Poraussetzung, daß der Finanzminister nicht doch noch eine kleine Reservatio gemacht hat, die vielleicht in den Worten gefunden werden konnte, die Finanzverwaltung behalte sich vor, zu prüfen, ob das, was gefordert werde, auch den Bedürfnissen entspreche. Die Unterlassungs⸗ fünden der Vergangenheit mögen auf sich beruhen. Was wir erneut verlangen müssen, ist eine Vermehrung des rollenden Materials, sowie eine Vermehrung der Beamten. Mit einer Vermehrung um 4 % kann selbstverständlich, wenn wir es mit einer Steigerung des Ver⸗ kehrs bis zu 27 % zu tun haben, auch nicht annähernd dem Bedürf⸗ nis genügt werden. Es ist ja von der Eisenbahnverwaltung gesagt worden, sie könne sich nicht auf ganz außergewöhnliche Verhältnisse einrichten. Das verlangen wir auch nicht. Jedenfalls muß sie ihre Einrichtungen den Forderungen des wirtschaftlichen Lebens besser an⸗ passen. Eine viel stärkere und regelmäßigere Vermehrung ist wohl möglich. Nach und nach hat die Eisenbahnverwaltung selbst ein⸗ gesehen, daß es so nicht weiter gehen könne. Es erscheint mir die Frage wohl erwägenswert, ob nicht eine jährliche Mindestvermehrung festgelegt werden kann, die nicht zu gering bemessen werden darf, wenn nicht schwere Uebelstände kommen sollen. Niemand verlangt, daß die Eisenbahnverwaltung ihren Apparat auf die allerumfangreichste Ent⸗ wicklung unseres wirtschaftlichen Lebens einrichtet, sie kann nur be⸗ müht sein, sich dem wirtschaftlichen Bedürfnis, wie sie es vorauszusehen vermag, anzupassen. Hier liegt ein wesentlicher grundsätzlicher Unter⸗ schied zwischen staatlichen und privaten Unternehmungen. Der Privat⸗ unternehmer entscheidet nach seinem eigenen Ermessen, ob er seinen Betrieb erweitern, mehr Kapital hineinstecken will. Die staatliche Eisenbahnverwaltung dagegen hat nicht zu erwägen, ob sie Erweite⸗ rungen vornehmen will, sondern sie hat den tatsächlichen Umfang des Verkehrs ins Auge zu fassen, entsprechend seinem Umfange ihre Einrichtungen zu gestalten und das Kapital zu bemessen, das sie in ihre Anlagen hineinsteckt. Dieses Kapital steht ihr aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung, das ist auch ein Unterschied gegenüber dem Privatkapital. Zu verlangen ist, daß die Eisenbahnverwaltung jeder⸗ zeit im Auge behält, ob die vorhandenen Einrichtungen mit den Be⸗ dürfnissen des Verkehrs im Einklang stehen. Sie muß dafür sorgen, daß das rollende Material gleichmäßig und lediglich nach dem Bedürf⸗ nis beschafft wird. Wenn für das nächste Jahr eine Vermehrung des rollenden Materials um 7 %0 vorgesehen ist, so ist das eine Ziffer, über die sich reden läßt. Die Eisenbahnverwaltung hat vor allen Dingen dafür zu sorgen, daß der technische Apparat ausreicht. Die Anzahl der Wagen und Lokomotiven reicht aber nicht aus. Es liegt mir eine Tabelle vor, aus der hervorgeht, daß auf den preußischen Staatsbahnen die Zunahme der Eisenbahnanlagen 20 ℳ% beträgt, während die Zunahme der zu bewältigenden Gütermengen 63 — 70 % beträgt. Ich frage den Herrn Minister, ob nicht angesichts der vielfachen Warnungen eine Erweiterung der Anlagen hätte ins Auge gefaßt werden können. Hier drohen uns schwere Gefahren. Man darf nicht alle diese Beschwerden auf die Wünsche aus Interessenten⸗ kreisen zurückführen, wie dies auch heute wieder geschehen ist. Es muß bedauert werden, daß die Durchführung des Bauprogramms nicht in, beschleunigterem Tempo geschehen ist. Ob daran der Finanz⸗ mihister schuld ist? Es muß jetzt ein Blick auf die Zukunft ge⸗ richtet werden. rlangen die größtmögliche Beschleunigung im Ausbau der Bahnhöfe sowie eine Vermehrung der Gleise, Trennung des Güter⸗ und Personenverkehrs, auf den Bahnhöfen und auf der Strecke, Vorhaltung eines ausreichenden Materials, Vermehrung des rollenden Materials, daneben Vermehrung der Hauptbahnlinien, ver⸗ mehrte Verwendung von 40 Tonnenwagen. Auch die Eisenbahn⸗ statistik sollte etwas mehr beschleunigt werden, damit man sich rascher über die Bedürfnisse des Verkehrs informieren kann. Dies alles be⸗ dingt natürlich größere Aufwendungen. Aber man muß auch auf der anderen Seite bedenken, welche Ausfälle für das Nationalvermögen und für das gesamte Erwerbsvermögen durch diese Verkehrsstockungen entstehen. se i ihrer Steuerkraft beeinträchtigt werden. Namentlich auch die Arbeiter haben empfindlich unter dem Wagenmangel zu leiden. Die großen Einnahmen, die der Minister selbst angeführt hat, sind übrigens ge⸗ rignet, über die Bedenken hinsichtlich des Kostenpunktes hinwegzu⸗ helfen; ganz besonders in denjenigen Bezirken, die in der Hauptsache die großen Einnahmen aufbringen, muß auch das geschehen, was für ihre Verkehrsinteressen durchaus erforderlich ist. Es muß der er⸗ werbstätigen Bepölkerung nicht erschwert, sondern erleichtert werden, die auferlegten Lasten zu tragen. Ich hoffe, daß die Parteien bei der Beratung des Wassergesetzes auch alles das halten, was sie jetzt versprochen haben.
Abg. Dr. Pachnicke (fortschr. Volksp.): Im vorigen Herbst glaubte man, daß der Wagenmangel seinen Höhepunkt erreicht habe. Aber jetzt ist der Uebelstand noch größer. Er macht sich sowohl bei den Produzenten, als auch bei den Konsumenten fühlbar, und nicht zuletzt bei den Arbeitern. Stellen Sie sich einmal vor, daß die internationale Krisis sich verschärft, daß sie zu Erschütterungen führt, auch außerhalb des Balkans, das könnte doch geradezu katastrophal werden. Dieser Umstand sollte doch eine ganz besondere Mahnung für die Eisenbahnverwaltung sein. Der Eisenbahnminister wollte diese Uebelstände auf das Ruhrgebiet beschränkt erscheinen lassen. Aber auch in anderen Gebieten herrscht großer Wagenmangel. Ich verweise insbesondere auf das mitteldeutsche Braunkohlenrevier. Der Minister sagt, daß beteiligte Körperschaften der Eisenbahnverwaltung ihr besonderes Vertrauen ausgesprochen hätten; aber es gibt noch viel mehr Körperschaften, welche mit der Eisenbahnverwaltung nicht zufrieden sind. Die vereinigten Handelskammern des nieder⸗ rheinisch⸗westfälischen Industriegebiets erheben laut Klage darüber, daß die Vermehrung des rollenden Materials mit der tat⸗ sächlichen Entwicklung des Verkehrs nicht gleichen Schritt gehalten habe. Sie fordern einen beschleunigten Ausbau des Eisenbahnnetzes und der Bahnhofbauten sowie eine Vergrößerung des Wagenparks. Mußte man nicht mit einer solchen Verkehrserhöhung auch in diesem Jahre rechnen, nachdem seit dem Jahre 1909 ein so flottes Tempo in der Wirtschaftspolitik eingeschlagen war? Die Verwaltung kann sich in diesem Jahre nicht darauf berufen, daß höhere Gewalten im Spiele waren. Es ist kein Wassermangel im Sommer und Herbst gewesen. Kein Frühfrost ist eingetreten, da mußte man von vornherein höhere Betriebsziffern in Anrechnung bringen. Nach dem Abg. von Zedlitz soll dieser Aufschwung des Ver⸗ kehrs mit der Zollpolitik zusammenhängen. So einfach ist es aber doch nicht. Man muß die elementaren Ursachen in Betracht ziehen, welche unserer ganzen wirtschaftlichen Entwicklung zugrunde liegen. Einen Lolchen Aufschwung haben wir auch in der Aera Caprivi gehabt, der Abg. Schmedding rühmt bei dieser Gelegenheit noch be⸗ Jonders das Staatsbahnsystem. Aber es hat seine Vorteile und Schattenseiten. Eine Schattenseite ist, daß dieses Staatsbahn⸗ system nicht diejenige Elastizität besitzt, um den Wendungen des Ver⸗ kehrs rechtzeitig und nach allen Richtungen hin zu folgen. Der Privatbetrieb hat eine größere Anpassungsfähigkeit. Bei dem riesigen Umfang und der Schwerfälligkeit des Apparats des preußisch⸗hessischen Eisenbahnunternehmens haben die leitenden Geister ihre besondere Aufmerksamkeit und Energie aufzuwenden, um solchen Verkehrs⸗ stockungen vorzubeugen. Und da bleiben, wenn ich nach der wirk⸗ lichen Ursache suche, zwei Dinge übrig. Es kann der Wagen⸗ park, wenn er Jahr für Jahr versagt hat, nicht vollkommen aus⸗ reichend gewesen sein. Wie die Industrie die Dinge beurteilt, ersieht man aus den einzelnen Geschäftsberichten der Waggonfabriken. In einem heißt es, daß der Geschäftsumsatz im Jahre 1907/08 von 10 370 000 ℳ auf 7,8 Millionen Mark im Jahre 1910 zurück⸗ gegangen ist. Dieser Rückgang ist auf die Einschränkung der Be⸗ stellungen der Königlich preußischen Staatseisenbahnverwaltung zurückzuführen, und weil sie so ungleichmäßig erfolgen. Schon im Herrenhause ist von sehr hervorragender Seite darauf hingewiesen worden. Es sind allerdings auch Bahnhöfe nicht überall recht⸗ zeitig umgebaut worden. Dann sind zweite, dritte und vierte Gleise nicht überall rechtzeitig gelegt worden. Auch haben sich Bahnhöse sofort nach der Inbetriebsetzung als unzureichend berausgestellt. Hier hat die Verwaltung nicht richtig gesehen, wie sie uns selbst eingesteht. Eine Aufwendung größerer Mittel wird nicht zu umgehen sein, und da möchte ich den Ausgleichfonds der Be⸗ achtung des Ministers empfehlen. Dieser ist so glänzend dotiert
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Man muß auch bedenken, wie die betreffenden Kreise in
worden, daß die Erwartung des Hauses überstiegen wird, vielleicht aber nicht so sehr die der Verwaltung, da sie wußte, daß sie viel zu niedrige Steigerungsziffern eingestellt hatte. Der Ausgleichfonds wird auch in diesem Jahre einen starken Zuwachs erfahren. Er ist ja auch dazu da, in Zeiten der Not dem Verkehr zu dienen. Es wäre auch zu empfehlen, daß die Beiräte, die der Verwaltung als Sachkundige zur Seite stehen, bei Einzelfragen herangezogen werden. Die Er⸗ öffnung der Wasserstraßen muß so bald wie möglich erfolgen. Das hätte schon längst geschehen können, wenn die konservative Partei sich nicht dagegen gesträubt hätte.
Abg. Ströbel (Soz.): Der Minister ist in dem letzten Jahre genug darauf aufmerksam gemacht worden, daß bei der Kon⸗ junktur in diesem Jahre der Verkehr einen sehr großen Umfang an⸗ nehmen würde. Der Wagenmangel im Ruhrgebiet und in Ober⸗ schlesien war im porigen Herbst weit größer als 1906, und in diesem Jahre ist er noch viel stärker als vor Jahresfrist. Auch rechts⸗ rheinisch ist ein kolossaler Wagenmangel eingetreten; nach der „Rheinisch⸗Westfälischen Zeitung“ haben in der Zeit vom 15. bis 22. Oktober im Ruhrgebiet 43 665 Wagen gefehlt. Die Sperre ist erst am 26. Oktober verfügt worden. Der Verein für die berabau⸗ lichen Interessen im Bezirk Dortmund teilt mit, daß vom Juli bis Oktober annähernd 205 000 Wagen gefehlt haben. Für den Wagen⸗ mangel von 1911 ist übrigens die Wasserkalamität durchaus nicht ver⸗ antwortlich zu machen gewesen. Allein im September 1912 hat die Steinkohlenproduktion 14,1 Mill. Tonnen betragen gegenüber 13,6 im Vorjahre. Selbstverständlich wächst bei solcher Steigerung auch der Wagenbedarf. Dieser unzureichenden Leistung der Eisenbahnver⸗ waltung steht das enorme Steigen der Einnahmen gegenüber. Nach dem Voranschlag für 1912 beträgt der Nettoüberschuß 284 Millionen, wovon 57 ½ Millionen in den Ausgleichfonds fließen. Dieser Rein⸗ überschuß wird aber außerordentlich viel größer sein, das ergibt sich schon aus den tatsächlichen Ziffern für 1911 und 1910, wo der Aus⸗ gleichkonds ganz unverhältnismäßig hoch gegenüber dem Vor⸗ anschlage hat dotiert werden können. Daß der Minister heute von allen Seiten beschuldigt wird, nicht das Notwendige getan zu haben, ist unverständlich und doch sehr verständlich, wenn man bedenkt, daß die Parteien, die ihn jetzt anklagen, die⸗ selben sind, die immer von ihm verlangen, daß er möglichst hohe Ueberschüsse herauswirtschafte, damit die besitzenden Klassen nicht so viel direkte Steuern zu zahlen brauchen. Geschädigt sind aber durch die jetzige Kalamität namentlich die Bergarbeiter. Die Verwaltung muß endlich sich auf ihre Pflicht besinnen, alles zu tun, damit künftig kein Kohlen⸗ und kein Wagenmangel eintritt und die Arbeiter vor Feierschichten bewahrt werden. Wenn der Minister Bedenken trägt, hundert Millionen für neue Waggons auszugeben, weil sie sich schlecht verzinsen würden, so möge er sich andere Gelegen⸗ heiten zum Sparen suchen; er braucht z. B. nicht die erste Klasse mit schönen Bildern auszuschmücken, wie es gefordert wird und er es be⸗ absichtigen soll, die Abteile der ersten Klasse sind komfortabel genug. Gründlich erörtert »werden sollte endlich auch die Behauptung, daß die Eisenbahnbeamten selbst sehr schwer unter dem Wagenmangel zu leiden hätten; es muß untersucht werden, ob die Zunahme des Personals mit der Verkehresteigerung gleichen Schritt gehalten hat; uns sind darüber zahlreiche Klagen zugegangen; es werden Fälle angeführt, wo das Fahrpersonal bis zu 17, 18 Stunden ununterbrochen beschäftigt wird.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:
Meine Herren! Trotz der lebhaften Kritik und der vielfachen Be⸗ schwerden, die heute vorgetragen sind, glaube ich, daß die Staats⸗ eisenbahnverwaltung mit den Zielen und Wünschen, die die sämtlichen Herren Vorredner geäußert haben, sich im großen ganzen vollständig einverstanden erklären kann. Ich bin mit den sämtlichen Herren Vor⸗ rednern der Meinung, daß der ganze Apparat der Staatseisenbahnen eine weitere erhebliche Verstärkung notwendig hat. Diese Meinung beherrscht mich aber schon seit dem Jahre 1906; unter diesem Eindruck bin ich als Minister eingezogen. Ich gebe ohne weiteres zu, daß Vor⸗ kommnisse, wie sie sich jetzt auf den westlichen Bahnen abgespielt haben, diese Auffassung nur verstärken können und verstärken müssen. (Sehr richtig!) Nach meiner Ansicht müssen nicht nur die Güter⸗ bahnhöfe und die großen Betriebsbahnhöfe, die doch die Reservoire für die Ordnung des Massenverkehrs sind, sondern auch die Strecken weiter ausgebaut werden; es müssen zweite, dritte und vierte Gleise angelegt, neue Abfuhrlinien geschaffen werden. Es ist eine durchaus irrige Auffassung, der der Herr Abg. Schmedding vorhin Ausdruck verliehen hat, wenn er sagte, ich hätte seinerzeit ausgesprochen: in einigen Jahren ist der Ausbau des Hauptbahnnetzes vollendet. Meine Herren, das würde mit meinen Auffassungen durchaus im Widerspruch stehen. Ich habe im Gegenteil von Anbeginn an der Meinung wiederholt Aus⸗ druck gegeben, daß wir nicht nur Nebenbahnen bauen dürfen, sondern daß wir den Ausbau unseres Hauptbahnnetzes zu fördern haben; und diese Meinung habe ich auch in weitgehendstem Masse praktisch betätigt.
Ich bitte Sie, sich zu erinnern, welche Abfuhrkinien wir jetzt schon im Bau haben. Wir haben die Linie Oberhausen —Wesel fertiggestellt. Es sind bewilligt und in Vorbereitung oder im Bau die Linien von Mörs nach Geldern und von Oberhausen West nach Hohenbudberg. Es sind bewilligt die Mittel für die durchaus notwendige Linie von Dortmund nach Münster. Es sind bewilligt die Mittel für den Ausbau der Linie von Minden nach Nienburg. Diese Linie bildet das Mittel⸗ stück einer zweiten großen Abfuhrlinie vom Ruhrrevier nach Hamburg. Die Sache ist folgendermaßen gedacht. Der Bahnhof Hamm befindet sich im Ausbau. Das dritte und vierte Gleis zwischen Hamm und Minden muß alsbald gelegt werden. Zwischen Löhne und Minden ist es bereits in vollem Bau. Die Strecke Minden — Nienburg schließt sich an. Es wird von dort, von der Linie Bremen —Hannover nach der Linie Bremen — Hamburg eine neue Verbindung hergestellt unter völliger Umgehung von Bremen. — Das sind nicht Absichten, sondern das sind Taten, die sich in vollem Werden befinden.
Ich erinnere ferner daran, daß wir uns eine zweite große Ab⸗ fuhrlinie schaffen für den östlichen Verkehr des Ruhrreviers unter Benutzung der Ruhr⸗Siegbahn durch den Bau einer Verbindung von der Ruhr⸗Siegbahn zur Cöln⸗Gießener Linie durch die Verbindung Weidenau— Dillenburg. Diese Linie ist von größter Bedeutung, wir werden sie noch weiter vervollkommnen durch Einlegung von Ab⸗ kürzungskurven in Gießen und in Hanau. Wir schaffen damit dem östlichen Ruhrrevier einen neuen großen Abfuhrweg nach Bayern. Wir haben ferner, wie schon im Vorjahre bei Verhandlung des Anleihegesetzes hier ausgesprochen ist, in Aussicht genommen, eine zweite große neue Abfuhrlinie zu schaffen zwischen der Ruhr und dem Mosel —Saargebiet. Für diese Zwecke hat das hohe Haus bereits durch das letzte Anleihegesetz Mittel bewilligt zum Ankauf der Kreis Bergheimer Bahnen, die das Mittelstück dieser Linie bilden werden. Zur völligen Fertigstellung dieser Verbindung ist erforderlich, eine Linie Neuß —-Rommerskirchen, ferner eine Verbindung von Liblar ins Ahrtal hinein. Sind diese Zwischenstücke geschaffen, so entsteht mit verhältnismäßig geringen Mitteln eine neue zweite
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Abfuhrlinie für den bezeichneten stärksten Massenverkehr, den preußischen Staatsbahnen zu führen haben.
In dieser Richtung bewegen sich unsere Absichten. Sicher wer noch neue Hauptbahnen außer den eben bezeichneten gebaut werz Sobald die Dinge an uns herantreten, werden sie nicht nur gepr sondern wir versuchen, sie sobald wie möglich in die Wirklichkeit zusetzen.
Herr Graf Moltke hat die Frage aufgeworfen, ob unsere Anlag den nötigen Sicherheitskoeffizienten bieten, um außerordentlichen V kehrsverhältnissen Rechnung zu tragen. Meine Herren, ich habe g auszuführen erlaubt, daß die Verkehrsmengen, die wir jetzt zu bewälti⸗ haben, in der Tat ungewöhnliche sind, daß wir bei Ausgestalt unserer Anlagen mit diesen Ziffern nicht rechnen konnten. Ich he bedauert, meine Herren, daß Sie an dem beweiskräftigen Maten das ich zahlenmäßig hier vortrug, doch etwas vorbeigehört hab Für jeden Verkehrsmann wird es außer Zweifel liegen, daß sol prozentualen Steigerungen, wie ich sie mitteilte, keine maßgebln Unterlage für die Entwicklung unserer gesamten Anlagen bil können, und ich muß auf dasjenige zurückkommen, was ich schon Vorjahre hier ausführte. Es ist zu viel verlangt vom Staat, daß ungemessene Kapitalien aufwendet, um sie für den größten Teil! Jahres nutzlos liegen zu haben. Das gilt für unseren Apparat Bahnhöfen, an Eisenbahngleisen aller Art, das gilt auch für unse Betriebspark, der aus dem Wagenpark und dem Lokomotivp sich zusammensetzt. Ich meine, diese Forderung, daß wir für ungewöhnliche Verkehrsverhältnisse unseren Apparat vorhalten, wa das ganze Risiko auf den Staat. Dagegen, meine Herren, bin; der Meinung — ich muß es immer wieder betonen, damit ich ni mißverstanden werde —, daß wir uns für einen sehr starken Verke vorzubereiten haben. Es ist auch bei meinen Ausführungen nit genügend berücksichtigt worden, daß der Wagenmangel, über den m. mit Recht Beschwerde führt, diesjährig im wesentlichen zuri zuführen ist auf die Betriebsstörungen, die dadurch entstanden sim daß unsere baulichen Anlagen für einen solchen ungewöhnlicht Verkehr nicht genügen. Es ist hier wiederholt von dem V schulden oder Nichtverschulden der Verwaltung gesprochen. Mei⸗ Herren, ich glaube, man braucht die Frage nicht näher zu untze suchen. Die Verwaltung hat ein gutes Gewissen; denn hat Ungewöhnliches in den letzten Jahren geleistet. (Sehr richtig Auch diese Zahlen sind nicht genügend gewürdigt worden. Wenn n unsere Bauleistungen von einem Jahre zum andern fast um 100 steigern, so ist das etwas Außerordentliches; das setzt unseren ganz Bureauapparat in einer Weise in Tätigkeit, wie die Herren, d außerhalb desselben stehen, sich nicht träumen lassen; das sind u gewöhnliche Leistungen, und es ist mir lange zweifelhaft gewesen, wir die Höchstleistungen, die wir erreicht haben, die sich auf üb 300 Millionen beziffern, dauernd werden aufrechterhalten oder gß übertrumpfen können. Ich gebe aber zu und wiederhole, angesiche solcher Vorkommnisse müssen wir unsere Bauleistung steigern. J kann auch den Vorwurf des Hrn. Dr. Pachnicke nicht hinnehmen, d wir z. B. bei einer Anlage wie Neuß etwas versäumt haben. diese Anlage sind in den letzten Jahren etwa 11 Millionen verba worden. Gute Verkehrskenner waren der Meinung, sie genüge. Ab der Verkehr der Stadt Neuß und des Hafens Neuß hat, wie mir soebe vom Herrn Grafen Spee bestätigt worden ist, ungewöhnliche mensionen angenommen, weil sich neben steigendem Umschlagsverk⸗ in kurzer Zeit eine bedeutende Industrie dort angesiedelt hat. 2 können ja glücklich sein, daß unsere wirtschaftliche Entwicklung so außer aller Berechnung stehende ist. Aber die Kehrseite der Sa ist doch die, daß die große Verwaltung, die für den Verkehr zu sorget hat, ihre liebe Not hat, den Verkehr aufzunehmen.
Der Herr Graf Moltke hat, ebenso wie der Herr Freiherr voß Zedlitz, in Zweifel gezogen, ob die Verwaltung sich auch genüge mit den Interessenten ins Einvernehmen setze, ob sie die ge nügende Fühlung habe. Ich kann bestätigen, daß seit Jabr zehnten, schon unter dem Minister von Maybach, imme wieder darauf hingewirkt ist, daß diese Fühlung eine eng sein müsse, daß sich diejenigen, die für die regelmäßig Abwicklung des Verkehrs zu sorgen haben, für die Bedürfnisse de Verkehrs sorgen müssen, in enges Einvernehmen mit den Inter essenten setzen. Es ist mir nicht unerwünscht, daß diese Anregun erneut an mich herantritt; sie wird jedenfalls zu einer Nachprüfun führen müssen, ob und in welcher Richtung hier Ergänzend⸗ anzuordnen ist.
Was die Frage der Wagenbeschaffung betrifft, so kann ic keinenfalls anerkennen, daß die Verwaltung es in dieser Beziehun an der nötigen Verbindung mit den Interessenten hat fehlen lasse Alljährlich finden im Osten, in Oberschlesien, in der Mitte, in deh Provinz Sachsen, im Ruhrrevier die Konferenzen mit den Inter essenten statt, in denen zahlenmäßig nachgerechnet wird, was von de Entwicklung des Verkehrs zu erwarten ist. Auf dieser Grundlagt treten wir mit unseren Forderungen um Vermehrung des Wagenpark und Betriebsparks heraus. Sachgemäßer kann man nicht vorgehen Die Interessenten irren sich, wie wir. Sie irrten in den letzten Jahren indem sie annahmen, daß der Verkehr nicht so stark zunehmen werde Es ist ferner die Meinung vertreten worden, daß unser Lokomotir park ungenügend sei. Dieser Meinung muß ich entgegentreten Der Lokomotivpark hat sich als durchaus leistungsfähig erwiesen; wit haben ihn nicht nur der Zahl nach, sondern auch der Leistungsfähig⸗ keit nach erheblich verstärkt. Sie können annehmen, daß eine moderne Güterzuglokomotive eine um mindestens 80 % höhere Leistungsfähig⸗ keit hat als die Maschinen, die wir an Stelle derselben ausrangieren Weil dem so ist, sind wir auch dazu gekommen, unsere Güterzüge und unsere schweren Personen⸗ und Schnellzüge nicht mehr mit zwer Maschinen fahren zu brauchen, oder doch nur in einem ganz geringen Maße gegenüber den Verhältnissen, die vor 3— 4 Jahren vorlagen.
Auch kann ich keinesfalls anerkennen, daß wir in der Personal⸗ vermehrung aus Sparsamkeitsrücksichten rückständig geblieben sind⸗ In diesen Fragen, meine Herren, wo es sich um die Ordnung des Betriebes handelt, kennen wir keine Sparsamkeitsrücksichten, sondern stehen durchaus auf dem Standpunkt, daß das Personal, welches fürß⸗ einen ordentlichen Betrieb notwendig ist, vorhanden sein muß. (Bravol
d nicht sprechen. Feinnahmen erzielten, haben wir einen kaum nennenswerten Wagen⸗ och mangel von 0,3 % gehabt, und im Jahre 1910, in welchem wir schon
zum Deutschen Neichsanzeiger und Königlich Preu
ir hatten im Jahre 1910 im reinen Betriebsdienste, aus⸗ schließlich Werkstätten und Streckendienst, 336 000 Köpfe, wir haben sie im Jahre 1911 auf 350 000 erhöht, und zählen im September 367 00) Köpfe. Wir haben also in einer Zeit von zwei Jahren eine Vermehrung von 31 000 Köpfen. Allein vom April bis September dieses Jahres haben wir die Kopfzahl um 10 000 vermehrt; davon entfallen auf den Lokomotivdienst 2500, auf den Zugbegleitungsdienst 2800 und auf den Bahnhofsrangierdienst 2500 Köpfe. Daß unser Personal in so schwierigen Zeiten leidet, das gebe ich zu, weil es aus der Regelmäßigkeit des Dienstes herausgeworfen ist. In den ersten Tagen einer solchen Störung wird dem Personal unter Umständen auch reichlich viel zugemutet, aber sobald die Störungen Anlaß geben zu organisatorischen Maßnahmen, wird auch mit aller Kraft dahin gewirkt, daß das Personal nicht über das Maß des Zulässigen hinaus angestrengt wird, wenn auch zuzugeben ist, daß es über die Stunden hinaus in Anspruch genommen wird, die nach dem Dienstplan vorgesehen sind. (Hört, hört!) Aus der veränderten Personaldisposition erwachsen außer⸗ ordentliche Unkosten. In die von den Störungen betroffenen Bezirke müssen Personale übergehen aus anderen Bezirken, die nicht so hart betroffen sind. (Abg. Leinert: Aber die Ueberstunden werden nicht bezahlt!) Meine Herren, ich möchte auf Zwischenfragen nicht ant⸗ worten, ich glaube, diese Spezialsachen werden sich wohl besser ge⸗ legentlich der Etatsberatung zur Erörterung eignen.
Der Herr Abg. Dr. Pachnicke hat darauf hingewiesen, es sei ein Mangel der Staatseisenbahnverwaltung, daß sie nicht die genügende Elastizität habe. Es ist mir nicht recht klar, was unter der Elastizität verstanden wird: Anpassung an die jeweiligen Verhältnisse, also wohl die Verkehrsbedürfnisse. Er schien diesen Mangel in Zusammenhang mit den wechselnden Bestellungen der Staatscisenbahn zu bringen. Nun, meine Herren, da möchte ich darauf hinweisen, daß die Privat⸗ bahnen in dieser Beziehung durchaus nicht unser Vorbild sein dürfen. Es liegen mir die Zahlen vor über die Wagenbeschaffung der Bahnen der Vereinigten Staaten, beginnend mit dem Jahre 1905 — ich lese die Zahlen nach der Reihenfolge — 344 000 Wagen, 313 000, 151 000, 62 000, 193 000, 145 000, 115 000. Aus dieser Zahlenreihe ergeben sich Schwankungen von 450 %. Nun, meine Herren, das wissen Sie ja aus den Bewilligungen, daß von solchen Schwankungen bei uns absolut nicht die Rede ist. Und wenn Sie die Zahlen der englischen und französischen Bahnen nachprüfen, so werden Sie finden, daß wir mit unseren Aufträgen gerade im Interesse unserer Industrie sehr viel gleichmäßiger vorgehen. Ich kann auch nicht anerkennen, daß aus den Vorgängen dieses Jahres — die des Vorjahres scheinen mir gar nicht geeignet, zum Vergleiche heran⸗ gezogen zu werden —, geschlossen wird, daß wir wirklich mit unserem Betriebspark so im Rückstande sind, wie es hier heute dargestellt worden ist.
Von dem Jahr der niedergehenden Konjunktur, 1908, will ich Im Jahre 1909, wo wir schon erhebliche Mehr⸗
über Erwarten 70 Millionen Mark in den Ausgleichsfonds abführten, haben wir nur einen Wagenmangel von 0,7 % gehabt. Erst im ver⸗ gangenen Jahre stieg der Wagenmangel außerordentlich an und gab zu lebhaften Beschwerden Anlaß.
Daß wir unseren Betriebspark erbeblich vermehren müssen, daran besteht für mich nicht der geringste Zweifel (Bravo!), und wenn der
Herr Abg. Hirsch mitteilte, daß dem Vernehmen nach die preußischen Staatsbahnen für das kommende Jahr eine Vermehrung von 7 % in Aussicht genommen haben, was einer Vermehrung von etwa 8 % der Ladefähigkeit entspricht, so hat er nicht Unrecht gehabt. (Bravo.) Es besteht in der Tat die Absicht, den Betriebspark in diesem Umfange
zu vermehren.
Meine Herren, ich habe bedauert, daß die Vorkommnisse, die hier den Anlaß zur heutigen Erörterung gegeben haben, dahin geführt haben, auf die Frage des Schleppmonopols hinzuweisen. Ich habe ähnliche Betrachtungen in der „Rheinisch⸗Westfälischen Zeitung“ gelesen und habe mich darüber gewundert. Ein Betrieb auf dem Kanal, auch wenn er große Dimensionen annimmt — gehen Sie davon aus, daß wir etwa 80 bis 90 Kanalschlepper anschaffen wollen —, läßt sich absolut nicht mit einem Betriebe auf den Eisenbahnen vergleichen. Der Be⸗ trieb auf den Eisenbahnen, bei dem im Ruhrrevier und im Cölner Bezirk 80⸗ bis 90 000 Wagen täglich zu bewältigen sind, der Betrieb auf den großen Rangierbahnhöfen, auf den dicht belasteten Linien, vollzieht sich unter ganz anderen Bedingungen, meines Erachtens unter unendlich viel schwierigeren Bedingungen. Ich will heute keine Rede für das Schleppmonopol halten — ich bin ein überzeugter An⸗ hänger des Schleppmonopols —, aber damit wird man die Frage nicht auf einen anderen Karren bringen, daß man solche unmöglichen Vergleiche anstellt. Wenn dann zum Schluß zwei Redner die Frage aufwarfen, ob nicht im Hinblicke auf die Betriebsstörungen zu be⸗ fürchten sei, daß im Ernstfalle, im Kriegsfalle die preußischen Staats⸗ bahnen nicht das Maß von Lelstungsfähigkeit zeigen werden, das von ihnen gefordert wird, meine Herren, da kann ich Sie versichern: darüber besteht nicht der geringste Zweifel. (Bravo!)
Abg. Goebel (Zentr.): Der Ausfall an Wagen für die Monate September bis Oktober ist auch im oberschlesischen Bezirk ein sehr fühlbarer gewesen. Durch den Wagenmarngel muß im oberschlesischen Bergrevier nicht nur ein Förderungsausfall entstehen, sondern es ist auch ein Lohnausfall von 1 Million Mark eingetreten. Man hat sich ge⸗ nötigt gesehen, Feierschichten einzulegen. Dadurch werden aber auch die Erwerbsverhältnisse der Bergarbeiter geschädigt, die an sich ja schon für Oberschlesien niedribere Löhne als im Ruhr, und Saarrevier beziehen, was besonders bei herrschenden Teuerungsverhältnissen für sie doppelt empfindlich ist. Auch aus den Kreisen der oberschlesischen Zementindustrie hört man seit langer Zeit Klagen, wenn auch nicht gerade über Wagenmangel, so doch über Wagenknappheit. Gerade in der Zementindustrie ist die Verzögerung in der Wagengestellung besonders schädlich. Dasselbe gilt von der Brikettfabrikation. Ihre
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Berlin, Dienstag, den 5. November
Produktion ist darauf zugeschnitten, daß die Fabrikate täglich ab⸗ gefabren werden können. Auf die Oderverhältnisse kann man, wie im Vorjahre, nicht die Schuld schieben. Die Schiffahrtsverhältnisse waren hier im Gegenteil besonders gut. Es bat mich gefreut, daß für das nächste Jahr eine Vermehrung des Güterwagenparks zugesagt worden ist. Man muß sich doch fragen, ob man nicht schon im Vor⸗ jahre damit rechnen konnte, daß bei der vorliegenden Konjunktur in diesem Jahre ein noch größerer Bedarf an Wagen sich herausstellen würde.
Abg. Dr.⸗Ing. Macco (al.): Es ist dringend zu wünschen, daß die Eisenbahnverwaltung solche Dispositionen trifft, daß in Zu⸗ kunft derartige Verkehrsstockungen vermieden werden. Jeder, der die Entwicklung unseres Verkehrs im Gedächtnis hat, wundert sich nicht, daß derartige Verhältnisse eingetreten sind. Als ich seinerzeit von einem Eisenbahnminister den Ausspruch vernahm, daß unser Eisenbahnnetz ausgebaut sei, bekam ich einen gewaltigen Schreck. Ebenso erstaunt war ich über den Ausspruch des damaligen Finanz⸗ ministers, daß unser Güterverkehr, wenn er einen gewissen Umfang angenommen haben würde, nicht mehr für uns rentabel sei. Die jetzigen schwierigen Verhältnisse beruben auf einer mangelnden Er⸗ kenntnis unserer ganzen wirtschaftlichen Entwicklung. In unseren leitenden Kreisen ist nicht immer die Auffassung zu Tage getreten, die man darüber hätte verlangen können. Es ist zu hoffen, daß der Minister sein Bauprogramm weiter fortführen wird. Und aus seinen Worten kann man ja mit Freude entnehmen, daß die Zeiten des Mangels bald vorbei sein werden. Fraglich ist es nur, ob wir alle fur unseren Verkehr nötigen Betriebsmittel haben. So hat man die Zahl der 20 t Wagen durchaus nicht vermehrt, ebenso hat man die Frage der Einführung der automatischen Bremse noch nicht gelöst. Die preußische Ersenbahnverwaltung hat die Pflicht, hierin Wandel zu schaffen. Die Privatindustrie ist schon längst dazu übergegangen, in größerem Umfange solche Wagen zu ver⸗ wenden. Diese Wagen werden aber in den verschiedenen Bezirken immer noch verschieden behandelt. Auch darin muß Wandel ein⸗ treten, ganz besonders ist eine rasche Entleerung dieser Wagen seitens der Eisenbahnverwaltung notwendig. Ich erkenne die Schwierig⸗ keiten an, die die Regierung hat, wenn sie alle an sie herantretenden Wünsche befriedigen soll. Aber all a8 kann bei einigem Entgegenkommen überwunden werden. Die Verwaltung muß sich auch den Wechselverkehr zwischen Eisen⸗ bahn und Wasserstraße zunutze machen, dänn wird sie den Vorteil dieser 20 t⸗Wagen einsehen, da sie eine ganz besonders rasche Ent⸗ ladung zur Folge haben. Zum Schlusse wünsche ich, daß der Eisen⸗ bahnminister auch bei dem Finanzminister das nötige Verständnis finden wird. Für seine Ausführungen spreche ich ihm meinen auf⸗ richtigen Dank aus.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:
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Meine Herren! Die Anregungen Herrn Abg. Macco auf Verbesserung, Vereinfachnng und Verbilligung der Betriebseinrichtungen finden meine volle Sympathie, so auch namentlich die Anregung, auf die er schon wiederholt eingegangen ist, die automatische Bremse auch beim Güterzugbetrieb einzuführen. Wir haben eine automatische Bremse in unserm Personenzug⸗ und im Eilgüterzugbetrieb, haben sie aber bisher noch nicht im Güterzugbetrieb. Es handelt sich hier um eine Frage von großer Bedeutung. Sie läßt sich geldlich dahin be⸗ ziffern, daß wir, wenn wir die automatische Bremse im Güter⸗ zugbetrieb einführen, etwa 80 Millionen Mark aufzuwenden hätten, eine Summe, die nicht abschrecken darf, da sehr erhebliche Er⸗ sparnisse gegenüberstehen. Man kann wohl sagen, daß das Kapital gut angelegt wäre. Die preußischen Staatseisenbahnen sind es, die diese Frage dauernd betreiben im engeren und weiteren Kreise. Die Frage läßt sich leider nur durch internationale Abmachungen regeln. Es ist ganz unmöglich, daß etwa die preußischen Staats⸗ eisenbahnen selbst im Einvernehmen mit den deutschen Eisenbahnen — ich glaube, dort würde man auf keine grundsätzlichen Widerstände stoßen — selbständig vorgingen, weil der Wagenübergang im inter⸗ nationalen Verkehr ein viel zu lebhafter ist. Es ist ganz undenkbar bei der außerordentlichen Dichtigkeit unseres Verkehrs, bei den großen Schwierigkeiten, die wir auf unseren Rangierbahnhöfen zu bewältigen haben, daß wir diejenigen fremden Wagen, die nicht mit automatischen Bremsen ausgerüstet sind, ausrangieren und an den Schluß unserer Züge bringen; denn anders würde die Sache nicht gehen.
Ich halte es für unerläßlich, daß die preußischen Staatseisenbahnen die Angelegenheit mit Eifer verfolgen im Kreise der deutschen Eisen⸗ bahnen, des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen und auf den internationalen Kongressen, hoffe auch, daß die österreichisch⸗ungarischen Eisenbahnen sich grundsätzlich mit uns auf denselben Standpunkt stellen.
Was nun die Vervollkommnung der Bauart unserer Güterwagen und die umfassendere Einführung von Selbstentladern betrifft, so ist diese Frage wiederholt in der Budgetkommission und auch im Plenum behandelt. Die größte Schwierigkeit liegt darin, daß die Einstellung von Selbstentladern eben nicht in allen Relationen wirtschaftlich ist, weil der Selbstentlader immer 50 % seines Laufs leer zurücklegt. Es ist wirtschaftlich, einen Selbstentlader einzustellen in solchen Relationen, in denen er tunlichst zweimal den Weg hin und her zurücklegt. Das sind aber nur sehr wenige; wir kennen sie fast alle. Ich habe aber dem Herrn Abg. Macco schen bei den Etatsverhandlungen mitgeteilt, daß diese Frage nicht aus dem Auge verloren wird, und ich kann ihm versichern, daß er in allernächster Zeit mit dieser Frage in seinem engeren Revier im Siegerland befaßt werden wird. Ich hoffe, daß die Bestrebungen der Siegener Werke in Erfüllung gehen können, wenn sie nur einiger⸗ maßen entgegenkommen. (Heiterkeit bei den Nationalliberalen.) — Daß wir freilich etwas herauszahlen, meine Herren, bei Einstellung von Selbstentladern, das scheint mir nicht möglich, weil eben jedem beladenen Lauf ein Leerlauf gegenübersteht, weil wir den leeren Wagen befördern müssen, ohne irgendwelche Entschädigung zu bekommen.
Ich möchte die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, noch zwei Bemerkungen zu machen, die auf die frühere Debatte zurückgreifen. Der Herr Abg. Freiherr von Zedlitz hatte darauf hingewiesen, daß, wenn das Bedürfnis hervorträte, nicht davor zurückgeschreckt werden dürfe, auch über den Betrag, der für das Extraordinarium regelmäßig ausgeworfen wird — es ist ja ein bestimmter Prozentsatz des statisti⸗ schen Anlagekapitals — hinauszugehen. Meine Herren, diese Auf⸗ fassung ist die Auffassung der preußischen Staatseisenbahnverwaltung. Sie hält cs bei der außerordentlichen Entwicklung des Verkehrs
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Staatsanz
nicht nur nicht für wahrscheinlich, sondern tatsächlich für unmög⸗ lich, in den nächsten Jahren, vielleicht für absehbare Zeit, mit diesem Prozentsatz auszukommen. Es werden also Mittel und Wege gefunden werden müssen, um die Aufwendungen, die wir im Extraordina rium unterbringen, zu verstärken.
Ich möchte auch noch auf eine Frage und auf ein Bedenken des Herrn Abg. Graf Moltke zurückgreifen. Er meinte: wenn wir in unserem Einnahmeetat mit einer Verkehrssteigerung von 3 ½ % rechnen, dann muß unter allen Umständen unser Ausgabeetat zu kurz kommen, weil der Ausgabeetat sich auf den Ziffern des Einnahmeetats ausbaut. Da möchte ich doch darauf hinweisen, meine Herren, daß wir die Aus⸗
gestaltung unseres Eisenbahnnetzes und unseres Betriebsparks ja nicht
aus dem ordentlichen Etat bestreiten, sondern ganz überwiegend aus dem Extraordinarium und der Anleihe; und für diese beiden großen Fonds, denen wir schöpfen, gelten die Prozentsätze für das Ordinarium nicht. Diese sind wir nach dem steigen een Bedürfnis der Staatseisenbahnen zu bemessen bestrebt. (Bravo!) Hierauf wird ein Schlußantrag angenommen. stand ist hiermit erledigt. Zur Geschäftsordnung erklärt Abg. Dr. Beumer (nl.): Duisburg ist die größte Güterstation es ganzen preußischen Eisenbahnnetzes. Ich bedaure, durch den Schluß e Besprechung verbindert zu sein, an den typischen Verhältr issen des Duisburger Bahnhofes den Beweis zu führen, daß die Kalami⸗ täten der Gegenwart größtenteils Sünden der Vergangenheit sind. Ich lege zu diesem Zwecke eine Denkschrift der Handelskammer Duisburg auf den Tisch des Hauses nieder, die beweist, daß der Minister in Duisburg anfangen muß, wenn es besser werden soll. Abg. Mathis (nl.) bemerkt ebenfalls, daß der Schluß der Besprechung ihn verhindert, zu dem Gegenstand das Wort zu nehmen. In erster und zweiter Beratung wird darauf der Antrag der Abgg. Brust (Zentr.) und Knupe (nl.) auf Annahme eines Gesetzentwurfs zur Berichtigung der vom 3. Juni kovelle zum Berggesetz von 1865 ohne
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Der Gegen⸗
1912 datierten N Diskussion durch unveränderte Annahme erledigt.
Auf der Tagesordnung stehen weiter mündliche Berichte der Budgetkommission und der Petitionskommission über Petitionen von Beamten und Staatsarbeitern; die Petitionen werden an die Kommissionen zur schriftlichen Berichterstattung zurückverwiesen.
8 Schluß 5 ½¼ Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 11 Uhr. (Interpellation Beumer betreffs der Ausführung des Reichs⸗ gesetzes über die Privatangestellten; Anträge aus dem Hause.) Der den städtischen Realkredit betreffende Antrag, den Abg. Dr. Arendt ebenfalls schon am Dienstag zu beraten bittet, soll, wie der Präsident erklärt, in Verbindung mit der den gleichen Gegenstand betreffenden nationalliberalen Interpellation erst später, jedoch ebenfalls noch im Laufe des November zur Verhandlung gebracht werden. 1I“ ““
Nr. 87 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, heraus⸗ gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 26. Oktober 1912 hat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. — Nicht⸗ amtliches: Der Wiederaufbau der Michaeliskirche in Hamburg. — Einflüsse der widrigen Witterung auf den Ablaufbetrieb der Ver⸗ schiebebahnhöfe. (Schluß.) — Fortschritte in der Erforschung und Darstellung der Niederschlagsverhältnisse Norddeutschlands. — Ver⸗ mischtes: Zum Neubau des Königlichen Opernhauses in Berlin. — Einweihung der beiden Institute für Chemie der Kaiser⸗Wilhelm⸗ Stiftung in Berlin⸗Dahlem. — Aeußere Schiebeläden.
Nr. 89 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, heraus⸗ gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 2. November 1912, hat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. Nicht⸗ amtliches: Die Weihe des Domes in Meißen am 28. Oktober 1912. — Das Schleppmonopol auf dem Rhein⸗Weser⸗Kanal. — Ein weiteres Beispiel von Holzeinlagen in einem alten Turm. — Staatsrat, Dr.⸗Ing. Freiherr von Schackv in München †. — Vermischtes: Wettbewerb um Entwürfe für einen Königlichen Palast und für einen Justizpalast in Sofia. — Zur baufachlichen Ausbildung Paul Wallots. — Größe des Auftriebes unter Pfeilern und Ufermauern. — Aus⸗ grabungen in Milet, Didyma und Samos. — Bücherschau.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
Malta.
In Malta ist durch eine Verfügung vom 26. Oktober d. J. der Hafen Mersina in Kleinasien als frei von Cholera erklärt worde 8 8 „Anz.“ von Sand IF. 1838
rden (Vergl R. Anz.“ vom 11. Jun 6 138.)
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Nachweisung
über den Stand von Viehseuchen im Deutschen Reiche am 31. Oktober 1912.
(Nach den Berichten der beamteten Tierärzte zusammengestellt im Kaiserlichen Gesundheitsamte.)
Nachstehend sind die Namen derjenigen Kreise (Amts⸗ ⸗c. Bezirke) verzeichnet, in denen Rotz, Maul⸗ und Klauenseuche, Lungenseuche des Rindviehs, Pockenseuche der Schafe, Beschälseuche der Pferde oder Schweineseuche und Schweinepest am 31. Oktober herrschten. Die Zahlen der betroffenen Gemeinden und Gehöfte umfassen alle wegen vorhandener Seuchenfälle oder auch nur wegen Seuchenverdachts ge⸗ sperrten Gehöfte, in denen die Seuche nach den geltenden Vorschriften noch nicht für erloschen erklärt werden konnte.
Rotz.
Preußen. Reg.⸗Bez. Königsberg: Königsberg i. Pr. 1 Gem., 1 Geh., Reg.⸗Bez. Marienwerder: Briesen 1, 1 (davon neu 1 Gem., 1 Geh.), Schwetz 1, 1 (1, 1). Reg.⸗Bez. Stettin: Randow 1, 1. Reg.⸗Bez. Bromberg: Hohensalza 1, 1. Reg.⸗Bez. Breslau: Waldenburg 1, 1. Reg.⸗Bez. Oppeln: Oppeln 1, 1 (1, 1). Neisse Stadt 1, 2 (1, 2). Reg.⸗Bez. Schleswig: Schleswig 1, 1. Bayern. Reg.⸗Bez. Pfalz: Speyer 1, 1 (1, 1) (Verdacht]. “ Schwerin 1, 1. Hamburg: Hamburg
adt 1, 1.
Insgesamt: 12 Kreise usw., 12 Gemeinden, 13 Gehöfte; davon neu: 5 Gemeinden, 6 Gehöfte.
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