1912 / 51 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 26 Feb 1912 18:00:01 GMT) scan diff

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Haupteingang von den Leiterinnen der Ausstellung empfangen und in den Ehrensaal geleitet. Hier begann die Eröffnungsfeier mit einer von Elisabeth Kuyper für Frauenchor, Orchester und Soli kom⸗ ponierten Festkantate mit Texrt von Margarete Bruch. Die Begleitung der Kantate führte das Berliner Tonkünstlerinnen⸗ orchester unter Leitung der Komponistin aus; das Solo sang die Königliche Kammersängerin Ida Hiedler. Hierauf hielt Frau Hedwig Heyl die Festrede, die mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König und auf Ihre Majestät, die hohe Protektorin der Ausstellung ausklang. Die Feier schloß mit einer urzen Ansprache des Fräuleins Dr. Gertrud Bäumer, der Vorsitzenden des Deutschen Frauenkongresses und des Bundes deutscher Frauen⸗ vereine, und der Jubelouvertüre von Weber. Nach dem Festakt machte Ihre Majestät die Kaiserin und Königin einen längeren Rund⸗ ie reichhaltige Ausstellung.

Theater und Musik. 8 Lessingtheater. 1 8

ührung von Ibsens einzigem Lustspiel „Der Bund Jugend“ in neuer Einstudierung leitete den dieszjährigen Ibsen⸗Zyvklus im Lessingtheater ein. Wie hoch man die Kultur im Spiel Ibsenscher Werke auf dieser Bühne entwickelt hat, ist be⸗ kannt. Auch diesmal wurden die Erwartungen in dieser Hinsicht nicht enttäuscht. Es ist nicht leicht, gerade dieses Stück in abgerundeter orm zu geben, ist es doch keineswegs ein in sich geschlossenes, folge⸗ chtig aufgebautes Ganzes. Halb Charakterkomödie, halb skrupel⸗ loses Intrigenstück, das die Figuren nach Bedarf hin und herschiebt, an manchen Stellen äußerst lustig, dann wieder recht matt, kann es nur durch eine hervorragende Darstellung während der ganzen Aufführung fesseln. Die Gesamtstimmung war bei der Aufführung am Freitag wieder echt und überzeugend und faßte die einzelnen Leistungen ausgezeichnet ein. Man ließ sich willig tragen und führen, und das will eigentlich viel sagen, wenn man überlegt, wie die fast possenhaft übertriebene Figur des Stensgard dem natuüͤr⸗ lichen, logisch redenden und handelnden Kammerherrn Bratsberg gegen⸗ übergestellt ist. Aber es glückte, und das war in der Hauptsache dem ewandten Spiel Heinz Monnards und Oskar Sauers e eaeaeas zu verdanken. Man kann freilich nicht behaupten, daß Monnard, wie einst Bassermann, der geborene Darsteller für die Rolle ist; aber er bewältigte ihre Schwierigkeiten und stellte eine Figur hin, die oft täuschend echt erschien. Vor allem wußte er dem Stensgard einen unmittelbaren Ausdruck des Weichlichen, Wandelbaren zu geben, Liebenswürdigkeit und Egoismus, Feigheit und Frechheit so zu einem Gesamtbild zusammenzuschweißen, daß man glaubte, einen wirklich lebensfähigen, einheitlichen Charakter vor sich zu haben. Oskar Sauer war als Bratsberg, wie immer in ähnlichen Rollen, vornehm und sympathisch. Vortrefflich war wieder Emanuel Reicher als Lundestad; der zurückhaltende, ent⸗ sagende, dann wieder verschmitzte, überlegene Gutspächter wurde mit starker Unmittelbarkeit lebendig. Eigenartig und äußerst packend gab ferner Willy Froböse den Daniel Hejre als im großen und ganzen gutmütigen, zuweilen aber auch klatschsüchtigen und intriganten Menschen, der stets bei Humor ist. So könnte man die Reihe guter Einzelleistungen fortsetzen; da war der Monsen Gustav Rickelts, der Dr. Fjeldbo Kurt Stielers, der Asflaksen Karl Forests, die Madam Rundholm der Frau Eberty, die alle volle Anerkennung verdienen. Die Zuschauer folgten der Handlung mit

Spannung und dankten zuletzt durch reichen Beifall.

In der morgen, Dienstag, im Königlichen Opernhause bei Abänderung des Spielplanes stattfindenden Aufführung von „Salome“ (unter persönlicher Leitung des Komponisten) wird Fräulein Rose die Titelrolle singen, die Herodias: Fräulein Ober, den Pagen: Rothauser, den Herodes: Herr Sommer, den Jochanaan: Herr Bronsgeest, den Narraboth: Herr Schöffel. (Anfang 8 Uhr.) Die für die 55. Abonnementsvorstellung („Elektra“) an der Theater⸗ kasse gekauften Eintrittskarten behalten Gäültigkeit für die neuangesetzte Vorstellung („Salome“), können aber auch morgen an der Vormittags⸗ und Abendkasse im Königlichen Opernhause bis zum Beginn der Vor⸗ stellung gegen Erstattung auch der Vorverkaufsgebühr zurückgegeben Eine spätere Zurücknahme der Eintrittskarten findet nicht statt.

Symphoniekonzert der 1“ Kapelle

unter der Leitung des Generalmusikdirektors Dr. Richard Strauß sindet am Mittwoch, den 28. Februar, Abends 7 ½ Uhr, im Königlichen Opernhause statt. Die Matinee beginnt an demselben Tage um 12 Uhr. Die Vortragsfolge lautet: Symphonie in F⸗Dur von

Sonnabend,

Königliche Schauspiele. Diens haus. 55. Abonnementsvorstellung. Statt der ursprüng⸗ lich angekündigten Vorstellung „Elektra“-: Salome. Drama in einem Aufzuge nach Oskar Wildes gleich⸗ namiger Dichtung in deutscher Uebersetzung von Hedwig Lachmann. Musik von Richard Strauß. Musikalische Leitung: Herr Generalmusikdirektor Dr. Strauß. Regie: Herr Regisseur Bachmann. Anfang 8 Uhr. 8 Die für die 55. Abonnementsvorstellung „Elektra“ an der Theaterkasse gekauften Eintrittskarten be⸗ halten Gültigkeit für die neu angesetzte Vorstellung „Salome“, können aber auch an der Vormittags⸗ und Abendkasse im Königlichen Opernhause bis zum Beginn der Vorstellung gegen Erstattung ich der Vorverkaufsgebühr zurückgegeben werden. ze spätere Zurücknahme intrittskarten findet nicht statt. Schauspielhaus. 58. Abonnementsvorstellung. Der Beitler von Syrakus. Tragödie in fünf Akten iud einem Vorspiel von Hermann Sudermann. In gesetzt von Herrn Regisseur Patryv. Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Opernhaus. Mittags 12 Uhr: Sym⸗ oniematinee. Abends 7 ¼ Uhr: VII. Sym⸗ eevenee. der Königlichen Kapelle. Schauspielhaus. 59. Abonnementsvorstellung. Driert und Freiplätze sind aufgehoben. Neu ein⸗ studiert: Zum 75. Male: Achtzehnhundertund⸗ zwölf. Schauspiel in fünf Aufzügen von Otto von er Pfordten. Anfang 7 ½ Uhr.

Deutsches Theater. Dienstag, Abends 7 ½⅞ Uhr⸗ Viel Lärm um Nichts. Mittwoch: Faust, 2. Teil. Donnerstag: Viel Lärm um Nichts. Freitag: Romeo und Julia. Sonnabend: Viel Lärm um Nichts. Freitag, den 8. März, Abends 8 Uhr: Auf⸗ ührung im „Zirkus Schumann“: Jedermann. 1 Kammerspiele. Abends 8 Uhr: Eine glückliche Ehe. bis Sonnabend: Eine glückliche Ehe.

Mi furter.

Gudrun.

Hardt.

der

8 Uhr:

Weise.

Dienstag Mittwoch

Berliner Theuter. Dienstag, Abends 8 Uhr: Große Rosinen. Originalposse mit Gesang und Tanz in drei Akten (5 Bildern) von R. Bernauer nd R. Schanzer. Mittwoch, Nachmittags 3 ½ Uhr: Torquato Tasso. Abends: Große Rosinen. 8 B

Donnerstag und Nachmittags Tasso. Abends: Große Rosinen.

Theater in der Königgrätzer Straße. Dienstag, Abends 8 Uhr: Die fünf Frankfurter. ttwoch bis Sonnabend:

Lessingtheater. Ein Trauerspiel in 5 Akten von Ernst

Mittwoch: Komtesse Mizzi. (I. Weihnachtseinkäufe. II. Abschiedssouper. III. Ana⸗ tols Hochzeitsmorgen.)

Donnerstag: Ibsen⸗Zyklus: 2. Vorstellung: Nora.

Neues Schauspielhaus. Heiligenwald. von Alfred Halm und Robert Saudek.

Mittwoch, Nachmittags 3 ¼ Uhr: Agnes Ber⸗ nauer. Abends: Ueber unsere Kraft, 2. Teil.

Donnerstag: Das Familienkind.

Freitag: Wohltätigkeitsvorstellung zum Besten des österreichisch⸗ungarischen Hilfsvereins: Nathan der

Sonnabend, Nachmittags 3 ¼ Uhr: Agnes Ber⸗ nauer. Abends: Das Familienkind.

Komische Oper. Dienstag, Abends 8 Uhr: Die Zauberflöte.

Mittwoch: Undine.

Donnerstag: Rigoletto.

52— Der Troubadour. 8

Sonnabend: Der Waffenschmied.

Kurfürsten-Oper. Dienstag, Abends 8 Uhr: Der Schmuck der Madonna. neapolitanischen Volksleben in drei Akten. Handlung und Musik von Ermanno Wolf⸗Ferrari.

Mittwoch: Tiefland.

Donnerstag: Der Schmuck der Madonna.

Freitag: Quo vadis?

Sonnabend: Quo vadis?2

Schillertheater. 0. (Wallnertheater.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Der Probepfeil. spiel in vier Akten von Oskar Blumenthal.

Mittwoch: Gräsin Lea.

Donnerstag: Emilia Galotti.

—8 Philipp Rüfer; Ouvertüre „Leonore“ Nr. 3 von Beethover phonie in C⸗Dur von Franz Schubert. Billette zur Matinee sind bei Bote u. Bock (Leipziger Straße 37) zu haben.

Im Königlichen Schauspielhausfe wird morgen H Suder⸗ manns Tragödie „Der Bettler von Syrakus“ in der bekannten Besetzung wiederholt.

Mannigfaltiges.

verkit 26. 125

Gestern, Sonntag, früh kurz nach 2 Uhr erfolgte, wie hiesige Blätter melden, in einem Fabrikgebäude der Sauerstoff⸗ Industrie⸗Aktiengesellschaft auf dem Grundstück Hildegard⸗ straße 29 an der Kaiser⸗Allee zu Wilmersdorf eine starke Explosion, bei der ein Maschinist getötet und ein anderer leicht verletzt wurde. Die Gewalt der Explosion war so groß, daß ein 25 m langes einstöckiges hallenartiges Gebäude in die Luft flog und in der Umgebung zahlreiche Fensterscheiben zertrümmert und Dächer beschädigt wurden. Außerdem entstand durch die Explosion ein Brand, der erst nach mehreren Stunden durch die Feuerwehren von Wilmersdorf, Charlottenburg, Schöneberg und Berlin gelöscht werden konnte. Die Leiche des getöteten Maschinisten war schrecklich ver⸗ stümmelt. Ueber die Ursache des Unglücksfalls kann, wie die Direktion der Gesellschaft mitteilt, zurzeit noch nichts Bestimmtes gesagt werden, wohl aber scheint nach den bisherigen Feststellungen eine Leuchtgasexplosion stattgefunden zu haben. Es ist anzunehmen, daß in dem sehr großen Fabrikationsraum sich ein explosives Gasgemenge von Leuchtgas und Luft angesammelt hatte, das durch eine brennende Lötlampe ent⸗ zündet wurde. Der Schaden ist durch Versicherung gedeckt.

Am 24. d. M., Abends 7 ½ Uhr, fand in den Festsälen im Landesausstellungspark in Altmoabit wie alljährlich ein Fest⸗ mahl zu Ehren des Geburtsfestes Seiner Majestät des Königs von Württemberg statt, an dem, „W. T. B.“ zufolge, der Königlich württembergische Gesandte Freiherr von Varnbüler und der Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Kiderlen⸗Wächter teilnahmen. Der Gesandte Freiherr von Varnbüler brachte einen Trinkspruch auf Seine Majestät den König von Württemberg aus.

Die Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung veröffentlicht jetzt ihren großen Lichtbilderkatalog für 1912. Er enthält u. a. 254 regelrecht zusammengestellte Lichtbilderreihen. Mit diesen werden ausgearbeitete Vorträge oder unterrichtende Literatur verliehen. Behandelt sind unter anderm folgende Gebiete: Astronomie, Naturleben und Naturkräfte, Technik, Industrie und Handel, Land und Volk, Deutsche Dichter und Dichtungen, Geschichte des Vaterlandes, Kunstwerke und Kunstgeschichte, Kulturgeschichte, Lebensbilder, Religion und kirchliche Feste. Die Lichtbilderreihen werden an Ge⸗ meinden und Vereine verliehen. Auch stellt die Gesellschaft Pro⸗ jektionsapparate mit Azetylen⸗, Kalklicht⸗ und elektrischer Beleuchtung leihweise zur Verfügung. Der Katalog wird von der Geschäftsstelle der Gesellschaft, Berlin NW. 52, Lüneburger Straße 21, unentgelt⸗ lich versandt. Durch ihre umfangreichen Lichtbildersammlungen hat die Gesellschaft dem deutschen Vortragswesen ein Hilfsmittel zur Verfügung gestellt, wie es bisher in diesem Umfange nicht vor⸗ handen war.

Um das Diakonissen⸗Mutterhaus Kaiserswerth bei der Beschaffung der erforderlichen Mittel zu unterstützen, wird ein Ver⸗ kauf zum Besten des Mutterhauses am 28. und 29. Februar von 11 bis 6 Uhr in den Räumen des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten, Wilhelmstraße 79/80, stattfinden. Ihre Majestät die

Kaiserin und Königin hat das Protektorat über den Verkauf übernommen.

Im Wissenschaftlichen Theater der „Urania (Tauben⸗ straße) wird der mit farbigen Bildern und Wandelpanoramen aus⸗ gestattete Vortrag „Der Großglockner, Gastein und die Salzburger Alpen“ in dieser Woche allabendlich gehalten. Am Sonnabend⸗ nachmittag findet eine Wiederholung des Vortrags „Von Meran zum Ortler“ zu kleinen Preisen statt. Im Hörsaal beginnt der Ingenieur Keßner heute eine Reihe von 5 Vorträgen über die mechanische Technologie der Metalle mit dem Vortrag „Die wichtigsten Metall⸗ legierungen“; morgen, Dienstag, spricht Dr. Berndt über „die der Aufwärtsentwicklung des Menschen“; am Donnerstag eginnt der Professor Scheffer eine Reihe von 4 Vorträgen mit erläuternden Beispielen über die wissenschaftlichen Grundlagen der Kinematographie mit dem Vortrag „Die phvsikalischen, physiologischen und pspchologischen Grundlagen der Kinematographie“; am Freitag

Charlottenburg. Gräfin Lea. Paul Lindau.

Mittwoch: Kyritz⸗Pyritz.

eitag: Große Rosinen. 3 ½ Uhr: Torquato

Die fünf Frank⸗

Garten.

Dienstag, Abends 8 Uhr: Strauß.

Donnerstag: Wiener Blut.

f: tol. Hierauf: Anato Sonnabend: Wiener Blut.

Dienstag, Abends

Lustspiel in drei Akten Lippschitz.

Regiments.

Firma.

J. Gilbert.

Oper aus dem schaft.

afé. Lu

Dienstag, Abends 8 Uhr: Schauspiel in fünf Aufzügen von

Donnerstag: Der Kilometerfresser.

Theater des Westens. (Station: Zoologischer Kantstr. 12.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Wiener Blut. Operette in drei Akten von Johann

Mittwoch: Die geschiedene Frau. Freitag: Die geschiedene Frau.

Lustspielhaus. (Friedrichstr. 236.) Dienstag,

Abends 8 Uhr: Die Damen des Regiments. Schwank in drei Akten von Julius Horst und Artur

Mittwoch und folgende Tage: Die Damen des

Restdenztheater. (Direktion: Richard Alexander.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Alles für die Firma. Schwank in drei Akten von M. Hennequin und Georges Mitchell. In Szene gesetzt und für die deutsche Bühne bearbeitet von Bolten⸗Baeckers.

Mittwoch und folgende Tage: Alles für die

Thaliatheater. (Direktion: Kren und Schönfeld.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Polnische Wirtschaft. Schwank mit Gesang und Tanz in drei Akten von Kraatz und Okonkowsky, bearbeitet von J. Kren. 5— von Alfred Schönfeld, Musik von

Gi Mittwoch und folgende Tage: Polnische Wirt⸗

88 E116““ Trianontheater. (Georgenstraße, nahe Bahnhof 279 —* Dienstag, Abends 8 Uhr: Das kleine

tspiel in drei Akten von Tristan Bernard. Mittwoch und folgende Tage: Das kleine Café.

ginnt eine Reihe von 4 Vorträgen über Naturdenkmalpflege, und zwar wird der Professor Bock über das Thema „Die Pflanze alz Naturdenkmal und ihr Schutz“ sprechen; am Sonnabend spricht der Professor Donath über das Thema „An den Grenzen physikalischer

jaturerkenntnis“. Auf der Sternwarte in der Invalidenstraß beginnt morgen, Abends 8 Uhr, Dr. Kritzinger eine Reihe von 4 Vor⸗ trägen über die Bedeutung der Astronomie für die moderne Bildung mit dem Vortrag „Sterne als Wegweiser“. 8

Potsdam, 26. Februar. Das Kommando der hiesigen Unter offizierschule teilt mit: Bei der Unteroffizierschule in otsdam sind im Laufe des Freitags und in der Nacht zum Sonnabend etwa 180 Mann unter den Erscheinungen eines fieberhaften Magen⸗ und Darmkatarrhs plötzlich erkrankt. Es wird angenommen daß die Veranlassung in der Mittagskost vom Donnerstag, den 22. d. M., zu suchen ist. Die sofort eingeleiteten baktertologischen Untersuchungen bewegten sich in dieser Richtung. In den Nur⸗ leerungen der Kranken ist der Erreger der Fleischvergiftun festgestellt worden. Das Befinden sämtlicher erkrankten Ler⸗ hat sich bedeutend gebessert. Die Zahl der erkrankten Mann⸗ schaften hat sich seit dem 25. Februar, an dem 7 leichte Erkrankungen zugingen, nicht erhöht. Bei allen Erkrankten ist das Fieber herunter, gegangen, meist ganz beseitigt, das Allgemeinbefinden gut. 8

München, 25. Februar. (W. T. B.) Dem Schriftstelle Hofrat Maximilian Schmidt wurden heute aus Anlaß seines 80. Geburtstags zahlreiche Beweise freundschaftlicher Ehrung zu teil. Seine Königliche Hoheit der Prinz Ludwig erschien persönlich bei dem Jubilar und überreichte einen Blumenstrauß. Fast sämtliche Mitglieder des Königlichen Hauses gratulierten teilz telegraphisch, teils mit eigenhändigen Schreiben. Seine Majef der Kaiser g. durch den preußischen Gesandten von Treutle eine Ordensauszeichnung überreichen und seine Glückwünsche aus sprechen.

Stuttgart, 25. Februar. (W. T. B.) In der vergangene Nacht brannte in dem Hobenzollernschen Dorfe Fischingen eine Mühle nieder, wobei der Müller Linsenmann, seine Fran und vier Kinder verbrannten, während zwei Söhne gerettet wurden. Ein Knecht brach beide Füße. 8

Schwerin i. Mcklbg., 26. Februar. (W. T. B.) Gestern abend 8 Uhr 20 Minuten fuhr auf dem Bahnhof Ventschow de Güterzug 6211, von Kleinen kommend, auf den Güterzug 600⸗ der von Güstrow gekommen war und auf dem Bahnhof hielt. Da Stationsbeamte hatte versehentlich Einfahrt in das Gleis gegeben, auf dem der Güterzug 6002 hielt. Der Zugführer Kuhlmann aus Schwerin vom Zug 6211 wurde schwer verletzt (Bein⸗ und Rippenbruch). Die Lokomotive des Zuges 6002 ist beschädigt, außer⸗ dem sind 8 Güterwagen von beiden Zügen stark beschädigt. Da Verkehr wurde durch Umsteigen aufrecht erhalten.

Wien, 24. Februar. (W. T. B.) Die „Neue Freie Prese⸗ meldet aus Harar (Lbessinien): Ein Ungar und seine Frau wurden in Ogaden auf der Jagd ermordet. Die Nachricht traf vor 14 Tagen in Harar ein und findet jetzt dadurch ihre Bestätigung daß die abessinischen Behörden die Habseligkeiten der Ermordeter öffentlich versteigern lassen.

London, 24. Februar. (W. T. B.) Hier hat sich heute er schweres Unglück zugetragen. In. dem Elektrizitätswerk von Blackfriars war, um für den Fall eines Streiks Vorsorge zu trefer, eine ungeheure Menge Kohlen aufgehäuft worden. Der hohe Kohlern⸗ berg verursachte den Einsturz einer Mauer, die mehrere Kinder unter ihren Trümmern begrub. Bisher sind zwei Leichen und zwei Schwerverletzte aus dem Schutt heraas⸗ gezogen worden.

Brest, 24. Februar. (W. T. B.) Durch die Explosion einer Flasche Azetylen brach in dem Kohlenraum des neuer Panzerschiffs „Jean Bart“, das gegenwärtig im Schwimmdet des hiesigen Arsenals liegt, Feuer aus. Schleppschiffe setzten de Kohlenkammer unter Wasser. Der angerichtete Schaden ist unbedeutent. (Fortsetzung des Amtlichen und Nichtamtlichen in der Ersten

und Zweiten Beilage.)

Saal Bechstein. Dienstag, Abends 7 ½ Ulr Einziger Klavierabend (Liszt⸗Abend) im Frieda Kwast⸗Hodapp. 8

Klindworth⸗-Scharwenka⸗Saal. Dierem

Abends 7 ½ Uhr: Liederabend von Mathilde ver Pfyffer. Am Klavier: Erich J. Wolff.

Birkus Schumann. Dienstag, Abends 7t Uir Große Galavorstellung. Auftreten sämtliche Spezialitäten. Zum Schluß: Das neue Aus⸗ stattungsstück „Das Motorpferd“ in 5 Tr Hervorzuheben: Die Fesr Schlußapotheose un noch nie dagewesenen Effekten.

Birkus Busch. Dienstag, Abends 7 Ur. Große Galavorstellung. Zum Schluß: Da neue Volksmanegeschauspiel „Die Here“ ¹ 7 Bildern. Vorher: das auserwählte Pn

gramm.

Familiennachrichten.

8 4

Verehelicht: Hr. Regierungsassessor Walden⸗ von Pilgrim mit Frl. Eileen Gruschwitz (Ams berg i. W.—Neusalz a. O.). ö“

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Polizeilenmm Schenck (Berlin).

Gestorben: Fr. Johanna von Glasenarre 6 Fäüren (Fresla. 27 Svlgie. u. von Schel geb. Freiin von Reibnitz elenburg.’. 22 von Schoeler, geb. Nehring (Charloimn

urg).

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenbret Verlag der Expedition (Heidrich) in Berlu⸗ Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und

Lust⸗ Konzerte.

89

Anstalt Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr

Beethoven-Saal. Dienstag, Abends 8 Uhr: 3. (letzter) Klavierabend von Artur Schnabel.

Zehn Beilagen (einschließlich Borrsen⸗Beilage.

L

8 .„ 4 8 8 8 4 4 8

Weizenmehl

Erste Beilage

anzeiger und Königlich Preußischen S

Handel D

8

Berlin, Montag, den 26. Februar

Deutsches Reich.

Nach Erntejahren, beginnend mit dem 1. August.

eutschlands mit Getreide und Mehl.

2

8

2) Mehlausfuhr gegen Einfuhrschein.

Ges amteinfuhr

Davon sofort verzollt

oder

zollfrei

Davon Ausfuhr aus

Belasetärfeteg dem freien Berlehr

1910/11

Gattung, Ausbeuteklasse 12

1911/12

1910/11

1909/10

1911/12

1910/11

1909/10 1911/12 1910/11 1911/12 1910/11

1909/10

710 054 451 234

40 880 135 921

833 877 1 101 707 489 330 641 863

54 682 121 340 125 788 189 645

Roggenmehl: 1. Klasse (0—60 v. H.) . . 2. (über 60 65 v. H.) 68xöäöö

2 114 192 3 14 155 831 15 1 554 216 1 21 048 085/19

358 044

3 110 582 3 4 588 465 4 6 370

107 558

Roggen .. Weizen.. Malzgerste. Andere Gerste Gerste ohne nähere Ang. Heffr EI1“ Roggenmehl. Weizenmehl.

161 017 991 973

210 008 15 765 257

8 127 906 305 891 069

7 703 115 341

1 929 445 152 116 15 797 441 1 613 770% r849 388

3 331 274 4 394 545

11 4 17 2 22 184 24 3 6 5 944 94 826

1 696 508

16 522 29 894

5 746 71 659

27 37

2 647 478 97 855 12 474 909 13 184 222 1 399 314 51 870 16 092 411/1

58 462 96 380

5 607

75 782

3) Einfuhr in den freien Verkehr nach Verzollung.

4 083 507 2 593 727

5 787 390 1 995 103

5 523 765 2 911 783

5 561 405 3 836 201

5 901 981 3 060 657

1 670 938

1 123 859

3 352 384

273 458 206 668 175 009 12 111 5 680

3 112 450 315 106 710 402

1 015 134

1 952 614 198 834 109

1 806 559 86 1 102 037

2 555 042

324 025 1 103 753 1 255 761

2 462 107 300 692 834 588 881 829

2 315 846 3 318 292 5 815

66 253

4 049 892 1 612 772

1 16 8942 3.

4.

5

2 389 968

710 089 878 306 1 247 180 1 011 436

82 019

1 011 230 846 552

5 023

63 134 55 840

37 194

3 487

164 077 148 859

877 590 1 246 474 744 852 1 000 511 3 027 10 859 93 095 177 965 16 932 39 035

I Roggenschrotmehl“*)) ...

Weizenmehl: „Klasse (0— 30 v. H.) .. . (über 30 70 v.

8 70 —75 v. H. 8 0 70 v. 8 8 58 7875 v.S 8 861 4 741 Hartweizenmehl“) ... 10 823 13 363

*) Ausbeute für jede Mühle besonders festgesetzt.

168

4) Niederlageverkehr.

Warengattung

Gesamte

verzollte Menge

Davon verzollt

beim unmittelbaren Eingang in den freien Verkehr

bei der Einfuhr von Niederlagen, Freibezirken usw.

Einfuhr auf Niederlagen,

Verzollt von

Nieder⸗

Ausfuhr von Niederlagen,

in Freibezirke usw. Freibezirken usw.

1911/12

v 1

1910/11

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1909/10 1911/12 1910/11 1909/10

1911/12

1910/11 1909/10 1911/12 1910/11

2 015 488 12 647 629 884 354 21 421 242 2 767 809 4 301 823 303

50 489

982 Cu“ alzgerste ..

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vc Roggenmehl..

Berlin, den 24.

3 031 008 1 455 175 3 046 159

4 192 761 303

53 769 Februar

19 819 338 15 721 059

1 911 164 1 150 361

2 562 144 3 823 989 221

42 eüs

17 251 425

1 686 708 849 388 2 409 969

3 629 894 276

8“

472999

2 642 686 13 595 703 14 266 772 11 491 470 12 469 951 13 176 507 1 399 268 16 092 103/[13 352 182 2 755 946 3 796 380 303

50 751 8

247 524 1 090 265 26 563

388 322 1 125 752 55 907

3 727 235 290 213

328 780

1 156 159 34 966

4 169 817 357 840 671 929

1 663 640 Weizen.

Gerste. 2 368 877 Heser 248 767 8, 505 697 Roggenmehl

396 381 3 Weizenmehl 3 018 1 308

aiserliches Statistisches Amt. J T. sver

1 123 798

2 313 377 3 318 292 218

41 176

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417 684 2 657 976 4 742 198

694 060

958 571

35 897

114 591 1 065 554 261 347 508 493

37 640 924 418 200 988 748 483 323 939

1 716

258 507 2 613 219 3 621 349 2 979 744 1 147 843] 1 015 428 1 094 689 1 076 253

2 096 129 39 559 28 573

513 539 2 677 207

Spalte 8 bis 10

624

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

22. Sitzung vom 24. Februar 1912, Vormittags 11 Uhr.

(Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sitzung, in der zunächst die zweite Beratung des Etats der Justizverwaltung bei den dauernden Ausgaben für die Besoldungen fortgesetzt wird,

ist in der vorgestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden. Bei den Ausgaben für die Gefängnisaufseher weist

Abg. Dr. Schmitt (Zentr.) darauf hin, daß sich die Lage der Gefängnisaufseher gegen frühere Jahre verschlechtert habe. Früher hätten sie Stellenzulagen bis zu 120 erhalten, jetzt Böögen sie nur

Dabei würden in bezug auf ihre Dienstleistungen Gefängnis⸗ werden.

noch die Hälfte. sehr hohe aufseher müßten

den Schutzleuten nicht

an größeren Gefängni Geheimer

Gefängnisaufseher berücksichtigten, s Beamten aus anderen Ressorts an

zu bedenklichen Konfecuenzen

keinen stärkeren Dienst als die Sicher Abg. Haarmann (nl.):

Anforderungen den Sicherheitsbeamten gest Wenn die Forderungen der Aufsichtsbeamten nach Gleichstellung mit erfüllt werden sollten, so sol wenigstens entsprechende pensionsfähige Stellenzulagen gewährt werden. Der gegenwärtige Zustand in der Verteilung der 99 geeignet, Lust und Freude am Dienste zu und Neid unter den Beamten zu fördern.

eine Erhöhung des Kleiderge und auf 50 für die Beamtinnen. G sichtsbeamten sei mit Freude zu begrüßen, und es sei wo en Gefängnisschulen zu errichten.

an sie

berjustizrat Plaschke: in wi o würden ähnliche uns herantreten, und das würde Die Gefängnisaufseher haben heitsbeamten. Die Auskunft des Es ist leicht gesagt, da

führen.

kommissars hat mich nicht befriedigt.

die Wünsche ei Beamtenkategorie nicht erfüllen könne, weil sonst 8 melden, aber es kommt doch

andere mit der gleichen Forderung sich

auftne gehe.⸗ der - und die Wün aufseher bewegen sich in bescheidenem ü geg sich mit den Wachtmeiste nst ist mit persönlichen nur handfeste, sondern quch

uchungen gefestigt si sprechendes Aequivalent er⸗

Auch mich hat die Er⸗ Wenn die

mit Recht die Gleichstellung leuten verlangen. knüpft, es gehören nicht

Leute dazu, damit sie gegen Vers müssen sie für ihre Dienste auch ein ent

halten.

„Abg. Dr. Schepp (fortschr. Volksp.): klärung des Regierungsvertreters dur Gefangenaufseher ebenso starken Diens beamten, so hätte der Kommissar dara

Ihr Die

müssen, daß sie mindestens diesen Beamt

Die Gehaltsverhältnisse

at im vorigen Jahre

Gefangene mit, denn sie seien den Türen.

inter verschlossenen

ind schlechter geworden; r er das Höchstgehalt mit 9- Dienstlahren, sibt erst mit 21 Jahren; früher erhielten sie alle die Stellenzula erhält diese nur die Hälfte von 1b wieder gutgemacht werden, indem diese beamten auf eine Stufe gestellt werden ber gesagt, ganzen

ihnen.

Die

ge. Diese

gestellt.

aus nicht befriedigt. ce haben wie die Sicherheits⸗ us auch die Folgerung ziehen en gleichgestellt werden müssen. früher erreichten sie

is zu 12

.

BDie gleichgestellt

vergällen

0 Schlechterstellung Beamten mit den Sicherheits⸗ Herr Geheimrat Krohne

sollten

demunerationen sei und Miß Redner verlangt schließlich ldes von 30 auf 80 für die Beamten Die geistige Hebung der Auf⸗ hl angebracht,

Wenn wir die Wünsche der Wünsche von

sche der Gefängnis⸗ Rahmen; sie können insbesondere in und den Schutz⸗ Gefahren ver⸗ charakterfeste Sodann

nd.

ℳ, jetzt

die Gefangenaufseher

heutigen

Aufsichtsbe

Regierungs⸗

ihnen

gunst

man

muß

seien

Tag mit den Gefangenen

amten

sind auch nicht mehr die Schließer des Mittelalters, sondern müssen es verstehen, die Gefangenen individuell zu behandeln. In anderen Bundesstaaten, Sochsen⸗ Anhalt, Hamburg, Elsaß⸗ Lothringen, sind die Gehälter dieser Beamten höher als in Preußen; hier heißt es nicht: Preußen in Deutschland voran. In bezug auf die Gefängnisschulen schließe ich mich dem Abg. Schmitt an.

Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Ich schließe mich dem Be⸗ dauern an, daß die Auskunft der Regierung nicht anders ausgefallen ist. Wenn sich die Notwendigkeit einer Besserung herausstellt, darf nicht lange gefackelt werden. Wenn die Gehälter stehen bleiben, so kommt das einer Gehaltsverminderung gleich, wenn die Lebens⸗ verhältnisse teurer werden. Diese Beamten haben sich tatsächlich ver⸗ ö Insbesondere bedürfen die Gerichtsdiener einer Ver⸗ besserung ihrer Lage, sie haben eine sehr stark ausgedehnte Arbeits⸗ zeit. Die Weihnachtsgratifikationen sollten allen Beamten gleich⸗ mäßig zuteil werden. Die Hilfsgerichtsdiener sind sozusagen die Parias unter den Beamten; sie sind länger als sechs Jahre Hilfsgerichts⸗ diener und haben in dieser Zeit keinen Anspruch auf Gehalts⸗ verbesserung.

8 Bei dem Titel „Gebührenanteil der Gerichtsvollzieher“ ittet

Abg. Witzmann (nl.), die Aufwandsentschädigungen der Hilfs⸗ gerichtsvollzieher in eine pensionsfähige Zulage zu verwandeln.

Geheimer Oberjustizrat F 1 ür die Hilfsgerichtsdiener ist die Staatsregierung ständig bemüht, es sind jetzt erst 8I1 neue Gerichts⸗ dienerstellen eingestellt worden. Es bedarf alss nicht erst der Mahnung des Abg. Liebknecht. Für die Teuerungszulagen ist ein Unterstützungs⸗ fonds, an dem auch die Justizverwaltung beteiligt ist, vorhanden, und der Finanzminister hat sich bereits bei der ersten Etatsberatung die Erlaubnis ausgebeten, diesen Fonds eventuell überschreiten zu dürfen.

Abg. Dr. Schepp (fortschr. Volksp.): Die Hilfsgerichtsdiener verlangen eine Einberufung nach der Vornotierung. Ein Er⸗ holungsurlaub wird ihnen jetzt nur bewilligt, wenn sie ein Gesach einreichen. Die Urlaubsbewilligung müßte aber von selbst geschehen.

Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Die Hilfsgerichtsdiener be⸗ kommen einen Lohn, der wesentlich unter dem ortsüblichen Tagelohn steht. Wie unter diesen Umständen der Vertreter der Staatsregierung sagen kann, daß die Staatsregierung ein wohlwollendes Auge für die Bedürfnisse der Unterbeamten habe, ist mir durchaus nicht ver⸗ ständlich. Ich kann in den Worten nur eine Art hochmütiger Ab⸗ lehnung sehen. (Präsident Dr. Freiherr von Erffa; Das dürfen Sie nicht sagen!) Daß die Beamten erst um Unterstützung bitten müssen, ist ihrer unwürdig. Sie wollen nicht mehr patriarchalisch bevormundet sein. In öffentlichen Versammlungen wollen sie ihre Wünsche aussprechen und nicht, wie der Minister meint, an die päter⸗ liche Brust der wohlwollenden Justizverwaltung eilen. Das Wohl⸗ wollen der Justizverwaltung ist nur eine Redefloskel. Die Justiz⸗ verwaltung ist gar nicht wohlwollend, sie entspricht nicht einmal den primitivsten Wünschen der Unterbeamten.

Justizminister Dr. Beseler:

Wenn der Herr Abg. Liebknecht behauptet, daß die Worte, die ich neulich gesprochen habe, nur Worte gewesen seien und weiter nichts bedeuteten, daß also in Wahrheit von einem Wohlwollen bei mir den Beamten gegenüber nicht die Rede sei, so erkläre ich, daß nach allem, was mir von anderen Seiten und namentlich aus den Kreisen, für die

der Herr Abgeordnete gesprochen hat, oft das Gegenteil versichert wird; dort besteht also die Ueberzeugung, daß die Justizverwaltung in der Tat nicht nur Wohlwollen äußert, sondern, soweit es in ihren Kräften steht, es auch betätigt. Es scheint, der Abg. Liebknecht kann das Wort nicht nehmen, ohne einen besonders scharfen Angriff gegen die Justizverwaltung zu richten. Ich glaube, er denkt, er ermüde uns damit. Er irrt sich aber darin. Es ist keine große Mühe, auf seine Ausführungen zu erwidern. Für heute erkläre ich, daß er, was das Wohlwollen anlangt, durchaus Unrichtiges mitgeteilt hat.

Bei dem Titel „Geschäftsbedürfnisse (7 477 900 ℳ)“ weist

Abg. Dr. Liebknecht darauf hin, daß es den Anwälten sehr schwer salle, die in der Prozeßordnung vorgesehenen Fristen innezu⸗ halten, weil in der Annahme von Schriftstücken an den verschiedenen Gerichten durchaus verschiedenartige Verhältnisse herrschen. Wenn ein Eingang nach 4 Uhr kommt, sei oft kein Beamter mehr da. Es sei deshalb nötig, eine allgemeine Anweisung zu geben, daß vielleicht bis 8 Uhr Eingänge angenommen werden.

Bei den dauernden Ausgaben für „besondere Gefäng⸗ nisse“ wendet sich

Abg. Dr. Liebknecht (Soz.) gegen die Remunerationen, die den Gefän nisbeamten aus dem Arbeitsverdienst der Gefangenen über⸗ wiesen werden; die Aussicht auf diese Remunerationen könne leicht die Beamten zu unzulässiger Antreiberei verführen. Sodann befürwortet Redner die .S der Beschäftigung der Gefangenen im Freien und verlangt Reformen in bezug auf die Einrichtung der Gefängnisgeistlichkeit. Die Religion bleibe, wie die Statistik ergebe, ohne jeden Einfluß auf die Kriminalität; höchstens, daß sich aus den Ziffern der verkehrte Schluf würde ziehen lassen, daß die jüdische Bevölkerung die moralischste, die katholische die vneea, . sei. Tatsächlich lehre die Statistik nur, daß die Zahl der Delikte ein Spiegelbild der sozialen Lage der Bevölkerung liefert.

in Kommissar der Justizverwaltung legt gegen die Unter⸗ stellung Verwahrung ein, als ob von den Gefängnisbeamten ein un⸗ zulässiger Druck auf die Arbeit der Gefangenen ausgeübt werde.

Abg. Dr. Schmitt (Zentr.) begrüßt es im Gegensatz zu dem Abg. Dr. Liebknecht, 9 die Justizverwaltung in den letzten Jahren dazu übergegangen ist, Gefängnisseelsorgestellen, die nur nebenamtlich besetzt sind, in hauptamtliche umzuwandeln. Das Tempo dieser Um⸗ wandlung sollte aber nicht so langsam genommen werden. Auch in Danzig und Breslau seien solche hauptamtlichen Stellen dringend nötig, ebenso u. a. in Königsberg und Stettin. Unklar sei, wes⸗ halb bei dem Frauengefängnis in Berlin die Vorsteherin u. a. ein geringeres Gehalt haben könne als die ihr untergeordneten beiden

berinnen. .

Ein Regierungskommissar erwidert, daß der Fall nicht Pesetech werden würde, da die Vorsteherin aus den Oberinnen her⸗ orgehe.

Abg. Hammer (kons.) kommt auf die Beschwerde der Buch⸗ binder gegen die Buchbinderarbeit in den Gefängnissen zurück. Die große Mehrheit des Hauses stehe mit der Regierung auf dem Boden, daß die Gefangenen beschäftigt werden müssen, daß aber die Arbeit dem Handwerk keine Konkurrenz machen dürfe. Das Buchbinder⸗ aes e gehe als Handwerksbetrieb außerordentlich zurück. Die zu⸗ tändigen Minister seien im vorigen Jahre schon gebeten worden,

hier zugunsten des Handwerks einzugreifen. Eine Reihe von Ge⸗