1912 / 75 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 25 Mar 1912 18:00:01 GMT) scan diff

Bekanntmachung, betreffend die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Glashütten, Glas⸗ schleifereien und Glasbeizereien sowie Sand⸗ 1.“ bläsereien.

Vom 20. März 1912.

Auf Grund der §§ 120 e, 139a der Gewerbeordnung hat der Bundesrat beschlossen:

Die Bestimmungen, betreffend die Beschäftigung von Ar⸗ beiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Glashütten, Glas⸗ schleifereien und Glasbeizereien sowie Sandbläsereien, vom 5. März 1902 (Reichsgesetzbl. S. 65) bleiben bis zum 1. April 1913 in Kraft.

Beerlin, den 20. März 1912. Der Stellvertreter des Reichskanzlers.

Bekanntmachung.

Der Fernsprechverkehr ist eröffnet worden zwischen Berlin und den österreichischen Orten Budweis und Frauenberg gewöhnliche Gesprächsgebühr je 3 sowie den deutschen Orten Hohenheim 1,50 und Dollgow bei Menz 50 —.

Berlin C., den 23. März 1912. Kaiserliche Oberpostdirektion. 8 Vorbeck.

Verordnung betreffend die Einfuhr und Durchfuhr von Tieren 8 aus der Schweiz.

1 Nachdem die Maul⸗ und Klauenseuche im Juragebiet des Kantons Bern eine größere Ausbreitung genommen hat, wird auf Grund des § 7 des Reichsgesetzes, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseu hen, vom 23. Juni 1880 (Reichsgesetzblatt S. 153)/1. Mai 1894 (Reichsgesetzblatt S. 405) und in Abänderung der §§ 4 und 5 der Verordnung vom 12. September 1910 IV. 17 227/III. 11 322 (Zentral⸗ und Bezirksamtsblatt S. 8. die Einfuhr und Durchfuhr von Rindern und Ziegen aus dem nördlich der Aare gelegenen Teil des Kantons Bern einschließlich der zum Kanton Solothurn gehörenden Ortschaften Bättwil, Hofstetten, Kleinlützel, Maria⸗ stein, Metzerlen, Rodersdorf und Witterswil hiermit bis auf weiteres verboten. 8

Straßburg, den 23. Februar 1912. Ministerium für Elsaß⸗Lothringen.

Abteilung für Landwirtschaft Abteilung für Finanzen, und öffentliche Arbeiten. Handel und Domänen. Der Ministerialdirektor Der Unterstaatssekretär:

on Traut.

Verordnung,

betreffend die Einfuhr und Durchfuhr von Tieren aus der Schweiz.

Nachdem die Maul⸗ und Klauenseuche im Kanton Frei⸗ burg eine größere Ausbreitung genommen hat, wird auf Grund des § 7 des Reichsgesetzes, betreffend die Abwel. und Unterdrückung von Viehseuchen, vom 23. Juni 1880 (Reichs⸗

soecblatt S 153)/1. Mai 1894 (Reichsgesetzblatt S. 405) und in

3 ööeeerung der §§ 4 und 5 der Verordnung vom 12. Sep⸗ tenber 1910 IV. 17 227/III. 11 322 (Zentral⸗ und Bezirks⸗ itsblatt S. 237) die Einfuhr und Durchfuhr von Rindern Ziegen aus dem Kanton Freiburg hiermit bis auf weiteres

Ministerium für Elsaß⸗Lothringen. Abteilung für Landwirtschaft Abteilung für Finanzen, und öffentliche Arbeiten. Handel und Domänen. Der Ministerialdirektor: Der Unterstaatssekretär: von Traut. Koehler.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den bisherigen Gewerberat Krantz in Frankfurt a. O.

zum Regierungs⸗ und Gewerberat zu ernennen. .“

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Dem Regierungs⸗ und Gewerberat Krantz in Frankfurt a. O. ist die etatmäßige Stelle eines gewerbetechnischen Rats bei der Regierung in Frankfurt a. O. verliehen worden. Gleich⸗ zeitig ist er zum Aufsichtsbeamten im Sinne des § 139b der Gewerbeordnung für den Bezirk dieser Regierung bestellt worden.

Ministerium des Innern.

Der Leiter der bakteriologischen Untersuchungsanstalt Dr. Prigge aus Saarbrücken ist zum Kreisarzt ernannt und mit der Verwaltung des Kreisarztbezirks Wiesbaden⸗Land beauftragt

Bekanntmachung,

betreffend die Immatrikulation auf der Universität Halle⸗Wittenberg für das Sommerhalbjahr 1912.

Diejenigen Studierenden, welche beabsichtigen, sich an hiesiger Universität immatrikulieren zu sen, wollen sich in der Zeit vom 15. April bis 6. Mai cr. auf dem Universitäts⸗ sekretariat, Universitätsverwaltungsgebäude, Zimmer Nr. 85, während der Vormittagsstunden von 9 bis 11 Uhr unter Abgabe ihrer Papiere (Reifezeugnis, Abgangszeugnisse früher besuchter Universitäten und, falls seit dem Abgange von der Schule oder von der letzten Universität mehr als ein Vierteljahr verflossen ist, polizeiliches Führungsattest) melden. Deutsche, welche ein Maturitätszeugnis nicht besitzen, haben die für ihre Aufnahme erforderliche besondere Genehmigung bei der Immatrikulationskommission, und zwar ebenfalls unter Ueber⸗ reichung ihrer Papiere im Universitätssekretariat, nachzusuchen. Für reichsinländische Frauen 2 die gleichen Bestimmungen, nur ist zu ihrer Immatrikulation, falls sie l im Besitze eines Reife⸗

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zeugnisses sind, in jedem einzelnen Falle die Genehmigung des Herrn Ministers der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten erforderlich. Ausländern kann das Vorlegen eines Reifezeugnisses erlassen werden. Die Immatrikulation von Ausländerinnen ist nur mit besonderer Genehmigung des Herrn Ministers zulässig.

Später eingehende Immatrikulationsgesuche werden nur aus⸗ nahmsweise und bei ausreichender Entschuldigung genehmigt werden.

Halle a. S., den 22. März 1912.

Der Rektor . der Königlichen vereinigten et Halle⸗Wittenberg. eit.

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Nicchtamtliches. Deutsches Reich.

8 Preußen. Berlin, 25. März.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen vor⸗ gestern auf der Fahrt nach Wien den Vortrag des Vertreters des Auswärtigen Amts, Gesandten Freiherrn von Jenisch ent⸗

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Das Königliche Staatsminist einer Sitzung zusammen.

Posen, 25. März. Der Provinziallandtag der vinz Posen ist gestern nach vorangegangener gottesdienstlicher Feier durch den Königlichen Kommissar, Oberpräsidenten D. Dr. chwartzkopff eröffnet und der Allerhöchste Landtagsabschied sowie das Allerhöchste Propositionsdekret dem Landtagsmarschall Freiherrn von Schlichting übergeben worden.

Bayern.

Aus Anlaß des 91. Geburtstages Seiner 8 lichen Hoheit des Prinz⸗Regenten fand gestern nach⸗ mittag im Ballsaale der Königlichen Residenz große Militär⸗ tafel statt, an der, wie „W. T. B.“ meldet, die in München anwesenden Prinzen des Königlichen Hauses, Seine Königliche Hoheit der Herzog von Calabrien, Seine Durchlaucht der Prinz Ernst von Sachsen⸗Meiningen, die obersten Hofchargen, der preußische General Mudra, die gesamte Generalität und die Stabs⸗ offiziere der Garnison München teilnahmen. Während der Tafel brachte Seine Königliche Hoheit der Prinz Ludwig einen Trink⸗ spruch auf Seine Königliche Hoheit den Prinz⸗Regenten aus, auf den dieser mit folgenden Worten antwortete:

Eurer Königlichen Hoheit danke ich von Herzen für die warmen Worte, die Sie soeben namens der Armee an mich gerichtet haben. Lange Jahrzehnte hindurch war es mir beschteden, Zeuge davon zu sein, wie die bayerische Armee in hingebender Treue ihren Pflichten gegen das Vaterland und gegen das Königshaus vollauf gerecht ge⸗ worden ist. Der Geist, der die Armee beseelt, ist mir sichere Gewähr dafür, daß auch in Zukunft unser liebes Bayern mit Vertrauen und stolzer Genugtuung auf seine Armee blicken kann. Ich trinke auf das Blühen und Gedeihen der braven baeyrischen Armee. Sie lebe

hoch, hoch, hoch!

Die ban rische Heeresverwaltung beabsichtigt laut Meldugg des „W. T. B.“ ünläßlich der Heeresverstärkung die nachsteßäihen Maßnahmen auszuführen:

Bei der Infanterie soll eine Anzahl von Bataillonen auf höhere Etats gebracht werden. Zwei Bataillone werden aus dem diesseltigen Bayern in die Pfalz verlegt. Die der Grenze benachbarte dritte Di⸗ vision wird dadurch schon im Frieden auf ihre volle Anzahl von Bataillonen gebracht. Bei sämtlichen Infanterieregimentern, denen bis her noch keine Maschinengewehrkompagnie zugeteilt war, sollen Maschinengewehrkompagnien errichtet werden. Die Zahl der Stellen für Majore und Hauptleute beim Stabe von Infanterieregimentern soll vermehrt werden, um über die zur Besetzung von Stabsofftzierstellen bei Mobilmachungsformation benötigten Offiziere zu verfügen. Beim fünften Chevauxlegersregiment in Saargemünd wird eine fünfte Eskadron errichtet. Die fünf Artillerieregimenter sollen die zurzeit noch fehlenden sechsten Batterien erhalten, die Batterien niederen Etats auf mittlere Etats gebracht werden. Mit Rücksicht auf den Bedarf an Offizieren im Mobilmachungsfall ist beabsichtigt, bei der Feldartillerie die Stellen für sechs Oberstleutnants und für sechs weitere Hauptleute beim Stabe zu etatisieren. Die Fußartilleriebrigade wird in drei Regimenter zu je zwei Bataitllonen gegliedert. Als Stand⸗ orte sollen zugewiesen werden: dem ersten Regiment München und Neuulm, dem zweiten Regiment Metz, dem dritten Regiment Ingolstadt. Jedes Regiment erhält eine Bespannungsabteilung. Die Etats der schon bestehenden Bespannungsabteilungen werden erböht. Bei den Pionieren wird ein viertes Bataillon gebildet. Zwei Kompagnien werden neu errichtet. Außerdem tritt je eine Kompagnie des 1. und 2. Pionierbataillons zum vierten über. Als Standort ist zunächst Ingolstadt und später Germersheim in Aussicht genommen. Bei den Verkehrstruppen werden die Etats erhöht. Das Telegraphen⸗ bataillon erhält eine 3. Kompagnie und eine eigene Bespannungs⸗ abteilung. Eine Fliegerkompagnie wird neu errichtet. Bei den Pionierbataillonen sollen vier Kompagnien aufgestellt werden. Endlich werden vier Landwehrinspektionen errichtet mit den Sitzen in München, Nürnberg, Würzburg und Landau.

Die Verhandlungen über die durch die geplanten Maß⸗ nahmen bedingten weiteren Aenderungen in der Unterbringung der Truppen sind noch nicht abgeschlossen. Die Durchführung der beabsichtigten organisatorischen Maßnahmen verteilt sich auf die Jahre 1912 bis 1914.

Oesterreich⸗Ungarn. 8

Der Deutsche Kaiser, der, wie bereits gemeldet, vor⸗ estern vormittag mit dem Prinzen und der Prinzessin ugust Wilhelm und der Prinzessin Viktoria Luise

in Wien eingetroffen ist, wurde, wie „W. T. B.“ meldet, auf dem mit Fahnen und Blumengewinden geschmückten Bahnhof Penzig von dem Erzherzog Leopold Salvator, als Vertreter des Kaisers Franz Joseph, und den übrigen Erzherzogen, den Herren der deutschen Botschaft, der bayerischen und der sächsischen Ge⸗ sandtschaft, dem deutschen Generalkonsul in Budapest Grafen Brockdorff⸗Rantzau, dem Generalkonsul von Liebig, dem Konsul von Vivenot mit den Mitgliedern des Konsulats und von Vertretern der reichsdeutschen Vereine in Wien, ferner von dem Korps⸗ kommandanten, General der Infanterie von Versbach, dem Stadtkommandanten, Feldmarschalleutnant Wikullil, dem Statt⸗ halter Freiherrn von Bienerth, dem Polizeipräsidenten von Brze⸗ sowsky, dem Bürgermeister Dr. Neumayer u. a. empfangen. Nach der Begrüßung und dem Abschreiten der Front der Ehrenkompagnie fuhr Kaiser Wilhelm und die übrigen Fürstlich⸗ keiten unter lebhaften Kundgebungen der Bevölkerung nach dem

Schönbrunner Schlosse, wo Kaiser Franz Joseph seine g 8 .

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dohen Gäste bewillkommnete. Abends fand zu Ehren des eutschen Kaisers, der im Laufe des Tages den Minister des Auswärtigen Grafen Berchtold in Audienz empfangen und dem deutschen Botschafter und dessen Gemahlin einen Besuch gemacht hatte, auf der Großen Galerie des Schönbrunner Schlosses Hoftafel statt, an der außer den Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften der deutsche e mit Gemahlin, der sächsische und der bayerische Gesandte und das Botschaftspersonal, die gemeinsamen Minister, die beiderseitigen Ministerpräsidenten, die Generalität, die Hofwürdenträger, der Statthalter, der Polizeipräsident und der Bürgermeister teil⸗ nahmen. Nach der Tafel zogen sich die Majestäten zurück, um Cercle zu halten. Um 9 Uhr Abends reiste Kaiser Wilhelm mit dem Prinzen August Wilhelm und Gemahlin und der Prinzessin Viktoria Luise nach sehr herzlicher Verabschiedung vom Kaiser Franz Joseph nach Venedig ab.

Der ungarische Ministerpräsident Graf Khuen⸗ Hedervary, der am 8. März die Demission des Kabinetts eingereicht hatte, ist gestern von Kaiser Franz Joseph in Schönbrunn in Audienz empfangen worden und hatte darauf eine nun Unterredung mit dem Ministerpräsidenten Grafen Stürgkh.

Großbritannien und Irland.

In einer schriftlichen Erwiderung auf eine parlamentarische Anfrage, ob der Bau und die Ausrüstung der in Bau befindlichen Schiffe infolge des Kohlenstreiks verzögert werden, erklärte, wie „W. T. B.“ meldet, der Erste Lord der Admiralität Churchill, daß der Fortschritt der Arbeit durch den Kohlenstreik unzweifelhaft verzögert werde, es jedoch un möglich sei, das Maß der Verzögerung schon jetzt abzuschätzen.

Rußland.

Die Reichsduma hat vorgestern in einer Geheimsitzung die dritte Lesung der Gesetzesvorlage über die Wehrpflicht reform beendet und, wie „W. T. B.“ meldet, den gesamten Gesetzentwurf mit 147 gegen 72 Stimmen angenommen.

Der finnische Landtag hat, obiger Quelle zufolge, in der Nacht zum Sonnabend nach siebenstündiger Debatte die Protestadresse in der Fassung der Adreßkommission ohne Zusätze und Abänderungen mit 105 gegen 81 Stimmen ange⸗ nommen. Der von einigen Sozialdemokraten verlangte Hinweis, der Landtag werde die Forderung der russischen Regierung, betreffend die Wehrpflichtsentschädigung, selbst dann nicht billigen, wenn die Frage im Landtage in gesetzmäßiger Ordnung aufgeworfen werde, wurde mit 105 gegen 80 Stimmen abgelehnt.

Italien.

Der Deutsche Kaiser, der Prinz und die Prinzessin August Wilhelm und die Prinzessin Viktoria Luise sind gestern mittag in Venedig eingetroffen und nach Meldungen des „W. T. B.“ auf dem Bahnhofe von dem deutschen Bot⸗ schafter, den Herren der Botschaft, dem deutschen Konsul, der Ehrendame der Königin, Contessa Brandolini und Vertretern. der venezianischen Behörden empfangen worden. Vom Bahn hof begab sich der Kaiser mit dem Prinzen August Wilhelm und den Prinzessinnen unter herzlichen Kundgebungen der Be⸗ völkerung mit der Rudergig der „Hohenzollern“ durch den Canale Grande an Bord der Kaiserjacht. Heute morgen traf

der König Victor Emanuel in Venedig ein und ging zur

Begrüßung des Kaisers an Bord der „Hohenzollern“. Die beiden Monarchen verweilten dort längere Zeit im Gespräch, zu dem zeitweilig auch der Botschafter von Jagow hinzugezogen wurde. Gegen 12 Uhr verließ der König die „Hohenzollern“ unter Salut. Gleich darauf begaben sich der Kaiser, der Prinz August Wilhelm und die Prinzessinnen zum Königlichen Palast, wo Frühstückstafel stattfand, zu der auch die Spitzen der Behörden geladen waren. 9 1

i114“ * Bei einem gestern von der Regierung zu Ehren der Armee gegebenen Festmahl brachte der Ministerpräsident Canalejas einen Trinkspruch aus, in dem er nach einer Meldung des „W. T. B.“ erklärte, daß die Spanier von keinem Volke eine Demütigung dulden würden. Der Minister⸗ präsident sprach den Wunsch der Regierung aus, eine starke Armee und Marine zu schaffen, die eine Bürgschaft für den Frieden zwischen Spanien und jeder anderen Macht bildeten.

Türkei.

Die Pforte ist, wie „W. T. B.“ meldet, neuerlich von den Kretaschutzmächten verständigt worden, daß die Insel wieder besetzt werden würde, falls die Kreter beabsichtigen sollten, Abgeordnete nach Athen zu senden. 1“

Der Fürst von Samos Andreas Kopassis⸗Effendi ist vorgestern, obiger Quelle zufolge, auf Samos von einem Griechen durch Revolverschüsse getötet worden. Nach der in Konstantinopel eingegangenen amtlichen Meldung wurde der Mordanschlag Abends in dem Augenblick begangen, als der Fürst in das Palais zurückkehrte. Der Mörder feuerte fünf Schüsse auf den Fürsten ab, von denen drei trafen. Der Fürst erlag seinen Verletzungen gestern nachmittag. Der Mörder wurde durch die Ortspolizei verhäftet. 8-

Durch Beschluß des Ministerrats ist der frühere Gehilfe des Walis von Trapezunt, der Grieche Beglery, zum Fürsten von Samos ernannt worden.

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Die vorgestern mitgeteilte Nachricht von dem Siege der Revolutionäre in Paraguay und der Flucht des Präst⸗ denten der Republik bestätigt sich nach einer Meldung des „W. T. B.“. Die Zahl der Opfer in dem Kampf bei Asungion soll 600 übersteigen.

Asien.

Einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ zufolge bat Salar ed Dauleh den ihm seitens der persischen Regierung durch den englischen und russischen Konsul in Kermandschab gemachten Vorschlag, gegen Zahlung einer Pension das persische Gebiet zu verlassen, abgelehnt. Er geht darauf aus, das biet um Kermandschah als Fürstentum zu erhalten. 8

Infolge von Erklärungen zwischen dem russischen Minister des Auswärtigen Ssasonow und dem türkischen Ber⸗ schafter in St. Petersburg sind, wie die Konstantinopeler tungen melden, die türkischen Truppen aus dem Türken Nevahiicharkie benannten persischen Gebiet zurüc⸗

ezogen worden. Auch die russischen Abteilungen sollen hießer Gegend zurückgezogen sein. Der Grund der ruffische Konzentrationen habe darin gelegen, daß die Türken Nevahiicharkie eine Volkszählung begonnen hahben.

3398 ha

Der französische Gesandte Regnault ist gestern in Fez Mesfoffen und im Namen des Sultans von dem Großwesir El Mokri begrüßt worden.

In der Nähe von Melilla hat am 22. d. M. ein Gefecht stattgefunden, in dem nach Meldungen des „W. T. B.“ auf spanischer Seite ein Oberstleutnant, drei Leutnants und 29 Mann gefallen, ein Oberst, vier Leutnants und 77 Mann verwundet worden sind.

Das türkische Kriegsministerium veröffentlicht, wie

„W. T. B.“ meldet, eine Depesche des Kommandanten in Benghasi über den Kampf bei Jela⸗ am 12. d. M., der zufolge 2000 Türken und Araber Nachts das Fort Fojat an⸗ griffen. Die Italiener zogen sich in das Fort zurück und ließen sechs Feldgeschütze im Stich, die die Türken aber nicht mit⸗ nehmen konnten. Die italienischen Verluste waren sehr groß. Die Türken und Araber hittes 120 Tote und 55 Verwundete. Am 13. Nachts griffen die Türken von neuem an und er⸗ beuteten Kriegsmaterial. Am 19. Nachts besetzten die Türken die italienischen Verschanzungen 700 m vom Fort, wobei drei Türken getötet und drei verwundet wurden.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die vorgestrige Sitzung des Reichs⸗ tags und der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung des Hauses der Abgeord neten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

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Statistik und Volkswirtschaft.

Die Förderung deutscher Ansiedlungen in den Provinzen Westpreußen und Posen im Jahre 891

Der jetzt beiden Häusern des Landtags vorgelegten „Denkschrift des Jahres 1911 über die Ausführung des Gesetzes, betreffend die Beförderung deutscher Ansiedlung in den Provinzen Westpreußen und Posen, vom 26. April 1886 nebst Aenderungs⸗ und Ergänzungs⸗ gesetzen“ entnehmen wir die folgenden Mitteilungen.

Im Jahre 1911 sind der Ansiedlungskommission 354 Güter mit 130 989 ha und 438 bäuerliche Grundstücke mit 26 099 ha, zusammen 792 Besitzungen mit 157 088 ha zum Kauf angeboten oder als angeblich verkäuflich angemeldet worden. In dem Gesamtangebote des Jahres 1911 von 157 088 ha sind 145 Besitzungen mit 29 785 ha enthalten, deren Ankauf schon in früheren Jahren abgelehnt worden ist, weil sie für Besiedlungszwecke ungeeignet sind. Das bäuerliche Angebot betrug im Jahr 1911 16,6 v. H., im Jahr 1910 525 Grund⸗ stücke mit 17 753 ha 14,6 v. H. des Gesamtangebots.

Erworben sind 1 Herrschaft, 4 Rittergüter, 12 sonstige Güter darunter 1 Staatsdomäne mit einem Flächeninhalt von 8212 ha und 15 Bauernwirtschaften mit einem Flächeninhalt von 726 ha, zusammen 8938 ha. Sämtliche Seö sind im freien Grundstücksverkehr gekauft. Von den Landerwerbungen des Jahres 1911 entfallen auf den Regierungsbezirk Danzig 333 ha (3,7 v. H. des Gesamterwerbs) für 555 000 ℳ, auf den Regierungsbezirk Marien⸗ werder 1819 ha (20,4 v. H. des Gesamterwerbs) für 2 555 260 ℳ, auf den Regierungsbezirk Posen 3388 ha (37,9 v. H. des Gesamt⸗ erwerbs) für 3 644 213 und auf den Regierungsbezirk Bromberg

(38,0 v. H. des Gefamterwerbs) für 5 718 094 ℳ. Von den erworbenen Besitzungen waren 2 Güter darunter 1 Rittergut und 6 Bauernwirtschaften mit zusammen 1202 ha

(13,4 v. H. des Gesamterwerbs) in polnischer Hand; der dafür

fläche (im Jahr 1910: 3 Güter mit 842 ha oder 6,4 v. H.,

gezahlte Kaufpreis beträgt 2 077 500 ℳ. Der Flächeninhalt der 2 Güter beträgt 757 ha oder 9,2 v. H. der überhaupt erworbenen Guts⸗ 1909:

5 Güter mit 2505 ha oder 13,7 v. H., 1908: 4 Güter mit 1295 ha

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oder 10,4 v. H., 1907: 4 Güter mit 1083 ha oder 12,7 v. H., 1906:

7 Güter mit 1706 ha oder 6,8 v. H. der in jedem dieser Jahre

überhaupt erworbenen Gutsfläche).

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erwerb der Ansiedlungskommission am Schluß des

Mit den Erwerbungen aus den Vorjahren umfaßt der Land⸗ Jahres 1911:; a. in Gütern 366 667 ha = 93 v. H. der Gesamtfläche, Erwerbspreis 340 864 059 = 89,9 v. H. des Gesamterwerbspreises,

. in bäuerlichem Besitz 27 731 ha = 7 v. H. der Gesamtfläche, Erwerbspreis 38 377 556 = 10,1 v. H. des Gesamterwerbspreises, zu⸗

8 v. H. des Gesamterwerbspreises).

sam men 394 398 ha oder 69 1·Meilen, Erwerbspreis 379 241 615 ℳ. Hiervon stammen aus deutscher Hand: 507 Güter und 323 Bauern⸗ wirtschaften mit einer Fläche von 282 282 ha (= 71,6 v. H. des Gesamterwerbs), Erwerbspreis 288 522 120 (= 76,1 v. H. des Gesamterwerbspreises), und aus polnischer Hand: 193 Güter und 229 Bauernwirtschaften mit einer Fläche von 112 116 ha (= 28,4

des Gesamterwerbs), Erwerbspreis 90 719 495 8 23,9 Die 507 aus deutscher Hand er⸗ worbenen Gäüter umfassen zusammen 263 960 ha oder 72 v. H., die 193 aus polnischer Hand erworbenen 102 707 ha oder 28 v. H. der Fläche der überhaupt erworbenen Güter. .

„Der Durchschnittspreis stellt sich im Jahr 1911 bei den Gütern auf 1354 für das Hektar, bei den Grundstücken auf 1860 für das Hektar und bei dem gesamten Erwerb auf 1395 für das Hektar. Die Durchschnittspreise für 1 ha betrugen in den

letzten Jahren: 1906 1423 ℳ, 1907 1508 ℳ, 1908 1181 ℳ, 1909

1272 ℳ, 1910 1114 ℳ, 1911

1395 ℳ. Die im Jahr 1911 an⸗

8 gelegten Preise ergeben im Durchschnitte bei den Gütern den 136 fachen,

bei den Grundstücken den 180,6 fachen und bei dem Gesamterwerbe den 139,7 fachen Betrag des Grundsteuerreinertrags. In den letzten Jahren betrug der Durchschnittspreis: 1906 das 142,1 fache, 1907

das 134,6 fache, 1908 das 115,1 fache, 1909 das 130,8 fache, 1910 das

150,6 fache,

Frundstücke

», 1911 das 139,7 fache des Grundsteuerreinertrags. Der Durchschnittspreis für sämtliche bisher von der Ansiedlungs⸗ kommission erworbenen Liegenschaften beträgt 962 für 1 ha und 101,6 für 1 Grundsteuerreinertrag; Ende 1910 hatte er 952 für 1 ha und 100,7 für 1 Grundsteuer⸗ reinertrag betragen.

Was die Besitzstandsfestigung (Umwandlung bäuerlicher Stellen und größerer Güter in Ansiedlungsrentengüter) betrifft, so⸗

nimmt die Festigung des alten deutschen Besitzes in den Ansiedlungs⸗

provinzen einen gleichmäßig, guten Fortgang. Durch die beiden Festigungsbanken, denen die Vermittlung Fee. ist, die 1906 für die Provinz Westpreußen gegründete Deutsche Bauernbank und die seit 1904 für die Provinz Posen bestehende Deutsche Mittelstandskasse, bis Ende 1911 im ganzen 5951 Besitzungen (5842 bäuerliche Grundstücke und 109 größere Güter) mit 176 819 ha 8. efestigt worden, und zwar 2701 Besitzungen (2632 bäuerliche und 69 größere Güter) mit 91 361 ha in

estpreußen und 3250 Besitzungen (3210 bäuerliche Grundstücke und 40 größere Güter) mit 85 458 ha in der Provinz Posen, davon allein im Jahre 1911 679 Besitzungen, (649 bäuerliche Grundstücke und 30 größere Güter) mit 28 080 ha in Westpreußen und 937 Be⸗ sitzungen (915 bäuerliche Grundstücke und 22 größere Güter) mit 29 982 ha in der Provinz Posen, zusammen 1616 Besitzungen (1564 häuerliche Grundstuͤcke und 52 größere Güter) mit 58 062 ha Fläche. nter den 69 gefestigten westpreußischen größeren Gütern sind 41 Rittergüter, 13 selbständige Güter und 15 Landgüter, unter den 40 posenschen 35 Rittergüter und 5 selbständige Güter. Im Jahre 1911 sind in Westpreußen 21. Rittergüter, 3 selb⸗ ständige Güter und 6 Landgüter, in Posen 22 Rittergüter ge⸗

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festigt worden. 46 größere Güter sind der Verschuldungsgrenze . 5824 worden. Unter den gefestigten Grundstücken su 3 untg. Grundstücke mitnachgewiesen, die bei der Besitzfestigung, zum Teil unter gleichzeitiger Aufteilung, in das Eigentum eines Andern über⸗ geführt worden sind. Von diesen 568 Grundstücken kommen auf Westpreußen 222 Grundstücke mit 17 944 ha, wovon 30 Grundstücke mit 1495 ha vorher im polnischen Besitze waren, und auf Posen 346 Grundstücke mit 14 260 ha, wovon 35 Grundstücke mit 732 ha Polen gehört hatten. Zur Durchführung der 5951 Besitzfestigungen sind 72 526 914 Rentengegenwert aus Ansiedlungsfonds gezahlt worden, und zwar für die bäuerlichen Grundstücke 54 234 947 und für 88 Foshexen, üte 18 78 967 sets 1

Bezüglich des Ansiedlungsgeschäfts ist zu bemerken, die Nachfrage nach v,ree lebhaft war; es wurden 8481 1-. Ansiedlungsanträge gestellt, gegen 8276 im Jahre 1910 und 7365 im Jahre 1909. 1826 Vertragschlüsse und 1443 endgültig vergebene Stellen, davon 1276 Renten⸗ und 167 Pachtstellen, sind im Jahre 1911 gezählt worden. Unter den Rentenstellen sind 162 Häusler⸗ stellen, die vorher vermietet waren, und drei kreistagfähige Restgüter. Bis Ende 1911 sind im ganzen 16 971 Renten⸗ und 2599 Pacht. stellen, zusammen 19 570 Ansiedlerstellen vergeben worden. Dazu kommen 218 besetzte Häuslerstellen in staatlichen Arbeitermiethäusern.

Ueber die Herkunft und das Religionsbekennntnis der Ansiedler gibt eine Anlage zur Denkschrift Aufschluß. Danach stammen von den 1443 im Jahr 1911 angesetzten Renten⸗ und Pacht⸗ ansiedlern aus der Westpreußen 148, aus der Proot Posen 203, aus Ostpreußen 8, aus der Provinz Brandenburg 31, aus Pommern 63, aus Schlesien 32, aus der Provinz Sachsen 116, aus der Provinz Hannover 64, aus Schleswig⸗Holstein 2, aus West⸗ falen 142, aus Hessen⸗Nassau 53, aus der Rheinprovinz 5, aus dem übrigen Deutschland 139, aus außerdeutschen Staaten 437. Von den sämtlichen bisher angesetzten Renten⸗ und Pachtansiedlern stammen aus den Ansiedlungsprovinzen 4842, aus dem übrigen Deutschland 9738, aus dem Auslande 4990. Unter den 8481 Ansiedlungs⸗ bewerbern waren 226 Katholiken. Mit 38 von ihnen sind Verträge über Ansiedlerstellen geschlossen worden, 27 erhielten den Zuschlag 5 erklärten den Rücktritt, mit den übrigen wird noch verhandelt.

Die Gesamtfläche der im Jahr 1911 vergebenen Renten⸗ und Pachtstellen beträgt mit Einschluß der 3 größeren Güter 18 066 ha und ohne diese Güter 16 975 ha, die Durchschnittsgröße der Ansiedlerstellen ohne die Restgüter 11,79 ha (im Vorjahr 11,78 ha und im Jahr 1909 12,16 ha). Das Besiedlungsergebnis des Jahres 1911 kommt etwa der Gründung von 43 Dörfern mit je 400 ha Stellenland gleich. Im ganzen sind bisher 19 788 Ansiedler⸗ familien mit 118 728 Köpfen, bei einer Durchschnittsstärke der Familie von 6 Köpfen, zu Rente, Pacht und Miete angesetzt. Die seit dem Bestehen der Ansiedlungskommission zu An⸗ siedlerrecht vergebene Fn. beträgt 283 315 ha oder 49,93 Quadratmeilen. Für öffentliche Zwecke (Gemeinde⸗, Kirchen, und Schuldotationen. Wege, Gräben usw.) sind 29 451 ha verwendet. An den Domänen⸗ und den Forstfiskus und an Nichtanstedler sind 45 417 ha veräußert. Zur späteren Verwertung als Zulagestücke, Dotationen, Bauplätze usw. sind auf den besiedelten Gütern 7983 ha zurückbehalten. Von den 399 441 ha umfassenden Gesamterwerbungen sind also 366 166 ha = 92 v. H. verwendet. Noch unverwendet sind 33 275 ha. Davon sind 13 837 ha für die bäuerliche Be⸗ siedlung ungeeignet oder auf längere Zeit verpachtet oder aus wirtschaft⸗ lichen oder politischen Gründen bis auf weiteres ungeteilt zu erhalten und deshalb noch nicht zur Besiedlung verwendbar, sodaß Ende 1911 ein Stellenlandvorrat von 19 438 ha vorhanden war. Min⸗ destens 2000 ha sind davon zur Bildung von Restgütern bestimmt; 2400 ha sind erfahrungsgemäß auf die für Dotationen, Wege usw. notwendigen und die an den Forstfiskus und an Nichtansiedler ab⸗ zugebenden Flächen zu rechnen, etwa 15 038 ha bleiben also als reines Stellenland für die Besiedlung mit Bauern und Arbeitern übrig; sie genügen für ungefähr 1300 Ansiedlerstellen.

Auf den Ansiedlungsgütern waren Ende 1911 263 ledige deutsche Arbeiter und Handwerker und 1138 deutsche Arbeiter⸗ und Handwerker⸗ familien eingestellt unter ihnen 655 Rückwandrerfamilien und 134 ledige Rückwandrer; ihre Kopfzahl betrug im ganzen 6479. Im Jahre 1910 waren es 1494 Familien und 334 ledige Arbeiter mit 8494 Köpfen. In den Ansiedlergemeinden haben nach den angestellten Ermittlungen ungefähr 1490 deutsche Handwerker⸗ und Arbeiter⸗ familien und 6950 ledige Arbeiter und Arbeiterinnen, zusammen etwa 16 000 Personen ihren dauernden Wohnsitz. Die gesamte deutsche Cäe der Ansiedlungsgüter und An⸗ gemeinden beträgt demnach ungefähr 141 200 Per onen.

Aus den nach Artikel I Nr. 1 des Gesetzes vom 20. März 1908 bereitgestellten Mitteln zur Förderung der Seßhaftmachung von Arbeitern auf dem Lande sind im Jahre 1911 153 000 Prämien ausgezahlt worden. Sämtliche 153 prämiierten Arbeiter⸗ stellen liegen in der Provinz Posen. An der Gründung dieser Stellen sind 15 Kleinsiedlungsgenossenschaften mit 2 bis 25 Stellen beteiligt. Im ganzen sind bisher 186 000 Prämien für gegründete Arbeiter⸗ stellen ausgegeben, 6000 für Stellen in Westpreußen und 180 000 für Stellen in Posen. 1 westpreußische und 15 posensche Kleinsiedlungsgenossenschaften haben an der Prämiensumme teil.

„Eine Anlage zur Denkschrift enthält eine Zusammenstellung der finanziellen Ergebnisse von 53 abgeschlossenen Besiedlungen. Darnach beträgt die Schadloshaltung des Staats für seine Auf⸗ wendungen mit Sg der Kosten der Regelung der Gemeinde⸗, Kirchen⸗ und Schulverhältnisse 2,74 v. H.

Zur Arbeiterbewegung.

““ 8 18 .

Zum Ausstand der Herrenmaßschneider berichtet die „Voss. Ztg.“: Im Reichsamt des Innern beriet am Sonnabend der Wirkliche Geheime Rat, Direktor Dr. Caspar mit dem Haupt⸗ vorsitzenden des Allgemeinen Arbeitgeberverbandes Schwarz⸗München und einem Mitglied des Hauptvorstands des Schneiderverbandes über die Möglichkeit neuer Einigungsverhandlungen für das Herren⸗ maßschneidergewerbe. Die Vertreter beider Parteien erklärten ihre Be⸗ reitwilligkeit zu solchen Verhandlungen, und es wurde vereinbart, daß am nächsten Dienstag in Frankfurt a. M. unter dem Vorsitz des Leiters des Zentralschiedsgerichts für die Herrenmaßbranche Eini⸗ gungsverhandlungen zwischen den Vertretern der Arbeit⸗ geber und Arbeitnehmer stattfinden sollen.

Die ausständigen Bergarbeiter der fiskalischen Gruben am Deister und in Obernkirchen hielten gestern nachmittag in ver⸗ schiedenen Orten Versammlungen ab, in denen, „W. T. B.“ zufolge, eine Entschließung gefaßt wurde, die eine Versammlung der Ver⸗ trauensmänner und Arbeiterausschußmitglieder, die gestern in Hannover getagt hatte, vorgeschlagen hatte. Die Entschließung empfiehlt den Deister⸗ und Schaumburg⸗Lippeschen Bergleuten, im Ausstand zu beharren. Es soll jedoch im Laufe der Woche versucht werden, mit den Behörden zu weiteren Verhandlungen in Verbindung zu treten.

Zum Ausstand der 8 in Oberschlesien (vgl. Nr. 74 d. Bl.) wird dem „W. T. B.“ aus Zabrze gemeldet: Auf den Velsenschächten der Berginspektion Knurow ging bei der Frühschicht am Sonnabend die Zahl der Ausständigen auf die Hälfte zurück. Nachdem einige Entlassungen wegen Vertragsbruchs erfolgt sind und durch Heranziehung von Gendarmen ein besserer Schutz der Arbeitswilligen sichergestellt worden ist, kann die Beendigung der Ausstandsbewegung als unmittelbar bevor⸗ stehend angesehen werden. Wie das Waldenburger „Neue Tageblatt“ meldet, ist im niederschlesischen Kohlenrevier der Ausstand endgültig vorüber, da die gestern in Neuweißen⸗ stein abgehaltene Revierkonferenz des Alten Bergarbeiterverbandes und des Hirsch⸗Dunckerschen Gewerkvereins beschlossen hatte, in den auf gestern anberaumten vierzehn Belegschafte versammlungen ihren Mitgliedern zu empfehlen, vom Ausstand abzusehen, und dieser Be⸗ schluß in den am nachmittag stattgefundenen Versammlungen gebilligt

wurde.

Zum Ausstand der sächsischen Bergarbeite „Zwickauer Zeitung⸗ von unterrichteter Selte mitgeteigt:. virdh der gemã dem Beschlusse der Ber garbeiterversammlung vom 5. ärz die Vertreter der streikenden Belegschaften der meisten

8 auer Steinkohlenwerke das Bergschiedsgericht Zwickau zur

eilegung des Streiks inigungsamt angerufen hatten setzte der stellvertretende Vorsitzende des Einigungsamts die Vertreter der beteiligten Werke in einer am 23. d. M. abgehaltenen Besprechung von dieser Anrufung in Kenntnis. Der Versuch, auch die Werksverwaltungen zur Anrufung des Einigungsamts zu bestimmen, war erfolglos. Die Vertreter der Werke erklärten sich außer stande, einen etwaigen Vermittlungsvorschlag anzunehmen oder sich einem Schiedsspruche des Einigungsamts zu unterwerfen, und lehnten daher die Persmlanges als aussichtslos ab.

Aus Prag wird dem „W. T. B.“ telegraphiert: In den gestern abgehaltenen ersammlungen der Grubenarbeiter in den Kohlen⸗ revieren Aussig, See Dux und Teplitz wurde beschlossen heute, Montag, in den allgemeinen Ausstand einzutreten. 8

Wie die Neue Freie Presse“ aus Leoben meldet, hat die Direktion der Oesterreichischen Alpinen Montangesellschaft 8ecl⸗ den Arbeitern eine Lohnerhöhung von ungefähr 5 % . 18 B 1 ob die Arbeiter mit diesem

ugeständnis einverstanden sind, wird in finde

Bekantete anninnae füe. den heute stattfindenden

um Ausstand der eng en Bergarbeiter erfährt „W. T. B.“ aus London, daß der Bergarbeiterverband befxsühft, vormittag mit der Regierung zusammenzukommen und die eigenen Beratungen erst am Nachmittag wiederaufzunehmen. Die Ent⸗ scheidung der heutigen Zusammenkunft zur Beilegung des Ausstands wird mit größter Spannung erwartet. Die „Times“ veröffentlicht eine Unterredung mit dem Fuͤhrer der Zechenbesitzer von Südwales, Thomas, der bisher die Seele des Wber Fechen gegen den Grundsatz der Mindestlöhne gewesen ist. Thomas erklärte es für die beste Lösung, wenn die Regierung den Gesetzentwurf zurück⸗ zöge, und wenn Arbeitgeber und Arbeiter in jedem Revier sich freiwillig über einen Mindestlohn für alle Männer und Burschen einigten. Er selbst würde für das Revier von Südwales 5 Schilling für den Mann und 2 Schilling für den Burschen vorschlagen, während in einigen anderen Revieren viel⸗ leicht niedrigere Sätze zu vereinbaren sein würden. Die Regierungs⸗ vorlage würde, wenn sie die Sätze von 5 und 2 Schilling nicht ent⸗ hielte, die Bergleute nicht zufriedenstellen und daher den Ausstand nicht beendigen. Die Gewerkschaftskassen der streikenden in Lancashire, Sheffield, Cumberland, War⸗ wickshire, Somerset, Nord⸗ und Südwales sind bereits er⸗ schöpft oder werden durch die Auszahlungen in dieser Woche erschöpft werden. In mehreren Gruben von Nordwales und Schottland haben die Bergleute am Sonnabend die Arbeit wieder aufgenommen. Belästigungen der Arbeitswilligen sind nicht vor⸗

““ s

um Ausstand der Pariser Kraftdroschkenfahrer (vgl. Nr. 60 d. Bl.) meldet „W. T. B.“, daß es in Levallong. Pe on zwischen ausständigen und arbeitswilligen Fahrern zu Streitig⸗ keiten gekommen ist, in deren Verlauf ein Ausständiger durch einen getötet und drei Personen durch Schüsse verwundet wurden. Infolge der herrschenden Erregung und der von dem revolutionären allgemeinen Arbeiterverband beabsichtigten Treibe⸗ reien werden umfassende Vorkehrungen getroffen. Die aus Schutz⸗ leuten und republikanischer Garde bestehende Wache wurde überall verstärkt, und Streifwachen durchzieben zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Ruhe die Straßen. Die sozialistischen Deputierten Willm und Lauche wollten in der heutigen Kammersitzung einen Beschlußantrag einbringen, in dem die Regierung aufgefordert wird, durch einen Schiedsspruch den seit vier Monalen zwischen 8* Kraftdroschkengesellschaften und den Fahrern bestehenden Ausstand

eizulegen.

Die Vertreter der Bergarbeiter des Kohlenbeckens von Anzin beschlossen, wie „W. T. B.“ aus Denain erfährt, mit roßer Mehrheit die Wiederaufnahme der Arbeit am heutigen

ontag (vgl. Nr. 74 d. Bl.).

Auf dem gestrigen nationalen Kongreß der belgischen Bergarbeiter ist, wie „W. T. B.“ aus Brüssel erfährt, unzweifelhaft zum Ausdruck gekommen, daß an einen Ausstand in Belgien nicht zu denken ist. Den Arbeitern wurden auf den meisten Zechen bereits Lohnerhöhungen zugebilligt und weitere für Anfang April in Aussicht gestellt. Trotzdem werden 3 i— Bemühungen, eine 15 prozentige Lohnerhöhung zu erlangen, ortsetzen.

Aus Passaic (New Jersey) wird dem „W. T. B.“ telegraphiert: Ueber 2500 Angestellte der Kammgarnspinnereien sind jetzt in einen Streik eingetreten und verlangen höhere Löhne. Der Streik wird von der Arbeiterunion geleitet, die auch den erfolgreichen Streik in Lawrence (Massachusetts) durchgeführt hat. Bewegung bherrscht ferner, wie gemeldet wird, in Passaic und in Paterson unter den 5000 Seidenarbeitern, die, wenn ihnen nicht eine Lohnerhöhung gewährt wird, für die nächste Woche mit dem Ausstand drohen.

1 (Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Dritten Beilage.)

Bauwesen.

Im Verein für deutsches Kunstgewerbe sprach der Re⸗ gierungs⸗ und Baurat Habicht über alte Stadtbilder und moderne Neubauten. Es ist eine eigene Erscheinung, so führte der Vortragende aus, daß alte Städte auch dann, wenn spätere Zeiten ihnen Bauten eingefügt haben, ein so geschlossenes, ästhetisch be⸗ friedigendes Bild gewähren, während es der Neuzeit so selten gelingen will, ihre Neubauten in harmonischer Weise alten Stadtbildern ein⸗ zugliedern. Das liegt nicht nur daran, daß man in alten Zeiten immer nur in einer Stilart, nämlich der gerade herrschenden, gebaut hat, anstatt wie heute in allen geschichtlichen Stilen, sondern es liegt vor allen Dingen daran, daß unsere Zeit auf einem irrtümlichen Wege den Zusammenklang mit dem Alten gesucht hat und noch sucht. Die Städtebauten aus alter Zeit lehren, wie gleichmäßig die Stockwerkshöhen sind, wie nahe die Baukörper der einzelnen Häuser überhaupt miteinander übereinstimmen, wie dennoch jeder Baukörper als Ganzes si ausprägt und aller Schmuck wohltuend zurücktritt, weil er logis eingegliedert ist. Haben spätere Zeiten neben oder zwischen diese alten Baukörper neue Bauten gesetzt, so haben sie ganz unwill⸗ kürlich in der Gestaltung dez Ganzen, wie in der Gliederung der Einzelheiten den grundlegenden Maßstab der alten Bauten inne⸗ ehalten. Daher das Harmonische der alten Stadtbilder. Will man 95 moderne Neubauten in alten Städten errichten, so bedarf ma dazu keineswegs des gesamten Rüstzeuges der geschichtlichen Stile; man braucht nicht, wie man das vor zwanzig und dreißig Jahren no getan hat, den Neubau mit all den dekorativen Zutaten auszustatten, in denen man so oft irrtümlicherweise das Wesen eines alten Stiles erblickt. Denn man bringt diese Zutaten zumeist auf Baukörpern an, die in ihrer gesamten räumlichen Gliederung, in i Stockwerkshöhen und in allem Sonstigen von den

legenden Verhältnissen der alten Bauten empfindlich weichen und daher auch nicht, wenn mit den alten Ornamenten ausgestattet, ein einheitliches Ganzes ergeben. Niemals auch ver⸗ chmelzen sie mit dem alten Stadtbilde zu einem harmonischen Ge⸗ ““ weil sie mit ihrer abweichenden räumlichen Gestaltung, mit ihren abweichenden Stockwerkshöhen und mit ihrem überflüssigen Beiwerke an Ornamenten das ganze Bild Nicht dem alten Bauwerke gleichkommen soll der moderne Neubau und noch weniger soll er es übertreffen oder gar überschreien, sondern der moderne Neubau soll das Alte als dekorativen Hauptpunkt heraustreten lassen, selbst aber durch einfache, schlichte Gliederung seiner Massen zurück⸗ treten, gleichsam nur den Hintergrund bilden, mit dem das Alte, obwohl es sich von ihm abhebt, doch zu einem einheitlichen Ganzen

verschmilzt. Mit zahlreichen, sehr bemerkenswerten Lichtbildern, die

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