wahlberechtigten betrug 14 236 722 *) (1907: 13 350 698). Gültige Stimmen wurden abgegeben: 12 188 337 (1907: 11 262 775).

Demnach Wahlbeteiligung 85,6 % (gegenüber 84,7 % bei der

Wahl 1907). *) Zum Teil geschätzt.

Bayern.

Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent hat vorgestern, wie „W. T. B.“ meldet, den neuernannten preußischen Gesandten von Treutler in Gegenwart des Grafen von Podewils in feierlicher Antrittsaudienz empfangen. Der Gesandte über⸗ reichte dabei ein Handschreiben Seiner Majestät des Kaisers und Königs und stellte Seiner Königlichen Hoheit

dem Prinz Regenten den Militärattaché Major Freiherrn Schäffer von Bernstein vor.

Frankreich.

Das Kabinett Poincaré hat sich, wie „W. T. B.“ meldet, vorgestern endgültig, wie folgt, gebildet: Präsidium und Aeußeres: Poincaré, Vizepräsidium und Justiz: Briand, Inneres: Steeg, Krieg: Millerand, Marine: Delcassé, Finanzen: Klotz, Oeffentliche Arbeiten: Jean Dupuy, Unterricht: Guisthau, Handel und Industrie: Fernand David, Ackerbau: Pams, Kolonien: Lebrun, Arbeit und soziale Fürsorge: Léon Bourgeois.

Der erste Ministerrat des neuen Kabinetts wurde gestern nachmittag abgehalten. Die Minister stellten dabei den Inhalt der ministeriellen Erklärung fest, die dem Präsidenten Fallières morgen im Ministerrat unterbreitet werden wird.

Rußland.

Am gestrigen Neujahrstage wurde, wie „W. T. B.“ meldet, im Winterpalais in St. Petersburg in Gegenwart des Kaisers, der Kaiserinwitwe, der Großfürsten und Großfürstinnen, der Minister und Würdenträger ein Gottesdienst abgehalten. Sodann fand Empfang 18 bei dem auch das diplomatische Korps 8 Neujahrswünsche darbrachte.

Durch Kaiserliches Dekret ist Staatssekretär Akimow für das Jahr 1912 zum Präsidenten des Reichsrats ernannt worden. Außerdem sind neun neue Reichsrats⸗ mitglieder ernannt worden, unter denen sich auch der

Minister des Innern Makarow befindet.

Spanien.

Das Kabinett Canalejas ist zurückgetreten. Wie „W. T. B.“ meldet, hat das Kabinett gleichzeitig mit seiner Entschließung, vom Amte zurückzutreten, den Beschluß gefaßt, dem König ein Gesuch um Begnadigung Cuquetas, des letzten der im Cullera⸗Prozeß zum Tode Verurteilten, zu unter⸗ breiten. Als Canalejas das entsprechende Dekret dem König zur Unterzeichnung unterbreitete, bemerkte er, daß das Kabinett diesen Beschluß angesichts der Erregung der öffentlichen Meinung in ganz Spanien gefaßt habe, und fügte hinzu, mit Rücksicht darauf, daß es ein politischer Irrtum des Kabinetts gewesen sei, nicht zugleich mit den anderen Ver⸗ urteilten Cuqueta der Gnade des Königs zu empfehlen, glaube er, seine und seiner Kollegen Demission einreichen zu müssen. Der König weigerte sich zuerst, das Rücktrittsgesuch anzu⸗ nehmen, und drang in Canalejas, im Amte zu bleiben. Dieser

erklärte jedoch, daß er von seinem Entschlusse nicht abgehen

könne. 8 ““ —1” Türkei. 11““

Die Deputierte tte ratung über die Abänderung des Artikels 35 der Ver⸗ fassung fort.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ begründete der Unterrichts⸗ minister Emrullah die Notwendigkeit, dem Souverän das Recht zur Auflösung zu geben, und erklärte, daß die gegenwärtige Form der Verfassung der Kammer eine Vorherrschaft gebe, die, wenn sie dauernd würde, stets, wie die Geschichte zeige, zur Anarchie oder zu einem Staatsstreich führe. Der Großwesir wolle eine Abänderung der Verfassung, nicht um Frieden zu schließen, sondern um möglichen⸗ falls Friedenspräliminarien aufstellen zu können. Die Kammer be⸗ schloß mit 141 gegen 89 Stimmen bei 6 Stimmenthaltungen, die De⸗ barte zu schließen. Der Unterrichtsminister Emrullah erklärte, die Regierung sei damit einverstanden, daß über die Abänderung des Artikels 35 in der Fassung des Amendements der Kommission abge⸗ stimmt werde. Die Opposition erhob lärmend gegen die 818 ge Abstimmung Einspruch und verlangte die Verlesung ihrer Anträge. Der Präsident und die Mehrheit bestanden aber auf sofortiger Ab⸗ stimmung.

Die Abänderung des Artikels 35 wurde mit 125 gegen 105 Stimmen bei 4 Stimmenthaltungen angenommen; da aber die Zweidrittelmehrheit nicht erreicht wurde, ist die Ver⸗ fassungsänderung abgelehnt.

nkammer setzte vorgestern die Be⸗

Amerika. Der chilenische Minister des Aeußern Rodriguez hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ seine Entlassung ge⸗

ommen. 1 8 Der Ausstand der Eisenbahner in Argentinien

dauert, obiger Quelle zufolge, fort. Von den Streikenden hat bisher niemand die Arbeit wiederaufgenommen; es herrscht indes vollständige Ruhe. B

Asien. Nach Meldungen des „Reuterschen Bureaus“ aus Peking

it der Thron so gut wie entschlossen, abzudanken und sic

wegen der zunehmenden Unruhen in den Provinzen so schne wie möglich nach Jehol zurückzuziehen. Die Mandschuprinzen, das Volk und das Militär sind mit der Abdankung einver⸗ standen, da nichts anderes übrig bleibt. In einer Zusammen⸗ kunft der Leiter der Regierung wurden die Einzelheiten teil⸗ weise

Wie aus Hankau von dem genannten Bureau gemeldet wird, rücken die Revolutionäre von Wutschang gegen Siaokan vor. Die Basis der Kaiserlichen befindet sich an der Bahn von Peking nach Hankau, etwa vierzig Meilen nördlich von Hankau. Die Rebellen, angeblich 25 000 Mann stark, hoffen, dort die Kaiserlichen anzugreifen, wenn nicht Wutingfang sofort einen Gegenbefehl erteilt. Drei Divisionen Kaiserlicher Truppen, die

letzte Woche Siaokan verließen, stießen am Donnerstag bei

Mientschin auf die Schensi⸗Rebellen und schlugen sie.

Afrika.

Der Kommandant der italienischen Seestreitkräfte im Roten Meere hat laut Meldung der „Agenzia Stefani“ an den Marineminister folgenden telegraphischen Bericht über den Kampf bei Kunfida gesandt: 1

Da ich überzeugt war, daß zahlreiche türkische Kanonenboote sich in die Gewässer der Farsan⸗Inseln geflüchtet hatten und daß starke Truppenabteilungen Lohaja, Midi und Kunfida besetzt hielten, be⸗ schloß ich ein schnelles, gleichzeitiges Vorgehen mit allen in Massaua verfügbaren Schiffen, damit die Kanonenboote nicht entkommen könnten. Um meine Absicht zu verbergen, ließ ich zunächst von den Schiffen „Calabria“ und „Puglia“ das Lager bei Gebaltar bombardieren und darauf von den Schiffen „Piemonte“, „Garibaldino“ und „Artigliere“ die Küste absuchen. Gleichzeitig schickte ich die Schiffe „Calabria“ und „Puglia“, die von dem Bombardement Gebaltars zurückgekehrt waren, nach Lohaja und Midi, und ließ auch diese Plätze bombardieren. Durch das Bom⸗ bardement wurde das Lager von Lohaja beschädigt und Fort Midi zerstört. Unterdessen verfolgten die Schiffe „Piemonte“, „Garibaldino“ und „Artigliere“ bei Kunfida sieben türkische Kanonenboote und die kriegsmäßig ausgerüstete Jacht „Fauvette“, die sämtlich die Lichter angezündet hatten. Sobald die Kanonenboote bemerkt hatten, daß der Torpedobootszerstörer „Artigliere“ die Küste in einer Entfernung von mehr als 6000 m absuchte, eröffneten sie das Feuer gegen den „Artigliere“, der es erwiderte, ohne sich in einen Nahkampf ein⸗ zulassen. Als bald darauf „Garibaldino“ und „Piemonte“ heran⸗ kamen, entspann sich zwischen den italienischen Schiffen und den türkischen Kanonenbooten, die von den Landbatterien unterstützt wurden, ein heftiger Kampf, der fast drei Stunden dauerte und erst bei Einbruch der Nacht mit völliger Manövrierunfähigkeit der feind⸗ lichen Schiffe endete. Die Türken verließen in völliger Unordnung die Schiffe, von denen sie einige auf den Strand gesetzt hatten. Die Italiener hatten keine Verluste. Am folgenden Morgen machten die Italiener die Kanonenboote, die sehr stark beschädigt waren, durch Bombardement und Feuer vollständig unbrauchbar und nahmen die

Jacht, die unversehrt geblieben war, in Besitz. Darauf wurden das Lager und ein Schiff, das unter türkischer Flagge fuhr, beschossen. Der Feind hatte Kunfida während der Nacht verlassen. Die Besatzungen der Schiffe hatten Munition, Materialien und Fahnen mit an Land genommen, wo sie am von Schaluppen des „Piemonte“ in Besitz genommen wurden. Als Kriegs⸗ trophäen wurden mehrere Kanonen, Mitrailleusen, ein nautisches In⸗ strument, Schaluppen und Fahnen erbeutet. Von den zerstörten Kanonenbooten hatte eins ungefähr 500 Tonnen und war mit 76 mm und 37 mm⸗Geschützen ausgerüstet, ein zweites hatte 350 Tonnen und führte 65 mm⸗ und 25 mm⸗Geschütze, die fünf übrigen hatten 200 Tonnen und 47 mm⸗ und 37 mm⸗Geschütze. Bei keiner Unter⸗ nehmung wurden Moscheen oder Privatwohnungen beschädigt.

8 Parlamentarische Nachrichten.

Die heutige (1.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister für Handel und Gewerbe Dr. Sydow und der Finanzminister Dr. Lentze beiwohnten, eröffnete der Präsident des Hauses in der vorigen Session, Abg. von Kröcher um 1 ¼ Uhr mit folgenden Worten:

Als Präsident der vorigen Session eröffne ich die Sitzung und bitte Sie, mit mir einzustimmen in den Ruf: Seine Majestät der Kaiser, unser Allergnädigster König und Herr, Er lebe hoch! (Das Haus stimmt dreimal begeistert in den Ruf ein.)

Zu provisorischen Schriftführern wurden die Abgg. von Bockelberg, von dem Hagen, Dr. Röchling und Blell ernannt.

Darauf nahm der Finanzminister Dr. Lentze das Wort, um den betreffend die Feststellung des Staats⸗ haushaltsetats für das Etatsjahr 1912, dem Hause vorzu⸗ legen. Die Rede des Ministers wird morgen im Wortlaut wiedergegeben werden.

(Schluß des Blattes.)

ö“

Nr. 4 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, Uerauszegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 10. Ja⸗ nuar, hat folgenden Inhalt: Der Neubau des Eichamtes in Kiel. Zur Berechnung offener Erdkanäle. Vermischtes: Aueszeichnung. ü Beuthpreisbewerbung des Vereins deutscher Maschineningenieure. Preisausschreiben des Kreises Teltow zur Erlangung von Ent⸗

ürfen eines für die märkischen Gewässer geeigneten Personenschiffes. Dorträge im Königlichen Kunstgewerbemuseum in Berlin. Städteausstellung in Dusseldorf 1912. Vollendung des Brücken⸗ aues über den g. cec im Zuge der Kameruner Mittelland⸗ zahn. Besuch der Technischen Hochschulen in Berlin, Hannover, Püichen Danzig und Breslau. Einfluß der Straßenteerung auf

en.

8 Statistik und Volkswirtschaft.

Die Geschäfts⸗ und Rechnungsergebnisse der Invaliden⸗ versicherungsanstalten Gund zugelassenen Kassen 8 Fraaez. für das Rechnungsjahr 1910. ze Die im Reichsversicherungsamt aufgestellte Nachweisung der Ge⸗ Waäsit und Rechnungsergebnisse der Träger der reichsgesetzlichen nvalidenversicherung ür das Rechnungsjahr 1910 erstreckt sich auf

die 31 Invalidenversicherungsanstalten und 10 zugelassenen Kassen⸗ einrichtungen, die im Jahre 1910 auf Grund des Invalidenversiche⸗ rungsgesetzes bestanden. Diese 41 Versicherungsträger hatten am Jahresschluß insgesamt 323 Vorstandsmitglieder, 53 Hilfsarbeiter der Vorstände, 628 Ausschußmitglieder, 435 Kontrollbeamte, 3 Renten⸗ stellen, 124 Schiedsgerichte, 2363 besondere Markenverkaufsstellen und 7316 mit der Einziehung der Beiträge beauftragte Stellen.

An Wochenbeiträgen (Marken) wurden bei den 31 Invaliden⸗ versicherungsanstalten rund 698 Millionen Stück mit einem Erlöse von 180 624 699,09 verwendet. Hiervon entfielen auf polnische Arbeiter russischer oder österreichischer Staatsangehörigkeit nahezu 7,8 Millionen Wochenbeiträge im Werte von 701 814,58 ℳ. Bei den Kasseneinrichtungen betrug die Einnahme aus Beiträgen 16 729 261,88 ℳ. Die gesamte Einnahme aus Beiträgen stellt sich hiernach auf 197 353 960,97 ℳ.

Bei der Abrechnung für das Jahr 1910 wurden 138 667 Renten als im Jahre 1910 zugegangen behandelt, nämlich 114 755 Invaliden⸗ renten, 12 287 Krankenrenten und 11 625 Altersrenten im durch⸗ schnittlichen Jahresbetrage von 176,93 ℳ, 175,74 und 164,31 ℳ.

An Beitragserstattungen (§§ 42, 43 und 44 des Invalidenver⸗ sicherungsgesetzee) wurden im Jahre 1910 147 291 in Heirats⸗ fällen, 494 bei Unfällen und 34 923 in Todesfällen festgesetzt Der durchschnittliche Betrag einer Erstattung stellt sich auf 40,27 be⸗ ziehungsweise 98,62 und 100,30 ℳ.

Zu Lasten der 41 Versicherungsträger wurden an reichsgesetzlichen Entschädigungen 120 879 150,19 111 449 217,37 an Renten und 9 429 932,82 an Beitragserstattungen gezahlt. Der Zu⸗ schuß des Reichs betrug 52 538 187,73 ℳ.

Für das Heilverfahren (§§ 18 ff. des Invalidenversicherungs⸗ gesetzes) wurden einschließlich der Ausgaben für Unterstützungen an Angehörige der in Heilbehandlung genommenen Personen 18 Abs. 4 und § 47 Abs. 2 a. a. O.) in Höe von 2 039 218,45 insgesamt 21 102 166,41 ausgegeben. In dieser Summe sind die von Kranken⸗ kassen, von Trägern der Unfallversicherung und von anderer Seite ge⸗ zahlten Kostenzuschüsse im Gesamtbetrage von 5 833 251,01 nicht enthalten. Auf Grund des § 45 des Invalidenversicherungsgesetzes wurden noch 1 535 217,47 gezahlt.

Die Aufwendungen für Invalidenhauspflege beliefen sich auf 1 216 405,64 ℳ. Durch Einbehaltung von Renten der Pfleglinge gelangten davon 367 676,51 zur Rückzahlung, und durch Zuschüsse von anderer Seite wurden 77 946,50 ersetzt, sodaß den Versiche⸗ rungsträgern aus der Anwendung des § 25 des Invalidenversicherungs⸗ gesetzes eine Reinausgabe von 770 782,63 erwuchs.

An Verwaltungskosten überhaupt wurden 21 367 297,94 aus⸗ gegeben, das sind 108 von 1000 der Einnahme aus Beiträgen

und 128 von 1000 der gesamten Ausgaben. Von 1000 der

überhaupt als Verwaltungskosten aufzufassenden Ausgaben entfielen auf die allgemeine Verwaltung 603 ℳ, auf die Kosten der Einziehung der Beiträge 128 ℳ, auf die Kosten der Kontrolle 98 und auf sonstige Kosten 171 ℳ.

Die Einnahmen sämtlicher Versicherungsträger im Berichtsjahre betrugen 254 454 430,77 ℳ, ihre Ausgaben 166 407 069,99 ℳ, der Vermögenszuwachs mithin 88 047 360,78 ℳ.

Am Schlusse des Jahres 1910 belief sich das Vermögen der Versicherungsanstalten und der für die reichsgesetzliche Versicherung bestimmte Teil des Vermögens der Kasseneinrichtungen auf 1 662 158 740,52 ℳ, wozu noch der Buchwert der Inventarien mit 6 666 869,12 tritt.

Von je 1000 Vermögen waren 17 im Kassenbestande vor⸗ handen, während 932 in Wertpapieren und Darlehen und 51 in Grundstücken angelegt waren. Die durchschnittliche Verzinsung des am Schlusse des Rechnungsjahrs 1910 in Wertpapieren und Darlehen vorhandenen Vermögens betrug 3,57 vom Hundert des Ankaufspreises.

Zur Arbeiterbewegung.

Die am Sonnabend beendete Abstimmung der englischen Bergarbeiter ergab eine große Mehrheit für die Erklärung eines nationalen Ausstandes. Da, wie die „Rhn. Westfkälische Ztg.“ meldet, die meisten Leute ihre Kündigungsfristen einhalten werden, dürfte die pöllige Arbeitseinstellung in allen Kohlenzechen des vereinigten Königreichs erst in den letzten Tagen des Februar erfolgen. Infolge der ungeheuren Bestellungen der britischen Kriegsmarine und anderer großen Konsumenten, die Vorräte einlegen, ist der Preis für Kohle um 3 Schilling für die Tonne gestiegen. Eine ganze Anzahl von Arbeitern bei anderen Industrien bereiten sich vor, die Bergleute durch Sympathiestreiks zu unterstützen. (Vgl. Nr. 10 d. Bl.)

Die Bemühungen zur Beilegung des Bergarbeiterstreiks im Borinage haben, wie „W. T. B.“ aus Brüssel meldet, noch immer keinen Erfolg. Die Grubenbesitzer haben es gestern ab⸗ gelehnt, das von den Bergarbeitern vorgeschlagene Schiedsgericht anzunehmen. (Vgl. Nr. 9 d. Bl.)

Kunst und Wissenschaft.

A. F. Seit einer Reihe von Jahren veranstaltet die Deutsche Orient⸗Gesellschaft stets im Januar an einem Sonntag⸗ nachmittag in der Singakademie einen Vortrag aus dem großen Gebiet der von ihr geförderten Forschungen, und alljährlich beehrt der hohe Protektor der Gesellschaft, Seine Majestät der Kaiser und König die Gesellschaft durch Seine Anwesenheit aus diesem Anlaß. So geschah es auch gestern zur Anhörung eines Vortrags, den der ordentliche Professor an der Universität 28 Dr. phil. C. Watzinger unter Begleitung vieler trefflicher Lichtbilder über „Deutsche Forschungen in Palästina“ hielt. Der Vortragende begann mit dem Hinweis darauf, daß seit etwa 12 Jahren die archäo⸗ logische Forschung auf dem Boden von Syrien und Palästina nahezu ausschließlich von Deutschen betrieben wird. Nach mehreren aus eigenem Antrieb und auf eigene Gefahr in den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts durch einzelne Forscher unternommenen, dankens⸗ werten Untersuchungen an Ort und Stelle nahm die Forschung einen weiteren Aufschwung, als von 1903 bis 1905 der Deutsche Palästina⸗ Verein und von 1908 bis 1909 die Deutsche Orient⸗Gesellschaft sich dieser Bestrebungen annahmen und Archäologen hinaus⸗ sandten, um, wo immer sie Aussicht zu haben glaubten, Licht in ent⸗ fernte Vergangenheiten zu bringen, Untersuchungen und Ausgrabungen vorzunehmen. Auch der Vortragende hat zur Zahl dieser Forscher Phört und im Auftrage der Deutschen Orient⸗Gesellschaft an drei

rten ausgiebige Studien betrieben und erforderlichen Falles Gra⸗ bungen mit befriedigenden Erfolgen ausgeführt; diese Orte liegen ziemlich entfernt voneinander, es sind Tel Hum in der Nähe des alten Capernaum am nordwestlichen Ufer des Sees Genezareth, Petra im Ostjordanlande und Jericho, 4 Stunden nördlich von Jerusalem. Auch die Gegenstände, denen die Untersuchungen galten, waren sehr verschieden; in Tel Hum waren es die Trümmer einer Synagoge, wohl einer der ältesten ihrer Art, die gegen das Ende des zweiten Jahrhunderts unserer Zeit⸗ rechnung erbaut worden sein muß, aber laut Zeugnis des Kirchen⸗ vaters Eusebius um 400 bereits zerstört war und seither in Trümmern gelegen hat. In Petra handelte es sich einstweilen nicht sowohl um Ausgrabungen, als um Untersuchung und Registrierung eigenartiger, teilweise ziemlich gut erhaltener Bauwerke, die aller Wahrscheinlichkeit nach aus jener glücklichen Zeit für die um das Mittelmeer herum⸗ wohnenden Völker stammen, da unter der kraftvollen Regierung der Kaiser Trajan, Hadrian, Marc Aurel und Antoninus Pius Petra, halbwegs zwischen dem Toten Meer und dem Roten Meer ge⸗ legen, ein wichtiger Plgh auf der Heerstraße war, welche die Römer im Ostiordanlande, als Mittelglied zwischen Südarabien, Indien, Süd⸗ persien, Somaliland einerseits und den Ländern am Mittelmeerandererseits angelegt hatten. Die dritte, vom Vortragenden ausgeführte, sehr umfangreiche Grabung betraf Jericho, die nach der Erzählung des Josua in sieben Tagen allein durch die Posaunen der Priester unter gleich⸗ zeitiger Erhebung eines großen Geschreies seitens des Volkes ea.

1.

Kanaaniter⸗Feste.” Jene älteste Synagoge in Tel Hum ist zu einem Teil in vorzüglich erhaltenen und vorzüglich schönen, noch auf⸗ rechtstehenden Trümmern auf die Gegenwart gekommen. Ein sehr großer Teil der Bestandteile des Bauwerkes liegt allerdings von Sand überweht und von Pflanzenwuchs überwuchert im Boden und mußte mühsam ausgegraben werden. Aber es gelang, aus diesen vielleicht unter der Wirkung eines Erdbebens geborstenen und zusammen⸗ geworfenen Teilen aus festem Kalkstein ein Bild des Gotteshauses, seines Bauplans und seiner inneren Einrichtung zu gewinnen und eine bedeutende Anzahl künstlerisch vollendeter Ornamente ans Licht zu ziehen. Der Baustil ist ganz eigenartig. Römische Baukunst scheint hier Entlehnungen von israelitischen gemacht zu haben, von welchen der Tempel in Jerusalem ja noch in frischer Erinnerung lebte, als unter der Se von Antoninus Pius das ehrwürdige Haus gebaut wurde. Die Synagoge stand auf einem erhabenen Punkt am Seeufer, man muß von dem Vorplatz einen entzückenden Aus⸗ blick nach dem See Genezareth genossen haben. Die Umgebung atmet einen Frieden, der im Verein mit den Erinnerungen des Sees dem Gemüt wohltut. Der Vortragende fand freundliche Auf⸗ nahme und Unterstützung seiner Bemühungen im nahen Franciscaner⸗ kloster. Ganz verschieden hiervon tragen die Trümmer von Petra, ungefähr der I“ Zeit entstammend, einen entschieden beidnischen Charakter. Das Volk der Nabatäer, das hier wohnte, stand seit Pompejus in einem freundlichen Verhältnis zu den Römern. Sein Kult aber war ägyptisch; dafür spricht die aus dem Sandstein des Berges schebel Harup, an dessen Ostseite in

900 m Meereshöhe Petra liegt, herausgehauene Fassade

eines Isistempels, erkennbar durch die daran angebrachten Symbole der Isis, der von zwei Rinderhörnern gekrönten Sonnen⸗

scheibe, und durch zwei Sphinxe. Dank der überhängenden Felswand ist das im edelsten spätgriechischen Stil ausgeführte Kunstwerk wohl⸗ erhalten. Als andere bedeutende Bildwerke in Petra sind zwei

Obelisken der Erwähnung wert mit Spuren von Altären in ihrer Nähe, vor allem aber die wohlerhaltene, auch aus dem Sandstein

herausgehauene Ruine eines schloßartigen Baues, der den Namen Pharaonenschloß trägt. Auch noch andere Tempel, ein Theater, kostbare Grabmale und Spuren von Pflaster und einer . e sind vorhanden, aber merkwürdigerweise fanden sich bisher keinerlei Spuren menschlicher Wohnungen. Da Petra aber lange Zeit eine wohlhabende, vielleicht reiche Bevölkerung besessen haben muß, bleibt künftigen Ausgrabungen ein reiches Feld

vorbehalten. Vermutlich liegen die Trümmer der Häuser unter Sand,

Schutt und Geröll vergraben. In sehr viel ältere Zeit gehen die Trümmer von Jericho zurück. Das heutige elende Städtchen, Er Riha genannt, kann bei näherer Untersuchung unmöglich auf der Stelle liegen, welche einst das zu mehreren weit voneinander getrennten Zeiten berühmt gewesene Jericho trug. Die Bestätigung dieser Vermutung liegt in folgendem: Er Riha liegt in der Richtung nach dem Jordan, ziemlich entfernt von dem sich aus dem Jordantal er⸗ hebenden Gebirge Wadi el Helt, in dem ein Bach aus der Quelle Ain es Sultan entspringt. Der Lauf dieses Baches läßt vermuten, daß er ursprünglich eine künstliche Anlage war, woraus sich wieder die Wahrscheinlichkeit ergab, daß das alte Jericho um den Oberlauf dieses Baches herum nahe dem Gebirge gelegen hat. Die in großem Umfange vorgenommenen Ausgrabungen haben erwiesen, daß die Quelle Ain es Sultan innerhalb einer uralten engeren 652 mauer von ovaler Form gelegen war, die aus ungebrannten Ziegeln bestand und mehrfach mit Feuer in Berührung gekommen sein muß, da stellenweise die Ziegel gebrannt sind. Um diese älteste Ringmauer, die ziemlich in ihrem ganzen Verlauf deutlich erkennbar ist, wurde später in einiger Entfernung eine der ersteren nahezu parallele starke Ringmauer von festem Gestein erbaut. Innerhalb der ersten Um⸗ wallung sind nur wenige Reste alter Gäßchen und kleine Häuser ge⸗ funden worden, dagegen in der erweiterten Stadt eine größere An⸗ zahl gut fundamentierter Wohnhäuser, die Trümmer eines palastähnlichen Gebäudes (vielleicht des Palastes, den Herodes der Große sich in Jericho bauen ließ) und die Fundamente eines Amphitheaters oder Hippodroms, das mit 600 m Umfang die Maße des Kolosseums in Rom um 56 m übertrifft. Zu diesem Be⸗ fund gab der Vortragende folgende Erklärung: Die älteste Ring mauer umschloß die uralte Kanaaniterstadt, die Josua mit Erfolg be⸗ lagerte; aber drei hintereinander stehende Mauern, die ganz so aus⸗ sehen, wie ägyptische Reliefs die damalige Bauweise von festen Plätzen zeigen, waren, obwohl aus Luftziegeln, doch nicht der Art, um durch

osaunen umgeblasen zu werden. Die zweite weitere Ringmauer um⸗ schloß die Stadt, die nach 1. Buch der Könige 16, V. 34 ein halbes Jahrtausend später (um 900) unter König Ahab erbauen ließ und die ihn den ersten Sohn Aberan beim Grundlegen und den jüngsten Sohn Segub beim Bau der Tore kostete, auf daß der Fluch erfüllt werde, den Josua über die besiegte und zerstörte kanaanitische Stadt ausgesprochen hatte. Diese zweite Stadt verschönte Herode der Große 8 Jahrhunderte später in der oben bezeichneten Art und durch Gartenanlagen. Sie hat vermutlich, wie Jerusalem, ihre Zer störung durch Titus gefunden, und es ist die dritte Stadt, die jetz als Er Riha 2 —3 km weiter in der Richtung nach dem Jordan zu liegt. Es sind bei den Ausgrabungen eine große Menge von ständen archäologischen Wertes, dagegen keinerlei wertvolle Metall gefunden worden. Der Vortragende endete unter allseitigem Beifall mit dem Wunsch und der Hoffnung, daß die Orient⸗ Gesellschaft auch ferner nicht rasten und weitere Untersuchungen und Ausgrabungen auf dem Boden Palästinas und seiner Nachbarschaft vornehmen lassen möge. W 8

Seine Majestät der Kaiser und König empfing nach Schluß des

Vortrages den Vortragenden und unterhielt Sich Zeit eingehend mit ihm und den Vorstandsmitgliedern der tschen ient⸗ Gesellschaft.

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b Land⸗ und Forstwirtschaft. Saatenstand und Getreidehandel in Rumänien.

Der Kaiserliche Generalkonsul in Galatz berichtet unterm 6. d. M.: Im Konsulatsbezirke war das Wetter im Dezember im allgemeinen gut. Der öfter auftretende Frost schadete den Saaten nicht, da die Felder mit Schnee bedeckt sind. Der Stand der jungen Pflanzen ist zufriedenstellend. 1 Das Getreidegeschäft war ziemlich lebhaft. Obgleich der

Handel durch die Zablungseinstellung verschiedener Galatzer und Brailaner Exporthäuser sehr gestört ist und die biesigen Banken sich infolgedessen genötigt sahen, den den anderen Exporthäusern währten Kredit bedeutend einzuschränken, scheint das Ausland doch alles Zutrauen verloren zu haben. Es geht dies namentlich aus den zum Teil auch schon abgewickelten Abschlüssen desonders in Mais her⸗ vor. In Weizen kamen größere Geschäfte zustande, woran sich Ita Belgien und Süddeutschland beteiligten, welch aber sei Augenmerk hauptsächlich auf die feinsten Sorten Die räte am Platze sind nicht bedeutend und auch die Wintervorräte in Sulina sollen nur klein sein. Das Geschäft in Roggen war da⸗ gegen sehr schleppend. Die hiesigen Preise sind zu um er⸗

greich Foen die einheimische Ware Deutschlands konkurrieren zu önnen. Nur die besseren Sorten fanden dereinzelt Abnehmer, die eringeren Sorten sind fast ganz vernachlässigt. In der sehr festen

reislage für Gerste war in diesem Monat eine weitere Steigerung zu verzeichnen. Die Vorräte sind unbedeutend, die ankommende Ware wird sofort, teils zu Deckungsbedarf, teils zu Spekulationszwecken vergriffen. Die Spekulation in Gerste hatte im Jahre 1911 einen ganz ausnahmsweise aroßen Umfang angenommen. Mit dem Ergebnis werden nur die wenigsten zufrieden sein, da die ungeheuren diesjährigen Verluste einiger hiesiger Firmen b Fehhch auf die Gerstespekulationen zurückzuführen sein sollen. Preise sind hierfür seit dem Frühjahr um 40 42 für die

schlanke me. schäft in Mais gestaltete angeführt, nach allen Richtungen hin äußerst

Tenne

estiegen. In Hafer herrschte bei fester Preislage wendg Hie Areses Sorten sind anzubringen, Qualitä —xö— Abnah Das I 1

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