1912 / 110 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 07 May 1912 18:00:01 GMT) scan diff

Hierauf wurde in eine Beratung der Hauptpunkte ein⸗

getreten, wobei sich folgendes ergab:

unächst wurde festgestellt, daß die gegenwärtig in Kraft stehenden deutschen, auf die Sicherung der Schiffe sich beziehenden den ausländischen mindestens ebenbürtig, in vielen Punkten aber über⸗ legen seien. Es wurde ferner daß kein einziger aus⸗ wärtiger Staat in bezug auf die Ausstattung mit Rettungsbooten rößere Anforderungen stelle als Deutschland. Tatsache sei, daß England und Frankreich, Spanien und Italien haben sich ihm im wesentlichen angeschlossen bei Schiffen über 10 000 Brutto⸗ registertons bei weitem nicht den durch die deutschen Vorschriften verlangten Bootsraum fordert.

1) Sicherung gegen das Sinken havarierter Dampfer.

8 An der See des Berichts über diesen Gegenstand wurde die Frage der Erhaltung der Schwimmfäͤhigkeit havarierter Schiffe ein⸗ erörtert. Der Berichterstatter stellte fest, daf in Deutschland urch besondere Vorschriften der Seeberufsgenossenschaft für über⸗ seeische Passagierdampfer eine bestimmte Anzahl und Stellung der wasserdichten Querschotte vorgeschrieben wird, durch die eine ge⸗ wisse ÜUnsinkbarkeit dieser Schiffe gewährleistet wird. In Eng⸗ land werden zurzeit vom Board of Trade nur die auch für rachtdampfer erforderlichen Kollisionsmaschinen und Kessel⸗ schotte vorgeschrieben; jedo lassen auch die englischen Reedereien aus freier Entschließung größere Passagierdampfer mit soviel Schotten versehen, daß ungefähr der gleiche Grad der Unsinkbarkeit wie in Deutschland erreicht wird. Die Schott⸗ orschriften der Seeberufsgenossenschaft stellen an die Schwimmfähig⸗ eit der Poßt jerdampfer um so höhere Anforderungen, je größer ie iffe fiind, und gipfeln in der Forderung, daß die großen Schnelldampfer noch schwimmfähig bleiben, wenn zwei benachbarte Abteilungen überflutet werden. Dieser liegt die bisher als besonders ungünstig geltende zugrunde, daß bei einer Havarie ein Rammstoß zufällig ein Schott trifft. Bei der Kollision der „Titanic“ liegt nun ein so ungünstiger Fall vor, wie er bisher nicht bekannt geworden ist, und es entsteht die Frage, ob dieser Unfall Anlaß zu einer Erweite⸗ rung der bestehenden Vorschriften gibt. 1 Auf Antrag des Berichterstatters wird eine besondere Kom⸗ mission eingesetzt, die mit der Prüfung der folgenden Fragen beauftragt wird: Verschärfung der Schottvorschriften für große Passagierdampfer dahin, daß im Vorschiff mehr als zwei wasserdichte Abteilungen voll Wasser laufen können, ohne das Schiff zum Sinken zu bringen; Revision der Vorschriften hinsichtlich der Genauigkeit der üblichen Berechnungsmethode; der Stabilität havarierter Schiffe; der Prüfung der Schotte unter Wasserdruck; des Wertes von wasserdichten Längsschotten; der Schottens ließvorrich⸗ tungen sowie der Pumpeneinrichtungen.

II. Rettungsboote.

Den zweiten Hauptgegenstand der Erörterungen bildete die Frage des Bootsraumes. In dem ausführlichen Bericht wurde erörtert, welcher Bootsraum für volle Belegungsstärke als erforderlich erachtet

auch wurde die Frage erwogen, ob und wie weit die

bisberige Vergünstigung für Dampfer, die in bezug auf die Anzahl, Stärke und Verteilung der Schotte den Schottvörschristen der See⸗ berufsgenossenschaft für Passagierdampfer genügen (Schotten⸗ klausel), anßer Kraft gesetzt werden könne. Die Erörterung erstreckte sie ferner auf das Verhältnis zwischen ordent⸗ lichem Bootsraum und Hilfsbootsraum, den Maßstab für die Be⸗ messung des Bootsraumes (Tonnengehalt des Schiffes oder Be⸗ legungsstärke), die Größe der Boote sowie die Frage, ob sämtliche oder einzelne der Rettungsboote mit Motoren ausgerüstet werden sollen.é Auch die Aufstellung der Boote kam zur Sprache, ins⸗ besondere die Lage des Bootsdecks, die Aufstellung auf mehreren Decks übereinander sowie die Höhe des Bootsdecks über Wasser, die Zahl der Davits im Verhältnis zur Zahl der Boote, die Be⸗ wegung der überschüssigen Boote unter die Davits, die Möglichkeit, die Boote einer Schiffsseite, insbesondere bei Vorhandensein von Schlag⸗ seite, auf der anderen Seite zu Wasser zu bringen, die Zugänglich⸗ keit zu den Booten sowie Schaffung einer zunabhängigen Not⸗ beleuchtung des oder der Bootsdecks. Es wurden ferner besprochen die Bootsübungen sowie die gesamte Organisation des Rettungsdienstee. Dabei wurde besonders erörtert, ob die Bootsrolle auf die Paffagtere ausgedehnt werden solle, ferner ob sich Grundsätze feststellen lassen für die Zusammen⸗ stellung von besonderen Gruppen von Passagieren zwecks Ver⸗ teilung auf die verschiedenen Boote. Im Laufe der Erörterungen wurde von den anwesenden Vertretern der größeren Schiff⸗ sebetgesellchaften hervorgehoben, daß sie bereits gegenwärtig dahin orsorge getroffen haben, sowelt als möglich für jede an Bord be⸗ findliche Person (der Passagiere und Besatzung) genügenden Boots⸗ raum zu schaffen, eine Tatsache, von der auch der Herr Staatssekretär des Innern bei Gelegenheit seiner Anwesenheit in Hamburg im Laufe der vergangenen Woche sich durch persönliche IJnaugenscheinnahme über⸗ zeugt hat. Anderseits wurde auf die praktischen Bedenken hingewiefen, die sich aus einer derartigen Anhäufung von Booten namentlich in bezug auf eine Rettung selbst, entgegenstellen. Die ganze Materie wurde schließlich einer Kommission überwiesen, diese soll die Grund⸗ sätze ausarbeiten, welche von eiten Deutschlands der internationalen Konferenz zu unterbreiten sein werden. Seitens der Kommission soll auch die Grundlage für die Begrenzung der Größe der Boote ge⸗ schaffen, die Aufnahmefähigkeit der Boote durch praktische Versuche einer eingehenden Prüfung unterzogen werden und die Frage des Freibords der vollbelasteten Boote die erforderliche Berücksichtigung

finden.

Es wurde allseitig anerkannt, daß von den Besatzungen der deutschen wancaflantischen Passagierdampfer die größte Zahl see⸗ männisch ausgebildet und ruderkundig ist, weil sie in der Marine ge⸗ dient hat. Nach den Berichten der Auswanderungskommissare an das Reichsamt des Innern ist mit etwa 80 bis 90 % ruderkundigen

Personen an Bord der großen Passagierdampfer zu rechnen.

4 III. Drahtlose Telegraphie. Der Berichterstatter stellte an der Hand seines Berichts folgende

Leitsätze auf: 8

a. Die Avpparate für drahtlose Telegraphie auf Schiffen müssen bei Tag und 8. so überwacht sein, daß die etwa ausgesandten Heiferfe in Not befindlicher Schiffe von allen in Reichweite fahrenden Schiffen aufgefangen werden können.

b. Auf allen großen Passagierdampfern, die zu gewissen Tages⸗ und Nachtzeiten Pressenachrichten von den großen Landstationen auf⸗ nehmen, sollten Vorkehrungen getroffen werden, daß während dieser Zeit auch die mit normaler Wellenlänge etwa ausgesandten Hilferufe eines in Not befindlichen Schiffes nicht überhört werden,

c. Bei Abwicklung des gesamten Telegraphenverkehrs auf See müsse den drahtlos hinausgesandten Gefahr⸗ und Notsignalen 88 es der Vorrang vor allen anderen Meldungen eingeräumt werden.

d. Es sei anzustreben, die Erzeugung der elektrischen Energie zur Betätigung der drahtlosen Telegraphenapparate auch dann noch sicher zu stellen, wenn die elektrische Hauptzentrale des Schiffs überflutet oder durch sonstige Vorkommnisse außer Betrieb gseßt sein 8

c. Auf großen Passagierdampfern sollte möglichst Vorsorge ge⸗ troffen werden, daß auch nach Zerstörung eines Mastes und dadurch herbeigeführter Außerbetriebsetzung der Hauptantenne eine Telegraphier⸗ möglichkeit vorhanden bleibt. 1 1

Zur Ausarbeitung geeigneter Vorschläge wurde eine besondere Kommission eingesetzt.

Mit Bezug auf den Eisnachrichtendienst wurde allgemein an⸗ erkannt, daß dessen amtliche und zum Teil internationale Regelung mit den Fragen der drahtlosen Telegraphie in engem Zusammenhang stehe. Es wurde betont, daß erst nach dieser Regelung sich Er⸗

fahrungen darüber herausstellen würden in welchem Umfange sich die Ergebnisse ei l igen Sammlung, Bearbeitung und Ver⸗

8

breitung der Eisnachrichten für die Maßnahmen der Reedereien hin⸗ sichtlich der Routenfeststellung und für die Schiffsführung hinsichtlich der Beurteilung der Eisgefahr an Ort und Stelle werde ausnutzen lassen. Zur Ausarbeitung von geeigneten Vorschlägen wurde die Kommission zu III durch Hinzuwahl einiger seemännischer Sach⸗ verständiger verstärkt. 8

IV. Dampferrouten.

Mitte der neunziger Jahre wurde eine internationale Einigung privater Natur zwischen den hauptsächlichen, von dem Kontinent und von England nach Nordamerika fahrenden Dampferlinien herbeigeführt, die bis auf den heutigen Tag von den Dampfern dieser Linien ein⸗ behalten worden ist. urch diese Vereinbarung wurde je eine nörd⸗ liche und eine südliche Route westwärts und ostwärts fesigelegt. Die nördliche Route, gültig von Mitte August bis Mitte Januar, wird befahren zu einer Zeit, wo das Eis entweder ganz nach Süden ge⸗ trieben oder bereits geschmolzen ist, die südliche Route in der Zeit von Mitte Januar bis Mitte August, um der unter Eisgefahr stehenden Route, die sich bis etwa auf den 40. Grad der Nordbreite ausdehnen kann, aus dem Wege zu gehen. Im Laufe der letzten 16 Jahre ist es vörschtedganch notwendig sevefen⸗ zeitweilig eine Aende⸗ rung dieser Routen herbeizuführen in solchen Fällen, wo eine abnorm füe Eistrift nach Süden stattgefunden hat. In wenigen Tagen konnte

urch Telegramme diese Veränderung der Routen festgelegt werden. Wider Erwarten trieb im Jahre 1912 bereits Ende März und An⸗ fang April das Eis so südlich, daß eine Aenderung der Kurse nach Süden notwendig war. Auf Anregung der wohlunkerrichteten ameri⸗ kanischen Hydrographic offce wurde die bis zum 39. Grad Nord⸗ breite resp. 38 Grad Nordbreite südlicher gelegte Route von den ver⸗ schiedenen Linien akzeptiert. Wenn auch der Umweg dadurch gegen⸗ über den früher befahrenen Routen wesentlich größer ist, so hat man angesichts der Eisgefahr sich dennoch nicht gescheut, diesen Umweg zu machen und die enorme Wärme des Golsstromes, bis wohin die Routen gelegt sind, mit in Kauf zu nehmen.

Es bestand im allgemeinen dahin Uebereinstimmung, daß im Interesse der Sicherheit der Schiffahrt diese privaten Vereinbarungen weiterhin bestehen bleiben sollen, und daß nach Möglichkeit auch die noch nicht an den Vereinbarungen beteiligten Schiffahrtsgesellschaften veranlaßt werden, sich den vereinbarten Linienrouten anzuschließen. Die Frage der Dampferrouten, die im engen Zusammenhang steht mit den Meldungen seitens der Schiffe über Eisgefahr wurde der für die Frage der drahtlosen Telegraphie niedergesetzten Kommission über⸗ wiesen, die zu diesem Zwecke durch Nautiker verstärkt werden soll.

V. Fahrgeschwindigkeit bei Eisgefahr.

Da auf Grund von Erfahrungen beim Einhalten der vereinbarten Routen über den Nordatlantik festgestellt ist, daß mit der Eisgefahr meistens mehr oder weniger unsichtiges Wetter Hand in Hand geht, so sind die s aller Schiffe gemäß 4 der Seestraßenordnung für solche Faͤlle gezwungen, mit gemäßigter Geschwindigkeit zu fahren, d. h. jeder vorsichtige Kapitän wird in Nebel resp. unsichtigem Wetter in der Gegend, wo Eis auftritt, seine Geschwindigkeit so mäßigen, wie es der § 16 vorschreibt. Damit würde nach menschlichem Er⸗ messen bei un Wetter eine Kollision mit Eis vermieden.

Bei klarem Wetter, selbst in der 87 haben nach den überein⸗ stimmenden Erfahrungen Sachverständiger bei richtiger Aufmerksamkeit Eisberge und Eisfelder stets so frühzeitig gesichtet werden können, daß es möglich gewesen ist, rechtzeitig aus dem Wege zu gehen. Es muß der verantwortlichen Schiffsführung überlassen bleiben, unter den gegebenen Umständen der Sicherheit des Schiffes Rechnung zu tragen. Die Versammlung hält es aber für notwendig, darauf hin⸗ zuweisen, daß ein besonders guter event. durch einen Offizier ver⸗ mehrter Ausguck bei schmierigen Eisverhältnissen angeordnet wird, daß seitens der Schiffsleitung Vorkehrungen getroffen werden, um Meldungen des Ausgucks unter allen Umständen schnell und sicher nach der Kommandobrücke gelangen zu lassen.

Nachdem der Diypktor Heineken dem Vorsitzenden den Dank der Erschienenen ur die Leitung der Versammlung aus⸗ gesprochen hatte, schloß der Vorsitzende die Konferenz mit dem Wunsche, daß die mit der Besprechung eingeleitete Erörterung der für die Sicherheit des überseeischen Verkehrs wichtigen Fragen zu einem ersprießlichen Abschluß gelangen möge.

Die Kommissionen haben sich am Schlusse der Versammlung gebildet. Sie werden ihre Arbeit alsbald aufnehmen; nach Abschluß ihrer Verhandlungen wird eine neue Konferenz ein⸗ berufen werden. Voraussichtlich wird bis dahin auch das Ergebnis der in England über den „Titanic“⸗Untergang ein⸗ geleiteten amtlichen Untersuchung vorliegen und weitere Unter⸗ lagen zur Klärung der Sache beibringen.

Ddie außerordentliche Kommission, die der Präsident Taft nach Europa gesandt hat, um die europäischen Regie⸗ rungen von dem Plan der Panama⸗Pacific Inter⸗ nationalen Ausstellung, die in San Francisco 1915 eröffnet werden soll, zu benachrichtigen, ist gestern in Berlin eingetroffen. Wie „W. T. B.“ meldet, besteht die Kommission aus den Herren John Hays Hammond⸗New York (Vorsitzender), Reuben Brooks Hale⸗San Francisco (Vizepräsident der Aus⸗ stellung), General Clarence R. Edwardes und Admiral

Staunton

seldung des „W. T. B.“ sind S. M. Flußkbt. „Otter“ am 2. d. M. in Wanhsin, S. M. S. „Loreley“ am 4. d. M. in Konstantinopel und S. M. S. „Planet“ am 5. d. M. in Kelung (Formosa) eingetroffen

In der Dritten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ wird eine Zusammenstellung der Beerichte von deutschen Fruchtmärkten für den Monat April 1912 veröffentlicht.

Danzig, 6. Mai. Aus Anlaß des Geburtstags Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kron⸗ prinzen hatten die staatlichen und städtischen Gebäude sowie auch viele Privathäuser geflaggt. Abends fand, wie „W. T. B.“ meldet, in der Kronprinzlichen Villa Familientafel im engsten Kreise statt, wozu Einladungen nur an einige Offiziere der Leib⸗ husaren ergangen waren. Später brachten sämtliche Korpora⸗ tionen und die Fret⸗ Studentenschaft der hiesigen Technischen Hochschule einen Fackelzug dar.

Lübeck. Der ehemalige Senator und Dr. Klug ist nach einer Meldung

im Alter von 75 Jahren gestorben. 8

Bürgermeister von Lübeck des „W. T. B.“ gestern

Großbritannien und Irland.

Der König und die Königin, die Königliche Familie

einschließlich der Königin Akexandra, die ö“

itwe Maria von Rußland und die Großfürstin Olga

mit ihrem Gemahl, dem Herzog Peter von Oldenburg,

begaben sich, wie „W. T. B.“ meldet, gestern vormittag nach dem

Ecloß Windsor, um einem Gedächtnisgottesdienst in der

St. Georgskapelle aus Anlaß des Jahrestages des Todes König Eduards beizuwohnen.

Der deutsche Botschafter Graf Wolff⸗Metternich legte

in Windsor am Grabmal König Eduards einen Kranz nieder.

Fraukreich.

Wie das „Journal des Débats“ mitteilt, hatten weder der Ministerpräsident noch der Direktor der politischen An⸗ gelegenheiten Kenntnis davon, daß zwischen Mulay Hafid

und der französischen Regierung ein regelrechtes Ab⸗

kommen besteht, durch das Frankreich sich verpflichtet, dem Sultan gegebenenfalls zu gestatten, daß er abdankt und lebt, wo es ihm beliebt. Es handelt sich nicht um einen einfachen Brief des früheren Ministers de Selves, sondern in der Tat um ein Ab⸗ kommen, dem man sich ohne Wortbruch nicht entziehen kann. Die Regierung ist sich vollständig klar darüber, daß die vom Sultan beabsichtigte Reise nach Rabat sehr bedauerlich ist. Demzufolge hatten der Ministerpräsident und der Kriegsminister Millerand nach Rücksprache mit dem Generalresidenten Lyautey dem Ge⸗ sandten Regnault und dem General Moinier telegraphisch die Weisung erteilt, alles zu versuchen, um den Sultan von seinem Entschluß abzubringen, sdach für den wahrscheinlichen Fall, daß ihre Bemühungen vergeblich blieben, alle notwendigen Maß⸗ nahmen zu treffen, um etwaige unangenehme Zwischenfälle auf der Reise nach Rabat zu verhindern. 8

Italien. 8

Die „Agenzia Stefani“ verössentlicht no 5. d. M. datierte Meldungen über die Rhodos:

Der etwa 3000 Mann starke Feind wurde gestern mehrmals ge⸗ schlagen und bis unter die Mauern von Rhodos zurückgeworfen. Während der Nacht zog sich der Feind dann in kleinen Gruppen in das Innere der Insel zurück. Die Italiener hatten sieben Verwundete, von denen einer gestorben ist. Der Feind hatte 23 Tote und 48 Verwundete; 57 Türken, darunter ein Offizier, wurden gefangen genommen. Heute früh wurde die Uebergabe der Stadt binnen einer Stunde unter An⸗ drohung des Bombardements im Falle der Weigerung gefordert. Um 8 Uhr erschien der zeitweilige Gouverneur im italienischen Lager, um die Unterwerfung anzubieten. Um 9 Uhr besetzten Truppen und Matrosen die Stadt; sie wurden von der Bevölkerung gut aufge⸗ nommen. Der General Ameglio erließ sofort einen Aufruf und traf Bexrecangen für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und

icherheit.

h folgende, vom Besetzung von

Luxemburg.

Von dem Kaiserlich deutschen Gesandten Grafen von Schwerin und dem Großherzoglich luxemburgischen Staats⸗ minister, Präsidenten der Regierung Dr. Eyschen ist gestern laut Meldung des „W. T. B.“ ein Zusatzvertrag zu dem deutsch⸗luxemburgischen Auslieferungsvertrag vom 9. Mai 1876 unterzeichnet worden.

Türkei.

Wie „W. T. B.“ meldet, ist nach verbürgten Nachrichten

mit der Beseitigung der schwimmenden Minen in den

Dardanellen gestern vormittag begonnen worden. Es wird angenommen, daß die Durchfahrt morgen wieder frei sein wird.

Amerika.

Nach Meldungen des „W. T. B.“ haben sich mehrere hundert Chinesen, die sich auf der Flucht aus dem aufrührerischen Gebiet des Staates Coahuila (Mexiko) befinden, an die ameri⸗ kanische Regierung mit der Bitte gewandt, zeitweilig die Ar sicht über dieses Land zu übernehmen. Durch die Erinnerung an das Chinesenblutbad während der letzten Revolution in Schrecken geseßt, strömen die Chinesen in Pidras Negras, gegenüber Eagle Paß, zusammen und bitten flehentlich darum, über die Grenze gehen zu dürfen. Die Regierung der Ver⸗ einigten Staaten hat die Genehmigung erteilt, die in iedras Negras eingetroffenen flüchtigen Chinesen, deren Zahl sich auf 280 beläuft, auf amerikanisches Gebiet hinüberzulassen.

Die Regi erung von Ecuador beschäftigt sich, obiger Quelle zufolge, mit der Vorbereitung eines Gesetzentwurfes über eine Anleihe von 40 Millionen Francs. Die Regierung hat die Absicht, die Kammern Ende Mai einzuberufen, um ihnen die Anleihe zur Genehmigung zu unterbreiiten.

Asien.

Einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge sind in Teheran aus der Provinz Kurdistan ernste Nachrichten von einem Siege der Aufständischen über die Regierungs⸗ truppen eingetroffen. Der Gouverneur von Hamadan Firman Firma soll, wie berichtet wird, beim ersten Zusammenstoß von den persischen Kosaken und fast von seiner ganzen Infanterie im Stiche gelassen worden sein und jetzt nur noch 150 Mann bei sich haben. Er hat dringend um Verstärkung gebeten. Die Regierung hat beschlossen, ihm den Polizeichef Jephrim mit Truppenverstärkungen zu Hilfe zu schicken.

Die St. Petersburger Telegraphen⸗Agentur meldet aus Urga, daß der Hutuktu den Vorschlag Muanschikais, besondere Bevollmächtigte nach Urga zu entsenden, die mit den Mongolen über die Anerkennung der chinesischen Republik verhandeln sollen, um dritten Male abgelehnt und Muanschikai empfohlen habe,

zußland um Vermittlung anzugehen. Afrika. Vom „W. T. B.“ verbreitete Meldungen aus Fes be⸗ sagen, daß der General Moinier die französische Regierung um schleunige Absendung von drei Bataillonen nach Marokto gebeten habe, da diese für die Bewachung der Etappenstraße von Fes nach Rabat unerläßlich Die in der Nähe von F gemeldete Harka hat sich bei der Annäherung Oberst

iraudons zerstreut. Die Kolonne Giraudon wird wieder nach Fes zurückkehren. 1

In dem Gefecht bei El Masis sind 17 französische Soldaten getötet, ein Offizier und 27 Mann verwundet worden.

Wie das türkische Kriegsministerium, obiger Quelle zufolge, mitteilt, 8 die Italiener am 2. Mai einen Ausfal an der Küste östlich von Homs versucht, sind aber auf heftigen Widerstand gestoßen, sodaß sie über die am Meere gelegenen Ruinen von Lebda nicht vordringen konnten. Die Italiener, die von einem Kriegsschiff unterstützt wurden, haben nach Schätzungen mehr als 70 Tote verloren. Die Türken und Araber hatten 3 Tote und 3 Verwundete.

Parlamentarische Nachrichten.

t über die gestrige Sitzung des Hauses e Shäheten befindet sic in der Ersten Beilage.

tigen (55.) Sitzung des Reichstags, welcher chrhe des echeenan Dr. Solf und der ʒtaa bür des Reichsschatzamts Kühn beiwohnten, stand ssetraltsrechnung ür die Schutzgebiete aus⸗ anh Kiautschou auf das Rechnungsjahr 1909 zur ersten

Soz.): Die Rechnungslegung ist ja jetzt bedeutend bg. —1¹ ineebn bleibt zu wünschen, daß eine noch 1 1” schleunigung Platz greift. Auch in besng auf die Höhe der Freitungen und außeretatsmäßigen Ausgaben gibt es bers tso viel zu klagen und zu beanstanden als früher. Zivil⸗ alitärpensionen in Ost⸗ und Südwestafrika weisen abermals 5 Ueberschreitungen auf. Wenn die vom Reiche an die 24 Kolonialkrieger gezahlten Pensionen usw. vielfach in der lückei als zu gering bezeichnet werden und zu öffentlichen en von Unter tützungen aufgefordert wird, so stimmt das

8 atsache nicht überein, da die vom Reiche gezahlten Be⸗ 8 im Einzelfalle absolut recht hoch sind. Ich beantrage die besfung der Rechnung an die Rechnungskommission.

. Erzberger (Z.): Für eine kalkulatorische Leistung des sczatamts kann ich mit meiner Anerkennung nicht zurückhalten.

gewissenhaft herausgebracht, daß in den Jahren 1905 gg06 zusammen 0,01 in Togo erspart worden ist. Neugierig sch nur, wieviel Schreibwerk und Kosten diese Feststellung

t hat. 6 8 Südwestafrika finden wir für Inserate, Bureaumaterial und

cen wieder einmal ganz ungeheure und unverhältnismäßige abemmen, so für Bureaumateriel über 32 000 ℳ. Würde demselben Rezept im Reichstage verfahren, so müßten wir uns igene Papierfabrik anlegen. Ich halte die genaue Prüfung dieser dn für unerläßlich. Von der Kommission erbitte ich die Er⸗ mg eines schriftlichen Berichts.

nierstaatssekretär im Reichskolonialamt Dr. Conze: Die nenz von einem Fen ist lediglich kalkulatorisch und hat nicht sarakter einer Ersparnis.

lig. Dr. Doormann „fortschr. Volksp.): Auch wir erkennen daß diesmal die Etatsüberschreitungen gegen früher wesentlich kgegangen sind. Den Bemängelungen der Abgg. Noske und yer bezüglich der muß ich mich anschließen. Ueber jnderausgaben erscheinen uns die Angaben der Rechnung zu n;; die Kolonialverwaltung wird uns darüber noch nähere Er⸗ ungen zu geben haben.

die Vorlage geht an die Rechnungskommission chluß des Blattes.) 111“

In der heutigen (66.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ toneten, welcher der Minister der geistlichen und Unter⸗ kongelegenheiten D. Dr. von Trott zu Solz bei⸗ t, teilte zunächst der Präsident Dr. Freiherr von Erffa daß von Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem prinzen folgendes Telegramm eingegangen ist:

Für die mir zu meinem Geburtstage namens des Abgeordneten⸗ ig ausgesprochenen Glückwünsche bitte ich meinen aufrichtigsten Nentgegenzunehmen.“

dann wurde die dritte Beratung des Staatshaus⸗ tsetats für 1912, und zwar die Besprechung des Spezial⸗ des Ministeriums der geistlichen und Unter⸗ tzangelegenheiten fortgesetzt.

1bg. Dr. Kaufmann (Sentr.): Ich möchte auf die Errichtung Universität Frankfurt zurückkommen. Bei der Ernennung der fesoren soll das Kuratorium befragt werden. Die Zusammen⸗ va dieses Kuratoriums gibt aber zu Bedenken Anlaß. Es ist hdas Statut bestimmt, daß die Ernennung der Beamten durch südtische Behörde erfolgen soll. Das gibt der Stadt einen bedeutenden Einfluß auf die Gestaltung des Unterrichts⸗ tbes. Oberbürgermeister Adickes hat doch in der Stadtverordneten⸗ unmlung von Frankfurt am Main zugegeben, daß der Stadt nifurt bei der Berufung der Professoren ein Einfluß eingeräumt wie er keiner anderen Stadt zustehe. Es heißt, die Unsversität ffurt werde in freiheitlichem Sinne vorbildlich“ sein. Ich bitte Namen meiner Fraktion den Minister, festzustellen, daß kein Ein⸗ der Donatoren in den inneren Lehrbetrieb möglich ist.

8 Winckler (kons.): Von meinen politischen Freunden sind Anfang an erhebliche Bedenken geäußert worden, die jetzt aber entlich verstärkt worden sind, weil auf Grund von Zeitungs⸗ hichten die Vermutung nahe liegt, daß die Frankfurter hesität einen anderen Charakter erhalten wird, als man hden Aeußerungen des Ministers bei der zweiten Lesung an⸗ mnen durfte. Alle unsere Bedenken, die wir gegen eine etwa eez geartete Universität gehabt haben, hatten wir aber zurück⸗ d einerseits weil wir staatsrechtlich anerkennen mußten, daß

ause ein entscheidender Einfluß auf die Gründung einer verstät nicht zustehe, andererseits weil wir aus den Erklärungen Staatsministers bei der zweiten Lesung eine Beruhigung autlefen durften. Es war uns in Aussicht gestellt, daß Rechte der Staatsregierung und der Fakultäten bei dieser aigen neuen Universität übereinstimmend mit den Verhältnissen anderen Universitäten geregelt werden würden. Darauf ist die ündung von allen Seiten des Hauses gebilligt worden, weil man uhn, daß die Ernennung von Professoren genau so werde geregelt en, wie bei den anderen Universitäten, daß nämlich die Fakultäten orschläge in der üblichen Form machen, dem König aber das zufungsrecht zusteht, und daß die Stifter und Geldgeber keinen üß auf die Ernennung der Professoren erhalten werden. 1 harakter der Universität würde im wesentlichen ein ganz her werden, wenn die Geldgeber auch einen Einfluß auf die sezung der Lehrstühle haben würden. Die jetzt bekannt gewordenen naraphen über diese Frage lassen aber erhebliche Bedenken nsen. Vom Minister ist bei der zweiten Lesung gesagt b 9 daß das Kuratorium lediglich die Aufgabe haben würde, die enen Verhältnisse der Universität zu regeln, einen Ein⸗ 2 auf die Besetzung der Lehrstühle aber nicht haben würde. echect ein großmächtiges Kuratorium unter den von der Fakultät 8 lagenen 3 Personen eine Entscheidung trifft, so wird dies einen satanderen Einfluß haben, als der Vorschlag eines staatlichen - Ich möchte den Minister dringend um eine Erklärung 1 die Staatsregierung auf ihrem bei der zweiten Lesung gelegten Standpunkt bestehen bleibt.

Hierauf nahm der Minister der geistli ichts⸗

geistlichen und Unterrichts⸗ sebcgenheiten D. Dr. von Trott zu Solz das Wort, 8 Erklärung morgen im Wortlaute wiedergegeben werden

88

Schluß des Blattes.)

Nr. 20 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, erausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 3. Mai hat folgenden nhalt: 1) Konsulatwesen: Ernennungen; Exequaturerteilung.

2) Allgemeine Verwaltungssachen: Veränderung in der Verwaltung des Reichskriegsschatzes. 3) Medizinal⸗ und Veterinärwesen: Ver⸗ änderungen in dem Verzeichnis der in den Anlagen zum Viehseuchen⸗ übereinkommen zwischen dem Deutschen Reich und Oesterreich⸗Ungarn aufgeführten Sperrgebiete. 4) Zoll⸗ und Steuerwesen: Verlegung der Zollgrenze an der Geeste gegen das Geestemünder Zollausschluß⸗ gebiet. Ungeeignetheit von mit Terpentinöl vergällter Essigsäure zum Glänzen von Zelluloidwaren. Beförderung bzw. Ernennung von als Stationskontrolleure tätigen Zollinspektoren. aß⸗ und Gewichtswesen: Zulassung von Elektrizitätszählern und Strom⸗ und Spannungswandlern zur amtlichen Beglaubigung. 6) Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Gliederung der Gesamtbevölkerung sowie der Haushaltungsvorstände und selbständigen Einzelpersonen nach ihrem Vermögen in Preußen im Jahre 1911.

Nach dem gegenwärtigen Stande der preußischen Ergänzungs⸗ steuerstatistik können nur die Haushaltungsvorstände und selbständigen Einzelpersonen (Einzelnwirtschaftende) weitgehend nach der Höhe ihres Vermögens gegliedert werden, während man sich bei einer Darstellung der Vermögensgliederung der Gesamtbevölkerung (Haushaltungs⸗ vorstände nebst Angehörigen und selbständige Einzelpersonen) auf die beiden Vermögensgruppen von höchstens 6000 und von mehr als 6000 beschränken muß. Letzterer Gruppe sind selbstverständlich auch diejenigen Personen nebst ihren Angehörigen zuzuzählen, die ein Vermögen von mehr als 6000 besitzen, indes gemäß § 17 Ziff. 2 u. 3 oder § 19 Abs. 2 des Ergänzungssteuergesetzes aus besonderen Gründen von der Ergänzungssteuer befreit worden sind.

Demgemäß entfielen nach der im Königlichen Statistischen Landesamt bearbeiteten, bereits in Nr. 55 und 81 des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ besprochenen Ergänzungssteuerstatistik, die zusammen mit der Einkommensteuerstatistik für das Steuerjahr 1911 dem Land⸗ tag vorgelegt worden ist, vom Tausend der Gesamtbevölkerung (Haushaltungsvorstände nebst Angehörigen und selbständige Einzel⸗ personen) 8

auf die Vermögensgruppe von bis 6000 über 6000 . 826,3 173,7 .854,4 145,6 . 805,7 194,3 .828,2 171,8

144,9 . . 807,6 192,4 . 829,4

.859,0 . . 805,3

.828,6

.861,7

799,8

überhaupt in den Städten auf dem Lande. überhaupt.. in den Städten auf dem Lande. überhaupt... in den Städten auf dem Lande. überhaupt... in den Städten auf dem Lande. überhaupt 814,9 in den Städten . . 859,5 in den Landgemeinden mit über 2000 Einwohnern .849,4 bis 2000 Einwohnern 744,3 llauf dem Lande zusammen 774,8

8

Hiernach hat sich „überhaupt“ die Bevölkerungsschicht mit über 6000 Reinvermögen, die von 1899 bis 1905 etwas zurückgegangen war, seitdem und zwar in der Zeit von 1908 bis 1911 ziemlich erheblich vergrößert, sodaß sie in letzterem Jahre annähernd ein Fegeeh der Gesamtbevölkerung ausmachte, gegen wenig mehr als ein echstel in den Vorjahren bis 1899 zurück. Im einzelnen entfällt die neuerliche Zunahme hauptsächlich auf das Landgebiet. In den Städten ist zwar 1911 gegen 1908 ebenfalls der Bruchteil der Gesamtbevölke⸗ rung mit über 6000 Vermögen etwas gestiegen; er war aber dort im Gegensatze zum Land auch im letzten Jahre noch etwas geringer

als in den Jahren 1905, 1902 und 1899.

„Stellte sich somit die ländliche Entwicklung günstiger als die städtische, so umfaßten anderseits zugleich in allen zur Vergleichung herangezogenen Jahren auf dem Lande die Personen mit über 6000 Vermögen einschließlich ihrer Angehörigen einen erheblich größeren Teil (1911 über ein Fünftel) der Gesamtbevölkerung als in den Städten (1911 noch nicht ein Siebentel der Bevölkerung). Besonders vorteilhaft treten im Jahre 1911 die rein ländlichen Gemeinden (mit nicht mehr als 2000 Bewohnern) hervor, in denen die der Vermögens⸗ gruppe von über 6000 angehörende Schicht schon etwas über ein Viertel der dortigen Gesamtbevölkerung ausmachte, also noch wesentlich mehr als in den Landgemeinden mit städtischem Charakter (mit über 2000 Einwohnern), wo sie nur etwas mehr als ein Siebentel

betrug.

Gruppiert waren nunmehr die für den selbständigen Ver⸗ mögenserwerb und ⸗besitz hauptsächlich in Betracht kommenden Per⸗ sonen, nämlich die Haushaltungsvorstände und Einzelnwirtschaftenden, etwas eingehender nach dem Betrage ihres Vermögens, so erhält man felgendes Bild: Vom Tausend aller Haushaltungsvorstände und selb⸗ tändigen Einzelpersonen hatten ein Vermögen von . . Mark

iicht über über über

bn dicht 6,000 20 000 52 000 über

Jahre 6 000 bis bis bis 100 000

20 000 52 000 100 000

875,8 72,7 31,8 894,2 51,9 28,5 858,0 92,8 34,9 875,5 72,7 31,7 892,9 52,7 28,7 858,0 92,9 34,6 875,6 72,4 31,5 894,0 52,2 28,3 856,2 93,9 35,0 875,7 71,3 32,0 895,3 50,9 28,0 853,6

94,3 36,6 869,9 in den Städten

73,7 34,4 894,1 50,9 28,9

in den Landgemeinden mit über 2000 Einwohnern 893,1 64,2 26,6 bis 2000 Einwohnern 818,8 116,4 47,2

auf dem Lande zusammen 841,7 100,3 40,9 11,0 6,1.

Der Teil der Haushaltungsvorstände und Einzelnwirtschaftenden, der sich nicht im Besitze eines Vermögens von über 6000 befindet, ist hiernach neuerdings, auf dem Lande schon seit 1905, zurückgegangen; immerhin machte er auch im Jahre 1911 in Stadt wie Lagd noch mehr als vier Fünftel der betreffenden Gesamtzahl, in den Städten sowie in den Landgemeinden mit städtischem Charakter (mit über 2000 Einwohnern) sogar noch fast neun Zehntel, hingegen in den rein ländlichen Gemeinden (mit höchstens 2000 Einwohnern) nicht viel mehr als vier Fünftel aus.

In allen Vermögensgruppen von über 6000 waren im Jahre 1911 die Hausha tungsvorstände und selbständigen Einzel⸗ personen überhaupt zahlreicher als in den Vorjahren vertreten; im einzelnen befindet sich aber in den Städten die Verhältnisziffer der Gruppe von über 6000 bis 20 000 Vermögen seit 1902 in rück⸗ läufiger Bewegung. Die niederen von über 6000 bis 52 000 sind in den Städten verhältnismäßig und zwar erheblich schwächer als auf dem Lande, anderseits in ersteren die

in den Städten auf dem Lande überhaupt

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1899

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1902

1905

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1908 d

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1911

höheren Gruppen von über 52 000 namentlich die von ütber

100 000 stärker als im Landgebiete besetzt. Bemerkenswert i*st, daß in den Städten die Besitzer von über 100 000 Vermögen sogar häufiger als die mit über 52 000 bis 100 000 sind. Insbesondere Millionäre gab es im Jahre 1911 aufs Zehntausend der Haushaltungsvorstände und Einzelnwirtschaftenden überhaupt 6, in den Städten 8, auf dem Lande zusammen und in den Land⸗ gemeinden mit über 2000 Einwohnern je nur 3, in den ländlichen Gemeinden mit höchstens 2000 Einwohnern aber 4.

Die Vermögensanhäufung ist hiernach im allgemeinen in den Städten bedeutender als im Landgebiete, dafür aber in diesem, wo die mittleren und die kleineren Vermögen weit zahlreicher vertreten sind als im Stadtgebiete, die Vermögensverteilung zweifellos besser.

8

Zur Arbeiterbewegung.

„Zum Ausstand der Rheinschiffer (vgl. Nr. 109 d. Bl.) wird dem „W. T. B.“ aus Duisburg gemeldet, daß der Bedarf der Reedereien an Schiffern durch den Fuzug Arbeitswilliger mehr als gedeckt ist, sodaß der Schiffahrtsbetrieb wieder völlig geregelt ist. Die Ausständigen bestehen noch auf ihren Forderungen.

In Leipzig beschäftigte sich, wie die „Leipz. Ztg.“ berichtet, eine der städtischen Arbeiter mit dem Ausstand der Geschirrführer, Akkordlader und Kraftwagenführer der dortigen Schwerfuhrwerks⸗ und Lastautomobilbetriebe (pgl. Nr. 106 d. Bl). Von diesem Aue stand ist insbesondere auch der städtische Straßenreinigungsbetrieb betroffen worden, da die erforderlichen lüheere in der Hauptsache von Privatunternehmern ge⸗ tellt werden, deren Arbeiter jetzt streiken. Die Stadtverwaltung hat deshalb städtische Arbeiter zur Bedienung der Geschirre ange⸗ wiesen und einige Arbeiter, die sich dessen weigerten, entlassen. Hiergegen verwahrten sich die Versammelten und beschlossen, sich mit den Ausständigen solidarisch zu erklären. Die örtliche Verbands⸗ leitung wurde beauftragt, alsbald in Unterhandlungen einzurretra und den Standpunkt der Versammlung zur Geltung zu bringen. Der Zuzug auswärtiger Arbeitskräfte nimmt täglich zu. Mehrzach ist es beim Eintreffen und Einstellen dieser zu Uebergriffen der Ausständigen gekommen. Am Sonnabend sind die Andreherinnnen und Andreher in den Kammgarnspinnereien Leipzig (Pfaffen⸗ dorfer Straße), Gautzsch und Stöhr & Co wegen Ablehnung ihrer Forderungen in den Ausstand getreten. Es steht zu erwarten, daß sich auch die Spinner dem Ausstand anschließen werden. Am Sonn⸗ abend waren 360 Arbeiter beiderlei Geschlechts ausständig, zu denen seit gestern früh noch eine Anzahl von Anlegern und Spinnern ge⸗ kommen ist.

In Lissabon hat gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, ein neuer ö zwischen ausständigen Webern und Polizei tattgefunden, wobei es einige Verwundete gab. (Vgl. Nr. 109 d. Bl.) Die Fabrik arbeitet unter dem Schutz der Polizei. In Moita auf dem südlichen Ufer des Tajo nahe bei Lissabon widersetzten sich die Gäste einer Schänke einer Schwadron Kavallerie, die nach Moita gesandt war, um die Ordnung wiederherzustellen. Revolver wurden abgeschossen, worauf die Soldaten scharf vorgingen; hierbei wurde eine Person getötet und drei verletzt. Es wurden auch mehrere Verhaftungen vorgenommen. Der Vorsteher des Bezirks wurde bei dem Versuch, sich ins Mittel zu legen, verwundet.

In Chicago erschienen, wie dem „W. T. B.“ telegraphiert wird, trotz des Ausstands der Drucker (vgl. Nr. 109 d. Bl.) heute die Zeitungen wie gewöhnlich. In den Vorstädten wurden die auf Karren unter polizeilichem Schutz expediert. Auch der Zeitungs⸗ verkauf an belebten Straßenecken fand unter polizeilichem Schutz statt.

Wohlfahrtspflege.

Nutzen der Schulsparkassen.

Unter dieser wird in der „Sozialkorrespondenz“, dem Organ des Zentralvereins für das Wohl der arbeitenden Klassen, be⸗ richtet: In Itzehoe, einer Stadt in Holstein mit 16 500 Ein⸗ wohnern, die zum guten Teile von industrieller Tätigkeit leben (Zementerzeugung, Netzfabrik, Zuckerfabrikation u. dergl.), gibt es Klassen in der Volksschule, in denen 75 bis 95 v. H. der Kinder ihr Sparbuch haben. Selbst in unteren Klassen sparen 42 bis 70 v. H. der Schüler. Allerdings handelt es sich nicht um große Summen, aber das ist auch nicht erforderlich. Zumeist sammeln die Kinder Sparmarken. Dieses Bestreben hat eine wesentliche Förderung seitens des in Itzehoe bestehenden Gemeinnützigen Vereins für den Kreis Steinburg dadurch gefunden, daß gelegentlich Sparmarken an Lehrer zur Aufmunterung, besonders der jüngeren Schüler, überwiesen werden. Die Kinder sind auf diese Weise zum Sparen herangezogen worden, und manche Nickelstücke, die sonst in Näschereien vertan werden, finden nun ihre Verwendung in Sparmarken. Zahl⸗ reiche Kinder sind auch im Besitze der Se Hausspar⸗ büchsen, die von der öffentlichen Sparkasse ausgegeben und von ihr auch von Zeit zu Zeit entleert werden. Es kommt weiter vor, daß die Lehrer gesperrte Sparbücher unter Verschluß halten, die nur unter ganz besonderen Bedingungen ausgegeben werden. Nach einer Ueber⸗ sicht der Sparkasse ist die Zahl der dort ausgestellten Sparbücher mit Beträgen bis zu sechzig Mark in den letzten Jahren von 4499 a 5351 angewachsen. Dies verdankt man vor allem dem Eifer, mit dem die Schule sich in den Dienst zielbewußter Förderung des Spar⸗ sinns bei der Jugend in jener holsteinischen Stadt gestellt hat. Nach vielen Orten hin möchten wir unter Hinweis auf das Itzehoer Bei⸗ spiel sagen: „Gehet hin und tuet desgleichen!“

Kunst und Wissenschaft. 8

Im Verein für deutsches Kunstgewerbe sprach kürzlich der Geheime Oberregierungsrat Professor, Dr. Ludwig Pallat über den Handfertigkeitsunterricht. Die Deutsche Unterrichts⸗ ausstellung, die Staatlichen Handfertigkeitskurse in Berlin, der Ber⸗ liner Hauptverein für Knabenhandarbeit hatten eine Fülle bemerkens⸗ werter Arbeiten von Lehrern und Schülern ausgestellt und das Albrecht⸗Dürer⸗Haus, P. Johannes Müller und der Verlag B. G. Teubner bewährte Hilfsmittel für den Unterricht beigesteuert. Die Ausführungen des Vortragenden waren in Kürze etwa folgende: Das Ausland beobachtet aufmerksam unsere Rührigkeit im kunstgewerblichen und Handfertigkeitsunterrichte, namentlich Frankreich erkennt unsere Fortschritte auf diesem Gebiete an. Man glaubt zu scüen. daß wir schon heute mehr fürs Leben in unseren Schulen er⸗ ziehen als andere Staaten Europas und daß wir im Begriffe sind, zur Arbeitsschule zu gelangen. eider schätzt man im Inlande das Erreichte noch nicht so hoch. Und doch ist der Handfertigkeitsunter⸗ richt gerade auf unseren Schulen von der größten Bedeutung. Das zeigt sich am deutlichsten dem Kunstgewerbe gegenüber. Das braucht gute Kräfte und gute Abnehmer für gute Handarbeiten. He aber scheuen sich die jungen Leute vor dem Handwerk, vor anstrengender körper⸗ licher Arbeit, sie lernen es auch in ihrer Jugend nicht so kennen wie früher und noch weniger schätzen, weil man heute die Kopfarbeit und die gebildeten Berufe höher bewertet. Da ist der Handfertigkeits⸗ unterricht durchaus dazu angetan, Sinn, Verstand und Wertschätzung für das gute handwerkliche Erzeugnis und seine Herstellung zu wecken. Hand in Hand damit gewinnt das Kunsthandwerk einen verständnisvollen Kreis von Abnehmern, die sich nicht durch Industrie und Handel in ihrem Geschmacke beeinflussen lassen, sondern auch ihren eigenen, durch Betätigung der Handfertigkeit geklärten Gedanken folgen und gute Handecgeien kaufen. Doch nicht allein dem Kunsthandwerk soll der

ndfertigkeitsunterricht dienen; er soll ganz allgemein den Schüler zur Freude an handwerklicher Betätigung begeistern. Diese Haupt⸗ aufgabe darf nicht durch pädagogische Nebenzwecke verwischt werden, wie es früher im und in der Mädchenhandarbeit ge⸗ chehen ist. Wie die Mädchenhandarbeit an die Tät gkeit des Kindes v der Kinderstube oder im Kindergarten anknüpft, so der Handfertig⸗ keitsunterricht der Knaben an die Lieblingsbeschäftigung der männ ch