für die am Dienstag, den 21. Mai 1912, Vormittags 11 Uhr, in Stettin im Sitzungssaale des Verwaltungs⸗ ebäudes der Königlichen Eisenbahndirektion Stettin siatfindende 39. (ordentliche) Sitzung des für die Bezirke der Königlichen Eisenbahndirektionen Berlin und Stettin Bezirkseisenbahnrats in Berlin. 5) Antrag, betreffend Verbesserung der Zugverbindungen von Stettin über Kreuz nach dem Osten. Berlin, den 13. April 1912. Königliche Eisenbahndirektion. Rüdlin.
eingesetzten
“ Bekanntmachung, betreffend die von 11“¹“ Stipendien⸗ iftung.
Der Geheime Obermedizinalrat und Kaiserlich russische Leib⸗ arzt Dr. Martin von Mandt und dessen Ehegattin, Johanna Charlotte Ludovika geb. Ackermann, haben in ihrem am 20. Oktober 1857 errichteten wechselseitigen Testament der Königlichen Rheinischen
riedrich Wilhelms⸗Universität zu Bonn zur Förderung wissenschaft⸗ icher und technischer Studien unter der männlichen Fiachtonderen Uert ihrer Seitenverwandten unter dem Namen: ““
„von Mandt⸗Ackermannsche Stipendienstiftung“
ein Kapital von 48 000 ℳ vermacht, mit der Bestimmung, daß die Zinsen desselben, nach Abzug der Verwaltungskosten, zur Unterstützung junger Männer christlicher Religion, welche sich der Arznei⸗ oder der Rechtswissenschaft oder der höheren technischen Ausbildung auf Gewerbeschulen und ähnlichen Anstalten widmen, als Stipendien verwendet werden sollen. 8
Die Zahl der Stipendien ist auf drei Fhiessft
G Zum Genusse der Stipendien sind vorzugsweise berufen:
I. die ehelichen männlichen Nachkommen der Geschwister der Stifter, und zwar:
in erster Reihe des Ehemanns von Mandt vollbürtigen Bruders Karl Theodor Mandt,
in zweiter Reihe des Ehemanns von Mandt vollbürtigen Schwester Therese, verehelichten Grano,
in dritter Reihe der Ehefrau von Mandt Bruders Albert Ackermann,
in vierter Reihe der Ehefrau von Mandt Bruders Gebhardt Ackermann; 8
demnächst in ö von Bewerbern dieser Kategorie
II. die männlichen Nachkommen:
zuerst des Ehemanns von Mandt beiden Halbbrüder Friedrich Mandt und Franz Mandt,
zweitens des Freundes der Stifter, des Appellationsgerichts⸗ rats Wilhelm Graffunder,
drittens des Freundes der Stifter, des Regierungs⸗ und Bau⸗ rats Emil Flaminius. “
Sind keine Bewerber aus diesen beiden Klassen von Stipendien⸗ berechtigten vorhanden, so können die Stipendien auch an Fremde, insofern dieselben die Eigenschaft preußischer Untertanen haben, ver⸗ liehen werden. I“
Der Genuß und die Verabfolgung der L ist nicht von dem Besuch der Bonner Universität, noch überhaupt von der Gegen⸗ wart auf einer der preußischen Universitäten und Lehranstalten ab⸗ hängig; jedoch befreit der Genuß im Auslande in keinem Falle von der 6“ der zur Verleihung erforderlichen Zeugnisse der wirklich besuchten Unterrichtsanstalten.
Bewerbungen, denen amtliche Zeugnisse über das Verwandtschafts⸗ verhältnis mit den Stiftern, beziehungsweise den mit Vorzugsrecht bedachten Familien, die Schul⸗ und Sittenzeugnisse der bisher be⸗ suchten Unterrichtsanstalten, das Universitätsimmatrikulations⸗ und Sittenzeugnis, sofern diese nicht schon auf dem Sekretariat liegen, sowie ein Dekanatszeugnis; von den Gewerbetreibenden: empfehlende Zeugnisse der Gewerbebehörden und die Unterrichtszeugnisse der Vor⸗ chulanstalten und Lehrmeister beigefügt sein müssen, sind bis zum 1 15. Mai 1912 an das unterzeichnete Kuratorium zu richten und auf dem Universitäts⸗ ekretariat einzuliefern.
Bonn, den 9. April 1912. 1
Das Kuratorium der von Mandt⸗Ackermannschen Stiftung.
Küstner.
. Angekommen;
Seine Exzellenz der Staatsminister und Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach, aus Baden⸗Baden,
Seine Exzellenz der Staatsminister und Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer, aus der Rheinprovinz, —
Seine Exzellenz der Präsident des Reichsbankdirektoriums, Wirkliche Geheime Rat Havenstein, von Urlaub.
Preußen. Berlin, 15. April. Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute im Achilleion 88 Korfu die Vorträge des Chefs des Militär⸗ kabinetts, Generals der Infanterie Freiherrn von Lyncker und des Chefs des Marinekabinetts, Admirals von Müller.
Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗
sitzung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Rechnungs⸗
wesen und für Handel und Verkehr eine Sitzung.
Der brasilianische Gesandte Itiberé da Cunha hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit führt der Erste Legationssekretar Alves d’'Aranjo die Geschäfte der Ge⸗
sandtschaft.
Der Landrat Graf Schack von Wittenau ist von Witkowo, Regierungsbezirk Bromberg, nach Posen (Kreis “ versetzt worden.
Der Regierungsrat Hennig aus Marienwerder ist der Königlichen Regierung in Stettin, der Regierungsassessor Dr. von Stein aus Posen der Königlichen Regierung in Marien⸗ werder, der Regierungsassessor Dr. Freiherr von Ziegesar aus Marienburg i. Westpr. der Königlichen Regierung in Potsdam zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen und
88 8
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der neuernannte Regierungsassessor von der Schulenburg aus Potsdam dem Landrat des Kreises Bielefeld zur Hilfe⸗ leistung in den landrätlichen Geschäften zugeteilt worden.
Laut Meldung des „W. T. B.“ vorgestern in Amoy eingetroffen.
Bad Nauheim, 14. April. Ihre die Kaiserin und Königin empfing, wie „W. T. B.“ meldet, heute vormittag den hier eingetroffenen Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg in längerer Audienz. Am Nachmitta reiste der Reichskanzler nach Berlin ab, wo er Abends eintraf.
Bayern.
Der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg ist vorgestern von Korfu in München eingetroffen und auf dem Bahnhof von dem preußischen Gesandten von Treutler und dem Legationssekretäaxr Grafen Fürstenberg empfangen worden. Am Nachmittag gab der Reichskanzler, wie „W. T. B.“ meldet, bei dem Ministerpräsidenten Freiherrn von Hertling seine Karte ab, der alsbald diese Aufmerksamkeit erwiderte. Abends reiste der Reichskanzler nach Bad Nauheim weiter.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der gemeinsame Ministerrat hat laut Meldung des „W. T. B.“ beschlossen, die nächste Sitzung der Delegationen für den 23. April anzuberaumen.
Frankreich.
Vorgestern fand in Cannes die Enthüllung des Denk⸗ mals König Eduards VII. statt. Der englische Botschafter Bertie hielt hierbei eine Rede, in der er laut Bericht des „W. T. B.“ sagte, der König Eduard habe durch seine häufigen Besuche in Frankreich persönlich Gelegenheit dazu gegeben, daß sich zwischen den beiden Ländern die Beziehungen einer wahren und herzlichen angebahnt hätten. Das gegen⸗ wärtige Fest beweise, daß der Wunsch König Eduards voll⸗ kommen in Erfüllung gegangen sei. Darauf ergriff der Ministerpräsident Poincaré das Wort, erinnerte zunächst an die Prinzenzeit König Eduards und fuhr dann fort:
„Als er den Thron bestieg, hat er die in ihm schlummernden Schätze von Klugheit, Weisheit und Geschicklichkeit in ausgezeichneten politischen E genschösten zu offenbaren verstanden. Bewundernswert war seine Kenntnis der Regierenden und der Regierten in Europa, und er stellte seine Erfahrung und seinen natürlichen Scharfsinn in den Dienst einer sehr festen und sehr loyalen Politik des Friedens und des Gleichgewichts. König Eduard hat England nicht gewaltsam aus seiner splendid isolation herausgerissen, sondern methodisch die notwendige Entwicklung vorbereitet. Er wußte den Re⸗ gierenden und Völkern Europas gerechtfertigtes Vertrauen zu dem guten Willen des englischen Volkes und der englischen Regierung ein⸗ zuflößen.“ Poincaré wies sodann darauf hin, wie glücklich König Eduard die langen Mißverständnisse zwischen Frankreich und England beendet habe, und erklärte, er habe sofort eine Kombination als möglich und wünschenswert erkannt, die, ohne irgendeine der in Europa be⸗ stehenden Ententen oder Allianzen zu verletzen, ohne gegen irgend jemand einen herausfordernden oder angreifenden Charakter zu tragen, zwei große europäische Nationen in dem geneinsamen Wunsch nach Frieden und gemeinsamer Arbeit zusammenführen sollte. König Eduard habe einen geschriebenen feierlichen Vertrag nicht für notwendig gehalten, sondern es als ausreichend angesehen, die beiden Völker an eine gegenseitige Würdigung zu gewöhnen und zwischen den beiden Regierungen Be⸗ ziehungen herzlicher Offenheit und aufrichtiger Loyalität anzuknüpfen. Seitdem England sich Frankreich genähert und einige Jahre darauf auch Rußland die Hand gereicht hbabe, sei das europäische Gleich⸗ gewicht weniger schwankend und der Frieden weniger gefährdet. König Eduard sei ein Friedenstifter aus Temperament, Geschmack und Ueber⸗ legung gewesen. Wenn er Frankreich die beste Freundin Englands genannt hätte, so habe er dieser Freundschaft sicherlich keine Be⸗ deutung gegeben, über die sich andere Mächte zu beklagen oder auf⸗ zuregen das Recht gehabt hätten. Und in demselben Sinne habe auch Frankreich diese Politik der Entente cordiale angewandt und sie nach dem Tode König Eduards treu weiter befolgt. Poincaré schloß seine Rede: „Die Wohltat des für alle Nationen wertvollen Friedens ist für eine republikanische Demokratie besonders vonnöten. Frank⸗ reich denkt im Hinblick auf seine inneren Aufgaben nicht daran, jemand anzugreifen oder zu reizen. Aber es erkennt klar, daß es, um selbst weder angegriffen noch gereizt zu werden, zu Lande und zu Wasser Streitkräfte unterhalten muß, die imstande sind, seine Interessen zur Geltung zu bringen und zu verteidigen. Um für den Schutz seiner Rechte und seiner Würde zu sorgen, muß Frankreich zuerst auf seine eigenen Hilfsquellen an Menschen und Geld, auf seine eigenen Flotten⸗ und Militärstreitkräfte rechnen. Aber die aus sich geschöpfte Autorität befestigt sich großartig infolge der täglichen Unterstützung durch die diplomatische Aktion seiner Freunde und Ver⸗ bündeten. Vergessen wir nicht, daß König Eduard von England zuerst diese freundschaftliche Zusammenarbeit von Frankreich und England begünstigt, eingeleitet und fortgeführt hat.“
— Der Präsident der Deputiertenkammer Brisson ist
gestern vormittag gestorben.
Spanien. Der Wiederzusammentritt der Kammern wird durch Königliches Dekret auf den 1. Mai festgesetzt.
Serbien.
Gestern haben im ganzen Lande die Wahlen zur Skupschtina stattgefunden. Wie „W. T. B.“ meldet, wurden in Belgrad zwei Regierungskandidaten, darunter der altradikale Parteiführer Nikola Pasic, ein Jungradikaler und ein Mitglied der Fortschrittspartei gewählt. 6 v
Amerika. b
Meldungen aus Mexiko besagen nach einer Depesche des „W. T. B.“, daß ein Dynamitkomplott gegen den Präsidenten Madero entdeckt worden sei.
Asien.
Der neue britische Gesandte Sir Walter Townley ist gestern in Enzeli eingetroffen. Salar ed Dauleh hat nach Meldungen des „Reuterschen Bureaus“ die Vorschläge, die ihm von dem britischen und russischen Konsul in Kermanschah gemacht wurden, zurückgewiesen, nennt sich Führer der Moslem und erhebt Anspruch auf den persischen Thron. Er hat sich nach Harunabad begeben und hofft, die dortigen Stämme für sich zu gewinnen. Die persische Regierung trifft augenblicklich energische Gegenmaßregeln. Der Prinz
irman Firma dringt mit persischen Kosaken und einer
F Abteilung Kavallerie von Kaswin gegen Hamadan vor, wo
1000 Mann
v 1111“”
zu ihm stoßen sollen. Eine ansehnliche Truppe Bachtiaren hat Ziujan besetzt, eine andere Truppe ist gegen Arag vorgegangen, sodoß im entscheidenden Moment eine Kon⸗ zentration von drei Punkten aus stattfinden kann.
In Täbris herrscht infolge der Ernennung Sepehdars zum Generalgouverneur große Erregung. Es finden Versamm⸗ lungen der Geistlichkeit und der Kaufmannschaft statt, in denen die Wiedereinsetzung Schudscha ed Daulehs verlangt wird. Letzterer hat Maßnahmen zur Vorbeugung von Unruhen er⸗ griffen.
— Einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ zufolge be⸗ stimmt ein Erlaß Muanschikais, daß unter seiner Ober⸗ leitung der militärische Befehlshaber von Nanking, General Huanghsing, mit der Aufgabe betraut wird, die Ordnung bei den südlichen Truppen aufrecht zu erhalten. Er hat über alle Heeres⸗ und Marineangelegenheiten den zuständigen Ministerien Bericht zu erstatten, kann aber im Notfall, falls im Süden neue Ereignisse losbrechen, alle erforderlichen Maßnahmen treffen und die Leitung aller Zivil⸗, Militär⸗ und diplomatischen Angelegenheiten in Nanking in die Hand nehmen. Die Kontrolle der Finanzen wird ihm gemeinsam mit dem Finanzministerium übertragen. Wenn die südlichen Truppen sich beruhigt haben, wird das Amt Huanghsings wieder abgeschafft werden.
Der Erlaß wird als sehr wichtig angesehen, weil er die Absicht Munschikais zeigt, den Bruch mit dem Süden zu ver⸗ meiden, und weiterhin die stillschweigende Anerkennung der Tatsache bringt, daß die Behörden des Südens noch nicht vor bereitet sind, ihre militärische Organisation aufzulösen.
Der Abfall von China beginnt, der „St. Petersburger Telegraphenagentur“ zufolge, allgemein zu werden. Zahlreiche Stämme verschiedener Teile der Mongolei, darunter auch die Turgutenstämme des Ilegebiets, sollen dem Hutuchta schriftlich mitgeteilt haben, daß sie sich ihm anschließen.
Die beabsichtigte japanische Anleihe für die Mandschurei und Fukien ist laut Meldung des „W. T. B.“ aufgegeben
worden. Afrika.
Nach Meldungen der „Agenzia Stefani“ aus⸗-Macabez hat dort ein Bataillon Askaris gegen eine Abteilung Araber, die die Arbeiten am Fort Buchamez zu hindern suchten, einen erfolgreichen Vorstoß unternommen. Die Araber wurden unter großen Verlusten zurückgeworfen, sieben Askaris wurden verwundet, einer von ihnen h Gestern ist weiteres Material ausgeschifft worden. Die Befestigungsarbeiten in der Oase schreiten rüstig fort. Aus Benghasi wird gemeldet, daß Kundschafter, die vorgestern aus dem türkischen Lager gekommen sind, erklären, dort sei ein Abgesandter Sidi Ahmeds, des Scherifs der Senussi, mit zwölf Briefen an die Chefs der Zaoujas, die auf seiten der Türken stehen, eingetroffen. Darin werde ihnen befohlen, in ihr Gebiet zurückzukehren und sich vom Kriege fern zu halten.
Das türkische Kriegsministerium veröffentlicht, wie „W. T. B.“ meldet, folgende Telegramme:
Am 10. April Vormittags beschossen neun italienische Kriegs⸗ schiffe und zwei Transportschiffe Zuara. Die Beschießung dauerte bis gegen Abend. Ein Teil der Stadt, die Kaserne und die Moschee wurden zerstört. Verluste von Menschenleben wurden nicht ver⸗ ursacht. Am 11. April wurde die Beschießung wieder aufgenommen. Nachmittags versuchten die Italiener zweimal zu landen, was jedoch am Widerstande der Türken und Araber scheiterte. Nach⸗ dem noch drei italienische Kriegsschiffe eingetroffen waren, ließen die Italiener drei Kriegsschiffe vor Zuara und dirigierten den Rest der Flotte nach Seid Said, das sie bombardierten, um eine Landung zu versuchen. Die Türken und Araber aber sandten Ver⸗ stärkungen dahin. Am nächsten Tage beschossen die Italiener die Umgebung von Seid Said und landeten in Grua eine Abteilung Soldaten mit einem Maschinengewehr. Den entsandten türkisch⸗arabischen Verstärkungen gelang es, die Fortsetzung der Landung zu verhindern und die Verbindung der Flotte mit den elandeten Truppen abzuschneiden. Die Türken und Araber ent⸗ andten von Zuara bedeutende Verstärkungen mit Artillerie, um die Durchführung des italienischen Planes gegen Seid Said zu verhindern und die in Grua gelandete italienische Abteilung zu vernichten. Neun italienische Kriegs⸗ und Transportschiffe befinden sich im Westen von Seid Said.
8
Statistik und Volkswirtschaft.
in Deutschland am 1. Janua
1 19 Oktober 1910
Kraftfahrzeuge 12, Unfälle im Verkehre solcher von bi
September 1911.
Nach der vom Kaiserlichen Statistischen Amt bearbeiteten Statistik der Kraftfahrzeuge wurden im Deutschen Reich am 1. Januar 1912 70 006 Kraftfahrzeuge festgestellt, von denen 63 162 zur Personen⸗ und 6844 zur Lastenbeförderung dienen. Die Zunahme gegen das Vorjahr beträgt 12 201 Kraftfahrzeuge = 21,1 v. H. Unter den Personenkraftfahrzeugen befanden sich 20 000 = 31,7 v. H. Krafträder, deren Zahl gegen das Vorjahr um 584 zurückgegangen ist. Unter den 6844 zur Lastenbeförderung dienenden Kraftfahrzeuge waren nur 157 = 2,3 v. H. Krafträder. Von den Personenkraftfahrzeugen wurden 23 350 = 37,0 v. H. für Vergnügungs⸗ und Sportzwecke, 22 942 = 36,3 v. H. im Handels⸗ gewerbe und in sonstigen Gewerbebetrieben, 7084 = 11,2 v. H. für andere Berufszwecke, z. B. für Aerzte und Feldmesser usw., verwendet, 5262 = 8,3 v. H. waren Kraftdroschken oder Kraftomnibusse, deren Zahl gegen das Vorjahr um etwa 1000 zugenommen hat. Die Anzahl der zur Lastenbeförderung dienenden Kraftfahrzeuge ist seit dem Vor⸗ jahr von 4327 auf 6844 gestiegen, hat also eine Zunahme von 58,2 v. H. erfahren.
In der Zeit vom 1. Oktober 1910 bis 30. September 1911 haben 18 316 Kraftfahrzeuge die Reichsgrenze überschritten; darunter waren 1389 Krafträder. Aus Frankreich stammten 6937 Kraft⸗ fahrzeuge, aus Oesterreich Ungarn 4138, aus der Schweiz 2353, aus Belgien 1628, aus den Niederlanden 1200, aus Großbrikannien 628 und aus den Vereinigten Staaten von Amerika 494. Der stärkste Verkehr ausländischer Kraftfahrzeuge trat im August mit 4216 Kraft⸗ fahrzeugen ein, im Juni überschritten 3367 und im September 2588 Kraftfahrzeuge die Grenze.
Während der 12 Monate Oktober 1910 bis September 1911 gelangten 8431 schädigende Ereignisse zur amtlichen Kenntnis, an denen 8931 Kraftfahrzeuge beteiligt waren. Von den Führern der Kraftfahrzeuge konnten 8263 = 92,5 v. H. ohne weiteres der Person nach festgestellt werden, 151 = 1,7 v. H. machten einen Fluchtversuch, und 517 = 5,8 v. H. gelang es zu flüchten. Bei den schädigenden Ereignissen wurden 4262 Personen verletzt und 343 Personen getötet. Von den Verletzten waren 311 Fübrer, 702 Insassen und 3249 dritte Personen, unter den Getöteten befanden sich 24 Führer, 49 Insassen und 270 dritte Personen. Der herbeigeführte Sachschaden betrug rund 1 778 000 ℳ, wovon etwa 1 458 000 = 82,0 v. H. auf Schäden, die die beteiligten Kraftfahrzeuge erlitten, entfallen. Von den 517 Kraftfahrzeugführern, die nach eingetretenem Unfall flüchteten, wurden 252 nachträglich ermittelt. Es blieben somit 265 Kraftfahrzeugführer unbekannt. Bei dieser Art von Unfällen wurden 150 Personen verletzt, 8 getötet und ein Sach⸗ schaden von etwa 7400 ℳ herbeigeführt. m zahlreichsten kamen Unfälle in Großstädten vor, wo deren 6194 festgestellt wurden; alsdann
an
olgen der Zahl nach die Unfälle auf Landstraßen und Chausseen: 1022. In Städten mit weniger als 100 000 Einwohnern ereigneten sch 716 und auf Dorfstraßen 499 Unfälle. Von den Wochentagen, denen sich Unfälle ereigneten, steht der Sonnabend mit 17,0 v. H. aller Unfälle an erster Stelle, es folgt dann der Montag mit 14,9 v. H.; un wenigsten Unfälle ereigneten sich am Sonntag mit 11,8 v. H. Von den an Unfällen beteiligten Kraftfahrzeugen dienten 7878 zr Personenbeförderung; es entfallen somit auf 100 Personenfahr⸗ wuge 12,5, die Unfälle erlitten haben. Im Lastenverkehr stellt sich iie Zahl auf 14,5. Am ungefährlichsten haben sich die Personenkraft⸗ dider erwiesen, die nur mit 1,1 v. H. an Unfällen beteiligt waren. Am häufigsten, nämlich mit 22,0 v. H., waren die Personenkraftwagen mit 16 bis 40 PS. an schädigenden Ereignissen beteiligt. Bei einer Trennung der Kraftfahrzeuge nach ihrem Verwendungszwecke ergibt ch, daß die im öffentlichen Fuhrverkehr benutzten Droschken und lhe usse am häufigsten an Unfällen teilnahmen, von 100 dieser Pagen waren 76,4 an Unfällen beteiligt; es folgen dann mit 14,6 die Fahrzeuge im Dienst der öffentlichen Behörden, nach diesen mit 123 die Vergnügungs⸗ und Sportfahrzeuge. ““
Zur Arbeiterbewegung.
Nach d Abschluß des großen Lohnkampfes im deutschen hHerrenschneidergewerbe dürfte es jetzt in Groß Berlin zu weiteren Ausständen der Herrenmaß chneider kommen. Eine stark⸗ besüchte Versammlung der im Schneiderverband organisierten Herren⸗ maßschneider beschloß, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, am Sonnabend einstimmig, im Laufe dieser Woche den mit dem Allgemeinen Arbeitgeber⸗ berband abgeschlossenen Tarifvertrag allen denjenigen Arbeitgebern vor⸗ zulegen, die dem Verband nicht angeschlossen sind und deren Arbeits⸗ beringungen noch nicht tariflich geregelt sind. Wo dieser Tarifvertrag nicht durch Unterschrift anerkannt ist, soll sofort die Arbeit niedergelegt werden. Es kommen für die neue Tarifbewegung etwa hundert Ge⸗ schäfte in Betracht. 1
Nachdem am 31. März der Tarifvertrag für das Stuckateur⸗ ewerbe in Groß Berlin abgelaufen ist, haben, wie die „Post“ mitteilt, die Stuckateurgehilfen am 1. April die Arbeit in allen Betrieben eingestellt. Sie haben den Ausstand begonnen, ohne den Spruch des Einigungsamts, das nach dem Vertrag vor dem endgültigen Scheitern der neuen Tarifverhandlungen an⸗ gerfen werden mußte, abzuwarten. Ein am Freitag von dem Einigungsamt unternommener Versuch, eine Verständigung unter den Parteien herbeizuführen, verlief ergebnislos. Die Drganisation der Stuckateurgehilfen will keinen Tarifvertrag scließen, der ihr nicht eine Verkürzung der Arbeitszeit gewährt. Pährend im Baugewerbe fast durchweg die neunstündige Arbeitszeit besteht, arbeiten die Stuckateurgehilfen schon jetzt nur 8 ½ Stunden, und da im Winter der Lichtverhältnisse wegen die Arbeitszeit bis auf 7Stunden herabgeht, beträgt die durchschnittliche Arbeitszeit des Zahres nur ungefähr 8 Stunden. Die Arbeitgeber des Stuckateu gewerbes sind fest entschlossen, die Forderungen der Gehilfen abzuweisen. In einer am Freitag ab⸗ gebaltenen Versammlung wurde einmütig nachstehende Entschließung gefaßt: „Die heute versammelten Arbeitgeber erklären sich mit den Ausführungen des Vertreters des Schlichtungsausschusses einverstanden und lehnen es ab, ohne die Zustimmung des Vorstandes der Freien Vereinigung der Inhaber von Bildhauer⸗ und Stuckgeschäften Groß Berlins in Verhandlungen irgendwelcher Art mit der Gehilfenschaft inzutreten. Die als Bedingung zur Weiterverhandlung von der
Gehilfenschaft verlangte verkürzte Arbeitszeit wird einstimmig ab⸗
gelehnt.“
In Hannover befinden sich seit Sonnabend „W. T. B.“ zu⸗ olge sämtliche Fahrer der Adlerwerke, die den Kraft⸗ hroschkenverkehr in der Stadt zu besorgen haben, wegen Lohn⸗ treitickeiten im Ausstand. Der starke Verkehr zu den gestrigen nnen auf der großen Bult mußte durch die Taxameter be⸗ wältigt werden.
In Weißenfels und den Nachbarorten traten, wie die
„Käln. Ztg.“ aus Halle erfährt, 300 Kürschner nebst ihren Hilfs⸗
arbeitern in den Ausstand, nachdem ihre Forderung auf Lohnerhoͤhu nd Arbeitszeitverkürzung abgelehnt worden war. 1“
Aus London wird dem W. T. B.“ telegraphiert: Der Be⸗ irksausschuß des Transportarbeiterverbandes und der begeas se. der Vereinigung der Hafenarbeiter haben eine Enisch ießung gefaßt, in der die unbesonnene und unverant⸗ wortliche eigenmächtige Abgabe von Erklärungen über die Möglichkeit ines allgemeinen Transportarbeiterausstandes im Anfang es Sommers scharf verurteilt wird. Es wird hervorgehoben, aß keine Beratungen darüber stattgefunden hätten und daß auch nicht ie Absicht bestehe, darüber zu beratschlagen.
Nach einer Pariser Zeitungsmeldung aus Montpellier haben
T. B. zufolge ausständige Landwirtschaftsarbeiter in nehreren Orten an 20 000 Weinstöcke zerstört. Der Ausstand der Straßenbahnangestellten der Linie GBrüssel — Petite Espinette ist, wie die „Köln. Ztg.“ meldet, ee (vgl. Nr. 89 d. Bl.). Die meisten Ausständigen sind am 8 M. zur Arbeit zurückgekehrt. Die Gesellschaft hat ihre rohung wahrgemacht und einige zwanzig Schaffner und Wagen⸗ ter, welche die übrigen Angestellten gewaltsam zur Niederlegung rArbeit veranlassen wollten und bis zuletzt im Widerstand ver⸗ arrten, entlassen.
Wohlfahrtspflege. Aus den Vorträgen, die in der verflossenen Woche von dem
Berliner Zentralverbaud gegen den Alkoholismus veranstaltet wurden noch der des Dr. Hercod⸗Lausanne über den Stand der sroholgese gebung in den Kulturländern hervorgehoben. 5 edner führte etwa aus: Man kann 5 Hauptarten von gesetz⸗ 88 chen Maßnahmen, betreffend den Alkoholhandel, feststellen: aeft Als Beispiel eines Landes, das gänzliche Freiheit in Wirt⸗ Langelegenheiten zuläßt, kann Frankreich gelten. uch In den meisten Ländern Europas hängt die Erlaubnis, eine ma chaft zu eröffnen, von einer Bewilligung ab, die teils von der slneinde, teils von der Zentralbehörde erteilt wird. a. Die Be⸗ bang wird manchmal von Rechts wegen erteilt — unter Bezah⸗ geiner kleinen Geldsumme — an jeden, der darum nachsucht, wenn cen persönlichen Bedingungen entspricht (so z. B. Berlin, 82 walden und Schaffhausen) b. Die Geldsumme, die jährlich b 1 onzession zu bezahlen ist, ist von vornherein so hoch bemessen, 9 hahl der Wirtschaften sich vermindert (System der high⸗ 99 8. hauptsächlich in verschiedenen Staaten Nordamerikas und in af esch idenerem Maße in Serbien). c. Die Erlaubnis, eine Wert⸗ 8 9 eröffnen, ist der sogenannten Bedürfnisklausel unterworfen, ahlöuständige Behörde kann die Erlaubnis verweigern, wenn 2 estehenden Wirtschaften schon den Bedürfnissen oedräche t entspricht. Diese Bedürfnisklausel kann sehr unbestimmt nione E sein (Oesterreich, Deutschland, verschiedene Schweizer schen’ d ngland), oder das Gesetz kann ein bestimmtes Verhältnis sererr Zahl der Wirtschaften und der Einwohnerzahl festlegen, nift Fältnis, das je nach der Wichtigkeit oder den besonderen Ver⸗ n der betreffenden Ortschaften wechseln kann (Holland, ver⸗ sch chweizer Kantone, Entwurf des vom Senat angenommenen lgen Gesetzes). d. Das System des russischen Monopols, das meinde zu Beamten des Staats macht, mit einer Abart: das füh r Hfmnonopol wie es seit 2 Jahren in Rumänien teilweise ein⸗ hn 9 e. Das Gothenburger System, d. h. die Uebertragung undla sionen einer Ortschaft an eine Gesellschaft auf gemeinnütziger bt E die die Wirtschaften im Interesse des Gemeinwohls 8 9 Schweden, Norwegen, Finnland.) neinde 8 Gemeindebestimmungsrecht, d. h. die Wähler einer nadne önnen alle möglichen einschränkenden oder Verbots⸗ en auf dem Gebiet ihrer Gemeinde treffen, die ihnen als
recht für den Branntweinausschank in den norwegischen Städten an⸗
gewandt und teilweise auch in den Landgemeinden Dänemarks. Es
5 und in den meisten Staaten Nordamerikas überall rbreitet.
4) Das teilweise Staatsverbot alkoholischer Getränke findet in folgenden 8 Staaten der amerikanischen Union Anwendung: Maine, Kansas, Norddakota, Oklahoma, Georgia, Mississippt, Nordkarolina und Tennessee. Herstellung und Verkauf im Innern dieser Staaten sind verboten, nicht aber die Einführung, die auf Grund der Bundes⸗ sesebe, die den zwischenstaatlichen Handel regeln, gestattet ist. Das⸗ elbe gilt für die Prinz Eduardsinsel, ein“ canadische Provinz.
5) Das vollständige Verbot der Herstellung, der Einfuhr und des Verkaufs alkoholischer Getränke besteht nur in einem einzigen Staate, Island, wo das Verbotsgesetz am 1. Januar 1912 in Kraft getreten ist.
3 Kunst und Wissenschaft.
Die Ausstellung der Werke G. F. Schmidts im Kupfer⸗ stichkabinett wird morgen geschlossen und durch eine Ausstellung von Zeichnungen, Radierungen und Steindrucken Fran⸗ cisco Goyas ersetzt werden. “
1*
Wie aus Korfu gemeldet wird, sind dort am Freitag unterhalb
der Kirche des heiligen Euphemian in der Nähe der Narnffrhalb mauern des griechischen Königsparks von Mon Repos in Gegenwart Seiner Majestät des Kaisers und Königs unter Leitung des Professors Dr. Doerpfeld Teile des Fußbodens eines augenscheinlich durch Feuer zerstörten altgriechischen Hauses aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. freigelegt worden. Man fand auf dem Estrich des Fußbodens, der von einer kleinen Erhöhung umgeben ist, Bruchstücke von Vasen und Amphoren, die zum Teil Inschriften tragen, sowie eine kleine, an einem Ende verbreiterte, geschlossene Glasröhre und Bruchstücke einer Terrakottafigur. In den Fußboden ist ein großes Gefäß eingelassen.
Im letzten (16.) Heft der illustrierten Wochenschrift „Die Umschau“ (Herausgeber: Professor Dr. J. H. Bechhold.rankfurt a. M., Preis vierteljährlich 4,60 ℳ) veröffentlicht der Dr. med. Gustav Zimmermann einen interessanten Aufsatz, in dem die Prage⸗ wie der Schall zu Gehör kommts behandelt wird.
ie allgemeine Ansicht ging bisher dahin, daß der Schall durch die Bewegung des Trommelfells und der mit diesem verbundenen Gehör⸗ knöchelchen erst auf das Wasser im inneren Ohr übertragen werde, und daß dann das durch die Schallwellen indirekt bewegte Wasser seinerseits die Hörnervenenden errege, die zu vielen Tausenden nebeneinander zwischen den Knochenwänden des inneren Ohres ausgespannt und durch verschiedene Länge auf die verschiedenen Schall⸗ schwingungen abgestimmt sind. Und zwar nahm man auf Grund von Arbeiten von Helmholtz es als ausgemacht an, daß diese Uebersetzung des Schalls nach Art eines kleinen Hebelwerks geschähe, indem jeder “ Endes das Innerste der drei Gehörknöchelchen, den Steigbügel, wie einen kleinen Stempel in seinem Rahmen hin und her stieße. Gegen „diese Anschauungen von der Schallübertragung sprachen aber alltägliche Erfahrungen, die die gute Hörfähigkeit von Personen außer Zweifel ließen, die Trommelfell und Ge⸗ hörknöchelchen nach Ohrerkrankungen verloren hatten; und die Zweifel, ob an diese Organteile tatsächlich die Schallzuleitung ge⸗ bunden sei, werden durch theoretische Erwägungen noch verstärkt. Dr. Zimmermann ist nun dieser interessanten Frage nachgegangen und dabei zu dem überraschenden Ergebnis gelangt, daß dem Trommel⸗ fell und den Gehörknöchelchen wahrscheinlich gar nicht die Aufgabe zufällt, den Schall nach dem inneren Ohr zu leiten, daß sie vielmehr dazu dienen, den Schall für die Empfindung ab⸗ zuschwächen und zu dämpfen. Er führt für diese Annahme zunächst die Gesetze an. Der Schall ist eine Be⸗ wegung, die innerhalb aller schalleitenden Körper in Form feinster Druckanderungen sich fortpflanzt. Man nimmt nun an, daß die einzelnen Massenteilchen der Körper, die Moleküle, nacheinander auf winzige Strecken — die regelmäßig nicht nur weit unter dem Durch⸗ messer selbst der kleinsten Körper, sondern oft auch unterhalb der rechnungsmäßigen Größe des einzelnen Moleküls bleiben — verdrückt werden und wieder in die Ruhelage zurückfedern, während die nächst⸗ folgenden den Druck aufnehmen und weitergeben. Die leitenden Körper erfahren dabei nur „Aenderungen ihres elastischen Zu⸗ standes, ohne daß Ortsänderungen gegen die Umgebung dadurch bedingt wären. Solche Ortsänderungen werden nur durch stärkere Kräfte ausgelöst, die nicht bloß, wie der gewöhnliche Schall, die inneren elastischen Widerstände in Angriff nehmen, sondern überdies auch stark genug sind, die äußeren Wider⸗ stände der Umgebung zu überwinden und, weil diese Widerstände bei verschiedenen Körpern verschieden sind, dann erst einer Verschiebung des einen gegen den anderen hervorrufen. Das gilt wie für alle Körper, so auch für alle Körpergewebe, also auch für die Gehörknöchelchen. Auch die Gehörknöchelchen werden durch den gewöhnlichen Schall gegen die Umgebung nicht hin und her gestoßen und werden nicht mehr und nicht stärker bewegt als der Knochen, in den sie eingerahmt sind; und direkt von diesem Knochen aus werden ohne Umwege über die Knöchelchen und das Wasser die unmittelbar hinter dem Knochen ausgespannten Hörnervenfasern erregt.
Das läßt sich mit einiger Sicherheit auch durch Versuche erkennen. Dr. Zimmermann hat in das innere Ohr ein Mikrophon eingesetzt, und da zeigte sich, daß ein von außen zugeleiteter Schall im Loär⸗ krophon gleich gut und lange bemerkbar war, ob eins der Gehör⸗ knöchelchen herausgenommen war oder nicht. Die Knöchelchen werden wirksam bewegt nur durch stärkere Antriebe. Aehnlich wie nicht jedes Wasser das Mühlrad umtreibt, sondern nur 126 von hinreichendem Gefälle, so treibt auch nicht jeder Schall die Knöchelchen einwärts, sondern nur Schall von größerer Stärke oder jene Kräfte, die durch Zusammenziehung der beiden an den Knöchelchen sich ansetzenden kleinen Muskeln des Mittelohrs ausgeübt werden. Jedes solches Einwärtsrücken muß — wie aus hydraulischen Gesetzen leicht zu entwickeln ist — eine Verdrückung und der schwingenden Fasern zur Folge haben. Das bedeutet in den Fä en, wo unmittelbar durch stärksten Schall die Dämpfung ausgelöst wird, im Sinne der Selbststeuerung an unseren Maschinen, einen Schutz für das Ohr; und der Umstand, daß die Dämpfung be⸗ sonders die tieftönigen Fasern wegen ihrer größeren Länge betreffen muß, wird in noch bedeutungsvollerem Maße als Präzisions⸗ mechanismus für das Ohr nutzbar gemacht: nicht nur, um, ähnlich wie auf dem Klavier, den bei den tiefen Tönen besonders leicht möglichen Nachschwingungen Einhalt zu tun, sondern auch um ihr Anklingen zum Zwecke der Schallunterscheidung zu regeln. Will nämlich das Ohr beim Lauschen einen ungewohnten Schall unterscheiden, so ziehen sich selbsttätig die Binnenmuskeln zusammen und ziehen die Knöchelchen einwärts und dämpfen damit zunächst die tiefen Töne für die Empfindung ab, sodaß nur die hohen gehört werden. Tauchen bei Nachlaß der Kontraktion dann die tiefen Töne wieder auf, so ist damit zur feinsten Schall⸗ unterscheidung dem Ohr die wunderbarste Handhabe geboten. Ebenso wie im Auge durch Anspannung des Ziliarmuskels der Linse das Blickfeld nacheinander zu scharfen Netzhautbildern eingestellt wird, so wird im Ohr durch das Spiel der beiden Binnenmuskeln und des Fdßten eB 11“ 8 örfeld nach en Einzelkomponenten abgesucht, welche jeweils in einem ko e ee nn 8 1 Im letzten Heft des Pflügerschen Archivs hat Dr. Zimmermann ausführlich dargestellt, wie gut diese neue Erklärung gem nur mit physikalischen Gesetzen und physiologischen Beobachtungstatsachen in Einklang steht, sondern wie sie erst den Schlüssel abgibt für manche bisher ganz unerklärlichen Tatsachen der vergleichenden Anatomie und der klinischen Erfahrung. Ueberall finde sich bestätigt: daß Trommel⸗ ell und Gehörknöchelchen keine Zuleitungsapparate für den Schall ein können, sondern daß sie ein wundervoll funktionierender Dämpfungs⸗
endig erscheinen. In Europa wird das Gemeindebestimmungs⸗
mechanismus sind. 8
Literatur.
Herzog Friedrich VIII. von Schleswig⸗Holstein Lebensbild. Von Fich H. Gebauer. Mit 8 Helstein. 898 einer Stammtafel. Stuttgart und Berlin. Deutsche Verlagsanstal 1912. 209 S. Geheftet 3 ℳ, gebunden 4 ℳ. — Gemäß dem Auf⸗
trag des Herzogs Ernst Günther zu Schleswig⸗Holstein, seinem un⸗ mittelbaren Vorfahren, ein biographisches Dentmal zu setzen, haben Dr. Hans Schulz das Lebensbild des Herzogs Friedrich Christian (gest. 1814) und Dr. Johannes Gebauer das seiner beiden Nachfolger, Christian ugust (gest. 1869) und Friedrich (gest. 1880), i-, ,e d
Von den beiden letztgenannten Biographien ist die erstere 1910 er⸗
schienen; ihr schließt sich die nunmehr vorliegende des Herzogs Friedrich VIII. an. Benutzt wurden in erster Linie auch diesmal
das reiche Material des Herzoglichen Hausarchivs in Primkenau und daneben Samwersche Papiere; gelegentlich wurden Akten des Coburgischen Haus⸗ und Staatsarchivs zu Coburg heran⸗ gezogen. Als den Wendepunkt im Leben des Erbprinzen hat man von je her seine Unterredung mit Bismarck am späten Abend des 1. Juni 1864 angesehen. Die beiden über dieses Gespräch vorliegenden Berichte werden eingehend auf ihren Wert geprüft und danach der Inhalt des Gesprächs wiedergegeben. Für seine Berufung auf die Auffassung von Erich Marcks, Kaiser Wilhelm J., hätte der Verfasser auf eine neuere Auflage (6. und 7. 1910, S. 242) verweisen können. Zur Beantwortung der schwierigen Frage, was Bismarck mit dieser Verhandlung erreichen wollte, hat Lenz in seiner „Geschichte Bismarcks“ (dritte, verbesserte und ergänzte Auflage 1911) in einer ausführlichen Erörterung (S. 245 bis 253) mancherlei Fingerzeige gegeben, die besondere Beachtung verdient
hätten. Auch Lenz steht übrigens nicht an, dem Augustenburger Bericht den größeren Quellenwert zuzuerkennen. Man sieht den Herzog bei Gebauer nicht bloß die dornigen Pfade der Politik wandeln, sondern darf auch den persönlichen Beziehungen zu seinen Vertrauten nachgehen, insbesondere dem Freundesverhältnis, das ihn seit dem Bonner Universitätsstudium (1851) mit dem preußischen Thronerben Friedrich Wilhelm unwandelbar verband. Von seiner alle Enttäuschungen überwindenden deutschen Gesinnung legte Herzog Friedrich ein rühmliches Zeugnis ab, indem er beim Ausbruch des Krieges mit Frankreich 1870 dem preußischen Kronprinzen ins Feld folgte. Nach dem Besuch der Universität war einst der Prinz ins Erste Garderegiment zu Fuß eingetreten (Früh⸗ jahr 1854) und dort bald zum Hauptmann befördert worden; da er aber nach der Annexion von 1866 Bedenken trug, die preußische Uniform von neuem zu tragen, hatte er König Ludwig von Bayern gebeten, ihn à la suite seiner Truppen zu stellen, und war dann von diesem zum Generalmajor ernannt worden. So wurde er Augenzeuge des ge⸗ waltigen Ringens um Sedan und der erhebenden Vorgänge nach der Schlacht. Auf den letzten Seiten des Buches werden in anziehender Weise die Besprechungen und Veranstaltungen erzählt, die den damaligen Prinzen Wilhelm und die älteste Tochter des Herzogs, das jetzige Kalserpaar, zum Lebensbund zusammengeführt haben. Zum Schluß wird die finanzielle und staatsrechtliche Regelung zwischen dem Augustenburger Hause und der Krone Preußen besprochen und in Verbindung mit diesem Ausgleich auch daran erinnert, daß der Kaiser in feinempfundener Aufmerksamkeit dafür Sorge getragen habe, daß das junge Geschlecht seines Hauses seine geistige Aus⸗ bildung auf Ebbbbb“ Boden fand. Ein Geleitwort von einer dem Herzog Friedrich nahestehenden und persönlich interessierten Seite (G. v. S.) enthält eine warmherzige Würdigung der Verdienste aller drei Fürsten, des Großvaters, des Vaters und des Sohnes um die nationale Sache.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
In Gegenwart des Königs und der Königin, des Unterrichts⸗ ministers Credaro, des Handelsministers Nitti, des Un ectenirserrichts⸗ im Ministerium des Aeußern Fürsten di Scalea und anderer hervor⸗ ragender Persönlichkeiten wurde gestern, wie „W. T. B.“ aus Rom meldet, im Kapitol der siebente Tuberkulosekongreß eröffnet, zu dem gegen viertausend Teilnehmer aus allen Ländern der Welt, dar⸗ unter die amtlichen Vertreter auswärtiger Regierungen erschienen waren. Nachdem der Bürgermeister Nathan im Namen der Stadt Rom den Kongreß begrüßt hatte, hielt der ehemalige Unterrichtsminister, Professor Guido Baccelli die Eröffnungs⸗ rede; dann erklärte der Minister Credaro den Kon reß für eröffnet. Im Namen der internationalen Tuberkulose onferenz, die in den letzten Tagen ebenfalls in Rom tagte, sprach der Präsident des Reichsgesundheitsamts, Wirkliche Geheime Oberregierungsrat Bumm⸗Berlin. Es folgten Ansprachen der Führer der auswärtigen Abordnungen, auf die der Generalsekretär des Kongresses, Professor Ascoli erwiderte. Nach dem Eröffnungsakt verließen der König und die Königin das Kapitol, auf dem ganzen Wege von der Be⸗ völkerung lebhaft begrüßt. Wie weiter gemeldet wird, hat die Internationale Tuberkulosekonferenz, die in Behinderung des Ministers Léon Bourgeois⸗Paris von dem Fesegen n Bumm ge⸗ leitet wurde, die Internationale Tuberkulosemedaille, die höchste Auszeichnung für Verdienste um die Bekämpfung der Tuberkulose, dem ehemaligen Minister Professor Baccelli⸗Rom, dem Minister Léon Bourgeois⸗Paris, dem Dr. Dewez⸗Mons, dem Direktor des Gesundheitsamts Dr. Schmid⸗Bern, dem Baron Tamm⸗Stock⸗ holm und dem Pigfesge Pannwitz⸗Berlin verliehen. Die nächste Konferenz wird im Jahre 1913 in Berlin stattfinden.
(Weitere Nachrichten über Gesundheitswesen ꝛc. s. i. d. Ersten Beilage.)
Verkehrswesen.
Schiffsliste für billige Briefe nach den Vereinigte Staaten von Amerika (10 ₰ für je 20 g). 1 Die Portoermäßigung erstreckt sich nur auf Briefe nicht auch auf Postkarten, Drucksachen usw., ilt . für Briefe nach den Vereinigten Staaten von merika, nicht auch nach anderen Gebieten Amerikas, z. B. Canada⸗. „Kaiser Wilhelm II.“ ab Bremen 16. April, „Kaiser Wilhelm der Große“ ab Bremen 23. April, 6
Perh ab Hamburg 25. April, „Prinz Friedrich Wilhelm“ ab Bremen 27. April,
„Kronprinzessin Cecilie“ ab Bremen 30. April,
„Amerika“ ab Hamburg 2. Mai,
„George Washington“ ab Bremen 4. Mai,
„Kronprinz Wilhelm“ ab Bremen 7. Mai,
„Cinecinnati“ ab Hamburg 9. Mai,
„Kaiser Wilhelm II.“ ab Bremén 14. Mai,
Postschluß nach Ankunft der Frühzüge.
Alle diese Schiffe außer „President Grant“ und „Cincinnati“ 858 Schnelldampfer oder solche, die für eine bestimmte Zeit vor dem
bgange die schnellste Beförderungsgelegenheit bieten. Es empftehlt sich, die Briefe mit einem Leitvermerk wie „direkter Weg“ oder „über Bremen oder Hamburg“ zu versehen.
Theater und Musik.
““ Deutsches Theater.
Im Deutschen Theater wurde am Sonnabend ein in Deutschland sehr selten gespieltes Stück von Molièdre, „George Dandin“, in der Verdeutschung und Bühnenbearbeitung Karl Vollmoellers aufgeführt. Vor Jahren sah man diese Komödie, von allen modischen Sheeehen und Zutaten entkleidet, die bei ihrer Erstaufführung im Jahre 1668 die Handlung umrankten, im hiesigen Berliner Theater. Aber sie verschwand bald wieder von der Szene und nur die stereotype Bemerkung des gefoppten Titelhelden „Du hast's ge⸗ wollt, George Dandin“, erhielt sich nach wie vor als geflügeltes Wort. Im Deutschen Theater wurde nun der Versuch gemacht, das Stück mit der Parallelhandlung der schäferlichen Zwischen⸗
spiele, zu denen Einar Nilson nach Motiven von