1912 / 96 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 20 Apr 1912 18:00:01 GMT) scan diff

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liegt er der Suggestion solcher Berichte, die von Beamten herrühren,

also auf ihn einen glaubhaften Eindruck machen. Die Aussagen von Beamten erwecken von vornherein ein günstiges Vorurteil⸗ beim Richter. Die meisten Richter kommen auch nicht darüber hinweg, daß die streikenden Arbeiter sich gegen die Autorität auflehnen. Im Bochumer Prazeß sagte ein Richter, gerade die Arbeitswilligen müßten mit allen Mitteln geschützt werden, und darum sei ein hohes u maß gerechtfertigt. Warum müssen denn die Arbeitswilligen mehr als andere geschützt werden? Das Interesse der Grubenherren, die im Ruhrrevier alles regieren, spielt da mit. Jeder Streikführer ist in den Augen der Richter ein Aufwiegler, jeder Streikende selbst ein Aufrührer. In einem Streikprozeß konnter sich ein an sich loyaler Richter nicht darein finden, daß die Streikenden sich an ihren Ver⸗ barkd gewandt hatten. Ich habe den Eindruck gehabt, daß er die Erklärung auch am Ende der Verhandlungen nicht verstanden hat. Mitunter muß man sich fragen: Sind die Herren wirklich so unwissend, oder stellen sie sich nur so? Es ist eine Art Autoritatskoller, der die Richter erfaßt hat. Sind im Ruhrrevier doch wirklich viel höhere Strafen verhängt worden als früher; es ist auf Gefängnis⸗ strafe erkannt worden, wo sonst mit Geldstrafe vorgegangen wurde, und zwar nicht in vereinzelten Fällen, sondern in Hunderten von 1“ Die lustigen Studenten in Bonn wurden dagegen mit einer

eldstrafe von 5 belegt. Ich gönne das den Studenten, aber dann sollte man doch nicht einen Unterschied zwischen Studenten und Arbeitern machen. In Unna hatte ein Arbeitswilliger auf eine Militärpatrouille geschossen und kam mit 2 Wochen Gefängnis und 20 Geldstrafe davon. Hätte es sich um einen Streikenden ge⸗ handelt, so wäre er mit 5 Jahren Zuchthaus bestraft worden. Was die Abkürzung der Ladungsfristen betrifft, so bleibt es jedenfalls ein Unrecht, wenn man die Sache systematisch macht und dem An⸗ geklagten einen Revers vorlegt. Es ist hier gegen den Geist, wenn auch nicht gegen den Buchstaben des Gesetzes gehandelt worden. Man hat auch grundsätzlich davon abgesehen, die Sache an die Schöffen⸗ gerichte zu verweisen, damit die Leute eine Instanz verlieren. uch das ist formell mit dem Buchstaben des Gesetzes zu vereinen, aber, da es systematisch geschieht, gegen den Geist des Gesetzes und eine schwere Verletzung des Gesetzes. Dieselben Richter fällen in anderen nicht sozialen Fällen die mildesten Urteile. Die Richter können durch ihr Gerechtigkeitsgefühl ihr soziales Vorurteil nicht überwinden. Es gibt ja Ausnahmen, aber diese fangen an, sehr selten zu werden. In einigen Fällen gefallen sich die Richter geradezu darin, mit ver⸗ letzenden Ausdrücken gegen politisch anders Denkende um sich zu werfen. Es fehlt ihnen die nötige Selbstzucht. Gegen solche Richter sollte man disziplinarisch vorgehen, denn Beleidigungen gegen Ange⸗ klagte, die sich nicht wehren können, sind Amtsvergehen. Die Wahl der Richter durch das Volk würde ja Fehlurteile nicht vermeiden. Aber trotzdem ist diese Wahl das einzige Mittel, um aufzuräumen mit einer derartigen Herrschaft einer einseitigen Klasse. Es gibt keine bessere Schulung zur Gerechtigkeit, als wenn man die Richter zwingt, die Verantwortung vor der Oeffentlichkeit in vollem Maße zu tragen. Heute ist diese Verantwortung vor der Oeffentlichkeit nur eine schein⸗ bare. Ein Richter sagte, er kümmere sich nicht um die Oeffentlich⸗ keit, und der bekannte Landgerichtsrat rausewetter meinte, es gäbe gar keine Oeffentlichkeit. Die Wahl der Richter durch das Volk ist nach unserer Meinung die beste Lösung. Ich bitte den Herrn Staatssekretär, seine machtvolle Stimme in die Wagschale zu werfen, damit wenigstens in Preußen in manchen Dingen etwas Wandel geschaffen wird. Es wird behauptet, es gibt keine Klassenjustiz. Es wäre wenigstens ehrlich, wenn man sagen würde, ja, es gibt eine Klassenjustiz, wir bedauern es, aber wir können es nicht ändern. Dann wäre schon viel gewonnen. Dies erlösende Wort erwarte ich von dem Staatssekretär.

Abg. Dr. Pfeiffer (Zentr.): Man hat sich gewundert, daß der Abg. Belzer den Fall Sambeth nicht zur Sprache gebracht hat. Ich möchte hier nur erwähnen, daß noch ein anderer Fall aus Hessen vor⸗ liegt, der noch viel erstaunlicher ist, als es in der Presse geschildert worden ist. Wir werden diese Fälle eingehend beim Militäretat be⸗ handeln. In Deutschland hat niemand den Gedanken, daß unsere Richter bestechlich seien, aber anderseits muß zugegeben werden, daß man manchmal die Köpfe schütteln mußf wenn man liest, wie ver⸗ schieden oft bei gleichen Dingen die Urteile ausfallen. Ich will nur erwähnen, daß ein Arbeiter in einem Orte freigesprochen wurde, während in einem anderen ein zweiter Arbeiter wegen desselben Ver⸗ gehens 4 Wochen Gefängnis erhielt. Es ist uns soeben eine Reso⸗ lution des Abg. van Calker zugegangen, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, die für das Reich einheitliche Regelung der akademischen Vorbildung, der Examina und des Vorbereitungsdienstes in die Wege zu leiten. Wir haben gegen die Annahme der Resolution Bedenken. Ich nehme dabei besonders Rücksicht auf Bayern, wo Justiz und Verwaltung nicht so streng wie anderswo auseinandergehalten werden. Bei den Prüfungen kommen die wunderbarsten Sachen vor. So wurde einem Kandidaten einmal geantwortet, das, was Sie hier vortragen, ist die Ansicht des Kollegen so und so, meine Ansicht ist anders. So könnte man noch viele andere Fälle anführen. Ich möchte deshalb dringend raten, daß die Ratschläge, die der Abg. Dr. Calker gestern gegeben hat, berücksichtigt werden. Ueber die Kinematographen ist ja hier nicht das erste Mal gesprochen worden. Es ist ganz außer Zweifel und selbstverständlich, daß in den Kine⸗ matographen ein ganz ausgezeichnetes Mittel gegeben ist zur Volks⸗ erziehung. Aber es haben sich doch eine ganze Reihe von großen Mißständen herausgestellt. Ebenso sind die Mutoskope eine schwere moralische Schädigung für die Jugend geworden, da sie dort für 10 Pfennige alle möglichen Dinge sehen kann, besonders die Bilder über sexuelle Dinge wirken ganz besonders stimulierend auf die Jugend ein. Das wird von allen Aerzten zugestanden. Aber auch die Wiedergabe von Boxkämpfen, Brandkatastrophen, von Ver⸗ brecherjagden über die Dächer usw. machen einen schlimmen Eindruck. So ist es auch zu beklagen, wenn ganze Attentate nachgemacht und vorgeführt wurden. Solche Szenen wirken auf die Jugend ungeheuer demoralisierend. In einer Fortbildungsschule hat man einmal Er⸗ hebungen angestellt, da fand man denn, daß jeder vierte Junge im Alter von 13 bis 14 Jahren schon einen Revolver in der Tasche hatte. Die Presse könnte hier viel Gutes wirken, ebenso wie Schule und Haus in dieser Frage zusammenarbeiten müßten. Wie man diese Frage lösen kann, das will ich hier nicht untersuchen. Die Anträge sind eine gute Grundlage. Die Filmzensur muß durch ein Reichsgesetz geregelt werden. Es wäre auch gut für die Kine⸗ matographentheater den Numerus Clausus einzuführen. Ich möchte wünschen, daß die Aufsichtsbehörden überall Hand anlegen, daß eine Trennung der Vorstellungen in solche für Erwachsene und Kinder eingeführt wird.

Freiherr von Richthofen (nl.): Ich möchte die auch von mir mit eingebrachte Resolution wegen gesetzlicher Regelung der Rechtskonsulenten dem Hause und dem Staatssekretär zur Berück⸗ sichtigung empfehlen. In weiten Bezirken des deutschen Vaterlandes ist der Rechtskonsulent eine häufig vorkommende und auch notwendige Erscheinung. Um so dringender wird aber auch die gesetzliche Rege⸗ lung. In das Gewerbe drängen sich zahlreiche unlautere Elemente hinein. Die Rechtskonsulenten wünschen die Einführung einer Kon⸗ zessionspflicht, und nur unbescholtenen und vertrauenswürdigen Per⸗ sonen soll die Konzession erteilt werden. Die Höhe der Gebühren wünschen sie auf die Hälfte der Rechtsanwaltsgebühren bemessen; ich möchte es dem Staatssekretär überlassen, ob diese Anregung er⸗ wogen werden kann. In der Verurteilung der ausländischen Spione verfahren wir anscheinend in Deutschland etwas zu milde; die Custodia honesta ist für manche dieser Personen überhaupt keine Strafe. Nur solche Personen sollen auf die Festung gebracht werden, die nc ehrenwörtlich verpflichten, nicht bei der ersten besten Gelegenheit auszureißen. Der Fall des französischen Hauptmanns Lux in Glatz ist da doch sehr bezeichnend. Es liegt im Interesse der gesamten Justiz, namentlich bei den kleineren, geringeren Fällen eine schleunige Erledigung herbeizufüöhren. England und Amerika geben uns da ein sehr nachahmenswürdiges Beispiel. Die Justiz wird dadurch nicht

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scheint mir auch trotz der Darlegungen des Abg. Heine nicht Auch die Richter sind Menschen, und die vorgeschlagenen wie die Wahl der Richter, würden das angebliche Uebel nicht aus der Welt schaffen. Auch in Amerika können nur juristisch vorgebildete Personen zu Richtern gewählt werden. Durch die Wahl wuͤrden die Richter vielleicht nur noch abhängiger gemacht

werden, nämlich von der Majorität, die schlimmste Abhängigkeit, die man sich denken kann. Daß Arbeitzwillige besonders geschützt werden müssen, ist unter den Umstäaͤnden, unter denen dieser Ausspruch seitens eines Richters gefallen ist, sehr wohl zu verstehen; wenn rbeits⸗ willige besonders bedrängt werden, kann ich es dem Richter nicht verdenken, wenn er Ausschreitungen gegen sie besonders 13 Immerhin kann auch ich nicht leugnen, daß eine gewisse Einseitig⸗ keit bei Richtersprüchen hier und da bemerkbar wird. Der Fall Havenstein ist ja schon erwähnt worden; im preußischen Landtage wird sich unsere Fraktion des näheren nach der Sache erkundigen. Sind die behaupteten Tatsachen richtig, so liegt jedenfalls ein sehr merkwürdiges Vorgehen der richterlichen Aufsichtsinstanzen vor. Sollte wirklich eine Klassenjustiz vorhanden sein, so bedauern auch wir das aufs lebhafteste und wollen alles daran setzen, daß Abhilfe erfolgt. Im deutschen Volke macht sich eine tiefe Mißstimmung bemerkbar, nicht sowohl gegen die Richter, wie gegen die Staats⸗ anwaltschaft, eine stärkere Mißstimmung noch, als sie vielfach gegen die Polizei besteht. Die Staatsanwaltschaft macht sich manchmal durch die Häufung von Strafanträgen, durch Beantragung hoher Straf⸗ maße sehr unpopulär. Besonders anfechtbar ist das Vorgehen der Verkoppelung mehrerer Delikte, von denen eins unbedingt eine Ver⸗ urteilung nach sich ziehen muß. Wir haben ein dringendes Inter⸗ esse daran, auch um den Verdacht der Klassenjustiz völlig auszuräumen, daß die Staatsanwaltschaft von diesem Modus Abstand nimmt. Auch in Aeußerlichkeiten sollte sie sich mehr vorsehen; es ist nicht statt⸗ haft, daß in dem einen Falle von dem „Herrn Angeklagten“, in dem andern nur von dem „Angeklagten“ schlechthin gesprochen wird. Die einheitliche Regelung der Examina und der Vorbildung der Juristen ist ja vielleicht von Reichs wegen nicht so leicht zu erreichen; aber das Reich als solches hat doch ein sehr großes Interesse an der Frage. An der praktischen Seite der Vorbildung mangelt es etwas, wie der Abg. Professor van Calker schon dargetan hat. Die juri⸗ stische Wissenschaft als solche ist doch eine rein praktische Wissen⸗ schaft. Der junge Mediziner wird schon beim ersten Betreten der Universität in den anatomischen Saal geführt; sehr bald wird sich für ihn herausstellen, ob er sich für das Studium eignet oder nicht. Bei den Juristen wird das bei der heutigen Universitätsmethode erst festzustellen sein, wenn er das Studium hinter sich hat. Schon nach den ersten Semestern müßten die Studenten der Jurisprudenz in die praktische Arbeit bei den Amtsgerichten, in den Gerichts⸗ schreibereien usw. eingeführt werden. Man muß unter allen Um⸗ ständen verhindern, daß unsere Richter weltfremd werden. Eine so hehre Göttin die Justitia ist, in den Wolken darf sie nicht schweben, sondern sie muß unter den heutigen Verhältnissen ei eminent praktische Dame sein.

Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Lisco:

Meine Herren! Die lobenden Worte meines Herrn Amtsvor⸗ gängers über den Stand der Rechtskonsulenten kann man wohl unterschreiben, ohne daß man gerade die Resolution Nr. 370 befür⸗ worten müßte. Ich möchte im Gegenteil bitten, sie abzulehnen. Im Jahre 1909 ist der § 157 der Zivilprozeßordnung geändert worden, um den Stand der Anwälte vor einer Konkurrenz der Rechtskon⸗ sfulenten möglichst zu schützen. Nach § 157 Abs. 5 Satz 2 kann zwar eine Zulassung der Prozeßagenten bei den Amtsgerichten er⸗ folgen, aber nach der in Satz 2 damals neu getroffenen Vorschrift soll die Justizverwaltung von dieser Zulassung nur Gebrauch machen bei solchen Gerichten, bei denen zur Vertretung der Parteien durch

Rechtsanwälte ausreichende Gelegenheit nicht vorhanden ist.

Es ist hier also ausdrücklich anerkannt worden, daß die Rechts⸗ anwälte das Prä haben sollen. Nur dann, wenn keine oder nicht ge⸗ nügend viel Rechtsanwälte bei einem Amtsgericht zugelassen sind, sollen Prozeßagenten zugelassen werden. Wenn man jetzt dazu über⸗ gehen wollte, die Bedingungen, unter denen die Prozeßagenten zu⸗ gelassen werden müssen, zu regeln, das Gewerbe also konzessions⸗ pflichtig zu machen, so würde man auch nicht mehr in der Lage sein, den einmal konzessionierten Rechtskonsulenten die Zulassung bei einem bestimmten Amtsgerichte zu verweigern. Die Annahme des Antrags würde also zu Widersprüchen mit den geltenden Vor⸗ schriften führen.

Die Frage ist gerade bei Beratung des § 157 der Zivilprozeß⸗ ordnung im Jahre 1908/09 bereits sehr eingehend erwogen worden. Wie aus dem Kommissionsbericht Nr. 1322 hervorgeht, ist damals in der Kommission ein Antrag gestellt worden, dessen Inhalt der heutigen Resolution im wesentlichen entspricht. Dieser Antrag ist aus den Gründen, die ich vorhin entwickelt habe, nach eingehender Erwägung schon in der Kommission gefallen. Ob es angezeigt wäre, eine allgemeine Gebührenordnung für die Rechtskonsulenten in ganz Deutschland zu erlassen, ist mir mehr denn zweifelhaft. Wie ich weiß, hat der preußische Herr Justizminister bisher es grundsätzlich abgelehnt, eine einheitliche Regelung der Gebührenfrage auch nur für Preußen vorzunehmen. Nur in einigen Oberlandesgerichtsbezirken sind gewisse Grundsätze aufgestellt, nach denen sich zu richten den Amtsgerichten empfohlen worden ist. Nur um eine Empfehlung an die Gerichte handelt es sich, an der Hand dieser Grundsätze die Gebühren der Prozeßagenten festzustellen, während den Prozeßagenten selbst nicht ein Anspruch auf den nach jenen Grundsätzen zu ermittelnden Gebühren⸗ satz zusteht; die Sätze sollen also dem Amtsrichter lediglich für die Bemessung der Gebühren einen gewissen Fingerzeig geben. Von meinem Standpunkt aus kann ich also nur dringend bitten, diese Re⸗ solution nicht anzunehmen. Sie würden dadurch den Stand der Rechtsanwälte, die doch in erster Linie berufen sind, vor Gericht die Rechte der Parteien zu vertreten, schädigen.

Der Herr Vorredner ist auf das Spionagegesetz eingegangen; auch hat gestern der Herr Abg. Holtschke gefragt, ob eine Ver⸗ schärfung des Spionagegesetzes vor der allgemeinen Revision des Strafgesetzbuchs zu erwarten sei. Meine Herren, wer den Vor⸗ entwurf zum Strafgesetzbuch vom Jahre 1909 kennt, der weiß, daß das Spionagegesetz vom 3. Juli 1893 in diesen hineingearbeitet worden ist. Die jetzt tagende Strafrechtskommission hat demgemäß zu prüfen gehabt, inwieweit die entsprechenden Vorschriften des Vor⸗ entwurfs den Bedürfnissen der Gegenwart genügen. Die Kommission ist der Meinung gewesen, daß die Bestimmungen des Vorentwurfs nicht nach jeder Richtung hin ausreichend seien; sie hat daher einige Ergänzungen der einschlägigen Vorschriften vorgeschlagen. Ob das Bedürfnis dazu führt, noch vor der allgemeinen Revision des Strafgesetzbuchs das Spionagegesetz weiter auszubauen, wird in erster Reihe von den militärischen Instanzen zu prüfen sein. Bisher sind Anregungen nach dieser Richtung hin nicht an mich heran⸗ getreten. Sollte dies in der Folge geschehen, so werde ich selbstver⸗

justiz gegluückt. Heilmittel,

Ich erlaube mir auf einige andere Fragen einzugehen, insonderhei auf die vorliegenden Resolutionen. Zu der Resolution, nach der den Schöffen und Geschworenen Dläten gewährt werden sollen, habe ich mich gestern bereits geäußert. Was die Frage der Bekämpfung der Schund⸗ und Schmutzliteratur betrifft, so darf ich auf meine Er⸗ klärung vom vorigen Jahre verweisen, wonach diese Materie durch die zuständigen Ressorts geprüft wird. Eine Lösung der sehr schwierigen Frage, die teils auf gewerberechtlichem, teils auf strafrechtlichem Ge⸗ biete liegt, ist bisher nicht gelungen. Die Resolution über die Kine⸗ matographentheater berührt wohl den Geschäftsbereich des Reichs⸗ amts des Innern mehr als den der Reichsjustizverwaltung. Meine Ansicht über die Frage, die den Gegenstand der soeben verteilten Resolution Nr. 371 bildet, ist den Herren bekannt. Daß das Reichsjustizamt in der Lage ist, über die Gestaltung der juristischen Vorbildung mit den Regierungen in Ver⸗ bindung zu treten, weiß ich wohl. Nur wird es, wie ich schon gestern ausführte, schwierig sein, auf diesem Gebiete zu Vereinbarungen zu gelangen. Natürlich wird, falls die Resolution zur Annahme gelangt, die Reichsverwaltung die Angelegenheit einer Prüfung unterziehen. (Abg. Dr. Spahn: Wir werden sie nur nicht annehmen.) Das ist eine andere Frage. Aber sollte sie angenommen werden, so wird ge⸗ schehen, was zu geschehen hat.

Der Herr Abg. Holtschke hat gestern um Auskunft darüber er⸗ sucht, wie das Gesetz, betreffend die Haftung des Reichs für seine Beamten, gewirkt hätte. Die Wirkungen des Gesetzes können sich im wesentlichen nur auf finanziellem Gebiet äußern und deshalb von der Reichsjustizverwaltung nicht übersehen werden. Das Reichsschatzamt wird hier besser Auskunft geben können.

Dann ist noch gefragt worden nach den Wirkungen des Gesetzes, betreffend die Entlastung des Reichsgerichts, vom Jahre 1910. Lassen Sie mich einige Zahlen anführen, aus denen hervor⸗ geht, daß dieses Gesetz die erwartete Wirkung gehabt hat. Im Jahre 1909 sind eingegangen 4595 Sachen, im Jahre 1910, als das Gesetz nur teilweise in Wirkung war, 4344 und 1911 3531 Sachen. Im Jahre 1911 haben also gegen 1909 die Sachen um ungefähr 23 % abgenommen. Das war die Wirkung der Heraufsetzung der Revisions⸗ summe. Die Herren werden sich erinnern, daß im Gesetz gleichzeitig bestimmt war, daß für eine gewisse Reihe von Jahren Hilfsrichter beim Reichsgericht beschäftigt werden sollten, um die damals vor⸗ handenen Reste aufzuarbeiten. Auch diese Maßregel hat die erwartete Wirkung gehabt. Beim Reichsgericht sind im Jahre 1909 kontra⸗ diktorische Urteile abgefaßt etwa 2600, 1910 beinahe 2800, 1911 aber 3140. Es hat sich das gute, sehr erwünschte Resultat ergeben, daß, während am 1. Januar 1909 noch über 3000 Sachen anhängig waren, die der Erledigung harrten, das Jahr 1911 begonnen hat mit nur 1800 Sachen. Ich glaube also, daß das Reichsgericht im Laufe dieses Jahres, sicher aber im Laufe des nächsten Jahres die Hilfsrichter bleiben noch bis zum nächsten Jahre vollständig kurrent sein wird, und ich habe die Hoffnung, daß das Reichsgericht dann auch eine Weile kurrent bleiben wird. Man muß dabei allerdings berücksichtigen, daß mit der Zunahme der Bevölkerung bei sämtlichen Gerichten die Zivilsachen zunehmen; mit der Zeit werden also, trotz der Erböhung der Revisionssumme, auch beim Reichs⸗ gericht die Geschäfte wieder steigen. Und bei einer wesentlichen Steigerung der Geschäfte wird, wenn die Hilfsrichter erst einmal ent⸗ lassen sind, das Reichsgericht auf die Dauer kaum kurrent bleiben können. Ich habe aber schon in früheren Beratungen gesagt, daß dann ernstlich erwogen werden müsse, das Rechtsmittel umzugestalten oder andere Maßregeln zu ergreifen, wie z. B. eine Vermehrung der Senate.

Auf die Ausführungen des Herrn Rechtsanwalts Heine will ich nur kurz erwidern: ich habe mich gestern nicht unbedingt ablehnend gegenüber der Erhöhung der Gebühren der Rechtsanwälte ge⸗ äußert; ich habe vielmehr gesagt, daß wir bereit seien, in eine Prüfung der Frage einzutreten, sobald statistisches Material vorhanden sei. Es war ein eigentümlicher Zufall: noch gestern abend wurde mir ein Ausschnitt aüs der „Juristischen Wochenschrift“ vorgelegt, wonach die von dem Deutschen Anwaltsverein eingesetzte Kommission beabsichtigt, mit dem Reichsjustizamt wegen Vornahme statistischer Ermittlungen in Verbindung zu treten. Es ist also nicht ausgeschlossen, daß wir doch vielleicht noch statistisches Material erhalten werden.

Wenn der Herr Abg. Heine gemeint hat, meine Ausführungen, es könnte das Strafgesetzbuch keinesfalls diesem, sondern erst dem nächsten Reichstag vorgelegt werden, ständen irgendwie in Verbindung mit der großen Zahl der der äußersten Linken angehörenden Herren in diesem Reichstag, so ist das eine Behauptung, die mir gegenüber nicht angebracht ist. Ich habe schon im Oktober vorigen Jahres allen Herren, die mit mir über die weitere Förderung des neuen Straf⸗ gesetzbuchs gesprochen haben, gesagt, daß es vom 1. April 1911 an etwa 6 Jahre dauern würde, bis der Entwurf des neuen Strafgesetz⸗ buchs vorgelegt werden könne. Es ist also in keiner Weise berechtigt, anzunehmen, daß ich lediglich mit Rücksicht auf die augenblickliche politische Situation einen derartigen fernen Termin in Aussicht ge⸗ stellt bätte.

Der Herr Vorredner hat soeben mit Recht gesagt, daß die Frage des Falles Havenstein nicht hier, sondern im preußischen Abge⸗ ordnetenhause zur Sprache zu bringen sei. Mir ist von dem Falle tatsächlich bis gestern absolut nichts bekannt gewesen, ich habe nicht einmal einen Zeitungsausschnitt darüber gesehen. Also ich weiß tat⸗ sächlich über den Fall Havenstein nicht das mindeste. Ich kann Ihnen deshalb darüber keine Auskunft geben und Ihnen nun anheimstellen, die Sache in dem preußischen Abgeordnetenhause, wohin sie gehört, zur Sprache zu bringen.

Abg. Dr. Ablaß shartsche Volksp.): Das deutsche Handelsgesetz⸗ buch war auf dem juristischen Gebiete der erste Sieg des deutschen Ein⸗ heitsgedankens; Preußen verhalf ihm dazu, freilich in einer Zeit, wo⸗ es Preußen noch verstand, in Deutschland moralische Eroberungen zu machen, einer Zeit, die leider recht weit hinter uns liegt. Das deutsche Handelsgefetzbuch hat im wesentlichen auch in Oesterreich⸗ Ungarn, der Schweiz und Japan Geltung erlangt, ein Beweis, da das Recht nicht notwendig ein nationales zu sein braucht, sondern auch ein universelles sein kann. Die Bestrebungen für die Durch⸗ führung eines internationalen Wechselrechts 2e trotz der Konferenz von 1910 gefährdet, weil England und Nordamerika mit den Beschlüssen nicht einverstanden sind. Darf man trotzdem dem Abschluß dieses internationalen Vertrages durch eine neue Konferenz demnächst entgegensehen? Die Judikatur auf dem Gebiet des Handelsrechts ist elne überaus glänzende 8 eichwoh

w behauptet die neue Freirechtsbewegung, 8 diese ganze Gese gebung den neuzeitlichen Anforderungen nicht mehr genüge; jeder Richter⸗

ständlich gern bereit sein, an den notwendigen gesetzgeberischen Maß⸗

geschädigt werden, die Urteile werden deshalb nicht weniger gerecht ausfallen. Die Beweisführung für das Vorhandensein einer Klassen⸗

nahmen mitzuwirken.

t spruch solle nicht auf dem Worte, sondern auf dem Geist der Gesetze 1X4““ 8

Belehrung abgedruckt werden könnten, aber nicht die Urteile eines

der Todesstra

lieruhen, er lle auch eine soziale Tat sein und der Billi keit ent⸗ prechen. Diese Gedanken hat schon Goethe ausgesprochen; 88 Ent vom Rechte, das mit uns geboren ist, davon ist leider nie die Frage“, st ewissermaßen der Grundgedanke der ganzen Freirechtsbewegung. Be anntlich hat auch ein so großer Jurist wie Herr von Kirchmann auf die Wertlosigkeit der Jurisprudenz als Wissenschaft hingewiesen und neuerdings auch der Philosoph Cham erlahn, Die Frei⸗ rechtsbewegung verkennt aber den Umstand fundamental, daß es gar nicht möglich ist, alle Rechtsfragen auf den Grundsatz der Billigkeit zuzuschneiden; viele Rechtsfragen müssen lediglich nach Zweckmäßigkeitsgründen entschieden werden, und daran allein schon scheitert die ganze Bewegung. Aber darin hat sie recht, daß sie fordert, der deutsche Richter müsse so weit wie irgend möglich sozial vorgebildet werden. Aus derselben Erwägung ergibt sich, daß die im Reichstage an den Richtersprüchen geübte Kritik nichts für den Richterstand Herabsetzendes hat. In der „Deutschen Richter⸗ zeitung“ sind gegen meinen Freund Müller⸗Meiningen und den Abg Bassermann scharfe Angriffe gerichtet worden, wogegen der Abg. Heinze und der Abg. Groeber Gnade gefunden haben, obwohl der Abg. Groeber mit dem Erstgenannten für die Beteiligung des Laien⸗ elements an der Rechtsprechung eingetreten ist. Der Abg. Müller⸗ Meiningen hat gerade als Freund des Deutschen Richtervereins den Richterstand hier im Reichstage aufs wärmste gegen sozialdemo⸗ kratische Angriffe verteidigt und vor der Verallgemeinerung einzelner Beanstandungen gewarnt. Diese Artikel in der „Deutschen Richter⸗ eitung“ ökann ich nur als Entgleisung behandeln. Wie die Gründung des „Deutschen Richtervereins“ habe ich die Gründung des Vereins „Recht und Witrtschaft“ begrüßt in dem sich Richter und Anwalte mit hervorragenden Ver⸗ tretern des wirtschaftlichen Lebens zusammengefunden haben Diese Vereinigung will den Versuch machen, sich gegenseitig auf⸗ zuklären. In der öffentlichen Diskussion steht immer wieder im Vordergrunde der Vorwurf der Weltfremdheit der Richter. Auf diesem Gebiete kann man durch gegenseitige Aussprache klärend wirken und zu einer Popularisierung der Rechtswissenschaft beitragen. Viel⸗ leicht ist es auch möglich, dadurch die kastenähnliche Abschließung des Richterstandes aus der Welt zu schaffen. Ich komme hier noch einmal, auf einen von uns früher gestellten Antrag zurück den Richtern zu verbieten, Orden und Titel anzunehmen. Die Richter müssen im Interesse ihrer absoluten Unabhängigkeit auf jede äußere Auszeichnung Verzicht leisten. Ich begrüße es, daß eine dahingehende Bewegung starken Anklang in der deutschen Richterschaft gefunden hat. Wenn wir wünschen, daß die Richter nach außen hin ihre volle Würdigung finden, so müssen wir fordern daß diese Wertschätzung auch der deutschen Anwaltschaft teilhaftig vird. Sie ist ein unentbehrlicher Faktor unseres Rechtslebens. Die Grundlage, auf der dieser Stand beruht, ist die freie Advokatur Der Deulsche Anwaltstag in Nürnberg hat sich in seiner letzten Versammlung mit erdrückender Mehrheit gegen den Numerus clausus ausgesprochen. Gegen eine Kritik, die sich in mäßigen Grenzen hält, ist nichts einzuwenden. Aber es ist bedauerlich, daß von seiten der Richter dagegen stark gesündigt wird. Die deutschen „Richter werden nervös, sobald der Vorwurf der Weltfremdheit ethoben wird. Ich habe nun gelesen, daß man den Vorwurf gegen die ganze deutsche Anwaltschaft erhoben hat, daß sie systematisch heillame Reformen der Justiz vereitelt hat. Diese Vorwürfe dürfen nicht unwidersprochen bleiben, da das Gros der Anwaltschaft sich vollständig frei von einem derartigen Unterfangen fühlt Im Gegensatz zu dem Abg. Heine bin ich der Meinung, daß es für den Anwalt nicht angenehm ist, das Gebiet der freien Vereinbarung du beschreiten, weil es sehr häufig dem Taktempfinden widerspricht. Die deutschen Anwaltsvereine und Vorstände hätten besser gehandelt wenn sie der Meinung waren, daß das von der Reichsjustiz⸗ terwaltung geschaffene Formular unbrauchbar ist, selbst eins zu schaffen und über die gestellten Fragen dann selbst Auskunft zu seben. Der Staatssekretär muß der Meinung sein, daß die Ge⸗ bühren vom Jahre 1879 unangemessen hoch gewesen seien, wenn er noch jetzt der Meinung ist, daß der Nachweis nicht erbracht ist daß die Gebühren zu niedrig sind. Die Kosten der Lebenshaltung haben sich auf das Doppelte gehoben, ebenso sind die Mieten be⸗ deutend gestiegen. Die Zahl der Anwalte ist in beständiger Steige⸗ rung begriffen, aber nicht durch Schuld der Anwaltschaft söndern durch das Verhalten der Justizverwaltung. Sie verleiht das Recht zur Bekleidung des Richteramts, aber es erfolgt aus Erwägungen ver⸗ schiedener Art beraus dann nicht die Anstellung. So haben Juden kaum Aussicht, Richter zu werden, und werden Rechtsanwalte. Eine Revision der Gebührenordnung ist äußerst notwendig. Wie der muß sich auch die Anwaltschaft Kritik gefallen lassen. der Stand hat selbst das lebhafteste Interesse, unlautere Elemente auszumerzen. Wenn man jetzt die Zusammenstöße zwischen Richtern 8 Verteidigern liest, so muß man auf den Gedanken kommen, daß ort nicht zwei Faktoren in gemeinsamer Arbeit das Recht finden 1- sondern sie stehen sich wie zwei streitende Parteien gegenüber 5. denen die eine vor der Persönlichkeit der anderen keine Achtung at. Es muß dafür gesorgt werden, daß für die Zukunft sich der⸗ üige wider liche Zustände nicht mehr ereignen Ein bedeutender Anwalt hat darauf hingewiesen, daß man alles tun müsse 5 keine maßlose Reklame einsetzt, und eine Juristenzeitung er⸗ 118. einen Fall, wonach bei einer schweren Mordtat sich mehrere shtanwalte direkt um die Verteidigung beworben haben sollen. edde auf diesem Gebiete müssen entschieden bekämpft werden. 8 g Sinne hat auch die dazu berufene korporative Vertretung 5 Inwalte gewirkt. Möge die Figur des Reklameanwalts so bald 2 irgend möglich das verdiente Ende finden. Wir rechnen dabei . auf die Unterstützung der Presse. Es besteht immer noch die ümahme, daß Berichte über Verhandlungen der Gerichte straffrei s wenn sie wahrbeitsgetreu sind. Das ist ein fundamentaler Irr⸗ 8 Ein süddeutsches Witzblatt wurde verurteilt, weil es behauptet mhe dase din Bischof das unsittliche Verhalten eines Geistlichen 1 mißl Fälligt habe. Der Redakteur, der einen wahrheits⸗ 1 en Bericht über die Gerichtsverhandlungen gebracht hatte, 8. zu 100 verurteilt. Das ist ein Zustand, der auf die 88 nicht ertragen werden kann. Eine wahrheitsgetreue Bericht⸗ ung muß unter den Schutz des § 193 des Strafgesetzbuchs ge⸗ ellt werden. Das Reichs t i di werde 82 gericht hat zu diesem Paragraphen eine dn g eingenommen, die nicht einwandfrei ist. Das liegt aber 89 r an ihm als an der kautschukartigen Fassung. Es hat ent⸗ en, daß zwar seine Urteile im Interesse der wissenschaftlichen

Landgerichts; man müsse unterscheiden d elebeang, und v Prtechalgäng. ne uslegung des § 193 schützen? Der Redakteur steht je Bligs schutzlos da. Ich möchte bitten, daß § 193 8 8 gceieah bnt werde, daß auch gutgläubige Behauptungen, die Nibe Fntis en Interesse aufgestellt werden, straflos bleiben. 86 88 der letzten Wahlen sind Liberale von Konservativen heftig shfgfiffen worden. Das hat zu einer großen Anzahl von Beleidigungs⸗ indl 88 geführt. Der jetzige Abg. Hegenscheidt hatte seinem Gegen⸗ gepr en vaterlandslose Gesinnung vorgeworfen, wurde aber frei⸗ sene mere weil ihm der Schutz des § 193 zugebilligt wurde. Ueber dr ss legung herrscht eine große Meinungsverschiedenheit bei den Fͤif 8: es ist deshalb eine schärfere I. kvhang nötig. Eine dees 9 8* des Polizeiverordnungsrechts ist gestern verlangt worden. be. ee; nungen stammen zum Teil aus den leßten Jahrhunderten us n meserspecgend. Es paßt nicht mehr, daß Verordnungen daübadr vorkonstitutionellen Zeit seßt noch verbindlich sind. Es ist nigeid ein vernünftiger Vorschlag, daß mit 30 Jahren alle st fet cc Rtzesfen als verjährt zu erklären sind. Unglaublich sir deng 8 er Fal: Der Professor Moritz Lippmann in Kiel hat kutf en Juristentag ein Gutachten über die Abschaffung * e vorbereitet und die einzelnen Bundesregierungen ge⸗ hebe viel Todesurteile verhängt und vollstreckt und wie viel lucnndigungen ergangen sind. Sämtliche Regierungen haben die ft erteilt, nur der preußische Juftfzminister hat die

zwischen den Interessen Wie kann man sich gegen

demokraten und eines Teiles der fortschrittlichen Volkspartei angenommen. zur Annahme, soweit sie graphentheater unter die Gewerbeordnung verlangt. zweite Teil, der eine schärfere Aufsicht über die Kinemato⸗ graphentheater fordert, gelangt gegen die Stimmen der Sozial⸗ demokraten und des größten Teils der fortschrittlichen Volks⸗ partei und einiger Nationalliberaler ebenfalls zur Annahme.

hofen wegen reichsgesetzlicher Regelung für das d 6 Reg as Rechts⸗ konsulentengewerbe wird abgelehnt.

gelangt schließlich die Resolution des Dr. van Calker wegen reichsgesetzlicher Regelung der Vorbildung und des Vör⸗ bereitungsdienstes der Juristen.

Debatte angenommen.

Staatssekretär die erbetene Aus ttei . geßzer 8 1 * uskunft erteilen wird. Die geste ster 28 uöu vorgebrachten Fälle kann ich nicht nachüegsen, 1 8 Eindruck, daß Strafen von exorbitanter Höhe becgenigt 8 or den sind; ob sie berechtigt waren, will ich nicht Eatess 82 8 Richterstand muß sich aber bewußt sein, daß Srs 8 rab gräbt, wenn auch nur der Schein er⸗ Peckt, 2 22 wenn der Richter sich für oder gegen eine Friebeich Hachacht, für die eine oder andere Seite eintritt. 8 8 hat uns eine Definition über die Pflichten des Pfußs sche 1— gegeben, die sehr wertvoll ist. Er sagte: 2 wissen, daß der Bettler ebensowohl ein Mensch . ö ‚vor der Justiz; müssen alle Leute gleich sein. keitischt 1n95 1 das sich der Richterstand in jedem Whasbecg muß, entsprechend dem preußischen Abg. Dombek (Pole): Wir werden für die Resolution zum Schutz hege deh e henh und Schundliteratur stimmen. Die jetzige Schube 5 9. 88 2 estimmungen läßt Umgehungen immer noch Spielraum. ö wir der Resolution wegen der Rechtskonsulenten nach die wir Polen gemacht haben, nicht zustimmen. eider gi es in den polnischen Landesteilen immer noch nicht eine Zahl von Dolmeischern, die die polnische Sprache voll⸗ ig und korrekt beherrschen. Das ist auch eine Quelle zahl⸗ Fehlurteile. In einem Falle war es nur der Sprach⸗ eines beisitzenden Richters zu danken, daß ein Un⸗ schuldiger vor mehrjähriger Zuchthausstrafe verschont blieb. Die harten Urteile aus Anlaß des westfälischen Streiks sind uns durchaus unverständlich. Wir haben den Wunsch Urteile in zweiter Instanz erheblich gemildert werden. 18 des strafprozessuellen Vorverfahrens ist dringend ig, die eine Ueberschreitung der Amtsgewalt verhindert. Es darf auch nicht vorkommen, daß auf Grund veralteter Be⸗ frimmungen Angeschuldigte, die sich nachher als schuldlos herausstellen in unverhältnismäͤßig langer Untersuchungshaft schmachten. I. 116g. S⸗ (Zentr.): Die Frage der gesetzlichen Regelung der 8 aterie der Tarisverträge gehört ja in der Hauptjache vor as Reichsamt des Innern, aber auch das Reichsjustizamt kann an dieser so wichtigen Frage nicht vorübergehen. Jedenfalls dürfte auch dieses Amt berufen sein, die Hindernisse, die sich immer noch der gesetzlichen Regelung in den Weg stellen, 8 räumen zu helfen. Der gesetzlichen Anerkennung der 111““ als rechtsfähiger Korporationen, die allein 8 Fxistenz der Tarifvereine dauernd sichern können, sollte nicht mehr Re⸗ bisherige Widerstand entgegengesetzt werden. Der früher dem vorgelegte Entwurf war aus dem Mißtrauen gegen diese 1“ geboren und ist gescheitert; die Aera dieses Mißtrauens sollte jetzt endlich vorüber sein. Die Zahl der bestehenden Tarifverträge ist unausgesetzt gestiegen; die Entwicklung ist so weit vorangekommen, daß die gesetzliche Regelung des Tarifvertrages geradezu dringlich geworden ist. Insbesondere die Frage der Rechts⸗ die indll echtt, 134“ sowie ihre Geltung auch für erte Arbeiter en ein Reichsgesetz über die Materi 1 sütuegatar machen ein Reichsgesetz über die Materie Abg. Siehr (fortschr. Volksp.): Die Forderung der Re⸗ der Vorbildung unserer jungen Juristen von Reichs e ist hg und nicht überraschend. Der letzte Anwaltstag in Würzburg hat sich einhellig dahin ausgesprochen, daß diese reichsgesetzliche Regelung sich empfiehlt. Die vorgelegte Resolution ist so gefaßt, daß nicht schlecht⸗ hin die Regelung durch Reichsgesetz gefordert, sondern auch die Mög⸗ lichkeit einer Vereinbarung der Einzelstaaten offen gelassen wird. eg geltende Gerichtsverfassungsgesetz enthält Bestimmungen über die Vorbildung der jungen Juristen, indem es gewisse Mindestanforderungen statuiert hat. Selbst wenn es sich hier um eine Verfassungsänderung handeln würde, dürfte man vor einer solchen nicht zurückschrecken. Die Männer, die das einheitliche deutsche Recht anzuwenden haben, müssen auch einen annähernd gleichmäßigen Ausbildungsgang genossen haben. Der Widerstand, den vielleicht einzelne Bundesstaaten gegen die Durchführung einer reichsrechtlichen Regelung leisten möchten, wird nicht unüberwindlich sein, auch nicht derjenige Bayerns, das ja tatsächlich jetzt einen Unterschied zwischen Justiz und Verwaltung nscht kennt. Als die Reichsverfassung gemacht wurde, hat man mit Recht diese Er⸗ ziehungsfragen zurückgestellt; jetzt aber, nachdem das einheitliche Deutsche Reich sich völlig eingelebt hat, ist es an der Zeit, das damals Zurückgestellte nachzuholen. Jedenfalls sollte der Vertreter des Reichsjustizamts nicht so kühl an der Frage vorübergehen. Gerade gegenüber den immer stärker gegen die Weltfremdheit unserer Richter erhobenen Vorwürfen ist es geboten, bei der Ausbildung unserer jungen Juristen jede Einseitigkeit zu vermeiden; sie sollen nicht mit noch mehr Paragraphenweisheit und Gelehrsamkeit, sondern mit mehr Kenntnis der praktischen Dinge und mit mehr Sinn für sie ausgestattet werden. Die Vorschläge, die der deutsche Anwaltsstand gemacht hat, und die der Deutsche Jüristentag in diesem Jahre noch machen wird, stellen ja gewiß keineswegs ein Allheilmittel dar, aber sie bedeuten unzweifelhaft einen Fortschritt. Ich bitte das Haus um Fnnahne das Reichsjustizamt um wohlwollende Erwägung unserer 1 ution. Abg. Warmuth (b. k. F.): Ein Mann verdient ni einem preußischen Richterstuhl zu sitzen, der sich irgendwie ict auf beeinflussen läßt. Die Vorwürfe des Abg. Stadthagen gegen die Justiz sind haltlos. Er hat ihr nur vorgeworfen, daß sie zu schnell vorwärts gehe. Sonst beklagt man sich immer darüber, daß sie zu langsam arbeite. Ein jeder weiß, wie schwer es ist, einen objek⸗ tiven Tatbestand zusammenzubringen. Bei aller Hochachtung vor der Berichterstattung der Presse kann es doch vorkommen, daß wesentliches ausgelassen wird und so ein schiefes Bild zustande kommt. Das muß aber ganz besonders da geschehen, wo der Berichterstatter tenden⸗ ziös vorgeht. Es wird vom deutschen Volke nicht wenn bei. kleinen Vergehen so hohe Strafen verhängt werden. Hier ist eine Milderung des Gesetzes am Platze.

Damit schließt die Diskussion. Das Gehalt des Staatssekretärs wird bewilligt.

Die Resolution der Polen wegen Gewährung von Diäten an Geschworene und Schöffen wird einstimmig angenommen; die Resolution von Normann, bertreffend die Verschärfung der Gesetzgebung gegen Schmutz⸗ und Schundliteratur und gegen die Auswüchse der Kinematographen und Mutoskope und auf Herbeiführung wirksamen Schutzes dagegen auch auf internationalem Wege wird gegen die Stimmen der Sozial⸗

Die Resolution Mumm gelangt einstimmig die Unterstellung der Kinemato⸗

Der

Die Resolution Hoppe⸗Freiherr von Richt⸗

Zur Annahme gegen die gesamte Rechte und das Zentrum

Der Rest des Etats der Reichsjustizverwaltung wird ohne

Damit ist die Tagesordnung erledigt. Die Reichspartei hat einen schleunigen Antrag ein⸗

antwortung der Frage abgelehnt. Ich hoffe, daß der

gebracht:

1144“

„Der Reichstag wolle beschließen, den Herrn Rei 8 ßen, Herrn Reichsk z lacheh sFrhehungen Mafüber Hrrmn Reche anzler 825 b her schiffahrt für Passagiere und Besatzun jed mögliche Sicherheit gewährleistet wird und ob ins

J Sicher gewẽ b insbe ö Schiffe ausreichend Rettungsboote mit in be eanere . a Bord befindlichen Pesbhsr im 8e der Gefahr aufnehmen nn für den Fall, daß die Effe hrungen bei dem Untergang r* „Titanic“ das nötig erscheinen lassen, ungesäumt auf dem Wege

der Verordnung oder des Gesetzes die erforderlichen Maßnahmen

zu ergreifen.“ Nächste Sitzung Sonnabend,

8 Schluß 61 4 Uhr. ormittags 11 Uhr. (Schleuniger Antrag der Reichspartei

auf Erhebungen über die Sicherheit der Passagi

G b Sich agiere und? 2 SBües,, enh⸗ 8- Schiffen; Nntsnas Keremna M. einen Strafgesetzbuchnovelle; Etat für die Ver⸗

der Reichseisenbahnen.)

11“

Preußischer Landtag. 3 G Haus der Abgeordneten. 51. Sitzung vom 19. April 1912, Vormittags 11 Uhr (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

b den Beginn der Sitzung, in der die zweite Beratung x88 1 s der Eisenbahnverwaltung für 1912, und sn 88 ie Debatte über die dauernden Ausgaben Dtbee . e. die Lage der Beamten und Ar rtgesetzt wird, ist in der wenches f der gestrigen Nummer d. Bl. bg. Ströbel (Soz.), fortf 1 —ꝛ), fahrend: Man 7 Fhlicinüng der Arbeiter hinwegzutäuschen, Son 1 nationale Aufrufe setzt. Aber die r werden zu der gabe ihrer Unterschrifte ezwi und bei Weigerung aus ihrem Beruf gej EbE nd Zihrem Beruf gejagt; und sie empfind veseng e eises soeesterm t he rn e r Sheschece senh 8 emokratischen Abgeordneten in einer Ve . ETö“ 68 v glorreichen faphtckftischer Snen rdert die Beamten, die sozialdemokratisch denken ihr Amt 8 und wirft ihnen vor, daß sie an e. Amte aush hr vnt Falen. die auch den Gehorsam verweigert haben, hat man in fieug mte gelassen, ja, einer von ihnen ist sogar Minister des Innern segerten eng he c de Freicere von Erffa: Die Kanalvorlage em Eisenbahnetat zu tun.) Wir müssen ärfs. Brobeltheheh. Leeg den behördbichen Terror, der sse 1n ge Heu n macht. Mit dem Begriff des „Staatswohles“ wi getrieben; das Staatswohl kann man viel eher mit Poßer 8 Hunderttausende treuer Beamten identifizieren als mit dem Wohle 8 EEA113“ Wir müssen gegen diese anmaßende Auslegung 1— Bortes „Staatswohl⸗ protestieren. Wenn man sieht, wie kürz⸗ 1 4 ein sozialdemokratischer Redakteur mit drei Monaten Gefängnis 8 raft worden ist, weil er den Minister von Dallwitz beleidigt haben sonl o muß man wirklich sagen, wie es einmal ein Zentrumsredner aus⸗ drückte: Man muß e Wir werden es

. G sich schämen, ein Preuße zu sein. doch dahin bringen, daß sich die Beamtenschaft ihre politischen Rechte Ich habe nicht gehört,

nicht nehmen lassen wird. Päüstdent 6 Fherelh er von Erffa:

welchem Zusammenhange Sie das Wort gebrau

müsse sich schämen, ein Preuße zu sein. (Aba8 5 Das hat Giesberts gesagt!) Abg. Hoffmann, ich habe Sie doch nicht ge⸗ frägt Ihe. mir das Stenogramm kommen lassen und es einsehen. 1 g. Strosser (kons.);: Daß ich Verständnis für die Lage er Beamten und Arbeiter habe, das habe ich in meiner neunjährigen parlamentarischen Tätigkeit bekundet. Wenn der Abg. Ströbel meint, daß wir gar nichts für die Arbeiter übrig hätten daß wir ganz und gar kein Verständnis für sie hätten⸗ so hat er die Rede des Grafen von der Groeben überhaupt nicht gehört, sonst hätte er das nicht behaupten können. Graf von der Groeben hat als unser Fraktionsredner bei dieser Gelegenbeit be⸗ sonders betont, daß die Beamten und Arbeiter ein großes Lob verdienen wegen der vorzüglichen Haltung, die sie unter den schwierigsten Verhältnissen im vorigen Jahre bewiesen haben. Der Minister hat das dankbar anerkannt. Wenn der Abg. Ströbel meint daß die Eisenbahnarbeiter, ja sogar ein großer Teil der Beamten in ihrem Herzen sozialdemokratisch seien, so steht dem gerade entgegen, was die Beamten und Arbeiter selbst bei jeder Ge⸗ legenheit betonen. Der Abg. Ströbel kennzeichnet damit die Arbeiter und Beamten direkt als Heuchler. 8 bischenruf des Abg. Hirsch⸗ Berlin (Soz.).) Abg. Hirsch, ich habe Sie gar nicht gefragt. Was Sie zu sagen haben, können Sie nachher sagen, wir haben Ihren Redner auch nicht unterbrochen. So sagte in einer Versammlung der Bahn⸗ wärter der Vorsitzende, daß sie durch diese Versammlung gerade ihre Beamtentreue und Vaterlandsliebe kennzeichnen wollten, und dann wurde die Nationalhymne begeistert von den Anwesenden gesungen Das beweist wahrlich nicht, daß die Beamten nicht königstreu und vaterlandliebend seien, daß sie sozialdemokratisch seien. iederholt ist ziffermäßig nachgewiesen, daß ganze Kategorien von Unterbeamten und auch von mittleren Beamten formell zwar eine Aufbesserung ihrer Bezüge erhalten haben, daß es sich aber in Wirklichkeit doch anders verhält, und daß in einzelnen Fällen die Gehalts⸗ erhöhung nur den vierten oder fünften Teil von dem beträgt was hier behauptet worden ist. Während jeder Beamte wenigstens 200 mehr an Gehalt erhalten sollte, haben sie in Wirklichkeit teilweise nur 40 oder 60 erhalten. Es ist Sache der Regierung diese Härten unter allen Umständen zu beseitigen. Ein wesentlicher Grund für die Schlechterstellung so mancher Beamtenkategorien liegt in der Deklassierung der Orte. Auch mein Wahlkreis Breslau ist um eine Klasse heruntergesetzt worden. Das wirkt in hohem Grade verbitternd, besonders für die jüngeren Beamten, wenn sie beim Eintritt in eine höhere Gehaltsstufe durch diese Kalamität wieder in eine niedrigere Klasse kommen. Wenn von einer Seite vor⸗ geschlagen ist, diese Ungleichheit durch Unterstützungen zu beseitigen 0 habe ich schon wiederholt betont, daß ich die Unterstützungen zum Ausgleich für einen denkbar unglücklichen Ausweg halte, dem ich nicht zustimmen kann. Die Verhältnisse der einzelnen Beamten⸗ kategorien sind schon ausgiebig behandelt, ich will nicht alles wieder⸗ holen. Unter den von mir gerügten Mißständen leiden vor allem die Weichensteller, die Bahnwärter, die Hilfsbeamten und die Magazinaufseher. Für die Wünsche der Eisenbahn⸗ wagenmeister hat der Minister tunlichste Berücksichtigung zu⸗ gFfagt. Gerade dieser Dienst ist aufreibend, und es muß eine weitere . zermehrung des Personals durch Heranziehung von Hilfskräften eintreten. Außerdem möchte ich eine Verbesserung in den Urlaubsverhältnissen dieser Beamten in Betracht gezogen wissen, und für die älteren Wagenmeister wäre eine ähnliche Rangierung wünschenswert, wie sie die Lademeister bekommen haben. Ich möchte befürworten, daß die älteren Wagenmeister die Möglichkeit des Anfrückens in eine mittlere Beamtenkategorie erhalten. Auch eine bessere Anstellung für die Rangierfübrer ist nötig, und sodann trete ich für einige Wünsche der Lokomotivführer ein. Der Abg. Ströbel meinte, daß vom Zentrum drei Redner gesprochen hätten, und daß die Sozialdemokraten sich das in Zukunft nicht gefallen lassen würden. Ich glaube, Sie über⸗ schätzen sich in dieser Beziehung. Was Sie sich gefallen lassen werden, müssen Sie ja wissen. Wir anderen wissen aber auch genau, was wir uns von Ihnen Sechsen gefallen lassen werden. Jedenfalls ein derartiges Auftrumpfen und Auf⸗ dentischschlagen werden wir uns nscht gefallen lassen. Sie betonen immer, Sie müßten nachholen, was Sie in 40 ode

50 Jahren versäumt haben. Sie sagen, Sie müßten ebenso lange 8 Reden halten, wie die übrigen Parteien des Hauses zusammen

genommen. Das wird sich finden, ob wir uns das gefallen lasse

werden. Der Abg. Stroͤbel hat weiter höhnisch behauptet, die anderen Parteien hätten gestern bei der letzten Rede so durch Ab⸗

wesenheit geglänzt, daß z. B. vom Zentrum zeitweilig nur ein Abgeordnete