anderthalbfach rechnet. (Sehr richtig! im Zentrum.) Wir haben das w-
bei keiner anderen Verwaltung.
Dann ist der Herr Vorredner wieder auf die Frage der Agenten gekommen. Er hat ganz recht, wenn er Zweifel darüber hegt, ob alle Agenten schließlich den Wunsch haben, einer Versicherung bei⸗ zutreten und hohe Beiträge zu zahlen. Ich habe früher schon die Ehre gehabt, auseinanderzusetzen, daß die Agenten eigentlich nicht geeignet sind für eine solche Kasse, und zwar schon um deswillen, weil unter den 10 000 Agenten sehr viele gar nicht das Bedürfnis nach einer besonderen Pension haben; denn ein großer Teil bezieht bereits eine Pension. 2160 Agenten sind durch ihren Hauptberuf in einer anderen Beamtenstellung, die ihnen, wenn sie nicht mehr dem Dienste genügen, eine Pension bringt, oder es sind überhaupt schon Pensionäre, die die Nebeneinnahme als Postagent gern noch mitnehmen. Wir dürfen nicht vergessen, daß die Verwaltung einer Postagentur eine Nebenbeschäftigung darstellt, wir übertragen sie an Personen, die in den Orten ansässig sind und Zeit dazu haben; die Dauer ihrer Be⸗ schäftigung ist keine so übermäßige, denn die Zahl ihrer Dienststunden wird bei den meisten kaum 6 bis 7 Stunden täglich betragen. Dann bitte ich zu berücksichtigen, daß sich die Agenturen hauptsächlich auf dem Lande befinden, und die Agenten infolgedessen nicht wie in den großen Orten ihre ganze Dienstzeit am Schalter zuzubringen haben. Der Agent ist vollständig frel; entweder er oder einer seiner An⸗ gehörigen nimmt die Sendungen ab, telegraphiert oder vermittelt die Ferngespräche. Man darf auch nicht vergessen, daß die Ver⸗ gütung für diese Stellen unter Umständen 1000 ℳ und noch mehr jährlich beträgt, und das will auf dem Lande immerhin etwas sagen. Auch der Wunsch, daß den Agenten alljähr⸗ lich Erholungsurlaub bewilligt werden möchte, geht über das Maß hinaus; denn der Agent kann sich ja jederzeit vertreten lassen. Wir bitten doch mit allen diesen Urlaubswünschen nicht zu weit zu gehen. Postagenten, die selbständige Handwerker und Kauf⸗ leute sind, sind durch ihr Geschäft daran gehindert, regelmäßig Er⸗ holungsurlaub zu nehmen; diese Agenten sind unter Umständen so gesund, daß sie gar keinen Urlaub nötig haben. Sie wohnen in kleinen Orten, wo das nervenzerrüttende Geräusch, unter dem wir in den Großstädten zu leiden haben, nicht auf sie wirkt. Nun haben wir auch ausrechnen lassen, wie hoch die Beiträge bei Gründung einer solchen Kasse sein würden, und da hat sich herausgestellt, daß, wenn alle Agenten gezwungen werden, einer solchen Kasse beizutreten, der Beitrag 7 bis 10 % ihres Gehalts betragen würde. Das wird natürlich sehr vielen nicht passen, denn zum Teil haben sie bei ihrer Vermögenslage eine Pension nicht nötig, zum Teil beziehen sie schon eine solche; ein großer Teil, nämlich 3400, für die die Stellung als Postagent den Hauptberuf bildet, unterliegt der Invalidenversicherung und vom nächsten Jahre ab auch der Angestelltenversicherung; für diese ist also auch ausreichend gesorgt. Außerdem zahlen wir denjenigen Agenten, die lange bei uns tätig gewesen sind und in hohem Alter abgehen, eine Unterstützung.
Der Herr Abgeordnete ist dann auf den Vorschlag gekommen, der auch in der Kommission gemacht worden ist, man solle doch für die Postlagersendungen eine Gebühr nehmen. Ich habe bereits in der Kom mission zugegeben, daß mancher Unfug durch diese Chiffre⸗ und Lagerbriefe geschehen kann; es ist aber auch nicht zu leugnen, daß diese Einrichtung ihre sehr guten Seiten hat sowohl für den Handelsstand wie für den Handwerkerstand, für alle diejenigen, die durch ihren Beruf gezwungen sind, sich auf Reisen zu begeben oder zu wandern. Diese können ja ihre Briefe nicht immer nach Hotels usw. adressieren lassen, aber sie sind sicher, am Postschalter ihre Sendungen zu bekommen. Ich habe bei den Konferenzen, die ich mit Angehörigen der einzelnen Stände gehabt habe, die Frage zur Sprache gebracht, und da ist mir immer entgegengehalten worden, das wäre eine sehr gute Einrichtung, die sollte man nicht ändern.
Nun sagt der Herr Vorredner, man könnte ja eine Gebühr dafür erheben. Aber eine größere Leistung für die Verwaltung liegt doch kaum vor. Andererseits müßten wir, um das überhaupt zu können, eine Gesetzesänderung vornehmen; denn durch das Postgesetz ist es untersagt, für solche Sendungen, die abgeholt werden, eine Gebühr zu erheben. Außerdem würden die Einnahmen aus einer solchen Gebühr ganz gering sein, und es würde auch der gute Zweck, den der Herr Vorredner angeführt hat, nicht erreicht werden; denn die Gebühren würden in den großen Säckel fließen.
Dann ist der Wunsch ausgesprochen worden, wir möchten doch die Rechnungen für die Bauten schneller bezahlen. Ja, da stimmen unsere Wünsche vollständig überein. Wir weisen die Ober⸗
ostdirektionen an, so schnell wie möglich zu zahlen. Wir haben aber
ie Erfahrung gemacht, daß nicht wir an der Verzögerung schuld
sind, sondern die Handwerker, die uns die Rechnungen nicht rechtzeitig
bringen. Deswegen ist in der Dienstanweisung Bestimmung getroffen,
daß Bauhandwerker, die durch Säumigkeit wiederholt hinderlich
werden, bei neuen Bauausführungen nicht mehr zu berücksichtigen sind.
Der Herr Vorredner darf übrigens nicht annehmen, daß die Rest⸗
die in manchen Fällen hoch sind, nur von unbezahlten Rech⸗
nungen herrühren, sondern darin sind auch die Ersparnisse, die wir bei den Bauten gemacht haben.
Was die Zuschüsse von Gemeinden zu Bauten oder zum Grundstückserwerb betrifft, so möchte ich folgendes sagen. Es kann
wohl vorkommen, daß eine⸗ Stadt den Wunsch hat, das Posthaus an einer bestimmten Stelle zu haben, die auch für unsere Verhältnisse günstig gelegen ist. Sollte nun ein solcher Platz teurer sein als ein anderer Platz, der auch unseren Wünschen entspräche, so treten wir an die Gemeinden heran und ersuchen um einen Zuschuß. Das ist mehrfach auch mit Erfolg geschehen.
8 Was die Personenposten anlangt, so ist von hier aus keine Verfügung ergangen, daß man die Gemeinden zu solchen Leistungen heranziehen solle. Aber die Oberpostdirektionen sind infolge der vielen Wünsche nach Sparsamkeit nun auch wirklich zum Teil recht sparsam geworden, zum Teil werden sie auch durch den Rechnungshof dazu angehalten. Bei den Revisionen wird festgestellt, daß die Post so und so viel kostet und nur so und so viel einbringt, und dabei stellt sich dann öfter heraus, daß eigentlich recht wenige Personen mit der Personenpost fahren, und daß die Unterhaltung infolgedessen sehr teuer ist. Man tritt dann an die Gemeinden beran und sagt: diese Verbindung läßt sich kaum halten, wollt ihr da etwas zuschießen? Im allgemeinen wird aber gerade dafür gesorgt, daß auf dem Lande, wo ein Bedürfnis vorliegt, auch eine Verbindung
geschaffen wird, ohne daß mit derartigen Anforderungen vor⸗ gegangen wird. 11X“
Darauf möchte ich mich für jetzt beschränken. (Bravo! rechts und im Zentrum.)
Abg. Pauli⸗Hagenow (dkons.): Der Redner der äußersten Linken hat hier am Sonnabend eine Rede gehalten, von der man wohl sagen kann, daß sie nur dazu dient, die Unterbeamten gegen ihre vorgesetzte Behörde aufzuhetzen. Der Abg. Zubeil sagt in seiner Rede, wenn man sparen will, so soll man weniger Faulenzer an⸗ stellen. Er führte dabei einige Beispiele an, wie nach seiner Mei⸗ nung Direktoren und andere Beamte ihren Dienst wahrnehmen. Wenn der Abg. Zubeil meint, wir hätten vor den Wahlen den Beamten SI gemacht, die wir jetzt nicht halten, so möchte ich doch den Abg. Zubeil auffordern, den Beweis dafür anzutreten. Wir haben solche Versprechungen nicht gemacht, da wir nichts ver⸗ sprechen, was wir nicht halten können. Was der Abg. Zubeil sonst vorgebracht hat, hatte am allerwenigsten mit dem Etat zu tun, denn vom Etat hat er fast gar nicht gesprochen. Ich bedauere es außer⸗ ordentlich, daß es Beamte gibt, die dem Abg. Zubeil solche Dinge zu⸗ tragen. Das zeugt davon, daß die Beamten zu ihrer vere den Behörde nicht das nötige Zutrauen haben. ir sind der Ueber⸗ zeugung, wenn Grund zu Beschwerden vorhanden ist, dann wird auch unsere Behörde danach streben, Abhilfe zu schaffen. Ich halte es mit der Ehre eines Beamten für unvereinbar, wenn er einem Sozialdemokraten seine Beschwerden vorträgt. Die Ausführungen, die der Abg. Zubeil für die Beamten gemacht hat, werden für diese von keinem Nutzen sen Im Gegenteil, was und in welcher Form es vorgetragen ist, kann nur den Beamten Schaden bringen. Mein Vorredner vom Zentrum hat hervorgehoben, welche Fortschritte unser ganzes Postwesen gemacht hat. Er hat damit recht, besonders wenn wir bedenken, daß der diesjährige Etat mit seinen Ueberschüssen um 17,5 Millionen höher angesetzt ist. Diese gewaltige Leistung müssen wir anerkennen, um so mehr, wenn man sieht, daß der Etatsanschlag für 1911 um 29 Millionen überschritten worden ist, das ist eine Steigerung von 25 ℳ. Dazu kommt, daß 8 auch dieser Etat mit aller Vorsicht aufgestellt worden ist. Diese Vorsicht können wir nur anerkennen, namentlich 799. der Schwankungen, die sich bei dem Einnahmetitel im Vorjahre gezeigt haben. Die Post⸗ und Tele⸗ graphenverwaltung dient ja doch in erster Linie dem Verkehr und ist nicht in erster Linie ein Instrument, um Einnahmen für den Reichssäckel zu erzielen. Der neue Etat enthält eine ganze Reihe neuer Stellen; allein 1250 neue Assistentenstellen, 500 gehobene und 1200 neue Stellen in der Schaffnerklasse sind vorgesehen; gewiß das ist zu wenig, aber es darf doch anerkannt werden, daß wese Ziffern eine Steigerung um 1000 allein bei den Unterbeamten gegen bedeuten, nachdem 1910 überhaupt von jeder Beamtenvermehrung Ab⸗ stand genommen war. Es geht ja nicht an, genau in dem Tempo, wie der Verkehr steigt, die Beamtenzahl zu vermehren; immerhin ist gerade bei der Vermehrung der oberen Stellen in der Postver⸗ waltung unverhältnismäßig gespart worden. In dem Organ des Verbandes der unteren Post⸗ und Telegr henbeamten „Deutsche Post“ 8* am 17. März moniert, daß Graf estarp sich die Prüfung der Notwendigkeit dieser neuen Unterbeamtenstellen vorbehalten hat. Mit Unrecht; der Reichstag hat dazu nicht bloß das Recht, sondern auch die Pflicht. Wir haben Prüfung eintreten lassen und uns von der Notwendigkeit der Vermehrung überzeugt; wir werden wie in der Kommission auch im lenum dafür stimmen. Im einzelnen trete ich dafür ein, daß den ostbausekretären je nach den Verhält⸗ nissen ein Teil der zurückgelegten diätarischen. Dienstzeit auf das Besoldungsdienstalter angerechnet wird, damit ein Teil derselben das Endgehalt auch wirklich erreicht. Diese Beamten kommen viel zu die sich auf die Erhöhung der Gehälter der Assistenten beziehen, welche sich auf die Erhöhung der Gehälter der Assistenten beziehen, werden wir nach der Erklärung des Staatssekretärs wohl nur die⸗ jenigen annehmen können, die die Gewährung einer Zulage von 300 ℳ an die vor dem 1. Januar 1900 in den Dienst getretenen Oberpost⸗ und Telegraphenassistenten verlangt. Eine allgemeine Er⸗ höhung der Assistenten⸗ und Schaffnergehälter um 300 ℳ nach dem Beschluß zweiter Lesung von 1910 würde 24 Millionen erfordern; wo sollen sie herkommen? (Zuruf links: Erbschaftssteuer!) Ich könnte darauf antworten: Dividendensteuer! Die Besoldungsordnung wäre dann nicht zustande gekommen; darum haben wir in dritter Lesung von jenem eschluß wieder abgehen müssen; die Minderheit, die bei den höheren Sätzen blieb, konnte sich das ja leisten, weil sie für den Beschluß nicht verantwortlich war. Was die Postagenten angeht, so ist mir doch zweifelhaft, ob alles darüber vom Staats⸗ sekretär Gesagte zutrifft. Gewiß konnte man eine Postagentur noch vor 10 Jahren als eine Nebenbeschäftigung ansehen. Seitdem ist aber die Beschäftigung der Postagenten so⸗ gestiegen, zumal an volkreichen Verkehrspunkten, daß sie neben der Wahrnehmung ihrer Amtsgeschäfte kaum noch etwas anderes treiben können. Wenn se eine Pensionskasse wünschen, dann soll man sie darin unterstützen und ihnen einen Zu⸗ schuß geben; aber in diesem letzten Punkte liegt wohl der Grund des Widerspruches der Verwaltung gegen die Einrichtung überhaupt. Daß der Zuschuß so erheblich sein würde, um irgend einen Einfluß auf unsere Finanzen zu üben, glaube ich nicht. Es wäre auch nur recht und billig, ihnen eine Entschädigung für die Diensträume zu geben, die sie zur Verfügung stellen müssen. Es wird auch noch zu rüfen sein, ob die Entschädigung für die Posthilfsstellenverwalter nicht viel zu gering ist; 40 oder 50 ℳ im Jahre ist wirklich zu wenig. Die Beförderung der Posthilfsboten zu Landbriefträgern usw. dauert zu lange Zeit; es wird darüber namentlich in Mecklenburg und Ost⸗ preußen geklagt. Man sollte demjenigen, der das Bestreben hat, in eine höhere Stelle zu kommen, auch die Möglichkeit dazu geben. Man sollte den Wünschen dieser Beamten nach Möglichkeit Rechnung tragen. Es wird auch darüber geklagt, daß die Dienststunden bei den Postagenturen so verschieden gelegt sind, daß das Telephon zu bestimmten Zeiten nicht zu erreichen . Die Mittagszeit sollte des⸗ halb einheitlich geregelt werden. Eine andere Klage bezieht sich darauf, daf verstümmelte Telegramme auf Kosten des Empfängers richtiggestellt werden. Der Empfänger hat doch an der Verstümme⸗ lung keine Schuld, die Kosten der Richtigftellung müßte die Ver⸗ 8. tragen. Im übrigen haben wir Vertrauen zur Reichspost⸗ verwaltung und werden alles tun, um die Lage der Beamten nach Möglichkeit zu verbessern.
Abg. Beck⸗Heidelberg (nl.): Das günstige Ergebnis des Etats der Postverwaltung muß uns mit berechtigtem Stolz er⸗ füllen. Früher war die Steigerung der ordentlichen Einnahmen allerdings noch höher als jetzt, es hat aber seit 1910 ein fort⸗ gesetztes Fallen der fortdauernden Ausgaben stattgefunden. Die Leistungsfähigkeit der Postverwaltung ist auch von Allerhöchster Stelle anerkannt worden. Dieser Dank und diese Anerkennung bezieht sich nicht nur auf den rationellen Betrieb der Reichs⸗ postverwaltung, sondern auch auf die bewährte Tüchtigkeit, den Fleiß und die Leistungen der Beamtenschaft. Dieser Dank gebührt aber auch den hohen Beamten, denen am Sonn⸗ abend von sozialdemokratischer Seite Faulheit vorgeworfen wurde. Aber nicht wegen der Finanzreform, sondern trotz der Finanzreform sind wir zu dem günstigen Ergebnis bei der Postverwaltung gekommen,
enn Handel und Industrie waren enötigt, sich aller Verkehrsmittel in erhöhtem Maße zu bedienen. Die Sparsamkeit bei der Post muß sich in den nötigen Grenzen halten, denn die Post ist in erster Linie ein Verkehrsinstitut. Es ist bisher in der Post zuviel gespart worden. Gewiß ist viel geschehen, aber wir sehen in jeder Beziehung eine zu große Zurüchhaltung in der Errichtung von Postanstalten. Im letzten Jahre sind nur 50 Postagenturen neu errschtet worden. Da fragt es sich doch, ob das vorhandene Bedürfnis damit ge⸗ deckt ist. Manche Orte sind längst über den Rahmen der Hilfsstellen herausgewachsen und zu Agenturen reif. Auch die Um⸗ wandlung der Postagenturen in Postämter, Postämter dritter Klasse vollzieht sich viel zu langsam. In diesem Etat ist überhaupt keine vorgesehen, wie es scheint. Auch die Zahl der Postämter zweiter Klasse hat sich nicht vermehrt. Bei der Umwandlung von Post⸗ ämtern zweiter Klasse in solche erster Klasse ist gewiß Vorsicht am Platze, aber auch dort wäre ein schnelleres Tempo für “ sich entwickelnde Stadt sehr angebracht. Die Vermehrung Personals
ja nicht schematisch nach der Größe der Entwicklung zu werden; sie wird zweifellos in den unteren Stellen notwendiger sein, als in den mittleren, und in diesen mehr als in den oberen. Die Aufsichtsstellen haben aber eine “ Die gesteigerten Dienstleistungen stellen große Anforderungen an die Gesundheit der Beamten⸗ Ich möchte wünschen, daß in den nun kommenden Jahren die Post⸗ derwaltung sich durch die Beschlüsse des Reichstages etwas mehr den Rücken steifen läßt gegenüber den Einflüssen anderer Ressorts, die ch als hemmend erweisen. Das Mißverhältnis zwischen der Zahl der Postpraktikanten und der der verfügbaren Stellen muß durch Schaffung neuer Stellen nach Möglichkeit beseitigt werden. Auch den Wünschen der Postagenten möchte ich die Unterstützung meiner Freunde nicht versagen. Ich verkenne nicht, daß der Durchführung einer Hinterbliebenenfürsorge für die Postagenten Schwierigkeiten gegenüberstehen, aber es wird in ihren Kreisen doch vielleicht dankbar aufgenommen werden, wenn die Postverwaltung einmal unter den Agenten Erhebungen veranstalten wollte, um eine Grundlage für die Regelung dieser Frage zu finden. Die Agenten können sich zwar durch Familienangehörige vertreten lassen, dadurch wird es ihnen aber unmöglich gemacht, gemeinsam mit ihren Angehörigen eine kurze Reise zu machen. halte es für durchaus berechtigt, einem solchen Manne durch Gewährung eines Urlaubs die Möglichkeit zu geben, im Kreise seiner Angehörigen Erholung zu finden. Eine Durchsicht des Beamtenbesoldungsgesetzes bietet gewiß große Schwierigkeiten, aber daß Fehler bei dem Beamtenbesoldungs⸗ gesetz gemacht worden sind, wird doch niemand leugnen können, und deshalb ist eine Revision des Gesetzes unbedingt notwendig. Ich bin im Zweifel, ob das Prinzip, das man bei der Regelung des Wohnungsgeldzuschusses anwandte richtig ist. Es muß deshalb noch einmal neu geprüft werden. Bei der Beratung des Etats des Reichsschatzamts werden wir auf diese Frage noch einmal zurück⸗ kommen. Bezüglich der Weihnachtsgratifikation sind vielfach Klagen erhoben worden. Wenn ich auch das Prinzip, wonach die Post⸗ verwaltung solche Vergünstigungen gibt, als berechtigt zugestehen kann, so sind doch die Summen zu gering, ganz besonders, wenn mang bedenkt, was z. B. die Eisenbahnbehörde bewilligt. Wenn es möglich sein sollte, was ich zurzeit bestreite, daß die Sozialdemokratie in die Beamtenkreise eindringen könnte, dann ist nur der Um stand daran schuld, daß man den Beamten gegenüber sich immer so ablehnend verhält. Ich glaube nicht, daß dem Abg. Zubeil sein Material aus Beamtenkreisen zugetragen worden ist. Diese In⸗ formationen konnte sich jeder aus Zeitungen, aus der Fachpresse ent⸗ nehmen. Wenn die Beamten sich an Abgeordnete wenden, dann tun sie es aus einem Rechte heraus, das ihnen als Staatsbürgern zusteht. An diesem Rechte werden wir nicht rütteln lassen. Aber 6 dürfen ihr Recht nicht mißbrauchen, sondern müssen es in taktvoller Weise ausüben. Auch b sich das Mißtrauen den Beamtenorganisationen gegenüber legen. Man kann es nicht verhindern, daß die Beamten sich zusammentun, und es ist besser, wenn dieses sich in vollster Oeffent⸗ lichkeit vollzieht. Ebenso darf den Beamten nicht das Recht, zu wählen und sich an der Wahlagitation zu beteiligen, ge⸗ kürzt werden. Ich komme auf meinen alten Wunsch bezüg lich eines Postbeirates zurück. Ebenso hoffe ich, daß der neue Post⸗ weltkongreß sich endlich für ein einheitliches Weltbriefporto ent⸗ scheiden wird. Seine Einführung bereitet keine Schwierigkeiten. Der Ausfall, der in allernächster Zeit eintreten wird, kann doch schließlich nicht so bedeutend sein, selbst wenn er 10 Millionen betrüge; was wollen diese 10 Millionen gegenüber der Gesamt⸗ einnahme sagen? Und wie schnell wird er durch die Steigerung des Verkehrs wieder ausgeglichen sein! Die Möglichkeit, die Postanstalten mit ihrem ganzen Scheckverkehr an die Sparkassen anzuschließen, würde einen anderen Weg zu dem Ziele darstellen, das man mit den Postsparkassen in Deutschland bisher vergeblich zu erreichen suchte: ich würde diesen Weg zu gehen dringend empfehlen. Im Interesse der außerordentlich wohltätigen Wirkung einer solchen Einrichtung wäre eine niedrige Gebühr und eine billige und gerechte Vereinbarung mit den Sparkassen wünschenswert. Hoffen wir, daß auch in bezug 8 Fee Postverwaltung es stets heißen wird: Deutschland in der elt voran!
Präsident Ka empf: Meine Herren! Ich habe dem Hause eine schmerzliche Mitteilung zu machen. Vor wenigen Minuten hat mich die Trauerbotschaft erreicht von dem Dahinscheiden des Alterspräsidenten dieses Hauses, des Abg. Albert Traeger, der seit 1874 ununterbrochen dem Reichstage angehört hat. In diesem Augenblick steigt vor unserem geistigen Auge das Bild des allverehrten Alterspräsidenten auf, der noch vor wenigen Wochen trotz seiner beinahe 82 Jahre die Ver⸗ handlungen dieses Hauses mit jugendlicher Frische geleitet hat. Dem Andenken an den verehrten Mann, der — ich glaube in Ihrer aller Sinne zu sprechen — wohl politische Feinde, niemals aber einen persönlichen Feind gehabt hat, bringen wir unsere Huldigung dar, indem wir uns von unseren Plätzen erhoben haben. Meine Herren, an der Bahre des Dahingeschiedenen werde ich mir gestatten, im Auftrage des Reichstags einen Kranz zum äußeren Zeichen des Andenkens an den Dahingeschiedenen niederzulegen. (Der Reichstag hat sich bei den ersten Worten des Präsidenten erhoben und hört die Ansprache stehend an.)
Hierauf fährt das Haus etats fort.
Abg. Kiel (fortschr. Volksp.): Trauer noch das Wort zu nehmen, Ich werde mich mit Rücksicht auf die vorgerückte Zeit und die Geschäftslage sehr kurz fassen, um so mehr, als der Vorredner aus dem Kuchen so manche Rosinen heraus⸗ enommen hat, und als nach mir ein Fraktionsgenosse die Personalfragen in der Post usw. behandeln wird. Was ich zu ver⸗ kreten habe, sind Verkehrsfragen, die das große Publikum angehen. Es wird Aufgabe unserer Postverwaltung sein, auf dem nächsten Weltpostkongreß in Madrid alle diejenigen Wünsche zu vertreten, die das Verkehrsinteresse erheischt; dahin gehört das einheitliche Welt⸗ pennyporto. Es müßten auch die Unstimmigkeiten beseitigt werden, die een noch im Weltverkehr bestehen; ich erinnere nur an die verschiedenen Gewichtsgrenzen in den verschiedenen Ländern. Ferner wäre die Wiedereinführung der Zweipfennigpostkarte und die Einführung des Einkilopakets auch im Interesse des Verkehrs sehr erwünscht, ebenso bei Massensendungen die Ersetzung der Brief⸗ marken durch den Stempel. Die Aeltesten der Kaufmannschaft wünschen u. a. die Wiedereinführung des Ankunftsstempels auf den Briefen Die Haftpflicht bei Nachnahmesendungen sollte den Postboten ab genommen und auf die Postverwaltung übertragen werden. Zu le haften Klagen hat der geführt, der mit der Porto freiheit der regierenden Fürsten verbunden ist. Ganze Hirsche und Rehe werden auf diese Weise kostenlos von den Verwaltungen der Fürsten versendet. Hier handelt es sich um den Mißbrauch eines Rechtes. Ein Unrecht ist es aber, wenn ein Fürst industrielle Unter nehmungen betreibt und seine Portofreiheit dazu benutzt, um fferten, Rechnungen, Prospekte usw. in die Welt zu schicken. Wenn heut⸗ zutage Steuern auf die notwendigsten Lebensmittel gelegt sind, dann sollten die Fürsten es als nobile officium ansehen, von ihren Rechten keinen Gebrauch mehr zu machen.
braucht durchgeführt
in der Beratung des Post⸗
In diesem Augenblicke der wird mir sehr schwer.
E 111““
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
Herrn Abgeordneten nicht bewußt ist, daß derartige Fälle vorgekommen
8
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke: Meine Herren!
werde der Sache nachgehen.
Der Herr Vorredner hat sich eingangs seiner Rede mit dem Weltpostverein beschäftigt und den Wunsch ausgesprochen, daß da d 8 ) Ich habe bereits im vorigen Jahre erklärt, daß das auch meinen Wünschen entspricht. Durch die Abänderungen, die Erleichterungen und, sagen wir, Ver⸗ besserungen, die erfolgt sind, sind in einzelnen Fällen gewisse Un⸗ gereimtheiten eingetreten, die der Herr Vorredner richtig gekennzeichnet hat, und die teilweise in der verschiedenen Bemessung des Gewichts, Wir werden uns Mühe geben, dahin zu wirken, daß bei dem nächsten Kongreß wieder größere Einheitlichkeit Schwierig wird das sein bezüglich des Gewichts, einheitlich ist und
wieder größere Einheitlichkeit herrschen möge.
der Gebühren usw. liegen.
erzielt werde. weil das Gewicht nicht bei allen Verwaltungen die Unze sehr schwer einzurangieren ist.
G Der Herr Vorredner hat sich weiter mit der Barfrankierung beschäftigt und gewünscht, man möge doch in dieser Beziehung ein 2 Ja, das ist eine sehr schwierige Frage. Die Herren mögen sich gegenwärtig halten, angesichts der vielen Millionen, die wir an Porto einnehmen: in dem Moment, wo ein Brief, eine Sendung den Ort verläßt, trägt sie gar kein Zeichen, keine Kontrolle Diese ist für alle ein leicht erkennbares Zeichen dafür, daß die Gebühren wirklich ver⸗ Diese Marke durch die Stempelung zu ersetzen, ist sehr schwer. Zunächst ist ein solcher Stempel leicht nach⸗ zumachen. Wir haben früher solche Fälle gehabt, und es sind sehr große Unzuträglichkeiten entstanden und Unterschlagungen vorgekommen. Wir beschäftigen uns deshalb seit Jahren damit, ob nicht das Auf⸗ kleben einer Marke gleichzeitig mit dem Stempeln des Briefes zu erzielen ist. Ich freue mich, den Herren mitteilen zu können, daß wie sind, daß eine Briefmarke
stempelt,
ausführen
Vorgehen ermöglichen.
mehr über die Frankierung, als die kleine Marke.
rechnet worden sind.
nach den Maschine
jahrelangen Versuchen jetzt konstruiert ist, die gleichzeitig die
auf die Briefe klebt, die Briefe zählt und sodaß wir diese Verrichtungen alle zusammen können und dadurch eine Erleichterung erreichen. Es wird noch längerer Versuche bedürfen, um zu sehen, ob sich dabei Anstände herausstellen; aber ich hoffe, es wird gehen. Dann erreichen wir gleich zweierlei. Wenn man nämlich die Barfrankierung einführen wollte,
soweit
so könnte man das nur für das Inland tun, weil der Weltpostverein
das Aufkleben einer Marke fordert. Das ist ja sehr verständlich; das hängt mit dem Fortfallen der Abrechnungen zusammen und jeder Staat will natürlich sicher sein, daß man überall die Frankierung des Briefes erkennen kann.
Der Herr Vorredner ist auch auf den Ankunftsstempel zurück⸗ gekommen. Ich möchte darauf kurz erwidern: sobald die Verkehrs⸗ verhältnisse große und größte Dimensionen annehmen, ist man gezwungen, Vereinfachungen eintreten zu lassen; denn dem Publikum liegt hauptsächlich daran, die Sendung schnell zu bekommen. Wir haben früher die Briefe eingetragen, wie den Herren bekannt ist; wir mußten das beseitigen; wir mußten nach dieser Richtnng hin radikal vorgehen, und wir fühlten uns verpflichtet, um die Briefe schnell bestellen zu können, den Ankunftsstempel aufzugeben. Ich kann Ihnen nicht in Aussicht stellen, daß da wieder eine Aenderung eintreten wird.
Ich möchte dann noch auf einige Bemerkungen der anderen Herren Vorredner eingehen. Da ist von Herrn Abg. Pauli der Wunsch ausgesprochen worden, daß man dahin wirken möchte, daß die Dienststunden auf dem Lande, bei den Agenturen und den nächsten Postämtern immer die gleichen seien. Das ist ein Wunsch, den wir auch haben, der sehr verständlich ist, weil, wie der Herr Abgeordnete richtig geschildert hat, nach Einführung des Fern⸗ sprechers während der Mittagszeit sehr schwer eine Unterhaltung zu er⸗ zielen ist, wenn die Anstalten alle verschiedene Dienstzeiten haben. Nun haben wir die Oberpostdirektionen angewiesen, soweit es irgend angängig ist, dahin zu wirken, daß den Wünschen Rechnung getragen wird. In allen Fällen läßt es sich nicht ermöglichen, weil die Ankunft der Posten usw. dem hinderlich ist. Aber ich hoffe, daß wir auch da all⸗ mählich so weit kommen werden, daß nach dieser Richtung den Be⸗ dürfnissen des Landes vollständig genügt wird. 1
Der Herr Abg. Pauli klagte — das habe ich nicht recht ver⸗ standen — über Telegrammverstümmelungen, bei denen keine Remedur eintritt. Ja, sobald ein Telegramm verstümmelt ist, wird nachgefragt, und wenn sich dabei herausstellt, daß die Schuld an der Telegraphenverwaltung liegt, so werden die Kosten, die der Betroffene zunächst erlegen muß, vollständig ersetzt, also ein Schaden tritt nicht ein.
Der Herr Abg. Beck hat dann ausgeführt, daß die Fahrt⸗ und Ueberlagergebühren, welche die Beamten bekommen, nicht mehr den vollen Anforderungen entsprechen. Das ist richtig. Die Verwaltung ist schon seit Jahren bestrebt, da eine Aenderung eintreten zu lassen, und ersetzt vielfach den Beamten die Mehrkosten, die auf einzelnen Routen entstehen. Man⸗
kann nicht sagen: die Gebühren genügen allgemein nicht; aber in vielen Fällen genügen sie nicht, und wir sind damit beschäftigt, nach⸗ dem wir Ermittlungen angestellt haben, den Versuch zu machen, die Sache anders zu regeln.
Der Herr Abg. Beck hat dann angeführt, es wären Fälle vor⸗ gevommen, wo das Recht politischer Betätigung von Be⸗ amten beeinträchtigt worden ist, und zwar dadurch, daß Beamte ver⸗ setzt worden sind auf die Einwirkung von Kreisen hin, denen die politische Betätigung der Beamten unangenehm war. So habe ich den Herrn Abgeordneten verstanden. Wenn das richtig ist, so muß ich den bitten, derartige Fälle zu nennen, da mir
Es liegt nicht in den Wünschen der Fürsten,
daß für gewerbliche Zwecke von dem ihnen zustehenden Rechte auf Portofreiheit Gebrauch gemacht werde. Wenn der Herr Vorredner derartige Umschläge hier niedergelegt hat, so bin ich ihm dankbar und
eila
ichsanzeiger und Königlich Pre
Berlin, Mittwoch, den 27. März
hier angeführt wird, dann bitte ich, die Fälle mir zur Kenntnis zu bringen, damit sie untersucht werden. 8
Der Herr Abgeordnete hat dann im weiteren angeführt, es herrsche Mißtrauen den Beamtenorganisationen gegen⸗ üb er. Das ist etwas, was mir vollständig neu ist, und was ich nicht verstehe, und ich möchte ihn auch da bitten, sich näher darüber auszulassen. Ich habe nie Mißtrauen den Beamtenorganisationen gegenüber gehegt. Wir haben nichts gegen die Beamtenorganisationen veranlaßt und nur, wenn Ausschreitungen vorgekommen sind (aha! bei den Sozialdemokraten), sind sie auf den richtigen Weg gewiesen worden; aber von Mißtrauen kann wirklich nicht die Rede sein. Wenn etwas vorgekommen ist, ist es in aller Offenheit und auf dem einzig gangbaren Wege geschehen. Wenn solche Beschuldigungen aus⸗ gesprochen werden, so wirkt das entschieden nicht gut, und ich möchte erwarten, daß der Herr Abgeordnete die Belege beibringt, auf Grund deren er solche schweren Beschuldigungen ausgesprochen hat.
Abg. Dr. Chlapowski (Pole) führt eine Reihe von Fällen an, in denen Briefe mit polnischen Adressen als unbestellbar zurück⸗ gegangen seien. Der Redner bemerkte sodann weiter: Die Post ist doch sonst sindig genug; ich lege hier auf den Tisch des S eine Postkarte, die nur die Adresse trägt: An den Hund Cäsar in Posen. Diese Karte ist an die für sie bestimmte Adresse gelangt, aber hier handelt es sich ja auch nicht um eine polnische Adresse. Vielleicht liegt diese mangelhafte Be⸗ stellung polnisch adressierter Postsendungen an einem Mangel von polnischen Beamten. Es wird behauptet, polnische Beamten seien nicht zu bekommen, aber die Beamten, die sich melden, werden sehr gründlich in politischer Hinsicht geprüft und nur angestellt wenn sie sich umtaufen, das heißt ihre Namen ändern lassen. Die polnischen Beamten werden nicht nur bei der Landtagswahl, sondern auch bei den Reichstagswahlen, die ja geheim sein sollen, kontrolliert. Für die Aufbesserung der Gehälter der Unterbeamten sind wir immer zu haben. Aber Ostmarkenzulagen dürfen nicht ge⸗ währt werden. Diese Frage muß auch diesmal wieder geprüft werden. Die für sie angegebenen Gründe, die Wohnungsverhältnisse usw. sinden sich auch in anderen Landesteilen. Das polnische Publikum macht den Beamten keine Schwierigkeiten, es ist lammfromm. Diese Zulage hat eine ausgesprochen politische Tendenz. Der Redner zitiert dann den Zentrumsabgeordneten Fritzen, der früher auch diese Zulage abgelehnt hat, weil sie durchaus verwerflich sei. Anfangs S diese Zulagen widerruflich, jetzt sind sie unwiderruflich. 2-— . begründete ihre Stellungnahme damit, weil sie die des Reichs und Preußens gleichstellen wollte. Dies 11“ ist aber nicht vorhanden, denn die preußischen Beamten haben diese Zulage widerruflich. Es ist eine Beleidigung für die deutschen Beamten, wenn man ihnen, wie es Dr. Arendt seinerzeit getan hat, unterstellt, daß sie nur für Zulagen und Gratisikationen ihre Pflicht tun und sich sonst verschlechtern würden. Ich wünsche, daß die Post als ein reines Verkehrsinstitut sich in Zukunft von jeder politischen Tendenz fernhält. Eine Vorlage auf Streichung der Ostmarkenzulage werden wir einbringen.
b Abg. Freiherr von Gamp (Rp.): Die Beamten im Osten be ommen ihre Zulage schon seit Jahren, wird sie abgeschafft, so werden nicht nur die Beamten, sondern auch die Gemeinden ge⸗ schädigt; denn es ist ganz selbstverständlich, daß auch die Gemeinden darunter zu leiden haben, wenn die Beamten weniger bekommen. 28 Ostmarkenzulage hat allmählich einen ganz anderen Charakter bekommen. Ich gebe zu, daß sie anfangs bei ihrer Einführung durch Preußen einen gewissen politischen Charakter hatte. Aber sie ist auch gerechtfertigt. Die Lehrer z. B. haben eine viel größere Arbeit als in den deutschen Bezirken, wo nur eine Sprache gelehrt zu werden braucht, ebenso ist es bei den Postbeamten auch infolge der sprachlichen Differenz. Die Freisinnigen gaben seinerzeit ihre Zustimmung., nur, falls die Zulagen unwiderruflich gemacht werden. Damit sollten auch die Polen zufrieden sein und nicht verlangen, daß den Beamten aus politischen Gründen die Zulage entzogen werden kann. Mit der Entziehung würde den Beamten ein schweres Unrecht zugefügt werden, und ich hoffe sogar, daß dies auch das Gerechtigkeitsgefühl der Polen nicht zulassen! wird. Ich möchte die Geschäftsordnungskommission bitten, auf die Auf⸗ nahme einer Vorschrift analog der des preußischen Abgeordeten⸗ chn hinzuarbeiten, wonach Anträge von erheblicher finanzieller Be eutung zunächst einer Kommission überwiesen werden müssen. Wir beantragen, die eingebrachten Resolutionen, die eine solche Tragweite haben, der Budgetkommission zur Vorbereitung zu über⸗ weisen. Viele der Antragsteller sind nach meiner Auffassung gar nicht klar darüber, daß die Verwaltung sich so ohne weiteres, nachdem nur hier im Plenum eine summarische Besprechung stattgefunden hat, über Anträge schlüssig machen kann, die unter Umständen sehr bedeutende fimmanzielle Konsequenzen haben und auch auf andere Ressorts übergreifen. Dazu bedarf es eben eingehender Prüfung in der Budgetkommission. Von den Resolutionen, welche die Budgetkommission uns bezüglich der Assistenten vorgeschlagen hat, können wir nur diejenige unter⸗ stützen, die den Oberpostassistenten unter gewissen Voraus⸗ setzungen eine Zulage von 300 ℳ zugebilligt wissen will. Das würde eine Summe von 800 000. bis 900 000 ℳ erfordern. Ueber die Regelung der Funktion der höheren bzw. mittleren und Unterbeamten ist uns eine Denkschrift in Aussicht gestellt worden; die muß doch erst ab⸗ gewartet werden, bevor bestimmte Anregungen gegeben, bestimmte An⸗ träge aus dem Hause gestellt werden können. Die ganze Besoldungs⸗ frage können wir hier beim Postetat auch nicht aufrollen; wir kommen ja da sofort in Kollision mit einer Reihe von anderen Verwaltungen
der Steuerverwaltung usw. Die Bemessung des Gehalts der Be. amten darf nicht abhängig gemacht werden von den Betriebs⸗ ergebnissen der Verwaltung; das wäre ein ganz ungangbarer Weg. Jede Arbeit ist ihres Lohnes wert. Kommen wir zu einer systematischen Scheidung zwischen höher besoldeten und geringer be⸗ soldeten Beamten nach der Art ihrer Funktionen, dann werden wir auch die berechtigten Ansprüche der einzelnen Beamtenkategorien
berücksichtigen können. Den Arbeitern sollte man mit der
Errichtung von oder Pensionskassen nach Möglich⸗
keit entgegenkommen; auf dem einfachen Wege der Annahme einer
Resolution ohne Rücksicht auf die finanzielle Tragweite wie
es die Abgg. Behrens und Schiffer⸗Borken zu machen vorschlagen
geht es aber nicht. Auch ich 8. anerkennen, daß die Postver⸗
waltung bestrebt ist, ihren Betrieb zu modernisieren und Zöpfe
abzuschneiden, lästige Kontrollen zu beseitigen. Ich habe den
Fall erlebt, daß um 10 ₰ zuviel erlegtes Porto eine umfang⸗
reiche Korrespondenz und ein außerordentlicher Arbeitsaufwand
entstanden ist, der ein zahlreiches Beamtenheer in Anspruch genommen
hat. So etwas sollte doch auch abgestellt werden, je eber, desto
besser. Post und Eisenbahn sind der Barometer der wirtschaftlichen
Entwicklung. Wir haben alle Ursache, auf den gegenwärtigen Zustand
stolz zu sein und seine Fortdauer zu wünschen.
Staatssekretär des Reichspostamts Kraectke: Meine Herren! Ich möchte in der vorgerückten Stunde nur dem
sind. Es würde
eine sehr schwere Anklage gegen die Verwaltung sein, und wenn das
zeiger. 1912.
und behalte mir vor, auf die Dinge, die der Herr Abg. Freiherr von Gamp angeregt hat, später zurückzukommen. Der Herr Vertreter der polnischen Fraktion hat den Wunsch zum Ausdruck gebracht, daß die Ostmarkenzulage fortfalle. Ich möchte Ihnen doch ans Herz legen, einen solchen Antrag nicht zu stellen; denn Sie würden damit nur etwas Schlechtes herbeiführen und ungerecht sein. Sie wissen daß diese Ostmarkenzulagen seinerzeit gegeben worden sind wegen der schwierigen Lage, in der sich die Beamten in zweisprachigen Distrikten befinden. Nun mögen Sie verschiedener Meinung über die Nützlichkeit der Zulage sein, aber das Eine können Sie doch nicht wegbringen daß die Beamten, die dort sind, und gegen die Sie doch nichts eirzu⸗ wenden haben, diese Zulage seit Jahren beziehen, und daß es nicht bloß Beamte sind, die aus anderen Provinzen herstammen, sondern daß es auch Beamte sind, die aus der Provinz selbst stammen und die Ihrer Nationalität angehören. Wollen Sie allen diesen Unterbeamten, deren Gehalt nicht übermäßig hoch ist, diese Zulage von 10 %, die sich auf 120 bis 140 ℳ bei diesen kleinen Beamten beläuft, entziehen? Das können Sie doch nicht, und ich hoffe, Sie werden es auch nicht; denn Sie würden dadurch in Ihren eigenen Reihen einen Unwillen erzeugen, den Sie gar nicht wieder gutmachen könnten. Ich möchte Ihnen ans Herz legen, diesen Antrag nicht zu stellen, da ich ihn als ungerecht bezeichnen muß. (Zustimmung rechts. — Unruhe bei den Polen.)
Darauf wird gegen 7 ½ Uhr die F er Etat⸗ beratung auf Mitlwoch 1 “
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Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten Sitzung vom 26. März 1912, Vormittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.) 18 Ueber den Beginn der Sitzung ist in der vorgestri
d. Bl. berichtet worden. “ Das Haus setzt die zweite Beratung des Etats des Mic . der geistlichen und Unterrichtsange⸗ egenheiten für 1912 bei dem Fonds zu Beihilfen für Veranstaltungen Dritter zwecks Förderung der Pflege 86 schulentlassenen männlichen Jugend sowie zur Aus ildung und Anleitung von für die Jugendpflege G I“ Försonen 42 Million Mark) fort. Hierzu Denkschrift der Regierung über flege i “ 1911 vor.
Die Abgg. Dr. Friedberg (nl.) und Genossen hab 8 in der vorigen Woche bereits mitgeteilt 8 Vor⸗ egung einer ausführlichen Denkschrift beantragt, die namentlich ersichtlich machen soll, wie sich die Beihilfen auf Einrichtungen vt “ und solche mit paritätischem Charakter ver⸗
Die Abgg. von Goßler (kons.) und Genoss
8 gg. 1 G 1 enossen wollen S. auch zur Förderung der Pflege der schulentlassenen blichen Jugen bereit gestellt wissen, während die Abgg. Cfortschr. Volksp.) und Genossen Beihilfen für Veran⸗ 1 tungen Dritter zum Schutz von Kindern vor Mißbrauch 2 usbeutung und Mißhandlung wünschen. Außerdem wollen 8 den Etatsfonds an geeignete Vereinigungen ohne religiöse 0 8 politische Rücksichten verteilt wissen. Denselben Antrag “ die Abgg. Borchardt (Soz.) und Genossen gestellt und vühen 5eegeen das der Uer⸗ insbesondere auch an die Orga⸗
eranstaltunger freien« b ¹ “ s gen der freien Jugendbewegung
Auf die gestern auszugsweis 1 1 auszugsweise wiedergegebenen Aus⸗ führungen des Abg. D. Hackenberg (nl.) entgegnet der
Minister der geistlich ichts “ 1 und Unterrichtsangelegenheiten — Meine Herren! Die Denkschrift, die ich dem hohen Hause über⸗ reicht habe, hat von seiten der bisherigen Redner, die im Namen ihrer Fraktion und damit bereits im Namen der bei weitem überwiegenden Majorität dieses Hauses gesprochen haben, zu meiner großen Furbe eine anerkennende Beurteilung gefunden, ebenso wie die Maßnahmen die von mir zur Förderung der Jugendpflege bisher getroffen worhen sind. Es ist ja eigentlich noch ein wenig früh, setzt schon mit einer solchen Denkschrift hervorzutreten; wir stehen noch im Anfang, und die Mittel, die Sie uns bewilligt haben, sind kaum ein Jahr in unserer Hand. Was mein Herr Vorredner darüber gesagt hat daß man nicht so viele Berichte fordern möchte, gilt vielleicht auch ein wenig von dem Verlangen nach dieser Denkschrift. Trotzdem habe ich Ihnen diese Denkschrift sehr gern vorgelegt, nachdem der Wunsch aus dem Hause an mich herangetreten war. Es muß mir ja bier vor allem darauf ankommen, daß alles, was wir planen was wir tun, zur allgemeinsten Kenntnis kommt. Hier muß mit völlig offenen Karten gespielt werden, jeder muß da hineinsehen, jeder danach fragen können, und er soll immer bereitwillig Antwort bekommen. Ich bin ja bei all den Maßnahmen ausschließlich auf die weiteste Mitwirkung im Volke draußen angewiesen. Dort müssen die Helfer die Arbeiter erstehen; ohne die ist nichts zu erreichen darauf it alles gestellt. Ich kann nur ein wenig den Takt anschlagen, die Musik muß draußen im Volke gemacht werden, und wir bedürfen ein reiches Orchester, in dem kein Instrument fehlt, in dem die verschieden⸗ artigsten Instrumente Platz finden, wenn sie nur schließlich in einem Akkord zusammenklingen. (Sehr richtig!) So ist die Organisation lose und auf breiter Grundlage aufgebaut. Ich habe einen weiten Rahmen ge⸗ zogen, in dem die verschiedenartigsten Vereine unbeschadet ihrer Eigenart ihrer Selbständigkeit, der Aufgaben, die sie sich besonders gestellt baben, ohne Bedenken sich einreihen können, wenn sie nur dem einen Ziele oder zunächst einem der Ziele nochstreben, die ich in meinen Bestimmungen in folgende Worte gefaßt habe: 8
8 1) Aufgabe der Jugendpflege ist die Mitarbeit an der Heran⸗ bildung einer frobhen, körperlich leistungsfähigen, sittlich tüchtigen, von Gemeinsinn und Gottesfurcht, Heimat⸗ und Vaterlandsliede
Herrn Redner der polnischen Fraktion noch ein paar Worte erwidern
erfüllten Jugend. Sie will die Erziehungstätigkeit der Eltern, der