8 8
drücken. Wie würde es nun mit der Frage der Sozialdemokratie gehalten werden? In Bayern hätte bisher das System des Leben und Lebenlassens bestanden, das sich ausgezeichnet bewährt habe. Es beständen dort nicht die Gegensätze zw schen Sozialdemokraten und Nichtsozialdemokraten wie in anderen deutschen Staaten. Füge sich nun die neue Regierung in die Mehrheit der Kammer der bgeordneten, so würden 1 Zustände eintreten. Es würde viel Unzufriedenheit eben, das Resultat werde aber sein, daß nicht ein Arbeiter aus der ozialdemokrarie austrete und in das Lager des Zentrums übergehe. Wenn die Staatsregierung diesen Fragen gegenüber Stellung genommen haben werde, dann werde er für sich entscheiden, ob er der Staats⸗ regierung das Vertrauen aussprechen könne. Der Minister des Innern Freiherr von Soden entgegnete, der Vorredner geht von einer falschen Voraussetzung aus, wenn er davon gesprochen hätte, daß das neue Mini⸗ sterium wohl den Anfang zu einem parlamentarischen System bedeuten werde. Er (Redner) müsse nachdrücklich feststellen, daß das neue Ministerium kein Parteiministerium sei. Es sei auch von Aller⸗ höchster Stelle nicht als solches berufen worden, und es sei seine Pflicht, in dem Sinne, in dem es berufen worden wäre, seine Tätigkeit zu entwickeln. Wenn das Ministerium mehrfach ein konservatives genannt worden sei, so habe dies einen anderen Sinn. Er betone, daß es zutreffend sei, daß die neuen Minister von einem konservativen Geiste Feäitet seien und von einem solchen aus die Geschäfte zu voll⸗ ühren haben würden, die ihnen durch die Uebertragung des Amtes seitens er Krone oblägen. Graf Törring habe auch den Jesuitenerlaß und den Süddeutschen Eisenbahnerverband gestreift. Der Jesuitenerlaß sei ine Notwendigkeit gewesen und ebenso auch das, was der Verkehrs⸗ zinister in den “ Tagen veröffentlicht habe. Ueber den Jesuitenerlaß sei heute schon in den Zeitungen eine offizielle Notiz zu finden. Es handele sich bei der Auslegung des Je uitenerlasses um eine Verordnung, die in voller Uebereinstimmung aller Minister erfolgt sei. Schließlich betonte der Minister noch einmal, daß die Furcht, daß die Minister dem Drucke der Partei, die hinter ihnen stehe, nicht voll Stand halten werde, unbegründet sei, weil eben das Ministerium kein Parteiministerium sei. Der Reichsrat Graf Preysing bedauerte, daß von einem Mitglied der Kammer die Notwendigkeii eines allmählichen Ueberganges zum parlamentarischen System betont worden sei, und der Reichsrat Freiherr von Würtz⸗ ”8 19. 8“ daß er die Anschauungen des Grafen Törring n elle.
Darauf trat das Haus in die Tagesordnung ein.
Oesterreich⸗Ungarn.
Das gestern veröffentlichte gemeinsame Bu dget für 1912 weist, wie „W. T. B.“ meldet, ein gesamtes Netto⸗ erfordernis von 470 923 322 Kronen auf. Das ist gegenüber dem Nettoerfordernis für 1911 eine Erhöhung von 22 ⁄10 Millionen. Nach Abzug des Zollgefällüberschusses verbleibt ein Erfordernis von 287 456 603 Kronen, das durch die Quotenbeiträge zu decken ist, und zwar entfallen auf die öster⸗ reichische Reichshälfte 18286⁄ Millionen und auf Ungarn 1046⁄0⁰ Millionen.
Das Gesamterfordernis des Ministeriums des Neußern ist um 673 789 Kronen höher als 1911. Das Normalheeresbudget weist ein ordentl ches Erfordernis von 372 380 531 Kronen auf, ferner ein außerordentliches Erfordernis von 5 286 140 und für die bosnischen Truppen 12 768 346 Kronen, zusammen 390 435 917, dii 18 136 000 mehr als im Jahre 1911. Das ordentliche Nettoerfordernis der Marine mit 67 714 000 ist um 3 ⁄10 Millionen größer, hingegen das außerordentliche Erfordernis im Betrage von 4 043 000 um 51 000 kleiner als 1911. Das Gesamterfordernis des Heeres und der Kriegsmarine beziffert sich auf 449 423 881, das ist um 21 636 254 mehr als 1911. Als zweite Rate des außerordentlichen Erfordernisses aus Anlaß der Aus⸗ gestaltung des Heeres werden für 1912 19 Millionen und für Zwecke der Kriegsmarine eine Million angesprochen. Die Steigerung des normalen Budgets um 217⁄10 sowie das Ausgestalkungserfordernis von 20 Millionen entspricht dem in der vorjährigen Delegationssession mitgeteilten Finanzprogramm, das zwischen dem Kriegsministerium und den beiderseitigen Regierungen vereinbart wurde. Auf die Durchführung der Wehrreform entfallen von den angesprochenen Krediten 15 550 000, für die endgültige Sanierung der un⸗ zureichend dotierten ea hcisn sind 10 910 000 Kronen, für fortifikaͤ⸗ torische Maßnahmen 5 Millionen Kronen, für die Bewaffnung von Luftschffen, für Flugmaschinen usw. 680 000 Kronen eingestellt. Der außerordentliche Kredit von 67 Millionen für die Ausgestaltung der Flotte zerfällt in zwei Raten von je 12 Millionen für das Schlachtschiff „Viribus unitis“ und für das Schlachtschiff V, zwei Raten von je 5 Millionen für die Schlachtschiffe VI und VII, zwei Raten von je 1,4 Millionen und eine Rate von 1,7 Millionen für drei Kreuzer, weitere 1,4 Millionen für 6 Torpedofahrzeuge, 1 Million für 12 Hochseetorpedoboote. Für die Ausrüstung mit Artillerie und Torpedos werden insgesamt 26,1 Millionen als Raten gefordert.
— Wie die „Neue Freie Presse“ meldet, hat sich der ungarische Ministerpräsident Graf Khuen⸗Hedervary ent⸗ schlossen, dem König sein Entlassungs gesuch zu überreichen.
Großbritannien und Irland.
In der gestrigen Sitzung des Unterhauses verlas der Premlerminister Asquith unter tiefem Stillschweigen die Meldung der White Star Line über den Untergang der „Titanic“ und sagte dann laut Bericht des „W. T. B.“:
Ich bin betrübt, daß wir wieder einem jener fürchterlichen Er⸗ eignisse gegenüberstehen, die manchmal im Rate der Vorsehung be⸗ schlossen sind, die unsere Vorsicht zunichte machen, die die kühnste Phantasie sich nicht ausdenken kann und die uns empfinden lassen, wie arm unsere Worte sind, wenn wir in solchem Augenblick sagen wollen, was wir fühlen. Wir können nur unserer Bewunderung Ausdruck geben, daß die besten Seemannstraditionen beobachtet zu sein scheinen, und daß willig Opfer dargebracht wurden, um denen, die am wenigsten imstande waren, sich selbst zu helfen, die größte Aussicht auf Rettung zu verschaffen. Wir haben tiefes Mitgefühl mit denen, die so plötzlich ihrer liebsten und nächsten Angehörigen beraubt worden sind.
Hierauf setzte das Haus die erste Lesung der Homerule⸗ Bill fort und nahm sie nach erregter Debatte unter großen Beifallskundgebungen der Nationalisten und der Liberalen mit 360 gegen 266 Stimmen an.
Frankreich.
Der Ministerrat hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, beschlossen, daß die Bestattung des Kammerpräsidenten Brisson auf Staatskosten, und zwar am 19. d. M. Nachmittags, statt⸗ finden soll. Ferner setzte der Ministerrat die Einzelheiten der auf die letzten Vorschläge Spaniens zu erteilenden Antwort fest.
Niederlande.
Wie „W. T. B.“ meldet, hat der Finanzminister einen Gesetzentwurf zur Ergänzung des Münzgesetzes vor⸗ gelegt, der es ermöglicht, unter der Kontrolle der Kammern Geld auch aus Silberbarren zu prägen, soweit es die Umlaufs⸗ bedürfnisse erfordern werden. Die Prägungsgewinne aus dem Silber werden einen Spezialfonds zur Deckung der aus der Münzentwertung und Umschmelzung sich ergebenden Verluste bilden. Sodann schlägt der Gesetzentwurf die Einführung eines goldenen 5 Guldenstücks und einer viereckigen 5 Centmünze
or. Außerdem verbietet er die Einführung von deutschem und
belgischem über 20 ℳ oder 25 Francs und von oder 121 ½ Francs.
Silbergeld im Betrage von Geld aus unedlem Metall über 10 ℳ
Belgien. ssel tagende Konferenz der mitteleuro⸗ schaftsvereine von Deutschland, Belgien,
„Die in Brü päischen Wirt
ordnung tritt am 1. April 1912 in Kraft. — § 6. Die Verordnun des Gouverneurs, betreffend die Einwanderung mittelloser, nicht ein⸗ geborener Personen, vom 12. Augvst 1905 und die Verordnung des Gouverneurs, betreffend die Einwanderung mittelloser, nicht einge. borener Personen in das Inselgebiet, 14. Oktober 1907 werden hiermit aufgehoben.“ 8
Oesterreich und die Errichtung klassifikation in den mitteleuro schiedene Referenten waren, wie Meinung, daß es nationaler festzustellen.
garn verhandelte gestern in erster Linie einheitlichen Waren⸗ päischen Zolltarifen. T.B.“ meldet, der im Wege inter⸗ Terminologie rklicher Geheimer Ober⸗ daß vorerst n Tarifierung entgegen⸗
wohl möglich wäre, Vereinbarung einheitliche Der deutsche Referent, Wi regierungsrat Lusensky⸗Berlin mein wirtschaftliche Interessen einer einheitliche Einem Antrage gemäß nahm die Konferen Resolution an, daß es empfehlenswert wäre, beim Ab von Handelsverträgen unter den Teilnehmern europäischen Wirtschaftsvereine Tarifierung Rechnung zu tragen.
der mittel⸗ der Annäherung Es wurde zum Zwecke der Vorberatung und zum Studium des Plans eine onferenz im und über das Ergebnis ihrer erstatten soll. Der letzte Punkt der Regelung des über diese Frage gingen auf Einsetzung die die gesetzliche chaft mit dem Gesetz nd zu Land vorbereiten fertigen Entwurf einer Damit waren die Arbeiten
praktischen Kommission eingesetzt, die zu einer besonderen K 1914 zusammentreten Beratungen Bericht Tagesordnung Markenre weit auseinander. einer internationalen ständigen Kommission, Regelung des Markenrechts in Gemeins über den unlauteren Wettbewerb von La Diese Kommission soll einen späteren Konferenz unterbreiten. der Tagung vollendet.
betraf die einheitliche Die Ansichten
Schließlich einigte man sich
laut Meldung des ächte zu dem Minister entische Mitteilung. tz des Scheich ül Islam umen, der sich mit dem eute werden die Beratungen Um in Ueberein⸗ binett zu handeln, hat die ilung der Mächte Stillschweigen
tag begaben
Gestern vormit ertreter der M
„W. T. B. die V des Aeußern und machten ihm eine id Am Nachmittag trat unter dem Vorsi⸗ ein außerordentlicher Mini Schritt der Mächte beschäf in dem ordentlichen Ministerrat
stimmung mit dem römischen Ka hlossen, über die Mitte
sterrat zusan
Pforte bes zu beobachten.
Norwegen.
hat gestern laut Meldung des en, 136 365 Kronen als Zuschu
WVS
zu bewilligen.
Das Storthing einstimmig beschloss
Amundsens Expedition nach der Arktis
gierung auf den ch⸗belgische Anleihe „Reuterschen Bureaus“, dem belgischen Syndikat keine kommen könne.
Ddie Antwort der chinesischen Re Einspruch der Mächte gegen die englis besagt nach einer Meldung des die Regierung von Geldmittel mehr be⸗ nale Finanzgruppe um Beistand und Tangshaoyi erklärt, geben habe.
Sie bittet die internatio⸗ stellt fest, daß es, wie
auf beiden Seiten Mißverständnisse ge⸗
Koloniales. Neue Banknoten für Deutsch Ostafrika.
Den Abschluß der Wä afrika, mit der die deuts
erklärt wurde, bildete die dung der Deutschostaf Notenausgabe.
hrungsreform in Deutsch che Rupie zum gesetzlichen Zahlungsmittel am Anfang des Jahres 1905 erfolgte Grün⸗ rikanischen Bank mit dem Rechte der hrem Bestehen Banknoten Entwicklung der Notenumlauf am insgesamt 3 085 410 Rukd che Lage des Schutzgebiets hervor⸗ Zahlungswerten hat die Bank nun⸗ 00⸗Rupien⸗Noten veranlaßt.
ank hat seit i 50 und 100 Rupien des Banknotenverkehrs ergibt sich Schlusse des Kalenderjahres 1911 Die durch die günstige wirtschaftli gerufene Nachfrage nach höheren mehr zur Schaffung von 5
ausgegeben. daraus, daß
g Mittelloser nach Neuguinea
unterm 18. Januar d. J. eine neue, erordnung erlassen, die gebietsgesetzes und des § 5 der Ver⸗ 27. September 1903 für das Schutz⸗ es Inselgebiets folgendes bestimmt:
Von der Einwanderung über See können Personen aus⸗ tz genügender Mittel zur Be⸗ nicht nachzuweisen vermögen. Der en vor der Behörde des Einw Diese ist berechtigt, rlangen, die durch
Ueber die Einwanderun
hat der Kaiserliche Gouverneur im „Deutschen Kolonialblatt“ auf Grund des § 15 des Schutz fügung des Reichskanzlers vom gebiet Neuguinea einschließlich d
veröffentlichte V
werden, welche den Besi streitung ihres Lebensunterhaltes Nachweis ist auf Verlan hafens zu führen. für diejenigen Kosten zu ve wandernden nach dem Einschiffungshafen kann bei oder nach Einwanderung gebiets von dem Einwandernden ein einer Rückbeförderung verlangt wer der Lage, diese Sicherheit zu stellen, untersagt oder seine Rückbeförderung verfügt werden. — Führer der einkommenden Schiffe Ankunfthafens eine Li Name und Bestimmu Ankunft des Schiffes vorzul der Einwanderung ausgeschlo auf Verlangen der Behörde Person verpflichtet.
Schiffsführer derselb eingewanderten Person verpflicht Dienstverhältnis
Dienstverhältnisses rankenhilfe nud
anderungs⸗ Sicherheitsleistung mindestens Rückbeförderung des Ein⸗ entstehen würden. zen des Schutz⸗ g für die Kosten Ist der Einwanderer nicht in so kann ihm die Einw
über die Landgren e Sicherheitsleistun
ö sind verpflichtet, der Behörde ste der einwandernden Personen, aus welcher elben hervorgehen muß, sofort nach .Wenn eine Persoen von en wird, so ist der Führer des Schiffes zur unentgeltlichen Erfolgt die Landung trotz V
ngsort ders
Weiterführung der erbots, so ist jeder zur unentgeltlichen Mitnahme der Wer eine Person
en Reederei
vom Tage Beendigung die Kosten des Unterhalts, der haftet, soweit sie aus öffentlichen Mitteln be⸗ Verpflichtung geht auf denjenigen über,
Angestellten innerhalb des im ersten Ab Zeitraums in Dienst oder bei mehrmaligen Die Verpflichtung erstreckt sich „Kinder) eines solchen Angestellte einwandern oder später allein
vorübergehenden Aufenthalt au
der Heimsendung ver⸗ stritten werden. welcher den ausgeschiedenen satz bestimmten einjährigen sel zuletzt in Dienst ch auf Angehörige n, sei es, daß sie kommen, sei es, ßerhalb des Schutz⸗ auf andere Angeh rige eines die eine selbständige Berufstätigkeit nicht aus⸗ Zustimmung des Arbeitgebers einwandern. — der die ihm durch diese Verordnung auferle ird mit Gefängnis bis zu drei Mona strafe bis zu 600 ℳ bestraft. rer durch diese Verordnung auferle die Aushändigung der Schiffspapiere verweig 3—
enommen hat.
Braut, Ehefrau gleichzeitig mit ihm daß sie nach einem gebiets zu ihm zurückkehren, ferner auch solchen Angestellten, üben und mit Ein Schiffsführ Pflichten verletzt, w zur Erfüllung der dem gten Pflichten kann ihm Diese Ver⸗
ert werden.
Parlamentarische Nachrichten. Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichstags
und der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Haus EE“ befinden sich in der Ersten und Zweilen Beilage.
— In der heutigen (39.) Sitzung des Reichstags
wurde die Spezialberatung des Etats für das Reichseisen⸗ bahnamt fortgesetzt.
Abg. Vogtherr (Soz.): Der Präsident des Reichseisenbahn⸗
amts hat gestern jede Aussicht vermissen lassen, daß bezüglich de Dienst⸗ und Ruhezeit des Eisenbahnpersonals irgend eine efecnah Regelung eintritt. Der Abg. Behrens sieht in den ver⸗ sprochenen Crwägungen einen erfreulichen Fortschritt. Es ist jedoch das Gegenteil der Fall, die Pruͤfung dieser age wird zu dem Ergebnis führen, daß überhaupt nichts desch Der Abg. Behrens wies dann noch darauf hin, daß bei einer Elektrisierung der Staatsbahnen das Arbeitsverhältnis der Arbeiter der Elektrizitätswerke, die staatliche Lieferungen bekommen, ebenso verschlechtert werde, wie es bisher bei dem Personal der Hilfs⸗ verkehrsanstalten der Fall ist. Sollte so etwas eintreten, so müßte schon von vornherein dem vorgebeugt werden. Der Präsident des Reichseisenbahnamts hat es sich außer⸗ ordentlich leicht gemacht, die Forderungen zurückzuweisen, die die Resolutionen meiner Partei und der Nationalliberalen verlangen. Nach seiner Meinung besteht weder im Interesse des Verkehrs noch in dem der Beamten ein Bedürfnis nach irgend einer Reglung. Und doch muß in erster Linie immer darauf Bedacht genommen werden, daß das Personal nie überlastet wird. Die Arbeits⸗ zeit muß deshalb möglichst kurz bemessen werden, damit das Personal seine ganze Kraft dem Betriebe wirmen kann. Wir haben in den letzten Jahren eine ganze Reihe von schweren
ieht.
Eisenbahnunfällen erlebt, die wenigstens zum Teil auf Ueberbürdung und Ueberlastung des Personals zurückzuführen sind. Das haben sogar die Gerichte anerkannt, indem sie deswegen mildernde Umstände be⸗ willigten. Nach den Ausführungen des Präsidenten sollen nur 4 bis 5 % eine Arbeitszeit von 12 b 8 16 Stunden haben. Damit ist ausgedrückt, daß mindestens 95 bis 96 % 12 Stunden hinter⸗ einander beschäftigt werden. Das ist sogar für solche Betriebe zuviel, die nicht im öffentlichen Verkehr stehen. Man sollte sich einmal die Berichte der Gewerbeinspektoren ansehen, dann wird man finden, daß die meisten Unfälle gerade in das Ende der Arbeitszeit fallen. Die uns aufgemachte Statistik ist mit aller Wahrscheinlichkeit ganz summarisch und oberflächlich aufge⸗ stellt mit Einbeziehung aller Verkehrsbeamten, ob sie nun größere oder kleinere Verantwortlichkeit für das Verkehrswesen haben. Die Gesundheitsverhältnisse der Eisenbahnbetriebsbeamten sollen trotz dieser langen Arbeitszeit durchaus normal sein. Der Präsident Wackerzapp setzte jedoch vorsichtigerweise hinzu: „Mit Aus⸗ nahme der Lokomoliobeamten“. Aber es handelt sich ja gerade in erster Linie um das Lokomotivpersonal, dessen Arbeitskraft und Gesundheit geschützt werden muß, damit es seine Aufmerksamkeit ganz auf den Betrieb richten kann, so daß das reisende Publikum keinen Schaden erleidet. Es kommt darauf an zu vermeiden, daß die Nervenabspannung der Betricbsbeamten eine zu große wird, damit Eisenbahnunfälle vermieden werden. Die Arbeitskräfte der Be⸗ diensteten dürften überhaupt nicht bis aufs letzte ausgenützt werden. Jeder Arbeiter würde uns ins Gesicht lachen, wenn wir ihm mit der Sicherheit des Präsidenten sagten, seine Gesundheit würde durch eine übergroße Arbeitszeit nicht geschädigt. Es gehört schon die ganze bureaukratische Kurzsichtigkeit vom grünen Tisch dazu, so etwas zu behaupten. Der Präsident bezog sich auf die Erfahrungen in der Schweiz, wo die Gesetzgebung die vhtgegengeseßzten Erfolge ge⸗ habt habe, als man sich versprochen habe; die Zahl der
dem Gesetz um 30 % gestiegen. Die Unfallstatistik, auf die er sich bezieht, reicht 3— 4 Jahre zurück, sie beweist also nichs. Aufgabe des Reichs⸗ eisenbahnamts ist es, darauf hinzuwirken, daß die Zahl der Dienst⸗ stunden herabgesetzt wird, um die Zahl der Unfälle zu vermindern. Die Auffassung des Praͤsidenten ist eine durchaus einseitige, ober⸗ flächliche und den Kern der Sache nicht treffende. Eine Verkürzung der Arbeitszeit um auch nur eine Stunde soll 45 Millionen kosten. Damit wollte der Präsident diejenigen ins Bockshorn jagen, für die die ganze Frage eine Geldfrage ist. Es handelt sich aber hier in erster Linie um eine Frage der Sicherheit der Arbeiter und des Ver⸗ kehrs und erst in letzter Linie um eine Geldfrage. Die Rechnung des Präsidenten ist den Unternehmern abgelauscht, die den Arbeitern vor einem Streik vorrechnen, was eine geringe Lohnerhöhung kostet.
Unfalle sei unter
(Schluß des Blattes.)
— Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen
(49.) Sitzung, welcher der Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach beiwohnte, die zweite Beratung des Etats der Eisenbahnverwaltung für 1912, und zwar zunächst die allgemeine Besprechung der finanztechnischen und der wirtschaftlichen Seite des Eisenbahnetats, fort.
Abg. Hirsch⸗Berlin (Soz.): Von allen Seiten ist zugegeben
worden, daß die Finanzlage der preußischen Eisenbahnen überaus glänzend ist. Das läßt sich in der Tat nicht bestreiten. Wir haben im vergangenen und auch in diesem Jahre aus den Eisenbahnen Ueberschüsse gehabt, wie wir es kaum erwartet haben. Die Einnahmen in den früberen Jahren und auch für 1912 sind viel zu niedrig eingesetzt worden. Dieses günstige Ergebnis ist nur zum Teil durch außerordent⸗ liche Verhältnisse hervorgerufen worden, zum größten Teil durch den wirtschaftlichen Aufschwung. Da hätte man die Einnahmen weit höher einstellen sollen. Der Minister hat allerdings gemeint, der Höhepunkt sei mit 1911 erreicht. Ich kann diese Ansicht nicht teilen, wenn ich auch zugebe, daß später einmal die Einnahmen zurückgehen werden. Augenblicklich aber befinden wir uns in einer Periode wirtschaftlichen Aufschwungs. Es liegt kein Grund vor, anzunehmen, daß die Eisenbahneinnahmen schon jetzt zurückgehen werden. Vor allem sollte die Eisenbahnverwaltung sich gegenwärtig halten, daß sie ein Verkehrsinstitut, kein Ftnanzinstitut sein soll. Darum wäre es am besten, wenn die Eisenbahnverwaltung von der Finanz⸗ verwaltung getrennt würde. Die Ueberschüsse sollten in erster Linie zur Hebung des Verkehrs verwendet werden. Leider hat der Minister Tarifermäßigungen nur für den Fall in Aussicht gestellt, daß ein „dringendes Bedürfnis“ vorliegt. Ja, wer ent⸗ scheidet denn darüber, was ein dringendes Bedürfnis ist? Das Parlament hätte doch auch ein Wort mitzusprechen. Ueber die Betriebssicherheit haben die Herren hier im Hause gestern recht sonderbare Ansichten vertreten. err von der Groeben scheint, anzunehmen, daß die Betriebssicherheit leide, wenn die Eisen⸗ bahnarbeiter über ihre Rechte aufgeklärt werden. Die Arbeiter sollen keine sozialdemokratischen Zeitungen lesen, auch keine sozial⸗ demoktatischen Versammlungen besuchen. Das ist auch die Meinung des Ministers. Wir meinen im Gegenteil, daß den Arbeitern nicht die Rechte vorenthalten werden dürs
fassung gewährleistet sind. Kein Minister der Welt hat das Recht, den Arbeitern und Beamten vorzuschreiben, welche Zeitungen sie zu lesen haben. Der Beamte und Arbeiter verkauft mit seiner Arbeits⸗ kraft nicht auch seine politische Gesinnung. Der Minister be⸗ schränkt den Eisenbahnern das Koalitionsrecht; er kann aber 8 nicht verhindern, daß die Eisenbahner im Herzen von der
en, die ihnen durch die Ver⸗
8 8 b11“ s 85 2* 18 .*. 8 88..4½ 8 . . 8
V eit der sozialdemokratischen Ideen überzeugt sind und sie 8 ichtigkee es ungefährdet tun können, auch betätigen. Die Arbeiter banen nicht nur einen anständigen Lohn verlangen, sondern auch uf die Rechte Anspruch erheben, die den anderen als Bürgern garantiert sind Daß die sozialdemokratischen Blätter auf den ahnhöfen nicht feilgehalten werden dürfen, ist ja nichts Neues, aber auch andere Blätter, wie die „Welt am Montrag“ und der „Simplizissimus“, sind vom Verkauf ausgeschlossen. Was will denn die sesterung mit einem solchen Verhot erreichen? Wenn die Verwaltung konsequent sein wollte, müßte sie dann auch die sämtlichen Leser sozialdemokratischer Zeitungen von der Beförde⸗ rung ausschließen. Gänzlich inkonsequent aber ist das Verhalten der Konservativen, die das Verbot des Verkaufs sozialdemokratischer Blätter billigen, gleichzeitig aber verlangen, daß die Organe der rechtsstehenden Parteien auf allen Bahnhöfen feilgehalten werden sollen. Für diese Blätter besteht nun einmal beim reisenden Publikum kein Bedürfnis. Die Broschüre des üheren Ministerialdirektors Kirchhoff ist vom Eisenbahnminister
feühch ewiesen worden. Herr Kirchhoff steht aber mit seinen An⸗
schauungen durchaus nicht allein. Man schiebt als Einwand gegen
eine deutsche Eisenbahnbetriebs⸗ und ⸗tarifgemeinschaft die Selb⸗ ständigkeit der Einzelstaaten vor; in Wuklichkeit aber ist der maßgebende Widersacher der Staat Preußen, der von seiner Allein⸗
herrschaft auf dem Tarifgebiet nichts aufgeben will. Wir
lauben trotzdem, daß die Verhältnisse die Schaffung einer deutschen Eisenbahngemeinschaft mit Naturnotwendigkeit schließlich erzwingen werden.
Hierauf nimmt der Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach das Wort, dessen Rede morgen im Wortlaut wiedergegeben werden wird.
““ —
(Schluß des Blattes.)
Dem Reichstage sind die auf Grund des § 120 e der Gewerbeordnung vom Bundesrat erlassenen Bestimmungen, betreffend die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Rohzuckerfabriken, Zucker⸗ raffinerien und Melasseentzuckerungsanstalten, sowie ferner die Vorschriften über Eichung von Meßgeräten in Molkereien gemäß § 12 Abs. 2 der Maß⸗ und Gewichts⸗ ordnung zugegangen.
Nr. 31 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, heraus⸗
. hel ben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 13. April
at folgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. — Nichtamtliches: Hochwasserschutzarbeiten am Euphrat und der Wehrbau im Hindielauf des Euphrats. — Die Wohnhausgruppen des Berliner Beamten⸗ wohnungsvereins in Steglitz und Niederschönhausen (Schluß). — Eisaufbruch und Wasserstandsverhältnisse in den norddeutschen Strom⸗ gebieten am Ende des Winters (Februar und März) 1912.
Nr. 16 des „Eisenbahnverordnungsblatts“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 15. April, hat folgenden Inhalt: Nachtragsvertrag zum Staatsvertrage vom 3 Juli 1905 zwischen Preußen und Braunschweig wegen Herstellung einer Eisen⸗ bahn von Blankenburg nach Quedlinburg mit Abzweigung nach Thale. Vom 10. Januar 1912. — Staatsvertrag zwischen Preußen und Hamburg wegen Herstellung einer Eisenbahn von Ohlsdorf nach Peppenbütftel (Alstertalbahn) nebst Schlußproto Vom 17. März 1912. — Nachrichten.
Statistik und Volkswirtschaft.
Die deutsche überseeische Auswanderung. im Monat März 1912 und in dem gleichen Zeitraume des Vorjahrs.
Es wurden befördert deutsche Auswanderer im Monat März
über 1912 1911 111X“X“ 1 166 4“ 759 deutsche Häfen zusammen . 1 192 1 925 fremde Häfen (soweit ermittelt) 191 516
ÜUberbanpct 68 2 441.
Aus deutschen Häfen wurden im Monat März 1912 neben den 1192 deutschen Auswanderern noch 31 286 Angehörige fremder befördert; davon gingen über Bremen 18 913, über Ham⸗ urg 12 373.
Die Todesursachen der im Jahre 1910 im Deutschen Reiche außerhalb des Königreichs Preußen Gestorbenen.
Im Anschluß an die Mitteilungen über die Todesursachen der im Jahre 1910 in Preußen Gestorbenen in Nr. 54 des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ vom 29. Februar d. J. sei auf Grund einer vor⸗ länfigen Mitteilung in einer Beilage zu Nr. 12 der „Veröffentlichungen des Katserlichen Gesundheitsamts“ Nachstehendes über die Todes⸗ ursachen der in außerpreußischen Staaten des Reichs während des Jahres 1910 Gestorbenen hinzugefügt. “
In den 25 außerpreußischen Bundesstaaten einschließlich von Elsaß⸗ Lothringen starben während des Jahres 1910 (unter einer Bevölkerung von rund 24 627 000 um die Mitte des Berichtsjahrs) 407 506 Per⸗ sonen gegenüber 425 882 während des Vorjahrs, also um 18 376, d. i. um 4 3 % weniger, und die auf 1000 Einwohner errechnete Sterblichkeitsziffer ist seit dem Vorjahre von 17,42 % auf 16,55 %” heruntergeg ngen. Insbesondere ist die Zahl der Sterbefälle von Kindern des 1. Lebensjahres in den außerpreußischen Staaten von 131 144 auf 119 574, d. h. auf 91,18 % der vorjährigen Zahl gesunken, dagegen im Königreich Preußen von 204 314 auf 191 901, also nur auf 93,92 % der vorjährigen Zahl
Was die Todesfälle an übertragbaren menschlichen Krank⸗ heiten betrifft, so starben in 23 außerpreußischen Staaten des Reichs — nämlich ausschließlich beider Großherzogtümer Mecklenburg, aus denen nicht so vollständige Angaben wie aus den anderen Bundes⸗ staaten vorliegen — im Jahre 1910 (1909): an Typhus 655 (709), an Diphtherie und Krupp 5072 (5608), an Masern und Scharlach 5516 881899 an Keuchhusten 4803 (5287), an Rose und anderen Wundinfektionskrankheiten 3214 (3297), an übertragbaren Tierkrank⸗ heiten 29 (30), an Lungentuberkulose 35 975 (37 028), sonst an Tuber⸗ kulose 7868 (8011). Es starben ferner im Kindbett 2346 (2682) Wöchnerinnen, davon an Kmndbettfieber 1107 (1269), und auf je 10 000 lebend⸗ oder totgeborene Kinder kamen 33,2 (36,7) im Kindbett gestorbene Wöchnerinnen. 1
Aus Vorstehendem ergibt sich deutlich, daß fast alle übertrag⸗ baren, d. h. durch hygienische Maßnahmen mehr oder minder vermeid⸗ baren Krankheiten im Jahre 1910 trotz zweifellosen Wachsens der Einwohnerzahl erheblich weniger Todesfälle als im Jahre 1909 verursacht haben. Auch die Zahl der durch Lungenentzündung und der durch Magen⸗ und Darmkatarrhe einschließlich von Brech⸗ durchfall verursachten Todesfälle hat abgenommen, endlich hat auch die Zahl der Selbstmorde, tödlichen Unglücksfälle und sonst auf gewaltsame Weise herbeigeführten Todesfälle in den außer⸗ preußischen Staaten von 1909 zu 1910 abgenommen, wogegen in nie gseichhetig die Zahl der tödlichen Unglücksfälle um 600 an⸗ gestiegen ist.
Es starben im Jahre 1910 (1909) in den 23 außerpreußischen Staaten: an Lungenentzündung 29 543 (32 487), an v und Darmkatarrh einschließlich von Brechdurchfall 43 567 (49 67 ), durch
8 ₰ Len
2 B „8 2
Selbstmord 5668 (5669), durch Mord und Totschlag 459 (471), durch Verunglückung oder sonst gewaltsame Einwirkung 7844 (7891).
Eine bemerkenswerte Zunahme gegenüber dem Vorjahre 1909 ist bei den durch Influenza und bei den durch Krebs und an ere Neubildungen veranlaßten Sterbefällen beobachtet worden; denn es starben in den 23 außerpreußischen Staaten im Jahre 1910 (1909) an Influenza 3365 (2583), ferner infolge von Krebsleiden 22 326 (21 508) und infolge anderer Neubildungen 2426 (2277).
8 Zur Arbeiterbewegung.
Zum Ausstand der Bergarbeiter im Zwickauer und Lugau⸗Oelsnitzer Revier (vgl. Nr. 90 d. Bl.) meldet die Lpz. Ztg.“ Im Zwickauer Kohlenrevier streikten am Sonn⸗ abend von 8622 Grubenarbeitern 4187 oder 48,6 % und von 2971 Tagearbeitern 290 oder 9,8 %. Insgesamt befanden sich von 11 593 Bergarbeitern 4477 oder 38,6 % im Ausstande. Bei der Frühschicht am Montag fehlten von 4658 Grubenarbeitern 2349 oder 50,4 %.. Im Lugau⸗Oelsnitzer Revier streikten am 12. April von 8153 Grubenarbeitern 3556 oder 43,4 % und von 2405 Tage⸗ “ 144 oder 6 %, insgesamt also von 10 558 Bergleuten 3680 oder 35 %.
Die Arbeiter der Möbelindustrie in Mecheln sind, wie der „Voss. Ztg.“ aus Brüssel telegraphiert wird, am Montag zum Teil in den Ausstand getreten, weil ihnen eine 15 prozentige Lohnerhöhung nicht bewilligt wurde. Der Streik ist noch nicht allgemein, jedoch haben etwa 700 Arbeiter bereits ihre Arbeitsstätten verlassen. Man glaubt, daß sich in den nöchsten Tagen die Anzahl der Streikenden bis auf etwa 2000 erhöhen wird.
Aus Lima wird dem „W. T. B.“ gemeldet: In den Tälern von Chicama ist ein allgemeiner Arbeiterausstand aus⸗ gebrochen. Die Zuckerrohrpflanzungen in Brand gesteckt, zahlreiche Leute sind getötet und verletzt worden. Die Re⸗
gierung hat Truppen entsandt.
(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Zweiten Beilage.)
Literatur.
Von den wertvollen Einzeldarstellungen aus allen Gebieten des Wissens, die der Privatdozent Dr. Paul Herre im Verlag von Quelle und Meyer in Leipzig herausgibt (Preis jedes dauerhaft gebundenen Bändchens ℳ 1,25), liegt eine Reihe von neuen, oder in neuer Auflage erscheinenden Bändchen vor, von denen einige kurz gewürdigt seien. Im Band 102 gibt der Professor der Theologie an der Königsberger Universität Dr. theol. et phil. Max Löhr eine Einführung in das Alte Testament. Dem Zweck dieser Darstellung entsprechend, hat der Verfasser ein näheres Eingehen auf die dem Laien schwer verständlichen literar⸗ kritischen Fragen vermieden und das Hauptaugenmerk darauf gerichtet, dem Leser den Wert des Alten Testaments als kulturgeschichtliches Denkmal darzulegen. Zunächst erschließt er an der Hand charakteristischer Proben ein Verständnis für die Schönheiten der Poesie und Prosa im Alten Testament und zeigt, wie schon in sprachlicher Hinsicht ganz verschiedene Bestandteile zu unterscheiden sind. Diesem literatur⸗ geschichtlichen Teil folgt ein Kapitel, in dem das Wichtigste über die Entstehungsgeschichte der einzelnen Bücher mitgeteilt und besonders das Verhältnis der ägyptischen und assyrisch⸗babylonischen Literatur zu der des Alten Testaments klargelegt wird. Eine Darsteulung des Schreibwesens der alten Israeliten, das für das Zustande⸗ kommen und die gegenwärtige Beschaffenheit des alttestamentlichen Schrifttextes von größter Bedeutung ist, macht den Abschluß. Der emeinverständliche Text wird durch zahlreiche, trefflich ausgewählte
bbildungen unterstützt. — In zweiter vermehrter Auflage liegt die „Einführung in die Aesthetik der Gegenwart“ von dem Professor der Philosophie am Allgemeinen Vorlesungswesen in Ham⸗ burg, Dr. E. Meumann (Band 30) vor. Das Büchlein dürfte gerade in unseren Tagen, wo ästhetische Fragen oftmals unter völliger Unkenntnis der geschichtlichen Entwicklung behandelt werden und in denen in den Anschauungen über das Schöne in Natur und Kunst tiefgehende Umwälzungen I egriffen haben, vielen ein willkommener Führer sein. 8 einer kurzen Ein⸗ leitung in die Geschichte der Aesthetik entwickelt der Berfasser die verschiedenen gegenwärtig vorherrschenden Gegensätze und Richtungen. Die Ansichten ihrer namhaften Vertreter werden dargestellt und kritisch gewürdigt unter Ausscheidung der ihm als wertvoll und bleibend erscheinenden Ansichten, die zur Lösung der schwebenden ästhetischen Fragen die Grundlagen bilden. — Ebenfalls in 2. Auflage liegt das Bändchen 37 vor, in dem der aordentliche Professor der Philosophie an der Universität Bonn Dr. Adolf Dyroff eine Einführung in die Psychologie bietet. Der Verfasser hat es verstanden, trotz der knappen Form in durchaus volkstümlicher Sprache die schwierigen Probleme dem gebildeten Laien verständlich zu machen und sie durch zahlreiche interessante Beispiele zu belegen. An ein einleitendes Kapitel über die Aufgaben und Hilfsmittel der Psychologie, in dem u. a. die Bedeutung des psychologischen Experi⸗ ments betont wird, schließen sich Kapitel über das Seelenleben im allgemeinen, das Sinnenleben und das Vorstellungsleben der Seele, das Gefühls⸗ und Triebleben, Wille und Aufmerksamkeit. Leser, die S in die behandelten Probleme weiter verttefen wollen, finden reiche iteraturangaben. —
— Zu der stattlichen Reihe trefflicher „Künstlermappen“, durch deren Herausgabe sich der „Kunstwart“ ein Verdienst er⸗ worben hat, ist eine Reihe neuer getreten, die der dankbaren Auf⸗ nahme in den Kreisen der Kunstfreunde gewiß sein können, Mappen, die in ausgezeichneter Ausführung und in großer Form die unsterb⸗ lichen Werke Michelangelos wiedergeben und die dem Beschauer ein wirkliches Einleben in die gewaltige Welt des Capresers ermöglichen, und zwar zu einem Preise, der es den weitesten Kreisen gestattet, sich diese wertvollen Mappen anzuschaffen, denn eine ganze Mappe dieser Michel⸗ angelo⸗Ausgabe kostet weniger, als bieher in Deutschland eine einzige Photographie gleicher Größe und von gleichem künstlerischem Werte. Ferdinand Fe der die Ausgabe besorgt hat und zu ihr den von eingehender Sachkenntnis zeugenden Text verfaßt hat, hat sich mit dieser Veröffentlichung den aufrichtigen Dank aller Kunstfreunde verdient, zumal ja auch die Kunstwerkstiftung, deren Unterstützung die kostspielige Herausgabe erst ermöglichte, seiner tatkräftigen Anregung ihr Dasein verdankt. Als Grundlage für die Ausgabe dienten neben den besten Aufnahmen italienischer Photographen diejenigen, die vor einigen Jahren im Auftrage und mit Unterstützung des Deutschen Reichs infolge besonderer päpstlicher Erlaubnis von eigens erbauten großen Gerüsten angefertigt worden sind. Man kann den Mappen die weiteste Verbreitung wünschen, ja man muß hoffen, daß sich der Wunsch ihres Herausgebers, sie möchten Standbesitz aller Gebildeten werden, erfünen möge. Bisher sind drei Mappen er⸗ schienen (Verlag des Kunstwart, Georg D. W. Callwey in München: Die Hauptbilder der Sixtinadecke (5 ℳ), die Propheten und Sibyllen (4 ℳ) und das jüngste Gericht (4 ℳ). Ihnen sollen die Jünglings⸗ gestalten, die sogenannten „Arlanten“ und die Skulpuren Michel⸗ angelos folgen.
— Von dem reich mit trefflichem Bilderschmuck ausgestatteten Lieferungswerk „Der Mensch und die Erde“, das Hans Krämer in Verbindung mit zahlreichen Fachmännern im Verlag von Bong u. Co. in Berlin, Leipzig und Stuttgart herausgibt (Preis jeder Lieferung 60 ₰), liegen die Lieferungen 144 bis 149 vor. Sie enthalten die Fertsegnn des Aufsatzes von W. Heißner⸗Berlin über die modernen Beleuchtungsarten und einen Aufsatz von dem Ingenieur Feldhaus⸗Berlin über das Feuer als Arbeitskraft.
— Von der Zeitschrift „Zoologischer Beobachter“ — „Der Zoologische Garten’ — Verlag von Mahlau u. Waldschmidt
in Frankfurt a. M. erschien soeben Nr. 3 des LIII. Jahrgangs für
1912 mit folgendem Inhalt: Erinnerungen an einen Stubengenossen. Von Karl Soffel. (Mit einer Tafel). — Ornithologische Kollektaneen
8
Gerste: etwa 287 100 dz, davon aus
Kartoffeln: etwa 11 100 dz, davon aus
aus Oesterreich⸗Ungarn. Von Viktor Ritter von Tschusi zu Schmi hoffen in Hallein. — vö aus unserer Vogelwelt. Von Schirmer, Berlin. — Ue
er den Farbwechsel der Fische. Von Franz. — Von der Bisamratte. Von M. Merk⸗Buchberg.
1“
— Kleinere Mitteilungen. — Literatur. — Bücher und Zeitschriften.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Ansiedlungsmöglichkeiten für Bauern und L
in Deutschland. Unter vorstehendem Titel hat im Auftrage des Sonderausschusses
für Landarbeit bei der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft E. Langen beck⸗Groß Lichterfelde eine Arbeit veröffentlicht, welche die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft als 15. Heft ihrer Flugschriften verbreite Das Buch behandelt nach einer Einleitung über die Hauptproblem r inneren Kolonisation in fünf weiteren Abschnitten: die preußische Rentengutsgesetzgebung, das Verfahren bei der Rentengutsgründung, die Ansiedlung von Landarbeitern, die Tätigkeit der Königlichen Ansiedlungs⸗ kommission und schließlich die Ansiedlungsmöglichkeiten und bedingunge in den einzelnen preußischen Provinzen und im übri
ugschrift soll das Interesse fü eisen wecken und zu praktischer Mitarbeit anre ansiedlungslustige Bauern und Landarbeiter über die in Deutschland bestehenden Ansiedlungsbedingungen und möglichkeiten aufklären un zu diesem Zwecke u. a. auch den am Heeresunterricht beteiligten Unter offizieren und Mannschaften zugänglich gemacht werden. Besonders verdienstlich ist es, daß die Schrift sich überall unmittelbar dem praktischen Bedürfnis angepaßt hat, indem sie z. B. i übersichtlicher, leicht verständlicher Weise das ganze Ansiedlungs verfahren schildert und für die einzelnen Landesteile die dort in Frage kommenden Instanzen, in deren Händen die Ausführung der inneren Kolonisation liegt, namentlich aufgeführt hat. So sin für jede Provinz die zuständige Generalkommission sowie die einzelnen Spezialkommissionen, ferner auch die in der Provinz arbeitenden Ansiedlungsunternehmungen einzeln genannt, wobei gleichzeitig di wichtigsten Grundsätze aus der Verwaltungspraxis der verschiedenen Kolonisatoren kurz geschildert sind. Die Schrift dürfte deshalb vor⸗ züglich geeignet sein, allen ansiedlungslustigen Landwirten und Land arbeitern die nötigen Fingerzeige zu geben, wie sie am besten in den einzelnen Landesteilen zum Erwerb einer Ansiedlerstelle gelange 32 wohin sie sich im Einzelfalle zu diesem Zwecke zu wenden habe
Saatenstand in Rußland. Der Kaiserliche Konsul in Charkow berichtet unterm 9. d. M.
Zu Beginn des Monats März ist warme Witterung eingetreten, di starkes Schwinden der Schneedecke zur Folge hatte. Als dann Mitt März leichtes Frostwetter einsetzte, hegte man lebhafte Befürchtungen daß die Saaten leiden würden. Die Frostperiode war jedoch nur bon 10h Dauer und hat anscheinend keine schädliche Wirkung ge⸗ äußert.
Der Schluß des Mo nats brachte warme Südwinde und gering
Niederschläge.
Die Gouvernements Jekaterinoslaw, Charkow und das Land de
Donischen Kosaken sind schneefrei.
Der Saatenstand im letzteren Gebiet, in den Gouvernements
Kursk und Woronesch, ist nach den vorliegenden Nachrichten im all⸗ gemeinen nicht unbefriedigend, der in den Gouvernements Charkow und Jekaterinoslaw günstig.
In landwirtschaftlichen Kreisen wird der frühe Eintritt des
Frühlings und das vorzeitige Schwinden der Schneedecke als ein
Zeichen aufgefaßt, das zu Besorgnissen Anlaß gibt. Auf Grund der Erfahrungen in früheren Jahren befürchtet man, daß der Frühling
hr trocken sein wird und die Saaten — insbesondere das Sommer⸗
getreide — nicht die zu ihrer Entwicklung erforderliche Feuchtigkeit
haben werden.
In Fachkreisen wird daher vor dem Verkauf des noch lagernden
Getreides gewarnt und der Regierung und den Landschaften die recht⸗ zeitige Anschaffung von Vorräten empfohlen.
111X“ 1u“ Ein⸗ und Ausfuhr von Getreide und Kartoffeln in Antwerpen im Monat März 1912.
(Nach einem Bericht des Kaiserlichen Generalkonsulats in Antwer pe n.)
Einfuhr: 1“ 8
Roggen: etwa 29 900 dz, davon aus
Bulgattkkn. “
Weizen: etwa 821 200 dz, davon aus
Arsentnteenen1XX“”“ den Vereinigten Staaten von Amerika „169 090 MReinnihhect6re“ c11111*“ BriW IJ 44*“*“”“ X1X4“”“ v́11“” c6* c1114XX*X*“” VI 1414*“ 6 030
Dei 111“ 8 160 *“ D“ C116e6 “ .143 940 Fa114X4X“*“]; 8 Malta .. 11““ “ I11““ as1.”“¹”; y1X*“*”
“ 5 820
Deutschland . . . . . . . . 14 400 dz
2 8 u u 2 2½᷑ m 2 2 * 2
1““
Hafer: etwa 38 500 dz.
4XX““ 2 620 dz X“ 25 740 „
Bulgarien 11nn1n1¹“ den Vereinigten Staaten von Amerika 139 710 Rußland 44*“ ödbcöööö—“¹] v11ne* l11mq1** bH 8 L
Mais: etwa 692 100 dz, davon aus
den Niederlanden .. 6 9 720 Ausfuhr:
gen: etwa 9 700 dz, davon nach EE 111X“ 7 000
Weizen: etwa 253 400 dz, davon nach
vXX*X*“ oo * ö46“* 8 . 6 420
Gerste: etwa 47 900 dz, davon nach
v““ 36 000 ön114X4X*“”
Kartoffeln: etwa 28 500 dz, davon nach
den Vereinigten Staaten von Amerika 23 940
Mais: etwa 192 200 dz, davon nach
G Deutschland 1 32 550 den Niederlanden. “ 154 910 „