Zur Arbeiterbewegung. In Frankfurt a. M. traten, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, gestern früh in sechs bis sieben Fuhrunternehmungen die Fuhrleute in den Ausstand, weil ihre von den Arbeitgebern nicht erkfüllt worden sind. Im wesentlichen handelt es sich um die Fest⸗ legung der Arbeitszeit auf zwölf Stunden und weniger, während hin⸗ sichtlich der Lohnforderungen eine friedliche Verständigung in den meisten Fällen möglich gewesen wäre oder schon erfolgt ist. Die von
dem Ausstand betroffenen Firmen halten ihre Betriebe durch Hilfs⸗ mannschaften aufrecht. (Vgl. Nr. 186 d. Bl.)
(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.)
Verdingungen.
(Die näheren Angaben tiber Verdingungen, die beim „Reichs⸗ und Staatsanzeiger“ ausliegen, können in den Wochentagen in dessen Expedition während der Dienststunden von 9—3 Uhr eingesehen werden.)
Belgien.
21. August 1912, 1 Uhr. Börse in Brüssel: Lieferung von 3000 m Samt, 1,30 m breit, 6800 m rotes und 500 m blaues Tuch, 1,40 m breit, 4000 Stück Einsätze aus Posamenterien mit Borden. 12 Lose. Eingeschriebene Angebole zum 17. August. Speziallasten⸗ heft Nr. 755 vom Bureau des adjudications in Brüssel, Rue des Augustins 15, zu beziehen.
Mannigfaltiges.
zss a. d. Ruhr, 8. August. (W. T. B.) Der Festakt im Lichthofe des Hauptverwaltungsgebäudes zur Hundertjahrfeier der Kruppschen Werke (vgl. Nr. 188 d. Bl.) wurde durch das Vorspiel zu der Oper „Rienzi“ eröffnet. Hierauf hielt Herr Krupp von Boblen und Halbach eine Ansprache, in der er zunächst Seiner Majestät dem Kaiser und König den Dank der Firma für Allerhöchstsein Erscheinen aussprach, mit freudiger Genugtuung der Anwesenheit Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Heinrich gedachte und die gesamten Festgäste willkommen hieß. Er betonte, daß durch diese Feier das neu errichtete Verwaltungsgebäude seine Weihe empfange, und schloß seine Rede ach einem Ausblick auf die Zukunft des Werks und dem Gelöbnis, dessen ferneres Gedeihen zum Besten des Gemeinwohls in Treue zu fördern, mit einem dreimaligen Hurra auf Seine Majestät. Die Versammlung erhob sich und sang die Nationalhymne, worauf Seine Majestät der Kaiser und König das Rednerpult bestieg und,
während alle Anwesenden stehen blieben, folgende Ansprache hielt: Die Geschichte des Werks, dessen hundertjähriges Bestehen wir heute feiern, ist ein Stück preußischer und deutscher Ge⸗ schichte: seine Gründung fällt in das Jahr, mit dessen Schluß für Preußen und Deutschland die Morgenröte der Befreiung von der Fremdherrschaft anbrach und die Epoche begann, die von Leipzig bis nach Versailles zur Einigung Deutschlands unter preußischer Hegemonie führte. Die ersten Jahrzehnte mühseligen Ringens, durch die das Werk hindurch mußte, fallen in die Zeit, da in Preußen unter einer freien Gewerbegesetzgebung, lebhaft gefördert und unterstützt durch Meine Vorfahren, in stiller emsiger Arbeit eine Industrie entstand, die inzwischen in hundert⸗ jähriger Entwicklung den heimischen Markt eroberte und auf dem Weltmarkt zum erfolgreichen Konkurrenten aller Kulturstaaten er⸗ wachsen ist. Die Annalen dieser politischen und wirtschaftlichen Entwicklung werden den Namen Krupp stets mit Ehren nennen. Kruppsche Geschütze haben in den preußischen Linien auf den Schlachtfeldern gedonnert, auf denen Deutsch⸗ lands Einheit vorbereitet und erkämpft wurde. Kruppsche Geschütze werden auch heute noch vom deutschen Heere und der deutschen Marine geführt, auf Kruppscher Werft erbaute Schiffe führen die deutsche Kriegsflagge, Kruppscher Stahl bewahrt Schiffe und Forts. Zahlreiche Armeen des Auslandes bedienen sich Kruppschen Kriegsmaterials. Aber die waffentechnischen Leistungen des Werks werden fast noch übertroffen durch Leistungen auf Gebieten, die der friedlichen Entwicklung der Völker dienen. Die gesamte Technik des modernen Verkehrs, die Eisenbahnräder, ⸗achsen, ⸗schienen, die Wellen des Schiffs wie des Kraftwagens beruhen heute noch auf dem Gußstahl und den genialen Konstruktionen Alfred Krupps. So ist denn auch nicht ein kriegerisches, sondern ein kulturelles Fabrikat, der Rad⸗ reifen, in der Fabrikmarke und im Familienwappen versinnbildlicht. Das Kruppsche Werk war nicht nur der erste Großbetrieb Deutsch⸗ lands, sein großer Leiter war auch der erste, der in Deutschland die sozialpolitischen Probleme erkannte und zu lösen versuchte, die aus der neuen Betriebsweise erwuchsen. Die Kranken⸗, Invaliden⸗ und Hinterbliebenenfürsorge der Firma, ihre Kon⸗ sumanstalten und Fortbildungsschulen, ihre mustergültige Wohnungs⸗ politik haben in der deutschen Großindustrie bahnbrechend gewirkt und die soziaälpolitische Gesetzgebung des Deutschen Reichs vorbereiten helfen. Was Alfred Krupp in einem langen, arbeitsreichen Leben genial ersonnen und mit eisernem Willen in die Tat umgesetzt hat, ist inzwischen Gemeingut aller und die Grund⸗ lage einer bedeutenden vaterländischen Industrie geworden, deren Entwicklung dem deutschen Können und dem deutschen Schaffens⸗ drang zur e Ehre gereicht. Aber sein Werk ist noch immer führend nicht nur auf technischem Gebiete, — die Konkurrenz hat es nur zu neuer Kraftentfaltung beflügelt — sondern auch durch die hohe Auffassung von den Pflichten des Großunternehmers gegenüber den Angehörigen des Werkes wie gegenüber der All⸗ gemeinheit. So haben die in Krieg und Frieden dem Vaterlande geleisteten Dienste für dies Werk eine besondere Siellung in Meinem Staate geschaffen und durch nunmehr drei Generationen seine Inhaber und ihre Familien zu Meinen Vorfahren und Mir in ein Verhältnis freundschaftlichen Vertrauens besetzt. Es gereicht Mir zur freudigen Genugtuung, das Werk, seine Inhaber und Angehörigen zu dem heutigen Ehrentage persönlich beglückwünschen zu können, und Ich kann das Bekenntnis der Treue zu Kaiser und Reich, das Ich soeben vernommen habe, nur mit dem Wunsche beantworten, daß es den jetzigen Leitern des Hauses gelingen möge, es weiter zu führen, treu den Traditionen des Hauses, zur Ehre des Namens Krupp, zum Ruhme unserer Industrie und zum Wohle des deutschen
Vaterlandes. 77
Theater.
Berliner Theater. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Große Rosinen. Originalposse mit Gesang und Tanz in drei Akten (5 Bildern) von R. Bernauer
nd R. Schanzer. Sonntag und folgende Tage: Große Rosinen.
Theater in der Königgrätzer Straße. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Die fünf Frank⸗ furter. “
Sonntag und folgende Tage: Die fünf Frank⸗ furter.
FLessingtheuter. Ense ablegastspiel der Direktion: — Egon Jantsch. Die Vergnügungsreise.
mit Gesang und Tanz. und folgende Die
anwalt. Sonntag
Sonnabend, Abends 8 ¼ Uhr: anwalt.
itz Leh und Fritz Le ner uf
Ver⸗
Tage:
Nenes Schauspielhaus. Sonnabend, Abends 8 ½¼ Uhr: Gastspiel Sylvester Schäffer. Der erkaufte Gatte. August Neidhart. Terzett von Octave.
Sonntag und folgende Tage: vester Schäffer. Hierauf: Ein wenig Musik.
Kurfürsten-QOper. Ensemblegastspiel Direktion F. Heltai: Sonnabend, Abends 8 Uhr: Der Tanz⸗
und
Schillertheater. Charlottenburg. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Das Konzert. Lustspiel in drei Akten von Hermann Bahr.
Sonntag und folgende Tage: Das Konzert.
Nachdem sodann Wagners „Kaisermarsch“ verklungen war, hielt der Vorsitzende des Direktoriums, Geheimer Finanzrat Hugenberg die Festrede, die in längeren Ausführungen die Entwicklung des Werks zum Inhalt hatte. Ein Huldigungsmarsch schloß die Feier. Nach dem Festakt besichtigten Seine Majestät der Kaiser, Seine Königliche Hoen der Prinz Heinrich und die hervorragendsten Ehren⸗ gäste mit den Mitgliedern der Familie Krupp die anläßlich des Jubiläums errichtete Ehrenhalle, wobei Herr Krupp von Bohlen und Halbach über die Entwicklung der Gußstahlfabrik und der Stadt Essen Erläuterungen gab. Seine Majestät der Kaiser nahm da⸗ nach an dem Frühstück im Hauptverwaltungsgebäude teil. Später fuhr Seine Majestät mit Herrn Krupp von Bohlen und Halbach und den anderen Herrschaften zu den Kolonien, wobei insbesondere der Alfredshof und die Gartenstadtkolonie Margarethenhöhe in Augenschein genommen wurden. Von da ging die Fahrt durch den Altenhof über dessen neueren Teil zum Hügel. Allenthalben wurden Seiner Majestät herzliche Kundgebungen bereitet.
Um 6 Uhr fand in der neuen großen Festhalle auf dem Hügel ein Festmahl statt, zu dem über 500 Einladungen ergangen waren. Seine Majestät der Kaiser und König führte Frau Krupp von Bohlen und Halbach zur Tafel, Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich Frau Geheimrat Krupp. Die vereinigten Kapellen des Pionierbataillons Nr. 7 und Nr. 24 empfingen Seine Majestaͤt mit einem altpreußischen Fanfarenmarsch. Bald nach Beginn des Mahles brachte Herr Krupp von Bohlen und Halbach einen Trinkspruch auf Seine Majestät aus. Seine Majestät der Kaiser und König erwiderte mit folgender Rede:
Mein lieber Krupp von Bohlen und Halbach! Bevor Ich Ihnen danke, möchte auch Ich der Trauerkunde gedenken, die an unser Ohr gedrungen ist. Es ist von dem Armeekorps der Kohle, das im Kampf mit der Erde steht, von Gefahren und Wettern umgeben, eine tapfere Schar wieder von bösen Wettern dahingerafft. Wir gedenken ihrer in Dankbarkeit, sie sind auf ihrem Felde der Ehre gefallen und werden dem Herzen der Provinz, der sie entstammen, und in der sie arbeiteten, unvergessen bleiben. Möge der Herr den Verwundeten und Leidenden beistehen und sie zur Ge⸗ sundheit zurückführen. Ich danke Ihnen herzlich für die freundlichen Worte und Wünsche, die Sie Mir gewidmet haben. Mit großer Freude bin Ich der Einladung zur Feier des 100 jährigen Bestehens der Kruppschen Werke und des 100. Geburtstages von Alfred Krupp gefolgt. An einem so bedeutungsvollen Ehren⸗ und Gedenktage durfte der Landesherr und — wenn Ich hinzufügen darf — Freund des Hauses nicht fehlen. Die beiden Säkularfeiern, die uns hier zusammengeführt haben, bilden im Rückblick auf die Geschichte des Werkes und auf das Leben Alfred Krupps recht eigentlich ein Fest und einen Triumph der Arbeit. In welchem Geiste gearbeitet werden soll, lehrt uns Alfred Krupp mit seinem am Sockel seines Denkmals verewigten Wahl⸗ spruch: „Der Zweck der Arbeit soll das Gemeinwohl sein“. An solcher Arbeit ist hier Außerordentliches geleistet von einem Friedrich Krupp, der das Fundament des Hauses gelegt, einem Alfred Krupp, der aus der kleinen Schmiedehuüͤtte das größte Eisenindustriewerk des Erdballs geschaffen, und von einem Friedrich Alfred Krupp, der den Bau erfolgreich weiter geführt hat. Mit Stolz blicken wir auf diese deutschen Männer und danken Gott dem Herrn, der sie dem Vaterlande geschenkt und ihre Arbeit gesegnet hat. Wer könnte er⸗ messen, welche Fülle von Segen im Laufe der verflossenen 100 Jahre von hier ausgegangen ist für das Gemeinwohl, für die Tausende und Abertausende von deutschen Arbeitern, für die Stadt und die Provinz, für die Industrie, für das Vaterland und die ganze Welt! Hier ist eine der Quellen für die kraftvolle nationale Aufwärtsbewegung und den Wohlstand des Vaterlandes. Was Mich aber bei Meiner Anwesenheit in Essen und auf dem Hügel stets am sympathischsten berührt hat, das ist das wahrhaft ideale Verhältnis der Krupps und ihrer Familie zur Arbeiterschaft. Ein Mann wie Alfred Krupp, der für sich selbst von früher Jugend an nur harte Arbeit bei Tag und Nacht, Entbehrungen aller Art und rücksichts⸗ lose Hingabe seiner ganzen Person, Kraft und Gesundheit an seine Lebensaufgabe gekannt hat, vergaß nie, was er den Schulter an Schulter ihm zur Seite stehenden Mitarbeitern verdankte. Wie ein wahrhafter Freund sorgte er mit warmfühlendem Herzen für sie und ihre Familien auch in Zeiten der Krankheit und des Alters. Unerschütterliches gegenseitiges Vertrauen war die Folge und der Lohn. Und für Friedrich Alfred Krupp, Meinem Mir und uns allen leider so früh entrissenen treuen Freund, ist es ein unverwelkliches Ruhmesblatt, daß er in inniger Gemeinschaft mit seiner in Werken barmherziger Nächsten⸗ liebe unermüdlichen Gattin dem väterlichen Vorbilde gefolgt und immer neue Wege gesucht und gefunden hat, das Wohl seiner Ar⸗ beiter zu fördern und ihr Weh zu lindern. Heute haben wir wieder Gelegenheit gehabt, die mustergültigen Wohlfahrtseinrichtungen in Augenschein zu nehmen und uns davon zu überzeugen, wie wohl es sich im Kruppschen Reiche auch unter der fürsorglichen Regierung Meines jüngsten Gesandten und bevollmächtigten Ministers und seiner liebenswürdigen Gattin leben läßt. Daß auch in Zukunft an dieser Tradition des Hauses nicht gerüttelt und das alle Werksangehörigen umschlingende Band gemeinsamer Arbeit und gemeinsamen Inter⸗ esses weiter gepflegt und gefestigt werden soll, das haben wir vor⸗ her aus dem Munde des jetzigen Chefs mit Freude und Befriedi⸗ gung vernommen. Ich selbst habe hier im Laufe der Jahre bei Meinen vielfachen Besuchen so manche wertvollen Eindrücke und Anregungen gewonnen für die Behandlung der großen und schwierigen Fragen der Arbeiterfürsorge, mit denen Ich Mich in Meiner nun bald 25 jährigen Regierung eingehend und — Ich denke — nicht ohne Erfolg beschäftigt habe. Es war Mir daher eine besondere Freude, dem Danke, den Ich und das Vaterland der Firma und der Familie Krupp schulde, heute durch zahlreiche Gnadenbeweise Ausdruck geben zu können. Aus vollem Herzen wiederhole Ich mündlich diesen Meinen Königlichen Dank mit dem Wunsche, daß die Familie Krupp und die Firma mit allen ihren Direktoren, Angestellten und Arbeitern auch im kommenden Jahrhundert unter dem Segen Gottes wachsen, blühen und gedeihen möge. Ich bitte Sie alle, Ihr Glas zu leeren auf Wohl des Hauses und der Werke Krupp! Hurra! Hurra!
urra!
Gegen 8 Uhr wurde die Tafel aufgehoben und die Schar der Gäste, an der Spitze Seine Majestät der Kaiser, begab sich in den an die Festhalle anstoßenden Garten, wo ein aus mehreren hundert Sängern bestehender Chor, der sich ausschließlich aus Werk⸗
Vorher: Komödie in einem Akt von Hierauf: Ein wenig Musik.
Gastsviel Syl⸗ orher: Der erkaufte Gatte.
drei Akten von Franz Wagenhoff.
m. b. H.
von Jean Gilbert.
folgende Tage: Der Tauz⸗
James
angehörigen zusammensetzte, dem Kaiser und den anderen hohen Wgeh⸗ 10 xeasonxen Hauses eine Serenade darbrachte, die großen
Beifall fand.
9. August. . von 9 Uhr ab besichtigte Seine Majestät der Kaiser und König und alle anderen auf Häügel anwesenden Festgäste die neuen Werkstätten, die Anlagen der G ußstahlfabrik und die anderen Werke der Firma Krupp. Die für heute nachmittag angesagt gewesenen Turni erfestspiele werden auf Wunsch Seiner Majestät des Kaisers mit Rücksicht auf das schwere Unglück auf der Zeche „Lothringen verschoben
Bochum, 9.August. (W. T. B.), Das Unglückauf der Zeche „Lothringen(vgl. Nr. 188 d. Bl.) ist bedeutend größer, als anfargs angenommen wurde. Amtlich wird darüber gemeldet: Gestern vormittag ereignete sich auf der Zeche „Lothringen“ 1 und 2 in Gertbe eine Schlag⸗ wekter⸗ und Kohlenstaubexplosion, der 103 Bergleute zum Opfer fielen. Ferner wurden zwei Bergarbeiter schwer und 23 leicht verletzt. — Der Minister für Handel und Gewerbe Dr. Sydow und der Oberpräsident von Westfalen Prinz von Ratibor und Corvey haben in Begleitung des Berghauptmanns die Grube besucht und im besonderen Auftrage Seiner Majestät des Kaisers der Werksvermwaltung und den Angehörigen der Verun⸗ glückten das Beileid Seiner Majestät ausgedꝛückt. — Die Ber⸗ gungsarbeiten sind insofern schwierig, als die Unglücksstelle etwa 2 km von dem Schacht entfernt liegt. Unter den Toten befinden sich die Steiger Middelmann und Paßmann. In beiden Bezirken arbeiteten etwa 120 Mann, von denen sich 30 bis 35 rechtzeitig retteten. Die Verletzten fanden Aufnahme im Krankenhaus „Bergmannsheil“. Die im besonderen Maße für den Rettungsdienst ausgebildete Mannschaft von, Hibernia' und „Shamrock“ wurde zu Hilfe gerufen und das Rettungswerk, das schon am Morgen begonnen, mit verdoppeltem Eifer weiter geführt. Zuerst waren es die „Verletzten, die man herausbrachte, aber die Zahl der Verletzten ver⸗ mehrte sich nicht mehr, sondern die der Toten wurde immer größer. In dem Bergmannsdorf Gerthe hberrschte große Aufregung. Auf dem Zechenplatz jammerten die Frauen und Kinder um ihre Er⸗ nährer, wäͤhrend die Rettungsmannschaften immer neue Leichen mit geschwärzten Gesichtern und verbrannten Körpern heraufbrachten, um sie in die schnell hergerichteten Totenkammern hineinzutragen. Un⸗ unterbrochen brachte der Förderkorb noch Leute zu Tage, die voll⸗ ständig verkohlt und wohl nur schwer zu erkennen sind. Die Menschenmassen vor der Zeche nahmen später ab, als ein heftiger Regen niederging. Der Berghauptmann, mehrere Vertreter der Bergbehörden, der Leiter der Rettungszentrale des Oberbergamtsbezirks Dortmund, Ort⸗ mann, und der von dem Bergwerksunglück in Courrières her bekannte Bergwerksdireltor Koch sind anwesend. Die Belegschaften sind gestern zur Mittagsschicht nicht angefahren. Die Ursache der Schlagwetter⸗ explosion ist vermutlich darin zu suchen, daß Gase, die in Fels⸗ spalten eingeschlossen waren, durch einen Sprengschuß wieder frei wurden und sich entzündeten. Wahrscheinlich ist die Explosion an zwei verschiedenen Stellen entstanden. Mehrere kleine Brände wurden nach verhältnismäßig kurzer Zeit gelöscht. Die ö in der Grube ist nur gering. Es steht nunmehr fest, daß 99 Tote und 25 Verletzte geborgen worden sind. Von den Verletzten sind zwei im Krankenhause „Bergmanneheil“ gestorben. 15 bis 16 Bergleute fehlen noch; doch ist es möglich, daß einige von diesen beim Beginn des Unglücks ausfuhren, ohne ihre Kontrollmarke abzugeben, sowie auch, daß sie hinter Brüchen einge⸗ schlossen sind und noch leben. 3
Seine Majestät der Kaiser und König hat zur Linderung der ersten Not für die auf der Zeche „Lothringen“ ver⸗ unglückten Bergleute 15000 ℳ bewilligt und dem Ober⸗ präsidenten der Provinz Westfalen überwiesen.
Aus Anlaß des Grubenunglücks hat Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent von Bayern an Seine Majestät den Kaiser ein Beileidstelegramm gerichtet; ferner hat er die bavyerische Gesandtschaft in Berlin telegraphisch beauftragt, der Bergwerksbevölkerung sein Beileid auszusprechen, und ihr zur Linderung der Not der vom Schicksal so hart betroffenen Familien 5000 ℳ als Spende überwiesen.
Hannover, 8. August. (W. T. B.) Der auf der Fahrt von Paris nach Berlin begriffene Flieger Brindejonc⸗des⸗ Moulinais, der um 11 Uhr Vormittags von Bonn zum Weiter⸗ fluge nach Hannover aufgestiegen ist, mußte wegen starker Gewitter⸗ böen bei Attendorf in Westfalen landen. Bei der Landung stieß der Eindecker heftig gegen einen Baum, wobei der Propeller zersplitterte und die Tragflächen stark beschädigt wurden. Der Flieger selbst blieb unverletzt. Das Flugzeug wird heute noch auseinandergenommen und nach Paris zurückgeschickt.
Konstanz, 9. August. (W. T. B.) Infolge zweitägigen heftigen Regens ist der Bodensee schnell von 430 auf 468 cm gestiegen. . “ “
Melchtal, 8. August. (W. T. B.) Das seit Sonntag ver⸗ mißte Fräulein Kübler aus Berlin ist heute abend durch eine Rettungskolonne unter der Führung eines Polizeihundes zerschmettert am Fuß der Ebnetalp aufgefunden worden.
Moreni, 9. August. (W. T. B.) Ein Bohrloch, das täglich fast hundert Waggons Petroleum liefert, ist in Brand geraten. Das Feuer hat sich auf sechs Bohrlöcher und sechs Petroleumbehälter ausgebreitet. Mehrere Menschen sind dabei getötet oder worden. Der angerichtete Sachschaden ist groß, doch sind die Bohrlöcher versichert. Sie gehören den hol⸗ ländischen Gesellschaften „Astra“ und „Van Sikle“. “
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und X“ W.“
Lustspielhaus. (Friedrichstr. 236.)“ Sonnabend, Abends 8 ¼ Uhr: Ein Königreich m. b. H. In
Sonntag und folgende Tage: Ein Königreich
Thaliathenter. (Direktion: Kren und Schönfeld.)
Sonnabend, Abends 8 Uhr: Autoliebchen. Pose mit Gesang und Tanz in drei Akten von Jean Gesangstexte von Alfred Schönfeld, Musik
Sonntag und folgende Tage: Autoliebchen.
Famiilennachrichten. Verlobt: Frl. Ella Forst mit Hrn, Hauptmann artwig von Platen (Allenstein—-Berlin, z. Zt. Ulenstein). — Pl. Ida Brecht mit Hrn. Ober⸗
1 tönigsberg).
Geboren: Eine Tochter: Hrn. Oberstleutnant von Auer (Hannover). — Hrn. Landrichter Werner von Brünneck (Berlin⸗Lankwitz). — Hrn. Haupt⸗ mann Walther Arens (Münster i. W.). — 5* Friedrich Wilhelm von Rettberg (Teistungenburg
Gefl 8 estorben: Verw. Fr. Christiane von Homexyer, geb. Borries (Murchin). — 5den ba Langermann⸗Erlencamp (Wernigerode).
Verantwortlicher Redakteur: J. V.: Weber in Berlin.
Verlag der Expedition (Heidrich) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen
(einschließlich Börsenbeilage und Warenzeichen⸗ 1 betlage Nr. 65).
Beri hte von deutschen Fruchtmärkten
— — —
Qualität
gering
mittel gut Verkaufte
Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner
Menge
niedrigster ℳ:
höchster niedrigster
höchster niedrigster höchster ℳ ℳ ℳ ℳ ℳ
Doppelzentner
Außerdem wurden am Markttage (Spalte 1) 1 nach überschläglicher Schätzung verkauft Doppelzentner (Preis unbekannt)
uu““ Am vorigen 22 1 2 öö“ Markttage
für 5 1 Doppel⸗ sch 2 zentner schnitts⸗ preis
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Bemerkungen.
zust 1912
Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswert auf volle Mark abgerundet mitgeteilt. Ein liegender Strich (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.)
1—
Weizen.
20,50 21,50 20,30 21,00 21,30 21 00 21,25 21,10 21,20 19,60 24,00 23,50 22,00
20,50 21,50 21,20 21,20 21,30 21,00 2195 21,40 21,20 20,00 24 00 23,50 22,00
20,00 — 19,30 20,40 20,80 20,00 20 50 20,60 20,20 19,00
23 00 21,50
Kernen (enthülster Spelz, Dinkel, Fesen). 24,00 24,00 24,60 24,80
Roggen. 15,50
16,90 15,70 16,00 16,20 16,00 16,50 16,60 16,25 16,25 18,40 8,7
16,90 16,90 16,00 16,40 17,50 7,50 16,80 17,00
15,20 — 16,30
16 00 16,60 16,60 16,60
16,60 19,00 17,40 16,70 18,00
16,30
15,80 16,10 16,40 16,60
16,60 18,70 17,40 16,60 18,00
16,90 15,50 15,50 16,00 16,00
111A1““
17,20 17,50 15,770 175380 16.60 V 16,70
17,00 15,50 16,30 17,20 1290 17,00 17,00 17,00 15,80 15,80 19,00 19,25
17,50 16,00 17,00 18,00 17,50 17,50
19,50
17,50 17,70
17,50
V 17,50
19,50
Hafer. 17,40
20,40 18 20 13.30 20,00
15,60 20,60 20,50 20,00
17,40 n 19,20
19,00 19 00 20,60 21,00
21 40 2150 21,00 24,08 20,00 22,40 18,00
22
——,
19,20 20,40 18,40 18 50 18,50 18,80 20,40 20,60
— 21,00 15,60
20,60 21,40 21,00 21 00 20,00 21,00
— 24 00 19,90 22 40 18 00 22,00
16,50 17,50 8 19,00
17,50 19,00
aiserliches Statistisches Amt.
8* 1
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗
maßregeln. 3
Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten.
(Aus den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ Nr. 32 vom 7. August 1912.) 8 Oesterreich. In Triest ist auf einem am 4. Juli aus Klein⸗
asien auf dem Wege über Port Said und Alexandrien eingetroffenen
Dampfer des Oesterreichischen Lloyd etwa am 21. Juli em Matrose
an Pest erkrankt; er wurde in das Spital für Infektionskrankheiten
geschafft. Bei der Reinigung und Desinfektion des Dampfers wurden viele an Pest verendete Ratten gefunden.
Aegypten. Es erkrankten vom 13. bis 19. Juli 5 Personen, davon 2 in Port Said und je 1 in Alexandrien. Etsa und Minich, ferner erkrankten (und starben) vom 20 bis 26. Juli 7 (1), davon 4 (—) in Abu Kerkas, 1 (1) in Port Said und je 1 (—) in Alexandrien und Zagazig. 1
Alerien. In Le Ruisseau ist am 17. Juli auch der 6. Pei kra ke gestorben, neue Erkrankungen sind zufolge Mitteilung vom 95. Juli dort nicht festgestellt worden.
8 Pyilippinen. In Manila wurde am 26. Juli ein zweiter
Todesfall an Beulenpest gemeldet.
China. In Packhoi sind seit Mitte Juni Pestfälle nicht mehr
bekannt geworden; Anfang Juli galt die Seuche, welche diesmal im ganzen einige 50 Opfer gefordert hat, für erloschen.
In Amoy sind vom 30. Juni bis 6. Juli 22 Chinesen der Pest erlegen; die Zahl der Pesttodesfälle in dieser Stadt im Juni wird auf 78 angegeben.
„ Britisch Ostafrika. Zufolge Mitteilung vom 22. Juni d. J. ist in Kisumu die Pest ausgebrochen.
Cuba. In Havpana ist zufolge Mitteilung vom 15. Juli ein zweiter Pestfall festgestellt worden.
Porto Rico. In San Juan wurden am 13. Juli 2 Er⸗ krankungen, in Dorado am 15. Juli 1 Erkrankung und 1 Todessall festgestellt.
Westi ndien. Wie in Porto Rico sind zufolge Mitteilung vom 8. Juli auch in Curaçgao und La Guayra Pestfälle be⸗ obachtet worden.
Cholera.
Oesterreich⸗U ngarn. In einer Gemeinde des südöstlich von Budapest an der Theiß gelegenen ungarischen Komitats Csongrad ist am 17. Juli ein Tagelöhner, wie baktertologisch festgestellt wurde, an Cholera erkrankt; er ist am 22. Juli gestorben. Die Ursache der Erkrankung konnte nicht ermittelt werden.
Rußland. In Astrachan ist am 11. Juli im städtischen Krankenhaus ein neuer Cholerafall bei einer ortsansässigen Person festgestellt worden.
“
betrug 19.
Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.
in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt 8 8 W“ “ 8
8 Britisch Ostindien. Aus Moulmein wurden vom 26. Mai bis 22. Juni 11 Choleratodesfälle gemeldet.
China. In Amoy sind vom 30. Juni bis 6. Juli 8 Chinesen an der Cholera gestorben; die Zahl der Choleratodesfälle im Juni
Gelbfieber.
Es gelangten zur Anzeige in:
Mexiko. Am 14. Juli in San Juan Bautista 3 Er⸗ krankungen;
1 Venezuela. Am 1. Juni in Macuto und am 17. Juni in Maiquetia je 1 Erkrankung und 1 Todesfall;
Chile. Nom 1. bis 16. Mai im Bezirke Toco 62 Er⸗
krankungen (17 Todesfälle) und in Tocopilla 237 (85).
Pocken.
Oesterreich. Vom 21. bis 27. Juli 2 Erkrankungen in Prag. „Britisch Ostindien. In Moulmein sind vom 26. Mai bis 15. Juni 13 Personen an den Pocken gestorben.
China Die Pockenepidemie in Hoihow und Umgegend hat seit Mitte Juni nachgelassen und soll zufolge Mitteilung vom 2. Juli schon erloschen sein.
Fleckfieber.
Oesterreich. Vom 21. bis 27. Juli 45 Erkrankungen in Galizien. 8