ständig unbekannt. geklärt haben.
Meine Herren, der Herr Vorredner hat lauter Beschwerden an⸗ geführt, er hat aber zu meinem Bedauern dasjenige in dem Erlasse nicht mitaufgeführt, was er auch hätte mal loben können. (Heiter⸗
— keit.) Er hat sich wiederholt darüber beschwert, daß von allen Seiten auf die Kommunen eingewirkt würde, sie möchten neue Ausgaben machen, das eine Ressort wetteifere mit dem anderen, um die Kommunen zu Ausgaben zu treiben, der Herr Eisenbahnminister, der Herr Kriegsminister und andere drängten dazu und trieben die Ausgaben in die Höhe. Das gerade wollte aber dieser Erlaß zugleich abstellen. Es war der Staats⸗ egierung aus den Beschwerden der Gemeinden bekannt geworden, daß Uerdings oft das eine Ressort ohne Kenntnis des anderen von den Gemeinden Ausgaben verlangt und dadurch Unzuträglichkeiten ent⸗ ttehen, und deshalb schreibt der Erlaß ausdrücklich vor, daß in Zukunft er Kommunaldezernent der Regierung sich sofort mit dem anderen Ressort in Verbindung setzen möge, damit auch die Interessen der Gemeinden gewahrt werden und damit die Kommunalaufsichtsbehörde
beteiligt werden und darauf hinweisen kann: in diesem Falle wird
der Gemeinde etwas Unbilliges zugemutet oder es geht über ihre Kraft und muß anders gemacht werden, so kann nicht weiter vor⸗ eegangen werden. Das ist ausdrücklich in diesem Erlaß des näheren useinandergesetzt worden, und ich habe die feste Ueberzeugung, daß gerade diese Bestimmungen des Gesetzes klare Verhältnisse herstellen werden. Denn das hat jeder, der in der Gemeindeverwaltung tätig gewesen ist, unangenehm empfunden, daß von der Kommunalaufsichtsbehörde gesagt wird: du darfst keine Anleihe aufnehmen, du mußt solide wirtschaften, und daß die anderen Ressorts sagen: hier muß eine Kanalisation, dort ein Krankenhaus, dort eine Schule und wer weiß was noch gebaut werden. Um da das Gleichgewicht wieder herzustellen, einen Regulator in die Verhältnisse hineinzubringen, ist der Erlaß ergangen und damit die Kommunalaufsichtsbehörde sich auch damit befassen kann. So schlecht ist der Erlaß nicht, wie ihn der Herr Vorredner dargestellt hat, er hat nur die Schattenseiten und nicht die Lichtseiten gezeigt.
Wie ich schon zugegeben habe, gibt es Ausnahmefälle, die noch berücksichtigt werden müssen, und die bisher nicht unter den Erlaß zu bringen sind. Es soll eine Deklaration erfolgen, und ich hoffe, daß dann der Erlaß auch auf Seiten der Vertreter der großen Gemeinden Beifall finden wird.
Wenn ich ihn gekannt hätte, würde ich ihn auf⸗
11. Sitzung vom 18. Mai 1912, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Am Regierungstisch: Dr. Beseler.
Präsident von Wedel eröffnet die Sitzung um 12 Uhr 20 Minuten.
Auf der Tagesordnung steht zunächst der mündliche Be⸗ richt der Kommunalkommission über den vom Abgeordneten⸗ hause in veränderter Fassung angenommenen Gesetzentwurf über die Reinigung öffentlicher Wege.
Herr Körte⸗Königsberg empfiehlt, dem Entwurf in der vom. Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung die verfassungsmäßige Zu⸗ stimmung zu erteilen. Er weist darauf hin, daß der Entwurf den Landtag schon zum dritten Male beschäftige. Die Herrenhaus⸗ kommission habe einmütig beschlossen, den vom Abgeordnetenhause vorgenommenen Aenderungen zuzustimmen, auch den vom Abgeord⸗ netenhause beschlossenen Zusatz zu § 5, daß die Genehmigung (Be⸗ stätigung) eines Ortsstatuts versagt werden soll, wenn das Ortsstatut eine Ueberbürdung der darin verpflichtet Erklärten zur Folge haben würde, oder wenn diesen durch das Ortsstatut Leistungen übertragen werden sollen, die nach den örtlichen Verhältnissen zweckmäßiger durch die Gemeinde bewirkt werden können. Andere Zusätze des Ab⸗ geordnetenhauses erschwerten die Geschäftsführung, doch ständen ihnen durchschlagende Bedenken nicht entgegen. Am besten wäre es, das Gesetz en bloc anzunehmen.
Das Haus beschließt nach diesem Vorschlage ohne Debatte.
Es folgt die einmalige Schlußberatung über den vom Ab⸗ geordnetenhause unverändert angenommenen Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Bewilligung weiterer Staatsmittel zur Ver⸗ besserung der Wohnungsverhältnisse von Arbeitern, die in staatlichen Betrieben beschäftigt sind, und von gering besoldeten Staatsbeamten. Es werden in der Vorlage für diesen Zweck 14 Millionen gefordert.
Herr Dr. Oehler⸗Düsseldorf empfiehlt, dem Gesetzentwurf in Uebereinstimmung mit dem Abgeordnetenhause zuzustimmen und die hhr gehörige Denkschrift durch Kenntnisnahme für erledigt zu er⸗
aren.
Die Kommissionsanträge werden ohne Debatte en bloc angenommen.
Darauf wird die Beratung des Staatshaushaltsetats für 1912 mit der Spezialberatung des Etats der Justiz⸗ verwaltung fortgesetzt.
Berichterstatter Herr von Becker empfiehlt namens der Finanzkommission folgende Resolution: „die Staatsregierung zu er⸗ suchen, die Anstellungs⸗ und Rangverhältnisse der etatsmäßigen Amts⸗ anwälte anderweit in einer der jetzigen Stellung dieser Beamten ent⸗ sprechenden Weise und gemäß den bei Anstellung der Staatsbeamten allgemein geltenden Grundsätzen zu regeln.’ Der Berichterstatter weist darauf hin, daß die von dem Justizminister im Abgeordneten⸗ hause und in der Herrenhauskommission dargelegten Ideen über die Ausbildung der Juristen die vollständige Zustimmung der Kommission gefunden haben.
Der Justizetat wird ohne Debatte erxledigt.
Ueber den Etat der Eisenbahnverwaltung berichtet Graf von Reichenbach⸗Goschütz.
Zu dem Extraordinarium liegt folgende Resolution der Finanzkommission vor:
„die Staatsregierung zu ersuchen, auf möglichst baldigen Um⸗ bau des Bahnhofs Münster (Westfalen) Bedacht und dabei auf Fefe lumg einer den Bedürfnissen des öffentlichen Verkehrs
echnung tragenden Verbindung mit der westfälischen Landes⸗
eisenbahn und dem projektierten Kanalhafen der Stadt Münster Rücksicht zu nehmen.“
Herr Graf z u Ysenburg: Ich möchte den Minister fragen, wie die Versuche mit einem Apparat ausgefallen sind, welcher das Ueberfahren der Haltesignale automatisch verhindern soll.
Herr Dr. von Burgsdorff: Wenn in den Eisenbahn⸗ werkstätten Soztaldemokraten sind, so meine ich, daß die Mehrzahl von ihnen nur Ueberläufer sind. Diese müssen darauf hingewiesen werden, was der Staat alles für sie tut. Ich vertraue zu der Re⸗ gierung, daß sie die Disziplin aufrecht erhalten wird. Welche Art der Verhetzung getrieben wird, zeigt der gestrige Vorgang im Reichs⸗ tage. Ich will dem Herrn die Ehre nicht antun, seinen Namen zu nennen, freue mich aber, daß der Reichskanzler ihm seine Nicht⸗
u erkennen eg. b t
Herr Fürst zu Isenburg hat die Frage an die Regierung ge⸗ richtet, ob Vorsorge dafür getroffen sei, daß abgesehen, von der Sicherung des Betriebes durch unsere Signaleinrichtungen, den Führern auf der Maschine unabhängig von deren Willen noch ein weiteres Avertissement gegeben wird beim Herannahen an ein Signal oder weitergehend, durch Einwirkung auf die Maschine von außen her, dergestalt, daß der Zug zum Stehen gebracht wird. Dieses sind die beiden in Frage kommenden Möglichkeiten. Also lediglich ein Avertissement an den Führer oder eine Einwirkung auf die Maschine, auf die Bremseinrichtungen, um den Zug zum Stilllstand zu bringen. Meine Herren, es sind nach beiden Richtungen hin seit Jahren Ver⸗ suche angestellt worden, auch haben sehr eingehende Erörterungen, Er⸗ wägungen stattgefunden. Man hat aber völlig davon Abstand ge⸗ nommen, eine Einrichtung zu schaffen, die den Zug unabhängig von dem Willen des Führers zum Stillstand bringt, und zwar, wie ich gleich feststellen darf, im vollsten Einverständnis mit dem gesamten Stande der Lokomotivführer. Der Führer fürchtet nichts mehr, als daß seine Aufmerksamkeit gemindert wird, und er fürchtet, daß, wenn er sich auf eine Einrichtung verlassen soll, die unabhängig von seinem Willen in Gang gesetzt werden kann, seine Aufmerksamkeit nachläßt. Darum ist der Mann des praktischen Betriebs Gegner jeder Einrichtung, die einen Zug unabhängig von seinem Willen zum Stillstand bringt. Wir teilen diese Auffassung, aber für unsere Erwägungen kommt noch hinzu, daß bisher kein Apparat gefunden worden ist, der mit absoluter Sicher⸗ heit wirkt. Alle Versuche, die nach dieser Richtung angestellt worden sind, sind mißlungen. Es ist nun aber dauernd weiter ver⸗ sucht worden, ob man nicht einen Apparat finden könne, der dem Führer nichts weiter gibt als eine Mahnung dann, wenn er sich einem Signal nähert, durch Einwirkung von außen, die sich akustisch und optisch auf der Maschine bemerkbar macht. Derartige Erfindungen sind eine ganze Reihe gemacht worden. Ich darf aber feststellen, daß trotz der vielfachen Versuche, die wir im Be⸗ reiche der preußischen Staatseisenbahnen vorgenommen haben, sich noch keine dieser Erfindungen als so zuverlässig bewährt hat, daß wir sie im Betriebe einführen können. Sie haben namentlich in un⸗ günstiger Jahreszeit, im Winter, versagt, zwar nicht regelmäßig aber doch so häufig, daß man nicht behaupten kann, es trete eine Mehrung der Sicherheit ein. Im Gegenteil, solange die Einrichtung so unvoll⸗ kommen ist, wie sie sich heute darstellt, würde zweifellos eine Minde⸗ rung der Sicherheit eintreten. Ich habe mich über diese Frage im anderen Hause in der Budgetkommission eingehend geäußert und mit großer Genugtuung feststellen können, daß, was die Betriebs⸗ sicherheit anbetrifft, die deutschen und unter diesen die preußischen Staatseisenbahnen an erster Stelle stehen, und daß wir von Jahr zu Jahr feststellen können, wie die Anzahl der Un⸗ fälle aller Art, Zusammenstöße, Tötungen und Verletzungen heruntergeht, obwohl die Intensität des Verkehrs auf unseren Linien von Jahr zu Jahr zunimmt. Angesichts dieser günstigen Verhältnisse, wie sie nun einmal bei den vorhandenen Sicherheitseinrichtungen auf
den Staatseisenbahnen bestehen, müssen wir um so vorsichtiger sein
gegen derartige Einrichtungen, weil alles vermieden werden muß, was dem Füher ein Gefühl der Sicherheit gibt, aber im gegebenen Moment versagt.
Fürst zu Isenburg fragte dann weiter, ab es erforderlich wäre, daß in denjenigen Relationen, für welche direkte Fahrkarten nicht aufliegen, beim Wechsel eines Zuges zweimal der Schnellzugzuschlag zu bezahlen sei. (Zuruf: Bei demselben Zug!) Nun, ich darf fest⸗ stellen, daß nach unseren Tarifen diese Möglichkeit ausgeschlossen ist. Wenn der geschilderte Fall vorliegt, so hat der Reisende sich lediglich auf der Abgangsstation an den zuständigen Beamten zu wenden und eine Bescheinigung zu verlangen, die es ausschließt, daß der Zuschlag zweimal erhoben wird.
Herr von Burgsdorff wies, wie der Herr Berichterstatter, darauf hin, daß es zu den ersten Aufgaben der Staatseisenbahnverwaltung und ihres Chefs gehöre, für Disziplinhaltung im Personal zu sorgen. Ich habe es mit Genugtuung begrüßt, daß sowohl der Herr Bericht⸗ erstatter wie Herr von Burgsdorff anerkennen konnten, daß das Vor⸗ gehen der Verwaltung in dieser Richtung zu keinen Anständen führe, daß es vielmehr als sachgemäß und nützlich anerkannt wird.
Herr von Burgsdorff wies auf die großen Gefahren eines Streiks hin, und die Sorge, die bestehen könne, daß die Staatseisenbahn⸗ verwaltung oder auch unsere Kaiserliche Marine im gegebenen Momente nicht das Feuerungsmaterial, die Kohle, zur Verfügung habe, wie dieses bei dem letzten englischen Grubenstreik der Fall war. Für die Staatseisenbahnverwaltung darf ich hier feststellen, daß für alle diese Fälle ausreichende Fürsorge getroffen worden ist und werden wird. Als der Streik im Ruhrkohlenrevier zu Beginn dieses Jahres ausbrach, waren die Staatseisenbahnen für mindestens 60 bis 65 Tage mit Kohlen versehen, um ihren Betrieb ohne irgend eine Ein⸗ schränkung zu führen. (Beifall.)
Herr Dr. von Studt: Ich habe schon früher auf das Ge⸗ lände vor dem Potsdamerplatz, den früheren Friedhof, hingewiesen. Es entstand die Frage, ob die Kirchengemeinde das Gelände ver⸗ äußern könne. Es meldete sich ein Konsortium, um einen Bierpalast darauf zu errichten. Die Kirchengemeinde verzichtete aber auf den großen Vorteil und ließ das Gelände in das Eigentum der Eisen⸗ ahnverwaltung übergehen. Das ist zu begrüßen. Die Schwierig⸗ keit ist, daß nun die Stadt Einwendungen gegen die Errichtung eines Gebäudes macht, weil dies den Platz verunstalten würde. Der Platz ist allerdings schon durch das Café Piecadilly verunstaltet. Der Platz des Geländes sollte zu einem kleinen Schmuckplatz ge⸗ macht werden. Was die Orthographie der Stationsnamen betrifft, so würde sich eine größere Einheitlichkeit empfehlen. Ich verweise z. B. auf die Unterschiebe zwischen den Buchstaben „C“ und „K“. Es herrscht hier ein großer Wirrwarr und führt zu großen Uebelständen auch für Ausländer. Aus Verkehrsrücksichten sollte eine Ver⸗ einfachung der Ortsverzeichnisse vorgenommen werden. Es soll die Absicht bestehen, am neuen Opernhause eine Reihe von Privat⸗ gebäuden zu errichten. Das würde dem Gesamtbilde schädlich und auch für den Verkehr hinderlich sein.
Präsident von Wedel bittet, auf den Opernhausbau beim Bauetat zurückzukommen.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:
Meine Herren! Die Verwaltung der Staatseisenbahnen ist in erster Linie eine Verkehrsverwaltung; das siskalische Interesse muß insofern für sie zurücktreten, als sie die Hauptaufgabe hat, den Verkehr zu fördern. Das schließt aber nicht aus, daß sie auch wirtschaftlich verwaltet, und der Fall, den Herr Staatsminister Dr. von Studt vorgeführt hat, ist ein solcher, wo für die Eisenbahnverwaltung die
Verpflichtung vorgelegen hat, wirtschaftlich zu sein und fiskalisch zu
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:
erscheinen. Die Staatseisenbahnverwaltung hat das Gelände vor dem
Potsdamer Bahnhof vor zwei Jahren für den Preis von 600 000 ℳ erworben; sie hat es getan, weil sie nicht wünschen konnte, daß ihr hier vor der Front des Potsdamer Bahnhofs ein gewaltiger mehr⸗ stöckiger Bau errichtet würde, und sie tat trotz der hohen Kosten gut daran, das Gelände zu erwerben, weil die Verkehrsentwicklung nicht zu übersehen und noch nicht zu erkennen ist, wie der Platz einmal verwertet werden kann. Nachdem dieser Entschluß gefaßt war, der uns nicht leicht geworden ist und auch dem Finanz⸗ minister nicht, mußte erwogen werden, ob wir dieses Kapital völlig zinslos liegen lassen sollten. Da hat man daran gedacht, diesen Platz mit einem nur einstöckigen Hause, welches sich den architektonischen Formen der Umgebung anschlösse, zu bebauen und in dieses Haus zu ebener Erde ein Kaffee zu verlegen. Im Zusammenhange hiermit sollte der Platz vor dem Potsdamer Bahnhof in eine Gartenanlage verwandelt werden, nachdem die Reichspostverwaltung die Räume im Bahnhof, die sie dort jetzt inne hat, aufgegeben und uns übergeben hat. Wenn Herr Staatsminister von Studt von unseren Plänen Kemntnis nehmen will — ich stelle sie ihm zur Verfügung — würden vielleicht seine Bedenken beseitigt werden.
Es ist richtig, daß die Stadt Berlin unter dem Hinweis auf das Verunstaltungsgesetz Bedenken geltend gemacht hat, Bedenken, die nicht zutreffen, da es sich keineswegs um eine gröbliche Verunstaltung, son⸗ dern nach Ansicht der mich beratenden Architekten und Künstler um eine Verschönerung handeln wird. Ich habe seinerzeit ausgesprochen, daß ich nicht dazu zu gewinnen wäre, an solcher Stelle — ich habe sie eine prominente Stelle genannt — eine Verunstaltung vor⸗ nehmen zu lassen, und an dieser Auffassung halte ich heute noch fest. Die ganze Angelegenheit ist noch nicht ab⸗ geschlossen, es wird noch mit der Stadt Berlin verhandelt. Ich hoffe, daß sie in einer Weise ihre Lösung finden wird, daß alle Bedenken dagegen schwinden.
Was den ferner ausgesprochenen Wunsch betrifft, daß ich mich für eine anderweite Regelung der Orthographie der Städtenamen interessieren möchte, die mit C und mit K anfangen, so ist schon hervorgehoben, daß diese Angelegenheit nicht zu meinem Ressort ge⸗ hört, sondern zu dem Ressort des Ministeriums des Innern. Aber ich möchte doch der Meinung Ausdruck geben, nachdem nun einmal diese Frage entschieden worden ist, und die einen Städtenamen mit C und die andern mit K geschrieben werden, und diese Schreibweise sich eingebürgert hat, sollte man auch nicht mehr daran rühren. Es bestand eine Unsicherheit, während heute zweifellos eine Sicherheit in der Schreibung besteht. Ich meine, man könnte sich mit dem Be⸗ stehenden recht wohl abfinden. (Sehr richtig!)
Herr Graf zu Hoensbroech: Bereits 1910 hat die Landwirt⸗ schaftskammer der Provinz Sachsen sich darüber beschwert, daß ein Verbot des Abrufens der Station in den Wartesälen bei kleinen Stationen erlassen ist. Diese Beschwerde wurde von der Direktion abschlägig beschieden. In der Rheinprovinz wurde eine ähnliche Be⸗ schwerde erhoben, die Direktion Cöln hat ebenfalls diese Beschwerde abschlägig beschieden. In den kleinen Stationen sind die Bahnsteige oft nicht mit Schutzdächern gegen Wind und Wetter versehen, und da ist es besonders für die älteren schwerhörenden Reisenden und Damen eine große Belästigung, wenn sie in die Lage versetzt werden, daß sie vorzeitig in Wind und Wetter auf den Zug warten müssen. Man erblickt darin eine Zurücksetzung der ländlichen Gegenden. Wer die Verhältnisse kennt, muß sich sagen, daß es für das Dienstpersonal keine Erschwernis bedeutet, wenn sie den Zug abrufen. Ich bitte
die Eisenbahnverwaltung recht dringend, daß diese Verfügung allgemein zurückgenommen wird. In dem Bezirk Hannover desteht sie über⸗
haupt nicht.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach
Meine Herren! Die Sachlage ist die, daß auf allen großen Stationen abgerufen wird und abgerufen werden muß, weil die Orientierung auf diesen für das Publikum schwer ist. Auf kleineren und mittleren Stationen soll nur nach Bedarf abgerufen werden. Wir haben seinerzeit geglaubt, eine solche Anordnung treffen zu können, weil wir den Wunsch hatten, daß sich das Publikum, wi auch in anderen Ländern, in dieser Beziehung selbständiger und von den Angestellten der Verwaltung unabhängiger mache. Es ist aber die Weisung an die Direktionen ergangen, daß da, wo ein Bedürfnis vorliegt, trotz alledem abgerufen werden solle. Sollten die Direktionen diese Weisung zu strikte auslegen, so muß eben abgeholfen werden, und ich bin bereit, für Abhilfe zu sorgen, sobald mir solche Fälle bekannt gegeben werden. Die einmal getroffene grundsätzliche Regelung
wieder zu beseitigen, habe ich doch Bedenken, weil sich bei der über⸗
wiegenden Mehrzahl der Stationen das heutige Verfahren durchaus bewährt hat.
Herr Graf von Mirbach: Ich habe geglaubt, der Justizetat
würde die Sitzung ausfüllen, ich habe das Material für diesen Etat
nicht zur Hand. Ich möchte nur meine volle Uebereinstimmung mit dem Berichterstatter über die Relation der tseeeͤca4h1 zu den allgemeinen Ausgaben und zu den Steuern zum Ausdruck bringen.
Herr Graf von Hutten⸗Czapski: Wäre es nicht richtiger, eine durchlaufende Stundenzahl bei den Kursbüchern durchzuführen? Es läßt sich dann leichter übersehen, ob ein Zug Vormittags oder Nachmittags fährt. Der Minister sollte dahin wirken, daß das Reichs⸗ kursbuch zu den Zeitpunkten, an denen durchgreifende Aenderungen statt⸗ finden, früher veröffentlicht wird. Das letzte Sommerkursbuch ist erst am 8. Mai herausgekommen. Für die Zusage des Ministers über den Abruf der Züge in kleinen Stationen bin ich dankbar, ebenso dafür, daß er für eine Aenderung der Schreibweise der Ortsnamen nicht zu haben ist. Solche Umänderung historisch bewährter Schreibweisen ist vom Uebel.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach
Meine Herren! Die fortlaufende Numerierung in den Fahr⸗ plänen, für den Kalendertag die Durchzählung von 1 bis 24 ist wohl erwogen, aber irgendwelche Entschließungen sind noch nicht gefaßt; von unseren großen Nachbarstaaten hat Frankreich das System akzeptiert; in Rußland schweben noch Erwägungen darüber. Unsere Fahrplantechniker sind bedenklich. Sie fürchten, daß, wenn die Eisen⸗ bahnen sich entschließen, ihre Fahrpläne in der Zahlenreihe von 1 bis 24 aufzustellen, sich Schwierigkeiten dann ergeben werden, wenn das gesamte bürgerliche Leben nicht folgt. Und hierüber wissen wir heute noch garnichts.
Was die Ausgabe des Reichskursbuches betrifft, so steht mir ja ein Einfluß darauf nicht zu, da das Reichskursbuch vom Reichspostamt herausgegeben wird; aber ich darf doch feststellen, daß das Reichs⸗ kursbuch nach unseren Erfahrungen zwei Tage vor dem betreffenden Ausgabetage erscheint. (Widerspruch.) Wir sind jedenfalls immer zwei Tage vor dem betreffenden Ausgabetage im Besitz desselben.
Schluß in der Dritten Beilage.)
zum Deutschen Reichsanzeiger
K 120.
(Schluß aus der Zweiten Beilage.)
Herr Fürst 3zu Innhausen und Knyphausen weist auf
Uebelstän de im Verkehr mit Aurich hin.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:
Ich hatte gehofft, daß der Fürst von Knyphausen anerkennen würde, daß die Staatseisenbahnverwaltung in den letzten Jahren für die Verbesserung des Fahrplans in Ostfriesland recht viel getan hat. Insbesondere ist gerade der Fahrplan im Verkehr mit Aurich sehr wesentlich verbessert worden. Auf eine gleichartige Anfrage im Ab⸗ geordnetenhause habe ich bereits mitgeteilt, daß die elektrischen Trieb⸗ wagen, die heute den Verkehr dort versehen, nur provisorisch dort untergebracht sind, weil die neuen Wagen nicht rechtzeitig fertiggestellt werden konnten. Es werden demnächst moderne elektrische Triebwagen
dort erscheinen, und ich hoffe, daß sie allen Ansprüchen genügen werden. Herr Graf von der Recke bittet, bei Süßfischsendungen von ein bis vier Fässern eine Tarifermäßigung eintreten zu lassen.
Herr Graf von Korff beschwert sich darüber, daß die Wagen der D⸗Züge nicht hinreichend beleuchtet werden.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenba ch:
Bis vor wenigen Jahren bestand die Bestimmung, daß unsere Züge beim Passieren von Tunneln zu beleuchten wären, wenn der Zug im Tunnel mehr als zwei Minuten verbleibt. Diese Bestimmung ist seit etwa drei Jahren dahin abgeändert worden, daß die Züge zu beleuchten sind, wenn die Fahrt durch den Tunnel mehr als eine Minute in Anspruch nimmt; für die D⸗Züge besteht die Be⸗ stimmung, daß sie, wenn völlig Verdunklung eintritt, sämtlich zu be⸗ leuchten sind. Ueber diese Bestimmungen hinauszugehen scheint mir kein Bedürfnis vorzuliegen, es würde auch recht kostspielig sein, es scheint aber nach den Ausführungen des Herrn Grafen von Korff, daß auf einigen Strecken nicht den Bestimmungen entsprechend verfahren wird, und da müßte dann nachgeholfen werden.
Was den Wunsch des Herrn Grafen von der Recke betrifft, für die Beförderung von Süßwasserfischen Tarifermäßigungen zu gewähren, so tritt diese Frage zum ersten Male an mich heran; ich will sie einer Prüfung unterziehen.
err Graf von Seidlitz⸗ S8 5 vwied efrr⸗ Cel mit der Gid en8 Sc Nüa as Füce onöchte
möglichst schonend vorzugehen. Sobald man die II. Klasse mitführt, kann man auch die I. Klasse mitführen. Die bisherige Führung der
I. Klasse hat die Wirtschaftlichkeit der Eisenbahnen nicht beeinträchtigt.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenba ch:
Meine Herren! Wir haben durchaus nicht die Absicht, an der Klasseneinteilung der preußischen Staatseisenbahnen eine Aenderung vorzunehmen. Ich habe aber den dringenden Wunsch, daß die Zahl der Klassen in den einzelnen Zügen nicht mehr als drei ist; das würde das grundsätzliche Verlangen sein. Dieser Wunsch ist durchgeführt für alle unsere Schnellzüge und für unsere Eilzüge, in diesen führen wir die erste, zweite und dritte Klasse. Für die Personenzüge ist der Wunsch nicht rein durchgeführt, Die Verwaltung ist nur bestrebt, die Personenzüge auf die 2. bis 4. Klasse zu beschränken. Die gleichmäßige Durchführung ist nicht möglich, weil eben Verhältnisse vorliegen, wie sie der Graf Seydlitz soeben geschildert hat. Die Beseitigung der ersten Klasse in den Personenzügen soll mit Vorsicht erfolgen, wir müssen aber die Be⸗ seitigung wünschen, weil es in hohem Maße unwirtschaftlich ist, sie in den Personenzügen zu führen, da sie ganz ungenügend ausgenützt wird. Die Strecken, auf denen ein Bedürfnis vorliegt, die erste Klasse in den Personenzügen zu führen, sind der Verwaltung im großen und ganzen bekannt. Stellt sich an dieser oder jener Stelle des Eisenbahnbereichs heraus, daß sich Härten bei der Beseitigung er⸗ geben haben, ist fast regelmäßig abgeholfen worden, und soll es auch für die Folge geschehen.
Herr Dr. von Böttinger: Ich bitte den Minister, die Frage in Erwägung zu ziehen, ob nicht im Sommer auf den Eisen⸗ bahnen die Uhr um eine Stunde vorgerückt werden kann, wie man es in England beabsichtigt. Dann möchte ich anheimstellen, dafür zu sorgen, daß die Kursbücher auf den Bahnhöfen leichter zu er⸗ langen sind.
„Herr Dr. Waldeyer: Ich möchte eine Oertlichkeit zur Sprache bringen, welche man heute Abort nennt, oder auch Toilette. Man hat es für gut befunden, die Abteilungen nach Geschlechtern zu trennen und die Abteilungen für Männer zu teilen, je nach ihren Bedürfnissen. Ein Mann mit einem Winterüberzieher kann nicht durch die Tür, ohne ihn abzulegen. Das ist nicht hygienisch. In England und Amerika sind die betreffenden 11 wenigstens geräumig, sodaß man sich da anstandslos bewegen kann. Unsere deutschen Eisenbahnen sollten den anderen Eisenbahnen darin gleichstehen. Verfehlt sind die Spucknäpfe auf dem Boden. Wenn der Zug schüttelt, ist es sehr schwer da hineinzutreffen. Es wäre richtiger, sich darauf zu beschränken: nicht hinspucken. Die meisten Menschen bedienen sich dazu ohnehin ihres Taschentuches.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach: Meine Herren! Die Anregung des Herrn Waldeyer wegen
anderweiter Einrichtung der verschwiegenen Räume in den Zügen will ich prüfen. Ob aber der vorgeschlagene Weg der richtige ist, ist mir
zweifelhaft. Die Zweiteilung ist gerade aus hygienischen und aus Sauberkeitsrücksichten eingeführt worden. Ob sich der Wunsch, etwas mehr Raum zu haben, mit unseren Absichten, hygienisch zu wirken und die Sauberkeit zu fördern, deckt, wird bestritten werden können.
Was den weiteren Wunsch betrifft, die Spucknäpfe zu beseitigen, so ist seit geraumer Zeit eine derartige Anordnung gegeben, und so⸗ bald die Wagen in die Werkstätten kommen, werden die Näpfe be⸗ seitigt. 1 —
Herr Körte dankt der Verwaltung für die Parkanlagen auf
dem Königsberger Bahnhof.
Der Eisenbahnetat wird darauf genehmigt. Zum Etat der Bauverwaltung hat die Finanz⸗ kommission sich der Resolution des Abgeordnetenhauses an⸗
geschlossen:
Berlin, Montag, den 20. Mai
8
„die Staatsregierung zu ersuchen I. den Entwurf für den Neubau eines Königlichen Opern⸗ hauses in Berlin unter Benutzung der bisher geschafften Unterlagen sowie unter Hinzuziehung weiterer Kreise der deutschen Künstlerschaft aufzustellen und dabei auch das An⸗ erbieten des Bundes deutscher Architekten vom 20. April d. J. zu berücksichtigen; dabei die amtlichen Programmskizzen als Grundlage dienen zu lassen, es den Künstlern jedoch freizustellen, von dieser Programmskizze abzuweichen, soweit das ihnen zweckmäßig oder aus künstlerischen Gründen nfthg erscheint; III. die Entwurfsskizzen von der Königlichen Akademie des Bau⸗ wesens begutachten zu lassen.“ Das Haus schließt sich diesem Vorschlage an. Bei dem Etat des Finanzministeriums bespricht Herr von Batoeki⸗Friebe die steigende Last der Kom⸗ munalabgaben. Der Finanzminister habe anerkannt, daß diese hohen Abgaben die Abwanderung in günstiger gestellte Orte begünstigen. Kommunale Leistungen und kommunale Belastungen ständen viel⸗ fach in einem umgekehrten Verhältnis. Es sei notwendig, daß hierüber eine Denkschrift als Unterlage für eine künftige Gesetz⸗ gebung ausgearbeitet werde. Der Rat zur Svparsamkeit allein könne nicht die Kommunen zum Ziele führen. Die Konkurrenz zwinge auch ärmere Gemeinden zu gewissen Ausgaben. Den wohlhabenden, aufstrebenden Kommunen aber Beschränkungen in ihrer Entwicklung aufzuerlegen, sei unmöglich. Durch neue Steuerquellen würde auch die Differenzierung zwischen ärmeren und reicheren Gemeinden nicht ausgeglichen, sondern eher noch verschärft werden. Ebenso⸗ wenig sei von der Einführung der Besoldungskassen für die Schulen zu erwarten oder von einer Erhöhung der Provinzialdotationen, die den Kampf einer Provinz gegen die andere zur Folge haben würden. Völlig verfehlt würde eine Differenzierung zwischen dem Westen und dem Osten oder zwischen Stadt und Land sein. Die Belastung der großen Städte sei ebenso schlimm, wie die der kleinen. Eine Reform müsse deshalb alle Gemeinden gleichmäßig berücksichtigen. Die Ge⸗ währung staatlicher Zuschüsse könne die Gemeinden unter Umständen in ihrer Selbständigkeit beschränken. Deshalb sei eine Lösung der Frage auf anderem Wege zu suchen. Die Moderni⸗ sierung des Verwaltungswesens müsse auch in einem Ausbau der Selbstverwaltung bestehen. Dazu müßten aber die Abgabenverhältnisse einigermaßen befriedigend geregelt sein. Er schlage vor, analog der Regelung bei der Verteilung der Lasten für die Invalidenversicherung einen Teil der Einkommensteuer⸗ zuschläge nicht in die einzelnen Kassen fließen zu lassen, sondern in einen Ausgleichsfonds, aus dem die Gemeinden, Kreise usw., die bedürftig sind, einen Anteil erhalten. Jedenfalls verdiene dieser Vor⸗ schlag eine Prüfung. Wenn die Kommunalfinanzen leiden, so müssen auch die Staatsfinanzen leiden. Der Staat habe deshalb alle Ursache, die Sache nicht dilatorisch zu behandeln und recht bald eine Denkschrift darüber vorzulegen. Das würde dem Minister als früherem Kommunalpraktiker nicht schwer sein.
Finanzminister Dr. Lentze:
Meine Herren! Es unterliegt keinem Zweifel, daß die zu⸗ nehmende Belastung und der zunehmende Steuerdruck in den Kom⸗ munen der allergrößten Aufmerksamkeit der Königlichen Staats⸗ regierung bedarf. Als seinerzeit unter Miquel die Steuerreform durchgeführt wurde, hatte man die Hoffnung, daß man durch Ueber⸗ weisung bestimmter Steuerquellen an die Kommunen es hintanhalten könnte, die Staatseinkommensteuer für die Kommunen in stärkerem Maße dienstbar zu machen. Es wurden daher den Kommunen die Realsteuern vollständig überwiesen, die bis dahin zugleich dem Staat zugeflossen waren. Außerdem wurde es den Kommunen zur Pflicht gemacht, nach Möglichkeit indirekte Steuern einzuführen. Erst dann wurde es ihnen zugelassen, im übrigen ihren Bedarf durch Zu⸗ schläge zur Einkommensteuer zu decken. Es wurde also der Autonomie der Gemelnden überlassen, durch Einführung besonderer Steuerordnungen, die sich gerade für kommunale Zwecke eigneten, sich ihre Einnahmen zu verschaffen. Es hat sich aber leider im Laufe der Jahre heraus⸗ gestellt, daß alle diese Maßnahmen nicht ausgereicht haben, bei manchen Kommunen ein ungewöhnliches Anschwellen der Steuerlasten zu ver⸗ hüten. Zum Teil — das will ich gern zugeben — ist dieses An⸗ schwellen durch Gesetze und Verordnungen des Staates und Reiches herbeigeführt worden, zum andern Teil haben aber die Kommunen selbst dazu mit beigetragen in dem Bestreben, aus den Kommunal⸗ verwaltungen etwas Richtiges und Ordentliches zu machen. Die Aufgaben der einzelnen Kommunen sind ja durchaus flüssige. Es gibt keine Begrenzung für Aufgaben, welche die Kommunen nicht übernehmen könnten, wenigstens auf wirtschaftlichem Gebiete. Es gibt keine Grenzen, und infolgedessen haben die Kommunen gerade in kultureller Hinsicht überall mit Aufgaben übernommen, die früher den Gemeindeverwaltungen vollständig fremd waren. Das ist aber immer so, daß nach Staatshilfe gerufen wird, wenn die Lasten größer werden, und
daß gesagt wird, der Staat muß den überbürdeten Gemeinden helfen und
ihnen die notwendigen Mittel zuwenden, damit der Steuerdruck nachläßt. Ich habe mich in der Finanzkommission hierüber näher ausgelassen und ausgeführt, daß der Staat, wenn er den Kommunen in aus⸗ giebigem Maße helfen sollte, zunächst mit seinen eigenen Finanzen rangiert sein müßte, weil er sonst außerstande ist, erheblichere Mittel zur Verfügung zu stellen. Der Weg, den der Herr Vorredner in seiner überaus beachtenswerten Studie angedeutet hat, wird eingehend bearbeitet werden. Die ganze Frage ist aber ein sehr weittragendes und schwerwiegendes Problem; denn ohne Erschließung weiterer Geld⸗ mittel ist es überhaupt nicht möglich, die Ueberlastung wieder zurück⸗ zuschrauben. Die Ausgaben sind vorhanden, und die Deckungsmittel müssen dafür auf andere Weise beschafft werden. Also daß ein Steuer⸗ druck nach einer anderen Seite hin dafür an die Stelle treten muß⸗ unterliegt keinem Zweifel. Der Herr Vorredner will ja allerdings durch Schaffung eines Ausgleichsfonds nach Maßgabe der Bestimmungen⸗ „wie sie für die Invalidenversicherung getroffen waren, eine Ver, teilung innerhalb der einzelnen Teile der Monarchie und der einzelnen Gemeinden in der Monarchie Der Weg mag gancbar sein, er soll eingehend geprüft werden, und wir müssen sehen, wie wir damit weiter kommen.
Aber in einem Punkte kann ich dem Herrn Vorredner nicht bei⸗ pflichten. Ich glaube nicht, daß diese Regulierung der Kommunal⸗ finanzen ohne eine gewisse Beschränkung der Selbstverwaltung durch⸗ führbar ist. Wenn den Kommunen aus allgemeinen Fonds, aus
Staatsfonds usw. Mittel überwiesen werden, muß dafür gesorgt
und Königlich Preußischen Staatsanzeig
herbeiführen.
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werden, daß diese Mittel nicht indirekt zu anderen Ausgaben wieder verwendet werden; daß sie direkt zu den Zwecken verwendet werden, zu denen sie bestimmt sind, unterliegt keinem Zweifel, aber indirekt kann dies sehr leicht geschehen, indem die Kommunen andere Auf⸗ gaben übernehmen, welche diese Mittel wieder verschlingen. Ohne eine gewisse Hineinmengung der Staatsregierung in die verschiedenen Verhältnisse der Kommunen läßt sich das nach meiner Auffassung nicht durchführen. Aber, wie gesagt, die Frage ist so schwierig und so weittragend, daß sie nur zu gleicher Zeit mit der Revision des ganzen Kommunalabgabengesetzes gelöst werden kann. Sie läßt sich nicht ohne weiteres als Einzelfrage erörtern, und da die Revision des Kommunalabgaben⸗ gesetzes auch in Erwägung gezogen werden muß, muß die Frage bei dieser Gelegenheit mit zur Erledigung kommen.
Ich möchte nur noch eines bemerken. Daß die Kommunalsteuern überall steigen, ist Gott sei Dank nicht der Fall. Ich habe in diesem Jahre wiederholt gelesen, daß eine Reihe von Kommunen mit ihren Steuern — und zwar zum Teil in ganz beträchtlichem Umfange — heruntergegangen sind, und ich hege den Wunsch und die Hoffnung, daß diese glückliche Periode sich weiterhin fortsetzen möge.
Herr Dr. Wilms⸗Posen: Die Erhöhung der Besoldungen für Beamte und Lehrer oder andere soziale und wirtschaftliche Fragen haben die Kommunen zu erhöhten Aufwendungen veranlaßt. Die Inangriffnahme aller dieser sozialen Aufgaben hat insofern eine Gefahr, als da ein Rückwärtsbremsen nicht möglich ist. Die Konkurrenz der Städte untereinander und die Ueber⸗ weisung einer Menge von staatlichen Aufgaben hat das Wachstum der Kommunallasten herbeigeführt. Von einer Revision des Kom⸗ munalabgabengesetzes verspreche ich mir nicht allzuviel, ich fürchte, es könnte eine reformatio in pejus sein, nach den Erfahrungen, die wir mit dem anderen Hause in dieser Frage gemacht haben. Die Kommission hat allerdings die Zuschläge zur Einkommensteuer nicht in das Gesetz hineingearbeitet. Das ist ein Glück für die Kommunen, die sonst noch mehr belastet sein würden. Die Kirchensteuerbelastung wächst auch von Jahr zu Jahr. Alle diese Lasten müssen die wohlhabenden Leute aus solchen Gemeinden weg⸗ treiben. Nicht die Höhe des Zuschlags ist das Drückende, sondern die Ungleichheit der Zuschläge in den verschiedenen Ge⸗ meinden. Vielleicht ist es möglich, nach Ablauf von drei Jahren einen Ausgleich herbeizuführen, daß die Zuschläge den Gemeinden zur Erleichterung der Armen⸗ und Schullasten uͤberwiesen würden. Im Abgeordnetenhause ist bei der Beratung der Steuernovelle ver⸗ langt worden, daß die gesamten Gebäude⸗ und Gewerbesteuern und die vollen Amortisationsquoten von der Einkommensteuer abzugs⸗ berechtigt sein sollen. Das würde zu einer großen Gefahr für die Staats⸗ und Kommunalsteuern führen. Auf hygienischem Gebiete, dem der Kanalisation, werden jetzt an die Kommunen sehr hohe An⸗ forderungen gestellt, und die Regierung ist nicht davon freizusprechen, daß sie in dieser Beziehung einen gewissen Druck ausgeübt hat. 8
Der Etat wird angenommen, ebenso die Etats der Ver⸗ waltung der direkten Steuern, der Verwaltung der Zölle und indirekten Steuern, der Lotterieverwaltung, der Königlichen Seehandlung, der Münzverwaltung, der Zuschuß zur Rente des Kronfideikommißfonds und der Staatsschuldenverwaltung.
Ueber den Etat des Herrenhauses wurde in der Finanz⸗ kommission des Herrenhauses der Angriff zur Sprache gebracht, der im Abgeordnetenhause von einem Vertreter der äußersten Linken wegen angeblicher Mißstände, die sich eingeschlichen haben sollten, vorgebracht worden war. Der Spezialbericht⸗ erstatter Herr Dr. Oehler ist beauftragt worden, diese Angriffe im Plenum zurückzuweisen. Diese Angriffe haben, wie der Berichterstatter ausführt, sich auf Grund der angestellten Untersuchungen als unbegründet, übertrieben oder falsch erwiesen. 1
Der Etat des Herrenhauses wird genehmigt, ebenso der Etat des Abgeordnetenhauses und der Etat der allgemeinen Finanzverwaltung. 8
Ueber den Etat der Handels⸗ und Gewerbeverwaltung be⸗ richtet Herr Delbrück.
Der Etat wird ohne Debatte genehmigt, ebenso der Etat der Berg⸗, Hütten⸗ und Salinenverwaltung und eine Reihe kleinerer Etats.
Ueber den Etat der landwirtschaftlichen Verwaltung be⸗ richtet Herr Graf von Zitzewitz.
Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:
Meine Herren! Ich möchte in dieser späten Stunde auf die allgemeine Frage der Moorkultur und Moorbesiedelung nicht mehr eingehen. Diese ist schon im andern Hause ausreichend meinerseits erörtert worden, und ich kann nur mit Freude konstatieren, daß die allgemeine Teilnahme, welche den Bestrebungen der Staats⸗ regierung auf diesem Gebiete zuteil geworden ist, auch in diesem Hause Anklang gefunden hat. Was den speziellen Wunsch des Herrn Berichterstatters wegen der Lebaregulierung angeht, so war ich bereits in der Budgetkommission in der Lage, die Mitteilung machen zu können, daß augenblicklich noch die Verhandlungen zur Finanzierung dieser Melioration fortgesetzt werden und daß die landwirtschaftliche Verwaltung ihrerseits alles tun wird, um die Verhandlungen zu einem guten Ende zu führen.
Der Etat wird ohne weitere Debatte genehmigt, ebenso der Etat der Domänenverwaltung.
Zum Etat der Forstverwaltung bemerkt 1 .“
Herr von Salisch: Der Unterbau von Buchen unter die von der Nonne gelichteten Kiefernbestände ist von der Staatsforst⸗ verwaltung in weitem Umfange in die Hand genommen worden, und auch sonst hat man schon viel Buchen zum Unterbau verwendet. Sch bitte aber, diese Maßnahme noch viel weiter auszudehnen, denn Be⸗ stände, die mit Buchen unterbaut sind, steigen um eine ganze Boden⸗ klasse im Wert. Den großen Gewinn an Waldesschönheit will ich nur nebenbei erwähnen.
Beim Etat der Gestütsverwaltung bemerkt
Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:
Ich hatte bereits in der Budgetkommission Gelegenheit, mit dem
Herrn Berichterstatter mich über die Frage der Vermehrung der Hengststationen zu unterhalten. Die landwirtschaftliche Verwaltung
steht im großen und ganzen selbstredend tagg Wünschen freun