Qualität
mittel
Ge
zahlter Preis für 1 Doppelzentner
niedrigster V höchster ℳ ℳ
niedrigster höchster 9 ℳ —4
Verkaufte Menge
niedrigster höchster [Doppelzentner
Durchschnitts n. n urchschnitts⸗ arktt am age preis as “ (Spalte 1) für Ina⸗ach überschläglicher 1 Doppel⸗ ätzung verkauft zentner Doppelzentner (Preis unbekannt) ℳ
Günzburg “ Memmingen . Schwabmünchen Waldsee... fullendorf. . tockach.
Allenstein. Thorn . . Schneidemüh Breslau. . E1II1“”“ Glogau.. Neustadt O. S. nnover ..
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Allenstein... b11ö1“ Schneidemühl. Breslau.. 8“ Glogau . Neustadt O. S. annover .. 8 . agen i. W. „ Hacgs 2* 2 2 2 Nenß. .. Trier.. . Memmingen. Schwabmünchen Waldsee.. denenaef. G“ Z11““ Schwerin i. Mecklb.. Neubrandenburg. Saargemüund
Bemerkungen. Die verkaufte Menge wi Ein liegender Strich (—) in den Spalte
Berlin, den 6. März 1912.
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Kernen (enthülster Spelz, Dinkel, Fesen). 22,80 23,00 23,20 23,20 22,80 22,90 I 23,00 23,00 22,40 22,40 — —
23,00 g e n. 18,00 17,80 18,00
17,60 17,80
II
17,90 18,80 18,50 18,50 18,20 18,40 17,50 22,00 17,60 20,75
18,70 22,20 22,00 21,00 21,00 22,20
19,00
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swert auf volle Mark abgerundet mitgeteilt. e. Feefenhee Sefer nicht ist, ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender
Der Durchschnittspreis wird aus den un
19,11
22,20
17,50 20,00
20,13 19,20
22,00 21,00 20,87 21,64 20,00
20,00 20,50
½£8 828: vo po po po po
12 000 24 600
to bo —
do bo
ahlen berechnet. ericht fehlt.
eerundeten
8 8 88
Börsenplätzen
8
8
1 E
Großhandelspreise von Getreide an deutschen und fremden
für die Woche vom 26. Februar bis 2. März 1912
1000 kg in Mark.
(Preise für greifbare Ware, soweit nicht etwas anderes bemerkt.)
n gen, guter, Mann heim.
Roggen, Pfälzer, russischer, metel.... 8 — Füge russischer, amerik., rumän.,
Hafer, badischer, russischer, mittel
badische, Pfälzer, mittel Gerste - —6. utter⸗, mittel Mais, Galfox, mitteel..
Wi
Roggen, Pester Boden.
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fer, ungarischer ... rste, slovakische...
Mais, ungarischer.
Budapest. Mittelware..
Roggen,
4, fer,
tte, Futter⸗
mittel
Woche 26./2. bis 2./3. 1912
188,75 210,17 199,50
201,88 234,38 205,50 225,00 173,75 180,00
187,54 219,79 184,15 189,24 170,57
176,51 201,37 176,93 172,27
Da⸗ gegen
Vor⸗ woche
190,42 211,17 199,25
203,75 235,31 205,42 225,00 175,00 180,00
191,09 220,82 186,85 189,39 172,41
177,50 201,54 177,93 172,41
156,95
Roggen, 71 bis 72 kg das hl. We 28 Ulfa, 75 bis 76 kg das hl
Roggen, 71 bis 72 111“ “
Paris. Fesgen lieferbare Ware des hclithahs Monats
Antwerpen.
Donau⸗, mittel.. roter Winter⸗ Nr. 2
bb6ö6 Kalkutta . ..
Weizen
Roggen 2 e .2
Wehen ee fesae Binien
V amerikanischer, bunt. wee111“
“
London. engl. weiß (Mark Lane) ..
„ oe englisches Getreide, Mittelpreis aus 196 Marktorten (Gazette averages)
8 . “ Weizen
23] er
Gerste Liverpool.
I6 roter Winter⸗ Nr. 2. Manitoba Nr. 2.. strallern. Hafer, englischer, weißer
Weizen
153,18
165,77 172,83 143,91
166,37 164,69
162,34 157,45 184,45
187,28 178,59 195,28 183,05
Gerste, Futter⸗ Schwarze Meer⸗
8 16 1—
154,42 152,06
Kurrachee.. 142,98
Mais, amerikanischer, bunt... “ 158,21 149,42 146,69 115,15
““
Weizen, Lieferungsware Juli... 8 [(Bie. 8
Mais Mai . Neu York.
roter Winter⸗ Nr. 2 8 Lieferungsware Fenh
Pers 156,96
Buenos Airen.
8“
Weizen, Durchschnittsware k
¹) Angaben liegen nicht vor. Bemerkungen. 8
1 Imperial Quarter ist für die Weizennotiz an der roduktenbörse = 504 Pfund engl. gerechnet; für die aus den Um⸗ hrod an 196 Marktorten des Königreichs ermittelten Durchschnitts⸗ reise für einheimisches Getreide (Gazette averages) ist 1 Imperial uarter Weizen = 480, Hafer = 312, Gerste = 400 Pfund engl. angesetzt; 1 Bushel Weizen = 60, 1 Bushel Mais = 56 Pfund englisch, 1 Pfund englisch = 453,6 g; 1 Last Roggen = 2100, Weizen = 2400, Mais = 2 Bei der Umrechnung der Preise in Reichswährung sind die aus den einzelnen Tagesangaben im 58 ermittelten wöchent⸗ lichen Durchschnittswechselkurse an der Berliner Börse zugrunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, für London und Liverpool die Sers auf London, für 8 und Neu York die Kurse auf Neu York, für Odessa und Riga die Kurse auf St. Peters⸗
154,12
ris, Antwerpen und Amsterdam die Kurse auf diese Plätze.
bursf für —2 Aires unter Berücksichtigung der Goldprämie. Berlin, den 6. März 1912. 8 . Kaiserliches Statistisches Amt. In Vertretung: Dr. Zacher.
Deutscher Reichstag. 20. Sitzung vom 5. März 1912, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Fest⸗ stellung des Reichshaushaltsetats für das ech⸗ nungsjahr 1912, und zwar: „Etat für das Reichsamt des
14
Abg. Dr. Oertel (dkons.) in seiner Rede, deren Anfang in der gest igen Nummer d. Bl. mitgeteilt worden ist. fortfabrend: Die Zigenner⸗ lage hat gestern der Abg. Werner sehr anschaulich geschildert. 1n auf dem Lande lebt, kennt die Zigeunerplage. Auf dem Asphalt halten sie sich allerdings nicht auf, und wer in der Sommer rische oder auf einem Ausfluge Zigeuner sieht, -. mehr die Peffhe des Zigeunertums, als den ee Schaden, den sie anrichten. Für den Landwirt sind sie äußerst gefährlich. Sie sind für ihn eine schwere Bedrohung. Der Polizei ist die Verfolgung der Zigeuner namentlich da erschwert, wo die Grenzen der einzelnen Staaten an⸗ A 1906 ist in e eine Verfügung erlassen worden, die an sich nicht schlecht war, aber kurz darauf hat ein preußischer Landrat seinen Kreiseingesessenen den Rat gegeben, die Sturmglocke zu läuten und gegen die Zigeuner gemeinsam vorzugehen. Es ist wohl nicht zuviel 1. daß hierin eine Bankrotterklarung des Staates liegt, deren man sich nicht hätte schuldig machen sollen. Wir verlangen eine reichsgesetzliche Regelung der ache, eine grundsätzliche zersagung des Wandergewerbescheins für die Zigeuner, die Stellung ihrer Kinder unter Fürsorgeerziehung und gemeinsame Abmachungen über polizeiliche Abwehr. Von den Zigeunern komme ich zu den (Zurufe.) Ich möchte den unter Ihnen sehen, der
i des Innern immer einen sauberen Uebergang indet. Ich persönlich stehe dem, was man Frauenbewegung nennt, Prmathisch und wohlwollend gegenüber. Man schilt uns in e alle als rückständig, und wir sind nachgerade daran gewöhnt, daß man das, was man sonst nicht angreifen kann, als rückstaͤndig ansieht. Wir nehmen also den Vorwurf der Rückständigkeit auf unsere Schultern. Aber ich bin persönlich, das wird mir der Abg. Dr. Müller⸗Meiningen bestätigen, immer dafür eingetreten, daß die Frau im erwerbstätigen Leben mehr Möglichkeiten hat, Beschaftigung zu finden, wenn sie nach Lage der Dinge ihrem natürlichen Beruf ent⸗ zogen werden muß. Wir verlangen nur, daß 5 von den Frauen ergriffen werden, die der weiblichen Eigenart ent prechen, und dazu gehört, solange die Menschen in der bisher üblichen Weise erzeugt und geboren werden, vor allem der Beruf der Aerztin. Das liegt nicßt nur im Interesse der Frauen, die diesen Beruf ergreifen, sondern auch im Interesse der leidenden Frauen, und darum ist es notwendig, daß die Zahl der Aerztinnen immer größer wird. Es mag in den Augen mancher rückständig sein, daß viele Frauen aus Scham und Scheu sich nicht den Augen eines männlichen Arztes preisgeben. Ich halte diese Scham und Scheu für einen Vorzug des weiblichen Ge⸗ 5 eins aber muß ich sagen: wir wollen die Frau nicht eintreten assen in den See Kampf und das politische Getriebe. Dieser politische Kampf paßt nicht für die g Er ist mit dem Wesen der Frau unvereinbar. Wir haben in den letzten Jahren eine Entwick⸗ lung des politischen Kampfes erlebt, die selbst für uns wetterharte Männer etwas unangenehm und peinlich war. (Zurufe links.) Ge⸗ wiß, ich ertrage es auch ziemlich gut, aber ich glaube nicht, daß es die Frau vermag. Mein verehrter Nachbar (der Abg. Traeger) scheint das zu bestätigen. Vor allen Dingen wollen wir es in Deutschland nicht dahin kommen lassen, wohin es in England durch die Stimmrechtsweiber gekommen ist. Nun ist ja auf dem Frauenkongreß manches gute Wort gesprochen worden. Eine von den Damen hat es aber doch für erforderlich gehalten, ihre englischen Schwestern u entschuldigen; was dort in England von seiten der Frauen ge⸗ sceten sei die reine Limonade gegenüber dem, was englische Männer unter ähnlichen Verhältnissen früher getan hätten. Wenn man das Werfen mit Steinen damit entschuldigt hat, daß die Steine ja in Flanell eingewickelt gewesen seien, so muß man wirklich sagen, daß diese deutsche Entschuldigung den Beweis liefert, daß die Frau zum politischen Kampfe nicht reif ist. Steine, selbst in Flanell eingewickelt, sind nicht ein geeignetes politisches Kampfmittel. Ich habe dies nur berührt, weil 4 aufrichtig wünsche, daß die Frauenbewegung in guten und gesunden Bahnen sich bewegt, und es schadet einer ver⸗ nichts mehr als di Ausschreitungen. 8 komme nun zum Hauptgegenstand meiner Darlegungen, zu unserer Resolution, ve. v2n. den Schutz der Arbeitswilligen. Ich bitte Sie, davon überzeugt sein zu wollen, daß wir keine Beschränkung des be⸗ stehenden Koafitipnsrahtes wollen; wir wollen auch keine bestimmten Forsch⸗ machen, die sind immer . wenn sie aus dem Par ament hervorgehen; wir wollen auch kein usnahmegesetz, sondern aben nur die Frage angeregt, ob es nicht ichn. sei, einen Ent⸗
nünftigen Frauenbewegung
wurf vorzulegen, durch den verhindert wird, daß Arbeiter durch andere Arbeiter an der Arbeit verhindert werden. Dem könnten doch alle Pirelen zustimmen; niemand wünscht Bedrohung oder Gewalt⸗ tätigkeit. Ach habe also nicht verstanden, warum sich der Widerstand gegen den Antrag . scharf hat, auch nicht verstanden, wes⸗ halb der Staatssekretär eine solche Aenderung für überflüssig hält. Damit stellte er sic etwas mit dem früheren Ausspruch des Kanzlers in Widerspruch, aber auch mit sich selbst, weil er später sagte, es müsse allerdings die Frage aufgeworfen werden, ob nicht Beflime⸗ mungen zum besseren utze der persönlichen Freiheit gegenüber den wescetescheigeaen durch die Organisationen nötig seien. Das kommt doch auf dasselbe heraus. Er hat sich auch in Widerspruch gesetzt mit Herrn von Berlepsch, der doch kein Scharfmacher war; der sagte vor 21 Jahren, es lägen aus ganz Deutschland Berichte vor von allen Behörden, die zweifellos feststellten, daß der Zwang zur Koalition in unerhörtem Maße zugenommen habe; dieser anarchische Zustand ent⸗ spreche nicht der staatlichen Ordnung, und die verbündeten Re⸗ gierungen erklärten durch seinen Mund, daß Strafbestimmungen gegen den Zwang zur Arbeitseinstellung, gegen den öffentlichen Aufruf zur Niederlegung der Arbeit unerläßlich sene Der Staatssekretär hat sich aber weiter in einen gewissen Gegensatz gestellt zu dem sächsischen Grafen Vitzthum von Eckstädt, der sich im säͤchsischen Landtage dahin äußerte, daß die Regierung in Erwägungen über Aenderung und Er⸗ gänzung der in Betracht kommenden lestimmungen einzutreten ge⸗ willt sei, und daß sie auch im Bundesrat ihre Notwendigkeit be⸗ tonen werde. In einem Punkte bin ich allerdings nicht der Meinung dieses Ministers; wir können die Sache nicht auf die lange Bank cjieben, bis die Strafgesetzbuchkommission ihre Arbeiten vollendet hat. aß die Freisinnigen nicht für unsere Resolution zu haben sein würden, hat mich nicht überrascht, aber der Abg. Doormann hat die Ausschreitungen selbst aufs höchste verurteilt; warum will er also nicht die Konsequenz ziehen? Der Abg. Thoma erklärte den Bestimmungen für ausreichend; damit ftenen sich die National⸗ liberalen in schärfsten Gegensatz zu ihren sächsischen Parteigenossen. Derartige Unstimmigkeiten sollen ja, dem Vernehmen nach, nicht un⸗ gewöhnlich sein. Die sächsischen Nationalliberalen haben einstimmig die Abstellung des jetzigen, geradezu die Rechtssicherheit störenden Zu⸗ standes verlangt; und der Begründer der betreffenden Resolution, der der Industrie sehr nahesteht, hat erklärt, die Zustände, wie sie sich jetzt herausgebildet hätten, 9— eine Parodie auf die Menschen⸗ rechte, man müsse dagegen den tärksten Protest erheben. Die Ham⸗ burger Bürgerschaft ba eine Resolution, die dahin ging, den Senat aufzufordern, die im Bundesrate zu erwartenden Anträge auf besseren S 8 der Arbeitswilligen und Verbot des Streikpostenstehens zu unterstützen mit 82 gegen 41 Stimmen angenommen, und unter iesen 82 Stimmen befanden sich auch nationalliberale und einige der bürgerlichen Linken. Bei der Begründung der Resolution durch einen nationalliberalen Redner wurde von linksliberaler Seite ge⸗ rufen: „Bassermann, Graf Posadowsky!“. Von der nationallibe⸗ ralen Seite wurde der Zwischenruf durch die Worte pariert: „Wir schenken Ihnen den Herin Bassermann!“. Nachher hat der national⸗ liberale Redner gesagt, dieser Zwischenruf sei nur so zu verstehen, daß
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die bestehen⸗
die Nationalliberalen den Liberalen den Abg. Bassermann nur in dieser Frage schenkten. Wie man jemand nur in einer Frage schenken kann, auf diese subtile Frage will ich hier nicht weiter eingehen. Der nationalliberale Redner schloß seine Ausführungen: „Wir sehen zwar in dem Abg. Bassermann den Führer der Nationalliberalen, sind aber trotzdem nicht in der Lage, in manchen Fragen ihm zu folgen. In der nationalliberalen Partei herr cht bis jetzt noch kein Frak⸗ tionszwang, aber wir werden auch nationalliberal bleiben können, auch wenn wir dem Abg. Bassermann nicht in jeder Richtung zu folgen vermögen!“ Das ist ja auch mein Wunsch und auch der Wunsch vieler Herren, die in der nationalliberalen Fraktion und Hamburgs sitzen. Was den Grafen Pescvowoh anlangt, so führte der nationalliberale Redner aus, Graf osadowsky sei als Staats⸗ sekretär der schärfste Gegner der —— gewesen, jetzt aber habe er sich zum Sozialideologen entwickelt und radikal seine Meinung gewechselt. Ich halte mich für verpflichtet, den Grafen Posadowsky gegen 275 Vorwurf in Schutz zu nehmen. Wir halten trotz des Staatssekretärs mit dem chen Minister und mit der Mehrheit der Hamburger Bürgerschaft, der republikanischen Bürger⸗ schaft, einen verstärkten Schutz der rbeitswilligen für geboten. Wo⸗ hin sollen wir kommen, wenn es so weiter geht wie bisher? Es wird nicht nur das Vertrauen der Arbeitgeber erschüttert, sondern auch das Vertrauen der nichtsozialdemokratischen Arbeiter, die keine genügende Hilfe finden und deswegen zu dem letzten Refugium schreiten, sich der Sozialdemokratie anzuschließen. Der Staats⸗ sekretär hat, wie der Reichskanzler, früher erklärt, daß die ver⸗ bündeten Regierungen an der bewährten Schutzzollpolitik festhalten wollen. Einmal hat sich schon eine Einschränkung gezeigt, ich nehme se aber nicht so tragisch, denn kein Staatsmann der Welt kann sich ür alle Zukunft binden. Wir gehen auch gar nicht so weit, zu sagen, daß die Schutzzölle für alle Ewigkeit bestehen bleiben müßten, wie von gewisser Seite ausgesprochen worden ist. Wenn gesagt worden ist, daß die Schutzzölle sowieso bald keinen Zweck mehr haben würden, da der Transport nicht mehr zu Wasser und zu Lande heeen durch die Luft erfolgen werde, so babite ich die Zeit doch noch ür sehr fern, wo vierbeinige Ochsen durch Luftschiffe eingeführt werden können. Der Staatssekretär hat weiter esagt, daß es sich bei der Abänderung des Zolltarifs nur um die Be seltgüng gewisser technischer Unebenheiten handle. Die Erfahrungen, die wir mit den Amerikanern gemacht haben, sollten uns die ernste Frage vorlegen, ob unser zollpolitisches Rüstzeug solchen rücksichtslosen Gegnern gegenüber gewachsen ist. Ich wünschte, daß unsere Unterhändler und verbündeten Regierungen bei dem Abschluß von Handelsverträgen ein wenig mehr von der ameri⸗ kanischen Rücksichtslosigkeit besaßen. Ob wir mit der Meistbegünsti⸗ bung weiter fortoperieren können, ist mir zurzeit noch fraglich, ich leibe immer bei meinem alten Steckenpferde, einem Maximal⸗ und Minimaltarif. Ich möchte nur den Staatssekretär bitten, nicht nur die technischen Fragen, sondern auch allgemeine politische Gesichts⸗ punkte dabei zu berü ichtigen. Wir wollen den lückenlosen Zolltarif und befinden uns dabei in erfreulicher Uebereinstimmung mit der Industrie, aber so töricht sind wir nicht, daß wir irgendwelche Be⸗ schlüsse über eine Erhöhung der Getreidezölle gefaßt haben. Die Lücken bestehen insbesondere auf dem Gebiete der C ärtnerei. Der Staagtssekretär befindet sich in einem Irrtum, wenn er annimmt, der Vorschlag, die Wirkungen der Zölle durch eine internationale Kom⸗ mission in einem kontradiktorischen Verfahren beraten zu lassen, stamme von einem Mitgliede dieses Hauses, der Vorschlag stammt von dem früheren Staatssekretar Dernburg. Leider ist Dern⸗ burg nicht in dieses Haus gewählt worden, es würde uns allen ein wahrhaft ästhetisches Behagen bereiten, einer Diskussion zwischen Delbrück und Dernburg beiwohnen zu können, wobei es für mich 88 Zweifel ist, daß Dernburg den kürzeren ziehen würde. Auf dem Gebiete der Sozialpolitik wollen auch wir nicht stillstehen. Einer meiner ersten Anträge in diesem Hause bezweckte die Einführung einer freiwilligen Versicherung der kleinen selbständi⸗ gen Betriebsunternehmer, die sich oft in viel schwierigerer Lage be⸗ finden, als besser gelohnte Arbeiter. In dieser Beziehung habe ich außerordentlich bewegliche Klagen gehört. Der Abg. Richter ging damals mit aller Schärfe gegen meinen Antrag vor, sodaß es mir vorkam, als ob man mit Kanonen nach einer Friedenstaube schösse. Diese Taube ist ja nun gerettet, aber sie ist
verzweifelt mager. Die Crih der selbständigen Unternehmer des Mittelstandes in Stadt und
Land muß gesichert und gehoben werden. Wenn Graf Posadowsky sagte: „Wir sehen täglich, daß zur Ver⸗ größerung der Latifundien ein Bauerngut nach dem andern, das halbe Dorf, aufgekauft wird“, so ist das eine gewaltige Ueber⸗ treibung. Das bat bis auf wenige Fälle aufgehört, und wenn es noch geschieht, so sind es die Herren aus der Industrie und dem Handel, die die Güter aufkaufen. So ist es z. B. im Rheinland und in Schlesien. Wir sind die ersten, die den Ankauf von Bauern⸗ gütern zur Vergrößerung des Großgrundbesitzes verurteilen würden. Die Verdienste des Freiherrn von Wangenheim um die innere Kolonisation beweisen die Richtigkeit meiner Worte, und der frühere Abg. Dr. Böhme hat am 28. Januar 1909, d89 vor dem Tage von Damaskus, erklärt, daß an den früheren Bauer egungen nicht die Konservativen, sondern die Vorkämpfer des Liberalismus beteiligt seien. Die Zahl der Mittelbauern hat in der Zeit von 1882 is 1907 zugenommen, während die Zahl der Latifundienbesitzer und Großbauern erheblich zurückgegangen ist. Das ist eine statistische Nachweisung, gegen die gar nichts vorgebracht werden kann. Wir wollen gerade das Bauernlegen verhindern. (Lebhafter Widerspruch links.) Sie wissen wohl nicht, Herr Müller⸗Meiningen, daß wir gerade einen diesbezüglichen Antrag eingebracht haben. Bezüglich der Landarbeiterfrage möchte ich dem Abg. Schmidt⸗Berlin sagen, er möchte nicht glauben, daß die Großgrundbesitzer unter der Leutenot am meisten leiden; am meisten darunter leiden die großen und mitt⸗ leren Bauern, das muß allerseits zugestanden werden. Die Groß⸗ grunbesitzer beschäftigen nur ausländische Arbeiter, meinte der - Schmidt, weil die billiger wären; ich habe durch Umfrage festgestellt, daß diese Ausländer teurer, nicht billiger sind, und die Grundbe itzer würden mit Freuden auf sie verzichten, wenn ℳ unter ähnlichen Ver⸗ hältnissen inländische bekommen könnten. Was Graf Rantzau da als letztes Rettungsmittel hingestellt hat, darf nicht so ausgelegt werden, wie Sie es tun, auch bar er das als letztes Auskunftsmittel nicht gewünscht, sondern gefürchtet. Nicht im Interesse der Land⸗ arbeiter und Landbewohner, sondern im Interesse der heranwachsen⸗ den Jugend soll man diese bis zu einem gewissen Alter von der Be⸗ chäftigung in Fabriken fernhalten. Was die Vorredner meiner artei über Mittelstand, Handwerk und Gewerbe ausgeführt haben, ann ich nur unterschreiben. In bezug auf die Aufhebung des § 100 haben die Nationalliberalen eine Wandlun durchgemacht, die ich nur freudig Fegechen kann, und der ich viel Nachfolger wünsche. Die Freisinnigen haben sich auch entgegenkommender ““ aber die Abgg. Thoma und 2 artschat weichen da voneinander ab. Vermieden werden müßte, was vorgekommen ist, daß auch die Aktenschränke für die Behörden der Reichsversicherungsordnung in Gefängnissen hergestellt werden. Der Hansabund hat ein großes Material beizubringen ver⸗ sprochen über den Boykott, den der Bund der Landwirte ausgeübt hatte. Wir warten immer noch auf dieses Material. Von einem solchen Boykott ist mir nichts bekannt, sondern nur von der Aufforde⸗ rung, die politisch nahestehenden Handwerker usw. zu unterstützen. Wenn das Bopykott ist, so wird dieser Boykott massenhaft und von allen Parteien betrieben. Was die Verkaufsstellen des Bundes der Landwirte anlangt, so ist auch das Klosettpapier von einem der Vor⸗ redner wieder aus der Versenkung hervorgeholt worden; ich meine das natürlich bildlich. Wer hat denn dieses Preisverzeichnis heraus⸗ gegeben? Nicht der Bund der Landwirte, sondern eine Verkaufs⸗ genossenschaft, die in der Provinz Sachsen dem Bunde der Land⸗ wirte angegliedert ist. Der Bund der Landwirte hat allerdings eine Vermittlungsstelle für Maschinen; die ist ein sehr wohltätiges Insti⸗ tut und keinem Kleinhändler wird damit Konkurrenz gemacht. Mit kleinen Dingen, Spaten usw. handelt die Verkaufsstelle nicht. Was die Reparaturen anlangt, so werden nur diejenigen übernommen, zu denen der “ nicht fäbig ist. So liegen e
Wikli ie Verbältniss 8 ) den M 88 in Wiklichkeit die Verh ltnisse. n wir 1 den Mittelstand
*
schützen wollen, so müssen wir auch mit den Syndikaten uns ausein⸗ andersetzen. Der Staatssekretär scheint ein Syndikats fset nicht für nötig zu halten. Ich will mich in dieser Frage nicht feßt egen; zurzeit
aber bin ich dem Abg. Dr. Mayer⸗Kaufbeuren mehr zuzustimmen ge⸗ neigt, als dem Staatssekretär, auch in bezug nf den Beitritt des Bersiscen Kohlenfiskus zum Syndikat: ich persönlich halte diesen Beitritt für recht bedenklich. Die Aeußerung des Staatssekretärs, daß es vielleicht notwendig sein würde, Privatmonopole in Staats monopole umzuwandeln, würde vielleicht zu einer tiefgreifenden Dis⸗ kussion Anlaß geben, wenn er nicht selbst gesagt hätte, wir seien dafür noch nicht reif. Lassen wir die Dinge aber so weiter gehen, so kommen wir schließlich an den Punkt, wo das Ein reifen, das Umwandeln nötig sein wird. Die einiger Großbenken mit einigen großen industriellen Unterne mungen bedeutet eine Gefahr für unser esamtes Wirtschaftsleben, und die finden bei der Regierung offene rme. (Zuruf links.) Der Bund der Landwirte “ keine offenen Arme. 2—300 Personen beherrschen nach der einung Sachver⸗ ständiger den ganzen deutschen Wirtschaftsmarkt; das ist nicht nur eine Bedrohung unseres Wirtschafts⸗, sondern unseres gangen politi⸗
schen Lebens, vielleicht eine Bedrohung der Monarchie. Nur eine ziel⸗ Große
ewußte Mittelstandspolitik kann diese x1 verscheuchen. Mittel müssen dazu angewendet werden, auf dem Steuergebiete ganz besonders. Ich will hier nur den allgemeinen Grund atz aussprechen, daß der Staat alle seine E und Vorschläge daraufhin prüfen muß, ob sie dem Mittelstande nützen oder nicht; wenn sie nicht nützen, dann die Hand davon lassen. (Beifall rechts, Unruhe und Zu⸗ rufe vFg⸗ Sie möchten mich ganz in den Irrgarten der Erbschafts⸗ steuer locken; wenn Dich die guten Buben locken, so folge ihnen nicht! Die internationalen Bestrebungen zur Untersuchung der Mittel⸗ standsfrage muß die Regierung fördern, wenn auch dabei etwas Greif⸗ bares kaum herauskommen wird. Die Erhaltung des Mittelstandes ist eine wirtschaftliche Notwendigkeit, gelingt sie nicht, dann kommt der Tag, wo die Expropriateure unsere Expropriierten werden. König⸗ tum und Monarchie wurzeln nur fest in dem gewachsenen Boden des Mittelstandes. Die Erhaltung des Mittelstandes s auch eine Kulturnotwendigkeit, denn die Pfab inder der Kultur sind nicht aus den Millionären, sondern aus den Bauern⸗ und Bürgerhäusern her⸗ vorgegangen. Der Staatssekretär wird auch nicht wollen, daß an die Stelle des Mittelstandes etwas anderes tritt. Trotz dieser Mahnung bin ich aber bereit, dem Reichstage vorzuschlagen, das Gehalt des Staatssekretärs möglichst bald zu bewilligen.
Stellvertreter des Reichskanzlers, Innern Dr. Delbrück:
Meine Herren! Die bestimmte Aussicht, in den Besitz meines Gehalts zu kommen (Heiterkeit), die mir der Herr Vorredner so gütig eröffnet hat, ist ja ganz erfreulich für mich.
Ich bin dem Herrn Vorredner für die im großen und ganzen gnädige Zensur, die er mir erteilt hat, außerordentlich dankbar. Aber auf einen Punkt seiner Ausführungen muß ich zurückgreifen, bevor ich auf den eigentlichen Gegenstand meiner heutigen Rede komme. Der Herr Abg. Dr. Oertel ist der Meinung gewesen, daß meine neulichen Aus⸗ führungen über die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit eines Arbeits⸗ willigengesetzes im Widerspruch stünden mit der Haltung der verbündeten Regierungen und ihrer einzelnen Vertreter in letzter und in früherer Zeit. Ich will nicht eingehen auf die Ausführungen, die der Herr Staatsminister von Berlepsch seinerzeit hier gemacht hat, und aus denen Herr Dr. Oertel ein Bruchstück verlesen hat. Ich übersehe im Augenblick nicht, in welchem Zusammenhange Herr von Berlepsch diese Ausführungen gemacht hat. Das eine möchte ich aber feststellen, daß seit der Zeit, wo Herr von Berlepsch diese Aeußerungen hier getan hat, sich doch mancherlei verändert hat (sehr richtig), und zweifellos eines sich verändert hat — das ist nämlich die Anwendung und die Interpretation der §§ 152, 153 der Gewerbeordnung. Während damals diese gesetzlichen Bestimmungen außerordentlich eng interpretiert wurden, sind die Gerichte durchweg zu einer erheblich weiteren Interpretation übergegangen, und während damals auf Grund dieser gesetzlichen Bestimmungen außerordentlich milde Strafen ver⸗ hängt wurden, ist man allmählich zu höheren Strafen übergegangen. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Aus diesen Tatsachen habe ich gefolgert, daß man mit der Bestimmung des § 153, der Ver⸗ gehen aus Anlaß eines Streiks ohnehin zu qualifizierten Vergehen stempelt, auskommen kann, wenn die zuständigen Organe des Staats ihre Pflicht tun. An dieser Auffassung muß ich auch heute noch fest⸗ halten, und ich habe ferner darauf aufmerksam gemacht, daß nicht nur unsere Erfahrungen, sondern daß auch die Erfahrungen anderer Länder dahingegangen sind, daß die Ahndung von Streikvergehen um des⸗ willen so schwierig ist, weil es in den seltensten Fällen gelingt, die Urheber derartiger Exzesse zu fassen und vor den Richter zu bringen.
Meine Herren, ich habe dann ausgeführt, daß, wenn ich auch ablehnen muß, ein Gesetz gegen Ausschreitungen der Streik⸗ posten einzubringen, ein Gesetz, das das Streikpostenstehen generell verbietet, ein Gesetz, was sich mit dem Schutze der Arbeitswilligen im engeren Sinne befaßt, doch an⸗ erkannt werden müßte, daß wir gelegentlich Exzessen des Organisationsgedankens gegenüberstehen, welche die Aufmerksamkeit der Staatsregierung und der verbündeten Regierungen in der Tat herausfordern müßten, daß es sich dabei aber nicht allein um Vor⸗ gänge handelt, die aus Anlaß einer Arbeitseinstellung oder Aus⸗ sperrung eintreten, sondern um Vorgänge, die unser gesamtes politisches und wirtschaftliches Leben betreffen und nicht allein Bezug haben auf das Gebahren und das Verhalten der Angehörigen einzelner Parteien, und ich habe daraus den Schluß gezogen, daß wohl zu er⸗ wägen sein würde, ob nicht unser Strafgesetz mit seinen Bestim⸗ mungen zum Schutze der persönlichen Freiheit, die auf einem völlig anderen Boden gewachsen sind, heute noch ausreicht, und ob nicht eine Umgestaltung dieses unseres gemeinen Rechts mit Rücksicht auf die großen Veränderungen notwendig sein sollte, die sich in unserem wirtschaft⸗ lichen und politischen Leben im Laufe der letzten 50 Jahre vollzogen haben. Meine Herren, über dieselbe Frage hat der Herr Reichskanzler unterm 10. Dezember 1910 im Reichstag erklärt:
„Meine Herren, sollen wir — damit komme ich auf meine früheren Ausführungen zurück — um deswillen nun unsere Zuflucht zu Ausnahmemaßregeln nehmen? Liegt die Sache wirklich so, daß wir eingestehen müßten, die staatliche Macht könne sich mit Hilfe des gemeinen Rechts, des gemeinen Gesetzes der in ihren Zielen gesetzwidrigen Machtpolitik der Sozialdemokratie nicht mehr er⸗ wehren? Fürst Bülow hat mehrfach in diesem hohen Hause erklärt, daß Reich und Staat, daß Monarchie und Gesellschaft bei furchtloser Anwendung der gesetzlichen Mittel in der Lage seien, jeden Versuch des Umsturzes niederzuhalten. Derselben Ansicht bin auch ich. Vorschläge zu Ausnahmegesetzen mache ich Ihnen nicht.“
Ich habe diese Erklärung des Herrn Reichskanzlers dann noch einmal umschrieben und im Reichstag unter dem 14. Dezember 1910 gesagt:
„Also, meine Herren, es handelt sich nicht um ein neues Aus⸗
ahmegesetz, das angekündigt ist, sondern der Herr Reichs⸗
Staatssekretär des