1912 / 56 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 02 Mar 1912 18:00:01 GMT) scan diff

absolut verwerflich sei, vermag ich nicht einzusehen, und das wird auch die Mehrzahl der Bevölkerung im Lande nicht einsehen. (Sehr richtig! rechts.) Denn die Staatslotterie stellt gerade die Regelung des Triebes, den viele empfinden, einmal ihr Glück zu versuchen, in durchaus angemessener und mäßiger Form dar. Die Staatslotterie ist eingerichtet worden, um das Lotteriewesen auf eine angemessene Basis zu stellen. Daß daraus ein übermäßiger Gewinn für den Staat erzielt wird, ist ja absolut ausgeschlossen.

Melne Herren, der Herr Abg. Hoffmann hat dann weiter gesagt, die Offiziere seien gar nicht in der Lage, in ihren Kreisen Lose unter⸗ zubringen, weil in ihren Kreisen andere Glücksspiele gespielt würden.

Abg. Hoffmann: Klub der Harmlosen!) Meine Herren, ich möchte doch namens der Staatsregierung gegen diese Beschimpfung des Offizierkorps ausdrücklich Widerspruch erheben. (Lebhaftes Bravo! rechts Zurufe bei den Sozialdemokraten: Wer hat denn ge⸗ schimpft! Abg. Hoffmann: Minister Ruhstrat, Wolff⸗Metternich!) Herr Hoffmann macht mir da zwei Zwischenrufe: Klub der Harmlosen und dergleichen. (Zuruf rechts: Das waren keine Offiziere !) Gewiß, meine Herren, es ist durchaus richtig, daß solche Fälle vorgekommen sind (Rufe bei den Sozialdemokraten: Na also!); das will ich in keiner Weise in Abrede stellen. Aber ich muß doch dem Herrn Abg. Hoffmann das Recht bestreiten, derartige Einzelfälle in dieser Weise als allgemeine Erscheinung zu charakterisieren. (Sehr richtig! rechts.) Herr Hoffmann, dazu sind Sie nicht berechtigt (Abg. Borchardt: Sie sind doch nicht Präsident!); das geht weit über das hinaus, was man sagen darf. (Lebhafte Zu⸗ stimmung.) Ich muß namens der Staatsregierung gegen eine der⸗ artige Verunglimpfung unseres Offizierkorps hier nachdrücklich Protest einlegen. (Allseitiger lebhafter Beifall.) Abg. Dr. Friedberg (nl.): Ich vermag dem Abg. Hoffmann in seinen hohen moralischen Gefühlen auch nicht zu folgen. Das mag vielleicht daran liegen, daß die bürgerliche Gesellschaft so hohe moralische Empfindungen nicht hegt wie diejenige Gesellschaft, die der Abg. Hoffmann in Zukunft gründen will. Ob man aber wirklich nie einen Sozialdemokraten auf den Rennplätzen am Totalisator sieht? Dem Antrage werden wir zustimmen. Es sind ja verschiedene Be⸗ denken dagegen geltend gemacht worden, aber in de Antrage heißt es ausdrücklich: „unter Wahrung des eigentlichen Zwecks der preußisch⸗ süddeutschen Klassenlotterie“. Wenn der Abg. Hoffmann sagt, daß die Offiziere, wenn ihnen ihre Pension nicht ausreicht, sich eine andere Beschäftigung suchen sollen, so kann er doch nichts dagegen haben, wenn der Staat alten, verdienten Offizieren entgegenkommt, deren physische Kraft durch körperliche Strapazen erschöpft worden ist. Der Haltung der Regierung gegenüber den Privatlotterien stimme ich voll⸗ kommen zu, es erscheint nicht notwendig, eine Aenderung eintreten zu assen. Man soll doch auch das Kind nicht mit dem Bade aus⸗ schütten.

Abg. Strosser kkons.): Ich bin dem Minister dankbar dafür, daß er Veranlassung genommen hat, der Kritik des Abg. Hoffmann

hier in dieser Weise entgegenzutreten und die Offiziere in Schutz zu nehmen. Nur ein kleiner Teil des Offizierkorps kann von der Pension auskömmlich leben; gerade durch die Strapazen des Dienstes, die in außergewöhnlichem Maße an die Offiziere herantreten, ist ein großer Teil gezwungen, schon in verhältnismäßig jungen Jahren auszuscheiden. (Zuruf des Abg. Hoffmann.) Ich würde es wirklich für total verfehlt halten, das deutsche Offizierkorps gegen Ihre Kritik in Schutz zu nehmen. Das hat das preußische und deutsche Offizierkorps noch nicht nötig gehabt, es hat hundertmal bei ernsten Gelegenheiten gezeigt, es für das Vaterland geleistet hat. Der Abg. Hoffmann sagt: as Glücksspiel ist für den Offizier standesgemäß. Abg. Hoffmann, Sie haben so oft das Wort im Munde, wenn es sich um die Sozial⸗ demokratie handelt: Ach, meine Herren, davon verstehen Sie gar nichts. 8 Sie nehmen sich heraus, alles zu verstehen, was Sie gar nichts ngeht. Sie verstehen eben vom Offizierkorps nichts, wissen nicht, was für einen Offizier standesgemäß ist. Aber das kann ich Ihnen auf Grund meiner 25 jährigen Erfahrung im Offizierkorps sagen, daß die Offiziere, die dem Glücksspiel huldigen, Ausnahmen sind, daß das Glücksspiel auf das schärfste verboten ist, daß die strengsten Strafen verfügt werden, sobald irgendein derartiges Glücksspiel festgestellt wird. Im übrigen möchte ich Ihnen sagen: Sie kämpfen mit einem solchen Aufwand von moralischer Ent⸗ rüstung gegen jedes Glücksspiel; ist denn das Kartenspiel nicht auch ein Glücksspiel? und ist das in Ihren Kreisen nicht ebenso ver⸗ breitet? Sie haben den Krieg gewissermaßen als ein Lotteriespiel hingestellt. Sie haben keine Ahnung davon. Wir, die wir den Krieg mitgemacht haben, die wir im Felde gestanden haben, die wir unser Leben hundertmal in die Schanze geschlagen haben, wissen, daß der Krieg etwas Hohes, Gewaltiges und Großes ist, wovon Sie keine Ahnung haben. Sie haben von den Gefühlen, die uns im Kriege beseelen, von dem Enthusiasmus, mit dem der einzelne sein Leben wagt, gar keine Ahnung.

Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Der Finanzminister hat sehr unrecht, wenn er meint, daß das Lotteriespiel mit der Moral in Ein⸗ klang zu bringen sei. Dem Strafgesetzbuch liegt der Gedanke zugrunde, daß jedes gewerbsmäßige Glücksspiel zu bestrafen ist. Und der Staat ist durch seine Lotterieveranstaltungen ein gewerbsmäßiger Glücksspieler. Das Glücksspiel wird mit den schwersten Ehrenstrafen belegt, ja es können sogar die „bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt werden. Die Spieler in Offizierkorps mögen die Ausnahme bilden, aber die Antijeuerlasse beweisen doch, wie die Offiziere dem Spiel zuneigen. Wenn man vom Kriegsspiel spricht, so ist das lediglich Poesie. Der Enthusiasmus, mit dem im Kriege das Leben hingegeben wird, ist oft der Enthusiasmus der Desperation oder ein den Soldaten aufgezwungener Enthusiasmus, der künstlich durch Suggestion erzeugt ist. (Präsident Dr. Freiherr von Erffa: Sie dürfen nicht sagen, daß der Enthusiasmus unserer Armee in den Feldzügen durch Sug⸗ gestion erzeugt ist; ich bitte Sie, sich zu mäßigen.) Die Begeisterung wird den Leuten eingepeitscht. Der Offizier a. D. ist allerdings eine etwas trübsame Erscheinung, die Pension ist ihm zu gering, aber man will die geringen Gehälter und Pensionen der Offiziere auf⸗ recht erhalten, um das Eindringen der minder bemittelten Kreise in das Offizierkorps zu verhindern. (Präsident Dr. Freiherr von Erffa: Das hat mit der Lotterie aber nichts zu tun; ich bitte Sie, auf die Sache zurückzukommen.) Ich spilche über den Antrag, der den Offizieren a. D. Lotterieeinnehmerstellen geben will. Durch den Gamaschendienst in der Armee werden unsere Offiziere so einseitig erzogen, daß sie nachher im praktischen Leben kein Unterkommen finden. Warum soll hier für die Offiziere eine Extrawurst gebraten werden, während der Arbeiter und untere Beamte, wenn er entlassen wird, einfach dem Hunger ausgeliefert ist? Es soll den Offizieren nur ein neues Privileg zuteil werden, deshalb sind wir entschieden gegen den Antrag. Nachdem der Finanzminister jetzt gehört hat, wie das Strafgesetz lautet, wird er hoffentlich erwägen, wie die Staatslotterie vereinbar ist mit den Grundlagen des Strafgesetzes.

Ein Schlußantrag wird angenommen.

Abg. Hoffmann (Soz.) bemerkt perfönlich, er müsse sich ver⸗ bitten, daß der Minister sich als Zensor des Hauses aufwerfe; er verstehe nicht mehr als die Abgeordneten Die Sozialdemokratie, fährt der Redner fort, kämpft überall gegen das Glücksspiel, auch in ihren Versammlungen. (Der Abg. Strosser spricht in der Nähe des Redners mit dem Präsidenten.) Abg. Strosser, vielleicht stellen Sie diese Ver⸗ handlungen ein, bis ich ausgesprochen habe. (Präsident Dr. Freiherr von Erffa: Abg. Hoffmann, wer wie Sie fortwährend laut unterbricht, hat kein Recht zu einer solchen Bemerkung.) Der Krieg ist ein Hohn auf Gott, das Christentum und die Menschlichkeit.

Präsident Dr. Freiherr von Erffa: Für diese Beschimpfung

Abg. Strosser (persönlich): Die Erklärungen des Abg. Lieb⸗ knecht über den Krieg und das Offizierkorps sind des Abg. Hoffmann würdig. Abg. Liebknecht, Sie sprechen von der traurigen Figur des Offiziers, ach, Abg. Liebknecht, Sie haben gar keine Veranlassung, von trauriger Figur zu sprechen. Wenn ich mich für Ihr zartes Empfinden, Abg. Hoffmann, etwas zu laut beim Präsidenten zum Worte gemeldet habe, so haben Sie uns hundertmal viel lauter unterbrochen.

Der Antrag wird gegen die Stimmen der Sozialdemo⸗ kraten, des größten Teiles der Volkspartei und eines Teiles des Zentrums angenommen.

Der Etat der Lotterieverwaltung wird bewilligt.

Der Etat der Königlichen Seehandlung (Preußischen Staatsbank) wird ohne Debatte bewilligt.

Der Etat des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, dessen Ordinarium schon vor kurzem bewilligt worden ist, enthält im Extraordinarium die Forde⸗ rung von 540 000 zum Ankauf und baulichen Herrichtung eines Dienstgebäudes für die Gesandtschaft in Hamburg.

Berichterstatter der Budgetkommission Graf von der Groeben legt die Notwendigkeit dieses Baues dar und be⸗ antragt die Bewilligung.

Das Haus beschließt demgemäß.

Es folgt die erste Beratung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die Erweiterung des Stadtkreises Elberfeld (Einverleibung der Landgemeinde Vohwinkel).

Abg. Dr. Hintzmann (nl.) beantragt, den Gesetz⸗ entwurf der um sieben Mitglieder zu verstärkenden Gemeinde⸗ kommission zu überweisen.

Die Abg. Schulze⸗Pelkum (kons.) und Lückhoff (freikons.) erklären sich damit einverstanden.

Die Vorlage wird der verstärkten Gemeindekommission überwiesen.

Es folgt die Beratung des Antrags der Abgg. Hammer (kons.) und Genossen:

„die Regierung zu ersuchen, eine Verbesserung des Waren⸗ haussteuergesetzes unter Zugrundelegung der in dem Antrag des Abg. Hammer vom 1. April 1908 enthaltenen Gesichtspunkie in Erwägung zu ziehen und einen entsprechenden Gesetzentwurf demnächst vorzulegen“.

. Der Antrag des Abg. Hammer vom 1. April 1908 autet:

„die Regierung zu ersuchen, tunlichst bald einen Gesetzentwurf zwecks Abänderung des Gesetzes vom 18. Juli 1900 die Be steuerung der Warenhäuser betreffend dahingehend vorzulegen, 1) daß die Steuersätze für Betriebe mit einem Anlage⸗ und Be⸗ triebskapital von mehr als 1 000 000 allmählich ansteigend der⸗ gestalt erhöht werden, daß sie bei Betrieben mit etwa einem Anlage⸗ und Betriebskapital von mehr als 5 000 000 und einem Jahresumsatz von mehr als 20 000 000 4 vom Hundert des letzteren erreichen, und 2) daß der Prozentsatz von 20 % auf 30 % im § 5 erhöht wird“.

Aba. Hammer k(kons.): Unser Antrag wird zunächst der Kommission für Handel und Gewerbe zu überweisen sein. Unser An⸗ trag ist schon 1908 in der Kommission beraten worden, aber die Re⸗ gierung hat sich seitdem noch nicht gerührt. Das wird nicht am Finanzministerium liegen, ich vermute, daß der stärkste Widerstand im Handelsministerium liegt, denn da ist er schon 1896 bei dem ersten Antrag Brockhausen gewesen. Nur ein so starker Minister, wie Herr von Miquel, konnte das Warenhaussteuergesetz durchbringen. Das Warenhaussteuergesetz geht nur bis zu 2 % und sogar nur bis zu 1,4 %, wenn man die Einschnürung durch den § 5 hinzunimmt. Der Geheime Finanzrat Strutz, eine Autorität auf diesem Gebiet, hat uns damals gesagt, daß die Warenhäuser im Durchschnitt 5,7 % verdienten, und 8 eine Progression der Steuer bis zu 5 oder auch 4 % beinahe eine Prohibitivsteuer sein würde. Es wurde damals darauf erwidert, daß die 5,7 % wohl richtig seien, daß aber damit nicht gesagt sei, wie oft das Kapital im Jahre umgesetzt werde; es geschehe vielleicht zwei⸗ bis dreimal. Der ver⸗ storbene Abgeordnete Dr. Gerschel, Mitglied der Berliner Handels⸗ kammer, hat sogar geglaubt, daß das Betriebskapital etwa sechsmal im Jahre umgesetzt werde. Dann kommt natürlich der sechsfache Gewinn heraus. Wir haben nun in unserem Antrage auch das Anlage⸗ und Betriebskapital mit zugrunde gelegt, und wir glauben damit vorwärts kommen zu können. In Bayern hat man das Warenhaus⸗ steuergesetz auch geändert, man geht dort allerdings nur bis zu 3 %, aber man hat eine Reihe von Geschäften hineingenommen, die sich auch bei uns unliebsam bemerkbar gemacht haben, aber nicht in unseren Antrag aufgenommen sind. Die angebliche Reaktion herrscht also auch anderwärts. Es ist übrigens keine Reaktion, sondern eine praktische Maßregel, wenn man in Bayern außer den Warenhäusern auch die Großmagazine, die Großbasare, die Abzahlungsgeschäfte, die Filialgeschäfte, die Versteigerungsgeschäfte und die Versandgeschäfte herangezogen hat. Die Zahl der Warenhäuser hat sich allerdings kaum vermehrt, aber ihr Umsatz ist gewaltig gestiegen. Der Syndikus des Warenhausverbandes Dr. Wernicke berechnet, daß der Umsatz der Warenhäuser in Preußen 1908 140 Millionen betrug und dann 1909 auf 160 Millionen und 1911 auf 190 bis 200 Millionen gestiegen ist. Außerdem haben sich Wareneinkaufshäuser gebildet; in Magdeburg wird lebhaft über ein solches Wareneinkaufshaus geklagt, das fast alle Waren führt und dem Detailhandel außerordentlich schadet. Es hat die Form einer Aktiengesellschaft, wird von drei Herren regiert und hat allein in Magdeburg 60 Filialen. Es gibt 10 % bei Detaillisten⸗ waren und soll sogar 15 bis 20 % geben. Das soll dadurch möglich werden, daß eine große Margarinefabrik dazu gehört und so viel Margarine absetzt, daß die anderen Preise niedrig sein können. Neu hinzugekommen ist der Umstand, daß die Warenhäuser mit ihren Automobilen auf 80 km um Berlin herum in die Provinz hinausfahren, zwei⸗ bis viermal in der Woche und dort in den kleinen Städten die kleinen Gewerbetreibenden ruinieren. Es wird uns immer vorgeworfen, daß wir nicht an die Warenhäuser für Offiziere und Beamte herangehen, aber da liegt nach den Erklärungen des Geheimrats Strutz die Sache so schwierig, weil diese Waren⸗ häuser nicht gewerbesteuerpflichtig und nicht warenhaussteuerpflichtig sind. Das Finanzministerium hatte das Beamtenwarenhaus zur Steuer veranlagt, wurde aber damit vom Gericht zurückgewiesen Wir bedauern außerordentlich, daß diese Gebilde, die den Mittelstand ebenso schädigen wie die anderen Warenhäuser, nicht so herangezogen werden können, wie es sich gebührt. Ich bitte, unseren Antrag der Kommission zu überweisen. 1 1 Abg. Dr. Ehlers (fortschr. Volksp.): Der Antrag Hammer ist von 150 Mitgliedern unterschrieben, und das Zentrum hat ähn⸗ liche Bestrebungen, sodaß angenommen werden kann, daß der Antrag zur Annahme gelangt. Aber ich hoffe, daß die Regierung einen Strich durch die Rechnung machen und den Antrag ablehnen wird. Andere Staaten, wie Baden, Hessen, Sachsen, die Hansestädte, scheinen mit der Warenhaussteuer nicht gute Erfahrungen ge⸗ macht zu haben, denn sie haben die Steuer ermäßigt; Württemberg hat sich mit einer mäßigen Steuer begnügt. Die all⸗ gemeine Stimmung ist für die Warenhaussteuer nicht günstig, die Mehrzahl der Gewerbetreibenden in Berlin will keine Erhöhung. Schon die Einbringung eines solchen Antrags ist eine Schädigung des Detailhandels. Die Begründung des An⸗ trags besagt, daß das Warenhaus den anderen Ge⸗ schäften so überlegen ist, daß man Mittel dagegen finden muß. Das ist die beste Reklame für die Warenhaͤuser, und der Verband der Warenhäuser sollte den Abg. Hammer zum Ehren⸗ mitglied machen. Die Warenhäuser können sich die Annoncen sparen, der Abg. Hammer macht alljährlich mit diesem Antrage die Reklame.

rufe ich Sie zur Ordnung.

C1616X“ 1“ J““

Man muß bedenken, daß die Sache hauptsächlich auf Suggestion

1 8

beruht, und daß namentlich die Frauen der Suggestion zunter⸗ worfen sind. Wenn die Frauen aus der Welt verschwän den, würden auch in vierzehn Tagen die Warenhäuser verschwinden. Ich bin von der geordneten Vertretung des Berliner Detarl⸗ handels beauftragt, hier zu erklären, daß die Annahme, daß das Warenhaus leistungsfähiger sei, auf Irrtum beruht und lediglich Modesache ist. Gewiß hat das Warenhaus Vorzüge, aber es hat auch ganz erhebliche Nachteile, es bedeutet in gewisser Beziehung. gegenüber dem Spezialgeschäft sogar einen Rückschritt; es kann. nicht, wie das Spezialgeschäft, spezialisieren und individualisieren. Es ist deshalb falsch, fortgesetzt hier zu betonen, es müsse eingegriffen werden, um dem Detailhandel zu Hilfe zu kommen. Hier spricht viel Persönliches mit; ich gestehe offen, ich bin persönlich kein Freund der Warenhäuser und werde selten oder gar nicht in ihnen kaufen; aber das hat mit meiner politischen Stellung zu der Frage nichts zu tun. Es ist nicht richtig, daß das Warenhaus alles andere tot mache, denn der Umsatz der Warenhäuser ist noch immer ganz gering gegenüber dem Gesamtumsatz des Handels. Das Warenhaus hat allerdings in mancher Beziehung wie ein Pionier gewirkt. Gegen unlautere Machenschaften hilft nicht das Warenhaussteuergesetz, sondern unser ganz gutes Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Die Absicht der Erdrosselung der Warenhäuser würde vielleicht erreicht werden, wenn der Antrag bis zu 8 % hinaufginge. In der gegen⸗ wärtigen Form mit 4 % wuürde er nur die Abwätzung verstärken und eine Ausdehnung des Warenhausbetriebes hervorrufen, also das Gegenteil seines Zweckes erreichen. Der Antrag ist lediglich eine mechanische Regelung, aber keine wirtschaftliche Erfassung. Die Engländer haben jetzt eingesehen, daß ihnen ihre Vorschrift der Bezeichnung „made in Germany“ nur geschadet hat. Die Ausdehnungsfähigkeit der Waren⸗ häuser ist unbeschränkt, auch die sogenannten schlechten Zeiten sind für das Warenhaus nicht schädlich. Wenn man gesetzgeberisch ein⸗ greifen will, soll man die Gewerbesteuer progressiv gestalten. Das wäre gerecht, weil alle modernen Einrichtungen gerade den großen Geschäften vorzugsweise zugute kommen. Unter die Warenhaus⸗ steuer sollten Geschäfte gebracht werden, die auf keinen Fall dazu gehören. Ein Möbelgeschäft hatte gelegentlich 6 Standuhren ge⸗ kauft und sollte deshalb als Warenhaus mit 30 000 Steuern be⸗ legt werden. Es verkaufte zwei Uhren, die übrigen hat es wahr⸗ scheinlich weggeworfen, und die Steuerverwaltung drückte ein Auge zu. Die Spezialgeschaͤfte leiden nicht so sehr unter der Konkurrenz der Warenhäuser wie unter den agrarischen Warenhäusern, gegen die leider noch nichts zu machen gewesen ist; auch die Konsumvereine wirken schädlich. Gegenüber den Warenhäusern müßten sich die Detaillisten zusammenschließen. Es besteht jetzt die Absicht, sämtliche Detaillisten vereine zu vereinigen; diese Bewegung würde durch die Annahme des Antrages gestört werden. Ich bitte, den Antrag abzulehnen.

Abg. Herold (Zentr.): Wir sind mit der Ueberweisung des Antrages an die Kommission einverstanden. Wir müssen dort erwägen, ob der Antrag das Richtige trifft, und ob wir das Warenhausgesetz überhaupt grundsätzlich ändern sollen. Das Warenhaus beschränkt sich nicht auf die Stadt, sondern erstreckt sein Gebiet weit auf das Land hinaus. Das Gesetz geht aber von dem Gedanken aus, daß das Warenhaus seine Tätigkeit auf die Stadt beschränkt. Es wäre wünschenswert, wenn im ganzen Reiche die Warenhaussteuer⸗ gesetzgebung einheitlich gestaltet werden könnte. Wir müssen also die Schaffung eines Reichsgesetzes erwägen.

Abg. Dr. Schroeder⸗Cassel (nl.): Der Antrag Hammer ist steuertechnisch schwierig, aber der Grundgedanke ist uns an sich sympathisch, und wir wollen daran mitarbeiten. Besonders schädlich wirkt das Warenhaus durch die Ausdehnung seines Automobilverkehrs, sodaß auch die kleinen Gewerbetreibenden in der kleinen Stadt in Mitleidenschaft gezogen werden.

Abg. Hirsch⸗Berlin (Soz.): Meine Freunde stimmen gegen den Antrag Hammer wie auch gegen die Ueberweisung an die Kommission. Wenn man schon in dieser Weise vorgehen wollte, dann mußte man um der Gerechtigkeit willen auch die großen Spezialgeschäfte besteuern. Erdrosseln können Sie die Warenhäuser nicht; aber die Warenhaus⸗ steuer wird indirekt wieder dem Mittelstande Schaden zufügen. Denn die Warenhausbesitzer werden die Steuer nicht aus eigener Tasche zahlen, sondern vielmehr die Angestellten werden geringere Gehälter dekommen, die Handwerker müssen den Warenhäusern noch billiger liefern als jetzt. Trotz der Warenhaussteuer ist der Umsatz der Warenhäuser gestiegen, weil wir es mit einer wirtschaftlichen Ent⸗ wicklung zu tun haben, die man mit Gewaltmaßregeln nicht aufhalten

ann. Selbst einer der Vorkämpfer der Warenhaussteuer, der Abg. Roeren, hat jetzt eingesehen, daß eine Warenhaussteuer nutzlos ist. Die Warenhaussteuer ist weiter nichts als ein Schlag ins Wasser.

Abg. Dr. Varenhorst (freikons.): Namens meiner Fraktion habe ich zu erklären, daß wir dem Antrage sehr sympathisch gegen überstehen. Die Warenbäuser sind ein Krebsschaden für den gewerb⸗ lichen Mittelstand. Die kleinen Geschäftsleute werden geradezu erdrosselt; mit ihren Automobilen bringen die Warenhäuser ihre Waren über das ganze Land und richten so die tleinen Kaufleute und Handwerker zugrunde. Wir können doch nicht den ganzen gewerb lichen Mittelstand, der besonders auf dem Lande an die Scholle gebunden ist, den Warenhäusern auf Gnade und Ungnade ausliefern. Es ist eine dringende Aufgabe des Gesetzgebers, hier einzugreifen.

Im Schlußwort bemerkt

Abg. Hammer kkons.): Auf die Ausführungen des Abg. Hirsch gehe ich heute so wenig ein wie vor vier Jahren. Ich verstehe nicht, wie der Abg. Ehlers zu solchen Angriffen kommt. Er kann sich dann nicht wundern, wenn ich vielleicht später auf seine merkwürdigen Be⸗ ziehungen zu den Warenhäusern noch zurückkomme. Sie haben mich provoziert und wollen mir die Rolle zuweisen, daß ich Ehbrenmitglied des Warenhausverbandes werden soll. Aber Sie gehören hinein, und zwar mit einem Lorbeerkranz.

Der Antrag wird gegen die Stimmen der fortschrittlichen Volkspartei und der Sozialdemokraten an die Handels⸗ und Gewerbekommission verwiesen. 8

Schluß nach 5 Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend 11 Uhr. (Antrag Brandenstein, betreffend Revision der Geschäftsordnung, Anträge über Jugendpflege, Verdingungs wesen, Wohnungsgesetz und Religionsunterricht der Dissidenten kinder.)

Nr. 8 des „Eisenbahnverordnungsblatts“, berausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 29. Februar hat fol⸗ genden Inhalt: Bekanntmachungen des Reichskanzlers: vom 31. Ja⸗ nuar 1912, betr. Aenderung der Militärtransportordnung; vom 8. Fe⸗ bruar 1912, betr. die dem Internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. Nachrichten.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln. Malta. In Malta sind durch eine Regierungsverfügung vom 23. Februar d. J. die Stadt Odessa und die Insel Bahrein als pestfrei, die Insel Perim, der Hafen von Samsun und das Wilajet Tripolis in Nordafrika als cholerafrei erklärt worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ vom 3. und 14. Februar v. J., Nr. 30 und 39, 10. und 16. Juni v. J., Nr. 135 und 140, und vom 21. Oktober v. J.,

Nr. 249.) Griechenland. Die griechische Regierung hat mitgeteilt, daß durch Königliches

Dekret vom 16. Februar d. J. die ärztliche Untersuchung der Herkünfte aus Malta aufgehoben worden ist.

Durch das gleiche Dekret wird die für Herkünfte aus

Tripolis (in Tripolitanien) verordnete dreitägige QOuarantäne aufgehoben; die Passagiere werden in Zukunft nur einer ein⸗

fachen ärztlichen Untersuchung unterworfen sein. (Vergl⸗

„R.⸗Anz.“ vom 7. November v. J., Nr. 263.)

e

29

in Deutschen Reich 1 e“

u“

Berichte von deutschen Fruchtmärkten.

——

Qualttät

nzeiger und Königlich Preußif

Berlin, Sonnabend, den 2.

mittel

gut

Gelahlter Preis für 1 Doppelzentner

höchster

ℳ4

niedrigster

38

höchster niedrigster

4 6 /64

Allenstein Goldap.. bE“ Lissa i. Pos. Krotoschin. Schneidemühl Wongrowitz. ZEEö“ Strehlen i. Schl. Schweidnitz.. Glogau . Liegnitz. Plldes eim kayen. Crefeld. Neuß. . Saarlouis Landshut Augsburg Winnenden Giengen. Mainz . St. Avold

Bopfingen

Allenstein Goldap. . V1758

6 issa i. Pos. Krotoschin. Schneidemühl. Wongrowitz. hiseeebe6 Strehlen i. Schl. Schweidnitz. Glogau. . Liegnitz.. Hildesheim. Mayen . Crefeld. Neuß.. Landshut Augsburg Giengen. Bopfingen Mainz .

St. Avold

Allenstein . Goldapg. Iborin .. Posen. Lissa i. Pos.

Krotoschin. Schneidemühl Wongrowitz

Breslau . .

Strehlen i. Schl.

Schweidnitz. 1“ . 11. Braugerste

Glogau . 1

Liegntz.

Mayen .

Crefeld.

Landshut.

Urach.

Giengen.

Mainz.

Braugerste

Allenstein Goldap . . bE Posen Lissa i. Pos. Krotoschin . Schneidemühl Wongrowitz. 1u] Strehlen i. Schl. Schweidnitz.. Glogau . . Liegnitz. Hildesheim Mayen . Crefeld. Neuß. . Tier:. Saarlouis Landshut Augsburg Winnenden Urach.. Giengen. Bopfingen Mainz .

aͤͤ 7 7 5b15b155

St. Avold . .

Berlin, den 2. März 1912.

81Sg11

E

9

ür Preise hat

20,00 19,20

18,70 19,50 19,40 18,10 18,20

8

e UIüirISss

+ 02 D 0⸗*

1'

80 —έ½

& SllIlI! —έ½

22,50 17,74 21,40 20,20 21,40 20,60 20,25

—.

emerkungen. Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der in liegender Strich (—) in den Spalte

20,50 19,50 20,00 19,70 19,70 20,00 19,50 18,20 19,10 19,10 19,30 19,20 19,80

20,70 20,00

23,00 22,60 22,60 22,80 21,80 22,50

Kernen (euthülster Spelz, Dinkel, Fesen).

8 22,60

2

17,70 18,30 18,40 18,80 18,40 19,00 20,40

20,00 18,70 22,00 22,50 22,04 21,60 20,40 21,50 20,80 21,60 20,75 21,00

die Bedeutung, daß der betreffende

Weizen. 20,50 21,00 19,50 20,20 20,40 19,90 20,00 19,70 20,70 20,00 20,50 19,70 19,80 19,10 19,20 19,10 20,00 19,60 19,60 19,30 20,00 19,20 20,20 20,00

20,66

20,70 21,50 20,00 21,00 24,00 23,33 24,00 22,90 23,00 22,60 82 22,80 ve 21,80 22,40 22,90 dh

22,60 ¹⁰0 ß28,20

18,05 18,30 17,50 17,80 17,90 17,60 17,80 17,50 17,60 18,10 18,60 17,50 18,00 17,40 17,50 17,50 17,60 17,40 18,00 17,70 17,80 17,40 18,00 17,00 18,00 18,80 19,32

19,00 19,50 18,00 19,00 21,43 21,00 21,20 22,00 . 21,00 21,20 19,80 20,00 20,90 —*

Gerste. 17,57 18,00 16,60 17,60 18,70 18,80 19,60 19,80 19,90 20,00 20,00 21,00 19,00 19,50 18,70 18,80 16,10 16,20 19,10 19,50 18,50 20,00 17,00 17,00 20,00 20,20 19,80 20,80 20,70 21,20 20,00 16,80 17,20 24,23 24,62 21,80 21,80 22,00 22,30

Hafer.

18,30 19,00

17,40 17,60 18,90 19,00 19,60 19,80 19,30 19,20 19,70 19,00 19,50 17,90 18,00 18,50 18,60 18,40 19,20 19,10 19,20 18,40 19,40 19,00 19,50 20,80 21,00

20,00 20,80 18,70 19,70 22,20 22,40 23,00 23,00 22,58 23,12 21,80 22,00 20,60 20,80 21,70 21,80 21,20 21,60 22,00 20,75 21,50 21,50

Noggen.

höͤchster

21,00

20,60 20,20 20,70 20,50 20,00 20,10 20,00 20,10 20,00 20,20

20,66 21,50 21,00 24,00 24,67 23,20 22,40

23,20

18,30

18,10 18,00 17,80 18,60 18,00 17,70 18,10 18,00 18,20 18,00 18,00

19,32 19,50 19,00 21,43 22,20

21,20 20,00

17,60 19,00 20,00 20,20 21,00 19,50 19,00 16,50 20,00 20,00 17,50 21,00 20,80 21,20 20,00 17,20 25,00

22,30

19,00 17,60 19,20 20,00

19,70 19,50 18,20 19,10 19,20 19,60 19,40 19,50

21,00 20,80 19,70 23,00 23,40 23,66 22,40 21,00 22,2

22,00 21,50

Verkaufswert auf volle Mark abgerundet mitge Preis nicht vorgekommen ist, ein

Doppelzentn

für 1 Doppel⸗ zentner

sanzeiger.

Außerdem wurden am Markttage (Fealcara. icher ü ätzun veckauff

Doppelzentner (Preis unbekannt)

teilt. Der Durchschnitts Punkt (.) in den letzten

21,00 19,20

23,00 22,19 21,73 20,43 21,71 21,11 21,30

8 *

21,00 19,20

22,60 21,99 21,85 20,62 21,39 21,20 21,90

11“

23. 2. 29. 2.

23. 2. 23. 2. 23. 2. 22. 2. 19. 2. 23. 2. 23. 2.

preis wird aus den unabgerundeten sechs Spalten, daß entsprechender

1

S

ün b et. ericht fehlt.

Kealserliches Statistisches Amt. J. V.: Dr. Za ch er.