Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
dem Sanitätsrat Dr. Friedrich Huchzermeyer in Bad
Hreenbausen den Charakter als Geheimer Sanitätsrat zu ver⸗ eihen.
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.
Der Regierungsbaumeister Schweichel, bisher Vorstand des Meliorationsbauamts in Insterburg, ist nach Hannover versetzt und dem Oberpräsidenten für die Provinz Hannover überwiesen worden.
Der Regierungsbaumeister Hoffmann, bisher beim Meliorationsbauamt in Stettin, ist als Vorstand des Me⸗
liorationsbauamts nach Insterburg versetzt worden.
Der Kreistierarzt Skerlo zu Bremervörde Kreistierarztstelle zu Neumarkt versett worden.
1ö 88
Finanzministerium.
Eine Reihe von Mittelstandsvereinigungen und Vereinen mit ähnlichen Zielen hat in Petitionen an das Haus der Ab⸗ geordneten darüber Klage geführt, daß Beamte sich während der Dienstzeit und unter Benutzung dienstlicher Räume durch Einkauf, Lagerung und Abgabe von Waren zugunsten der Beamtenkonsumvereine be⸗ tätigen und hierdurch sowie durch Beteiligung an den Vor⸗ ständen und Aufsichtsräten derartiger Vereine eine schwere Schädigung C bewirken.
xzellenz .
Eure ee ersuche ich, dieser Frage Ihre Aufmerksamkeit zuwenden zu wollen und keinerlei Verwendung von Dienststunden zu Arbeiten in Konsumvereinsangelegen⸗ heiten zu gestatten. Diensträume dürfen zu Warenverkaufs⸗ und Lagerungszwecken nur in Ausnahmefällen und nur mit Genehmigung des Faüive hergegeben werden; die Genehmigung ist dann stets zu versagen, wenn nach Lage des Falles in der Benutzung der Räume eine vermögensrechtliche Begünstigung der Konsum⸗ vereine zu finden ist. Die Uebernahme besoldeter Aemter in Konsumvereinen bedarf ebenfalls der Genehmigung, deren Er⸗ teilung jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn die Höhe der Remuneration eine ungünstige Rückwirkung auf die dienstliche Haltung und Stellung des Beamten befürchten läßt.
Im übrigen spreche ich die Erwartung aus, daß die Beamten sich in der sonstigen Betätigung im Konsumvereins⸗ wesen, insbesondere in der Verwertung gesellschaftlicher und dienstlicher Beziehungen zu Reklame⸗ und Werbezwecken, von Takt leiten lassen und jede Schädigung berechtigter Interessen Dritter vermeiden werden.
Ferner sind Beschwerden darüber erhoben worden, daß bei einer Reihe von Behörden ein gemeinschaftlicher Warenbezug seitens der Beamten unter Benutzung dienst⸗ licher Räume und anderer behördlicher Einrichtungen in rößerem Umfange stattfinde und hierdurch ebenfalls eine Benachteiligung des Mittelstandes herbeigeführt werde. Im Anschluß an meinen Runderlaß vom 1911
b 7 he; wzellenz
(I. 4457, II. 5066, III. 7006) ersuche ich Eure H “ festzustellen, ob seitens der unterstellten Beamten in der er⸗ örterten Weise verfahren wird und gegebenenfalls einem derartigen gemeinschaftlichen Warenbezug gegenüber die leiche Stellung einnehmen zu wollen, wie gegenüber der Kaätioteit der Beamten in Konsumvereinsangelegenheiten. ddrwasne wird regelmäßig weder die Verwendung von ienstzimmern zur Abgabe und Lagerung gemeinschaftlich be⸗ Waren, noch die Beförderung derartiger Waren durch staatliche Einrichtungen (Akten⸗
1— 11X“X“ 1
ogener staatlich angestellte Boten oder
wagen) zu gestatten sein. Berlin, den 9. Mai 1912.
An die Herren Präsidenten 8 der Ministerial⸗, Militär⸗ und Baukommission, der Hauptverwaltung der Staatsschulden, der Königlichen Seehandlung (Preußischen Staatsbank), der Generallotteriedirektion, der Preußischen Zentralgenossenschaftskasse, der Direktion für die Verwaltung der direkten Ste uern, den en Münzdirektor und den Herrn Leiter des Hauptstempelmagazins.
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 14 der Preußischen Gesetzsammlung enthält unter
Nr. 11 191 das Gesetz, betreffend die Aenderung der Landgerichtsbezirke Duisburg und Kleve, vom 27. April 1912, unter
Nr. 11 192 das Gesetz, betreffend die Aenderung der Amtsgerichtsbezirke Barten und Rastenburg, vom 27. April 1912, unter
Nr. 11193 das Gesetz, betreffend die Aenderung der Amtsgerichtsbezirke Mewe und Neuenburg, vom 27. April 1912, unter
Nr. 11 194 das Gesetz,
betreffend die Aenderung der Amtsgerichtsbezirke Dirschau
und Preußisch Stargard, vom 27. April 1912, unter
Nr. 11 195 das Gesetz, betreffend die Aenderung der Amtsgerichtsbezirke Deutsch Krone und Jastrow, vom 27. April 1912, unter
Nr. 11 196 das Gesetz, betreffend die Aenderung der Amts⸗ gerichtsbezirke Dorum und Geestemünde, vom 27. April 1912, unter
Nr. 11 197 die Verfügung des Justizministers, betreffend die Anlegung des Grundbuchs für einen Teil des Bezirks des Amtsgerichts Diez, vom 30. April 1912, und unter
Nr. 11 198 die Verfügung des Justizministers, betreffend die Anlegung des Grundbuchs für einen Teil des Bezirks des Amtsgerichts Wallmerod, vom 9. Mai 1912. 1
Berlin W. 9, den 13. Mai 1912.
önigliches Gesetzsammlungsamt. Krüer.
ist in die 8 8
Abend wieder nach Straßburg zurück. 1 8
präsidenten von Lukacs und dem
Heranziehung
Nichkamtliches. Heutsches Reich.
Preußen. Berlin, 14. Mai.
Der Bundesrat versammelte sich heute zu
1 “
Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 12. d. M. S. M. S. „Geier“ in Piräus, S. M. Tpdbt „G. 175“ in Tunis, S. M. S. „Iltis“ in Aupy und am 13. S. M. S. „Scharnhorst“ mit dem Chef des Kreuzergeschwaders in Tsingtau eingetroffen.
8 Reuß j. LG..
Gestern nachmittag ist laut Meldung des „W. T. B.“ auf Schloß Osterstein Seine Durchlaucht der Prin z Heinrich XLIII., der älteste Sohn Seiner Durchlaucht des Erbprinzen Heinrich XXVII., des Regenten beider Fürsten⸗ tümer Reuß, an den Folgen einer Scharlacherkrankung im 19. Lebensjahr verstorben.
Elsaß⸗Lothringen.
Seine Majestät der Kaiser und König ist mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Viktoria Luise gestern vormittag in Straßburg eingetroffen und, wie „W. T. B.“ meldet, von Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzen August Wilhelm und Joachim, dem Statt⸗ halter Grafen von Wedel, dem Fürsten zu Fürstenberg, dem Staatssekretär Freiherrn Zorn von Bulach, dem komman⸗ dierenden General des XV. Armeekorps, General der Infanterie von Fabeck, dem Gouverneur von Straßburg, General der In⸗ fanterie Freiherrn von Egloffstein, dem Polizeipräsidenten Lantz u. a. empfangen worden. Am Nachmittag unternahm Seine Majestät der Kaiser mit seinen Söhnen und seiner Tochter eine Fahrt nach der Hohkönigsburg und kehrte gegen
8
Oesterreich⸗Ungarn.
„Die Verhandlungen zwischen dem ungarischen Minister⸗ ührer der ungarischen Unabhängigkeitspartei von Justh über die Wahlreform haben laut Meldung des „W. T. B.“ zu keinem Ergebnis geführt. Justh hat erklärt, es sei wenig Hoffnung auf eine vorhanden, solange der Ministerpräsident seinen n der Frage der Wahlreform unverändert aufrecht erhalte. “ Großbritannien und Irland.
Im Unterhause wurden gestern verschiedene Anfragen an die Regierung gerichtet.
Nach dem Bericht des „W. T. B.“ fragte der Abg. Lloyd, ob die Verhandlungen zwischen England, Deutschland und Portugal über portugiesische Kolonien sich dem Abschluß näherten und ob Grey dem Hause darüber irgend welche Informationen geben könne. Der Parlamentsuntersekretär Acland erwiderte, die Frage der zukünftigen Entwicklung, der portugiesischen Kolonien, die für Portugal und die an die portugi le n Kolonien angrenzenden deutschen und britischen Gebiete natürlich pon großem Interesse sei, wäre und werde zweifellos von Zeit zu Zeit Gegenstand freundschaftlicher Erörterung sein, aber gegenwärtig seien die beiden eingebrachten Fragen zu
verneinen.
Der Liberale Wedgewood stellte die Frage, ob die Aufmerk⸗ samkeit Greys auf die Versammlung des türkischen Komitees für Einheit und Fortschritt in Konstantinopel am 26. April d. J. gelenkt worden sei, bei der ein Agent des Komitees in England erklärt haben sollte, daß, wenn Rußland die Oeffnung der Dardanellen durchsetzen sollte, England die Suda Baäy besetzen würde. Ferner fragte Wedgewood, ob dieser an⸗ gebliche Agent irgend eine amtliche Unterlage für seine Erklärung gehabt habe, und schließlich, ob die britische Regierung der türkischen mitteilen werde, daß sie unter keinen Um⸗ ständen die Besetzung einer solchen Flottenstation unternehmen werde. Der Parlamentsuntersekretär Acland beantwortete die erste Frage mit nein, auf die zweite erklärte er, daß er von der E istenz des erwähnten Agenten nichts wisse. Sollte jedoch ein solcher existieren, so läge nichts vor, was ihn zu einer derartigen Aeußerung berechtige. Zu der letzten Frage müsse er erklären, daß es gegen die Gepflogenheit der britischen Regierung sei, von Erklärungen solcher Art, denen von den verantwortlichen Stellen kein Glauben beigemessen werden könne, offiziell Kenntnis zu nehmen. Sollte Wedgewood jedoch gern wissen wollen, ob die Regierung wirklich den ihr zugeschobenen Plan haben sollte so könne er ver⸗ sichern, daß Edward Grey nichts Derartiges eabsichtige und auch niemals an etwas Derartiges gedacht hab. 3
Rußland.
In der Reichsduma stand gestern der Etat der Melio⸗ rationsabteilung des Landwirtschaftsministeriums zur Beratung.
Nach dem Bericht des „W. T. B.“ erklärte der Bericht⸗ erstatter der Budgetkommission unter Hinweis auf die Aufhebung des russisch amerikanischen Handelsvertrages daß die Entwicklung der Baum⸗ wollkultur in Turkestan dringend notwendig sel Es müßten jedoch große Bewässerungsarbeiten vorangehen. Die Staatstätigkeit auf diesem Gebiete sei geringfügig. Der Ressortvertreter selbst habe sich für die von Privatunternehmungen für die Bewässerung aus⸗ gesprochen. Der Berichterstatter sprach seine Verwunderung aus, daß das Ressort den vorteilhaften Vorschlag des Amerikaners Hammond für die neesshnag von Turkestan ausgeschlagen habe. Der Ver⸗ treter des Ressorts erwiderte, das Ministerium messe der Entwick lung der russischen Baumwollkultur große Bedeutung bei und ergreife entsprechende Maßregeln. Hammond seien Forschungsarbeiten in der Karakumsteppe gestattet worden, doch babe er sie nach teilweiser Durchführung aufgegeben mit dem Vorschlag, die Hungersteppe zu be⸗ wässern. Das Ressort habe dies abgelehnt. Es sei der Meinung, daß es vielleicht möglich sein werde, die Hungersteppe mit russischem Gelde zu bewässern, da es wichtig sei, daß die Kolonisation durch Russen erfolge.
Die Reichsduma sprach den Wunsch nach Heranziehung des Privatkapitals zur Bewässerung von großen Flächen aus.
Türkei.
1“ 8 Der Minister des Aeußern Ass 1Se⸗ erklärte gestern, wie „W. T. B.“ meldet, auf eme Anfrage des russischen Bot⸗ schafters von Giers, betreffend die Wiederöffnung der Dardanellen, die Entfernung der Minen sei beendigt worden, die amtlich: Bekanntmachung der Oeffnung der
Dardanellen de wahrscheinlich heute oder morgen Folgen.
einer Plenar⸗
— Nach einer von der „Agenzia Stefani“ verbreiteten Meldung des Admirals Viale sind weiterhin die Inseln Kalimnos, Leros und Patmos von den Italienern be⸗ setzt, ihre Garnisonen zur Uebergabe gezwungen und die türkischen Regierungsbeamten gefangen genommen worden.
— Die Zahl der aufrührerischen Arnauten wird auf ungefähr 2000 angegeben. Etwa die Hälfte ist auf den Höhen in der Nähe von Djakova versammelt. Eine aus Ulemas be⸗ stehende Mission, die die unzufriedenen Arnauten zu beruhigen hat, ist unverrichteter Dinge zurückgekehrt. Die Rebellen erklären, obiger Quelle zufolge, das Vertrauen zur Regierung verloren zu 1e. Sie stützen sich auf an ebliche Versprechungen des früheren Wali von Uesküb aült Bei und verweisen auf das geringe Ansehen der 2 ehörden, die nicht einmal imstande seien, den unsicheren Zuständen ein Ende zu machen. Sie fordern die Auslieferung ihrer Waffen und drohen, sich des Waffendepots in Djakova zu bemächtigen. Sollten sie diesen Plan ausführen, würden die dort liegenden vier Bataillone sofort in der schärfsten Weise gegen die Empörer vorgehen. Wie eine Untersuchung ergeben hat, ist der frühere Abgeordnete von Prischtina, Hassan Bei, der Urheber der in der Umgebung von Ipek ausgebro
Norwegen.
Das Ministerium des Aeußern teilt laut Meldung des „W. T. B.“ mit, daß die drei Regierungen, deren Vertreter an der Spitzbergenkonferenz teilgenommen haben: die norwegische, die schwedische und die russische Regierung, sich über den Entwurf eines Uebereinkommens zur Regelung der Spitzbergen⸗ frage geeinigt haben. Nach dem Entwurf bleibt Spitzbergen neutrales Gebiet, das wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Be⸗ strebungen aller Nationen offensteht. Die internationale Ver⸗ waltung wird von einer aus Vertretern der drei ge⸗ nannten Mächte gebildeten Kommission ausgeführt. Die örtliche Verwaltung und die Polizeigewalt auf Spitzbergen liegt in den Händen eines norwegischen Polizeikommissars. Die erste richterliche Instanz ist ein norwegischer Richter in Tromsoe. Die Ausgaben der Verwaltung werden durch Abgaben und Steuern aus den besetzten Gebieten und andere Abgaben gedeckt werden, die indessen nur erhoben werden können, wenn alle Signatarmächte sich darüber geeinigt haben. Ein etwaiges Defizit wird von allen Signatarmächten gemeinsam gedeckt, die Ausgaben für die Verwaltungskommission sollen jedoch von Norwegen, Schweden und Rußland allein bestritten werden. Das Abkommen soll immer eine Geltungsdauer von 18 Jahren haben, aber innerhalb einer gewissen Frist vor Ablauf dieses Zeitabschnitts gekündigt werden können.
Amerika.
Das amerikanische Repräsentantenhaus wie „W. T. B.“ meldet, Resolution angenommen, Verfassung, wonach die Wahl statthaft sein soll. bereits angenommen worden Präsidenten.
— Wie ein Telegramm eines bei den mexikanischen Bundes
; hat gestern, mit 237 gegen 39 Stimmen eine betreffend einen Zusatz zur Wahl von Senatoren durch direkte Die Resolution, die vom Senat ist, geht nunmehr an
truppen befindlichen Kriegskorrespondenten vom 12. Mai aus
hat am Sonntag ein Aufständischen unter der Führung des Generals Orozcos und Bundestruppen von gleicher Der Verlauf des Kampfes war für die Regierungstruppen sehr günstig. Der
Conejos im Staate Durango bestätigt, twölsstündiger Kampf zwischen 5000
Stärke unter der Führung Huertas stattgefunden.
General Orozco hat sich, einer Depesche des „W. T. B.“ zufolge, mit einem Teil seiner Streitkräfte uach nördli von dem Schauplatz der Schlacht, zurückgezogen.
Asien.
Das Pekinger Vorparlament hat eine Petition von fünf⸗ zehn öffentlichen Organisationen abgelehnt, die dahin geht, die Wahlen, die ungesetzmäßig ohne Hinzuziehung der Mehrheit der Bevölkerung vor sich gegangen seien, für ungültig zu er⸗ klären. Wie „W. T. B.“ meldet, wurde in Kirin in einer stark besuchten Versammlung der Bewohner beschlossen, als man von der Antwort des Vorparlaments erfuhr, Abgeordnete mit dem Auftrage nach Peking abzusenden, auf der Ansetzung von Neuwahlen zu bestehen, im Falle abermaliger Absage aber das Vorparlament zu boykottieren.
Afrika.
Der Generalresident Lyautey ist gestern vormittag in Casablanca eingetroffen und von dem Konsularkorps und den Spitzen der Behörden bewillkommnet worden.
Nach einer Meldung des „Temps“ ist der Stadt Fes eine Kriegsbuße von 200 000 Duros auferlegt worden zur Strafe dafür, daß ein Teil der Bevölkerung an dem Aufruhr am 17. April teilgenommen hat.
— Wie die „Agenzia Stefani“ aus Tobruk meldet, stießen am Sonntag einige Abteilungen des 30. Infanterie⸗ regiments bei einem Erkundungsmarsch bei Uadi Hada auf bedeutende beduinische Kräfte, die durch türkische Reguläre geführt wurden. Die Italiener griffen den Feind sofort an, der unter dem wohlgezielten Gewehr⸗ und Geschütz⸗ feuer zurückwich und verfolgt wurde, bis er seiner starken Ver⸗ luste wegen, die auf über 100 Tote geschätzt werden, sich regel⸗ recht zur Flucht wandte. Die Verluste der Italiener betragen: ein Offizier und zwei Soldaten tot und drei Soldaten ver⸗ öe Aus Tripolis und Toms wird nichts Neues ge⸗ meldet
Parlamentarische Nachrichten.
Der Bericht über die gestrige Sitzung des und der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.
— Auf der Tagesordnung der segütigen (62.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück, der Staatssekretär des Reichsmarineamts, Groß⸗ admiral von Tirpitz und der Kriegsminister, General der Infanterie von Heeringen beiwohnten, standen zunächst
Anfragen. Die erste Anfrage wurde von dem Abg. Dr. Frank (Soz.) Ist der Herr Reich kanzler bereit, Aue kunft darüber zu
gestellt: ob Holland seine Zustimmung zu der Erhebung von S fahrtsabgaben auf dem Rhein erklärt hat?
Reichstags
ben, Füff.
Bitburg — Neuerburg,
den
Jimenez, 92 Meilen
Wirklicher Geheimer Legationsrat Lehmann: Ich muß erklären
daß der Reichskanzler zu seinem Bedauern nicht in der Lage ist, über
den Stand der Angelegenheit zurzeit eine Antwort zu erteilen. 12
Zur Ergänzung der Anfrage nahm das Wort der Abg. Dr. Frank (Soz.): Ist der Reichskanzler auch nicht bereit, kunft 1 zu geben, ob überhaupt in Verthandlungen darüber etreten 3 Wirklicher Geheimer Legationsrat Lehmann: Ich habe meiner ersten Auskunft nichts hinzuzufügen. Abg. Dr. Frank (Sat.): Ist durch die Antwort der Regierung Ausdruck gegeben, daß Verhandlungen stattgefunden haben? Wirklicher Geheimer Legationsrat Lehmann: Auch auf diese Frage bin ich nicht in der Lage, irgend eine Antwort zu geben.
(Schluß des Blattes.)
— Beim Beginn der heutigen (72.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten teilte der Zweite Vizepräsident Dr. Krause das folgende vom Justizminister an den Präsidenten des Abgeordnetenhauses eingelaufene Schreiben mit:
„Euer Hochwohlgeboren beehre ich mich, einen Bericht des Ersten Staatsanwalts beim Landgericht I hier vom 11. d. M. nebst Anlagen mit dem Anheimstellen ergebenst zu übersenden, in Gemäß⸗ heit des Artikels 84 der Verfassungsurkunde für den preußischen Staat die Beschlußfassung des Hauses der Abgeordneten herbei⸗ zuführen. Berlin, den 11. Mai. (gez.) Beseler.
Der Bericht des Ersten Staatsanwalts minister lautet:
„Betr. Einholung der Genehmigung des Hauses der Abge⸗ ordneten zur Einleitung des Ermittelungsverfahrens gegen die Abgg. Borchardt und Leinert. — Durch Strafantrag vom 9. Mai 1912 hat der Herr Präsident des Hauses der Abgeordneten auf Grund der Vorgänge bei Ausschli⸗ßung des Abg. Borchardt von der Sitzung am 9. Mai 1912 die Bestrafung des Abg. Borchardt wegen Haus⸗ friedensbruch beantragt. Nach Zeitungsberichten und der mir soeben zugegangenen Anzeige des Herrn Poltzeipräsidenten über den Hergang der Sache kommt auch Widerstand des Abg. Borchardt und des Abg. Leinert gegen die Staatsgewalt in Betracht. Euer Erzellenz bitte ich ehrerbietigst, die 11“ des Hauses der Abgeordneten dazu herbeizuführen, daß die Abgg. Borchardt und Leinert wegen dieser Handlungen zur Untersuchung gezogen werden. Berlin, 11. Mair 1912. gez. Preuß, Oberstaatsanwalt.“
Das Schreiben wird, der Praxis des Hauses entsprechend, der Geschäftsordnungskommission überwiesen.
Hierauf wird die erste Beratung des Eis enbahn⸗ anleihegesetzes fortgesetzt.
Abg. Wallenborn (Zentr.) wünscht den Ausbau der Linien Neuerburg — Irrel, Daleiden — Bollendorf— Trier. Ferner empfiehlt er die Berücksichtigung der Wünsche bezüglich der Linie Wittlich - Kyllbahn und Salmthal und den Ausbau der Linie Adenau — Rengen und eine Bahn für das Ourthal. Notwendig sei auch die Bahn Littlar — Ahrweiler und die Bahn Trier — Pfalz.
Abg. von Schubert (nl.) wünscht, daß die in Angriff genom⸗ menen Vorarbeiten für eine Linie durch das Ostertal von Ottweiler nach Werschweiler sogleich weiter ausgedehnt werden, um die Bahn bis nach Kusel fortsetzen zu können. Ferner empfieht er den Bau einer Linie von Neunirchen nach St. Ingbert.
Abg. Klocke (Zentr.) befürwortet den baldigen Ausbau der Strecke Meinerzhagen — Olpe— Kreuztal und bittet, die Teeilstrecke Olpe Kreuztal in die nächste Eisenbahnvorlage aufzunehmen. Ferner wünscht er die baldige Erledigung der Arbeiten an der Aggertalbahn, die Einführung von Eilzügen auf der Linie Deutz — Olpe — Meschede und den Ausbau neuer Linien zwischen Berleburg und der oberen
Eisenbahnwünsche aus
an den Justiz⸗
Lenne und zwischen Bestwig und Bödefeld.
Abg. Dr. Boenisch (Zentr.) vertritt die seinem Wahlkreise Striegau⸗Sch eidnitz, die dem Eisenbahn⸗ minister bereits in einer Audienz im Februar d. J. von Vertetern des Kreises vorgetragen seien; sie betreffen den doppelgleisigen Ausbau der Linie Schweidnitz — Breslau über Zobten zur Vollbahn, den Bau einer Eisenbahnwerkstatt usw. Insbesondere bemerkt der Redner, daß die Stadt Zobten sich nicht in dem wünschenswerten Maße des Wohlwollens der Eisenbahn⸗ verwaltung zu erfreuen scheine; trotz ihrer unvergleichlichen land⸗ schaftlichen Lage und ihrer geschichtlichen Bedeutung zeige die Stadt seit Jahrzehnten einen Stillstand und sie bedürfe dringend der Förderung durch Eisenbahnverbindungen. Wenn ihr Bahnhof etwa verlegt werden sollte, o würde das eine unmittelbare Gefahr für die Stadt bedeuten. Der Redner erinnert an die Bedeutung des Zobtengaues für die Germanisierung Schlesiens und für die Zeit der Befreiungskriege und spricht die Hoffnung aus, daß die nächstjährige Erinnerungsfeier an die Befreiungskriege der Stadt Zobten als Angebinde die Er⸗ füllung ihrer Eisenbahnwünsche bringen werde. Außerdem wünscht
der Redner noch die Aufschließung des nordöstlichen Teils des
Striegauer Kreises mit seinen großen, landwirtschaftlich hervorragenden Bauerngemeinden.
Abg. von Kloeden (b. k. P.) befürwortet die Aufschließung des
Hunsrück durch Nebenbahnen, die Mosel⸗ und Hanetal verbinden, worurch die Verwirklichung des Bahnplanes Kirn —Berkerboch— Sion— Lauterecken näher gerückt werde. Die geplante Eisenbahn⸗ brücke zwischen Rüdesheim und Geifenheim sei leider nur als ein⸗ fache Eisenbahnbrücke mit Seitenstegen für Fußgänger gedacht, während die Anwohner der beiden Rbeinufer auf eine mit ihr verbundene Fahrbrücke gerechnet hätten. Linie aus strategischen Gründen gebaut und gerade deshalb sei auch die Ausgestaltung zu einer Fahrbrücke nötig, um die ge⸗ waltigen Trains und Kolonnen — darunter ungeheure von Loko⸗ mobilen gezogene Lastzüge — den über diese Brücke geleiteten Armee⸗ kerps ohne Störung des Eisenbahnbetriebes folgen lassen zu können. ‚ie Traneporte seien auf diese Brücke angewiesen, da sonst zwischen Kebsenz und Mainz keine feste Rheinbrücke vorhanden sei. Zum Schutze dieser Eisenbahnbrücke möge bereits in Friedenszeiten die nterbringung eines Bataillons technischer Truppen, Pioniere oder Eisenbahner, wie bei der Katserbrücke zwischen Castel und Biebrich in ussicht genommen werden.
Abg. Ernst (Volkep.) wiederholt seinen früheren Wunsch wegen erstellung einer Line von Schneidemühl über Czarnikau — Wronke — inne nach Bentschen; die Teilstrecke Schneidemühl — Usch — Czarnikau ei bereits in Angriff genommen, und er bitte nun zunächst um das
weitere Teilstück Wronke— Pinne.
Abg. Bartling (nl.) befürwortet den Bau einer Taunus⸗ surtähr. der Lini
g. Schwarze (Zentr.) wünscht die Verlängerun der Linie Dortmund — Welver 763 ve)nar Ebenso notwendig fe die Aus⸗ übrung der geplanten Linie von Soest über Büren nach Scherfelde
enn in einem Kriegsfalle der Altenbekener Tunnel einfallen sollte,
o würde das einen großen U belstand bedeuten. Der Redner fordert
erner im östlichen Teile seines Kreises Brilon eine Bahn, welche von Norden nach Suüͤden die jetzige Ruhrtalbahn schneidet.
bg. Dr. Hahn (kons.) erklärt, daß er die für Hinterpommern ge⸗
ußerten Wünsche nur unterstützen könne; er könne aus eigener Erfahrung
venätigen, daß man in Hinterpommern zu einer Stnecke von 10 Meilen
e doppelt so lange Zeit brauche, wie z. B. im Westen des König⸗ reichs. Seine Befriedigung könne er darüber aussprechen, daß der Zetriehsgesellschaft ür Hochserfischerei in Geestemünde die Erfüllung brer Wünsc g im Mmisterium zugesagt worden sei 8
(Schluß des Blattes.
gei der Keichstagsersatzstichwahl im Wahlkreise ldenburg. 2 (Fatesssrsan 8 9. Mai wurden nach amtlichen Feststellungen von 38 288 Wahlberechtigten 29 487
Die Brücke werde in erster
Stimmen abgegeben. Davon entfielen auf den Syndikus Dr. Wiemer⸗Verlin (Fortschr. Vpt.) 15926, auf den Buch⸗ druckereibesitzer Hug⸗Rüstringen (Soz.) 13561; zersplittert waren 145 Stimmen. Gewählt ist Dr. Wiemer.
Das Mitglied des Herrenhauses, Oberbergrat a. D. Dr. Wachler ist am 13. d. M. in Eisleben verstorben. 8
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Nachdem die ungelernten Arbeiter der Berlinerstädtischen Gaswerke im vorigen Etat eine Aufbesserung ihrer Löhne erhalten haben, sind, wie die „Voss. Ztg.“ mitteilt, jetzt die gelernten Arbeiter um Erhöhung ihrer Bezüge bei der Deputation der städtischen Gas⸗ werke vorstellig geworden. Diese beschloß, dem Magistrat eine Vor⸗ lage zu machen, in der eine Verbesserung der Löhne vorgeschlagen wird.
Wegen eines Ausstands der Schuharbeiter bei der Firma Tauwel in Straelen im Kreise Kempten hat, wie die „Frkf. Ztg.“ erfährt, der Verband der Schuhfabrikanten des Nieder⸗ rheins die Aussperrung sämtlicher Schuharbeiter beschlossen. Es soll aber den Arbeitern noch eine kurze Frist gegeben werden.
In Nürnberg haben die Arbeiter der bayrischen Celluloidwarenfabrik, vormals Wacker, Aktiengesellschaft, den Ende Februar begonnenen Ausstand eingestellt; die Arbeit wird, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, in den nächsten Tagen in vollem Umfang wieder aufgenommen werden.
In EE haben, der „Köln. Ztg.⸗ zufolge, Verhandlungen mit den Hafenarbeitern neuerdings zur Vereinbarung eines Tarif⸗ vertrags mit den Bunkerleuten geführt.
In Warschau sind, wie „W. T. B.“ meldet, wegen der Vor⸗ gänge in den Lena⸗Goldwäschereien gegen 8000 Fabrikarbeiter Ausständig (vgl. Nr. 106 d. Bl.). 8
In London haben, wie „W. T. B.“ erfährt, gestern einige hundert Schneider im Westend die Arbeit wieder auf⸗
enommen. Man nimmt an, daß heute eine größere Anzahl diesem Beispiel folgt. (Vgl. Nr. 115 d. Bl.)
Die Kohlentrimmer einiger Schiffahrtszentren des Firth of Forth, wo viele hundert Mann beschäftigt sind, haben, wie dem W. T. B.“ berichtet wird, der Nordbritischen Eisen⸗ bahngesellschaft mitgeteilt, daß sie fofort die Arbeit niederlegen würden, falls die von ihnen verlangte Lohnerhöhung nicht be⸗ willigt würde. b
In Staffordshire und Lancashire sind laut Telegramm des „W. T. B.“ aus London von der Lohnkommission Mindestlöhne für die Bergarbeiter festgesetzt worden. Die Lohnsätze, die in einer ganzen Reihe von Fällen die von den Arbeitern geforderte Mindest⸗ höhe von fünf Schilling übersteigen, sind unter Zustimmung der Arbeit⸗
eber und der Arbeiter zustande gekommen. — Die Lohnkommission von üd⸗Wales beschloß, mit der Beratung der Mindestlöhne nicht fort⸗ zufahren, solange die Vertreter der Bergleute sich fernhalten. Der Vorsitzende der Kommission Lord St. Aldwin lehnte sowohl die An⸗
träge der Arbeiter auf Erhöhung der Lohnsätze, als auch die Anträge
8
der Arbeitgeber auf Herabsetzung ab. (Vgl. Nr. 115 d. Bl.) b
Kunst und Wissenschaft. Heimatpflege und Heimatmuseum.
Wer sich heute auf dem Lande um gesunde Volks⸗ und Heimat⸗ pflege bemüht, wird bald eines Verbündeten gewahr werden, der ihm die besten Dienste zu leisten vermag. Das ist das Land⸗ oder Heimatmuseum. Frellich, in vielen Fällen weiß weder der Heimat⸗ freund, der der Landbevölkerung Lebenswerte nahebringen möchte, noch der Leiter solch eines Heimatmuseums, wie nahe sie aufeinander an⸗
ewiesen sind, wie sehr der eine dem anderen zu helfen vermag. Hie kleinen Museen sind fast nirgends zu dem geworden, was sie sein sollten, zu Volksbildungsstätten. Ursache ist, daß sie meist nur an bestimmten Tagen zu bestimmten Stunden und gegen Eintritt geöffnet sind. Der Landbewohner kann sich nach diesen Besuchs⸗ zeiten nicht richten, findet er aber verschlossene Türen, so kommt er selten wieder. So liegen die Sammlungen den größten Teil des Jahres ungenutzt, und der Leiter des Museums gewöhnt sich mehr und mehr daran, sie als Selbstzweck und die Oeffent⸗ lichkeit als notwendiges Uebel zu betrachten. Der Heimat⸗ freund aber, der die geringe Besuchsziffer kennt, nimmt an, daß solch ein Museum seinen Pflegebefohlenen nichts zu bieten ver⸗ mag, daß man nur künstlich ein vorübergehendes Interesse für das dort Gebotene in ihnen zu wecken vermöchte. Gerade das Gegenteil ist aber der Fall. Denn ein richtig geleitetes, übersichtlich geordnetes Heimatmuseum ist wie ein gewaltiges Epos, das in einfacher, aber eindringlicher Sprache die uralte Geschichte unseres Landes erzählt, und für diese Art von Poesie hat das „Volk“ noch immer Verständnis gezeigt, in diesen Dingen ist nichts, was über das Begriffsvermögen unserer Landbevölkerung hinausginge.
Unsere norddeutschen Leute sind ein Menschenschlag eigener Art. In ihnen leben Ueberlieferungen, die nicht nur die Jahrtausende über⸗ sprungen, die auch den zweimaligen Raumwechsel überdauert haben. Die Erinnerung an Wodan ist geblieben, trotz der 600 Jahre Wenden⸗ zeit, trotz des Christentums, das die zurückdrängenden Germanen in ihre heimischen Gauen mitbrachten. Dem „Wodan“ gilt der erste Anhieb auf dem reifenden Feld, dem „Wodan“ bleiben die letzten
rüchte an den abgeernteten Bäumen. Der „Alte“ mit Schlapp⸗ ut und um die Schulter geschlagenem Mantel muß in der Neujahrsnacht Glück in das Haus bringen. Uralte Ueber⸗ lieferungen, uralter Glaube sind es, die da in unsere moderne Zeit mit Dampfpflug und tausend technischen Errungenschaften herein⸗ spielen. Gerade der Dampfpflug ist es dann vie eicht, der Zeugen einer Zeit, aus der diese Ueberlieferungen kommen, jahrtausendelanger Verborgenheit entreißt. Bronzeschwerter, von alten Germanen im männlichen Kampfe geführt, Urnen mit den Gebeinen ihrer Toten, feierlich in Steingräbern beigesetzt, feine Nadeln und Kämme, die der Schmuck germanischer Frauen waren, Kinderspielzeug, etwa Tonklappern, an denen auch noch die Dorfkinder von heute ihre Lust hätten, kommen ans Licht. Aber noch ältere Zeugen der Vergangenheit gibt der Boden her: einen Steinpflug, mit dem das Feld zu karger Ernte bereitet ward, Steinäxte zum Streit, Steinhämmer, Steinsägen, Steinmesser zur Arbeit, uralte Dinge aus der Kindheit des Menschengeschlechts. Wie lange hat diese Kinderzeit gedauert? Jahrtausende, Jihrzebhntausende, Jahrhunderttausende? Die Gelehrten wissen es nicht. Unendlich fern nur scheint sie zu liegen, und doch ist die Spanne Zeit, die uns von ihr trennt, kurz, wenn wir bedenken, welche Fomfsürhn die Menschheit seitdem gemacht hat. Schwindelschnell ist ihr Lauf zu immer neuen Kulturgütern seit jenem Tag gewesen, da zum ersten Male ein Masc dem Metall Form und Gestalt zu Schmuck und Waffe gab. Wie aber sah das Land aus in jenen Urzeiten, als der Mensch noch nicht seine Macht über die Natur und ihre Geheimnisse kannte? WoV sich jetz die üppigen Wiesen breiten, floß ein Strom, lag ein See; wo Felder grünen, dunkelten Wälder; wo sich jetzt Hüͤgel erheben, wehte der Sand. Das verrät dem kundigen Auge Gestalt und Beschaffenhet des Bodens. Welche Tiere lebten mit den Menschen? Davon erzählen die Knochenüberreste an den alten Siedlungen. Der Elch hauste hier und sogar Reste vom Mammut hat man gefunden. Aber noch weiter zmück in die Vergangenheit führt unser Epos über den Menschen hinaus. Versteinerungen aller Art weist das Museum auf, Muscheln, Fische, Seelilien, Korallen, Felsblöcke, auf breitem Gletscher⸗ rücken vom Norden her in unsere Ebene getragen. Immer mächtiger
Sollte das den Landmann nicht interessieren sollte er dafür nicht ein viel größeres Verständnis besitzen als der Städter? Ist er es nicht, der auf Schritt und Tritt auf Spuren dieser Ver angenheit stößt? Nicht viele Dörfer wird es bei uns geben, in deren Gebiet nicht hier und da ein Altertumsfund gemacht wird. Keine Kiesgrube gibt es, in der nicht Versteinerungen zu finden sind, oft solche seltener Art. In gar manchem einfachen Tagelöhnerhaus wird irgend solch ein merkwürdiges Stück bewahrt, ein Steinbeil, ein Spinnwirtel, ein sogenannter Krötenstein oder ein Donnerkeil. An dieses Selbstgeschaute, Selbst⸗ efundene gilt es, anzuknüpfen. . Vorstellungen verbinden saß oft mit solchen Fundstücken, wunderbarer und großartiger ist mmer das Tatsächliche, fe Zeugen sie sind. Im Heimatmuseum müssen die Leute eine Erklärung und Ergänzung ihrer Einzel⸗ erfahrungen finden, das Heimatmuseum mu der Geschichte ihrer Heimat, der Naturgeschi geschichte.
Weiß man der Landbevölkerung das zu geben, das nahe zu bringen, so wird man nicht über Mangel an Teilnahme klagen dürfen. Weiß man sie zu Mitarbeitern zu erziehen, und hier sind sie die gegebenen natürlichen Mitarbeiter für ein Heimatmuseum, so wird man staunen über die Opferwilligkeit und die Liebe zur Heimat, die in ihnen erwacht. Dann muß aber auch der oberste Grundsatz lauten: das eimatmuseum ist nicht um seiner selbst, sondern um der Menschen willen da. Jeden Tag, jede Stunde muß es den Besuchern zugänglich sein. Der Handwerker, der Bauer, den seine Geschäfte uͤber Land führen, vh Gelegenheit haben, es zu besichtiger⸗ wann er auch komme. Alle ausgestellten Gegenstände müssen mit klaren, ausführ⸗ lichen Erläuterungen versehen sein, die am besten durch eine dem ein⸗ fachen Verständnis angemessene, immer zur Verfügung stehende Führung zu ergänzen wäre. Ja, der oder die Leiter des Museums sollten sich in nächste Fühlung mit den Besuchern zu se en suchen. Sie sollten ihre Aufgabe neben der mehr verborgenen, wissen chaftlichen Seite derselben durchaus als eine volkserzieherische betrachten. Mitarbeit muß hier, wie in so vielen Dingen, der große pädagogische Grundsatz sein. Es liegt in der Natur des Menschen, daß er einer Sache, an der er selbst mitgewirkt hat, nicht mehr gleichgültig gegenüberstehen kann. Darum sollte es erste Bestimmung jedes Heimatmuseums sein, 83 es keinen Gegenstand aus der Heimat käuflich erwirbt, sondern da
seine Sammlungen sich aus den freiwillig dargebotenen Geschenken der Einwohner zu vermehren haben. Das Beispiel wirkt hier außerordentlich anregend, und haben die Leute es erst verstanden, daß das Museum eine Sache für die Allgemeinheit, zu der sie ganz persönlich mitgehören, ist, so bringen sie auch selbst mit Freuden Opfer. Hier kommt dann der Zeitpunkt, wo alle die, denen die Land⸗ pflege am Herzen liegt: Lehrer, Geistliche, Gutsherren, kurz, alle Gebildeten, die auf dem Lande leben, eingreifen können. Ihre Aufgabe wäre es, auf das Museum hinzuweisen, immer wieder seine Bedeutung zu betonen, Schulen und Vereinen den Besuch des Museums zu ermöglichen und den Leuten selbst mit Opfer⸗ freudigkeit voranzugehen. Der Lohn wird nicht ausbleiben. In unserem Landvolk schlummert ungeahnt rie geistige Energie. Von großen Ideen, die es gleichsam konkret zu fassen ver⸗ mag, wird es tief ergriffen. Wer dies Gegebene zu veS. weiß, wird Heimatsinn und Heimatliebe festigen und stärken über Erwarten. Bodenständiger, mehr aus den gegebenen Verhältnissen erwachsen, ist kein Gebiet der Heimatpflege. Es wäre viel wert, wenn dies immer mehr erkannt würde, wenn das Heimatmuseum zu einem unentbehr⸗ lichen Stück der Heimatpflege würde.
eine Illustration sein te und der Menschheits⸗
Dem soeben erschienenen Bericht über die Verwaltung der Universitätsbibliorhek in Berlin im Rechnungsjahr 1911 ist zu entnehmen, daß die Benutzung im Berichtsjahre wieder erheblich zugenommen hat. Die Zahl der 189ge. Bestellzettel ist um mehr als 20,000, die der Besucher des Lesesaales um fast 17 000 ge⸗ wachsen. Die Ergänzungen der Lücken im Bücherbestande sind ununterbrochen fortgesetzt worden. Sie werden einen noch größeren Umfang im laufenden Jahre annehmen können, da der für alle preußischen Universitätsbüchereien in den Staatshaushalt eingestellte, große außerordentliche Zuschuß hierfür eine willkommene Handhabe bietet. Im einzelnen seien folgende Zahlen mitgeteilt: Die Anzahl der abgegebenen Bestellzettel stieg von 111 292 im Vorjahre auf 131 825; verabfolgt wurden 84 859 (72 877) Bücher; verliehen waren 32 470 (26 124), nicht benutzbar 1019 (597), nicht vor⸗ handen 12 890 (11 213) Bücher. Der Lesesaal war an 300 (294) Tagen von 106 270 (89 673) Personen, also im Tagesdurchschnitt von 354,2 (305,01) Personen besucht. Die Höchstzahl der Besucher an einem Tag betrug 707 (649) Personen; unter den Benutzern des Lesesaals ware 6974 (4535) Damen. Die Zahl der im Lesesaal benutzten Druck schriften betrug ohne die benutzten Bände der in dem Saal auf estellten Handbücherei 8041 (6441) Werke mit 12 787 (9528) Bänden im Orte verliehen wurden an 7738 (7100) Entleiher 75 052 (64 261) Bände. Im Sprechzimmer der Universität wurden die neuesten Hefte von 105 Zeitschriften regelmäßig ausgelegt. Der Zirkel leistete zu den Abonnementskosten einen Beitrag von 145 ℳ. Nach aus⸗ wärts wurden ausnahmsweise 89 Bände (51) verliehen. Davon entfielen auf den Leihverkehr der preußischen Leihbibliotheken 49 Bände. Von auswärts wurden 8 Bände entliehen. Vom Auskunfts⸗ bureau der deutschen Bibliotheken wurden an die Universitäts⸗ bibliothek 2904 (3018) Anfragen gerichtet; als nicht vorhanden wurden in ihnen 2789 (2877), als vorhanden 115 (141) Bücher bezeichnet. Die Auskunftsstelle der Universitätsbibliothek wurde an 293 Tagen 1239 (1910: an 294 Tagen 1080) mal in Anspruch genommen. Von diesen 8 bezogen sich 177 (157) auf die Benutzung des spste⸗ matischen Katalogs. In das Zugangsverzeichnis wurden 9998 (9718) Nummern mit 26 930 (9998) bibliographischen Bänden neu eingetragen; von ihnen waren 8508 (8137) Bände Universitätsschriften und 1758 (1424) Bände Schulschriften. Als Geschenke gingen 3746 Bände, 105 Universitätsschriftrrn und 31 Schulschriften ein. Die Schenkung der Firma B. G. Teubner konnte ganz in die Bibliothek aufgenommen werden, die Jubiläumsspende der Firmen
u. D. Reimer und Weidmann zum JIgrößten Teil für Bücheranschaffungen verwendet werden. Beide Schenkungen haben jetzt der Bücherei einen Zuwachs von 3000 Bänden gebracht. Durch den von der Bibliothek vermittelten Schriftenaustausch der hiesigen Universität mit anderen Universitäten und Unterrichts⸗ anstalten kamen 8396 Universitätsschriften, 1727 Schulschriften und 569 Bände anderer Werke hinzu. An Pflicht xemplaren gingen 4261 Bände ein, durch Kauf wurden 8088 „Bände erworben (davon 4445 Bände abgeschlossene Werke, 1696 Bände von Fortsetzungen und 1847 Bände von Zeitschriften. Der Bestand der gesamten Bücherei betrug am 31. März 1912: 252 049 Buchbinderbände, 2374322 Universitätsschriften und 44 024 Schulschriften. (Die entsprechenden Zahlen am 31 März 1911 lauteten: 237 841, bezw. 228 924 und 42 266.) Für Bücherankauf wurden 41 298,15 ℳ, für Einbände 14 478,50 ℳ ausgegeben. Die Arbeiten an den systematischen Katalogen der Abteilungen Rechtswissenschaft, Geschichte und Philosophie sowie die Herstellung des systematischen Katalogs der Universitätsschriften wurden fortgesezzt.
Theater und Mufir
Im Koͤniglichen Opernhause wird morgen, Mittwoch, „Der Rosenkavalier“ wiederholt; in den Hauptrollen sind die Damen Denera, Artot de Padilla, Easton, die Herren Knüpfer, Bachmann u. a. beschäftigt. Der Generalmusikdirektor Dr. Muck dirigieit.
Königlichen Schauspielhause wird morgen das b loessche Schau dlich 21818 bhan Otto von der Pfordten in der kannten Besetzung wiederholt.
Selmar Meyrowitz, der I. Kapellmeister der Kurfürstenoper,
erscheint die Welt, immer wunderbarer die Geschichte unseres Bodens.
wurde von Emmy Oest inn eingeladen, ihr am 24. Okiober d. J.